Familientagebuch (1917-1922) von Gustav Braune (1870-1954), item 41

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 linke Seite 

wir nicht ganz 1 Jahr in der Weingartenstraße

gewohnt, neben der mächtigen

Adalberokirche in dem großen

 Erkzimmer  mit der schönen Aussicht hinüber

über den Sanderrasen, hinauf zum Nikolausberg

mit dem Käppele u. dem

Schützenhaus. So ist das Irdische vergänglich. -

In der neuen Häuslichkeit

gehts ans Ordnen u. Einrichten der im

wüsten Chaos herumliegenden Sachen.

Unsern Eingang segne Gott, unsern Ausgang

gleichermaßen!

XLVI. (17. - 23. November) Sonntag

melde ich mich beim Präsidenten

Lechner an, einstweilen nur provisorisch,

da ja meine Entlassung vom

Militärdienst noch nicht durch das

Kriegsministerium verfügt ist. Dann

beginnt das Einräumen, Zuerst

wird der Bücherschrank gefüllt, dann

der Schreibtisch, dann die Wäschekommode,

alles in ungeheizten Räumen;

zudem ist es jetzt empfindlich kalt, es

gefriert nachts. Montag Anmeldung

der Kinder in der Töchterschule und in

der Volksschule an der Ludwigstraße

bei Schulrat Dr. Pfeiffer. Am Dienstag

früh 8 Uhr werden sie hineingeführt,

Hanna von Mutter, die

beiden andern von mir. Unter=

 rechte Seite 

dessen muß Emmi ein halbes Stündchen

allein bleiben und schreit die ganze

Zeit jämmerlich. Lydia bekommt den Lehrer

Trabert, Ernst den Lehrer Dömling.

Lydia hat ganzen Unterricht, Ernst nur

2 Stunden täglich, obwohl er die Schule

am nötigsten hätte, er ist im Lesen

etwas zurück. Am Mittwoch stellt

sich auf eine Anzeige in der Zeitung hin

als Gehilfin der Hausfrau Käthe Sauer,

 Steinmetzensfrau  von Oberbessenbach

bei Aschaffenburg ein. Die tags zuvor

gedungene [veralt.: verpflichtete] 16 jährige wird wieder

fortgeschickt, sie findet gleich wieder

einen Platz. Samstag fahre ich nach

Würzburg und zurück, um Einmachtöpfe

u. dergl. zu holen. Der 1. Frühzug,

der um 1/2 6 vom Stadtbahnhof wegfahren

sollte, hat 4 Stunden Verspätung

u. fährt dann noch so langsam, daß

er statt um 1/2 8 um 12 Uhr in  Würzburg

eintrifft. Im Büro, das jetzt wieder

im Generalkommandogebäude untergebracht

ist, erfahre ich, daß ich zu Unrecht

entlassen bin und wieder einrücken

muß. Andrerseits ist heute

ein K. M. E. [= Königliche Militär-Eisenbahn ] eingelaufen, wonach ich

mit Wirksamkeit vom 1. Dezember

aus dem aktiven Militärdienst

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 linke Seite 

wir nicht ganz 1 Jahr in der Weingartenstraße

gewohnt, neben der mächtigen

Adalberokirche in dem großen

 Erkzimmer  mit der schönen Aussicht hinüber

über den Sanderrasen, hinauf zum Nikolausberg

mit dem Käppele u. dem

Schützenhaus. So ist das Irdische vergänglich. -

In der neuen Häuslichkeit

gehts ans Ordnen u. Einrichten der im

wüsten Chaos herumliegenden Sachen.

Unsern Eingang segne Gott, unsern Ausgang

gleichermaßen!

XLVI. (17. - 23. November) Sonntag

melde ich mich beim Präsidenten

Lechner an, einstweilen nur provisorisch,

da ja meine Entlassung vom

Militärdienst noch nicht durch das

Kriegsministerium verfügt ist. Dann

beginnt das Einräumen, Zuerst

wird der Bücherschrank gefüllt, dann

der Schreibtisch, dann die Wäschekommode,

alles in ungeheizten Räumen;

zudem ist es jetzt empfindlich kalt, es

gefriert nachts. Montag Anmeldung

der Kinder in der Töchterschule und in

der Volksschule an der Ludwigstraße

bei Schulrat Dr. Pfeiffer. Am Dienstag

früh 8 Uhr werden sie hineingeführt,

Hanna von Mutter, die

beiden andern von mir. Unter=

 rechte Seite 

dessen muß Emmi ein halbes Stündchen

allein bleiben und schreit die ganze

Zeit jämmerlich. Lydia bekommt den Lehrer

Trabert, Ernst den Lehrer Dömling.

Lydia hat ganzen Unterricht, Ernst nur

2 Stunden täglich, obwohl er die Schule

am nötigsten hätte, er ist im Lesen

etwas zurück. Am Mittwoch stellt

sich auf eine Anzeige in der Zeitung hin

als Gehilfin der Hausfrau Käthe Sauer,

 Steinmetzensfrau  von Oberbessenbach

bei Aschaffenburg ein. Die tags zuvor

gedungene [veralt.: verpflichtete] 16 jährige wird wieder

fortgeschickt, sie findet gleich wieder

einen Platz. Samstag fahre ich nach

Würzburg und zurück, um Einmachtöpfe

u. dergl. zu holen. Der 1. Frühzug,

der um 1/2 6 vom Stadtbahnhof wegfahren

sollte, hat 4 Stunden Verspätung

u. fährt dann noch so langsam, daß

er statt um 1/2 8 um 12 Uhr in  Würzburg

eintrifft. Im Büro, das jetzt wieder

im Generalkommandogebäude untergebracht

ist, erfahre ich, daß ich zu Unrecht

entlassen bin und wieder einrücken

muß. Andrerseits ist heute

ein K. M. E. [= Königliche Militär-Eisenbahn ] eingelaufen, wonach ich

mit Wirksamkeit vom 1. Dezember

aus dem aktiven Militärdienst


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  • October 12, 2017 13:45:04 Daniela Z

     linke Seite 

    wir nicht ganz 1 Jahr in der Weingartenstraße

    gewohnt, neben der mächtigen

    Adalberokirche in dem großen

     Erkzimmer  mit der schönen Aussicht hinüber

    über den Sanderrasen, hinauf zum Nikolausberg

    mit dem Käppele u. dem

    Schützenhaus. So ist das Irdische vergänglich. -

    In der neuen Häuslichkeit

    gehts ans Ordnen u. Einrichten der im

    wüsten Chaos herumliegenden Sachen.

    Unsern Eingang segne Gott, unsern Ausgang

    gleichermaßen!

    XLVI. (17. - 23. November) Sonntag

    melde ich mich beim Präsidenten

    Lechner an, einstweilen nur provisorisch,

    da ja meine Entlassung vom

    Militärdienst noch nicht durch das

    Kriegsministerium verfügt ist. Dann

    beginnt das Einräumen, Zuerst

    wird der Bücherschrank gefüllt, dann

    der Schreibtisch, dann die Wäschekommode,

    alles in ungeheizten Räumen;

    zudem ist es jetzt empfindlich kalt, es

    gefriert nachts. Montag Anmeldung

    der Kinder in der Töchterschule und in

    der Volksschule an der Ludwigstraße

    bei Schulrat Dr. Pfeiffer. Am Dienstag

    früh 8 Uhr werden sie hineingeführt,

    Hanna von Mutter, die

    beiden andern von mir. Unter=

     rechte Seite 

    dessen muß Emmi ein halbes Stündchen

    allein bleiben und schreit die ganze

    Zeit jämmerlich. Lydia bekommt den Lehrer

    Trabert, Ernst den Lehrer Dömling.

    Lydia hat ganzen Unterricht, Ernst nur

    2 Stunden täglich, obwohl er die Schule

    am nötigsten hätte, er ist im Lesen

    etwas zurück. Am Mittwoch stellt

    sich auf eine Anzeige in der Zeitung hin

    als Gehilfin der Hausfrau Käthe Sauer,

     Steinmetzensfrau  von Oberbessenbach

    bei Aschaffenburg ein. Die tags zuvor

    gedungene [veralt.: verpflichtete] 16 jährige wird wieder

    fortgeschickt, sie findet gleich wieder

    einen Platz. Samstag fahre ich nach

    Würzburg und zurück, um Einmachtöpfe

    u. dergl. zu holen. Der 1. Frühzug,

    der um 1/2 6 vom Stadtbahnhof wegfahren

    sollte, hat 4 Stunden Verspätung

    u. fährt dann noch so langsam, daß

    er statt um 1/2 8 um 12 Uhr in  Würzburg

    eintrifft. Im Büro, das jetzt wieder

    im Generalkommandogebäude untergebracht

    ist, erfahre ich, daß ich zu Unrecht

    entlassen bin und wieder einrücken

    muß. Andrerseits ist heute

    ein K. M. E. [= Königliche Militär-Eisenbahn ] eingelaufen, wonach ich

    mit Wirksamkeit vom 1. Dezember

    aus dem aktiven Militärdienst


  • October 12, 2017 13:27:27 Daniela Z

     linke Seite 

    wir nicht ganz 1 Jahr in der Weingartenstraße

    gewohnt, neben der mächtigen

    Adalberokirche in dem großen

     Erkzimmer  mit der schönen Aussicht hinüber

    über den Sanderrasen, hinauf zum Nikolausberg

    mit dem  Köppeln  u. dem

    Schützenhaus. So ist das Irdische vergänglich. -

    In der neuen Häuslichkeit

    gehts ans Ordnen u. Einrichten der im

    wüsten Chaos herumliegenden Sachen.

    Unsern Eingang segne Gott, unsern Ausgang

    gleichermaßen!

    XLVI. (17. - 23. November) Sonntag

    melde ich mich beim Präsidenten

    Lechner an, einstweilen nur provisorisch,

    da ja meine Entlassung vom

    Militärdienst noch nicht durch das

    Kriegsministerium verfügt ist. Dann

    beginnt das Einräumen, Zuerst

    wird der Bücherschrank gefüllt, dann

    der Schreibtisch, dann die Wäschekommode,

    alles in ungeheizten Räumen;

    zudem ist es jetzt empfindlich kalt, es

    gefriert nachts. Montag Anmeldung

    der Kinder in der Töchterschule und in

    der Volksschule an der Ludwigstraße

    bei Schulrat Dr. Pfeiffer. Am Dienstag

    früh 8 Uhr werden sie hineingeführt,

    Hanna von Mutter, die

    beiden andern von mir. Unter=

     rechte Seite 

    dessen muß Emmi ein halbes Stündchen

    allein bleiben und schreit die ganze

    Zeit jämmerlich. Lydia bekommt den Lehrer

     Trobert , Ernst den Lehrer  Dömling .

    Lydia hat ganzen Unterricht, Ernst nur

    2 Stunden täglich, obwohl er die Schule

    am nötigsten hätte, er ist im Lesen

    etwas zurück. Am Mittwoch stellt

    sich auf eine Anzeige in der Zeitung hin

    als Gehilfin der Hausfrau Käthe Sauer,

     Steinmetzensfrau  von Oberbessenbach

    bei Aschaffenburg ein. Die tags zuvor

     gedungene  16 jährige wird wieder

    fortgeschickt, sie findet gleich wieder

    einen Platz. Samstag fahre ich nach

    Würzburg und zurück, um Einmachtöpfe

    u. dergl. zu holen. Der 1. Frühzug,

    der um 1/2 6 vom Stadtbahnhof wegfähren

    sollte, hat 4 Stunden Verspätung

    u. fährt dann noch so langsam, daß

    er statt um 1/2 8 um 12 Uhr in  Würzburg

    eintrifft. Im Büro, das jetzt wieder

    im Generalkommandogebäude untergebracht

    ist, erfahre ich, daß ich zu Unrecht

    entlassen bin und wieder einrücken

    muß. Andrerseits ist heute

    ein R. M. E. eingelaufen, wonach ich

    mit Wirksamkeit vom 1. Dezember

    aus dem aktiven Militärdienst


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1948 / 23391
Source
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Contributor
Vera Braune
License
http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/


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