Familientagebuch (1917-1922) von Gustav Braune (1870-1954), item 43

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 linke Seite 

trifft ein aus dem Feld geschriebener,

vom 9. 11. 18 datierter Brief ein. Seit

1. ds M. liegen sie (Landst. Inf. Bat.

Ingolstadt 2. Komp.) in Bereitschaft,

die ersten 8 Tage in einem festen

Stollen 15 m unter der französischen

Erde, dann in einem Unterstand.

Seine Komp. sei bis jetzt gut davongekommen,

die 3. u. 4. Komp. habe aber

am 3. die vorderste Stellung bei Sivry

besetzen müssen u. von den Amerikanern

2 Tage später fast aufgerieben

worden. -

XLVII. (24. - 30. November) Am Sonntag

Nachmittag schicken wir die Kinder

mit Käthe spazieren; Mutter ist zu

müde u. mich schmerzt das linke Knie

vom gestrigen Unfall noch. Auch diese

Woche wird noch fest geschafft, um das

Heim einzurichten u. wohnlich zu machen.

Ich bemühe mich einen Kartoffebezugschein

zu erhalten u. zu diesem Zweck

einen Verkäufer dieser jetzt so teuren

u. unentbehrlichen Erdfrüchte auszumachen.

Das ist nicht leicht, weil die

Bauern jetzt meist schon ihrer Ablieferungspflicht

genügt haben. Viele Kartoffeln

sind auch im Boden erfroren, weil in

letzter Zeit die Kriegsgefangenen die

 rechte Seite 

Arbeit eingestellt haben. Nachdem ich

im Bezirksamt an Landrat Grömling (?)

von Waigolshausen verwiesen worden

war, kommt Mutter auf den Gedanken,

man sollte sich beim Gasthaus zum Roß,

wo wegen des Mittwoch viele Landleute

einkehren, erkundigen u. wirklich

der Erste, den ich anspreche, ein gew.

Kirch von Lindach (Volkacher Gegend)

ist bereit, uns 21 Ct.  [Abk. für Zentner (üblich: Ctr.); im Folgenden ausgeschrieben]  zu liefern, allerdings

zu dem hohen Preis von 1 M pro Zentner,

wozu noch 1 M Fuhrlohn kommt.

Das könnte man ohne die sog. Teuerungszahlungen

(120 M das Monat)

nicht erschwingen. Zum Glück hat der

Frost etwas nachgelassen u. am Sonntag

sind wir so glücklich, die Kartoffeln

im Keller zu haben. Hoffentlich müssen wir

nicht wieder einen Teil abliefern u. können

sie in Gesundheit verzehren. - Auch

bei der Kohlenversorgung muß ich Hand

anlegen u. der Käthe 8 Ct. Briketts von

der Straße in die Holzlage tragen helfen,

eine rußige u. anstrengede Arbeit.

Mit den Nachmittagsspaziergängen ist es

diese Woche nicht viel, wir kommen immer

erst gegen Dunkelwerden (nach 4 Uhr)

fort. Am Freitag kommt endlich der die

förmliche Entlassung aussprechende

Kriegsministerialerlaß vom 22. Nov. 18,

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 linke Seite 

trifft ein aus dem Feld geschriebener,

vom 9. 11. 18 datierter Brief ein. Seit

1. ds M. liegen sie (Landst. Inf. Bat.

Ingolstadt 2. Komp.) in Bereitschaft,

die ersten 8 Tage in einem festen

Stollen 15 m unter der französischen

Erde, dann in einem Unterstand.

Seine Komp. sei bis jetzt gut davongekommen,

die 3. u. 4. Komp. habe aber

am 3. die vorderste Stellung bei Sivry

besetzen müssen u. von den Amerikanern

2 Tage später fast aufgerieben

worden. -

XLVII. (24. - 30. November) Am Sonntag

Nachmittag schicken wir die Kinder

mit Käthe spazieren; Mutter ist zu

müde u. mich schmerzt das linke Knie

vom gestrigen Unfall noch. Auch diese

Woche wird noch fest geschafft, um das

Heim einzurichten u. wohnlich zu machen.

Ich bemühe mich einen Kartoffebezugschein

zu erhalten u. zu diesem Zweck

einen Verkäufer dieser jetzt so teuren

u. unentbehrlichen Erdfrüchte auszumachen.

Das ist nicht leicht, weil die

Bauern jetzt meist schon ihrer Ablieferungspflicht

genügt haben. Viele Kartoffeln

sind auch im Boden erfroren, weil in

letzter Zeit die Kriegsgefangenen die

 rechte Seite 

Arbeit eingestellt haben. Nachdem ich

im Bezirksamt an Landrat Grömling (?)

von Waigolshausen verwiesen worden

war, kommt Mutter auf den Gedanken,

man sollte sich beim Gasthaus zum Roß,

wo wegen des Mittwoch viele Landleute

einkehren, erkundigen u. wirklich

der Erste, den ich anspreche, ein gew.

Kirch von Lindach (Volkacher Gegend)

ist bereit, uns 21 Ct.  [Abk. für Zentner (üblich: Ctr.); im Folgenden ausgeschrieben]  zu liefern, allerdings

zu dem hohen Preis von 1 M pro Zentner,

wozu noch 1 M Fuhrlohn kommt.

Das könnte man ohne die sog. Teuerungszahlungen

(120 M das Monat)

nicht erschwingen. Zum Glück hat der

Frost etwas nachgelassen u. am Sonntag

sind wir so glücklich, die Kartoffeln

im Keller zu haben. Hoffentlich müssen wir

nicht wieder einen Teil abliefern u. können

sie in Gesundheit verzehren. - Auch

bei der Kohlenversorgung muß ich Hand

anlegen u. der Käthe 8 Ct. Briketts von

der Straße in die Holzlage tragen helfen,

eine rußige u. anstrengede Arbeit.

Mit den Nachmittagsspaziergängen ist es

diese Woche nicht viel, wir kommen immer

erst gegen Dunkelwerden (nach 4 Uhr)

fort. Am Freitag kommt endlich der die

förmliche Entlassung aussprechende

Kriegsministerialerlaß vom 22. Nov. 18,


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  • October 12, 2017 14:50:46 Daniela Z

     linke Seite 

    trifft ein aus dem Feld geschriebener,

    vom 9. 11. 18 datierter Brief ein. Seit

    1. ds M. liegen sie (Landst. Inf. Bat.

    Ingolstadt 2. Komp.) in Bereitschaft,

    die ersten 8 Tage in einem festen

    Stollen 15 m unter der französischen

    Erde, dann in einem Unterstand.

    Seine Komp. sei bis jetzt gut davongekommen,

    die 3. u. 4. Komp. habe aber

    am 3. die vorderste Stellung bei Sivry

    besetzen müssen u. von den Amerikanern

    2 Tage später fast aufgerieben

    worden. -

    XLVII. (24. - 30. November) Am Sonntag

    Nachmittag schicken wir die Kinder

    mit Käthe spazieren; Mutter ist zu

    müde u. mich schmerzt das linke Knie

    vom gestrigen Unfall noch. Auch diese

    Woche wird noch fest geschafft, um das

    Heim einzurichten u. wohnlich zu machen.

    Ich bemühe mich einen Kartoffebezugschein

    zu erhalten u. zu diesem Zweck

    einen Verkäufer dieser jetzt so teuren

    u. unentbehrlichen Erdfrüchte auszumachen.

    Das ist nicht leicht, weil die

    Bauern jetzt meist schon ihrer Ablieferungspflicht

    genügt haben. Viele Kartoffeln

    sind auch im Boden erfroren, weil in

    letzter Zeit die Kriegsgefangenen die

     rechte Seite 

    Arbeit eingestellt haben. Nachdem ich

    im Bezirksamt an Landrat Grömling (?)

    von Waigolshausen verwiesen worden

    war, kommt Mutter auf den Gedanken,

    man sollte sich beim Gasthaus zum Roß,

    wo wegen des Mittwoch viele Landleute

    einkehren, erkundigen u. wirklich

    der Erste, den ich anspreche, ein gew.

    Kirch von Lindach (Volkacher Gegend)

    ist bereit, uns 21 Ct.  [Abk. für Zentner (üblich: Ctr.); im Folgenden ausgeschrieben]  zu liefern, allerdings

    zu dem hohen Preis von 1 M pro Zentner,

    wozu noch 1 M Fuhrlohn kommt.

    Das könnte man ohne die sog. Teuerungszahlungen

    (120 M das Monat)

    nicht erschwingen. Zum Glück hat der

    Frost etwas nachgelassen u. am Sonntag

    sind wir so glücklich, die Kartoffeln

    im Keller zu haben. Hoffentlich müssen wir

    nicht wieder einen Teil abliefern u. können

    sie in Gesundheit verzehren. - Auch

    bei der Kohlenversorgung muß ich Hand

    anlegen u. der Käthe 8 Ct. Briketts von

    der Straße in die Holzlage tragen helfen,

    eine rußige u. anstrengede Arbeit.

    Mit den Nachmittagsspaziergängen ist es

    diese Woche nicht viel, wir kommen immer

    erst gegen Dunkelwerden (nach 4 Uhr)

    fort. Am Freitag kommt endlich der die

    förmliche Entlassung aussprechende

    Kriegsministerialerlaß vom 22. Nov. 18,

  • October 12, 2017 14:42:30 Daniela Z

     linke Seite 

    trifft ein aus dem Feld geschriebener,

    vom 9. 11. 18 datierter Brief ein. Seit

    1. ds M. liegen sie (Landst. Inf. Bat.

    Ingolstadt 2. Komp.) in Bereitschaft,

    die ersten 8 Tage in einem festen

    Stollen 15 m unter der französischen

    Erde, dann in einem Unterstand.

    Seine Komp. sei bis jetzt gut davongekommen,

    die 3. u. 4. Komp. habe aber

    am 3. die vorderste Stellung bei Sivry

    besetzen müssen u. von den Amerikanern

    2 Tage später fast aufgerieben

    worden. -

    XLVII. (24. - 30. November) Am Sonntag

    Nachmittag schicken wir die Kinder

    mit Käthe spazieren; Mutter ist zu

    müde u. mich schmerzt das linke Knie

    vom gestrigen Unfall noch. Auch diese

    Woche wird noch fest geschafft, um das

    Heim einzurichten u. wohnlich zu machen.

    Ich bemühe mich einen Kartoffebezugschein

    zu erhalten u. zu diesem Zweck

    einen Verkäufer dieser jetzt so teuren

    u. unentbehrlichen Erdfrüchte auszumachen.

    Das ist nicht leicht, weil die

    Bauern jetzt meist schon ihrer Ablieferungspflicht

    genügt haben. Viele Kartoffeln

    sind auch im Boden erfroren, weil in

    letzter Zeit die Kriegsgefangenen die

     rechte Seite 

    Arbeit eingestellt haben. Nachdem ich

    im Bezirksamt an Landrat Grömling (?)

    von Waigolshausen verwiesen worden

    war, kommt Mutter auf den Gedanken,

    man sollte sich beim Gasthaus zum Roß,

    wo wegen des Mittwoch viele Landleute

    einkehren, erkundigen u. wirklich

    der Erste, den ich anspreche, ein gew.

    Kirch von Laidach  (Volkacher Gegend)

    ist bereit, uns 21 Ct. zu liefern, allerdings

    zu dem hohen Preis von 1 M pro Zentner,

    wozu noch 1 M Fuhrlohn kommt.

    Das könnte man ohne die sog. Teuerungszahlungen

    (120 M das Monat)

    nicht erschwingen. Zum Glück hat der

    Frost etwas nachgelassen u. am Sonntag

    sind wir so glücklich, die Kartoffeln

    im Keller zu haben. Hoffentlich müssen wir

    nicht wieder einen Teil abliefern u. können

    sie in Gesundheit verzehren. - Auch

    bei der Kohlenversorgung muß ich Hand

    anlegen u. der Käthe 8 Ct. Briketts von

    der Straße in die Holzlage tragen helfen,

    eine rußige u. anstrengede Arbeit.

    Mit den Nachmittagsspaziergängen ist es

    diese Woche nicht viel, wir kommen immer

    erst gegen Dunkelwerden (nach 4 Uhr)

    fort. Am Freitag kommt endlich der die

    förmliche Entlassung aussprechende

    Kriegsministerialerlaß vom 22. Nov. 18,


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Vera Braune
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