Familientagebuch (1917-1922) von Gustav Braune (1870-1954), item 31

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 linke Seite 

nicht mehr in der Heimat. Der 16jährige

Sohn Christian, der das Realgymnasium

besucht, ist ein ernster Tierquäler,

der seinen Stallhasen viel zu wenig

Futter gibt. Sie fressen gierig die

Abfälle, die ihnen unsere Kinder bringen.

Seine Schwester Marianne prügelt er

vielfach, daß wir ihr Geschrei in der

Wohnung hören. Es fehlt an der mütterlichen

Zucht.

XXX (28. Juli - 3. August.) Hanna &

Lydi haben am Sonntag mit Margarets

Schwester, der 15jährigen Luise,

einen Ausflug nach Obertheres zum

Schloß des Frh. v. Swaine gemacht u.

den schönen Park besichtigt. Am Sonntag

sollte Hanna in Begleitung des

Herrn Bergmann zurückkommen,

weil sie gar so Heimweh hat. Ich erwarte

sie vergebens am Bahnhof. Am

Montag wird Ernst allein im Eisenbahnzug

nach Heßfurt geschickt,

wo er von seinen Schwestern erwartet

wird. Unmittelbar nach

seiner Abreise trifft ein recht

grober Brief der Frau Bergmann

ein, Margaret müsse am 1. Sept.

 rechte Seite 

bei einem Bauern eintreten, damit

sie sich satt essen könne; die Kinder

könne sie auch nicht mehr brauchen,

weil ihr Sohn auf Urlaub komme.

Wir sind empört hauptsächlich wegen

der Kinder, die Margaret doch selbst

im Namen ihrer Eltern eingeladen hatte.

Wir beordern Marg. mit Lydi u. Ernst

bis Mittwoch zurück; Hanna ist inzwischen

am Dienstag allein zurückgekehrt.

So endet die Reise mit einem schrillen

Mißklang. Den Kindern hat es gut

gefallen, nur sind sie über u. über

mit geschwollenen Insektenstichen  über der Zeile:  Wanzen!?

bedeckt. Lydi ist auch aus dem Bett gefallen

u. hat sich am linken Auge geschürft. -

Marg. behauptet, an dem

Brief unschuldig zu sein; sie erklärt

nach einigen Tagen Bedenkzeit, sie wolle

bleiben u. z. mindestens bis Mai

nächsten Jahres. - Am 1. August sind es

20 Jahre, daß ich als Grundbuchanlegungskommissär

beim Amtsgericht Aibling

gegen 100 M Monatsgehalt eingetreten

bin. Seitdem verdiene ich mir

mein Brot selbst, anfangs mußte allerdings

der mütterliche Geldbeutel noch

mitaushelfen.

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 linke Seite 

nicht mehr in der Heimat. Der 16jährige

Sohn Christian, der das Realgymnasium

besucht, ist ein ernster Tierquäler,

der seinen Stallhasen viel zu wenig

Futter gibt. Sie fressen gierig die

Abfälle, die ihnen unsere Kinder bringen.

Seine Schwester Marianne prügelt er

vielfach, daß wir ihr Geschrei in der

Wohnung hören. Es fehlt an der mütterlichen

Zucht.

XXX (28. Juli - 3. August.) Hanna &

Lydi haben am Sonntag mit Margarets

Schwester, der 15jährigen Luise,

einen Ausflug nach Obertheres zum

Schloß des Frh. v. Swaine gemacht u.

den schönen Park besichtigt. Am Sonntag

sollte Hanna in Begleitung des

Herrn Bergmann zurückkommen,

weil sie gar so Heimweh hat. Ich erwarte

sie vergebens am Bahnhof. Am

Montag wird Ernst allein im Eisenbahnzug

nach Heßfurt geschickt,

wo er von seinen Schwestern erwartet

wird. Unmittelbar nach

seiner Abreise trifft ein recht

grober Brief der Frau Bergmann

ein, Margaret müsse am 1. Sept.

 rechte Seite 

bei einem Bauern eintreten, damit

sie sich satt essen könne; die Kinder

könne sie auch nicht mehr brauchen,

weil ihr Sohn auf Urlaub komme.

Wir sind empört hauptsächlich wegen

der Kinder, die Margaret doch selbst

im Namen ihrer Eltern eingeladen hatte.

Wir beordern Marg. mit Lydi u. Ernst

bis Mittwoch zurück; Hanna ist inzwischen

am Dienstag allein zurückgekehrt.

So endet die Reise mit einem schrillen

Mißklang. Den Kindern hat es gut

gefallen, nur sind sie über u. über

mit geschwollenen Insektenstichen  über der Zeile:  Wanzen!?

bedeckt. Lydi ist auch aus dem Bett gefallen

u. hat sich am linken Auge geschürft. -

Marg. behauptet, an dem

Brief unschuldig zu sein; sie erklärt

nach einigen Tagen Bedenkzeit, sie wolle

bleiben u. z. mindestens bis Mai

nächsten Jahres. - Am 1. August sind es

20 Jahre, daß ich als Grundbuchanlegungskommissär

beim Amtsgericht Aibling

gegen 100 M Monatsgehalt eingetreten

bin. Seitdem verdiene ich mir

mein Brot selbst, anfangs mußte allerdings

der mütterliche Geldbeutel noch

mitaushelfen.


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  • October 7, 2017 15:22:21 Daniela Z

     linke Seite 

    nicht mehr in der Heimat. Der 16jährige

    Sohn Christian, der das Realgymnasium

    besucht, ist ein ernster Tierquäler,

    der seinen Stallhasen viel zu wenig

    Futter gibt. Sie fressen gierig die

    Abfälle, die ihnen unsere Kinder bringen.

    Seine Schwester Marianne prügelt er

    vielfach, daß wir ihr Geschrei in der

    Wohnung hören. Es fehlt an der mütterlichen

    Zucht.

    XXX (28. Juli - 3. August.) Hanna &

    Lydi haben am Sonntag mit Margarets

    Schwester, der 15jährigen Luise,

    einen Ausflug nach Obertheres zum

    Schloß des Frh. v. Swaine gemacht u.

    den schönen Park besichtigt. Am Sonntag

    sollte Hanna in Begleitung des

    Herrn Bergmann zurückkommen,

    weil sie gar so Heimweh hat. Ich erwarte

    sie vergebens am Bahnhof. Am

    Montag wird Ernst allein im Eisenbahnzug

    nach Heßfurt geschickt,

    wo er von seinen Schwestern erwartet

    wird. Unmittelbar nach

    seiner Abreise trifft ein recht

    grober Brief der Frau Bergmann

    ein, Margaret müsse am 1. Sept.

     rechte Seite 

    bei einem Bauern eintreten, damit

    sie sich satt essen könne; die Kinder

    könne sie auch nicht mehr brauchen,

    weil ihr Sohn auf Urlaub komme.

    Wir sind empört hauptsächlich wegen

    der Kinder, die Margaret doch selbst

    im Namen ihrer Eltern eingeladen hatte.

    Wir beordern Marg. mit Lydi u. Ernst

    bis Mittwoch zurück; Hanna ist inzwischen

    am Dienstag allein zurückgekehrt.

    So endet die Reise mit einem schrillen

    Mißklang. Den Kindern hat es gut

    gefallen, nur sind sie über u. über

    mit geschwollenen Insektenstichen  über der Zeile:  Wanzen!?

    bedeckt. Lydi ist auch aus dem Bett gefallen

    u. hat sich am linken Auge geschürft. -

    Marg. behauptet, an dem

    Brief unschuldig zu sein; sie erklärt

    nach einigen Tagen Bedenkzeit, sie wolle

    bleiben u. z. mindestens bis Mai

    nächsten Jahres. - Am 1. August sind es

    20 Jahre, daß ich als Grundbuchanlegungskommissär

    beim Amtsgericht Aibling

    gegen 100 M Monatsgehalt eingetreten

    bin. Seitdem verdiene ich mir

    mein Brot selbst, anfangs mußte allerdings

    der mütterliche Geldbeutel noch

    mitaushelfen.

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1948 / 23381
Source
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Contributor
Vera Braune
License
http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/


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