Familientagebuch (1917-1922) von Gustav Braune (1870-1954), item 17
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linke Seite
[Schul-]kinder mit dem Licht in der Hand weckt,
streckt klein Emmi ihr die Hand hin
mit den Worten: "Mutti, auch noch
Gutenacht sagen!" Sie meinte, es sei
erst Zeit zum Schlafengehen.
III (13. bis 19. Januar). Wir sind jetzt
infolge Dienstmädchenmangels soweit,
daß wir unser Mittagessen
von der in einem nahen Gasthaus
eingerichteten "Mittelstandsküche" beziehen.
Hanna u. Lydi müssen sich
alle Tage nach Schulschluß abscheppen,
um das Geschirr mit Inhalt ins Haus
zu bringen. Die Suppen sind recht gut,
Fleisch gibts zweimal wöchentlich,
die Kartoffeln spielen natürlich die
Hauptrolle. Zum Glück können wir
uns noch etwas Fleisch nebenbei
beschaffen. - Kurz nacheinander viel Schnee,
dann Tauwetter u. Regen und jetzt Hochwasser.
IV. (20. - 26. Januar). Am 20. fahre ich
nachmittags mit Ernst nach Einersheim
u. bringe einen Reisekorb Äpfel
(1/2
) mit nachhause. Als Frachtgut wird Obstmerkwürdigerweise jetzt nicht befördert,
es kann bei den Bauern verfaulen.
Ich komme unangefochten überall
durch. Im engen Doktorhäuschen
in Einersheim ist reges Leben durch
rechte Seite
die 6 Kinder im Alter von 11 - 2 Jahren.
Mein Pate Gustav liegt leider im Bett,
da er wiedereinmal Eiweiß im Urin
ausscheidet. Er u. Gerhard besuchen die
Lateinschule in Kitzingen u. mühen sich
mit dem Lateinischen. Gerhard soll begabter,
aber fauler sein. Im Gegensatz
zu unserer Würzburger Lichtnot strahlt
dort alles im hellen elektr. Licht. Auch
die guten Würste von der jüngsten
Hausschlachtung muten unsereinem
wie ein Märchen aus alter Zeit an.
Ich gehe mit Fritz nach Possenheim zu einem
Krankenbesuch, während Ernst sich auf
der Wiese unter dem "Weinberghäuschen"
mit den Vettern u. dem Bächen Johanna
tummelt. Der Zug kommt erst um 1/4 11 in
Würzburg an, dann folgt noch der lange
Marsch in die Sanderau; denn die Straßenbahn
hört jetzt schon um 1/2 9 U. Abends auf. -
Man hört schon die Finken schlagen.
V. (27. Januar bis 2. Februar) Seit
14 Tagen haben wir keine Sonne
mehr gesehen. Immer neblige graue Luft.
Große Arbeiterau s stände, die von den
russischen Bolschewisten (Anarchosozialisten)
angezettelt u. von unserer
sog. unabhängigen Sozialdemokratie
(linker Flügel der S.) in Szene gesetzt
werden, beunruhigen die Gemüter der
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linke Seite
[Schul-]kinder mit dem Licht in der Hand weckt,
streckt klein Emmi ihr die Hand hin
mit den Worten: "Mutti, auch noch
Gutenacht sagen!" Sie meinte, es sei
erst Zeit zum Schlafengehen.
III (13. bis 19. Januar). Wir sind jetzt
infolge Dienstmädchenmangels soweit,
daß wir unser Mittagessen
von der in einem nahen Gasthaus
eingerichteten "Mittelstandsküche" beziehen.
Hanna u. Lydi müssen sich
alle Tage nach Schulschluß abscheppen,
um das Geschirr mit Inhalt ins Haus
zu bringen. Die Suppen sind recht gut,
Fleisch gibts zweimal wöchentlich,
die Kartoffeln spielen natürlich die
Hauptrolle. Zum Glück können wir
uns noch etwas Fleisch nebenbei
beschaffen. - Kurz nacheinander viel Schnee,
dann Tauwetter u. Regen und jetzt Hochwasser.
IV. (20. - 26. Januar). Am 20. fahre ich
nachmittags mit Ernst nach Einersheim
u. bringe einen Reisekorb Äpfel
(1/2
) mit nachhause. Als Frachtgut wird Obstmerkwürdigerweise jetzt nicht befördert,
es kann bei den Bauern verfaulen.
Ich komme unangefochten überall
durch. Im engen Doktorhäuschen
in Einersheim ist reges Leben durch
rechte Seite
die 6 Kinder im Alter von 11 - 2 Jahren.
Mein Pate Gustav liegt leider im Bett,
da er wiedereinmal Eiweiß im Urin
ausscheidet. Er u. Gerhard besuchen die
Lateinschule in Kitzingen u. mühen sich
mit dem Lateinischen. Gerhard soll begabter,
aber fauler sein. Im Gegensatz
zu unserer Würzburger Lichtnot strahlt
dort alles im hellen elektr. Licht. Auch
die guten Würste von der jüngsten
Hausschlachtung muten unsereinem
wie ein Märchen aus alter Zeit an.
Ich gehe mit Fritz nach Postenheim zu einem
Krankenbesuch, während Ernst sich auf
der Wiese unter dem "Weinberghäuschen"
mit den Vettern u. dem Bächen Johanna
tummelt. Der Zug kommt erst um 1/4 11 in
Würzburg an, dann folgt noch der lange
Marsch in die Sandrau; denn die Straßenbahn
hört jetzt schon um 1/2 9 U. Abends auf. -
Man hört schon die Finken schlagen.
V. (27. Januar bis 2. Februar) Seit
14 Tagen haben wir keine Sonne
mehr gesehen. Immer neblige graue Luft.
Große Arbeiterausstände, die von den
russischen Bolschewisten (Anarchosozialisten)
angezettelt u. von unserer
sog. unabhängigen Sozialdemokratie
(linker Flügel der S.) in Szene gesetzt
werden, beunruhigen die Gemüter der
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linke Seite
[Schul-]kinder mit dem Licht in der Hand weckt,
streckt klein Emmi ihr die Hand hin
mit den Worten: "Mutti, auch noch
Gutenacht sagen!" Sie meinte, es sei
erst Zeit zum Schlafengehen.
III (13. bis 19. Januar). Wir sind jetzt
infolge Dienstmädchenmangels soweit,
daß wir unser Mittagessen
von der in einem nahen Gasthaus
eingerichteten "Mittelstandsküche" beziehen.
Hanna u. Lydi müssen sich
alle Tage nach Schulschluß abscheppen,
um das Geschirr mit Inhalt ins Haus
zu bringen. Die Suppen sind recht gut,
Fleisch gibts zweimal wöchentlich,
die Kartoffeln spielen natürlich die
Hauptrolle. Zum Glück können wir
uns noch etwas Fleisch nebenbei
beschaffen. - Kurz nacheinander viel Schnee,
dann Tauwetter u. Regen und jetzt Hochwasser.
IV. (20. - 26. Januar). Am 20. fahre ich
nachmittags mit Ernst nach Einersheim
u. bringe einen Reisekorb Äpfel
(1/2
) mit nachhause. Als Frachtgut wird Obstmerkwürdigerweise jetzt nicht befördert,
es kann bei den Bauern verfaulen.
Ich komme unangefochten überall
durch. Im engen Doktorhäuschen
in Einersheim ist reges Leben durch
rechte Seite
die 6 Kinder im Alter von 11 - 2 Jahren.
Mein Pate Gustav liegt leider im Bett,
da er wiedereinmal Eiweiß im Urin
ausscheidet. Er u. Gerhard besuchen die
Lateinschule in Kitzingen u. mühen sich
mit dem Lateinischen. Gerhard soll begabter,
aber fauler sein. Im Gegensatz
zu unserer Würzburger Lichtnot strahlt
dort alles im hellen elektr. Licht. Auch
die guten Würste von der jüngsten
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linke Seite
[Schul-]kinder mit dem Licht in der Hand weckt,
streckt klein Emmi ihr die Hand hin
mit den Worten: "Mutti, auch noch
Gutenacht sagen!" Sie meinte, es sei
erst Zeit zum Schlafengehen.
III (13. bis 19. Januar). Wir sind jetzt
infolge Dienstmädchenmangels soweit,
daß wir unser Mittagessen
von der in einem nahen Gasthaus
eingerichteten "Mittelstandsküche" beziehen.
Hanna u. Lydi müssen sich
alle Tage nach Schulschluß abscheppen,
um das Geschirr mit Inhalt ins Haus
zu bringen. Die Suppen sind recht gut,
Fleisch gibts zweimal wöchentlich,
die Kartoffeln spielen natürlich die
Hauptrolle. Zum Glück können wir
uns noch etwas Fleisch nebenbei
beschaffen. - Kurz nacheinander viel Schnee,
dann Tauwetter u. Regen und jetzt Hochwasser.
IV. (20. - 26. Januar). Am 20. fahre ich
nachmittags mit Ernst nach Einersheim
u. bringe einen Steise korb Äpfel
(1/2
) mit nachhause. Als Frachtgut wird Obstmerkwürdigerweise jetzt nicht befördert,
es kann bei den Bauern verfaulen.
Ich komme unangefochten überall
durch. Im engen Doktorhäuschen
in Einersheim ist reges Leben durch
rechte Seite
die 6 Kinder im Alter von 11 - 2 Jahren.
Mein Pate Gustav liegt leider im Bett,
da er wiedereinmal Eiweiß im Urin
ausscheidet. Er u. Gerhard besuchen die
Lateinschule in Retzingen u. mühen sich
mit dem Lateinischen. Gerhard soll begabter,
aber fauler sein. Im Gegensatz
zu unserer Würzburger Lichtnot strahlt
dort alles im hellen elektr. Licht. Auch
die guten Würste von der jüngsten
-
linke Seite
[Schul-]kinder mit dem Licht in der Hand weckt,
streckt klein Emmi ihr die Hand hin
mit den Worten: "Mutti, auch noch
Gutenacht sagen!" Sie meinte, es sei
erst Zeit zum Schlafengehen.
III (13. bis 19. Januar). Wir sind jetzt
infolge Dienstmädchenmangels soweit,
daß wir unser Mittagessen
von der in einem nahen Gasthaus
eingerichteten "Mittelstandsküche" beziehen.
Hanna u. Lydi müssen sich
alle Tage nach Schulschluß abscheppen,
um das Geschirr mit Inhalt ins Haus
zu bringen. Die Suppen sind recht gut,
Fleisch gibts zweimal wöchentlich,
die Kartoffeln spielen natürlich die
Hauptrolle. Zum Glück können wir
uns noch etwas Fleisch nebenbei
beschaffen. - Kurz nacheinander viel Schnee,
dann Tauwetter u. Regen und jetzt Hochwasser.
IV. (20. - 26. Januar). Am 20. fahre ich
nachmittags mit Ernst nach Einersheim
u. bringe einen Steise korb Äpfel
(1/2
) mit nachhause. Als Frachtgut wird Obstmerkwürdigerweise jetzt nicht befördert,
es kann bei den Bauern verfaulen.
Ich komme unangefochten überall
durch. Im engen Doktorhäuschen
in Einersheim ist reges Leben durch
rechte Seite
die 6 Kinder im Alter von 11 - 2 Jahren.
Mein Pate Gustav liegt leider im Bett,
da er wiedereinmal Eiweiß im Urin
ausscheidet. Er u. Gerhard besuchen die
Lateinschule in Retzingen u. mühen sich
mit dem Lateinischen. Gerhard soll begabter,
aber fauler sein. Im Gegensatz
zu unserer Würzburger Lichtnot strahlt
dort alles im hellen elektr. Licht. Auch
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- Contributor
- Vera Braune
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