Briefe von Walther Huth an seine Eltern und Bekannte , item 26

Edit transcription:
...
Transcription saved
Enhance your transcribing experience by using full-screen mode

Transcription

You have to be logged in to transcribe. Please login or register and click the pencil-button again

...linke Seite

35.                          Brief an die Eltern.

                                                Dixmude, 17. XI. 14.

           Liebe Eltern !

Erst mal die Post. Ich hoffe, daß ihr nun alle

Briefe u. Karten von mir bekommen habt. Von Euch

habe ich bekommen 7 Päckchen vom 6. XI. u. 6 vom

9. XI., nur Zigarren habe ich sehr lange 29. X. nicht

bekommen, trotzdem Du schreibst, es seien genug

unterwegs. Von den Würfeln u. der Milch habe

ich mir prächtigen Kakao gekocht. Eben haben wir

2 Kisten Rosinen requiriert, mindestens 20 Pfund [=10kg],

die werden aufgefuttert. Das Schlimmste neulich

war auf Patrouille in Dixmude das Abschlachten

der Schwarzen, die noch in den Kellern waren.

Sie hatten in der Nacht unsere Verwundeten elend

verstümmelt u. dieser Anblick brachte mich so in

Wut, daß ich eine führerlose Gruppe an mich riß

und mit aufgepflanztem Seitengewehr haben

wir sie dann in den Kellern abgestochen. Pfui

Deubel !  3 Tage hielt die Kompagnie in Dixmude

in Kellern aus in schwerstem Artilleriefeuer,

einen Tag lag der erste Zug, ich dabei, im Schützengraben.

3 schwere Bengels schlugen knapp 7 m


...rechte Seite

hinter einer Schulterwehr ein und zerschmetterten

einen Unterstand. Dann hatten wir 2 Ruhetage in

Eessen. Nun wohnen wir wieder friedlich in Dixmude,

da die feindliche Artillerie fast gänzlich schweigt. Wir

machen hier jedenfalls keinen Angriff mehr, sondern

halten nur auf. Unsere Landsturmleute

kochen tüchtig, während wir requirieren. Gestern

gabs Erbssuppe mit Konservenfleisch, dann einen

Maismehlpudding, dem leider die Eier fehlten,

schmeckte aber so recht gut.

     18. XI. 14.  Heute mache ich Kartoffelpuffer

(Fett 1/2 Pfund habe ich beim Marketender der II./202

erwischt), die alten Leute machen zu Abend

Speckstippe, aber ohne Mehl, dazu Pellkartoffeln.

So leben wir also jetzt leidlich, nur Wurst,

Speck u.s.w. fehlt uns. Da kamen mir Deine

Würstchen fein zu statten, die ich nun allerdings

schon aufgefuttert habe. Neulich in Eessen wars

herrlich heimisch. In der Dämmerung wurden

unten auf einem Klavier deutsche Volkslieder

gesungen. Ach, wie lange hatten wir keine Musik,

vor allem keine deutschen Lieder gehört.

Selbst die rohesten Patrone wagten nicht die

weihevolle Stimmung zu unterbrechen. Es ist doch


Transcription saved

...linke Seite

35.                          Brief an die Eltern.

                                                Dixmude, 17. XI. 14.

           Liebe Eltern !

Erst mal die Post. Ich hoffe, daß ihr nun alle

Briefe u. Karten von mir bekommen habt. Von Euch

habe ich bekommen 7 Päckchen vom 6. XI. u. 6 vom

9. XI., nur Zigarren habe ich sehr lange 29. X. nicht

bekommen, trotzdem Du schreibst, es seien genug

unterwegs. Von den Würfeln u. der Milch habe

ich mir prächtigen Kakao gekocht. Eben haben wir

2 Kisten Rosinen requiriert, mindestens 20 Pfund [=10kg],

die werden aufgefuttert. Das Schlimmste neulich

war auf Patrouille in Dixmude das Abschlachten

der Schwarzen, die noch in den Kellern waren.

Sie hatten in der Nacht unsere Verwundeten elend

verstümmelt u. dieser Anblick brachte mich so in

Wut, daß ich eine führerlose Gruppe an mich riß

und mit aufgepflanztem Seitengewehr haben

wir sie dann in den Kellern abgestochen. Pfui

Deubel !  3 Tage hielt die Kompagnie in Dixmude

in Kellern aus in schwerstem Artilleriefeuer,

einen Tag lag der erste Zug, ich dabei, im Schützengraben.

3 schwere Bengels schlugen knapp 7 m


...rechte Seite

hinter einer Schulterwehr ein und zerschmetterten

einen Unterstand. Dann hatten wir 2 Ruhetage in

Eessen. Nun wohnen wir wieder friedlich in Dixmude,

da die feindliche Artillerie fast gänzlich schweigt. Wir

machen hier jedenfalls keinen Angriff mehr, sondern

halten nur auf. Unsere Landsturmleute

kochen tüchtig, während wir requirieren. Gestern

gabs Erbssuppe mit Konservenfleisch, dann einen

Maismehlpudding, dem leider die Eier fehlten,

schmeckte aber so recht gut.

     18. XI. 14.  Heute mache ich Kartoffelpuffer

(Fett 1/2 Pfund habe ich beim Marketender der II./202

erwischt), die alten Leute machen zu Abend

Speckstippe, aber ohne Mehl, dazu Pellkartoffeln.

So leben wir also jetzt leidlich, nur Wurst,

Speck u.s.w. fehlt uns. Da kamen mir Deine

Würstchen fein zu statten, die ich nun allerdings

schon aufgefuttert habe. Neulich in Eessen wars

herrlich heimisch. In der Dämmerung wurden

unten auf einem Klavier deutsche Volkslieder

gesungen. Ach, wie lange hatten wir keine Musik,

vor allem keine deutschen Lieder gehört.

Selbst die rohesten Patrone wagten nicht die

weihevolle Stimmung zu unterbrechen. Es ist doch



Transcription history
  • January 20, 2017 19:09:35 Rolf Kranz

    ...linke Seite

    35.                          Brief an die Eltern.

                                                    Dixmude, 17. XI. 14.

               Liebe Eltern !

    Erst mal die Post. Ich hoffe, daß ihr nun alle

    Briefe u. Karten von mir bekommen habt. Von Euch

    habe ich bekommen 7 Päckchen vom 6. XI. u. 6 vom

    9. XI., nur Zigarren habe ich sehr lange 29. X. nicht

    bekommen, trotzdem Du schreibst, es seien genug

    unterwegs. Von den Würfeln u. der Milch habe

    ich mir prächtigen Kakao gekocht. Eben haben wir

    2 Kisten Rosinen requiriert, mindestens 20 Pfund [=10kg],

    die werden aufgefuttert. Das Schlimmste neulich

    war auf Patrouille in Dixmude das Abschlachten

    der Schwarzen, die noch in den Kellern waren.

    Sie hatten in der Nacht unsere Verwundeten elend

    verstümmelt u. dieser Anblick brachte mich so in

    Wut, daß ich eine führerlose Gruppe an mich riß

    und mit aufgepflanztem Seitengewehr haben

    wir sie dann in den Kellern abgestochen. Pfui

    Deubel !  3 Tage hielt die Kompagnie in Dixmude

    in Kellern aus in schwerstem Artilleriefeuer,

    einen Tag lag der erste Zug, ich dabei, im Schützengraben.

    3 schwere Bengels schlugen knapp 7 m


    ...rechte Seite

    hinter einer Schulterwehr ein und zerschmetterten

    einen Unterstand. Dann hatten wir 2 Ruhetage in

    Eessen. Nun wohnen wir wieder friedlich in Dixmude,

    da die feindliche Artillerie fast gänzlich schweigt. Wir

    machen hier jedenfalls keinen Angriff mehr, sondern

    halten nur auf. Unsere Landsturmleute

    kochen tüchtig, während wir requirieren. Gestern

    gabs Erbssuppe mit Konservenfleisch, dann einen

    Maismehlpudding, dem leider die Eier fehlten,

    schmeckte aber so recht gut.

         18. XI. 14.  Heute mache ich Kartoffelpuffer

    (Fett 1/2 Pfund habe ich beim Marketender der II./202

    erwischt), die alten Leute machen zu Abend

    Speckstippe, aber ohne Mehl, dazu Pellkartoffeln.

    So leben wir also jetzt leidlich, nur Wurst,

    Speck u.s.w. fehlt uns. Da kamen mir Deine

    Würstchen fein zu statten, die ich nun allerdings

    schon aufgefuttert habe. Neulich in Eessen wars

    herrlich heimisch. In der Dämmerung wurden

    unten auf einem Klavier deutsche Volkslieder

    gesungen. Ach, wie lange hatten wir keine Musik,

    vor allem keine deutschen Lieder gehört.

    Selbst die rohesten Patrone wagten nicht die

    weihevolle Stimmung zu unterbrechen. Es ist doch


  • January 20, 2017 18:50:50 Rolf Kranz

    ...linke Seite

    35.                          Brief an die Eltern.

                                                    Dixmude, 17. XI. 14.

               Liebe Eltern !

    Erst mal die Post. Ich hoffe, daß ihr nun alle

    Briefe u. Karten von mir bekommen habt. Von Euch

    habe ich bekommen 7 Päckchen vom 6. XI. u. 6 vom

    9. XI., nur Zigarren habe ich sehr lange 29. X. nicht

    bekommen, trotzdem Du schreibst, es seien genug

    unterwegs. Von den Würfeln u. der Milch habe

    ich mir prächtigen Kakao gekocht. Eben haben wir

    2 Kisten Rosinen requiriert, mindestens 20 Pfund [=10kg],

    die werden aufgefuttert. Das Schlimmste neulich

    war auf Patrouille in Dixmude das Abschlachten

    der Schwarzen, die noch in den Kellern waren.

    Sie hatten in der Nacht unsere Verwundeten elend

    verstümmelt u. dieser Anblick brachte mich so in

    Wut, daß ich eine führerlose Gruppe an mich riß

    und mit aufgepflanztem Seitengewehr haben

    wir sie dann in den Kellern abgestochen. Pfui

    Deubel !  3 Tage hielt die Kompagnie in Dixmude

    in Kellern aus in schwerstem Artilleriefeuer,

    einen Tag lag der erste Zug, ich dabei, im Schützengraben.

    3 schwere Bengels schlugen knapp 7 m


    ...rechte Seite



Description

Save description
  • 51.033331||2.8658393||

    Diksmuide

  • 51.13054289999999||13.577913399999943||

    Coswig (bei Dresden)

    ||1
Location(s)
  • Story location Coswig (bei Dresden)
  • Document location Diksmuide
Login and add location


ID
2656 / 33633
Source
http://europeana1914-1918.eu/...
Contributor
Friedrich-Carl Hoffmann
License
http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/


Login to edit the languages

Login to edit the fronts
  • Eastern Front
  • Western Front

Login to add keywords

Login and add links

Notes and questions

Login to leave a note