Familientagebuch (1917-1922) von Gustav Braune (1870-1954), item 32

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 linke Seite 

XXXI. (4.-10. August). Wir treten in

das 5. Kriegsjahr, Bruder Christian am

9. in das 58. Lebensjahr; er hat kürzlich

einen ausgezeichneten Rehschlegel

geschickt. Meine Abendspaziergänge,

teils auf den Keesberg

teils über die  Maria-Theres.-Promenade 

u. Heidingsfelderbrücke,

erstrecken sich jetzt bereits bis in

die Abenddämmerung. Am Sonntag

gingen wir wiedereinmal zum

Bismarkturm u. z. von Grombühl

aus über die Rimparer Steige.

Auf dem Heimweg Brand im Lagerhaus

des Hauptzollamts. Es soll sich um

Futtervorräte handeln; man

sieht nur Rauch. Donnerstag besuchen

uns Onkel Fritz mit meinem Paten.

Letzterer u. Gerhard kommen jetzt nach

Neustadt a. A. in ein von einem

Pfarrer geleitetes Schülerpensionat.

Emmi wird größer, sie kann fast laufen.

Als sie nach dem Essen d. Mutter

am Haar zog u. diese es sich gefallen ließ,

meinte sie, die Mutti ist aber "zahm." -

Die Entente unternimmt z. Z. eine

überraschende Offensive, wobei wir

ein Stück zurückgehen müssen. Macht

nichts.

 rechte Seite 

XXXII. (11. - 17. August). Am 10. August ist

mein Schulfreund Theodor Kübel, Oberstleutnant,

an der Spitze seines Regiments

gefallen. Er hat mit mir dieselbe Klasse

des Gymnasiums besucht (in Ansbach),

war der Sohn unseres Religionslehrers,

der vor einigen Jahren als Kirchenrat

a. D. in Bayreuth starb. Im Jahre 1892

besuchte ich ihn von Dahn (Rheinpfalz)

aus, wo mein Bruder damals Forstamgsassistent

war, in Metz, wo

er Leutnant beim 2. bayr. Fuß Art-

Reg. war. Er zeigte mir die Metzer

Schlachtfelder. Er war überaus fleißig

u. studierte noch nachts nach dem

abendlichen Ausgehen. - Auch ein

anderer Studiengenosse ist in diesen Tagen

in d. Ewigkeit abgerufen worden,

der Amtsgerichtssekretär a. D. Gustav

Riedner. Er krankte seit vielen

Jahren. Er ging ganz in der Musik

auf, spielte alle Instrumente,

namentlich auch die Geige. In

unserem Gymnasialorchester in Ansbach

überragte er uns andere weitaus

als talentierter erster Geiger. -

Am Sonntag Nachmittag besuchten wir

wieder einmal die  Abendsquelle .

Heimweg über die sonnendurchglühten

Hänge des sogen. Frauenlandes u.

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 linke Seite 

XXXI. (4.-10. August). Wir treten in

das 5. Kriegsjahr, Bruder Christian am

9. in das 58. Lebensjahr; er hat kürzlich

einen ausgezeichneten Rehschlegel

geschickt. Meine Abendspaziergänge,

teils auf den Keesberg

teils über die  Maria-Theres.-Promenade 

u. Heidingsfelderbrücke,

erstrecken sich jetzt bereits bis in

die Abenddämmerung. Am Sonntag

gingen wir wiedereinmal zum

Bismarkturm u. z. von Grombühl

aus über die Rimparer Steige.

Auf dem Heimweg Brand im Lagerhaus

des Hauptzollamts. Es soll sich um

Futtervorräte handeln; man

sieht nur Rauch. Donnerstag besuchen

uns Onkel Fritz mit meinem Paten.

Letzterer u. Gerhard kommen jetzt nach

Neustadt a. A. in ein von einem

Pfarrer geleitetes Schülerpensionat.

Emmi wird größer, sie kann fast laufen.

Als sie nach dem Essen d. Mutter

am Haar zog u. diese es sich gefallen ließ,

meinte sie, die Mutti ist aber "zahm." -

Die Entente unternimmt z. Z. eine

überraschende Offensive, wobei wir

ein Stück zurückgehen müssen. Macht

nichts.

 rechte Seite 

XXXII. (11. - 17. August). Am 10. August ist

mein Schulfreund Theodor Kübel, Oberstleutnant,

an der Spitze seines Regiments

gefallen. Er hat mit mir dieselbe Klasse

des Gymnasiums besucht (in Ansbach),

war der Sohn unseres Religionslehrers,

der vor einigen Jahren als Kirchenrat

a. D. in Bayreuth starb. Im Jahre 1892

besuchte ich ihn von Dahn (Rheinpfalz)

aus, wo mein Bruder damals Forstamgsassistent

war, in Metz, wo

er Leutnant beim 2. bayr. Fuß Art-

Reg. war. Er zeigte mir die Metzer

Schlachtfelder. Er war überaus fleißig

u. studierte noch nachts nach dem

abendlichen Ausgehen. - Auch ein

anderer Studiengenosse ist in diesen Tagen

in d. Ewigkeit abgerufen worden,

der Amtsgerichtssekretär a. D. Gustav

Riedner. Er krankte seit vielen

Jahren. Er ging ganz in der Musik

auf, spielte alle Instrumente,

namentlich auch die Geige. In

unserem Gymnasialorchester in Ansbach

überragte er uns andere weitaus

als talentierter erster Geiger. -

Am Sonntag Nachmittag besuchten wir

wieder einmal die  Abendsquelle .

Heimweg über die sonnendurchglühten

Hänge des sogen. Frauenlandes u.


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  • October 7, 2017 16:01:50 Daniela Z

     linke Seite 

    XXXI. (4.-10. August). Wir treten in

    das 5. Kriegsjahr, Bruder Christian am

    9. in das 58. Lebensjahr; er hat kürzlich

    einen ausgezeichneten Rehschlegel

    geschickt. Meine Abendspaziergänge,

    teils auf den Keesberg

    teils über die  Maria-Theres.-Promenade 

    u. Heidingsfelderbrücke,

    erstrecken sich jetzt bereits bis in

    die Abenddämmerung. Am Sonntag

    gingen wir wiedereinmal zum

    Bismarkturm u. z. von Grombühl

    aus über die Rimparer Steige.

    Auf dem Heimweg Brand im Lagerhaus

    des Hauptzollamts. Es soll sich um

    Futtervorräte handeln; man

    sieht nur Rauch. Donnerstag besuchen

    uns Onkel Fritz mit meinem Paten.

    Letzterer u. Gerhard kommen jetzt nach

    Neustadt a. A. in ein von einem

    Pfarrer geleitetes Schülerpensionat.

    Emmi wird größer, sie kann fast laufen.

    Als sie nach dem Essen d. Mutter

    am Haar zog u. diese es sich gefallen ließ,

    meinte sie, die Mutti ist aber "zahm." -

    Die Entente unternimmt z. Z. eine

    überraschende Offensive, wobei wir

    ein Stück zurückgehen müssen. Macht

    nichts.

     rechte Seite 

    XXXII. (11. - 17. August). Am 10. August ist

    mein Schulfreund Theodor Kübel, Oberstleutnant,

    an der Spitze seines Regiments

    gefallen. Er hat mit mir dieselbe Klasse

    des Gymnasiums besucht (in Ansbach),

    war der Sohn unseres Religionslehrers,

    der vor einigen Jahren als Kirchenrat

    a. D. in Bayreuth starb. Im Jahre 1892

    besuchte ich ihn von Dahn (Rheinpfalz)

    aus, wo mein Bruder damals Forstamgsassistent

    war, in Metz, wo

    er Leutnant beim 2. bayr. Fuß Art-

    Reg. war. Er zeigte mir die Metzer

    Schlachtfelder. Er war überaus fleißig

    u. studierte noch nachts nach dem

    abendlichen Ausgehen. - Auch ein

    anderer Studiengenosse ist in diesen Tagen

    in d. Ewigkeit abgerufen worden,

    der Amtsgerichtssekretär a. D. Gustav

    Riedner. Er krankte seit vielen

    Jahren. Er ging ganz in der Musik

    auf, spielte alle Instrumente,

    namentlich auch die Geige. In

    unserem Gymnasialorchester in Ansbach

    überragte er uns andere weitaus

    als talentierter erster Geiger. -

    Am Sonntag Nachmittag besuchten wir

    wieder einmal die  Abendsquelle .

    Heimweg über die sonnendurchglühten

    Hänge des sogen. Frauenlandes u.


  • October 7, 2017 15:45:08 Daniela Z

     linke Seite 

    XXXI. (4.-10. August). Wir treten in

    das 5. Kriegsjahr, Bruder Christian am

    9. in das 58. Lebensjahr; er hat kürzlich

    einen ausgezeichneten Rehschlegel

    geschickt. Meine Abendspaziergänge,

    teils auf den Keesberg

    teils über die  Maria-Therese-Promenade 

    u. Heidingsfelderbrücke,

    erstrecken sich jetzt bereits bis in

    die Abenddämmerung. Am Sonntag

    gingen wir wiedereinmal zum

    Bismarkturm u. z. von  Grambühl 

    aus über die  Rimparner Steige .

    Auf dem Heimweg Brand im Lagerhaus

    des Hauptzollamts. Es soll sich um

    Futtervorräte handeln; man

    sieht nur Rauch. Donnerstag besuchen

    uns Onkel Fritz mit meinem Paten.

    Letzterer u. Gerhard kommen jetzt nach

    Neustadt a. A. in ein von einem

    Pfarrer geleitetes Schülerpensionat.

    Emmi wird größer, sie kann fast laufen.

    Als sie nach dem Essen d. Mutter

    am Haar zog u. diese es sich gefallen ließ,

    meinte sie, die Mutti ist aber "zahm." -

    Die Entente unternimmt z. Z. eine

    überraschende Offensive, wobei wir

    ein Stück zurückgehen müssen. Macht

    nichts.

     rechte Seite 

    XXXII. (11. - 17. August). Am 10. August ist

    mein Schulfreund Theodor Kübel, Oberstleutnant,

    an der Spitze seines Regiments

    gefallen. Er hat mit mir dieselbe Klasse

    des Gymnasiums besucht (in Ansbach),

    war der Sohn unseres Religionslehrers,

    der vor einigen Jahren als Kirchenrat

    a. D. in Bayreuth starb. Im Jahre 1892

    besuchte ich ihn von Dahn (Rheinpfalz)

    aus, wo mein Bruder damals Forstamgsassistent

    war, in Metz, wo

    er Leutnant beim 2. bayr. Fuß Art-

    Reg. war. Er zeigte mir die Metzer

    Schlachtfelder. Er war überaus fleißig

    u. studierte noch nachts nach dem

    abendlichen Ausgehen. - Auch ein

    anderer Studiengenosse ist in diesen Tagen

    in d. Ewigkeit abgerufen worden,

    der Amtsgerichtssekretär a. D. Gustav

    Riedner. Er krankte seit vielen

    Jahren. Er ging ganz in der Musik

    auf, spielte alle Instrumente,

    namentlich auch die Geige. In

    unserem Gymnasialorchester in Ansbach

    überragte er uns andere weitaus

    als talentierter erster Geiger. -

    Am Sonntag Nachmittag besuchten wir

    wieder einmal die  Abendsquelle .

    Heimweg über die sonnendurchglühten

    Hänge des sogen.  Frauenlandes  u.


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1948 / 23382
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Vera Braune
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http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/


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