Kriegstagebuch von Hans-Joachim Röhr aus Görlitz - Band 2, item 18

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S. 20

      Mit unseren Schätzen kehrten wir nach dem Quartier zurück,

um es einigermassen menschlich einzurichten, die Uhren

kamen in Gang, so dass ihr tick tack fast etwas heimliches

hinein brachte. - Da geschah ein Wunder. - Die Alte, welche uns

hatte kommen sehen, erschien und bot mir an die Uhren, oder

wenigstens eine davon abzukaufen, und zeigte mir Geld, ich

erklärte ihr jedoch, wenn wir morgen oder übermorgen wieder abrücken,

konnte sie den ganzen mitgebrachten Hausstand erben, da wir

seiner dann nicht mehr bedürften. Sie war erstaunt - überschüttete

mich mit Lobreden und - man staune brachte sofort noch zwei

fehlende Stühle, die sie bis dato nicht entbehren konnte, obgleich

der ganze untere Teil der Wohnung davon vollstand. Von nun

an war sie die freundlichste Frau Henin Liétards. -

      Aber nicht nur Faulenzerleben sollten wir führen, sondern

wir exerzierten stramm, als wir am ersten Tage auf dem

dazu bestimmten Platze vor der Stadt waren, wurde diese von den

Engländern beschossen. Zwei Langrohrgeschütze waren auf den Bahnhof

eingeschossen und sandten alle Nachmittage einige Schüsse dorthin,

trafen jedoch meist die umliegenden Häuser, deren Einwohner flüchten

mussten. Am dritten Tag das Gleiche, einige Schüsse die blindlings

in den Ort gingen trafen Zivilisten, eine Granate tötete 2 Kinder und

einen Soldaten, dessen Kopf mit sich drehenden Augen über die Strasse

rollte, eine andere traf einen Keller und tötete die darein geflüchteten

Bewohner. Am 4. Tage war die Beschiessung bereits wahllos, ein

Geschoss krepierte auf der Schwelle des Nachbarhauses und verwundete

einen Mann schwer. Einige Kameraden und ich eilten zur Bergung des


S. 21

Verletzten und trugen ihn in ein Haus. Ein Splitter derselben Granate

zerschlug das grosse Glasschaufenster unserer Kantine, durchschlug die

Hinterwand und fiel in unserer Küche nieder. Die Köche nahmen

Reissaus. - Auf der Strasse sah es bös aus, ein grosses Loch klaffte

im Pflaster, die Steine lagen über die ganze Strasse verstreut

und Dutzende von Telephonleitungen hingen zu Boden. Die Stadt

war wie ausgestorben, keine lebende Seele liess sich sehen, wir

kehrten in unser Quartier zurück, das mittlerweile seiner noch

heilen Fensterscheiben verlustig gegangen war. Überall trat man

auf Glas und Steintrümmer. - Da ein Rattern auf der Strasse,

Eine Feldküche sauste in Karriere durch die Stadt nach vorn,

sprang über die Löcher und flog über die Steine, als wenn sie den

Teufel im Genick hätte. Kurz darauf hastete eine Ablösungskompagnie

nach vorn. Im Gänsemarsch, rechts und links an die Mauern

gedrückt und so die Strasse freilassend, sausten die Leute

durch die Gefahrzone - sont kaum ein Laut in der so bevölkerten

Stadt, als alle paar Minuten, der ferne Doppeldonner der beiden Abschüsse,

dann das immer mehr ansteigende Heulen der

heransausenden Geschosse, darauf ein gewaltiges Krachen und Gepolter der

stürzenden Trümmer. Die darauf entstehende Feuerpause

war fast jedesmal angefüllt mit vor Angst kreischenden Frauen,

und schreienden Kinderstimmen. Oft auch kamen Mütter, ein

Bündel Betten über den Rücken gebunden, die Kinder an den

Händen ganz verstört und schreiend angelaufen um

irgendwo einen besseren Schutz zu finden. Es war ein grausiges

Bild entfesselter Zerstörung - in unserem Hause jedoch war es




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S. 20

      Mit unseren Schätzen kehrten wir nach dem Quartier zurück,

um es einigermassen menschlich einzurichten, die Uhren

kamen in Gang, so dass ihr tick tack fast etwas heimliches

hinein brachte. - Da geschah ein Wunder. - Die Alte, welche uns

hatte kommen sehen, erschien und bot mir an die Uhren, oder

wenigstens eine davon abzukaufen, und zeigte mir Geld, ich

erklärte ihr jedoch, wenn wir morgen oder übermorgen wieder abrücken,

konnte sie den ganzen mitgebrachten Hausstand erben, da wir

seiner dann nicht mehr bedürften. Sie war erstaunt - überschüttete

mich mit Lobreden und - man staune brachte sofort noch zwei

fehlende Stühle, die sie bis dato nicht entbehren konnte, obgleich

der ganze untere Teil der Wohnung davon vollstand. Von nun

an war sie die freundlichste Frau Henin Liétards. -

      Aber nicht nur Faulenzerleben sollten wir führen, sondern

wir exerzierten stramm, als wir am ersten Tage auf dem

dazu bestimmten Platze vor der Stadt waren, wurde diese von den

Engländern beschossen. Zwei Langrohrgeschütze waren auf den Bahnhof

eingeschossen und sandten alle Nachmittage einige Schüsse dorthin,

trafen jedoch meist die umliegenden Häuser, deren Einwohner flüchten

mussten. Am dritten Tag das Gleiche, einige Schüsse die blindlings

in den Ort gingen trafen Zivilisten, eine Granate tötete 2 Kinder und

einen Soldaten, dessen Kopf mit sich drehenden Augen über die Strasse

rollte, eine andere traf einen Keller und tötete die darein geflüchteten

Bewohner. Am 4. Tage war die Beschiessung bereits wahllos, ein

Geschoss krepierte auf der Schwelle des Nachbarhauses und verwundete

einen Mann schwer. Einige Kameraden und ich eilten zur Bergung des


S. 21

Verletzten und trugen ihn in ein Haus. Ein Splitter derselben Granate

zerschlug das grosse Glasschaufenster unserer Kantine, durchschlug die

Hinterwand und fiel in unserer Küche nieder. Die Köche nahmen

Reissaus. - Auf der Strasse sah es bös aus, ein grosses Loch klaffte

im Pflaster, die Steine lagen über die ganze Strasse verstreut

und Dutzende von Telephonleitungen hingen zu Boden. Die Stadt

war wie ausgestorben, keine lebende Seele liess sich sehen, wir

kehrten in unser Quartier zurück, das mittlerweile seiner noch

heilen Fensterscheiben verlustig gegangen war. Überall trat man

auf Glas und Steintrümmer. - Da ein Rattern auf der Strasse,

Eine Feldküche sauste in Karriere durch die Stadt nach vorn,

sprang über die Löcher und flog über die Steine, als wenn sie den

Teufel im Genick hätte. Kurz darauf hastete eine Ablösungskompagnie

nach vorn. Im Gänsemarsch, rechts und links an die Mauern

gedrückt und so die Strasse freilassend, sausten die Leute

durch die Gefahrzone - sont kaum ein Laut in der so bevölkerten

Stadt, als alle paar Minuten, der ferne Doppeldonner der beiden Abschüsse,

dann das immer mehr ansteigende Heulen der

heransausenden Geschosse, darauf ein gewaltiges Krachen und Gepolter der

stürzenden Trümmer. Die darauf entstehende Feuerpause

war fast jedesmal angefüllt mit vor Angst kreischenden Frauen,

und schreienden Kinderstimmen. Oft auch kamen Mütter, ein

Bündel Betten über den Rücken gebunden, die Kinder an den

Händen ganz verstört und schreiend angelaufen um

irgendwo einen besseren Schutz zu finden. Es war ein grausiges

Bild entfesselter Zerstörung - in unserem Hause jedoch war es





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  • April 4, 2017 21:19:44 Rolf Kranz

    S. 20

          Mit unseren Schätzen kehrten wir nach dem Quartier zurück,

    um es einigermassen menschlich einzurichten, die Uhren

    kamen in Gang, so dass ihr tick tack fast etwas heimliches

    hinein brachte. - Da geschah ein Wunder. - Die Alte, welche uns

    hatte kommen sehen, erschien und bot mir an die Uhren, oder

    wenigstens eine davon abzukaufen, und zeigte mir Geld, ich

    erklärte ihr jedoch, wenn wir morgen oder übermorgen wieder abrücken,

    konnte sie den ganzen mitgebrachten Hausstand erben, da wir

    seiner dann nicht mehr bedürften. Sie war erstaunt - überschüttete

    mich mit Lobreden und - man staune brachte sofort noch zwei

    fehlende Stühle, die sie bis dato nicht entbehren konnte, obgleich

    der ganze untere Teil der Wohnung davon vollstand. Von nun

    an war sie die freundlichste Frau Henin Liétards. -

          Aber nicht nur Faulenzerleben sollten wir führen, sondern

    wir exerzierten stramm, als wir am ersten Tage auf dem

    dazu bestimmten Platze vor der Stadt waren, wurde diese von den

    Engländern beschossen. Zwei Langrohrgeschütze waren auf den Bahnhof

    eingeschossen und sandten alle Nachmittage einige Schüsse dorthin,

    trafen jedoch meist die umliegenden Häuser, deren Einwohner flüchten

    mussten. Am dritten Tag das Gleiche, einige Schüsse die blindlings

    in den Ort gingen trafen Zivilisten, eine Granate tötete 2 Kinder und

    einen Soldaten, dessen Kopf mit sich drehenden Augen über die Strasse

    rollte, eine andere traf einen Keller und tötete die darein geflüchteten

    Bewohner. Am 4. Tage war die Beschiessung bereits wahllos, ein

    Geschoss krepierte auf der Schwelle des Nachbarhauses und verwundete

    einen Mann schwer. Einige Kameraden und ich eilten zur Bergung des


    S. 21

    Verletzten und trugen ihn in ein Haus. Ein Splitter derselben Granate

    zerschlug das grosse Glasschaufenster unserer Kantine, durchschlug die

    Hinterwand und fiel in unserer Küche nieder. Die Köche nahmen

    Reissaus. - Auf der Strasse sah es bös aus, ein grosses Loch klaffte

    im Pflaster, die Steine lagen über die ganze Strasse verstreut

    und Dutzende von Telephonleitungen hingen zu Boden. Die Stadt

    war wie ausgestorben, keine lebende Seele liess sich sehen, wir

    kehrten in unser Quartier zurück, das mittlerweile seiner noch

    heilen Fensterscheiben verlustig gegangen war. Überall trat man

    auf Glas und Steintrümmer. - Da ein Rattern auf der Strasse,

    Eine Feldküche sauste in Karriere durch die Stadt nach vorn,

    sprang über die Löcher und flog über die Steine, als wenn sie den

    Teufel im Genick hätte. Kurz darauf hastete eine Ablösungskompagnie

    nach vorn. Im Gänsemarsch, rechts und links an die Mauern

    gedrückt und so die Strasse freilassend, sausten die Leute

    durch die Gefahrzone - sont kaum ein Laut in der so bevölkerten

    Stadt, als alle paar Minuten, der ferne Doppeldonner der beiden Abschüsse,

    dann das immer mehr ansteigende Heulen der

    heransausenden Geschosse, darauf ein gewaltiges Krachen und Gepolter der

    stürzenden Trümmer. Die darauf entstehende Feuerpause

    war fast jedesmal angefüllt mit vor Angst kreischenden Frauen,

    und schreienden Kinderstimmen. Oft auch kamen Mütter, ein

    Bündel Betten über den Rücken gebunden, die Kinder an den

    Händen ganz verstört und schreiend angelaufen um

    irgendwo einen besseren Schutz zu finden. Es war ein grausiges

    Bild entfesselter Zerstörung - in unserem Hause jedoch war es




  • February 3, 2017 18:47:26 Rolf Kranz

    S. 20

    Mit unseren Schätzen kehrten wir nach dem Quartier zurück,

    um es einigermassen menschlich einzurichten, die Uhren

    kamen in Gang, so dass ihr tick tack fast etwas heimliches

    hinein brachte. - Da geschah ein Wunder. - Die Alte, welche uns

    hatte kommen sehen, erschien und bot mir an die Uhren, oder

    wenigstens eine davon abzukaufen, und zeigte mir Geld, ich

    erklärte ihr jedoch, wenn wir morgen oder übermorgen wieder abrücken,

    konnte sie den ganzen mitgebrachten Hausstand erben, da wir

    seiner dann nicht mehr bedürften. Sie war erstaunt - überschüttete

    mich mit Lobreden und - man staune brachte brachte sofort noch zwei

    fehlende Stühle, die sie bis dato nicht entbehren konnte, obgleich

    der ganze untere Teil der Wohnung davon vollstand. Von nun

    an war sie die freundlichste Frau Henin Liétards. -

    Aber nicht nur Faulenzerleben sollten wir führen, sondern

    wir exerzierten stramm, als wir am ersten Tage auf dem

    dazubestimmten Platze vor der Stadt waren, wurde diese von den

    Engländern beschossen. Zwei Langrohrgeschütze waren auf den Bahnhof

    eingeschossen und sandten alle Nachmittage einige Schüsse dorthin,

    trafen jedoch meist die umliegenden Häuser, deren Einwohner flüchten

    mussten. Am Dritten Tag das Gleiche, einige Schüsse die blindlings

    in den Ort gingen trafen Zivilisten, eine Granate tötete 2 Kinder und

    einen Soldaten, dessen Kopf mit sich drehenden Augen über die Strasse

    rollte, eine andere traf einen Keller und tötete die darein geflüchteten

    Bewohner. Am 4. Tage war die Beschiessung bereits wahllos, ein

    Geschoss krepierte auf der Schwelle des Nachbarhauses und verwundete

    einen Mann schwer. Einige Kameraden und ich eilten zur Bergung des


    S. 21

    Verletzten und trugen ihn in ein Haus. Ein Splitter der selben Granate

    zerschlug das grosse Glasschaufenster unserer Kantine, durchschlug die

    Hinterwand und fiel in unserer Küche nieder. Die Köche nahmen

    Reissaus. - Auf der Strasse sah es bös aus, ein grosses Loch klaffte

    im Pflaster, die Steine lagen über die ganze Strasse verstreut

    und Dutzende von Telephonleitungen hingen zu Boden. Die Stadt

    war wie ausgestorben, keine lebende Seele liess sich sehen, wir

    kehrten in unser Quartier zurück, das mittlerweile seiner noch

    heilen Fensterscheiben verlustig gegangen war. Überall trat man

    auf Glas und Steintrümmer. - Da ein Rattern auf der Strasse,

    Eine Feldküche sauste in Karriere durch die Stadt nach vorn,

    sprang über die Löcher und flog über die Steine, als wenn sie den

    Teufel im Genick hätte. Kurz darauf hastete eine Ablösungskompagnie

    nach vorn. Im Gänsemarsch, rechts und links an die Mauern

    gedrückt und so die Strasse freilassend, sausten die Leute

    durch die Gefahrzone - sont kaum ein Laut in der so bevölkerten

    Stadt, als alle paar Minuten, der ferne Doppeldonner der beiden Abschüsse,

    dann das immer mehr ansteigende Heulen der

    heransausenden Geschosse, darauf ein gewaltiges Krachen und Gepolter der

    stürzenden Trümmer. Die darauf entstehende Feuerpause

    war fast jedesmal angefüllt mit vor Angst kreischenden Frauen,

    und schreienden Kinderstimmen. Oft auch kamen Mütter, ein

    Bündel Betten über den Rücken gebunden, die Kinder an den

    Händen ganz verstört und schreiend angelaufen um

    irgendwo einen besseren Schutz zu finden. Es war ein grausiges

    Bild entfesselter Zerstörung - in unserem Hause jedoch war es





  • December 26, 2016 10:48:53 Corinna Pichler (AUT)

    S. 20

    Mit unseren Schätzen kehrten wir nach dem Quartier zurück,

    um es einigermassen menschlich einzurichten, die Uhren

    kamen in Gang, so dass ihr tick tack fast etwas heimliches

    hinein brachte. - Da geschah ein Wunder. - Die Alte, welche uns

    hatte kommen sehen, erschien und bot mir an die Uhren, oder

    wenigstens eine davon abzukaufen, und zeigte mir Geld, ich

    erklärte ihr jedoch, wenn wir morgen oder übermorgen wieder abrücken,

    konnte sie den ganzen mitgebrachten Hausstrand erben, da wir

    seiner dann nicht mehr bedürften. Sie war erstaunt - überschüttete

    mich mit Lobredn und - man staune brachte brachte sofort noch zwei

    fehlende Stühle, die sie bis dato nicht entbehren konnte, obgleich

    der ganze untere Teil der Wohnung davon vollstand. Von nun

    an war sie die freundlichste Frau Henin Liétards. -

    Aber nicht nur Faulenzerleben sollten wir führen, sondern

    wir exerzierten stramm, als wir am ersten Tage auf dem

    dazubestimmten Platze vor der Stadt waren, wurde diese von den

    Engländern beschossen. Zwei Langrohrgeschütze waren auf den Bahnhof

    eingeschossen und sandten alle Nachmittage einige Schüssen dorthin,

    trafen jedoch meist die umliegenden Häuser, deren Einwohner flüchten

    mussten. Am Dritten Tag das Gleiche, einige Schüsse die blindlings

    in den Ort gingen trafen Zivilisten, eine Granate tötete 2 Kinder und

    einen Soldaten, dessen Kopf mit sich drehenden Augen über die Strasse

    rollte, eine andere traf einen Keller und tötete die darin geflüchteten

    Bewohner. Am 4. Tage war die Beschiessung bereits wahllos, ein

    Geschoss krepierte auf der Schwelle des Nachbarhauses und verwundete

    einen Mann schwer. Einige Kameraden und ich eilten zur Bergung des


    S. 21

    Verletzten und trugen ihn in ein Haus. Ein Splitter der selben Granate

    zerschlug das grosse Glaserreifenster unserer Kantine, durchschlug die

    Hinterwand und fiel in unserer Küche nieder. Die Köche nahmen

    Reiss aus. - Auf der Strasse sah es bös aus, ein grosses Loch klaffte

    im Pflaster, die Steine lagen über die ganze Strasse verstreut

    und Dutzende von Telephonleitungen hingen zu Boden. Die Stadt

    war wie ausgestorben, keine lebende Seele liess sich sehen, wir

    kehrten in unser Quartier zurück, das mitlerweile seiner noch

    heilen Fensterscheiben verlustig gegangen war. Überall trat man

    auf Glas und Steintrümmer. - Da ein Rattern auf der Strasse,

    Eine Feldküche sauste in Karriere durch die Stadt nach vorn,

    sprang über die Löcher und flog über die Steine, als wenn sie den

    Teufel im Genick hätte. Kurz darauf hastete eine Ablösungskompagnie

    nach vorn. Im Gänsemarsch, rechts und links an die Mauern

    gedrückt und so die Strasse freilasend, summten die Leute

    durch die Gefahrzone - sont kaum ein Laut in der so bevölkerten

    Stadt, als alle paar Minuten, der ferne Doppeldonner der beiden Abschüsse,

    dann das immer mehr ansteigende Heulen der

    heransaussenden Geschosse, darauf ein gewaltiges Krachen und Gepolter der

    stürzenden Trümmer. Die darauf entstehende Feuerpause

    war fast jedesmal angefüllt mit vor Angst kreischenden Frauen,

    und schreienden Kinderstimmen. Oft auch kamen Mütter, ein

    Bündel Betten über den Rücken gebunden, die Kinder an den

    Händen ganz verstört und schreiend angelaufen um

    irgendwo einen besseren Schutz zu finden. Es war ein grausiges

    Bild entfesselter Zerstörung - in unserem Hause jedoch war es





  • December 26, 2016 10:46:18 Corinna Pichler (AUT)

    S. 20

    Mit unseren Schätzen kehrten wir nach dem Quartier zurück,

    um es einigermassen menschlich einzurichten, die Uhren

    kamen in Gang, so dass ihr tick tack fast etwas heimliches

    hinein brachte. - Da geschah ein Wunder. - Die Alte, welche uns

    hatte kommen sehen, erschien und bot mir an die Uhren, oder

    wenigstens eine davon abzukaufen, und zeigte mir Geld, ich

    erklärte ihr jedoch, wenn wir morgen oder übermorgen wieder abrücken,

    konnte sie den ganzen mitgebrachten Hausstrand erben, da wir

    seiner dann nicht mehr bedürften. Sie war erstaunt - überschüttete

    mich mit Lobredn und - man staune brachte brachte sofort noch zwei

    fehlende Stühle, die sie bis dato nicht entbehren konnte, obgleich

    der ganze untere Teil der Wohnung davon vollstand. Von nun

    an war sie die freundlichste Frau Henin Liétards. -

    Aber nicht nur Faulenzerleben sollten wir führen, sondern

    wir exerzierten stramm, als wir am ersten Tage auf dem

    dazubestimmten Platze vor der Stadt waren, wurde diese von den

    Engländern beschossen. Zwei Langrohrgeschütze waren auf den Bahnhof

    eingeschossen und sandten alle Nachmittage einige Schüssen dorthin,

    trafen jedoch meist die umliegenden Häuser, deren Einwohner flüchten

    mussten. Am Dritten Tag das Gleiche, einige Schüsse die blindlings

    in den Ort gingen trafen Zivilisten, eine Granate tötete 2 Kinder und

    einen Soldaten, dessen Kopf mit sich drehenden Augen über die Strasse

    rollte, eine andere traf einen Keller und tötete die darin geflüchteten

    Bewohner. Am 4. Tage war die Beschiessung bereits wahllos, ein

    Geschoss krepierte auf der Schwelle des Nachbarhauses und verwundete

    einen Mann schwer. Einige Kameraden und ich eilten zur Bergung des


    S. 21

    Verletzten und trugen ihn in ein Haus. Ein Splitter der selben Granate

    zerschlug das grosse Glaserreifenster unserer Kantine, durchschlug die

    Hinterwand und fiel in unserer Küche nieder. Die Köche nahmen

    Reiss aus. - Auf der Strasse sah es bös aus, ein grosses Loch klaffte

    im Pflaster, die Steine lagen über die ganze Strasse verstreut

    und Dutzende von Telephonleitungen hingen zu Boden. Die Stadt

    war wie ausgestorben, keine lebende Seele liess sich sehen, wir

    kehrten in unser Quartier zurück, das mitlerweile seiner noch

    heilen Fensterscheiben verlustig gegangen war. Überall trat man

    auf Glas und Steintrümmer. - Da ein Rattern auf der Strasse,

    Eine Feldküche sauste in Karriere durch die Stadt nach vorn,

    sprang über die Löcher und flog über die Steine, als wenn sie den

    Teufel im Genick hätte. Kurz darauf hastete eine Ablösungskompagnie

    nach vorn. Im Gänsemarsch, rechts und links an die Mauern

    gedrückt und so die Strasse freilasend, summten die Leute

    durch die Gefahrzone - sont kaum ein Laut in der so bevölkerten

    Stadt, als alle paar Minuten, der ferne Doppeldonner der beiden Abschüsse,





  • December 26, 2016 10:46:12 Corinna Pichler (AUT)

    S. 20

    Mit unseren Schätzen kehrten wir nach dem Quartier zurück,

    um es einigermassen menschlich einzurichten, die Uhren

    kamen in Gang, so dass ihr tick tack fast etwas heimliches

    hinein brachte. - Da geschah ein Wunder. - Die Alte, welche uns

    hatte kommen sehen, erschien und bot mir an die Uhren, oder

    wenigstens eine davon abzukaufen, und zeigte mir Geld, ich

    erklärte ihr jedoch, wenn wir morgen oder übermorgen wieder abrücken,

    konnte sie den ganzen mitgebrachten Hausstrand erben, da wir

    seiner dann nicht mehr bedürften. Sie war erstaunt - überschüttete

    mich mit Lobredn und - man staune brachte brachte sofort noch zwei

    fehlende Stühle, die sie bis dato nicht entbehren konnte, obgleich

    der ganze untere Teil der Wohnung davon vollstand. Von nun

    an war sie die freundlichste Frau Henin Liétards. -

    Aber nicht nur Faulenzerleben sollten wir führen, sondern

    wir exerzierten stramm, als wir am ersten Tage auf dem

    dazubestimmten Platze vor der Stadt waren, wurde diese von den

    Engländern beschossen. Zwei Langrohrgeschütze waren auf den Bahnhof

    eingeschossen und sandten alle Nachmittage einige Schüssen dorthin,

    trafen jedoch meist die umliegenden Häuser, deren Einwohner flüchten

    mussten. Am Dritten Tag das Gleiche, einige Schüsse die blindlings

    in den Ort gingen trafen Zivilisten, eine Granate tötete 2 Kinder und

    einen Soldaten, dessen Kopf mit sich drehenden Augen über die Strasse

    rollte, eine andere traf einen Keller und tötete die darin geflüchteten

    Bewohner. Am 4. Tage war die Beschiessung bereits wahllos, ein

    Geschoss krepierte auf der Schwelle des Nachbarhauses und verwundete

    einen Mann schwer. Einige Kameraden und ich eilten zur Bergung des


    S. 21

    Verletzten und trugen ihn in ein Haus. Ein Splitter der selben Granate

    zerschlug das grosse Glaserreifenster unserer Kantine, durchschlug die

    Hinterwand und fiel in unserer Küche nieder. Die Köche nahmen

    Reiss aus. - Auf der Strasse sah es bös aus, ein grosses Loch klaffte

    im Pflaster, die Steine lagen über die ganze Strasse verstreut

    und Dutzende von Telephonleitungen hingen zu Boden. Die Stadt

    war wie ausgestorben, keine lebende Seele liess sich sehen, wir

    kehrten in unser Quartier zurück, das mitlerweile seiner noch

    heilen Fensterscheiben verlustig gegangen war. Überall trat man

    auf Glas und Steintrümmer. - Da ein Rattern auf der Strasse,

    Eine Feldküche sauste in Karriere durch die Stadt nach vorn,

    sprang über die Löcher und flog über die Steine, als wenn sie den

    Teufel im Genick hätte. Kurz darauf hastete eine Ablösungskompagnie

    nach vorn. Im Gänsemarsch, rechts und links an die Mauern

    gedrückt und so die Strasse freilasend, summten die Leute

    durch die Gefahrzone - sont kaum ein Laut in der so bevölkerten

    Stadt, als alle paar Minuten, der ferne Doppeldonner der beiden Abschiene,





  • December 26, 2016 10:45:21 Corinna Pichler (AUT)

    S. 20

    Mit unseren Schätzen kehrten wir nach dem Quartier zurück,

    um es einigermassen menschlich einzurichten, die Uhren

    kamen in Gang, so dass ihr tick tack fast etwas heimliches

    hinein brachte. - Da geschah ein Wunder. - Die Alte, welche uns

    hatte kommen sehen, erschien und bot mir an die Uhren, oder

    wenigstens eine davon abzukaufen, und zeigte mir Geld, ich

    erklärte ihr jedoch, wenn wir morgen oder übermorgen wieder abrücken,

    konnte sie den ganzen mitgebrachten Hausstrand erben, da wir

    seiner dann nicht mehr bedürften. Sie war erstaunt - überschüttete

    mich mit Lobredn und - man staune brachte brachte sofort noch zwei

    fehlende Stühle, die sie bis dato nicht entbehren konnte, obgleich

    der ganze untere Teil der Wohnung davon vollstand. Von nun

    an war sie die freundlichste Frau Henin Liétards. -

    Aber nicht nur Faulenzerleben sollten wir führen, sondern

    wir exerzierten stramm, als wir am ersten Tage auf dem

    dazubestimmten Platze vor der Stadt waren, wurde diese von den

    Engländern beschossen. Zwei Langrohrgeschütze waren auf den Bahnhof

    eingeschossen und sandten alle Nachmittage einige Schüssen dorthin,

    trafen jedoch meist die umliegenden Häuser, deren Einwohner flüchten

    mussten. Am Dritten Tag das Gleiche, einige Schüsse die blindlings

    in den Ort gingen trafen Zivilisten, eine Granate tötete 2 Kinder und

    einen Soldaten, dessen Kopf mit sich drehenden Augen über die Strasse

    rollte, eine andere traf einen Keller und tötete die darin geflüchteten

    Bewohner. Am 4. Tage war die Beschiessung bereits wahllos, ein

    Geschoss krepierte auf der Schwelle des Nachbarhauses und verwundete

    einen Mann schwer. Einige Kameraden und ich eilten zur Bergung des


    S. 21

    Verletzten und trugen ihn in ein Haus. Ein Splitter der selben Granate

    zerschlug das grosse Glaserreifenster unserer Kantine, durchschlug die

    Hinterwand und fiel in unserer Küche nieder. Die Köche nahmen

    Reiss aus. - Auf der Strasse sah es bös aus, ein grosses Loch klaffte

    im Pflaster, die Steine lagen über die ganze Strasse verstreut

    und Dutzende von Telephonleitungen hingen zu Boden. Die Stadt

    war wie ausgestorben, keine lebende Seele liess sich sehen, wir

    kehrten in unser Quartier zurück, das mitlerweile seiner noch

    heilen Fensterscheiben verlustig gegangen war. Überall trat man

    auf Glas und Steintrümmer. - Da ein Rattern auf der Strasse,

    Eine Feldküche sauste in Karriere durch die Stadt nach vorn,

    sprang über die Löcher und flog über die Steine, als wenn sie den

    Teufel im Genick hätte. Kurz darauf hastete eine Ablösungskompagnie

    nach vorn. Im Gänsemarsch, rechts und links an die Mauern

    gedrückt und so die Strasse freilasend, summten die Leute

    durch die Gefahrzone - sont kaum ein Laut in der so bevölkerten

    Stadt, als alle paar Minuten, der ferne Doppeldonner der beiden Abschäum,




  • December 26, 2016 10:44:59 Corinna Pichler (AUT)

    S. 20

    Mit unseren Schätzen kehrten wir nach dem Quartier zurück,

    um es einigermassen menschlich einzurichten, die Uhren

    kamen in Gang, so dass ihr tick tack fast etwas heimliches

    hinein brachte. - Da geschah ein Wunder. - Die Alte, welche uns

    hatte kommen sehen, erschien und bot mir an die Uhren, oder

    wenigstens eine davon abzukaufen, und zeigte mir Geld, ich

    erklärte ihr jedoch, wenn wir morgen oder übermorgen wieder abrücken,

    konnte sie den ganzen mitgebrachten Hausstrand erben, da wir

    seiner dann nicht mehr bedürften. Sie war erstaunt - überschüttete

    mich mit Lobredn und - man staune brachte brachte sofort noch zwei

    fehlende Stühle, die sie bis dato nicht entbehren konnte, obgleich

    der ganze untere Teil der Wohnung davon vollstand. Von nun

    an war sie die freundlichste Frau Henin Liétards. -

    Aber nicht nur Faulenzerleben sollten wir führen, sondern

    wir exerzierten stramm, als wir am ersten Tage auf dem

    dazubestimmten Platze vor der Stadt waren, wurde diese von den

    Engländern beschossen. Zwei Langrohrgeschütze waren auf den Bahnhof

    eingeschossen und sandten alle Nachmittage einige Schüssen dorthin,

    trafen jedoch meist die umliegenden Häuser, deren Einwohner flüchten

    mussten. Am Dritten Tag das Gleiche, einige Schüsse die blindlings

    in den Ort gingen trafen Zivilisten, eine Granate tötete 2 Kinder und

    einen Soldaten, dessen Kopf mit sich drehenden Augen über die Strasse

    rollte, eine andere traf einen Keller und tötete die darin geflüchteten

    Bewohner. Am 4. Tage war die Beschiessung bereits wahllos, ein

    Geschoss krepierte auf der Schwelle des Nachbarhauses und verwundete

    einen Mann schwer. Einige Kameraden und ich eilten zur Bergung des


    S. 21

    Verletzten und trugen ihn in ein Haus. Ein Splitter der selben Granate

    zerschlug das grosse Glaserreifenster unserer Kantine, durchschlug die

    Hinterwand und fiel in unserer Küche nieder. Die Köche nahmen

    Reiss aus. - Auf der Strasse sah es bös aus, ein grosses Loch klaffte

    im Pflaster, die Steine lagen über die ganze Strasse verstreut

    und Dutzende von Telephonleitungen hingen zu Boden. Die Stadt

    war wie ausgestorben, keine lebende Seele liess sich sehen, wir

    kehrten in unser Quartier zurück, das mitlerweile seiner noch

    heilen Fensterscheiben verlustig gegangen war. Überall trat man

    auf Glas und Steintrümmer. - Da ein Rattern auf der Strasse,

    Eine Feldküche sauste in Karriere durch die Stadt nach vorn,

    sprang über die Löcher und flog über die Steine, als wenn sie den

    Teufel im Genick hätte. Kurz darauf hastete eine Ablösungskompagnie

    nach vorn. Im Gänsemarsch, rechts und links an die Mauern

    gedrückt und so die Strasse freilasend, summten die Leute

    durch die Gefahrzone - sont kaum ein Laut in der so bevölkerten

    Stadt, als alle paar Minuten, der ferne Doppeldonner der beiden Absende,




  • December 26, 2016 10:37:50 Corinna Pichler (AUT)

    S. 20

    Mit unseren Schätzen kehrten wir nach dem Quartier zurück,

    um es einigermassen menschlich einzurichten, die Uhren

    kamen in Gang, so dass ihr tick tack fast etwas heimliches

    hinein brachte. - Da geschah ein Wunder. - Die Alte, welche uns

    hatte kommen sehen, erschien und bot mir an die Uhren, oder

    wenigstens eine davon abzukaufen, und zeigte mir Geld, ich

    erklärte ihr jedoch, wenn wir morgen oder übermorgen wieder abrücken,

    konnte sie den ganzen mitgebrachten Hausstrand erben, da wir

    seiner dann nicht mehr bedürften. Sie war erstaunt - überschüttete

    mich mit Lobredn und - man staune brachte brachte sofort noch zwei

    fehlende Stühle, die sie bis dato nicht entbehren konnte, obgleich

    der ganze untere Teil der Wohnung davon vollstand. Von nun

    an war sie die freundlichste Frau Henin Liétards. -

    Aber nicht nur Faulenzerleben sollten wir führen, sondern

    wir exerzierten stramm, als wir am ersten Tage auf dem

    dazubestimmten Platze vor der Stadt waren, wurde diese von den

    Engländern beschossen. Zwei Langrohrgeschütze waren auf den Bahnhof

    eingeschossen und sandten alle Nachmittage einige Schüssen dorthin,

    trafen jedoch meist die umliegenden Häuser, deren Einwohner flüchten

    mussten. Am Dritten Tag das Gleiche, einige Schüsse die blindlings

    in den Ort gingen trafen Zivilisten, eine Granate tötete 2 Kinder und

    einen Soldaten, dessen Kopf mit sich drehenden Augen über die Strasse

    rollte, eine andere traf einen Keller und tötete die darin geflüchteten

    Bewohner. Am 4. Tage war die Beschiessung bereits wahllos, ein

    Geschoss krepierte auf der Schwelle des Nachbarhauses und verwundete

    einen Mann schwer. Einige Kameraden und ich eilten zur Bergung des


    S. 21



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  • 50.420087||2.94728||

    Henin Liétard

  • 50.2912494||2.7777485000000297||

    Schlacht von Arras

    ||1
Location(s)
  • Story location Schlacht von Arras
  • Document location Henin Liétard
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ID
15872 / 168811
Source
http://europeana1914-1918.eu/...
Contributor
Heike Knothe
License
http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/


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