Tagebuch Reinhold Sieglerschmidt (2), item 122

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24/I 1916 [sic!] 

Mein Helening, mein Herzens-

trautchen, in unendlicher Nähe 

bin ich bei Dir und unsern 

Kinderchen. Ihr meine Drei, mei-

ne Menschen ---- Wie sehe ich das

Mütterchen so tapfer die Sorge ver-

beissen und mit den Kinderchen spielen,

damit sie nicht traurige Menschen werden,

ihnen Tiere und Pflanzen und Steine, die

ganze Natur vertraut und belebt machen.

Was würde ich darum geben auch nur

einen Tag bei euch weilen zu können, auch 

mein Liebheben zu zeigen, Dir zu danken, du 

Tapfertes von uns, mit der Kinderchen zu freu-

en, das tiefsten Geschenkes, das uns Mutter 

Natur gemacht hat.

Hier ist der Winter eingekehrt. Erst Winter

dann ruhige, strenge Kälte. Da wir in Quartiere 

liegen, so ist das Wetter sicher das  Einschub: denkbar  gesundeste. 

 Ende der linken Seite 


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An eine Ausbreitung von Infektionskrankheiten, wie

Du fürchtest, ist jetzt nicht mehr zu denken. Ü-

bringens ist bei uns niemand an einer solchen er-

krankte. Das Wetter verspricht diesmal von Dauer zu

sein und damit dürfte es auch hier in Rumänien ge-

zwungenermassen zum Stellungskrieg kommen.

Unsere Tätigkeit hat sich noch nicht geändert; wir sind

Armeereserve mit Garnisonsdienst. Das kann morgen ein En-

de haben - und damit eine Unterbrechung des regelmässi-

gen Briefverkehrs eintreten - es kann noch wochenlang dauern. 

Gesundheitlich bin ich durchaus und in jeder Richtung auf 

der Höhe. Ob man wohl dasselbe von Dir sagen kann? Die grosse

Müdigkeit, die Dich nach allen irgendwie besonderen An-

strengungen befällt, erfüllt mich mit Sorge. Schreibe mir 

eingehend wie es Dir geht, Du unser Liebstes Tapferstes. 

Ich küsse Dich tausendmal, Du restlos Reines, Gut-

tes, Edles. Wie tapfer, ja richtig will ich auf ein Glück 

warten, das so ungeheuer ist wie unser gemein-

sames Leben. Dein Ich. 

Schicke mir umgehend, wenn noch vorhanden, amerik.[anischen] Re-

volver. Ich kann ihn hier verkaufen! Auch ein Paar billige,

d.h. einfache, starke Hosenträger. 

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24/I 1916 [sic!] 

Mein Helening, mein Herzens-

trautchen, in unendlicher Nähe 

bin ich bei Dir und unsern 

Kinderchen. Ihr meine Drei, mei-

ne Menschen ---- Wie sehe ich das

Mütterchen so tapfer die Sorge ver-

beissen und mit den Kinderchen spielen,

damit sie nicht traurige Menschen werden,

ihnen Tiere und Pflanzen und Steine, die

ganze Natur vertraut und belebt machen.

Was würde ich darum geben auch nur

einen Tag bei euch weilen zu können, auch 

mein Liebheben zu zeigen, Dir zu danken, du 

Tapfertes von uns, mit der Kinderchen zu freu-

en, das tiefsten Geschenkes, das uns Mutter 

Natur gemacht hat.

Hier ist der Winter eingekehrt. Erst Winter

dann ruhige, strenge Kälte. Da wir in Quartiere 

liegen, so ist das Wetter sicher das  Einschub: denkbar  gesundeste. 

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An eine Ausbreitung von Infektionskrankheiten, wie

Du fürchtest, ist jetzt nicht mehr zu denken. Ü-

bringens ist bei uns niemand an einer solchen er-

krankte. Das Wetter verspricht diesmal von Dauer zu

sein und damit dürfte es auch hier in Rumänien ge-

zwungenermassen zum Stellungskrieg kommen.

Unsere Tätigkeit hat sich noch nicht geändert; wir sind

Armeereserve mit Garnisonsdienst. Das kann morgen ein En-

de haben - und damit eine Unterbrechung des regelmässi-

gen Briefverkehrs eintreten - es kann noch wochenlang dauern. 

Gesundheitlich bin ich durchaus und in jeder Richtung auf 

der Höhe. Ob man wohl dasselbe von Dir sagen kann? Die grosse

Müdigkeit, die Dich nach allen irgendwie besonderen An-

strengungen befällt, erfüllt mich mit Sorge. Schreibe mir 

eingehend wie es Dir geht, Du unser Liebstes Tapferstes. 

Ich küsse Dich tausendmal, Du restlos Reines, Gut-

tes, Edles. Wie tapfer, ja richtig will ich auf ein Glück 

warten, das so ungeheuer ist wie unser gemein-

sames Leben. Dein Ich. 

Schicke mir umgehend, wenn noch vorhanden, amerik.[anischen] Re-

volver. Ich kann ihn hier verkaufen! Auch ein Paar billige,

d.h. einfache, starke Hosenträger. 


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  • April 1, 2018 09:13:58 Enrico Seelig

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    Mein Helening, mein Herzens-

    trautchen, in unendlicher Nähe 

    bin ich bei Dir und unsern 

    Kinderchen. Ihr meine Drei, mei-

    ne Menschen ---- Wie sehe ich das

    Mütterchen so tapfer die Sorge ver-

    beissen und mit den Kinderchen spielen,

    damit sie nicht traurige Menschen werden,

    ihnen Tiere und Pflanzen und Steine, die

    ganze Natur vertraut und belebt machen.

    Was würde ich darum geben auch nur

    einen Tag bei euch weilen zu können, auch 

    mein Liebheben zu zeigen, Dir zu danken, du 

    Tapfertes von uns, mit der Kinderchen zu freu-

    en, das tiefsten Geschenkes, das uns Mutter 

    Natur gemacht hat.

    Hier ist der Winter eingekehrt. Erst Winter

    dann ruhige, strenge Kälte. Da wir in Quartiere 

    liegen, so ist das Wetter sicher das  Einschub: denkbar  gesundeste. 

     Ende der linken Seite 


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    An eine Ausbreitung von Infektionskrankheiten, wie

    Du fürchtest, ist jetzt nicht mehr zu denken. Ü-

    bringens ist bei uns niemand an einer solchen er-

    krankte. Das Wetter verspricht diesmal von Dauer zu

    sein und damit dürfte es auch hier in Rumänien ge-

    zwungenermassen zum Stellungskrieg kommen.

    Unsere Tätigkeit hat sich noch nicht geändert; wir sind

    Armeereserve mit Garnisonsdienst. Das kann morgen ein En-

    de haben - und damit eine Unterbrechung des regelmässi-

    gen Briefverkehrs eintreten - es kann noch wochenlang dauern. 

    Gesundheitlich bin ich durchaus und in jeder Richtung auf 

    der Höhe. Ob man wohl dasselbe von Dir sagen kann? Die grosse

    Müdigkeit, die Dich nach allen irgendwie besonderen An-

    strengungen befällt, erfüllt mich mit Sorge. Schreibe mir 

    eingehend wie es Dir geht, Du unser Liebstes Tapferstes. 

    Ich küsse Dich tausendmal, Du restlos Reines, Gut-

    tes, Edles. Wie tapfer, ja richtig will ich auf ein Glück 

    warten, das so ungeheuer ist wie unser gemein-

    sames Leben. Dein Ich. 

    Schicke mir umgehend, wenn noch vorhanden, amerik.[anischen] Re-

    volver. Ich kann ihn hier verkaufen! Auch ein Paar billige,

    d.h. einfache, starke Hosenträger. 


  • April 1, 2018 08:42:37 Enrico Seelig

     Beginn der linken Seite  

    24/I 1916 [sic!] 

    Mein Helening, mein Herzens-

    trautchen, in unendlicher Nähe 

    bin ich bei Dir und unsern 

    Kinderchen. Ihr meine Drei, mei-

    ne Menschen ---- Wie sehe ich das

    Mütterchen so tapfer die Sorge ver-

    beissen und mit den Kinderchen spielen,

    damit sie nicht traurige Menschen werden,

    ihnen Tiere und Pflanzen und Steine, die

    ganze Natur vertraut und belebt machen.

    Was würde ich darum geben auch nur

    einen Tag bei euch weilen zu können, auch 

    mein Liebheben zu zeigen, Dir zu danken, du 

    Tapfertes von uns, mit der Kinderchen zu freu-

    en, das tiefsten Geschenkes, das uns Mutter 

    Natur gemacht hat.

    Hier ist der Winter eingemissing. Erst Winter

    dann ruhige, strenge Kälte. Da wir in Quartiere 

    liegen, so ist das Wetter sicher das  Einschub: denkbar  gesundeste. 

     Ende der linken Seite 


     Beginn der rechten Seite 

    An eine Ausbreitung von Infektionskrankheiten, wie

    Du fürchtest, ist jetzt nicht mehr zu denken. Ü-

    bringens ist bei uns niemand an einer solchen er-

    krankte. Das Wetter verspricht diesmal von Dauer zu

    sein und damit dürfte es auch hier in Rumänien ge-

    zwungenermassen zum Stellungskrieg kommen.

    Unsere Tätigkeit hat sich noch nicht geändert; wir sind

    Armeereserve mit Garnisonsdienst. Das kann morgen ein En-

    de haben - und damit eine Unterbrechung des regelmässi-

    gen Briefverkehrs eintreten - es kann noch wochenlang dauern. 

    Gesundheitlich bin ich durchaus und in jeder Richtung auf 

    der Höhe. Ob man wohl dasselbe von Dir sagen kann? Die grosse

    Müdigkeit, die Dich nach allen irgendwie besonderen An-

    strengungen befällt, erfüllt mich mit Sorge. Schreibe mir 

    eingehend wie es Dir geht, Du unser Liebstes Tapferstes. 

    Ich küsse Dich tausendmal, Du restlos Reines, Gut-

    tes, Edles. Wie tapfer, ja richtig will ich auf ein Glück 

    warten, das so ungeheuer ist wie unser gemein-

    sames Leben. Dein Ich. 

    Schicke mir umgehend, wenn noch vorhanden, amerik.[anischen] Re-

    volver. Ich kann ihn hier verkaufen! Auch ein Paar billige,

    d.h. einfache, starke Hosenträger. 


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    Contributor
    Jörn Sieglerschmidt
    License
    http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/


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