Kriegstagebuch von Hans-Joachim Röhr aus Görlitz - Band 2, item 69

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[Über S. 100 und S. 101 gelegt eine Doppelseite, S. 241 + S. 243, einer Zeitung]

Zeitung - S. 241

Die Schlacht der hundert Tage

Von Wolf Meyer-Christian


Die englische Presse liebt es nicht, die

Erinnerung an englische Niederlagen im

Weltkriege aufzufrischen. Man würde daher

vergeblich in englischen Blättern nach einer

Darstellung jener fürchterlichsten Materialschlacht

des Weltkrieges suchen, die jetzt vor

zwanzig Jahren wütete, und die wir die

Flandernschlacht nennen, während sie in

England als Schlacht von Passchendaele

bekannt oder - besser - seit langem vergessen ist.

    Betrachtete der englische Oberbefehlshaber

Sir Douglas Haig sie auch als einen

Sieg, so bedarf es nicht erst langwieriger

Forschungen, um diese Annahme richtigzustellen,

denn gewisse Zahlen und Tatsachen sprechen

doch zu sehr für sich selbst. Gewiß, das

Ergebnis der Flandernschlacht war für die

Engländer ein Geländegewinn von 9 Kilometer Tiefe

und 20 Kilometer Breite. Doch nun kommt

das Aber.

    Dieser minimale Erfolg war das Ergebnis

einer hunderttägigen Schlacht, in der auf der

Seite der feindlichen Angreifer vier Armeen beteiligt

waren, nämlich die erste französische und die belgische

Armee. Diese gewaltige Heeresmacht war

unterstützt worden durch die bisher ungekannte Zahl

von 2300 Geschützen aller Kaliber. An Munition

waren diesen 65 Millionen Kilogramm zur

Verfügung gestellt worden. Und das alles auf einem

Gefechtsstreifen von nur etwa 35 Kilometer

Breite! Nimmt man dazu noch die Tatsache,

daß die Angreifer ihr Unternehmen mit dem

Verlust von nicht weniger als 400 000 Mann

zu bezahlen hatten, dann erscheint das gewaltige

Mißverhältnis von Einsatz und Erfolg so

deutlich, daß die Frage von Sieg oder Niederlage

wahrhaftig zu einem müßigen Wortspiel wird.


Mit einem Vorspiel begann das Drama. Wo

sich etwa 10 Kilometer südlich von Ypern die

flandrische Tiefebene mit den ersten Höhenrücken

berührt, die bei Messines und Wytschaete eine

flache Hochebene bilden, waren die deutschen

Truppen am weitesten vorangekommen. Ihre

Front bildete hier einen feindwärts gerichteten

Bogen, der jeden Angriff auf ihre Stellungen

im Raume von Ypern gefährlich flankierte. Daß

dieser Bogen vor einem Angriff in Flandern

weggenommen werden mußte, war der englischen


Karte: Stoßrichtung und Ziel des Angriffs


Führung völlig klar. Ebenso klar war ihr aber,

daß Angiffe der üblichen Art hier nur einen

Brandherd schaffen würden, der mehr Kräfte

verzehrte, als es das Ziel erlaubte. So

entschloss man sich, unter die Erde zu gehen.

Dieser Gedanke lag nahe genug. Seit Jahr und

Tag hatten an dieser Stelle die MIneuere beider

Parteien ihre Künste spielen lassen. Gerade in

letzter Zeit erst war hier der unterirdische

Stollenkampf etwas zur Ruhe gekommen, so daß

eine Überraschung Erfolg versprach. In

anderthalbjähriger Arbeit hatten englische Pioniere

unter die deutsche Stellung eine Galerie nach

der andern getrieben, von denen man annehmen

durfte, daß sie unentdeckt geblieben waren.

500 000 Kilo Sprengstoff befanden sich unter der

deutschen Linie, als am 4. Juni 1917 das

englische Trommelfeuer einsetzte, das die

Verteidiger von den letzten Vorbereitungen unter

der Erde ablenken sollte. Und die Überraschung

gelang.

    Am 7. Juni ging die ungeheure Ladung hoch.

In neunzehn Kratern versank die deutsche

Stellung. Die größte Sprengung, die die menschliche

Geschichte kennt, war geglückt. Unmittelbar nach

der Zündung, im Höhepunkt der Verwirrung,

brachen zwölf englische Divisionen vor und

hatten die deutsche Linie auf die Sehne des Bogens

zurückgedrängt, bevor noch der erste Widerstand

organisiert war.

    Dann trat wieder Ruhe ein, die Ruhe vor dem Sturm.

    Aber die deutsche Führung war auf dem

Posten. Zu deutlich hatte diese Sprengung

gesprochen, als daß noch ein Zweifel an einen

englischen Angriff in Flandern erlaubt war.

Und man hatte aus der Sommeschlacht gelernt,

[S. 242 siehe Transkription Seite davor]


Zeitung - S. 243

                Die Schlacht der hundert Tage


der Plan eines militärischen Handwerkers, der

alles dem Material und der größeren Zahl

überließ und es peinlich vermied, aus den besonderen

Gegebenheiten des Augenblicks eigne und neue

Schlüsse zu ziehen.

    Am 22. Juli begann das Spiel. Ein

Artilleriesturm von einer Wucht, wie sie die Erde noch

nicht erlebt hatte, brauste über die deutschen

Stellungen und verwandelte sie, während

gleichzeitig ein pausenloser Landregen niederging, in

einen Schlammpfuhl, dessen Grundwasser sich

mit den Fluten zerschossener und aus ihren

Bahnen gelenkter Bäche und Kanäle mischte. Nach

wenigen Tagen war kein Graben mehr zu

erkennen. Von Hunderttausenden von Granaten

aller Kaliber über und über gepflügt, wurde

aus dem Verteidigungssystem eine ständig ihr

Bild ändernde Trichterlandschaft. Aber diese

Hölle war von Menschen bewohnt. Vom Stiefel

bis zum Helm von Schlamm überkrustet, mit

dem halben Leib im Wasser, unausgesetzt die

Stellung wechselnd, hielten die dünnen Reihen

der Verteidiger aus. Eng an die Erde gedrückt,

jede Bewegung vermeidend, um den Augen der

dicht über ihnen dahinbrausenden Schlachtflieger

zu entgehen, nur darauf bedacht, Gewehr und

Maschinengewehr vor Nässe und Schmutz zu

schützen, spannten sie ihre Sinne auf das eine

Ziel, den Gegner rechtzeitig zu erkennen, wenn

er angriffe.

   Eine volle Woche dauerte die Artillerievorbereitung.

Am 31. Juli begann der Sturm.

Auf nur 25 Kilometer Breite brachen fünfzehn

englische und französische Divisionen vor, und

es kam wie es kommen mußte. Stärker als

alles Material der Welt war die Moral dieser

in drei Kriegsjahren gehärteten Verteidiger.

Als der Tag sich neigte, hatten die Engländer

zwar die beiden Dörfer, Langemarck und

Bixschoete dicht hinter der vordersten deutschen Linie

gewonnen, lagen im übrigen aber fest, während

ihnen Langemarck noch in der gleichen Nacht

wieder verlorenging. An keinem Punkte der

Angriffsfront war ein entscheidender Einbruch

gelungen. Haig mußte den Angriff aufgeben.

Trotzdem blieb er seinem Verfahren treu. Für

Tage erhielt wieder die Artillerie das Wort.

Erst am 16. August fiel Langemarck endgültig an

den Feind. Immer wieder ließ Haig nach

mehreren Tagen Trommelfeuers seine Infanterie

antreten, mit wechselndem Erfolge gelang es

dieser, bald hier, bald dort ein Stückchen aus der

deutschen Front herauszubröckeln. Aber noch nach

Wochen befand sich der Engländer immer noch

in der sumpfigen Talniederung von Ypern, die

von den Höhenstellungen um Passchendaele aus

durch die deutsche Artillerie beherrscht wurde.

   Der Marschall Haig sah ein, daß auf diese

Weise die Angreifer eher verbraucht sein

würden als die Verteidiger. Er entschloß sich

deshalb dazu, durch Ablenkungsangriffe an andern

Fronten seine Hauptfront zu entlasten. Er wollte

die deutsche Heeresleitung zwingen, ihre

Reserven durch Verzettelung zu schwächen. Am

9. August griff er bei Arras und am 15. bei

Lens an. Auch die Fanrzosen glaubte er jetzt

wenigstens zu einigen "Hammerschlägen" in

Anspruch nehmen zu können. So griff denn Pétain,

dem daran lag, das Selbstvertrauen seiner

Truppe durch kleinere, erfolgversprechende

Unternehmungen zu heben, am 20. August auf dem

alten Kampfgelände von Verdun mit frischen

Truppen an, und es gelang ihm, die Verteidiger

bis in ihre alten Ausgangsstellungen

zurückzudrücken, aus denen Falkenhayn im Frühjahr

1916 seinen Angriff begonnen hatte. Ein zweiter

Hammerschlag Pétains gegen die gefährdete

Laffaux-Ecke bei Soissons brachte ebenfalls

Erfolge. Er führte zum Verlust des Chemin des

Dames durch die Deutschen.

    Währenddessen ging in Flandern die für

Angreifer wie Verteidiger gleich verlustreiche

Schlacht weiter. Nach der Ermattungspause des

August-Endes begann am 20. September eine

neue Reihe von Großkampftagen, die den

Engländer allmählich aus dem Yperntal auf das

östliche Höhengelände brachte. In den Kämpfen

um Pas chendaele, Zonnebeke, Poelcapelle und

den Houthulster Wald erreichte das mörderische

Ringen seinen Höhepunkt an den vier

Großkampftagen des Oktobers, bis es am 10.

November in Regen, Nebel und Wasser erlosch.


Es ist nicht möglich, den Einzelheiten dieser

fürchterlichsten aller Schlachten nachzuspüren.

Oder richtiger: diese Schlacht wurde so

phantasielos und so unerhört stumpfsinnig vom

Angreifer geführt, daß weder aus Raum noch Zeit

Ereignisse von Besonderheit entsprangen, die

dem Leser als Wegsteine durch diese Schlacht

dienen könnten. Gewiß, der Raum wechselte

langsam nach Osten. Für die Kämpfer hatte das

aber keine Bedeutung. Denn 8 Kilometer östlich

sahen die Trichter genau so aus wie am

Ausgangspunkt des Kampfes. Ausgelöscht waren

Ortschaften, Wälder, Wasserläufe.

    Und hörte der Raum auf, Raum zu sein, so

waren Tag und Nacht auch die einzigen Zeichen

des Fortgangs der Zeit. Denn die

Kampfführung hatte sich offenbar von der Zeit gelöst.

Für den Marschall Haig schien sie keinen Wert

mehr zu haben. Im Besitz ausreichenden

Materials und immer noch nicht ernsthaft

erschöpfter Truppenbestände, infolge gut redigierter

Siegesnachrichten auch von Kritik und Presse

unbelästigt, schien er sein Gehirn auf Kammer

abgegeben und dem Material die selbstständige

Führung der Schlacht anvertraut zu haben,

dieser Schlacht, die Fuller "infolge Dummheit

totgeboren" nennt. So unbedeutend wie ihre

Planung und ihre Durchführung war auch ihr Ende.

Mitte November konnten die Truppen nicht

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[Über S. 100 und S. 101 gelegt eine Doppelseite, S. 241 + S. 243, einer Zeitung]

Zeitung - S. 241

Die Schlacht der hundert Tage

Von Wolf Meyer-Christian


Die englische Presse liebt es nicht, die

Erinnerung an englische Niederlagen im

Weltkriege aufzufrischen. Man würde daher

vergeblich in englischen Blättern nach einer

Darstellung jener fürchterlichsten Materialschlacht

des Weltkrieges suchen, die jetzt vor

zwanzig Jahren wütete, und die wir die

Flandernschlacht nennen, während sie in

England als Schlacht von Passchendaele

bekannt oder - besser - seit langem vergessen ist.

    Betrachtete der englische Oberbefehlshaber

Sir Douglas Haig sie auch als einen

Sieg, so bedarf es nicht erst langwieriger

Forschungen, um diese Annahme richtigzustellen,

denn gewisse Zahlen und Tatsachen sprechen

doch zu sehr für sich selbst. Gewiß, das

Ergebnis der Flandernschlacht war für die

Engländer ein Geländegewinn von 9 Kilometer Tiefe

und 20 Kilometer Breite. Doch nun kommt

das Aber.

    Dieser minimale Erfolg war das Ergebnis

einer hunderttägigen Schlacht, in der auf der

Seite der feindlichen Angreifer vier Armeen beteiligt

waren, nämlich die erste französische und die belgische

Armee. Diese gewaltige Heeresmacht war

unterstützt worden durch die bisher ungekannte Zahl

von 2300 Geschützen aller Kaliber. An Munition

waren diesen 65 Millionen Kilogramm zur

Verfügung gestellt worden. Und das alles auf einem

Gefechtsstreifen von nur etwa 35 Kilometer

Breite! Nimmt man dazu noch die Tatsache,

daß die Angreifer ihr Unternehmen mit dem

Verlust von nicht weniger als 400 000 Mann

zu bezahlen hatten, dann erscheint das gewaltige

Mißverhältnis von Einsatz und Erfolg so

deutlich, daß die Frage von Sieg oder Niederlage

wahrhaftig zu einem müßigen Wortspiel wird.


Mit einem Vorspiel begann das Drama. Wo

sich etwa 10 Kilometer südlich von Ypern die

flandrische Tiefebene mit den ersten Höhenrücken

berührt, die bei Messines und Wytschaete eine

flache Hochebene bilden, waren die deutschen

Truppen am weitesten vorangekommen. Ihre

Front bildete hier einen feindwärts gerichteten

Bogen, der jeden Angriff auf ihre Stellungen

im Raume von Ypern gefährlich flankierte. Daß

dieser Bogen vor einem Angriff in Flandern

weggenommen werden mußte, war der englischen


Karte: Stoßrichtung und Ziel des Angriffs


Führung völlig klar. Ebenso klar war ihr aber,

daß Angiffe der üblichen Art hier nur einen

Brandherd schaffen würden, der mehr Kräfte

verzehrte, als es das Ziel erlaubte. So

entschloss man sich, unter die Erde zu gehen.

Dieser Gedanke lag nahe genug. Seit Jahr und

Tag hatten an dieser Stelle die MIneuere beider

Parteien ihre Künste spielen lassen. Gerade in

letzter Zeit erst war hier der unterirdische

Stollenkampf etwas zur Ruhe gekommen, so daß

eine Überraschung Erfolg versprach. In

anderthalbjähriger Arbeit hatten englische Pioniere

unter die deutsche Stellung eine Galerie nach

der andern getrieben, von denen man annehmen

durfte, daß sie unentdeckt geblieben waren.

500 000 Kilo Sprengstoff befanden sich unter der

deutschen Linie, als am 4. Juni 1917 das

englische Trommelfeuer einsetzte, das die

Verteidiger von den letzten Vorbereitungen unter

der Erde ablenken sollte. Und die Überraschung

gelang.

    Am 7. Juni ging die ungeheure Ladung hoch.

In neunzehn Kratern versank die deutsche

Stellung. Die größte Sprengung, die die menschliche

Geschichte kennt, war geglückt. Unmittelbar nach

der Zündung, im Höhepunkt der Verwirrung,

brachen zwölf englische Divisionen vor und

hatten die deutsche Linie auf die Sehne des Bogens

zurückgedrängt, bevor noch der erste Widerstand

organisiert war.

    Dann trat wieder Ruhe ein, die Ruhe vor dem Sturm.

    Aber die deutsche Führung war auf dem

Posten. Zu deutlich hatte diese Sprengung

gesprochen, als daß noch ein Zweifel an einen

englischen Angriff in Flandern erlaubt war.

Und man hatte aus der Sommeschlacht gelernt,

[S. 242 siehe Transkription Seite davor]


Zeitung - S. 243

                Die Schlacht der hundert Tage


der Plan eines militärischen Handwerkers, der

alles dem Material und der größeren Zahl

überließ und es peinlich vermied, aus den besonderen

Gegebenheiten des Augenblicks eigne und neue

Schlüsse zu ziehen.

    Am 22. Juli begann das Spiel. Ein

Artilleriesturm von einer Wucht, wie sie die Erde noch

nicht erlebt hatte, brauste über die deutschen

Stellungen und verwandelte sie, während

gleichzeitig ein pausenloser Landregen niederging, in

einen Schlammpfuhl, dessen Grundwasser sich

mit den Fluten zerschossener und aus ihren

Bahnen gelenkter Bäche und Kanäle mischte. Nach

wenigen Tagen war kein Graben mehr zu

erkennen. Von Hunderttausenden von Granaten

aller Kaliber über und über gepflügt, wurde

aus dem Verteidigungssystem eine ständig ihr

Bild ändernde Trichterlandschaft. Aber diese

Hölle war von Menschen bewohnt. Vom Stiefel

bis zum Helm von Schlamm überkrustet, mit

dem halben Leib im Wasser, unausgesetzt die

Stellung wechselnd, hielten die dünnen Reihen

der Verteidiger aus. Eng an die Erde gedrückt,

jede Bewegung vermeidend, um den Augen der

dicht über ihnen dahinbrausenden Schlachtflieger

zu entgehen, nur darauf bedacht, Gewehr und

Maschinengewehr vor Nässe und Schmutz zu

schützen, spannten sie ihre Sinne auf das eine

Ziel, den Gegner rechtzeitig zu erkennen, wenn

er angriffe.

   Eine volle Woche dauerte die Artillerievorbereitung.

Am 31. Juli begann der Sturm.

Auf nur 25 Kilometer Breite brachen fünfzehn

englische und französische Divisionen vor, und

es kam wie es kommen mußte. Stärker als

alles Material der Welt war die Moral dieser

in drei Kriegsjahren gehärteten Verteidiger.

Als der Tag sich neigte, hatten die Engländer

zwar die beiden Dörfer, Langemarck und

Bixschoete dicht hinter der vordersten deutschen Linie

gewonnen, lagen im übrigen aber fest, während

ihnen Langemarck noch in der gleichen Nacht

wieder verlorenging. An keinem Punkte der

Angriffsfront war ein entscheidender Einbruch

gelungen. Haig mußte den Angriff aufgeben.

Trotzdem blieb er seinem Verfahren treu. Für

Tage erhielt wieder die Artillerie das Wort.

Erst am 16. August fiel Langemarck endgültig an

den Feind. Immer wieder ließ Haig nach

mehreren Tagen Trommelfeuers seine Infanterie

antreten, mit wechselndem Erfolge gelang es

dieser, bald hier, bald dort ein Stückchen aus der

deutschen Front herauszubröckeln. Aber noch nach

Wochen befand sich der Engländer immer noch

in der sumpfigen Talniederung von Ypern, die

von den Höhenstellungen um Passchendaele aus

durch die deutsche Artillerie beherrscht wurde.

   Der Marschall Haig sah ein, daß auf diese

Weise die Angreifer eher verbraucht sein

würden als die Verteidiger. Er entschloß sich

deshalb dazu, durch Ablenkungsangriffe an andern

Fronten seine Hauptfront zu entlasten. Er wollte

die deutsche Heeresleitung zwingen, ihre

Reserven durch Verzettelung zu schwächen. Am

9. August griff er bei Arras und am 15. bei

Lens an. Auch die Fanrzosen glaubte er jetzt

wenigstens zu einigen "Hammerschlägen" in

Anspruch nehmen zu können. So griff denn Pétain,

dem daran lag, das Selbstvertrauen seiner

Truppe durch kleinere, erfolgversprechende

Unternehmungen zu heben, am 20. August auf dem

alten Kampfgelände von Verdun mit frischen

Truppen an, und es gelang ihm, die Verteidiger

bis in ihre alten Ausgangsstellungen

zurückzudrücken, aus denen Falkenhayn im Frühjahr

1916 seinen Angriff begonnen hatte. Ein zweiter

Hammerschlag Pétains gegen die gefährdete

Laffaux-Ecke bei Soissons brachte ebenfalls

Erfolge. Er führte zum Verlust des Chemin des

Dames durch die Deutschen.

    Währenddessen ging in Flandern die für

Angreifer wie Verteidiger gleich verlustreiche

Schlacht weiter. Nach der Ermattungspause des

August-Endes begann am 20. September eine

neue Reihe von Großkampftagen, die den

Engländer allmählich aus dem Yperntal auf das

östliche Höhengelände brachte. In den Kämpfen

um Pas chendaele, Zonnebeke, Poelcapelle und

den Houthulster Wald erreichte das mörderische

Ringen seinen Höhepunkt an den vier

Großkampftagen des Oktobers, bis es am 10.

November in Regen, Nebel und Wasser erlosch.


Es ist nicht möglich, den Einzelheiten dieser

fürchterlichsten aller Schlachten nachzuspüren.

Oder richtiger: diese Schlacht wurde so

phantasielos und so unerhört stumpfsinnig vom

Angreifer geführt, daß weder aus Raum noch Zeit

Ereignisse von Besonderheit entsprangen, die

dem Leser als Wegsteine durch diese Schlacht

dienen könnten. Gewiß, der Raum wechselte

langsam nach Osten. Für die Kämpfer hatte das

aber keine Bedeutung. Denn 8 Kilometer östlich

sahen die Trichter genau so aus wie am

Ausgangspunkt des Kampfes. Ausgelöscht waren

Ortschaften, Wälder, Wasserläufe.

    Und hörte der Raum auf, Raum zu sein, so

waren Tag und Nacht auch die einzigen Zeichen

des Fortgangs der Zeit. Denn die

Kampfführung hatte sich offenbar von der Zeit gelöst.

Für den Marschall Haig schien sie keinen Wert

mehr zu haben. Im Besitz ausreichenden

Materials und immer noch nicht ernsthaft

erschöpfter Truppenbestände, infolge gut redigierter

Siegesnachrichten auch von Kritik und Presse

unbelästigt, schien er sein Gehirn auf Kammer

abgegeben und dem Material die selbstständige

Führung der Schlacht anvertraut zu haben,

dieser Schlacht, die Fuller "infolge Dummheit

totgeboren" nennt. So unbedeutend wie ihre

Planung und ihre Durchführung war auch ihr Ende.

Mitte November konnten die Truppen nicht


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  • April 7, 2017 22:02:44 Rolf Kranz

    [Über S. 100 und S. 101 gelegt eine Doppelseite, S. 241 + S. 243, einer Zeitung]

    Zeitung - S. 241

    Die Schlacht der hundert Tage

    Von Wolf Meyer-Christian


    Die englische Presse liebt es nicht, die

    Erinnerung an englische Niederlagen im

    Weltkriege aufzufrischen. Man würde daher

    vergeblich in englischen Blättern nach einer

    Darstellung jener fürchterlichsten Materialschlacht

    des Weltkrieges suchen, die jetzt vor

    zwanzig Jahren wütete, und die wir die

    Flandernschlacht nennen, während sie in

    England als Schlacht von Passchendaele

    bekannt oder - besser - seit langem vergessen ist.

        Betrachtete der englische Oberbefehlshaber

    Sir Douglas Haig sie auch als einen

    Sieg, so bedarf es nicht erst langwieriger

    Forschungen, um diese Annahme richtigzustellen,

    denn gewisse Zahlen und Tatsachen sprechen

    doch zu sehr für sich selbst. Gewiß, das

    Ergebnis der Flandernschlacht war für die

    Engländer ein Geländegewinn von 9 Kilometer Tiefe

    und 20 Kilometer Breite. Doch nun kommt

    das Aber.

        Dieser minimale Erfolg war das Ergebnis

    einer hunderttägigen Schlacht, in der auf der

    Seite der feindlichen Angreifer vier Armeen beteiligt

    waren, nämlich die erste französische und die belgische

    Armee. Diese gewaltige Heeresmacht war

    unterstützt worden durch die bisher ungekannte Zahl

    von 2300 Geschützen aller Kaliber. An Munition

    waren diesen 65 Millionen Kilogramm zur

    Verfügung gestellt worden. Und das alles auf einem

    Gefechtsstreifen von nur etwa 35 Kilometer

    Breite! Nimmt man dazu noch die Tatsache,

    daß die Angreifer ihr Unternehmen mit dem

    Verlust von nicht weniger als 400 000 Mann

    zu bezahlen hatten, dann erscheint das gewaltige

    Mißverhältnis von Einsatz und Erfolg so

    deutlich, daß die Frage von Sieg oder Niederlage

    wahrhaftig zu einem müßigen Wortspiel wird.


    Mit einem Vorspiel begann das Drama. Wo

    sich etwa 10 Kilometer südlich von Ypern die

    flandrische Tiefebene mit den ersten Höhenrücken

    berührt, die bei Messines und Wytschaete eine

    flache Hochebene bilden, waren die deutschen

    Truppen am weitesten vorangekommen. Ihre

    Front bildete hier einen feindwärts gerichteten

    Bogen, der jeden Angriff auf ihre Stellungen

    im Raume von Ypern gefährlich flankierte. Daß

    dieser Bogen vor einem Angriff in Flandern

    weggenommen werden mußte, war der englischen


    Karte: Stoßrichtung und Ziel des Angriffs


    Führung völlig klar. Ebenso klar war ihr aber,

    daß Angiffe der üblichen Art hier nur einen

    Brandherd schaffen würden, der mehr Kräfte

    verzehrte, als es das Ziel erlaubte. So

    entschloss man sich, unter die Erde zu gehen.

    Dieser Gedanke lag nahe genug. Seit Jahr und

    Tag hatten an dieser Stelle die MIneuere beider

    Parteien ihre Künste spielen lassen. Gerade in

    letzter Zeit erst war hier der unterirdische

    Stollenkampf etwas zur Ruhe gekommen, so daß

    eine Überraschung Erfolg versprach. In

    anderthalbjähriger Arbeit hatten englische Pioniere

    unter die deutsche Stellung eine Galerie nach

    der andern getrieben, von denen man annehmen

    durfte, daß sie unentdeckt geblieben waren.

    500 000 Kilo Sprengstoff befanden sich unter der

    deutschen Linie, als am 4. Juni 1917 das

    englische Trommelfeuer einsetzte, das die

    Verteidiger von den letzten Vorbereitungen unter

    der Erde ablenken sollte. Und die Überraschung

    gelang.

        Am 7. Juni ging die ungeheure Ladung hoch.

    In neunzehn Kratern versank die deutsche

    Stellung. Die größte Sprengung, die die menschliche

    Geschichte kennt, war geglückt. Unmittelbar nach

    der Zündung, im Höhepunkt der Verwirrung,

    brachen zwölf englische Divisionen vor und

    hatten die deutsche Linie auf die Sehne des Bogens

    zurückgedrängt, bevor noch der erste Widerstand

    organisiert war.

        Dann trat wieder Ruhe ein, die Ruhe vor dem Sturm.

        Aber die deutsche Führung war auf dem

    Posten. Zu deutlich hatte diese Sprengung

    gesprochen, als daß noch ein Zweifel an einen

    englischen Angriff in Flandern erlaubt war.

    Und man hatte aus der Sommeschlacht gelernt,

    [S. 242 siehe Transkription Seite davor]


    Zeitung - S. 243

                    Die Schlacht der hundert Tage


    der Plan eines militärischen Handwerkers, der

    alles dem Material und der größeren Zahl

    überließ und es peinlich vermied, aus den besonderen

    Gegebenheiten des Augenblicks eigne und neue

    Schlüsse zu ziehen.

        Am 22. Juli begann das Spiel. Ein

    Artilleriesturm von einer Wucht, wie sie die Erde noch

    nicht erlebt hatte, brauste über die deutschen

    Stellungen und verwandelte sie, während

    gleichzeitig ein pausenloser Landregen niederging, in

    einen Schlammpfuhl, dessen Grundwasser sich

    mit den Fluten zerschossener und aus ihren

    Bahnen gelenkter Bäche und Kanäle mischte. Nach

    wenigen Tagen war kein Graben mehr zu

    erkennen. Von Hunderttausenden von Granaten

    aller Kaliber über und über gepflügt, wurde

    aus dem Verteidigungssystem eine ständig ihr

    Bild ändernde Trichterlandschaft. Aber diese

    Hölle war von Menschen bewohnt. Vom Stiefel

    bis zum Helm von Schlamm überkrustet, mit

    dem halben Leib im Wasser, unausgesetzt die

    Stellung wechselnd, hielten die dünnen Reihen

    der Verteidiger aus. Eng an die Erde gedrückt,

    jede Bewegung vermeidend, um den Augen der

    dicht über ihnen dahinbrausenden Schlachtflieger

    zu entgehen, nur darauf bedacht, Gewehr und

    Maschinengewehr vor Nässe und Schmutz zu

    schützen, spannten sie ihre Sinne auf das eine

    Ziel, den Gegner rechtzeitig zu erkennen, wenn

    er angriffe.

       Eine volle Woche dauerte die Artillerievorbereitung.

    Am 31. Juli begann der Sturm.

    Auf nur 25 Kilometer Breite brachen fünfzehn

    englische und französische Divisionen vor, und

    es kam wie es kommen mußte. Stärker als

    alles Material der Welt war die Moral dieser

    in drei Kriegsjahren gehärteten Verteidiger.

    Als der Tag sich neigte, hatten die Engländer

    zwar die beiden Dörfer, Langemarck und

    Bixschoete dicht hinter der vordersten deutschen Linie

    gewonnen, lagen im übrigen aber fest, während

    ihnen Langemarck noch in der gleichen Nacht

    wieder verlorenging. An keinem Punkte der

    Angriffsfront war ein entscheidender Einbruch

    gelungen. Haig mußte den Angriff aufgeben.

    Trotzdem blieb er seinem Verfahren treu. Für

    Tage erhielt wieder die Artillerie das Wort.

    Erst am 16. August fiel Langemarck endgültig an

    den Feind. Immer wieder ließ Haig nach

    mehreren Tagen Trommelfeuers seine Infanterie

    antreten, mit wechselndem Erfolge gelang es

    dieser, bald hier, bald dort ein Stückchen aus der

    deutschen Front herauszubröckeln. Aber noch nach

    Wochen befand sich der Engländer immer noch

    in der sumpfigen Talniederung von Ypern, die

    von den Höhenstellungen um Passchendaele aus

    durch die deutsche Artillerie beherrscht wurde.

       Der Marschall Haig sah ein, daß auf diese

    Weise die Angreifer eher verbraucht sein

    würden als die Verteidiger. Er entschloß sich

    deshalb dazu, durch Ablenkungsangriffe an andern

    Fronten seine Hauptfront zu entlasten. Er wollte

    die deutsche Heeresleitung zwingen, ihre

    Reserven durch Verzettelung zu schwächen. Am

    9. August griff er bei Arras und am 15. bei

    Lens an. Auch die Fanrzosen glaubte er jetzt

    wenigstens zu einigen "Hammerschlägen" in

    Anspruch nehmen zu können. So griff denn Pétain,

    dem daran lag, das Selbstvertrauen seiner

    Truppe durch kleinere, erfolgversprechende

    Unternehmungen zu heben, am 20. August auf dem

    alten Kampfgelände von Verdun mit frischen

    Truppen an, und es gelang ihm, die Verteidiger

    bis in ihre alten Ausgangsstellungen

    zurückzudrücken, aus denen Falkenhayn im Frühjahr

    1916 seinen Angriff begonnen hatte. Ein zweiter

    Hammerschlag Pétains gegen die gefährdete

    Laffaux-Ecke bei Soissons brachte ebenfalls

    Erfolge. Er führte zum Verlust des Chemin des

    Dames durch die Deutschen.

        Währenddessen ging in Flandern die für

    Angreifer wie Verteidiger gleich verlustreiche

    Schlacht weiter. Nach der Ermattungspause des

    August-Endes begann am 20. September eine

    neue Reihe von Großkampftagen, die den

    Engländer allmählich aus dem Yperntal auf das

    östliche Höhengelände brachte. In den Kämpfen

    um Pas chendaele, Zonnebeke, Poelcapelle und

    den Houthulster Wald erreichte das mörderische

    Ringen seinen Höhepunkt an den vier

    Großkampftagen des Oktobers, bis es am 10.

    November in Regen, Nebel und Wasser erlosch.


    Es ist nicht möglich, den Einzelheiten dieser

    fürchterlichsten aller Schlachten nachzuspüren.

    Oder richtiger: diese Schlacht wurde so

    phantasielos und so unerhört stumpfsinnig vom

    Angreifer geführt, daß weder aus Raum noch Zeit

    Ereignisse von Besonderheit entsprangen, die

    dem Leser als Wegsteine durch diese Schlacht

    dienen könnten. Gewiß, der Raum wechselte

    langsam nach Osten. Für die Kämpfer hatte das

    aber keine Bedeutung. Denn 8 Kilometer östlich

    sahen die Trichter genau so aus wie am

    Ausgangspunkt des Kampfes. Ausgelöscht waren

    Ortschaften, Wälder, Wasserläufe.

        Und hörte der Raum auf, Raum zu sein, so

    waren Tag und Nacht auch die einzigen Zeichen

    des Fortgangs der Zeit. Denn die

    Kampfführung hatte sich offenbar von der Zeit gelöst.

    Für den Marschall Haig schien sie keinen Wert

    mehr zu haben. Im Besitz ausreichenden

    Materials und immer noch nicht ernsthaft

    erschöpfter Truppenbestände, infolge gut redigierter

    Siegesnachrichten auch von Kritik und Presse

    unbelästigt, schien er sein Gehirn auf Kammer

    abgegeben und dem Material die selbstständige

    Führung der Schlacht anvertraut zu haben,

    dieser Schlacht, die Fuller "infolge Dummheit

    totgeboren" nennt. So unbedeutend wie ihre

    Planung und ihre Durchführung war auch ihr Ende.

    Mitte November konnten die Truppen nicht

  • February 21, 2017 20:37:24 Rolf Kranz

    [Über S. 100 und S. 101 gelegt eine Doppelseite, S. 241 + S. 243, einer Zeitung]

    Zeitung - S. 241

    Die Schlacht der hundert Tage

    Von Wolf Meyer-Christian


    Die englische Presse liebt es nicht, die

    Erinnerung an englische Niederlagen im

    Weltkriege aufzufrischen. Man würde daher

    vergeblich in englischen Blättern nach einer

    Darstellung jener fürchterlichsten Materialschlacht

    des Weltkrieges suchen, die jetzt vor

    zwanzig Jahren wütete, und die wir die

    Flandernschlacht nennen, während sie in

    England als Schlacht von Passchendaele

    bekannt oder - besser - seit langem vergessen ist.

    Betrachtete der englische Oberbefehlshaber

    Sir Douglas Haig sie auch als einen

    Sieg, so bedarf es nicht erst langwieriger

    Forschungen, und diese Annahme richtigzustellen,

    denn gewisse Zahlen und Tatsachen sprechen

    doch zu sehr für sich selbst. Gewiß, das

    Ergebnis der Flandernschlacht war für die

    Engländer ein Geländegewinn von 9 Kilometer Tiefe

    und 20 Kilometer Breite. Doch nun kommt

    das Aber.

    Dieser minimale Erfolg war das Ergebnis

    einer hunderttägigen Schlacht, in der auf der

    Seite der feindlichen Angreifer vier Armeen

    beteiligt waren, nämlich die erste französische und die beglische

    Armee. Diese gewaltige Heeresmacht war

    unterstützt worden durch die bisher ungekannte Zahl

    von 2300 Geschützen aller Kaliber. An Munition

    waren diesen 65 Millionen Kilogramm zur

    Verfügung gestellt worden. Und das alles auf einem

    Gefechtsstreifen von nur etwa 35 Kilometer

    Breite! Nimmt man dazu noch die Tatsache,

    daß die Angreifer ihr Unternehmen mit dem

    Verlust von nicht weniger als 400 000 Mann

    zu bezahlen hatten, dann erscheint das gewaltige

    Mißverhältnis von Einsatz und Erfolg so

    deutlich, daß die Frage von Sieg oder Niederlage

    wahrhaftig zu einem müßigen Wortspiel wird.


    Mit einem Vorspiel begann das Drama. Wo

    sich etwa 10 Kilometer südlich von Ypern die

    flandrische Tiefebene mit den ersten Höhenrücken

    berührt, die bei Messines und Wytschaete eine

    flache Hochebene bilden, waren die deutschen

    Truppen am weitesten vorangekommen. Ihre

    Front bildete hier einen feindwärts gerichteten

    Bogen, der jeden Angriff auf ihre Stellungen

    im Raume von Ypern gefährlich flankierte. Daß

    dieser Bogen vor einem Angriff in Flandern

    weggenommen werden mußte, war der englischen


    Karte: Stoßrichtung und Ziel des Angriffs


    Führung völlig klar. Ebenso klar war ihr aber,

    daß Angiffe der üblichen Art hier nur einen

    Brandherd schaffen würden, der mehr Kräfte

    verzehrte, als es das Ziel erlaubte. So

    entschloss man sich, unter die Erde zu gehen.

    Dieser Gedanke lag nahe genug. Seit Jahr und

    Tag hatten an dieser Stelle die MIneuere beider

    Parteien ihre Künste spielen lassen. Gerade in

    letzter Zeit erst war hier der unterirdische

    Stollenkampf etwas zur Ruhe gekommen, so daß

    eine Überraschung Erfolg versprach. In

    anderthalbjähriger Arbeit hatten englische Pioniere

    unter die deutsche Stellung eine Galerie nach

    der andern getrieben, von denen man annehmen

    durfte, daß sie unentdeckt geblieben waren.

    500 000 Kilo Sprengstoff befanden sich unter der

    deutschen Linie, als am 4. Juni 1917 das

    englische Trommelfeuer einsetzte, das die

    Verteidiger von den letzten Vorbereitungen unter

    der Erde ablenken sollte. Und die Überraschung

    gelang.

    Am 7. Juni ging die ungeheure Ladung hoch.

    In neunzehn Kratern versank die deutsche

    Stellung. Die größte Sprengung, die die menschliche

    Geschichte kennt, war geglückt. Unmittelbar nach

    der Zündung, im Höhepunkt der Verwirrung,

    brachen zwölf englische Divisionen vor und

    hatten die deutsche Linie auf die Sehne des Bogens

    zurückgedrängt, bevor noch der erste Widerstand

    organisiert war.

    Dann trat wieder Ruhe ein, die Ruhe vor dem Sturm.

    Aber die deutsche Führung war auf dem

    Posten. Zu deutlich hatte diese Sprengung

    gesprochen, als daß noch ein Zweifel an einen

    englischen Angriff in Flandern erlaubt war.

    Und man hatte aus der Sommeschlacht gelernt,

    [S. 242 siehe Transkription Seite davor]


    Zeitung - S. 243

    Die Schlacht der hundert Tage

    der Plan eines militärischen Handwerkers, der

    alles dem Material und der größeren Zahl

    überließ und es peinlich vermied, aus den besonderen

    Gegebenheiten des Augenblicks eigne und neue

    Schlüsse zu ziehen.

    Am 22. Juli begann das Spiel. Ein

    Artilleriesturm von einer Wucht, wie sie die Erde noch

    nicht erlebt hatte, brauste über die deutschen

    Stellungen und verwandelte sie, während

    gleichzeitig ein pausenloser Landregen niederging, in

    einen Schlammpfuhl, dessen Grundwasser sich

    mit den Fluten zerschossener und aus ihren

    Bahnen gelenkter Bäche und Kanäle mischte. Nach

    wenigen Tagen war kein Graben mehr zu

    erkennen. Von Hunderttausenden von Granaten

    aller Kaliber über und über gepflügt, wurde

    aus dem Verteidigungssystem eine ständig ihr

    Bild ändernde Trichterlandschaft. Aber diese

    Hölle war von Menschen bewohnt. Vom Stiefel

    bis zum Helm von Schlamm überkrustet, mit

    dem halben Leib im Wasser, unausgesetzt die

    Stellung wechselnd, hielten die dünnen Reihen

    der Verteidiger aus. Eng an die Erde gedrückt,

    jede Bewegung vermeidend, um den Augen der

    dicht über ihnen dahinbrausenden Schlachtflieger

    zu entgehen, nur darauf bedacht, Gewehr und

    Maschinengewehr vor Nässe und Schmutz zu

    schützen, spannten sie ihre Sinne auf das eine

    Ziel, den Gegner rechtzeitig zu erkennen, wenn

    er angriffe.

    Eine volle Woche dauerte die

    Artillerievorbereitung. Am 31. Juli begann der Sturm.

    Auf nur 25 Kilometer Breite brachen fünfzehn

    englische und französische Divisionen vor, und

    es kam wie es kommen mußte. Stärker als

    alles Material der Welt war die Moral dieser

    in drei Kriegsjahren gehärteten Verteidiger.

    Als der Tag sich neigte, hatten die Engländer

    zwar die beiden Dörfer, Langemarck und

    Bixschoete dicht hinter der vordersten deutschen Linie

    gewonnen, lagen im übrigen aber fest, während

    ihnen Langemarck noch in der gleichen Nacht

    wieder verlorenging. An keinem Punkte der

    Angriffsfront war ein entscheidender Einbruch

    gelungen. Haig mußte den Angriff aufgeben.

    Trotzdem blieb er seinem Verfahren treu. Für

    Tage erhielt wieder die Artillerie das Wort.

    Erst am 16. August fiel Langemarck endgültig an

    den Feind. Immer wieder ließ Haig nach

    mehreren Tagen Trommelfeuers seine Infanterie

    antreten, mit wechselndem Erfolge gelang es

    dieser, bald hier, bald dort ein Stückchen aus der

    deutschen Front herauszubröckeln. Aber noch nach

    Wochen befand sich der Engländer immer noch

    in der sumpfigen Talniederung von Ypern, die

    von den Höhenstellungen um Passchendaele aus

    durch die deutsche Artillerie beherrscht wurde.

       Der Marschall Haig sah ein, daß auf diese

    Weise die Angreifer eher verbraucht sein

    würden als die Verteidiger. Er entschloß sich

    deshalb dazu, durch Ablenkungsangriffe an andern

    Fronten seine Hauptfront zu entlasten. Er wollte

    die deutsche Heeresleitung zwingen, ihre

    Reserven durch Verzettelung zu schwächen. Am

    9. August griff er bei Arras und am 15. bei

    Lens an. Auch die Fanrzosen glaubte er jetzt

    wenigstens zu einigen "Hammerschlägen" in

    Anspruch nehmen zu können. So griff denn Pétain,

    dem daran lag, das Selbstvertrauen seiner

    Truppe durch kleinere, erfolgversprechende

    Unternehmungen zu heben, am 20. August auf dem

    alten Kampfgelände von Verdun mit frischen

    Truppen an, und es gelang ihm, die Verteidiger

    bis in ihre alten Ausgangsstellungen

    zurückzudrücken, aus denen Falkenhayn im Frühjahr

    1916 seinen Angriff begonnen hatte. Ein zweiter

    Hammerschlag Pétains gegen die gefärdete

    Laffaur-Ede bei Siffons brachte ebenfalls

    Erfolge. Er führte zum Verlust des Chemin des

    Dames durch die Deutschen.

    Währenddessen ging in Flandern die für

    Angreifer wie Verteidiger gleich verlustreiche

    Schlacht weiter. Nach der Ermattungspause des

    August-Endes begann am 20. September eine

    neue Reihe von Großkampftagen, die den

    Engländer allmählich aus dem Yperntal auf das

    östliche Höhengelände brachte. In den Kämpfen

    um Paschendaele, Zonnebeke, Poelcapelle und

    den Houthulster Wald erreichte das nörderische

    Ringen seinen Höhepunkt an den vier

    Großkampftagen des Oktobers, bis es am 10.

    November in Regen, Nebel und Wasser erlosch.


    Es ist nicht möglich, den Einzelheiten dieser

    fürchterlichsten aller Schlachten nachzuspüren.

    Oder richtiger: diese Schlacht wurde so

    phantasielos und so unerhört stumpfsinnig vom

    Angreifer geführt, daß weder aus Raum noch Zeit

    Ereignisse von Besonderheit entsprangen, die

    dem Leser als Wegsteine durch diese Schlacht

    dienen könnten. Gewiß, der Raum wechselte

    langsam nach Osten. Für die Kämpfer hatte das

    aber keine Bedeutung. Denn 8 Kilometer östlich

    sahen die Trichter genau so aus wie am

    Ausgangspunkt des Kampfes. Ausgelöscht waren

    Ortschaften, Wälder, Wasserläufe.

    Und hörte der Raum auf, Raum zu sein, so

    waren Tag und Nacht auch die einzigen Zeichen

    des Fortgangs der Zeit. Denn die

    Kampfführung hatte sich offenbar von der Zeit gelöst.

    Für den Marschall Haig schien sie keinen Wert

    mehr zu haben. Im Bestz ausreichenden

    Materials und immer noch nicht ernsthaft

    erschöpfter Truppenbestände, infolge gut redigierter

    Siegesnachrichten auch von Kritik und Presse

    unbelästigt, schien er sein Gehirn auf Kammer

    abgegeben und dem Material die selbstständige

    Führung der Schlacht anvertraut zu haben,

    dieser Schlacht, die Fuller "infolge Dummheit

    totgeboren" nennt. So unbedeutend wie ihre

    Planung und ihre Durchführung war auch ihr Ende.

    Mitte November konnten die Truppen nicht


  • January 5, 2017 12:31:07 Corinna Pichler (AUT)

    [Über S. 100 und S. 101 gelegt eine Doppelseite, S. 241 + S. 243, einer Zeitung]

    Zeitung - S. 241

    Die Schlacht der hundert Tage

    Von Wolf Meyer-Christian

    Die englische Presse liebt es nicht, die

    Erinnerung an englische Niederlagen im

    Weltkriege aufzufrischen. Man würde daher

    vergeblich in englischen Blättern nach einer

    Darstellung jener fürchterlichsten Materialschlacht

    des Weltkrieges suchen, die jetzt vor

    zwanzig Jahren wütete, und die wir die

    Flandernschlacht nenen, währed sie in

    England als Schlacht von Passchendaele

    bekannt oder - besser - seit langem vergessen ist.

    Betrachtete der englische Oberbefehlshaber

    Sir Douglas Haig sie auch als einen

    Sieg, so bedarf es nicht erst langwierige

    Forschungen, und diese Annahme richtigzustellen,

    denn gewisse Zahlen und Tatsachen sprechen

    doch zu sehr für sich selbst. Gewiß, das

    Ergebis der Flandernschlacht war für die

    Engländer ein Geländegewinn von 9 Kilometer Tiefe

    und 20 Kilometer Breite. Doch nun kommt

    das Aber.

    Dieser minimale Erfolg war das Ergebnis

    einer hunderttägigen Schlacht, in der auf der

    Seite der feindlichen Angreifer vier Armeen

    beteiligt waren, nämlich die erste französische und die beglische

    Armee. Diese gewaltige Heeresmacht war

    unterstützt worden durch die bisher ungekannte Zahl

    von 2300 Geschützen aller Kaliber. An Munition

    waren diesen 65 Millionen Kilogramm zur

    Verfügung gestellt worden. Und das alles auf einem

    Gefechtsstreifen von nur etwa 35 Kilometer

    Breite! Nimmt man dazu noch die Tatsache,

    daß die Angreifer ihr Unternehmen mit dem

    Verlust von nicht weniger als 400 000 Mann

    zu bezahlen hatten, dann erscheint das gewaltige

    Mißverhältnis von Einsatz und Erfolg so

    deutlich, daß die Frage von Sieg oder Niederlage

    wahrhaftig zu einem müßigen Wortspiel wird.


    Mit einem Vorspiel begann das Drama. Wo

    sich etwa 10 Kilometer südlich von Zypern die

    flandrische Tiefebene mit den ersten Höhenrücken

    berührt, die bei Messines und Wytschaete eine

    flache Hochebene bilden, waren die deutschen

    Truppen am weitesten vorangekommen. Ihre

    Front bildete hier einen feindwärts gerichteten

    Boge, der jeden Angriff auf ihre Stellungen

    im Raume von Zypern gefährlich flankierte. Daß

    dieser Bogen vor einem Angriff in Flandern

    weggenommen werden mußte, war der englischen


    Karte: Stoßrichtung und Ziel des Angriffs


    Führung völlig klar. Ebenso klar war ihr aber,

    daß Angiffe der üblichen Art hier nur einen

    Brandherd schaffen würden, der mehr Kräfte

    verzehrte, als es das Ziel erlaubte. So

    entschloss man sich, unter die Erde zu gehen.

    Dieser Gedanke lag nahe genug. Seit Jahr und

    Tag hatten an dieser Stelle die MIneuere beider

    Parteien ihre Künste spielen lassen. Gerade in

    letzter Zeit erst war hier der unterirdische

    Stollenkampf etwas zur Ruhe gekommen, so daß

    eine Überraschung Erfolg versprach. In

    anderthalbjähriger Arbeit hatten englische Pioniere

    unter die deutsche Stellung eine Galerie nach

    der andern getrieben, von denen man annehmen

    durfte, daß sie unentdeckt geblieben waren.

    500 000 Kilo Sprengstoff befanden sich unter der

    deutschen Linie, als am 4. Juni 1917 das

    englische Trommelfeuer einsetzte, das die

    Verteidiger von den letzten Vorbereitungen unter

    der Erde ablenken sollte. Und die Überraschung

    gelang.

    Am 7.Juni ging die ungeheure Ladung hoch.

    In neunzehn Kratern versank die deutsche

    Stellung. Die größte Sprengung, die die menschliche

    Geschichte kennt, war geglückt. Unmittelbar nach

    der Zündung, im Höhepunkt der Verwirrung,

    brachen zwölf englische Divisionen vor und

    hattendie deutsche Linie auf die Sehne des Bogens

    zurückgedrängt, bevor noch der erste Widerstand

    organisisert war.

    Dann trat wieder Ruhe ein, die Ruhe vor dem Sturm.

    Aber die deutsche Führung war auf dem

    Posten. Zu deutlich hatte diese Sprengung

    gesprochen, als daß noch ein zweifel an einen

    englischen Angriff in Flandern erlaubt war.

    Und man hatteaus der Sommeschlacht gelernt,

    [S. 242 siehe Transkription Seite davor]


    Zeitung - S. 243

    Die Schlacht der hundert Tage

    der Pan eines militärischen Handwerkers, der

    alles dem Material und der größeren Zahl

    überließ und es peinlich vermied, aus den besonderen

    Gegebenheiten des Augenblicks eigne und neue

    Schlüsse zu ziehen.

    Am 22. Juli begann das Spiel. Ein

    Artilleriesturm von einer Wucht, wie sie die Erde noch

    nicht erlebt hatte, brauste über die deutschen

    Stellungen und verwandelte sie, während

    gleichzeitig ein pausenloser Landregen niederging, in

    einen Schlammpfuhl, dessen grundwasser sich

    mit den Fluten zerschossener und aus ihren

    Bahnen gelenkter Bäche und Kanäle mischte. Nach

    wenigen Tagen war kein Graben mehr zu

    erkennen. Von Hunderttausenden von Granaten

    aller Kaliber über und über gepflügt, wurde

    aus dem Verteidigungssystem eine ständig ihr

    Bild ändernde Trichterlandschaft. Aber diese

    Hölle war von Menschen bewohnt. Vom Stiefel

    bis zum Helm von Schlamm überkrustet, mit

    dem halben Leib im Wasser, unausgesetzt die

    Stellung wechselnd, hielten die dünnen Reihen

    der Verteidiger aus. Eng an die Erde gedrückt,

    jede Bewegung vermeidend, um den Augen der

    dicht über ihnen dahinbrausenden Schlachtflieger

    zu entgehen, nur darauf bedacht, Gewehr und

    Maschinengewher vor Nässe und Schmutz zu

    schützen, spannten sie ihre Sinne auf das eine

    Ziel, den Gegner rechtzeitig zu erkennen, wenn

    er angriffe.

    Eine volle Woche dauerte die

    Artillerievorbereitung. Am 31. Juli begann der Sturm.

    Auf nur 25 Kilometer Breite brachen fünfzehn

    englische und französische Divisionen vor, und

    es kam wie es kommen mußte. Stärker als

    alles Material der Welt war die Moral dieser

    in drei Kriegsjahren gehärteten Verteidiger.

    Als der Tag sich neigte, hatten die Engländer

    zwr die beiden Dörfer, Langemard und

    Birschvete dicht hinter der vordersten deutschen Linie

    gewonnen, lagen im übrigen aber fest, während

    ihnen Langemard noch in der gleichen Nacht

    wieder verlorenging. An seinem Dunkte der

    Angriffsfront war ein entscheidender Einbruch

    gelungen. Haig mußte den Angriff aufgeben.

    Trotzdem blieb er seinem Verfahren treu. Für

    Tage erhielt wieder die Artillerie das Wort.

    Erst am 16. August fiel Langemard endgültig an

    den Feind. Immer wieder ließ haig nach

    mehreren Tagen Trommelfeuers seine Infanterie

    antreten, mit wechselndem Erfolge gelang es

    dieser, bald hier, bald dort ein Stückchenaus der

    deutschen Front herauszubrödeln. Aber noch nach

    Wochen befand sich der Engländer immer noch

    n der sumpfigen Talniederung von Zypern, die

    von den Höhenstellungen um Passchendaele aus

    durch die deutsche Artillerie beherrscht wurde.

    Der Marschall Haig sah ein, daß auf diese

    Weise die Angreifer eher verbraucht sein

    würden als die Verteidiger. Er entshcloß sich

    deshalb dazu, durch Ablenkungsangriffe an andern

    Fronten seine Hauptfront zu entlasten. Er wollte

    die deutsche Heeresleitung zwingen, ihre

    Reserven durch Verzettelung zu schwächen. Am

    9. August griff er bei Arras und am 15. bei

    Lens an. Auch die Fanrzosen glaubte er jetzt

    wenigstens zu einigen "Hammerschlägen" in

    Anspruch nehmen zu können. So griff denn Pétain,

    den daran lag, das Selbstvertrauen seiner

    Truppe durch kleinere, erfolgversprechende

    Unternehmungen zu heben, am 20. August auf dem

    alten Kampfgelände von Verdun mit frischen

    Truppen an, und es gelang ihm, die Verteidiger

    bis in ihre alten Ausgangsstellungen

    zurückzudrücken, aus denen Falkenhayn im Frühjahr

    1916 seinen Angriff begonnen hatte. Ein zweiter

    Hammerschlag Pétains gegen die gefärdete

    Laffaur-Ede bei Siffons brachte ebenfalls

    Erfolge. Er führte zum Verlust des Chemin des

    Dames durch die Deutschen.

    Währenddessen ging in Flandern die für

    Angreifer wie Verteidiger gleich verlustreiche

    Schlacht weiter. Nach der Ermattungspause des

    August-Ende begann am 20. September eine

    neue Reihe von Großkampftagen, die den

    Engländer allmählich aus dem Zyperntal auf das

    östliche Höhengelände brachte. In den Kämpfen

    um Paschendaele, Zonnebele, Poelcapelle und

    den Houthulster Wald erreichte das nörderische

    Ringen seinen Höhepunkt an den vier

    Großkampftagen des Oktobers, bis es am 10.

    November in Regen, Nebel und Wasser erlosch.


    Es ist nicht möglich, den Einzelheiten dieser

    fürchterlichsten aller Schlachten nachzuspüren.

    Oder richtiger: diese Schlacht wurde so

    phantasielos und so unerhört stumpfsinnig vom

    Angreifer geführt, daß weder aus Raum noch Zeit

    Ereignisse von Besonderheit entsprangen, de

    dem leser als Wegsteine durch diese Schlacht

    dienen könnten. Gewiß, der Raum wechselte

    langsam nach Osten. Für die Kämpfer hatte das

    aber keine Bedeutung. Denn 8 Kilometer östlich

    sahen die Trichter genau so aus wie am

    Ausgangspunkt des Kampfes. Ausgelöscht waren

    Ortschaften, Wälder, Wasserläufe.

    Und hörte der Raum auf, Raum zu sein, so

    waren Tag und Nacht auch die einzigen Zeichen

    ds Fortgangs der Zeit. Denn die

    Kampfführung hatte sich offenbar von der Zeit gelöst.

    Für den Marschall Haig schien sie keinen Wert

    mehr zu haben. Im Bestz ausreichenden

    Materials und immer noch nicht ernsthaft

    erschöpfter Truppenbestände, infolge gut redigierter

    Siegesnachrichten auch von Kritik und Presse

    unbelästigt, schien er sein Gehirn auf Kammer

    abgegeben und dem Material die selbstständige

    Führung der Schlacht anvertraut zu haben,

    dieser Schlacht, die Fuller "infolge Dummheit

    totgeboren" nennt. So unbedeutend wie ihre

    Planung und ihre Durchführung war auch ihr Ende.

    Mitte November konnten die Truppen nicht


  • January 4, 2017 13:47:49 Corinna Pichler (AUT)

    [Über S. 100 und S. 101 gelegt eine Doppelseite, S. 241 + S- 243, einer Zeitung]

    Zeitung - S. 241

    Die Schlacht der hundert Tage

    Von Wolf Meyer-Christian

    Die englische Presse liebt es nicht, die

    Erinnerung an englische Niederlagen im

    Weltkriege aufzufrischen. Man würde daher

    vergeblich in englischen Blättern nach einer

    Darstellung jener fürchterlichsten Materialschlacht

    des Weltkrieges suchen, die jetzt vor

    zwanzig Jahren wütete, und die wir die

    Flandernschlacht nenen, währed sie in

    England als Schlacht von Passchendaele

    bekannt oder - besser - seit langem vergessen ist.

    Betrachtete der englische Oberbefehlshaber

    Sir Douglas Haig sie auch als einen

    Sieg, so bedarf es nicht erst langwierige

    Forschungen, und diese Annahme richtigzustellen,

    denn gewisse Zahlen und Tatsachen sprechen

    doch zu sehr für sich selbst. Gewiß, das

    Ergebis der Flandernschlacht war für die

    Engländer ein Geländegewinn von 9 Kilometer Tiefe

    und 20 Kilometer Breite. Doch nun kommt

    das Aber.

    Dieser minimale Erfolg war das Ergebnis

    einer hunderttägigen Schlacht, in der auf der

    Seite der feindlichen Angreifer vier Armeen

    beteiligt waren, nämlich die erste französische und die beglische

    Armee. Diese gewaltige Heeresmacht war

    unterstützt worden durch die bisher ungekannte Zahl

    von 2300 Geschützen aller Kaliber. An Munition

    waren diesen 65 Millionen Kilogramm zur

    Verfügung gestellt worden. Und das alles auf einem

    Gefechtsstreifen von nur etwa 35 Kilometer

    Breite! Nimmt man dazu noch die Tatsache,

    daß die Angreifer ihr Unternehmen mit dem

    Verlust von nicht weniger als 400 000 Mann

    zu bezahlen hatten, dann erscheint das gewaltige

    Mißverhältnis von Einsatz und Erfolg so

    deutlich, daß die Frage von Sieg oder Niederlage

    wahrhaftig zu einem müßigen Wortspiel wird.


    Mit einem Vorspiel begann das Drama. Wo

    sich etwa 10 Kilometer südlich von Zypern die

    flandrische Tiefebene mit den ersten Höhenrücken

    berührt, die bei Messines und Wytschaete eine

    flache Hochebene bilden, waren die deutschen

    Truppen am weitesten vorangekommen. Ihre

    Front bildete hier einen feindwärts gerichteten

    Boge, der jeden Angriff auf ihre Stellungen

    im Raume von Zypern gefährlich flankierte. Daß

    dieser Bogen vor einem Angriff in Flandern

    weggenommen werden mußte, war der englischen


    Karte: Stoßrichtung und Ziel des Angriffs


    Führung völlig klar. Ebenso klar war ihr aber,

    daß Angiffe der üblichen Art hier nur einen

    Brandherd schaffen würden, der mehr Kräfte

    verzehrte, als es das Ziel erlaubte. So

    entschloss man sich, unter die Erde zu gehen.

    Dieser Gedanke lag nahe genug. Seit Jahr und

    Tag hatten an dieser Stelle die MIneuere beider

    Parteien ihre Künste spielen lassen. Gerade in

    letzter Zeit erst war hier der unterirdische

    Stollenkampf etwas zur Ruhe gekommen, so daß

    eine Überraschung Erfolg versprach. In

    anderthalbjähriger Arbeit hatten englische Pioniere

    unter die deutsche Stellung eine Galerie nach

    der andern getrieben, von denen man annehmen

    durfte, daß sie unentdeckt geblieben waren.

    500 000 Kilo Sprengstoff befanden sich unter der

    deutschen Linie, als am 4. Juni 1917 das

    englische Trommelfeuer einsetzte, das die

    Verteidiger von den letzten Vorbereitungen unter

    der Erde ablenken sollte. Und die Überraschung

    gelang.

    Am 7.Juni ging die ungeheure Ladung hoch.

    In neunzehn Kratern versank die deutsche

    Stellung. Die größte Sprengung, die die menschliche

    Geschichte kennt, war geglückt. Unmittelbar nach

    der Zündung, im Höhepunkt der Verwirrung,

    brachen zwölf englische Divisionen vor und

    hattendie deutsche Linie auf die Sehne des Bogens

    zurückgedrängt, bevor noch der erste Widerstand

    organisisert war.

    Dann trat wieder Ruhe ein, die Ruhe vor dem Sturm.

    Aber die deutsche Führung war auf dem

    Posten. Zu deutlich hatte diese Sprengung

    gesprochen, als daß noch ein zweifel an einen

    englischen Angriff in Flandern erlaubt war.

    Und man hatteaus der Sommeschlacht gelernt,

    [S. 242 siehe Transkription Seite davor]


    Zeitung - S. 243

    Die Schlacht der hundert Tage

    der Pan eines militärischen Handwerkers, der

    alles dem Material und der größeren Zahl

    überließ und es peinlich vermied, aus den besonderen

    Gegebenheiten des Augenblicks eigne und neue

    Schlüsse zu ziehen.

    Am 22. Juli begann das Spiel. Ein

    Artilleriesturm von einer Wucht, wie sie die Erde noch

    nicht erlebt hatte, brauste über die deutschen

    Stellungen und verwandelte sie, während

    gleichzeitig ein pausenloser Landregen niederging, in

    einen Schlammpfuhl, dessen grundwasser sich

    mit den Fluten zerschossener und aus ihren

    Bahnen gelenkter Bäche und Kanäle mischte. Nach

    wenigen Tagen war kein Graben mehr zu

    erkennen. Von Hunderttausenden von Granaten

    aller Kaliber über und über gepflügt, wurde

    aus dem Verteidigungssystem eine ständig ihr

    Bild ändernde Trichterlandschaft. Aber diese

    Hölle war von Menschen bewohnt. Vom Stiefel

    bis zum Helm von Schlamm überkrustet, mit

    dem halben Leib im Wasser, unausgesetzt die

    Stellung wechselnd, hielten die dünnen Reihen

    der Verteidiger aus. Eng an die Erde gedrückt,

    jede Bewegung vermeidend, um den Augen der

    dicht über ihnen dahinbrausenden Schlachtflieger

    zu entgehen, nur darauf bedacht, Gewehr und

    Maschinengewher vor Nässe und Schmutz zu

    schützen, spannten sie ihre Sinne auf das eine

    Ziel, den Gegner rechtzeitig zu erkennen, wenn

    er angriffe.

    Eine volle Woche dauerte die

    Artillerievorbereitung. Am 31. Juli begann der Sturm.

    Auf nur 25 Kilometer Breite brachen fünfzehn

    englische und französische Divisionen vor, und

    es kam wie es kommen mußte. Stärker als

    alles Material der Welt war die Moral dieser

    in drei Kriegsjahren gehärteten Verteidiger.

    Als der Tag sich neigte, hatten die Engländer

    zwr die beiden Dörfer, Langemard und

    Birschvete dicht hinter der vordersten deutschen Linie

    gewonnen, lagen im übrigen aber fest, während

    ihnen Langemard noch in der gleichen Nacht

    wieder verlorenging. An seinem Dunkte der

    Angriffsfront war ein entscheidender Einbruch

    gelungen. Haig mußte den Angriff aufgeben.

    Trotzdem blieb er seinem Verfahren treu. Für

    Tage erhielt wieder die Artillerie das Wort.

    Erst am 16. August fiel Langemard endgültig an

    den Feind. Immer wieder ließ haig nach

    mehreren Tagen Trommelfeuers seine Infanterie

    antreten, mit wechselndem Erfolge gelang es

    dieser, bald hier, bald dort ein Stückchenaus der

    deutschen Front herauszubrödeln. Aber noch nach

    Wochen befand sich der Engländer immer noch

    n der sumpfigen Talniederung von Zypern, die

    von den Höhenstellungen um Passchendaele aus

    durch die deutsche Artillerie beherrscht wurde.

    Der Marschall Haig sah ein, daß auf diese

    Weise die Angreifer eher verbraucht sein

    würden als die Verteidiger. Er entshcloß sich

    deshalb dazu, durch Ablenkungsangriffe an andern

    Fronten seine Hauptfront zu entlasten. Er wollte

    die deutsche Heeresleitung zwingen, ihre

    Reserven durch Verzettelung zu schwächen. Am

    9. August griff er bei Arras und am 15. bei

    Lens an. Auch die Fanrzosen glaubte er jetzt

    wenigstens zu einigen "Hammerschlägen" in

    Anspruch nehmen zu können. So griff denn Pétain,

    den daran lag, das Selbstvertrauen seiner

    Truppe durch kleinere, erfolgversprechende

    Unternehmungen zu heben, am 20. August auf dem

    alten Kampfgelände von Verdun mit frischen

    Truppen an, und es gelang ihm, die Verteidiger

    bis in ihre alten Ausgangsstellungen

    zurückzudrücken, aus denen Falkenhayn im Frühjahr

    1916 seinen Angriff begonnen hatte. Ein zweiter

    Hammerschlag Pétains gegen die gefärdete

    Laffaur-Ede bei Siffons brachte ebenfalls

    Erfolge. Er führte zum Verlust des Chemin des

    Dames durch die Deutschen.

    Währenddessen ging in Flandern die für

    Angreifer wie Verteidiger gleich verlustreiche

    Schlacht weiter. Nach der Ermattungspause des

    August-Ende begann am 20. September eine

    neue Reihe von Großkampftagen, die den

    Engländer allmählich aus dem Zyperntal auf das

    östliche Höhengelände brachte. In den Kämpfen

    um Paschendaele, Zonnebele, Poelcapelle und

    den Houthulster Wald erreichte das nörderische

    Ringen seinen Höhepunkt an den vier

    Großkampftagen des Oktobers, bis es am 10.

    November in Regen, Nebel und Wasser erlosch.


    Es ist nicht möglich, den Einzelheiten dieser

    fürchterlichsten aller Schlachten nachzuspüren.

    Oder richtiger: diese Schlacht wurde so

    phantasielos und so unerhört stumpfsinnig vom

    Angreifer geführt, daß weder aus Raum noch Zeit

    Ereignisse von Besonderheit entsprangen, de

    dem leser als Wegsteine durch diese Schlacht

    dienen könnten. Gewiß, der Raum wechselte

    langsam nach Osten. Für die Kämpfer hatte das

    aber keine Bedeutung. Denn 8 Kilometer östlich

    sahen die Trichter genau so aus wie am

    Ausgangspunkt des Kampfes. Ausgelöscht waren

    Ortschaften, Wälder, Wasserläufe.

    Und hörte der Raum auf, Raum zu sein, so

    waren Tag und Nacht auch die einzigen Zeichen

    ds Fortgangs der Zeit. Denn die

    Kampfführung hatte sich offenbar von der Zeit gelöst.

    Für den Marschall Haig schien sie keinen Wert

    mehr zu haben. Im Bestz ausreichenden

    Materials und immer noch nicht ernsthaft

    erschöpfter Truppenbestände, infolge gut redigierter

    Siegesnachrichten auch von Kritik und Presse

    unbelästigt, schien er sein Gehirn auf Kammer

    abgegeben und dem Material die selbstständige

    Führung der Schlacht anvertraut zu haben,

    dieser Schlacht, die Fuller "infolge Dummheit

    totgeboren" nennt. So unbedeutend wie ihre

    Planung und ihre Durchführung war auch ihr Ende.

    Mitte November konnten die Truppen nicht


  • January 4, 2017 13:47:44 Corinna Pichler (AUT)

    [Über S. 100 und S. 101 gelegt eine Doppelseite, S. 241 + S- 243, einer Zeitung]

    Zeitung - S. 241

    Die Schlacht der hundert Tage

    Von Wolf Meyer-Christian

    Die englische Presse liebt es nicht, die

    Erinnerung an englische Niederlagen im

    Weltkriege aufzufrischen. Man würde daher

    vergeblich in englischen Blättern nach einer

    Darstellung jener fürchterlichsten Materialschlacht

    des Weltkrieges suchen, die jetzt vor

    zwanzig Jahren wütete, und die wir die

    Flandernschlacht nenen, währed sie in

    England als Schlacht von Passchendaele

    bekannt oder - besser - seit langem vergessen ist.

    Betrachtete der englische Oberbefehlshaber

    Sir Douglas Haig sie auch als einen

    Sieg, so bedarf es nicht erst langwierige

    Forschungen, und diese Annahme richtigzustellen,

    denn gewisse Zahlen und Tatsachen sprechen

    doch zu sehr für sich selbst. Gewiß, das

    Ergebis der Flandernschlacht war für die

    Engländer ein Geländegewinn von 9 Kilometer Tiefe

    und 20 Kilometer Breite. Doch nun kommt

    das Aber.

    Dieser minimale Erfolg war das Ergebnis

    einer hunderttägigen Schlacht, in der auf der

    Seite der feindlichen Angreifer vier Armeen

    beteiligt waren, nämlich die erste französische und die beglische

    Armee. Diese gewaltige Heeresmacht war

    unterstützt worden durch die bisher ungekannte Zahl

    von 2300 Geschützen aller Kaliber. An Munition

    waren diesen 65 Millionen Kilogramm zur

    Verfügung gestellt worden. Und das alles auf einem

    Gefechtsstreifen von nur etwa 35 Kilometer

    Breite! Nimmt man dazu noch die Tatsache,

    daß die Angreifer ihr Unternehmen mit dem

    Verlust von nicht weniger als 400 000 Mann

    zu bezahlen hatten, dann erscheint das gewaltige

    Mißverhältnis von Einsatz und Erfolg so

    deutlich, daß die Frage von Sieg oder Niederlage

    wahrhaftig zu einem müßigen Wortspiel wird.


    Mit einem Vorspiel begann das Drama. Wo

    sich etwa 10 Kilometer südlich von Zypern die

    flandrische Tiefebene mit den ersten Höhenrücken

    berührt, die bei Messines und Wytschaete eine

    flache Hochebene bilden, waren die deutschen

    Truppen am weitesten vorangekommen. Ihre

    Front bildete hier einen feindwärts gerichteten

    Boge, der jeden Angriff auf ihre Stellungen

    im Raume von Zypern gefährlich flankierte. Daß

    dieser Bogen vor einem Angriff in Flandern

    weggenommen werden mußte, war der englischen


    Karte: Stoßrichtung und Ziel des Angriffs


    Führung völlig klar. Ebenso klar war ihr aber,

    daß Angiffe der üblichen Art hier nur einen

    Brandherd schaffen würden, der mehr Kräfte

    verzehrte, als es das Ziel erlaubte. So

    entschloss man sich, unter die Erde zu gehen.

    Dieser Gedanke lag nahe genug. Seit Jahr und

    Tag hatten an dieser Stelle die MIneuere beider

    Parteien ihre Künste spielen lassen. Gerade in

    letzter Zeit erst war hier der unterirdische

    Stollenkampf etwas zur Ruhe gekommen, so daß

    eine Überraschung Erfolg versprach. In

    anderthalbjähriger Arbeit hatten englische Pioniere

    unter die deutsche Stellung eine Galerie nach

    der andern getrieben, von denen man annehmen

    durfte, daß sie unentdeckt geblieben waren.

    500 000 Kilo Sprengstoff befanden sich unter der

    deutschen Linie, als am 4. Juni 1917 das

    englische Trommelfeuer einsetzte, das die

    Verteidiger von den letzten Vorbereitungen unter

    der Erde ablenken sollte. Und die Überraschung

    gelang.

    Am 7.Juni ging die ungeheure Ladung hoch.

    In neunzehn Kratern versank die deutsche

    Stellung. Die größte Sprengung, die die menschliche

    Geschichte kennt, war geglückt. Unmittelbar nach

    der Zündung, im Höhepunkt der Verwirrung,

    brachen zwölf englische Divisionen vor und

    hattendie deutsche Linie auf die Sehne des Bogens

    zurückgedrängt, bevor noch der erste Widerstand

    organisisert war.

    Dann trat wieder Ruhe ein, die Ruhe vor dem Sturm.

    Aber die deutsche Führung war auf dem

    Posten. Zu deutlich hatte diese Sprengung

    gesprochen, als daß noch ein zweifel an einen

    englischen Angriff in Flandern erlaubt war.

    Und man hatteaus der Sommeschlacht gelernt,

    [S. 242 siehe Transkription Seite davor]


    Zeitung - S. 243

    Die Schlacht der hundert Tage

    der Pan eines militärischen Handwerkers, der

    alles dem Material und der größeren Zahl

    überließ und es peinlich vermied, aus den besonderen

    Gegebenheiten des Augenblicks eigne und neue

    Schlüsse zu ziehen.

    Am 22. Juli begann das Spiel. Ein

    Artilleriesturm von einer Wucht, wie sie die Erde noch

    nicht erlebt hatte, brauste über die deutschen

    Stellungen und verwandelte sie, während

    gleichzeitig ein pausenloser Landregen niederging, in

    einen Schlammpfuhl, dessen grundwasser sich

    mit den Fluten zerschossener und aus ihren

    Bahnen gelenkter Bäche und Kanäle mischte. Nach

    wenigen Tagen war kein Graben mehr zu

    erkennen. Von Hunderttausenden von Granaten

    aller Kaliber über und über gepflügt, wurde

    aus dem Verteidigungssystem eine ständig ihr

    Bild ändernde Trichterlandschaft. Aber diese

    Hölle war von Menschen bewohnt. Vom Stiefel

    bis zum Helm von Schlamm überkrustet, mit

    dem halben Leib im Wasser, unausgesetzt die

    Stellung wechselnd, hielten die dünnen Reihen

    der Verteidiger aus. Eng an die Erde gedrückt,

    jede Bewegung vermeidend, um den Augen der

    dicht über ihnen dahinbrausenden Schlachtflieger

    zu entgehen, nur darauf bedacht, Gewehr und

    Maschinengewher vor Nässe und Schmutz zu

    schützen, spannten sie ihre Sinne auf das eine

    Ziel, den Gegner rechtzeitig zu erkennen, wenn

    er angriffe.

    Eine volle Woche dauerte die

    Artillerievorbereitung. Am 31. Juli begann der Sturm.

    Auf nur 25 Kilometer Breite brachen fünfzehn

    englische und französische Divisionen vor, und

    es kam wie es kommen mußte. Stärker als

    alles Material der Welt war die Moral dieser

    in drei Kriegsjahren gehärteten Verteidiger.

    Als der Tag sich neigte, hatten die Engländer

    zwr die beiden Dörfer, Langemard und

    Birschvete dicht hinter der vordersten deutschen Linie

    gewonnen, lagen im übrigen aber fest, während

    ihnen Langemard noch in der gleichen Nacht

    wieder verlorenging. An seinem Dunkte der

    Angriffsfront war ein entscheidender Einbruch

    gelungen. Haig mußte den Angriff aufgeben.

    Trotzdem blieb er seinem Verfahren treu. Für

    Tage erhielt wieder die Artillerie das Wort.

    Erst am 16. August fiel Langemard endgültig an

    den Feind. Immer wieder ließ haig nach

    mehreren Tagen Trommelfeuers seine Infanterie

    antreten, mit wechselndem Erfolge gelang es

    dieser, bald hier, bald dort ein Stückchenaus der

    deutschen Front herauszubrödeln. Aber noch nach

    Wochen befand sich der Engländer immer noch

    n der sumpfigen Talniederung von Zypern, die

    von den Höhenstellungen um Passchendaele aus

    durch die deutsche Artillerie beherrscht wurde.

    Der Marschall Haig sah ein, daß auf diese

    Weise die Angreifer eher verbraucht sein

    würden als die Verteidiger. Er entshcloß sich

    deshalb dazu, durch Ablenkungsangriffe an andern

    Fronten seine Hauptfront zu entlasten. Er wollte

    die deutsche Heeresleitung zwingen, ihre

    Reserven durch Verzettelung zu schwächen. Am

    9. August griff er bei Arras und am 15. bei

    Lens an. Auch die Fanrzosen glaubte er jetzt

    wenigstens zu einigen "Hammerschlägen" in

    Anspruch nehmen zu können. So griff denn Pétain,

    den daran lag, das Selbstvertrauen seiner

    Truppe durch kleinere, erfolgversprechende

    Unternehmungen zu heben, am 20. August auf dem

    alten Kampfgelände von Verdun mit frischen

    Truppen an, und es gelang ihm, die Verteidiger

    bis in ihre alten Ausgangsstellungen

    zurückzudrücken, aus denen Falkenhayn im Frühjahr

    1916 seinen Angriff begonnen hatte. Ein zweiter

    Hammerschlag Pétains gegen die gefärdete

    Laffaur-Ede bei Siffons brachte ebenfalls

    Erfolge. Er führte zum Verlust des Chemin des

    Dames durch die Deutschen.

    Währenddessen ging in Flandern die für

    Angreifer wie Verteidiger gleich verlustreiche

    Schlacht weiter. Nach der Ermattungspause des

    August-Ende begann am 20. September eine

    neue Reihe von Großkampftagen, die den

    Engländer allmählich aus dem Zyperntal auf das

    östliche Höhengelände brachte. In den Kämpfen

    um Paschendaele, Zonnebele, Poelcapelle und

    den Houthulster Wald erreichte das nörderische

    Ringen seinen Höhepunkt an den vier

    Großkampftagen des Oktobers, bis es am 10.

    November in Regen, Nebel und Wasser erlosch.


    Es ist nicht möglich, den Einzelheiten dieser

    fürchterlichsten aller Schlachten nachzuspüren.

    Oder richtiger: diese Schlacht wurde so

    phantasielos und so unerhört stumpfsinnig vom

    Angreifer geführt, daß weder aus Raum noch Zeit

    Ereignisse von Besonderheit entsprangen, de

    dem leser als Wegsteine durch diese Schlacht

    dienen könnten. Gewiß, der Raum wechselte

    langsam nach Osten. Für die Kämpfer hatte das

    aber keine Bedeutung. Denn 8 Kilometer östlich

    sahen die Trichter genau so aus wie am

    Ausgangspunkt des Kampfes. Ausgelöscht waren

    Ortschaften, Wälder, Wasserläufe.

    Und hörte der Raum auf, Raum zu sein, so

    waren Tag und Nacht auch die einzigen Zeichen

    ds Fortgangs der Zeit. Denn die

    Kampfführung hatte sich offenbar von der Zeit gelöst.

    Für den Marschall Haig schien sie keinen Wert

    mehr zu haben. Im Bestz ausreichenden

    Materials und immer noch nicht ernsthaft

    erschöpfter Truppenbestände, infolge gut redigierter

    Siegesnachrichten auch von Kritik und Presse

    unbelästigt, schien er sein Gehirn auf Kammer

    abgegeben und dem Material die selbstständige

    Führung der Schlacht anvertraut zu haben,

    dieser Schlacht, die Fuller "infolge Dummheit

    totgeboren" nennt. So unbedeutend wie ihre

    PLanung und ihre Durchführung war auch ihr Ende.

    Mitte November konnten die Truppen nicht


  • January 4, 2017 13:47:38 Corinna Pichler (AUT)

    [Über S. 100 und S. 101 gelegt eine Doppelseite, S. 241 + S- 243, einer Zeitung]

    Zeitung - S. 241

    Die Schlacht der hundert Tage

    Von Wolf Meyer-Christian

    Die englische Presse liebt es nicht, die

    Erinnerung an englische Niederlagen im

    Weltkriege aufzufrischen. Man würde daher

    vergeblich in englischen Blättern nach einer

    Darstellung jener fürchterlichsten Materialschlacht

    des Weltkrieges suchen, die jetzt vor

    zwanzig Jahren wütete, und die wir die

    Flandernschlacht nenen, währed sie in

    England als Schlacht von Passchendaele

    bekannt oder - besser - seit langem vergessen ist.

    Betrachtete der englische Oberbefehlshaber

    Sir Douglas Haig sie auch als einen

    Sieg, so bedarf es nicht erst langwierige

    Forschungen, und diese Annahme richtigzustellen,

    denn gewisse Zahlen und Tatsachen sprechen

    doch zu sehr für sich selbst. Gewiß, das

    Ergebis der Flandernschlacht war für die

    Engländer ein Geländegewinn von 9 Kilometer Tiefe

    und 20 Kilometer Breite. Doch nun kommt

    das Aber.

    Dieser minimale Erfolg war das Ergebnis

    einer hunderttägigen Schlacht, in der auf der

    Seite der feindlichen Angreifer vier Armeen

    beteiligt waren, nämlich die erste französische und die beglische

    Armee. Diese gewaltige Heeresmacht war

    unterstützt worden durch die bisher ungekannte Zahl

    von 2300 Geschützen aller Kaliber. An Munition

    waren diesen 65 Millionen Kilogramm zur

    Verfügung gestellt worden. Und das alles auf einem

    Gefechtsstreifen von nur etwa 35 Kilometer

    Breite! Nimmt man dazu noch die Tatsache,

    daß die Angreifer ihr Unternehmen mit dem

    Verlust von nicht weniger als 400 000 Mann

    zu bezahlen hatten, dann erscheint das gewaltige

    Mißverhältnis von Einsatz und Erfolg so

    deutlich, daß die Frage von Sieg oder Niederlage

    wahrhaftig zu einem müßigen Wortspiel wird.


    Mit einem Vorspiel begann das Drama. Wo

    sich etwa 10 Kilometer südlich von Zypern die

    flandrische Tiefebene mit den ersten Höhenrücken

    berührt, die bei Messines und Wytschaete eine

    flache Hochebene bilden, waren die deutschen

    Truppen am weitesten vorangekommen. Ihre

    Front bildete hier einen feindwärts gerichteten

    Boge, der jeden Angriff auf ihre Stellungen

    im Raume von Zypern gefährlich flankierte. Daß

    dieser Bogen vor einem Angriff in Flandern

    weggenommen werden mußte, war der englischen


    Karte: Stoßrichtung und Ziel des Angriffs


    Führung völlig klar. Ebenso klar war ihr aber,

    daß Angiffe der üblichen Art hier nur einen

    Brandherd schaffen würden, der mehr Kräfte

    verzehrte, als es das Ziel erlaubte. So

    entschloss man sich, unter die Erde zu gehen.

    Dieser Gedanke lag nahe genug. Seit Jahr und

    Tag hatten an dieser Stelle die MIneuere beider

    Parteien ihre Künste spielen lassen. Gerade in

    letzter Zeit erst war hier der unterirdische

    Stollenkampf etwas zur Ruhe gekommen, so daß

    eine Überraschung Erfolg versprach. In

    anderthalbjähriger Arbeit hatten englische Pioniere

    unter die deutsche Stellung eine Galerie nach

    der andern getrieben, von denen man annehmen

    durfte, daß sie unentdeckt geblieben waren.

    500 000 Kilo Sprengstoff befanden sich unter der

    deutschen Linie, als am 4. Juni 1917 das

    englische Trommelfeuer einsetzte, das die

    Verteidiger von den letzten Vorbereitungen unter

    der Erde ablenken sollte. Und die Überraschung

    gelang.

    Am 7.Juni ging die ungeheure Ladung hoch.

    In neunzehn Kratern versank die deutsche

    Stellung. Die größte Sprengung, die die menschliche

    Geschichte kennt, war geglückt. Unmittelbar nach

    der Zündung, im Höhepunkt der Verwirrung,

    brachen zwölf englische Divisionen vor und

    hattendie deutsche Linie auf die Sehne des Bogens

    zurückgedrängt, bevor noch der erste Widerstand

    organisisert war.

    Dann trat wieder Ruhe ein, die Ruhe vor dem Sturm.

    Aber die deutsche Führung war auf dem

    Posten. Zu deutlich hatte diese Sprengung

    gesprochen, als daß noch ein zweifel an einen

    englischen Angriff in Flandern erlaubt war.

    Und man hatteaus der Sommeschlacht gelernt,

    [S. 242 siehe Transkription Seite davor]


    Zeitung - S. 243

    Die Schlacht der hundert Tage

    der Pan eines militärischen Handwerkers, der

    alles dem Material und der größeren Zahl

    überließ und es peinlich vermied, aus den besonderen

    Gegebenheiten des Augenblicks eigne und neue

    Schlüsse zu ziehen.

    Am 22. Juli begann das Spiel. Ein

    Artilleriesturm von einer Wucht, wie sie die Erde noch

    nicht erlebt hatte, brauste über die deutschen

    Stellungen und verwandelte sie, während

    gleichzeitig ein pausenloser Landregen niederging, in

    einen Schlammpfuhl, dessen grundwasser sich

    mit den Fluten zerschossener und aus ihren

    Bahnen gelenkter Bäche und Kanäle mischte. Nach

    wenigen Tagen war kein Graben mehr zu

    erkennen. Von Hunderttausenden von Granaten

    aller Kaliber über und über gepflügt, wurde

    aus dem Verteidigungssystem eine ständig ihr

    Bild ändernde Trichterlandschaft. Aber diese

    Hölle war von Menschen bewohnt. Vom Stiefel

    bis zum Helm von Schlamm überkrustet, mit

    dem halben Leib im Wasser, unausgesetzt die

    Stellung wechselnd, hielten die dünnen Reihen

    der Verteidiger aus. Eng an die Erde gedrückt,

    jede Bewegung vermeidend, um den Augen der

    dicht über ihnen dahinbrausenden Schlachtflieger

    zu entgehen, nur darauf bedacht, Gewehr und

    Maschinengewher vor Nässe und Schmutz zu

    schützen, spannten sie ihre Sinne auf das eine

    Ziel, den Gegner rechtzeitig zu erkennen, wenn

    er angriffe.

    Eine volle Woche dauerte die

    Artillerievorbereitung. Am 31. Juli begann der Sturm.

    Auf nur 25 Kilometer Breite brachen fünfzehn

    englische und französische Divisionen vor, und

    es kam wie es kommen mußte. Stärker als

    alles Material der Welt war die Moral dieser

    in drei Kriegsjahren gehärteten Verteidiger.

    Als der Tag sich neigte, hatten die Engländer

    zwr die beiden Dörfer, Langemard und

    Birschvete dicht hinter der vordersten deutschen Linie

    gewonnen, lagen im übrigen aber fest, während

    ihnen Langemard noch in der gleichen Nacht

    wieder verlorenging. An seinem Dunkte der

    Angriffsfront war ein entscheidender Einbruch

    gelungen. Haig mußte den Angriff aufgeben.

    Trotzdem blieb er seinem Verfahren treu. Für

    Tage erhielt wieder die Artillerie das Wort.

    Erst am 16. August fiel Langemard endgültig an

    den Feind. Immer wieder ließ haig nach

    mehreren Tagen Trommelfeuers seine Infanterie

    antreten, mit wechselndem Erfolge gelang es

    dieser, bald hier, bald dort ein Stückchenaus der

    deutschen Front herauszubrödeln. Aber noch nach

    Wochen befand sich der Engländer immer noch

    n der sumpfigen Talniederung von Zypern, die

    von den Höhenstellungen um Passchendaele aus

    durch die deutsche Artillerie beherrscht wurde.

    Der Marschall Haig sah ein, daß auf diese

    Weise die Angreifer eher verbraucht sein

    würden als die Verteidiger. Er entshcloß sich

    deshalb dazu, durch Ablenkungsangriffe an andern

    Fronten seine Hauptfront zu entlasten. Er wollte

    die deutsche Heeresleitung zwingen, ihre

    Reserven durch Verzettelung zu schwächen. Am

    9. August griff er bei Arras und am 15. bei

    Lens an. Auch die Fanrzosen glaubte er jetzt

    wenigstens zu einigen "Hammerschlägen" in

    Anspruch nehmen zu können. So griff denn Pétain,

    den daran lag, das Selbstvertrauen seiner

    Truppe durch kleinere, erfolgversprechende

    Unternehmungen zu heben, am 20. August auf dem

    alten Kampfgelände von Verdun mit frischen

    Truppen an, und es gelang ihm, die Verteidiger

    bis in ihre alten Ausgangsstellungen

    zurückzudrücken, aus denen Falkenhayn im Frühjahr

    1916 seinen Angriff begonnen hatte. Ein zweiter

    Hammerschlag Pétains gegen die gefärdete

    Laffaur-Ede bei Siffons brachte ebenfalls

    Erfolge. Er führte zum Verlust des Chemin des

    Dames durch die Deutschen.

    Währenddessen ging in Flandern die für

    Angreifer wie Verteidiger gleich verlustreiche

    Schlacht weiter. Nach der Ermattungspause des

    August-Ende begann am 20. September eine

    neue Reihe von Großkampftagen, die den

    Engländer allmählich aus dem Zyperntal auf das

    östliche Höhengelände brachte. In den Kämpfen

    um Paschendaele, Zonnebele, Poelcapelle und

    den Houthulster Wald erreichte das nörderische

    Ringen seinen Höhepunkt an den vier

    Großkampftagen des Oktobers, bis es am 10.

    November in Regen, Nebel und Wasser erlosch.


    Es ist nicht möglich, den Einzelheiten dieser

    fürchterlichsten aller Schlachten nachzuspüren.

    Oder richtiger: diese Schlacht wurde so

    phantasielos und so unerhört stumpfsinnig vom

    Angreifer geführt, daß weder aus Raum noch Zeit

    Ereignisse von Besonderheit entsprangen, de

    dem leser als Wegsteine durch diese Schlacht

    dienen könnten. Gewiß, der Raum wechselte

    langsam nach Osten. Für die Kämpfer hatte das

    aber keine Bedeutung. Denn 8 Kilometer östlich

    sahen die Trichter genau so aus wie am

    Ausgangspunkt des Kampfes. Ausgelöscht waren

    Ortschaften, Wälder, Wasserläufe.

    Und hörte der Raum auf, Raum zu sein, so

    waren Tag und Nacht auch die einzigen Zeichen

    ds Fortgangs der Zeit. Denn die

    Kampfführung hatte sich offenbar von der Zeit gelöst.

    Für den Marschall Haig schien sie keinen Wert

    mehr zu haben. Im Bestz ausreichenden

    Materials und immer noch nicht ernsthaft

    erschöpfter Truppenbestände, infolge gut redigierter

    Siegesnachrichten auch von Kritik und Presse

    unbelästigt, schien er sein Gehirn auf Kammer

    abgegeben und dem Material die selbstständige

    Führung der Schlacht anvertraut zu haben,

    dieser Schlacht, die Fuller "infolge Dummheit

    totgeboren" nennt. So unbedeutend wie ihre

    PLanung und ihre Durchführung war auch ihr Ende.

    Mitte Nvember konnten die Truppen nicht


  • January 4, 2017 13:47:22 Corinna Pichler (AUT)

    [Über S. 100 und S. 101 gelegt eine Doppelseite, S. 241 + S- 243, einer Zeitung]

    Zeitung - S. 241

    Die Schlacht der hundert Tage

    Von Wolf Meyer-Christian

    Die englische Presse liebt es nicht, die

    Erinnerung an englische Niederlagen im

    Weltkriege aufzufrischen. Man würde daher

    vergeblich in englischen Blättern nach einer

    Darstellung jener fürchterlichsten Materialschlacht

    des Weltkrieges suchen, die jetzt vor

    zwanzig Jahren wütete, und die wir die

    Flandernschlacht nenen, währed sie in

    England als Schlacht von Passchendaele

    bekannt oder - besser - seit langem vergessen ist.

    Betrachtete der englische Oberbefehlshaber

    Sir Douglas Haig sie auch als einen

    Sieg, so bedarf es nicht erst langwierige

    Forschungen, und diese Annahme richtigzustellen,

    denn gewisse Zahlen und Tatsachen sprechen

    doch zu sehr für sich selbst. Gewiß, das

    Ergebis der Flandernschlacht war für die

    Engländer ein Geländegewinn von 9 Kilometer Tiefe

    und 20 Kilometer Breite. Doch nun kommt

    das Aber.

    Dieser minimale Erfolg war das Ergebnis

    einer hunderttägigen Schlacht, in der auf der

    Seite der feindlichen Angreifer vier Armeen

    beteiligt waren, nämlich die erste französische und die beglische

    Armee. Diese gewaltige Heeresmacht war

    unterstützt worden durch die bisher ungekannte Zahl

    von 2300 Geschützen aller Kaliber. An Munition

    waren diesen 65 Millionen Kilogramm zur

    Verfügung gestellt worden. Und das alles auf einem

    Gefechtsstreifen von nur etwa 35 Kilometer

    Breite! Nimmt man dazu noch die Tatsache,

    daß die Angreifer ihr Unternehmen mit dem

    Verlust von nicht weniger als 400 000 Mann

    zu bezahlen hatten, dann erscheint das gewaltige

    Mißverhältnis von Einsatz und Erfolg so

    deutlich, daß die Frage von Sieg oder Niederlage

    wahrhaftig zu einem müßigen Wortspiel wird.


    Mit einem Vorspiel begann das Drama. Wo

    sich etwa 10 Kilometer südlich von Zypern die

    flandrische Tiefebene mit den ersten Höhenrücken

    berührt, die bei Messines und Wytschaete eine

    flache Hochebene bilden, waren die deutschen

    Truppen am weitesten vorangekommen. Ihre

    Front bildete hier einen feindwärts gerichteten

    Boge, der jeden Angriff auf ihre Stellungen

    im Raume von Zypern gefährlich flankierte. Daß

    dieser Bogen vor einem Angriff in Flandern

    weggenommen werden mußte, war der englischen


    Karte: Stoßrichtung und Ziel des Angriffs


    Führung völlig klar. Ebenso klar war ihr aber,

    daß Angiffe der üblichen Art hier nur einen

    Brandherd schaffen würden, der mehr Kräfte

    verzehrte, als es das Ziel erlaubte. So

    entschloss man sich, unter die Erde zu gehen.

    Dieser Gedanke lag nahe genug. Seit Jahr und

    Tag hatten an dieser Stelle die MIneuere beider

    Parteien ihre Künste spielen lassen. Gerade in

    letzter Zeit erst war hier der unterirdische

    Stollenkampf etwas zur Ruhe gekommen, so daß

    eine Überraschung Erfolg versprach. In

    anderthalbjähriger Arbeit hatten englische Pioniere

    unter die deutsche Stellung eine Galerie nach

    der andern getrieben, von denen man annehmen

    durfte, daß sie unentdeckt geblieben waren.

    500 000 Kilo Sprengstoff befanden sich unter der

    deutschen Linie, als am 4. Juni 1917 das

    englische Trommelfeuer einsetzte, das die

    Verteidiger von den letzten Vorbereitungen unter

    der Erde ablenken sollte. Und die Überraschung

    gelang.

    Am 7.Juni ging die ungeheure Ladung hoch.

    In neunzehn Kratern versank die deutsche

    Stellung. Die größte Sprengung, die die menschliche

    Geschichte kennt, war geglückt. Unmittelbar nach

    der Zündung, im Höhepunkt der Verwirrung,

    brachen zwölf englische Divisionen vor und

    hattendie deutsche Linie auf die Sehne des Bogens

    zurückgedrängt, bevor noch der erste Widerstand

    organisisert war.

    Dann trat wieder Ruhe ein, die Ruhe vor dem Sturm.

    Aber die deutsche Führung war auf dem

    Posten. Zu deutlich hatte diese Sprengung

    gesprochen, als daß noch ein zweifel an einen

    englischen Angriff in Flandern erlaubt war.

    Und man hatteaus der Sommeschlacht gelernt,

    [S. 242 siehe Transkription Seite davor]

    Zeitung - S. 243

    Die Schlacht der hundert Tage

    der Pan eines militärischen Handwerkers, der

    alles dem Material und der größeren Zahl

    überließ und es peinlich vermied, aus den besonderen

    Gegebenheiten des Augenblicks eigne und neue

    Schlüsse zu ziehen.

    Am 22. Juli begann das Spiel. Ein

    Artilleriesturm von einer Wucht, wie sie die Erde noch

    nicht erlebt hatte, brauste über die deutschen

    Stellungen und verwandelte sie, während

    gleichzeitig ein pausenloser Landregen niederging, in

    einen Schlammpfuhl, dessen grundwasser sich

    mit den Fluten zerschossener und aus ihren

    Bahnen gelenkter Bäche und Kanäle mischte. Nach

    wenigen Tagen war kein Graben mehr zu

    erkennen. Von Hunderttausenden von Granaten

    aller Kaliber über und über gepflügt, wurde

    aus dem Verteidigungssystem eine ständig ihr

    Bild ändernde Trichterlandschaft. Aber diese

    Hölle war von Menschen bewohnt. Vom Stiefel

    bis zum Helm von Schlamm überkrustet, mit

    dem halben Leib im Wasser, unausgesetzt die

    Stellung wechselnd, hielten die dünnen Reihen

    der Verteidiger aus. Eng an die Erde gedrückt,

    jede Bewegung vermeidend, um den Augen der

    dicht über ihnen dahinbrausenden Schlachtflieger

    zu entgehen, nur darauf bedacht, Gewehr und

    Maschinengewher vor Nässe und Schmutz zu

    schützen, spannten sie ihre Sinne auf das eine

    Ziel, den Gegner rechtzeitig zu erkennen, wenn

    er angriffe.

    Eine volle Woche dauerte die

    Artillerievorbereitung. Am 31. Juli begann der Sturm.

    Auf nur 25 Kilometer Breite brachen fünfzehn

    englische und französische Divisionen vor, und

    es kam wie es kommen mußte. Stärker als

    alles Material der Welt war die Moral dieser

    in drei Kriegsjahren gehärteten Verteidiger.

    Als der Tag sich neigte, hatten die Engländer

    zwr die beiden Dörfer, Langemard und

    Birschvete dicht hinter der vordersten deutschen Linie

    gewonnen, lagen im übrigen aber fest, während

    ihnen Langemard noch in der gleichen Nacht

    wieder verlorenging. An seinem Dunkte der

    Angriffsfront war ein entscheidender Einbruch

    gelungen. Haig mußte den Angriff aufgeben.

    Trotzdem blieb er seinem Verfahren treu. Für

    Tage erhielt wieder die Artillerie das Wort.

    Erst am 16. August fiel Langemard endgültig an

    den Feind. Immer wieder ließ haig nach

    mehreren Tagen Trommelfeuers seine Infanterie

    antreten, mit wechselndem Erfolge gelang es

    dieser, bald hier, bald dort ein Stückchenaus der

    deutschen Front herauszubrödeln. Aber noch nach

    Wochen befand sich der Engländer immer noch

    n der sumpfigen Talniederung von Zypern, die

    von den Höhenstellungen um Passchendaele aus

    durch die deutsche Artillerie beherrscht wurde.

    Der Marschall Haig sah ein, daß auf diese

    Weise die Angreifer eher verbraucht sein

    würden als die Verteidiger. Er entshcloß sich

    deshalb dazu, durch Ablenkungsangriffe an andern

    Fronten seine Hauptfront zu entlasten. Er wollte

    die deutsche Heeresleitung zwingen, ihre

    Reserven durch Verzettelung zu schwächen. Am

    9. August griff er bei Arras und am 15. bei

    Lens an. Auch die Fanrzosen glaubte er jetzt

    wenigstens zu einigen "Hammerschlägen" in

    Anspruch nehmen zu können. So griff denn Pétain,

    den daran lag, das Selbstvertrauen seiner

    Truppe durch kleinere, erfolgversprechende

    Unternehmungen zu heben, am 20. August auf dem

    alten Kampfgelände von Verdun mit frischen

    Truppen an, und es gelang ihm, die Verteidiger

    bis in ihre alten Ausgangsstellungen

    zurückzudrücken, aus denen Falkenhayn im Frühjahr

    1916 seinen Angriff begonnen hatte. Ein zweiter

    Hammerschlag Pétains gegen die gefärdete

    Laffaur-Ede bei Siffons brachte ebenfalls

    Erfolge. Er führte zum Verlust des Chemin des

    Dames durch die Deutschen.

    Währenddessen ging in Flandern die für

    Angreifer wie Verteidiger gleich verlustreiche

    Schlacht weiter. Nach der Ermattungspause des

    August-Ende begann am 20. September eine

    neue Reihe von Großkampftagen, die den

    Engländer allmählich aus dem Zyperntal auf das

    östliche Höhengelände brachte. In den Kämpfen

    um Paschendaele, Zonnebele, Poelcapelle und

    den Houthulster Wald erreichte das nörderische

    Ringen seinen Höhepunkt an den vier

    Großkampftagen des Oktobers, bis es am 10.

    November in Regen, Nebel und Wasser erlosch.


    Es ist nicht möglich, den Einzelheiten dieser

    fürchterlichsten aller Schlachten nachzuspüren.

    Oder richtiger: diese Schlacht wurde so

    phantasielos und so unerhört stumpfsinnig vom

    Angreifer geführt, daß weder aus Raum noch Zeit

    Ereignisse von Besonderheit entsprangen, de

    dem leser als Wegsteine durch diese Schlacht

    dienen könnten. Gewiß, der Raum wechselte

    langsam nach Osten. Für die Kämpfer hatte das

    aber keine Bedeutung. Denn 8 Kilometer östlich

    sahen die Trichter genau so aus wie am

    Ausgangspunkt des Kampfes. Ausgelöscht waren

    Ortschaften, Wälder, Wasserläufe.

    Und hörte der Raum auf, Raum zu sein, so

    waren Tag und Nacht auch die einzigen Zeichen

    ds Fortgangs der Zeit. Denn die

    Kampfführung hatte sich offenbar von der Zeit gelöst.

    Für den Marschall Haig schien sie keinen Wert

    mehr zu haben. Im Bestz ausreichenden

    Materials und immer noch nicht ernsthaft

    erschöpfter Truppenbestände, infolge gut redigierter

    Siegesnachrichten auch von Kritik und Presse

    unbelästigt, schien er sein Gehirn auf Kammer

    abgegeben und dem Material die selbstständige

    Führung der Schlacht anvertraut zu haben,

    dieser Schlacht, die Fuller "infolge Dummheit

    totgeboren" nennt. So unbedeutend wie ihre

    PLanung und ihre Durchführung war auch ihr Ende.

    Mitte Nvember konnten die Truppen nicht


  • January 4, 2017 13:46:46 Corinna Pichler (AUT)

    [Über S. 100 und S. 101 gelegt eine Doppelseite, S. 241 + S- 243, einer Zeitung]

    Zeitung - S. 241

    Die Schlacht der hundert Tage

    Von Wolf Meyer-Christian

    Die englische Presse liebt es nicht, die

    Erinnerung an englische Niederlagen im

    Weltkriege aufzufrischen. Man würde daher

    vergeblich in englischen Blättern nach einer

    Darstellung jener fürchterlichsten Materialschlacht

    des Weltkrieges suchen, die jetzt vor

    zwanzig Jahren wütete, und die wir die

    Flandernschlacht nenen, währed sie in

    England als Schlacht von Passchendaele

    bekannt oder - besser - seit langem vergessen ist.

    Betrachtete der englische Oberbefehlshaber

    Sir Douglas Haig sie auch als einen

    Sieg, so bedarf es nicht erst langwierige

    Forschungen, und diese Annahme richtigzustellen,

    denn gewisse Zahlen und Tatsachen sprechen

    doch zu sehr für sich selbst. Gewiß, das

    Ergebis der Flandernschlacht war für die

    Engländer ein Geländegewinn von 9 Kilometer Tiefe

    und 20 Kilometer Breite. Doch nun kommt

    das Aber.

    Dieser minimale Erfolg war das Ergebnis

    einer hunderttägigen Schlacht, in der auf der

    Seite der feindlichen Angreifer vier Armeen

    beteiligt waren, nämlich die erste französische und die beglische

    Armee. Diese gewaltige Heeresmacht war

    unterstützt worden durch die bisher ungekannte Zahl

    von 2300 Geschützen aller Kaliber. An Munition

    waren diesen 65 Millionen Kilogramm zur

    Verfügung gestellt worden. Und das alles auf einem

    Gefechtsstreifen von nur etwa 35 Kilometer

    Breite! Nimmt man dazu noch die Tatsache,

    daß die Angreifer ihr Unternehmen mit dem

    Verlust von nicht weniger als 400 000 Mann

    zu bezahlen hatten, dann erscheint das gewaltige

    Mißverhältnis von Einsatz und Erfolg so

    deutlich, daß die Frage von Sieg oder Niederlage

    wahrhaftig zu einem müßigen Wortspiel wird.


    Mit einem Vorspiel begann das Drama. Wo

    sich etwa 10 Kilometer südlich von Zypern die

    flandrische Tiefebene mit den ersten Höhenrücken

    berührt, die bei Messines und Wytschaete eine

    flache Hochebene bilden, waren die deutschen

    Truppen am weitesten vorangekommen. Ihre

    Front bildete hier einen feindwärts gerichteten

    Boge, der jeden Angriff auf ihre Stellungen

    im Raume von Zypern gefährlich flankierte. Daß

    dieser Bogen vor einem Angriff in Flandern

    weggenommen werden mußte, war der englischen


    Karte: Stoßrichtung und Ziel des Angriffs


    Führung völlig klar. Ebenso klar war ihr aber,

    daß Angiffe der üblichen Art hier nur einen

    Brandherd schaffen würden, der mehr Kräfte

    verzehrte, als es das Ziel erlaubte. So

    entschloss man sich, unter die Erde zu gehen.

    Dieser Gedanke lag nahe genug. Seit Jahr und

    Tag hatten an dieser Stelle die MIneuere beider

    Parteien ihre Künste spielen lassen. Gerade in

    letzter Zeit erst war hier der unterirdische

    Stollenkampf etwas zur Ruhe gekommen, so daß

    eine Überraschung Erfolg versprach. In

    anderthalbjähriger Arbeit hatten englische Pioniere

    unter die deutsche Stellung eine Galerie nach

    der andern getrieben, von denen man annehmen

    durfte, daß sie unentdeckt geblieben waren.

    500 000 Kilo Sprengstoff befanden sich unter der

    deutschen Linie, als am 4. Juni 1917 das

    englische Trommelfeuer einsetzte, das die

    Verteidiger von den letzten Vorbereitungen unter

    der Erde ablenken sollte. Und die Überraschung

    gelang.

    Am 7.Juni ging die ungeheure Ladung hoch.

    In neunzehn Kratern versank die deutsche

    Stellung. Die größte Sprengung, die die menschliche

    Geschichte kennt, war geglückt. Unmittelbar nach

    der Zündung, im Höhepunkt der Verwirrung,

    brachen zwölf englische Divisionen vor und

    hattendie deutsche Linie auf die Sehne des Bogens

    zurückgedrängt, bevor noch der erste Widerstand

    organisisert war.

    Dann trat wieder Ruhe ein, die Ruhe vor dem Sturm.

    Aber die deutsche Führung war auf dem

    Posten. Zu deutlich hatte diese Sprengung

    gesprochen, als daß noch ein zweifel an einen

    englischen Angriff in Flandern erlaubt war.

    Und man hatteaus der Sommeschlacht gelernt,


    Zeitung - S. 243

    Die Schlacht der hundert Tage

    der Pan eines militärischen Handwerkers, der

    alles dem Material und der größeren Zahl

    überließ und es peinlich vermied, aus den besonderen

    Gegebenheiten des Augenblicks eigne und neue

    Schlüsse zu ziehen.

    Am 22. Juli begann das Spiel. Ein

    Artilleriesturm von einer Wucht, wie sie die Erde noch

    nicht erlebt hatte, brauste über die deutschen

    Stellungen und verwandelte sie, während

    gleichzeitig ein pausenloser Landregen niederging, in

    einen Schlammpfuhl, dessen grundwasser sich

    mit den Fluten zerschossener und aus ihren

    Bahnen gelenkter Bäche und Kanäle mischte. Nach

    wenigen Tagen war kein Graben mehr zu

    erkennen. Von Hunderttausenden von Granaten

    aller Kaliber über und über gepflügt, wurde

    aus dem Verteidigungssystem eine ständig ihr

    Bild ändernde Trichterlandschaft. Aber diese

    Hölle war von Menschen bewohnt. Vom Stiefel

    bis zum Helm von Schlamm überkrustet, mit

    dem halben Leib im Wasser, unausgesetzt die

    Stellung wechselnd, hielten die dünnen Reihen

    der Verteidiger aus. Eng an die Erde gedrückt,

    jede Bewegung vermeidend, um den Augen der

    dicht über ihnen dahinbrausenden Schlachtflieger

    zu entgehen, nur darauf bedacht, Gewehr und

    Maschinengewher vor Nässe und Schmutz zu

    schützen, spannten sie ihre Sinne auf das eine

    Ziel, den Gegner rechtzeitig zu erkennen, wenn

    er angriffe.

    Eine volle Woche dauerte die

    Artillerievorbereitung. Am 31. Juli begann der Sturm.

    Auf nur 25 Kilometer Breite brachen fünfzehn

    englische und französische Divisionen vor, und

    es kam wie es kommen mußte. Stärker als

    alles Material der Welt war die Moral dieser

    in drei Kriegsjahren gehärteten Verteidiger.

    Als der Tag sich neigte, hatten die Engländer

    zwr die beiden Dörfer, Langemard und

    Birschvete dicht hinter der vordersten deutschen Linie

    gewonnen, lagen im übrigen aber fest, während

    ihnen Langemard noch in der gleichen Nacht

    wieder verlorenging. An seinem Dunkte der

    Angriffsfront war ein entscheidender Einbruch

    gelungen. Haig mußte den Angriff aufgeben.

    Trotzdem blieb er seinem Verfahren treu. Für

    Tage erhielt wieder die Artillerie das Wort.

    Erst am 16. August fiel Langemard endgültig an

    den Feind. Immer wieder ließ haig nach

    mehreren Tagen Trommelfeuers seine Infanterie

    antreten, mit wechselndem Erfolge gelang es

    dieser, bald hier, bald dort ein Stückchenaus der

    deutschen Front herauszubrödeln. Aber noch nach

    Wochen befand sich der Engländer immer noch

    n der sumpfigen Talniederung von Zypern, die

    von den Höhenstellungen um Passchendaele aus

    durch die deutsche Artillerie beherrscht wurde.

    Der Marschall Haig sah ein, daß auf diese

    Weise die Angreifer eher verbraucht sein

    würden als die Verteidiger. Er entshcloß sich

    deshalb dazu, durch Ablenkungsangriffe an andern

    Fronten seine Hauptfront zu entlasten. Er wollte

    die deutsche Heeresleitung zwingen, ihre

    Reserven durch Verzettelung zu schwächen. Am

    9. August griff er bei Arras und am 15. bei

    Lens an. Auch die Fanrzosen glaubte er jetzt

    wenigstens zu einigen "Hammerschlägen" in

    Anspruch nehmen zu können. So griff denn Pétain,

    den daran lag, das Selbstvertrauen seiner

    Truppe durch kleinere, erfolgversprechende

    Unternehmungen zu heben, am 20. August auf dem

    alten Kampfgelände von Verdun mit frischen

    Truppen an, und es gelang ihm, die Verteidiger

    bis in ihre alten Ausgangsstellungen

    zurückzudrücken, aus denen Falkenhayn im Frühjahr

    1916 seinen Angriff begonnen hatte. Ein zweiter

    Hammerschlag Pétains gegen die gefärdete

    Laffaur-Ede bei Siffons brachte ebenfalls

    Erfolge. Er führte zum Verlust des Chemin des

    Dames durch die Deutschen.

    Währenddessen ging in Flandern die für

    Angreifer wie Verteidiger gleich verlustreiche

    Schlacht weiter. Nach der Ermattungspause des

    August-Ende begann am 20. September eine

    neue Reihe von Großkampftagen, die den

    Engländer allmählich aus dem Zyperntal auf das

    östliche Höhengelände brachte. In den Kämpfen

    um Paschendaele, Zonnebele, Poelcapelle und

    den Houthulster Wald erreichte das nörderische

    Ringen seinen Höhepunkt an den vier

    Großkampftagen des Oktobers, bis es am 10.

    November in Regen, Nebel und Wasser erlosch.


    Es ist nicht möglich, den Einzelheiten dieser

    fürchterlichsten aller Schlachten nachzuspüren.

    Oder richtiger: diese Schlacht wurde so

    phantasielos und so unerhört stumpfsinnig vom

    Angreifer geführt, daß weder aus Raum noch Zeit

    Ereignisse von Besonderheit entsprangen, de

    dem leser als Wegsteine durch diese Schlacht

    dienen könnten. Gewiß, der Raum wechselte

    langsam nach Osten. Für die Kämpfer hatte das

    aber keine Bedeutung. Denn 8 Kilometer östlich

    sahen die Trichter genau so aus wie am

    Ausgangspunkt des Kampfes. Ausgelöscht waren

    Ortschaften, Wälder, Wasserläufe.

    Und hörte der Raum auf, Raum zu sein, so

    waren Tag und Nacht auch die einzigen Zeichen

    ds Fortgangs der Zeit. Denn die

    Kampfführung hatte sich offenbar von der Zeit gelöst.

    Für den Marschall Haig schien sie keinen Wert

    mehr zu haben. Im Bestz ausreichenden

    Materials und immer noch nicht ernsthaft

    erschöpfter Truppenbestände, infolge gut redigierter

    Siegesnachrichten auch von Kritik und Presse

    unbelästigt, schien er sein Gehirn auf Kammer

    abgegeben und dem Material die selbstständige

    Führung der Schlacht anvertraut zu haben,

    dieser Schlacht, die Fuller "infolge Dummheit

    totgeboren" nennt. So unbedeutend wie ihre

    PLanung und ihre Durchführung war auch ihr Ende.

    Mitte Nvember konnten die Truppen nicht


  • January 4, 2017 13:44:18 Corinna Pichler (AUT)

    [Über S. 100 und S. 101 gelegt eine Doppelseite, S. 241 + S- 243, einer Zeitung]

    Zeitung - S. 241

    Die Schlacht der hundert Tage

    Von Wolf Meyer-Christian

    Die englische Presse liebt es nicht, die

    Erinnerung an englische Niederlagen im

    Weltkriege aufzufrischen. Man würde daher

    vergeblich in englischen Blättern nach einer

    Darstellung jener fürchterlichsten Materialschlacht

    des Weltkrieges suchen, die jetzt vor

    zwanzig Jahren wütete, und die wir die

    Flandernschlacht nenen, währed sie in

    England als Schlacht von Passchendaele

    bekannt oder - besser - seit langem vergessen ist.

    Betrachtete der englische Oberbefehlshaber

    Sir Douglas Haig sie auch als einen

    Sieg, so bedarf es nicht erst langwierige

    Forschungen, und diese Annahme richtigzustellen,

    denn gewisse Zahlen und Tatsachen sprechen

    doch zu sehr für sich selbst. Gewiß, das

    Ergebis der Flandernschlacht war für die

    Engländer ein Geländegewinn von 9 Kilometer Tiefe

    und 20 Kilometer Breite. Doch nun kommt

    das Aber.

    Dieser minimale Erfolg war das Ergebnis

    einer hunderttägigen Schlacht, in der auf der

    Seite der feindlichen Angreifer vier Armeen

    beteiligt waren, nämlich die erste französische und die beglische

    Armee. Diese gewaltige Heeresmacht war

    unterstützt worden durch die bisher ungekannte Zahl

    von 2300 Geschützen aller Kaliber. An Munition

    waren diesen 65 Millionen Kilogramm zur

    Verfügung gestellt worden. Und das alles auf einem

    Gefechtsstreifen von nur etwa 35 Kilometer

    Breite! Nimmt man dazu noch die Tatsache,

    daß die Angreifer ihr Unternehmen mit dem

    Verlust von nicht weniger als 400 000 Mann

    zu bezahlen hatten, dann erscheint das gewaltige

    Mißverhältnis von Einsatz und Erfolg so

    deutlich, daß die Frage von Sieg oder Niederlage

    wahrhaftig zu einem müßigen Wortspiel wird.


    Mit einem Vorspiel begann das Drama. Wo

    sich etwa 10 Kilometer südlich von Zypern die

    flandrische Tiefebene mit den ersten Höhenrücken

    berührt, die bei Messines und Wytschaete eine

    flache Hochebene bilden, waren die deutschen

    Truppen am weitesten vorangekommen. Ihre

    Front bildete hier einen feindwärts gerichteten

    Boge, der jeden Angriff auf ihre Stellungen

    im Raume von Zypern gefährlich flankierte. Daß

    dieser Bogen vor einem Angriff in Flandern

    weggenommen werden mußte, war der englischen


    Karte: Stoßrichtung und Ziel des Angriffs


    Führung völlig klar. Ebenso klar war ihr aber,

    daß Angiffe der üblichen Art hier nur einen

    Brandherd schaffen würden, der mehr Kräfte

    verzehrte, als es das Ziel erlaubte. So

    entschloss man sich, unter die Erde zu gehen.

    Dieser Gedanke lag nahe genug. Seit Jahr und

    Tag hatten an dieser Stelle die MIneuere beider

    Parteien ihre Künste spielen lassen. Gerade in

    letzter Zeit erst war hier der unterirdische

    Stollenkampf etwas zur Ruhe gekommen, so daß

    eine Überraschung Erfolg versprach. In

    anderthalbjähriger Arbeit hatten englische Pioniere

    unter die deutsche Stellung eine Galerie nach

    der andern getrieben, von denen man annehmen

    durfte, daß sie unentdeckt geblieben waren.

    500 000 Kilo Sprengstoff befanden sich unter der

    deutschen Linie, als am 4. Juni 1917 das

    englische Trommelfeuer einsetzte, das die

    Verteidiger von den etzten


    Zeitung - S. 243

    Die Schlacht der hundert Tage

    der Pan eines militärischen Handwerkers, der

    alles dem Material und der größeren Zahl

    überließ und es peinlich vermied, aus den besonderen

    Gegebenheiten des Augenblicks eigne und neue

    Schlüsse zu ziehen.

    Am 22. Juli begann das Spiel. Ein

    Artilleriesturm von einer Wucht, wie sie die Erde noch

    nicht erlebt hatte, brauste über die deutschen

    Stellungen und verwandelte sie, während

    gleichzeitig ein pausenloser Landregen niederging, in

    einen Schlammpfuhl, dessen grundwasser sich

    mit den Fluten zerschossener und aus ihren

    Bahnen gelenkter Bäche und Kanäle mischte. Nach

    wenigen Tagen war kein Graben mehr zu

    erkennen. Von Hunderttausenden von Granaten

    aller Kaliber über und über gepflügt, wurde

    aus dem Verteidigungssystem eine ständig ihr

    Bild ändernde Trichterlandschaft. Aber diese

    Hölle war von Menschen bewohnt. Vom Stiefel

    bis zum Helm von Schlamm überkrustet, mit

    dem halben Leib im Wasser, unausgesetzt die

    Stellung wechselnd, hielten die dünnen Reihen

    der Verteidiger aus. Eng an die Erde gedrückt,

    jede Bewegung vermeidend, um den Augen der

    dicht über ihnen dahinbrausenden Schlachtflieger

    zu entgehen, nur darauf bedacht, Gewehr und

    Maschinengewher vor Nässe und Schmutz zu

    schützen, spannten sie ihre Sinne auf das eine

    Ziel, den Gegner rechtzeitig zu erkennen, wenn

    er angriffe.

    Eine volle Woche dauerte die

    Artillerievorbereitung. Am 31. Juli begann der Sturm.

    Auf nur 25 Kilometer Breite brachen fünfzehn

    englische und französische Divisionen vor, und

    es kam wie es kommen mußte. Stärker als

    alles Material der Welt war die Moral dieser

    in drei Kriegsjahren gehärteten Verteidiger.

    Als der Tag sich neigte, hatten die Engländer

    zwr die beiden Dörfer, Langemard und

    Birschvete dicht hinter der vordersten deutschen Linie

    gewonnen, lagen im übrigen aber fest, während

    ihnen Langemard noch in der gleichen Nacht

    wieder verlorenging. An seinem Dunkte der

    Angriffsfront war ein entscheidender Einbruch

    gelungen. Haig mußte den Angriff aufgeben.

    Trotzdem blieb er seinem Verfahren treu. Für

    Tage erhielt wieder die Artillerie das Wort.

    Erst am 16. August fiel Langemard endgültig an

    den Feind. Immer wieder ließ haig nach

    mehreren Tagen Trommelfeuers seine Infanterie

    antreten, mit wechselndem Erfolge gelang es

    dieser, bald hier, bald dort ein Stückchenaus der

    deutschen Front herauszubrödeln. Aber noch nach

    Wochen befand sich der Engländer immer noch

    n der sumpfigen Talniederung von Zypern, die

    von den Höhenstellungen um Passchendaele aus

    durch die deutsche Artillerie beherrscht wurde.

    Der Marschall Haig sah ein, daß auf diese

    Weise die Angreifer eher verbraucht sein

    würden als die Verteidiger. Er entshcloß sich

    deshalb dazu, durch Ablenkungsangriffe an andern

    Fronten seine Hauptfront zu entlasten. Er wollte

    die deutsche Heeresleitung zwingen, ihre

    Reserven durch Verzettelung zu schwächen. Am

    9. August griff er bei Arras und am 15. bei

    Lens an. Auch die Fanrzosen glaubte er jetzt

    wenigstens zu einigen "Hammerschlägen" in

    Anspruch nehmen zu können. So griff denn Pétain,

    den daran lag, das Selbstvertrauen seiner

    Truppe durch kleinere, erfolgversprechende

    Unternehmungen zu heben, am 20. August auf dem

    alten Kampfgelände von Verdun mit frischen

    Truppen an, und es gelang ihm, die Verteidiger

    bis in ihre alten Ausgangsstellungen

    zurückzudrücken, aus denen Falkenhayn im Frühjahr

    1916 seinen Angriff begonnen hatte. Ein zweiter

    Hammerschlag Pétains gegen die gefärdete

    Laffaur-Ede bei Siffons brachte ebenfalls

    Erfolge. Er führte zum Verlust des Chemin des

    Dames durch die Deutschen.

    Währenddessen ging in Flandern die für

    Angreifer wie Verteidiger gleich verlustreiche

    Schlacht weiter. Nach der Ermattungspause des

    August-Ende begann am 20. September eine

    neue Reihe von Großkampftagen, die den

    Engländer allmählich aus dem Zyperntal auf das

    östliche Höhengelände brachte. In den Kämpfen

    um Paschendaele, Zonnebele, Poelcapelle und

    den Houthulster Wald erreichte das nörderische

    Ringen seinen Höhepunkt an den vier

    Großkampftagen des Oktobers, bis es am 10.

    November in Regen, Nebel und Wasser erlosch.


    Es ist nicht möglich, den Einzelheiten dieser

    fürchterlichsten aller Schlachten nachzuspüren.

    Oder richtiger: diese Schlacht wurde so

    phantasielos und so unerhört stumpfsinnig vom

    Angreifer geführt, daß weder aus Raum noch Zeit

    Ereignisse von Besonderheit entsprangen, de

    dem leser als Wegsteine durch diese Schlacht

    dienen könnten. Gewiß, der Raum wechselte

    langsam nach Osten. Für die Kämpfer hatte das

    aber keine Bedeutung. Denn 8 Kilometer östlich

    sahen die Trichter genau so aus wie am

    Ausgangspunkt des Kampfes. Ausgelöscht waren

    Ortschaften, Wälder, Wasserläufe.

    Und hörte der Raum auf, Raum zu sein, so

    waren Tag und Nacht auch die einzigen Zeichen

    ds Fortgangs der Zeit. Denn die

    Kampfführung hatte sich offenbar von der Zeit gelöst.

    Für den Marschall Haig schien sie keinen Wert

    mehr zu haben. Im Bestz ausreichenden

    Materials und immer noch nicht ernsthaft

    erschöpfter Truppenbestände, infolge gut redigierter

    Siegesnachrichten auch von Kritik und Presse

    unbelästigt, schien er sein Gehirn auf Kammer

    abgegeben und dem Material die selbstständige

    Führung der Schlacht anvertraut zu haben,

    dieser Schlacht, die Fuller "infolge Dummheit

    totgeboren" nennt. So unbedeutend wie ihre

    PLanung und ihre Durchführung war auch ihr Ende.

    Mitte Nvember konnten die Truppen nicht


  • January 4, 2017 13:42:07 Corinna Pichler (AUT)

    [Über S. 100 und S. 101 gelegt eine Doppelseite, S. 241 + S- 243, einer Zeitung]

    Zeitung - S. 241

    Die Schlacht der hundert Tage

    Von Wolf Meyer-Christian

    Die englische Presse liebt es nicht, die

    Erinnerung an englische Niederlagen im

    Weltkriege aufzufrischen. Man würde daher

    vergeblich in englischen Blättern nach einer

    Darstellung jener fürchterlichsten Materialschlacht

    des Weltkrieges suchen, die jetzt vor

    zwanzig Jahren wütete, und die wir die

    Flandernschlacht nenen, währed sie in

    England als Schlacht von Passchendaele

    bekannt oder - besser - seit langem vergessen ist.

    Betrachtete der englische Oberbefehlshaber

    Sir Douglas Haig sie auch als einen

    Sieg, so bedarf es nicht erst langwierige

    Forschungen, und diese Annahme richtigzustellen,

    denn gewisse Zahlen und Tatsachen sprechen

    doch zu sehr für sich selbst. Gewiß, das

    Ergebis der Flandernschlacht war für die

    Engländer ein Geländegewinn von 9 Kilometer Tiefe

    und 20 Kilometer Breite. Doch nun kommt

    das Aber.

    Dieser minimale Erfolg war das Ergebnis

    einer hunderttägigen Schlacht, in der auf der

    Seite der feindlichen Angreifer vier Armeen

    beteiligt waren, nämlich die erste französische und die beglische

    Armee. Diese gewaltige Heeresmacht war

    unterstützt worden durch die bisher ungekannte Zahl

    von 2300 Geschützen aller Kaliber. An Munition

    waren diesen 65 Millionen Kilogramm zur

    Verfügung gestellt worden. Und das alles auf einem

    Gefechtsstreifen von nur etwa 35 Kilometer

    Breite! Nimmt man dazu noch die Tatsache,

    daß die Angreifer ihr Unternehmen mit dem

    Verlust von nicht weniger als 400 000 Mann

    zu bezahlen hatten, dann erscheint das gewaltige

    Mißverhältnis von Einsatz und Erfolg so

    deutlich, daß die Frage von Sieg oder Niederlage

    wahrhaftig zu einem müßigen Wortspiel wird.


    Mit einem Vorspiel begann das Drama. Wo

    sich etwa 10 Kilometer südlich von Zypern die

    flandrische Tiefebene mit den ersten Höhenrücken

    berührt, die bei Messines und Wytschaete eine

    flache Hochebene bilden, waren die deutschen

    Truppen am weitesten vorangekommen. Ihre

    Front bildete hier einen feindwärts gerichteten

    Boge, der jeden Angriff auf ihre Stellungen

    im Raume von Zypern gefährlich flankierte. Daß

    dieser Bogen vor einem Angriff in Flandern

    weggenommen werden mußte, war der englischen


    Karte: Stoßrichtung und Ziel des Angriffs


    Führung völlig klar. Ebenso klar war ihr aber,

    daß Angiffe der üblichen Art hier nur einen

    Brandherd schaffen würden, der mehr Kräfte

    verzehrte, als es das Ziel erlaubte. So

    ent


    Zeitung - S. 243

    Die Schlacht der hundert Tage

    der Pan eines militärischen Handwerkers, der

    alles dem Material und der größeren Zahl

    überließ und es peinlich vermied, aus den besonderen

    Gegebenheiten des Augenblicks eigne und neue

    Schlüsse zu ziehen.

    Am 22. Juli begann das Spiel. Ein

    Artilleriesturm von einer Wucht, wie sie die Erde noch

    nicht erlebt hatte, brauste über die deutschen

    Stellungen und verwandelte sie, während

    gleichzeitig ein pausenloser Landregen niederging, in

    einen Schlammpfuhl, dessen grundwasser sich

    mit den Fluten zerschossener und aus ihren

    Bahnen gelenkter Bäche und Kanäle mischte. Nach

    wenigen Tagen war kein Graben mehr zu

    erkennen. Von Hunderttausenden von Granaten

    aller Kaliber über und über gepflügt, wurde

    aus dem Verteidigungssystem eine ständig ihr

    Bild ändernde Trichterlandschaft. Aber diese

    Hölle war von Menschen bewohnt. Vom Stiefel

    bis zum Helm von Schlamm überkrustet, mit

    dem halben Leib im Wasser, unausgesetzt die

    Stellung wechselnd, hielten die dünnen Reihen

    der Verteidiger aus. Eng an die Erde gedrückt,

    jede Bewegung vermeidend, um den Augen der

    dicht über ihnen dahinbrausenden Schlachtflieger

    zu entgehen, nur darauf bedacht, Gewehr und

    Maschinengewher vor Nässe und Schmutz zu

    schützen, spannten sie ihre Sinne auf das eine

    Ziel, den Gegner rechtzeitig zu erkennen, wenn

    er angriffe.

    Eine volle Woche dauerte die

    Artillerievorbereitung. Am 31. Juli begann der Sturm.

    Auf nur 25 Kilometer Breite brachen fünfzehn

    englische und französische Divisionen vor, und

    es kam wie es kommen mußte. Stärker als

    alles Material der Welt war die Moral dieser

    in drei Kriegsjahren gehärteten Verteidiger.

    Als der Tag sich neigte, hatten die Engländer

    zwr die beiden Dörfer, Langemard und

    Birschvete dicht hinter der vordersten deutschen Linie

    gewonnen, lagen im übrigen aber fest, während

    ihnen Langemard noch in der gleichen Nacht

    wieder verlorenging. An seinem Dunkte der

    Angriffsfront war ein entscheidender Einbruch

    gelungen. Haig mußte den Angriff aufgeben.

    Trotzdem blieb er seinem Verfahren treu. Für

    Tage erhielt wieder die Artillerie das Wort.

    Erst am 16. August fiel Langemard endgültig an

    den Feind. Immer wieder ließ haig nach

    mehreren Tagen Trommelfeuers seine Infanterie

    antreten, mit wechselndem Erfolge gelang es

    dieser, bald hier, bald dort ein Stückchenaus der

    deutschen Front herauszubrödeln. Aber noch nach

    Wochen befand sich der Engländer immer noch

    n der sumpfigen Talniederung von Zypern, die

    von den Höhenstellungen um Passchendaele aus

    durch die deutsche Artillerie beherrscht wurde.

    Der Marschall Haig sah ein, daß auf diese

    Weise die Angreifer eher verbraucht sein

    würden als die Verteidiger. Er entshcloß sich

    deshalb dazu, durch Ablenkungsangriffe an andern

    Fronten seine Hauptfront zu entlasten. Er wollte

    die deutsche Heeresleitung zwingen, ihre

    Reserven durch Verzettelung zu schwächen. Am

    9. August griff er bei Arras und am 15. bei

    Lens an. Auch die Fanrzosen glaubte er jetzt

    wenigstens zu einigen "Hammerschlägen" in

    Anspruch nehmen zu können. So griff denn Pétain,

    den daran lag, das Selbstvertrauen seiner

    Truppe durch kleinere, erfolgversprechende

    Unternehmungen zu heben, am 20. August auf dem

    alten Kampfgelände von Verdun mit frischen

    Truppen an, und es gelang ihm, die Verteidiger

    bis in ihre alten Ausgangsstellungen

    zurückzudrücken, aus denen Falkenhayn im Frühjahr

    1916 seinen Angriff begonnen hatte. Ein zweiter

    Hammerschlag Pétains gegen die gefärdete

    Laffaur-Ede bei Siffons brachte ebenfalls

    Erfolge. Er führte zum Verlust des Chemin des

    Dames durch die Deutschen.

    Währenddessen ging in Flandern die für

    Angreifer wie Verteidiger gleich verlustreiche

    Schlacht weiter. Nach der Ermattungspause des

    August-Ende begann am 20. September eine

    neue Reihe von Großkampftagen, die den

    Engländer allmählich aus dem Zyperntal auf das

    östliche Höhengelände brachte. In den Kämpfen

    um Paschendaele, Zonnebele, Poelcapelle und

    den Houthulster Wald erreichte das nörderische

    Ringen seinen Höhepunkt an den vier

    Großkampftagen des Oktobers, bis es am 10.

    November in Regen, Nebel und Wasser erlosch.


    Es ist nicht möglich, den Einzelheiten dieser

    fürchterlichsten aller Schlachten nachzuspüren.

    Oder richtiger: diese Schlacht wurde so

    phantasielos und so unerhört stumpfsinnig vom

    Angreifer geführt, daß weder aus Raum noch Zeit

    Ereignisse von Besonderheit entsprangen, de

    dem leser als Wegsteine durch diese Schlacht

    dienen könnten. Gewiß, der Raum wechselte

    langsam nach Osten. Für die Kämpfer hatte das

    aber keine Bedeutung. Denn 8 Kilometer östlich

    sahen die Trichter genau so aus wie am

    Ausgangspunkt des Kampfes. Ausgelöscht waren

    Ortschaften, Wälder, Wasserläufe.

    Und hörte der Raum auf, Raum zu sein, so

    waren Tag und Nacht auch die einzigen Zeichen

    ds Fortgangs der Zeit. Denn die

    Kampfführung hatte sich offenbar von der Zeit gelöst.

    Für den Marschall Haig schien sie keinen Wert

    mehr zu haben. Im Bestz ausreichenden

    Materials und immer noch nicht ernsthaft

    erschöpfter Truppenbestände, infolge gut redigierter

    Siegesnachrichten auch von Kritik und Presse

    unbelästigt, schien er sein Gehirn auf Kammer

    abgegeben und dem Material die selbstständige

    Führung der Schlacht anvertraut zu haben,

    dieser Schlacht, die Fuller "infolge Dummheit

    totgeboren" nennt. So unbedeutend wie ihre

    PLanung und ihre Durchführung war auch ihr Ende.

    Mitte Nvember konnten die Truppen nicht


  • January 4, 2017 13:40:09 Corinna Pichler (AUT)

    [Über S. 100 und S. 101 gelegt eine Doppelseite, S. 241 + S- 243, einer Zeitung]

    Zeitung - S. 241

    Die Schlacht der hundert Tage

    Von Wolf Meyer-Christian

    Die englische Presse liebt es nicht, die

    Erinnerung an englische Niederlagen im

    Weltkriege aufzufrischen. Man würde daher

    vergeblich in englischen Blättern nach einer

    Darstellung jener fürchterlichsten Materialschlacht

    des Weltkrieges suchen, die jetzt vor

    zwanzig Jahren wütete, und die wir die

    Flandernschlacht nenen, währed sie in

    England als Schlacht von Passchendaele

    bekannt oder - besser - seit langem vergessen ist.

    Betrachtete der englische Oberbefehlshaber

    Sir Douglas Haig sie auch als einen

    Sieg, so bedarf es nicht erst langwierige

    Forschungen, und diese Annahme richtigzustellen,

    denn gewisse Zahlen und Tatsachen sprechen

    doch zu sehr für sich selbst. Gewiß, das

    Ergebis der Flandernschlacht war für die

    Engländer ein Geländegewinn von 9 Kilometer Tiefe

    und 20 Kilometer Breite. Doch nun kommt

    das Aber.

    Dieser minimale Erfolg war das Ergebnis

    einer hunderttägigen Schlacht, in der auf der

    Seite der feindlichen Angreifer vier Armeen

    beteiligt waren, nämlich die erste französische und die beglische

    Armee. Diese gewaltige Heeresmacht war

    unterstützt worden durch die bisher ungekannte Zahl

    von 2300 Geschützen aller Kaliber. An Munition

    waren diesen 65 Millionen Kilogramm zur

    Verfügung gestellt worden. Und das alles auf einem

    Gefechtsstreifen von nur etwa 35 Kilometer

    Breite! Nimmt man dazu noch die Tatsache,

    daß die Angreifer ihr Unternehmen mit dem

    Verlust von nicht weniger als 400 000 Mann

    zu bezahlen hatten, dann erscheint das gewaltige

    Mißverhältnis von Einsatz und Erfolg so

    deutlich, daß die Frage von Sieg oder Niederlage

    wahrhaftig zu einem müßigen Wortspiel wird.


    Mit einem Vorspiel begann das Drama. Wo

    sich etwa 10 Kilometer südlich von Zypern die

    flandrische Tiefebene mit den ersten Höhenrücken

    berührt, die bei Messines und Wytschaete eine

    flache Hochebene bilden, waren die deutschen


    Zeitung - S. 243

    Die Schlacht der hundert Tage

    der Pan eines militärischen Handwerkers, der

    alles dem Material und der größeren Zahl

    überließ und es peinlich vermied, aus den besonderen

    Gegebenheiten des Augenblicks eigne und neue

    Schlüsse zu ziehen.

    Am 22. Juli begann das Spiel. Ein

    Artilleriesturm von einer Wucht, wie sie die Erde noch

    nicht erlebt hatte, brauste über die deutschen

    Stellungen und verwandelte sie, während

    gleichzeitig ein pausenloser Landregen niederging, in

    einen Schlammpfuhl, dessen grundwasser sich

    mit den Fluten zerschossener und aus ihren

    Bahnen gelenkter Bäche und Kanäle mischte. Nach

    wenigen Tagen war kein Graben mehr zu

    erkennen. Von Hunderttausenden von Granaten

    aller Kaliber über und über gepflügt, wurde

    aus dem Verteidigungssystem eine ständig ihr

    Bild ändernde Trichterlandschaft. Aber diese

    Hölle war von Menschen bewohnt. Vom Stiefel

    bis zum Helm von Schlamm überkrustet, mit

    dem halben Leib im Wasser, unausgesetzt die

    Stellung wechselnd, hielten die dünnen Reihen

    der Verteidiger aus. Eng an die Erde gedrückt,

    jede Bewegung vermeidend, um den Augen der

    dicht über ihnen dahinbrausenden Schlachtflieger

    zu entgehen, nur darauf bedacht, Gewehr und

    Maschinengewher vor Nässe und Schmutz zu

    schützen, spannten sie ihre Sinne auf das eine

    Ziel, den Gegner rechtzeitig zu erkennen, wenn

    er angriffe.

    Eine volle Woche dauerte die

    Artillerievorbereitung. Am 31. Juli begann der Sturm.

    Auf nur 25 Kilometer Breite brachen fünfzehn

    englische und französische Divisionen vor, und

    es kam wie es kommen mußte. Stärker als

    alles Material der Welt war die Moral dieser

    in drei Kriegsjahren gehärteten Verteidiger.

    Als der Tag sich neigte, hatten die Engländer

    zwr die beiden Dörfer, Langemard und

    Birschvete dicht hinter der vordersten deutschen Linie

    gewonnen, lagen im übrigen aber fest, während

    ihnen Langemard noch in der gleichen Nacht

    wieder verlorenging. An seinem Dunkte der

    Angriffsfront war ein entscheidender Einbruch

    gelungen. Haig mußte den Angriff aufgeben.

    Trotzdem blieb er seinem Verfahren treu. Für

    Tage erhielt wieder die Artillerie das Wort.

    Erst am 16. August fiel Langemard endgültig an

    den Feind. Immer wieder ließ haig nach

    mehreren Tagen Trommelfeuers seine Infanterie

    antreten, mit wechselndem Erfolge gelang es

    dieser, bald hier, bald dort ein Stückchenaus der

    deutschen Front herauszubrödeln. Aber noch nach

    Wochen befand sich der Engländer immer noch

    n der sumpfigen Talniederung von Zypern, die

    von den Höhenstellungen um Passchendaele aus

    durch die deutsche Artillerie beherrscht wurde.

    Der Marschall Haig sah ein, daß auf diese

    Weise die Angreifer eher verbraucht sein

    würden als die Verteidiger. Er entshcloß sich

    deshalb dazu, durch Ablenkungsangriffe an andern

    Fronten seine Hauptfront zu entlasten. Er wollte

    die deutsche Heeresleitung zwingen, ihre

    Reserven durch Verzettelung zu schwächen. Am

    9. August griff er bei Arras und am 15. bei

    Lens an. Auch die Fanrzosen glaubte er jetzt

    wenigstens zu einigen "Hammerschlägen" in

    Anspruch nehmen zu können. So griff denn Pétain,

    den daran lag, das Selbstvertrauen seiner

    Truppe durch kleinere, erfolgversprechende

    Unternehmungen zu heben, am 20. August auf dem

    alten Kampfgelände von Verdun mit frischen

    Truppen an, und es gelang ihm, die Verteidiger

    bis in ihre alten Ausgangsstellungen

    zurückzudrücken, aus denen Falkenhayn im Frühjahr

    1916 seinen Angriff begonnen hatte. Ein zweiter

    Hammerschlag Pétains gegen die gefärdete

    Laffaur-Ede bei Siffons brachte ebenfalls

    Erfolge. Er führte zum Verlust des Chemin des

    Dames durch die Deutschen.

    Währenddessen ging in Flandern die für

    Angreifer wie Verteidiger gleich verlustreiche

    Schlacht weiter. Nach der Ermattungspause des

    August-Ende begann am 20. September eine

    neue Reihe von Großkampftagen, die den

    Engländer allmählich aus dem Zyperntal auf das

    östliche Höhengelände brachte. In den Kämpfen

    um Paschendaele, Zonnebele, Poelcapelle und

    den Houthulster Wald erreichte das nörderische

    Ringen seinen Höhepunkt an den vier

    Großkampftagen des Oktobers, bis es am 10.

    November in Regen, Nebel und Wasser erlosch.


    Es ist nicht möglich, den Einzelheiten dieser

    fürchterlichsten aller Schlachten nachzuspüren.

    Oder richtiger: diese Schlacht wurde so

    phantasielos und so unerhört stumpfsinnig vom

    Angreifer geführt, daß weder aus Raum noch Zeit

    Ereignisse von Besonderheit entsprangen, de

    dem leser als Wegsteine durch diese Schlacht

    dienen könnten. Gewiß, der Raum wechselte

    langsam nach Osten. Für die Kämpfer hatte das

    aber keine Bedeutung. Denn 8 Kilometer östlich

    sahen die Trichter genau so aus wie am

    Ausgangspunkt des Kampfes. Ausgelöscht waren

    Ortschaften, Wälder, Wasserläufe.

    Und hörte der Raum auf, Raum zu sein, so

    waren Tag und Nacht auch die einzigen Zeichen

    ds Fortgangs der Zeit. Denn die

    Kampfführung hatte sich offenbar von der Zeit gelöst.

    Für den Marschall Haig schien sie keinen Wert

    mehr zu haben. Im Bestz ausreichenden

    Materials und immer noch nicht ernsthaft

    erschöpfter Truppenbestände, infolge gut redigierter

    Siegesnachrichten auch von Kritik und Presse

    unbelästigt, schien er sein Gehirn auf Kammer

    abgegeben und dem Material die selbstständige

    Führung der Schlacht anvertraut zu haben,

    dieser Schlacht, die Fuller "infolge Dummheit

    totgeboren" nennt. So unbedeutend wie ihre

    PLanung und ihre Durchführung war auch ihr Ende.

    Mitte Nvember konnten die Truppen nicht


  • January 4, 2017 13:37:27 Corinna Pichler (AUT)

    [Über S. 100 und S. 101 gelegt eine Doppelseite, S. 241 + S- 243, einer Zeitung]

    Zeitung - S. 241

    Die Schlacht der hundert Tage

    Von Wolf Meyer-Christian

    Die englische Presse liebt es nicht, die

    Erinnerung an englische Niederlagen im

    Weltkriege aufzufrischen. Man würde daher

    vergeblich in englischen Blättern nach einer

    Darstellung jener fürchterlichsten Materialschlacht

    des Weltkrieges suchen, die jetzt vor

    zwanzig Jahren wütete, und die wir die

    Flandernschlacht nenen, währed sie in

    England als Schlacht von Passchendaele

    bekannt oder - besser - seit langem vergessen ist.

    Betrachtete der englische Oberbefehlshaber

    Sir Douglas Haig sie auch als einen

    Sieg, so bedarf es nicht erst langwierige

    Forschungen, und diese Annahme richtigzustellen,

    denn gewisse Zahlen und Tatsachen sprechen

    doch zu sehr für sich selbst. Gewiß, das

    Ergebis der Flandernschlacht war für die

    Engländer ein Geländegewinn von 9 Kilometer Tiefe

    und 20 Kilometer Breite. Doch nun kommt

    das Aber.

    Dieser minimale Erfolg war das Ergebnis

    einer hunderttägigen Schlacht, in der auf der

    Seite der feindlichen Angreifer vier Armeen

    beteiligt waren, nämlich die erste französische und die beglische

    Armee. Diese gewaltige Heeresmacht war

    unterstützt worden durch die bisher ungekannte Zahl

    von 2300 Geschützen aller Kaliber. An Munition

    waren diesen 65 Millionen Kilogramm zur

    Verfügung gestellt worden. Und das alles auf einem

    Gefechtsstreifen von nur etwa 35 Kilometer


    Zeitung - S. 243

    Die Schlacht der hundert Tage

    der Pan eines militärischen Handwerkers, der

    alles dem Material und der größeren Zahl

    überließ und es peinlich vermied, aus den besonderen

    Gegebenheiten des Augenblicks eigne und neue

    Schlüsse zu ziehen.

    Am 22. Juli begann das Spiel. Ein

    Artilleriesturm von einer Wucht, wie sie die Erde noch

    nicht erlebt hatte, brauste über die deutschen

    Stellungen und verwandelte sie, während

    gleichzeitig ein pausenloser Landregen niederging, in

    einen Schlammpfuhl, dessen grundwasser sich

    mit den Fluten zerschossener und aus ihren

    Bahnen gelenkter Bäche und Kanäle mischte. Nach

    wenigen Tagen war kein Graben mehr zu

    erkennen. Von Hunderttausenden von Granaten

    aller Kaliber über und über gepflügt, wurde

    aus dem Verteidigungssystem eine ständig ihr

    Bild ändernde Trichterlandschaft. Aber diese

    Hölle war von Menschen bewohnt. Vom Stiefel

    bis zum Helm von Schlamm überkrustet, mit

    dem halben Leib im Wasser, unausgesetzt die

    Stellung wechselnd, hielten die dünnen Reihen

    der Verteidiger aus. Eng an die Erde gedrückt,

    jede Bewegung vermeidend, um den Augen der

    dicht über ihnen dahinbrausenden Schlachtflieger

    zu entgehen, nur darauf bedacht, Gewehr und

    Maschinengewher vor Nässe und Schmutz zu

    schützen, spannten sie ihre Sinne auf das eine

    Ziel, den Gegner rechtzeitig zu erkennen, wenn

    er angriffe.

    Eine volle Woche dauerte die

    Artillerievorbereitung. Am 31. Juli begann der Sturm.

    Auf nur 25 Kilometer Breite brachen fünfzehn

    englische und französische Divisionen vor, und

    es kam wie es kommen mußte. Stärker als

    alles Material der Welt war die Moral dieser

    in drei Kriegsjahren gehärteten Verteidiger.

    Als der Tag sich neigte, hatten die Engländer

    zwr die beiden Dörfer, Langemard und

    Birschvete dicht hinter der vordersten deutschen Linie

    gewonnen, lagen im übrigen aber fest, während

    ihnen Langemard noch in der gleichen Nacht

    wieder verlorenging. An seinem Dunkte der

    Angriffsfront war ein entscheidender Einbruch

    gelungen. Haig mußte den Angriff aufgeben.

    Trotzdem blieb er seinem Verfahren treu. Für

    Tage erhielt wieder die Artillerie das Wort.

    Erst am 16. August fiel Langemard endgültig an

    den Feind. Immer wieder ließ haig nach

    mehreren Tagen Trommelfeuers seine Infanterie

    antreten, mit wechselndem Erfolge gelang es

    dieser, bald hier, bald dort ein Stückchenaus der

    deutschen Front herauszubrödeln. Aber noch nach

    Wochen befand sich der Engländer immer noch

    n der sumpfigen Talniederung von Zypern, die

    von den Höhenstellungen um Passchendaele aus

    durch die deutsche Artillerie beherrscht wurde.

    Der Marschall Haig sah ein, daß auf diese

    Weise die Angreifer eher verbraucht sein

    würden als die Verteidiger. Er entshcloß sich

    deshalb dazu, durch Ablenkungsangriffe an andern

    Fronten seine Hauptfront zu entlasten. Er wollte

    die deutsche Heeresleitung zwingen, ihre

    Reserven durch Verzettelung zu schwächen. Am

    9. August griff er bei Arras und am 15. bei

    Lens an. Auch die Fanrzosen glaubte er jetzt

    wenigstens zu einigen "Hammerschlägen" in

    Anspruch nehmen zu können. So griff denn Pétain,

    den daran lag, das Selbstvertrauen seiner

    Truppe durch kleinere, erfolgversprechende

    Unternehmungen zu heben, am 20. August auf dem

    alten Kampfgelände von Verdun mit frischen

    Truppen an, und es gelang ihm, die Verteidiger

    bis in ihre alten Ausgangsstellungen

    zurückzudrücken, aus denen Falkenhayn im Frühjahr

    1916 seinen Angriff begonnen hatte. Ein zweiter

    Hammerschlag Pétains gegen die gefärdete

    Laffaur-Ede bei Siffons brachte ebenfalls

    Erfolge. Er führte zum Verlust des Chemin des

    Dames durch die Deutschen.

    Währenddessen ging in Flandern die für

    Angreifer wie Verteidiger gleich verlustreiche

    Schlacht weiter. Nach der Ermattungspause des

    August-Ende begann am 20. September eine

    neue Reihe von Großkampftagen, die den

    Engländer allmählich aus dem Zyperntal auf das

    östliche Höhengelände brachte. In den Kämpfen

    um Paschendaele, Zonnebele, Poelcapelle und

    den Houthulster Wald erreichte das nörderische

    Ringen seinen Höhepunkt an den vier

    Großkampftagen des Oktobers, bis es am 10.

    November in Regen, Nebel und Wasser erlosch.


    Es ist nicht möglich, den Einzelheiten dieser

    fürchterlichsten aller Schlachten nachzuspüren.

    Oder richtiger: diese Schlacht wurde so

    phantasielos und so unerhört stumpfsinnig vom

    Angreifer geführt, daß weder aus Raum noch Zeit

    Ereignisse von Besonderheit entsprangen, de

    dem leser als Wegsteine durch diese Schlacht

    dienen könnten. Gewiß, der Raum wechselte

    langsam nach Osten. Für die Kämpfer hatte das

    aber keine Bedeutung. Denn 8 Kilometer östlich

    sahen die Trichter genau so aus wie am

    Ausgangspunkt des Kampfes. Ausgelöscht waren

    Ortschaften, Wälder, Wasserläufe.

    Und hörte der Raum auf, Raum zu sein, so

    waren Tag und Nacht auch die einzigen Zeichen

    ds Fortgangs der Zeit. Denn die

    Kampfführung hatte sich offenbar von der Zeit gelöst.

    Für den Marschall Haig schien sie keinen Wert

    mehr zu haben. Im Bestz ausreichenden

    Materials und immer noch nicht ernsthaft

    erschöpfter Truppenbestände, infolge gut redigierter

    Siegesnachrichten auch von Kritik und Presse

    unbelästigt, schien er sein Gehirn auf Kammer

    abgegeben und dem Material die selbstständige

    Führung der Schlacht anvertraut zu haben,

    dieser Schlacht, die Fuller "infolge Dummheit

    totgeboren" nennt. So unbedeutend wie ihre

    PLanung und ihre Durchführung war auch ihr Ende.

    Mitte Nvember konnten die Truppen nicht


  • January 4, 2017 13:35:15 Corinna Pichler (AUT)

    [Über S. 100 und S. 101 gelegt eine Doppelseite, S. 241 + S- 243, einer Zeitung]

    Zeitung - S. 241

    Die Schlacht der hundert Tage

    Von Wolf Meyer-Christian

    Die englische Presse liebt es nicht, die

    Erinnerung an englische Niederlagen im

    Weltkriege aufzufrischen. Man würde daher

    vergeblich in englischen Blättern nach einer

    Darstellung jener fürchterlichsten Materialschlacht

    des Weltkrieges suchen, die jetzt vor

    zwanzig Jahren wütete, und die wir die

    Flandernschlacht nenen, währed sie in

    England als Schlacht von Passchendaele

    bekannt oder - besser - seit langem vergessen ist.

    Betrachtete der englische Oberbefehlshaber

    Sir Douglas Haig sie auch als einen

    Sieg, so bedarf es nicht erst langwierige

    Forschungen, und diese Annahme richtigzustellen,

    denn gewisse Zahlen und Tatsachen sprechen

    doch zu sehr für sich selbst.


    Zeitung - S. 243

    Die Schlacht der hundert Tage

    der Pan eines militärischen Handwerkers, der

    alles dem Material und der größeren Zahl

    überließ und es peinlich vermied, aus den besonderen

    Gegebenheiten des Augenblicks eigne und neue

    Schlüsse zu ziehen.

    Am 22. Juli begann das Spiel. Ein

    Artilleriesturm von einer Wucht, wie sie die Erde noch

    nicht erlebt hatte, brauste über die deutschen

    Stellungen und verwandelte sie, während

    gleichzeitig ein pausenloser Landregen niederging, in

    einen Schlammpfuhl, dessen grundwasser sich

    mit den Fluten zerschossener und aus ihren

    Bahnen gelenkter Bäche und Kanäle mischte. Nach

    wenigen Tagen war kein Graben mehr zu

    erkennen. Von Hunderttausenden von Granaten

    aller Kaliber über und über gepflügt, wurde

    aus dem Verteidigungssystem eine ständig ihr

    Bild ändernde Trichterlandschaft. Aber diese

    Hölle war von Menschen bewohnt. Vom Stiefel

    bis zum Helm von Schlamm überkrustet, mit

    dem halben Leib im Wasser, unausgesetzt die

    Stellung wechselnd, hielten die dünnen Reihen

    der Verteidiger aus. Eng an die Erde gedrückt,

    jede Bewegung vermeidend, um den Augen der

    dicht über ihnen dahinbrausenden Schlachtflieger

    zu entgehen, nur darauf bedacht, Gewehr und

    Maschinengewher vor Nässe und Schmutz zu

    schützen, spannten sie ihre Sinne auf das eine

    Ziel, den Gegner rechtzeitig zu erkennen, wenn

    er angriffe.

    Eine volle Woche dauerte die

    Artillerievorbereitung. Am 31. Juli begann der Sturm.

    Auf nur 25 Kilometer Breite brachen fünfzehn

    englische und französische Divisionen vor, und

    es kam wie es kommen mußte. Stärker als

    alles Material der Welt war die Moral dieser

    in drei Kriegsjahren gehärteten Verteidiger.

    Als der Tag sich neigte, hatten die Engländer

    zwr die beiden Dörfer, Langemard und

    Birschvete dicht hinter der vordersten deutschen Linie

    gewonnen, lagen im übrigen aber fest, während

    ihnen Langemard noch in der gleichen Nacht

    wieder verlorenging. An seinem Dunkte der

    Angriffsfront war ein entscheidender Einbruch

    gelungen. Haig mußte den Angriff aufgeben.

    Trotzdem blieb er seinem Verfahren treu. Für

    Tage erhielt wieder die Artillerie das Wort.

    Erst am 16. August fiel Langemard endgültig an

    den Feind. Immer wieder ließ haig nach

    mehreren Tagen Trommelfeuers seine Infanterie

    antreten, mit wechselndem Erfolge gelang es

    dieser, bald hier, bald dort ein Stückchenaus der

    deutschen Front herauszubrödeln. Aber noch nach

    Wochen befand sich der Engländer immer noch

    n der sumpfigen Talniederung von Zypern, die

    von den Höhenstellungen um Passchendaele aus

    durch die deutsche Artillerie beherrscht wurde.

    Der Marschall Haig sah ein, daß auf diese

    Weise die Angreifer eher verbraucht sein

    würden als die Verteidiger. Er entshcloß sich

    deshalb dazu, durch Ablenkungsangriffe an andern

    Fronten seine Hauptfront zu entlasten. Er wollte

    die deutsche Heeresleitung zwingen, ihre

    Reserven durch Verzettelung zu schwächen. Am

    9. August griff er bei Arras und am 15. bei

    Lens an. Auch die Fanrzosen glaubte er jetzt

    wenigstens zu einigen "Hammerschlägen" in

    Anspruch nehmen zu können. So griff denn Pétain,

    den daran lag, das Selbstvertrauen seiner

    Truppe durch kleinere, erfolgversprechende

    Unternehmungen zu heben, am 20. August auf dem

    alten Kampfgelände von Verdun mit frischen

    Truppen an, und es gelang ihm, die Verteidiger

    bis in ihre alten Ausgangsstellungen

    zurückzudrücken, aus denen Falkenhayn im Frühjahr

    1916 seinen Angriff begonnen hatte. Ein zweiter

    Hammerschlag Pétains gegen die gefärdete

    Laffaur-Ede bei Siffons brachte ebenfalls

    Erfolge. Er führte zum Verlust des Chemin des

    Dames durch die Deutschen.

    Währenddessen ging in Flandern die für

    Angreifer wie Verteidiger gleich verlustreiche

    Schlacht weiter. Nach der Ermattungspause des

    August-Ende begann am 20. September eine

    neue Reihe von Großkampftagen, die den

    Engländer allmählich aus dem Zyperntal auf das

    östliche Höhengelände brachte. In den Kämpfen

    um Paschendaele, Zonnebele, Poelcapelle und

    den Houthulster Wald erreichte das nörderische

    Ringen seinen Höhepunkt an den vier

    Großkampftagen des Oktobers, bis es am 10.

    November in Regen, Nebel und Wasser erlosch.


    Es ist nicht möglich, den Einzelheiten dieser

    fürchterlichsten aller Schlachten nachzuspüren.

    Oder richtiger: diese Schlacht wurde so

    phantasielos und so unerhört stumpfsinnig vom

    Angreifer geführt, daß weder aus Raum noch Zeit

    Ereignisse von Besonderheit entsprangen, de

    dem leser als Wegsteine durch diese Schlacht

    dienen könnten. Gewiß, der Raum wechselte

    langsam nach Osten. Für die Kämpfer hatte das

    aber keine Bedeutung. Denn 8 Kilometer östlich

    sahen die Trichter genau so aus wie am

    Ausgangspunkt des Kampfes. Ausgelöscht waren

    Ortschaften, Wälder, Wasserläufe.

    Und hörte der Raum auf, Raum zu sein, so

    waren Tag und Nacht auch die einzigen Zeichen

    ds Fortgangs der Zeit. Denn die

    Kampfführung hatte sich offenbar von der Zeit gelöst.

    Für den Marschall Haig schien sie keinen Wert

    mehr zu haben. Im Bestz ausreichenden

    Materials und immer noch nicht ernsthaft

    erschöpfter Truppenbestände, infolge gut redigierter

    Siegesnachrichten auch von Kritik und Presse

    unbelästigt, schien er sein Gehirn auf Kammer

    abgegeben und dem Material die selbstständige

    Führung der Schlacht anvertraut zu haben,

    dieser Schlacht, die Fuller "infolge Dummheit

    totgeboren" nennt. So unbedeutend wie ihre

    PLanung und ihre Durchführung war auch ihr Ende.

    Mitte Nvember konnten die Truppen nicht


  • January 4, 2017 13:34:15 Corinna Pichler (AUT)

    [Über S. 100 und S. 101 gelegt eine Doppelseite, S. 241 + S- 243, einer Zeitung]

    Zeitung - S. 241

    Die Schlacht der hundert Tage

    Von Wolf Meyer-Christian

    Die englische Presse liebt es nicht, die

    Erinnerung an englische Niederlagen im

    Weltkriege aufzufrischen. Man würde daher

    vergeblich in englischen Blättern nach einer

    Darstellung jener fürchterlichsten Materialschlacht

    des Weltkrieges suchen, die jetzt vor

    zwanzig Jahren wütete, und die wir die

    Flandernschlacht nenen, währed sie in

    England als Schlacht von Passchendaele

    bekannt oder - besser - seit langem vergessen ist.


    Zeitung - S. 243

    Die Schlacht der hundert Tage

    der Pan eines militärischen Handwerkers, der

    alles dem Material und der größeren Zahl

    überließ und es peinlich vermied, aus den besonderen

    Gegebenheiten des Augenblicks eigne und neue

    Schlüsse zu ziehen.

    Am 22. Juli begann das Spiel. Ein

    Artilleriesturm von einer Wucht, wie sie die Erde noch

    nicht erlebt hatte, brauste über die deutschen

    Stellungen und verwandelte sie, während

    gleichzeitig ein pausenloser Landregen niederging, in

    einen Schlammpfuhl, dessen grundwasser sich

    mit den Fluten zerschossener und aus ihren

    Bahnen gelenkter Bäche und Kanäle mischte. Nach

    wenigen Tagen war kein Graben mehr zu

    erkennen. Von Hunderttausenden von Granaten

    aller Kaliber über und über gepflügt, wurde

    aus dem Verteidigungssystem eine ständig ihr

    Bild ändernde Trichterlandschaft. Aber diese

    Hölle war von Menschen bewohnt. Vom Stiefel

    bis zum Helm von Schlamm überkrustet, mit

    dem halben Leib im Wasser, unausgesetzt die

    Stellung wechselnd, hielten die dünnen Reihen

    der Verteidiger aus. Eng an die Erde gedrückt,

    jede Bewegung vermeidend, um den Augen der

    dicht über ihnen dahinbrausenden Schlachtflieger

    zu entgehen, nur darauf bedacht, Gewehr und

    Maschinengewher vor Nässe und Schmutz zu

    schützen, spannten sie ihre Sinne auf das eine

    Ziel, den Gegner rechtzeitig zu erkennen, wenn

    er angriffe.

    Eine volle Woche dauerte die

    Artillerievorbereitung. Am 31. Juli begann der Sturm.

    Auf nur 25 Kilometer Breite brachen fünfzehn

    englische und französische Divisionen vor, und

    es kam wie es kommen mußte. Stärker als

    alles Material der Welt war die Moral dieser

    in drei Kriegsjahren gehärteten Verteidiger.

    Als der Tag sich neigte, hatten die Engländer

    zwr die beiden Dörfer, Langemard und

    Birschvete dicht hinter der vordersten deutschen Linie

    gewonnen, lagen im übrigen aber fest, während

    ihnen Langemard noch in der gleichen Nacht

    wieder verlorenging. An seinem Dunkte der

    Angriffsfront war ein entscheidender Einbruch

    gelungen. Haig mußte den Angriff aufgeben.

    Trotzdem blieb er seinem Verfahren treu. Für

    Tage erhielt wieder die Artillerie das Wort.

    Erst am 16. August fiel Langemard endgültig an

    den Feind. Immer wieder ließ haig nach

    mehreren Tagen Trommelfeuers seine Infanterie

    antreten, mit wechselndem Erfolge gelang es

    dieser, bald hier, bald dort ein Stückchenaus der

    deutschen Front herauszubrödeln. Aber noch nach

    Wochen befand sich der Engländer immer noch

    n der sumpfigen Talniederung von Zypern, die

    von den Höhenstellungen um Passchendaele aus

    durch die deutsche Artillerie beherrscht wurde.

    Der Marschall Haig sah ein, daß auf diese

    Weise die Angreifer eher verbraucht sein

    würden als die Verteidiger. Er entshcloß sich

    deshalb dazu, durch Ablenkungsangriffe an andern

    Fronten seine Hauptfront zu entlasten. Er wollte

    die deutsche Heeresleitung zwingen, ihre

    Reserven durch Verzettelung zu schwächen. Am

    9. August griff er bei Arras und am 15. bei

    Lens an. Auch die Fanrzosen glaubte er jetzt

    wenigstens zu einigen "Hammerschlägen" in

    Anspruch nehmen zu können. So griff denn Pétain,

    den daran lag, das Selbstvertrauen seiner

    Truppe durch kleinere, erfolgversprechende

    Unternehmungen zu heben, am 20. August auf dem

    alten Kampfgelände von Verdun mit frischen

    Truppen an, und es gelang ihm, die Verteidiger

    bis in ihre alten Ausgangsstellungen

    zurückzudrücken, aus denen Falkenhayn im Frühjahr

    1916 seinen Angriff begonnen hatte. Ein zweiter

    Hammerschlag Pétains gegen die gefärdete

    Laffaur-Ede bei Siffons brachte ebenfalls

    Erfolge. Er führte zum Verlust des Chemin des

    Dames durch die Deutschen.

    Währenddessen ging in Flandern die für

    Angreifer wie Verteidiger gleich verlustreiche

    Schlacht weiter. Nach der Ermattungspause des

    August-Ende begann am 20. September eine

    neue Reihe von Großkampftagen, die den

    Engländer allmählich aus dem Zyperntal auf das

    östliche Höhengelände brachte. In den Kämpfen

    um Paschendaele, Zonnebele, Poelcapelle und

    den Houthulster Wald erreichte das nörderische

    Ringen seinen Höhepunkt an den vier

    Großkampftagen des Oktobers, bis es am 10.

    November in Regen, Nebel und Wasser erlosch.


    Es ist nicht möglich, den Einzelheiten dieser

    fürchterlichsten aller Schlachten nachzuspüren.

    Oder richtiger: diese Schlacht wurde so

    phantasielos und so unerhört stumpfsinnig vom

    Angreifer geführt, daß weder aus Raum noch Zeit

    Ereignisse von Besonderheit entsprangen, de

    dem leser als Wegsteine durch diese Schlacht

    dienen könnten. Gewiß, der Raum wechselte

    langsam nach Osten. Für die Kämpfer hatte das

    aber keine Bedeutung. Denn 8 Kilometer östlich

    sahen die Trichter genau so aus wie am

    Ausgangspunkt des Kampfes. Ausgelöscht waren

    Ortschaften, Wälder, Wasserläufe.

    Und hörte der Raum auf, Raum zu sein, so

    waren Tag und Nacht auch die einzigen Zeichen

    ds Fortgangs der Zeit. Denn die

    Kampfführung hatte sich offenbar von der Zeit gelöst.

    Für den Marschall Haig schien sie keinen Wert

    mehr zu haben. Im Bestz ausreichenden

    Materials und immer noch nicht ernsthaft

    erschöpfter Truppenbestände, infolge gut redigierter

    Siegesnachrichten auch von Kritik und Presse

    unbelästigt, schien er sein Gehirn auf Kammer

    abgegeben und dem Material die selbstständige

    Führung der Schlacht anvertraut zu haben,

    dieser Schlacht, die Fuller "infolge Dummheit

    totgeboren" nennt. So unbedeutend wie ihre

    PLanung und ihre Durchführung war auch ihr Ende.

    Mitte Nvember konnten die Truppen nicht


  • January 4, 2017 13:32:22 Corinna Pichler (AUT)

    [Über S. 100 und S. 101 gelegt eine Doppelseite, S. 241 + S- 243, einer Zeitung]

    Zeitung - S. 241

    Die Schlacht der hundert Tage

    Von Wolf Meyer-Christian



    Zeitung - S. 243

    Die Schlacht der hundert Tage

    der Pan eines militärischen Handwerkers, der

    alles dem Material und der größeren Zahl

    überließ und es peinlich vermied, aus den besonderen

    Gegebenheiten des Augenblicks eigne und neue

    Schlüsse zu ziehen.

    Am 22. Juli begann das Spiel. Ein

    Artilleriesturm von einer Wucht, wie sie die Erde noch

    nicht erlebt hatte, brauste über die deutschen

    Stellungen und verwandelte sie, während

    gleichzeitig ein pausenloser Landregen niederging, in

    einen Schlammpfuhl, dessen grundwasser sich

    mit den Fluten zerschossener und aus ihren

    Bahnen gelenkter Bäche und Kanäle mischte. Nach

    wenigen Tagen war kein Graben mehr zu

    erkennen. Von Hunderttausenden von Granaten

    aller Kaliber über und über gepflügt, wurde

    aus dem Verteidigungssystem eine ständig ihr

    Bild ändernde Trichterlandschaft. Aber diese

    Hölle war von Menschen bewohnt. Vom Stiefel

    bis zum Helm von Schlamm überkrustet, mit

    dem halben Leib im Wasser, unausgesetzt die

    Stellung wechselnd, hielten die dünnen Reihen

    der Verteidiger aus. Eng an die Erde gedrückt,

    jede Bewegung vermeidend, um den Augen der

    dicht über ihnen dahinbrausenden Schlachtflieger

    zu entgehen, nur darauf bedacht, Gewehr und

    Maschinengewher vor Nässe und Schmutz zu

    schützen, spannten sie ihre Sinne auf das eine

    Ziel, den Gegner rechtzeitig zu erkennen, wenn

    er angriffe.

    Eine volle Woche dauerte die

    Artillerievorbereitung. Am 31. Juli begann der Sturm.

    Auf nur 25 Kilometer Breite brachen fünfzehn

    englische und französische Divisionen vor, und

    es kam wie es kommen mußte. Stärker als

    alles Material der Welt war die Moral dieser

    in drei Kriegsjahren gehärteten Verteidiger.

    Als der Tag sich neigte, hatten die Engländer

    zwr die beiden Dörfer, Langemard und

    Birschvete dicht hinter der vordersten deutschen Linie

    gewonnen, lagen im übrigen aber fest, während

    ihnen Langemard noch in der gleichen Nacht

    wieder verlorenging. An seinem Dunkte der

    Angriffsfront war ein entscheidender Einbruch

    gelungen. Haig mußte den Angriff aufgeben.

    Trotzdem blieb er seinem Verfahren treu. Für

    Tage erhielt wieder die Artillerie das Wort.

    Erst am 16. August fiel Langemard endgültig an

    den Feind. Immer wieder ließ haig nach

    mehreren Tagen Trommelfeuers seine Infanterie

    antreten, mit wechselndem Erfolge gelang es

    dieser, bald hier, bald dort ein Stückchenaus der

    deutschen Front herauszubrödeln. Aber noch nach

    Wochen befand sich der Engländer immer noch

    n der sumpfigen Talniederung von Zypern, die

    von den Höhenstellungen um Passchendaele aus

    durch die deutsche Artillerie beherrscht wurde.

    Der Marschall Haig sah ein, daß auf diese

    Weise die Angreifer eher verbraucht sein

    würden als die Verteidiger. Er entshcloß sich

    deshalb dazu, durch Ablenkungsangriffe an andern

    Fronten seine Hauptfront zu entlasten. Er wollte

    die deutsche Heeresleitung zwingen, ihre

    Reserven durch Verzettelung zu schwächen. Am

    9. August griff er bei Arras und am 15. bei

    Lens an. Auch die Fanrzosen glaubte er jetzt

    wenigstens zu einigen "Hammerschlägen" in

    Anspruch nehmen zu können. So griff denn Pétain,

    den daran lag, das Selbstvertrauen seiner

    Truppe durch kleinere, erfolgversprechende

    Unternehmungen zu heben, am 20. August auf dem

    alten Kampfgelände von Verdun mit frischen

    Truppen an, und es gelang ihm, die Verteidiger

    bis in ihre alten Ausgangsstellungen

    zurückzudrücken, aus denen Falkenhayn im Frühjahr

    1916 seinen Angriff begonnen hatte. Ein zweiter

    Hammerschlag Pétains gegen die gefärdete

    Laffaur-Ede bei Siffons brachte ebenfalls

    Erfolge. Er führte zum Verlust des Chemin des

    Dames durch die Deutschen.

    Währenddessen ging in Flandern die für

    Angreifer wie Verteidiger gleich verlustreiche

    Schlacht weiter. Nach der Ermattungspause des

    August-Ende begann am 20. September eine

    neue Reihe von Großkampftagen, die den

    Engländer allmählich aus dem Zyperntal auf das

    östliche Höhengelände brachte. In den Kämpfen

    um Paschendaele, Zonnebele, Poelcapelle und

    den Houthulster Wald erreichte das nörderische

    Ringen seinen Höhepunkt an den vier

    Großkampftagen des Oktobers, bis es am 10.

    November in Regen, Nebel und Wasser erlosch.


    Es ist nicht möglich, den Einzelheiten dieser

    fürchterlichsten aller Schlachten nachzuspüren.

    Oder richtiger: diese Schlacht wurde so

    phantasielos und so unerhört stumpfsinnig vom

    Angreifer geführt, daß weder aus Raum noch Zeit

    Ereignisse von Besonderheit entsprangen, de

    dem leser als Wegsteine durch diese Schlacht

    dienen könnten. Gewiß, der Raum wechselte

    langsam nach Osten. Für die Kämpfer hatte das

    aber keine Bedeutung. Denn 8 Kilometer östlich

    sahen die Trichter genau so aus wie am

    Ausgangspunkt des Kampfes. Ausgelöscht waren

    Ortschaften, Wälder, Wasserläufe.

    Und hörte der Raum auf, Raum zu sein, so

    waren Tag und Nacht auch die einzigen Zeichen

    ds Fortgangs der Zeit. Denn die

    Kampfführung hatte sich offenbar von der Zeit gelöst.

    Für den Marschall Haig schien sie keinen Wert

    mehr zu haben. Im Bestz ausreichenden

    Materials und immer noch nicht ernsthaft

    erschöpfter Truppenbestände, infolge gut redigierter

    Siegesnachrichten auch von Kritik und Presse

    unbelästigt, schien er sein Gehirn auf Kammer

    abgegeben und dem Material die selbstständige

    Führung der Schlacht anvertraut zu haben,

    dieser Schlacht, die Fuller "infolge Dummheit

    totgeboren" nennt. So unbedeutend wie ihre

    PLanung und ihre Durchführung war auch ihr Ende.

    Mitte Nvember konnten die Truppen nicht


  • January 4, 2017 13:31:50 Corinna Pichler (AUT)

    [Über S. 100 und S. 101 gelegt eine Doppelseite, S. 241 + S- 243, einer Zeitung]

    Zeitung - S. 241


    Zeitung - S. 243

    Die Schlacht der hundert Tage

    der Pan eines militärischen Handwerkers, der

    alles dem Material und der größeren Zahl

    überließ und es peinlich vermied, aus den besonderen

    Gegebenheiten des Augenblicks eigne und neue

    Schlüsse zu ziehen.

    Am 22. Juli begann das Spiel. Ein

    Artilleriesturm von einer Wucht, wie sie die Erde noch

    nicht erlebt hatte, brauste über die deutschen

    Stellungen und verwandelte sie, während

    gleichzeitig ein pausenloser Landregen niederging, in

    einen Schlammpfuhl, dessen grundwasser sich

    mit den Fluten zerschossener und aus ihren

    Bahnen gelenkter Bäche und Kanäle mischte. Nach

    wenigen Tagen war kein Graben mehr zu

    erkennen. Von Hunderttausenden von Granaten

    aller Kaliber über und über gepflügt, wurde

    aus dem Verteidigungssystem eine ständig ihr

    Bild ändernde Trichterlandschaft. Aber diese

    Hölle war von Menschen bewohnt. Vom Stiefel

    bis zum Helm von Schlamm überkrustet, mit

    dem halben Leib im Wasser, unausgesetzt die

    Stellung wechselnd, hielten die dünnen Reihen

    der Verteidiger aus. Eng an die Erde gedrückt,

    jede Bewegung vermeidend, um den Augen der

    dicht über ihnen dahinbrausenden Schlachtflieger

    zu entgehen, nur darauf bedacht, Gewehr und

    Maschinengewher vor Nässe und Schmutz zu

    schützen, spannten sie ihre Sinne auf das eine

    Ziel, den Gegner rechtzeitig zu erkennen, wenn

    er angriffe.

    Eine volle Woche dauerte die

    Artillerievorbereitung. Am 31. Juli begann der Sturm.

    Auf nur 25 Kilometer Breite brachen fünfzehn

    englische und französische Divisionen vor, und

    es kam wie es kommen mußte. Stärker als

    alles Material der Welt war die Moral dieser

    in drei Kriegsjahren gehärteten Verteidiger.

    Als der Tag sich neigte, hatten die Engländer

    zwr die beiden Dörfer, Langemard und

    Birschvete dicht hinter der vordersten deutschen Linie

    gewonnen, lagen im übrigen aber fest, während

    ihnen Langemard noch in der gleichen Nacht

    wieder verlorenging. An seinem Dunkte der

    Angriffsfront war ein entscheidender Einbruch

    gelungen. Haig mußte den Angriff aufgeben.

    Trotzdem blieb er seinem Verfahren treu. Für

    Tage erhielt wieder die Artillerie das Wort.

    Erst am 16. August fiel Langemard endgültig an

    den Feind. Immer wieder ließ haig nach

    mehreren Tagen Trommelfeuers seine Infanterie

    antreten, mit wechselndem Erfolge gelang es

    dieser, bald hier, bald dort ein Stückchenaus der

    deutschen Front herauszubrödeln. Aber noch nach

    Wochen befand sich der Engländer immer noch

    n der sumpfigen Talniederung von Zypern, die

    von den Höhenstellungen um Passchendaele aus

    durch die deutsche Artillerie beherrscht wurde.

    Der Marschall Haig sah ein, daß auf diese

    Weise die Angreifer eher verbraucht sein

    würden als die Verteidiger. Er entshcloß sich

    deshalb dazu, durch Ablenkungsangriffe an andern

    Fronten seine Hauptfront zu entlasten. Er wollte

    die deutsche Heeresleitung zwingen, ihre

    Reserven durch Verzettelung zu schwächen. Am

    9. August griff er bei Arras und am 15. bei

    Lens an. Auch die Fanrzosen glaubte er jetzt

    wenigstens zu einigen "Hammerschlägen" in

    Anspruch nehmen zu können. So griff denn Pétain,

    den daran lag, das Selbstvertrauen seiner

    Truppe durch kleinere, erfolgversprechende

    Unternehmungen zu heben, am 20. August auf dem

    alten Kampfgelände von Verdun mit frischen

    Truppen an, und es gelang ihm, die Verteidiger

    bis in ihre alten Ausgangsstellungen

    zurückzudrücken, aus denen Falkenhayn im Frühjahr

    1916 seinen Angriff begonnen hatte. Ein zweiter

    Hammerschlag Pétains gegen die gefärdete

    Laffaur-Ede bei Siffons brachte ebenfalls

    Erfolge. Er führte zum Verlust des Chemin des

    Dames durch die Deutschen.

    Währenddessen ging in Flandern die für

    Angreifer wie Verteidiger gleich verlustreiche

    Schlacht weiter. Nach der Ermattungspause des

    August-Ende begann am 20. September eine

    neue Reihe von Großkampftagen, die den

    Engländer allmählich aus dem Zyperntal auf das

    östliche Höhengelände brachte. In den Kämpfen

    um Paschendaele, Zonnebele, Poelcapelle und

    den Houthulster Wald erreichte das nörderische

    Ringen seinen Höhepunkt an den vier

    Großkampftagen des Oktobers, bis es am 10.

    November in Regen, Nebel und Wasser erlosch.


    Es ist nicht möglich, den Einzelheiten dieser

    fürchterlichsten aller Schlachten nachzuspüren.

    Oder richtiger: diese Schlacht wurde so

    phantasielos und so unerhört stumpfsinnig vom

    Angreifer geführt, daß weder aus Raum noch Zeit

    Ereignisse von Besonderheit entsprangen, de

    dem leser als Wegsteine durch diese Schlacht

    dienen könnten. Gewiß, der Raum wechselte

    langsam nach Osten. Für die Kämpfer hatte das

    aber keine Bedeutung. Denn 8 Kilometer östlich

    sahen die Trichter genau so aus wie am

    Ausgangspunkt des Kampfes. Ausgelöscht waren

    Ortschaften, Wälder, Wasserläufe.

    Und hörte der Raum auf, Raum zu sein, so

    waren Tag und Nacht auch die einzigen Zeichen

    ds Fortgangs der Zeit. Denn die

    Kampfführung hatte sich offenbar von der Zeit gelöst.

    Für den Marschall Haig schien sie keinen Wert

    mehr zu haben. Im Bestz ausreichenden

    Materials und immer noch nicht ernsthaft

    erschöpfter Truppenbestände, infolge gut redigierter

    Siegesnachrichten auch von Kritik und Presse

    unbelästigt, schien er sein Gehirn auf Kammer

    abgegeben und dem Material die selbstständige

    Führung der Schlacht anvertraut zu haben,

    dieser Schlacht, die Fuller "infolge Dummheit

    totgeboren" nennt. So unbedeutend wie ihre

    PLanung und ihre Durchführung war auch ihr Ende.

    Mitte Nvember konnten die Truppen nicht


  • January 4, 2017 13:31:23 Corinna Pichler (AUT)

    [Über S. 100 und S. 101 gelegt eine Doppelseite, S. 241 + S- 243, einer Zeitung]

    Zeitung - S. 241


    Zeitung - S. 243

    Die Schlacht der hundert Tage

    der Pan eines militärischen Handwerkers, der

    alles dem Material und der größeren Zahl

    überließ und es peinlich vermied, aus den besonderen

    Gegebenheiten des Augenblicks eigne und neue

    Schlüsse zu ziehen.

    Am 22. Juli begann das Spiel. Ein

    Artilleriesturm von einer Wucht, wie sie die Erde noch

    nicht erlebt hatte, brauste über die deutschen

    Stellungen und verwandelte sie, während

    gleichzeitig ein pausenloser Landregen niederging, in

    einen Schlammpfuhl, dessen grundwasser sich

    mit den Fluten zerschossener und aus ihren

    Bahnen gelenkter Bäche und Kanäle mischte. Nach

    wenigen Tagen war kein Graben mehr zu

    erkennen. Von Hunderttausenden von Granaten

    aller Kaliber über und über gepflügt, wurde

    aus dem Verteidigungssystem eine ständig ihr

    Bild ändernde Trichterlandschaft. Aber diese

    Hölle war von Menschen bewohnt. Vom Stiefel

    bis zum Helm von Schlamm überkrustet, mit

    dem halben Leib im Wasser, unausgesetzt die

    Stellung wechselnd, hielten die dünnen Reihen

    der Verteidiger aus. Eng an die Erde gedrückt,

    jede Bewegung vermeidend, um den Augen der

    dicht über ihnen dahinbrausenden Schlachtflieger

    zu entgehen, nur darauf bedacht, Gewehr und

    Maschinengewher vor Nässe und Schmutz zu

    schützen, spannten sie ihre Sinne auf das eine

    Ziel, den Gegner rechtzeitig zu erkennen, wenn

    er angriffe.

    Eine volle Woche dauerte die

    Artillerievorbereitung. Am 31. Juli begann der Sturm.

    Auf nur 25 Kilometer Breite brachen fünfzehn

    englische und französische Divisionen vor, und

    es kam wie es kommen mußte. Stärker als

    alles Material der Welt war die Moral dieser

    in drei Kriegsjahren gehärteten Verteidiger.

    Als der Tag sich neigte, hatten die Engländer

    zwr die beiden Dörfer, Langemard und

    Birschvete dicht hinter der vordersten deutschen Linie

    gewonnen, lagen im übrigen aber fest, während

    ihnen Langemard noch in der gleichen Nacht

    wieder verlorenging. An seinem Dunkte der

    Angriffsfront war ein entscheidender Einbruch

    gelungen. Haig mußte den Angriff aufgeben.

    Trotzdem blieb er seinem Verfahren treu. Für

    Tage erhielt wieder die Artillerie das Wort.

    Erst am 16. August fiel Langemard endgültig an

    den Feind. Immer wieder ließ haig nach

    mehreren Tagen Trommelfeuers seine Infanterie

    antreten, mit wechselndem Erfolge gelang es

    dieser, bald hier, bald dort ein Stückchenaus der

    deutschen Front herauszubrödeln. Aber noch nach

    Wochen befand sich der Engländer immer noch

    n der sumpfigen Talniederung von Zypern, die

    von den Höhenstellungen um Passchendaele aus

    durch die deutsche Artillerie beherrscht wurde.

    Der Marschall Haig sah ein, daß auf diese

    Weise die Angreifer eher verbraucht sein

    würden als die Verteidiger. Er entshcloß sich

    deshalb dazu, durch Ablenkungsangriffe an andern

    Fronten seine Hauptfront zu entlasten. Er wollte

    die deutsche Heeresleitung zwingen, ihre

    Reserven durch Verzettelung zu schwächen. Am

    9. August griff er bei Arras und am 15. bei

    Lens an. Auch die Fanrzosen glaubte er jetzt

    wenigstens zu einigen "Hammerschlägen" in

    Anspruch nehmen zu können. So griff denn Pétain,

    den daran lag, das Selbstvertrauen seiner

    Truppe durch kleinere, erfolgversprechende

    Unternehmungen zu heben, am 20. August auf dem

    alten Kampfgelände von Verdun mit frischen

    Truppen an, und es gelang ihm, die Verteidiger

    bis in ihre alten Ausgangsstellungen

    zurückzudrücken, aus denen Falkenhayn im Frühjahr

    1916 seinen Angriff begonnen hatte. Ein zweiter

    Hammerschlag Pétains gegen die gefärdete

    Laffaur-Ede bei Siffons brachte ebenfalls

    Erfolge. Er führte zum Verlust des Chemin des

    Dames durch die Deutschen.

    Währenddessen ging in Flandern die für

    Angreifer wie Verteidiger gleich verlustreiche

    Schlacht weiter. Nach der Ermattungspause des

    August-Ende begann am 20. September eine

    neue Reihe von Großkampftagen, die den

    Engländer allmählich aus dem Zyperntal auf das

    östliche Höhengelände brachte. In den Kämpfen

    um Paschendaele, Zonnebele, Poelcapelle und

    den Houthulster Wald erreichte das nörderische

    Ringen seinen Höhepunkt an den vier

    Großkampftagen des Oktobers, bis es am 10.

    November in Regen, Nebel und Wasser erlosch.


    Es ist nicht möglich, den Einzelheiten dieser

    fürchterlichsten aller Schlachten nachzuspüren.

    Oder richtiger: diese Schlacht wurde so

    phantasielos und so unerhört stumpfsinnig vom

    Angreifer geführt, daß weder aus Raum noch Zeit

    Ereignisse von Besonderheit entsprangen, de

    dem leser als Wegsteine durch diese Schlacht

    dienen könnten. Gewiß, der Raum wechselte

    langsam nach Osten. Für die Kämpfer hatte das

    aber keine Bedeutung. Denn 8 Kilometer östlich

    sahen die Trichter genau so aus wie am

    Ausgangspunkt des Kampfes. Ausgelöscht waren

    Ortschaften, Wälder, Wasserläufe.

    Und hörte der Raum auf, Raum zu sein, so

    waren Tag und Nacht auch die einzigen Zeichen

    ds Fortgangs der Zeit. Denn die

    Kampfführung hatte sich offenbar von der Zeit gelöst.

    Für den Marschall Haig schien sie keinen Wert

    mehr zu haben. Im Bestz ausreichenden

    Materials und immer noch nicht ernsthaft

    erschöpfter Truppenbestände, infolge gut redigierter

    Siegesnachrichten auch von Kritik und Presse

    unbelästigt, schien er sein Gehirn auf Kammer

    abgegeben und dem Material die selbstständige

    Führung der Schlacht anvertraut zu haben,

    dieser Schlacht, die Fuller "infolge Dummheit

    tot


  • January 4, 2017 13:27:01 Corinna Pichler (AUT)

    [Über S. 100 und S. 101 gelegt eine Doppelseite, S. 241 + S- 243, einer Zeitung]

    Zeitung - S. 241


    Zeitung - S. 243

    Die Schlacht der hundert Tage

    der Pan eines militärischen Handwerkers, der

    alles dem Material und der größeren Zahl

    überließ und es peinlich vermied, aus den besonderen

    Gegebenheiten des Augenblicks eigne und neue

    Schlüsse zu ziehen.

    Am 22. Juli begann das Spiel. Ein

    Artilleriesturm von einer Wucht, wie sie die Erde noch

    nicht erlebt hatte, brauste über die deutschen

    Stellungen und verwandelte sie, während

    gleichzeitig ein pausenloser Landregen niederging, in

    einen Schlammpfuhl, dessen grundwasser sich

    mit den Fluten zerschossener und aus ihren

    Bahnen gelenkter Bäche und Kanäle mischte. Nach

    wenigen Tagen war kein Graben mehr zu

    erkennen. Von Hunderttausenden von Granaten

    aller Kaliber über und über gepflügt, wurde

    aus dem Verteidigungssystem eine ständig ihr

    Bild ändernde Trichterlandschaft. Aber diese

    Hölle war von Menschen bewohnt. Vom Stiefel

    bis zum Helm von Schlamm überkrustet, mit

    dem halben Leib im Wasser, unausgesetzt die

    Stellung wechselnd, hielten die dünnen Reihen

    der Verteidiger aus. Eng an die Erde gedrückt,

    jede Bewegung vermeidend, um den Augen der

    dicht über ihnen dahinbrausenden Schlachtflieger

    zu entgehen, nur darauf bedacht, Gewehr und

    Maschinengewher vor Nässe und Schmutz zu

    schützen, spannten sie ihre Sinne auf das eine

    Ziel, den Gegner rechtzeitig zu erkennen, wenn

    er angriffe.

    Eine volle Woche dauerte die

    Artillerievorbereitung. Am 31. Juli begann der Sturm.

    Auf nur 25 Kilometer Breite brachen fünfzehn

    englische und französische Divisionen vor, und

    es kam wie es kommen mußte. Stärker als

    alles Material der Welt war die Moral dieser

    in drei Kriegsjahren gehärteten Verteidiger.

    Als der Tag sich neigte, hatten die Engländer

    zwr die beiden Dörfer, Langemard und

    Birschvete dicht hinter der vordersten deutschen Linie

    gewonnen, lagen im übrigen aber fest, während

    ihnen Langemard noch in der gleichen Nacht

    wieder verlorenging. An seinem Dunkte der

    Angriffsfront war ein entscheidender Einbruch

    gelungen. Haig mußte den Angriff aufgeben.

    Trotzdem blieb er seinem Verfahren treu. Für

    Tage erhielt wieder die Artillerie das Wort.

    Erst am 16. August fiel Langemard endgültig an

    den Feind. Immer wieder ließ haig nach

    mehreren Tagen Trommelfeuers seine Infanterie

    antreten, mit wechselndem Erfolge gelang es

    dieser, bald hier, bald dort ein Stückchenaus der

    deutschen Front herauszubrödeln. Aber noch nach

    Wochen befand sich der Engländer immer noch

    n der sumpfigen Talniederung von Zypern, die

    von den Höhenstellungen um Passchendaele aus

    durch die deutsche Artillerie beherrscht wurde.

    Der Marschall Haig sah ein, daß auf diese

    Weise die Angreifer eher verbraucht sein

    würden als die Verteidiger. Er entshcloß sich

    deshalb dazu, durch Ablenkungsangriffe an andern

    Fronten seine Hauptfront zu entlasten. Er wollte

    die deutsche Heeresleitung zwingen, ihre

    Reserven durch Verzettelung zu schwächen. Am

    9. August griff er bei Arras und am 15. bei

    Lens an. Auch die Fanrzosen glaubte er jetzt

    wenigstens zu einigen "Hammerschlägen" in

    Anspruch nehmen zu können. So griff denn Pétain,

    den daran lag, das Selbstvertrauen seiner

    Truppe durch kleinere, erfolgversprechende

    Unternehmungen zu heben, am 20. August auf dem

    alten Kampfgelände von Verdun mit frischen

    Truppen an, und es gelang ihm, die Verteidiger

    bis in ihre alten Ausgangsstellungen

    zurückzudrücken, aus denen Falkenhayn im Frühjahr

    1916 seinen Angriff begonnen hatte. Ein zweiter

    Hammerschlag Pétains gegen die gefärdete

    Laffaur-Ede bei Siffons brachte ebenfalls

    Erfolge. Er führte zum Verlust des Chemin des

    Dames durch die Deutschen.

    Währenddessen ging in Flandern die für

    Angreifer wie Verteidiger gleich verlustreiche

    Schlacht weiter. Nach der Ermattungspause des

    August-Ende begann am 20. September eine

    neue Reihe von Großkampftagen, die den

    Engländer allmählich aus dem Zyperntal auf das

    östliche Höhengelände brachte. In den Kämpfen

    um Paschendaele, Zonnebele, Poelcapelle und

    den Houthulster Wald erreichte das nörderische

    Ringen seinen Höhepunkt an den vier

    Groß


  • January 4, 2017 13:24:14 Corinna Pichler (AUT)

    [Über S. 100 und S. 101 gelegt eine Doppelseite, S. 241 + S- 243, einer Zeitung]

    Zeitung - S. 241


    Zeitung - S. 243

    Die Schlacht der hundert Tage

    der Pan eines militärischen Handwerkers, der

    alles dem Material und der größeren Zahl

    überließ und es peinlich vermied, aus den besonderen

    Gegebenheiten des Augenblicks eigne und neue

    Schlüsse zu ziehen.

    Am 22. Juli begann das Spiel. Ein

    Artilleriesturm von einer Wucht, wie sie die Erde noch

    nicht erlebt hatte, brauste über die deutschen

    Stellungen und verwandelte sie, während

    gleichzeitig ein pausenloser Landregen niederging, in

    einen Schlammpfuhl, dessen grundwasser sich

    mit den Fluten zerschossener und aus ihren

    Bahnen gelenkter Bäche und Kanäle mischte. Nach

    wenigen Tagen war kein Graben mehr zu

    erkennen. Von Hunderttausenden von Granaten

    aller Kaliber über und über gepflügt, wurde

    aus dem Verteidigungssystem eine ständig ihr

    Bild ändernde Trichterlandschaft. Aber diese

    Hölle war von Menschen bewohnt. Vom Stiefel

    bis zum Helm von Schlamm überkrustet, mit

    dem halben Leib im Wasser, unausgesetzt die

    Stellung wechselnd, hielten die dünnen Reihen

    der Verteidiger aus. Eng an die Erde gedrückt,

    jede Bewegung vermeidend, um den Augen der

    dicht über ihnen dahinbrausenden Schlachtflieger

    zu entgehen, nur darauf bedacht, Gewehr und

    Maschinengewher vor Nässe und Schmutz zu

    schützen, spannten sie ihre Sinne auf das eine

    Ziel, den Gegner rechtzeitig zu erkennen, wenn

    er angriffe.

    Eine volle Woche dauerte die

    Artillerievorbereitung. Am 31. Juli begann der Sturm.

    Auf nur 25 Kilometer Breite brachen fünfzehn

    englische und französische Divisionen vor, und

    es kam wie es kommen mußte. Stärker als

    alles Material der Welt war die Moral dieser

    in drei Kriegsjahren gehärteten Verteidiger.

    Als der Tag sich neigte, hatten die Engländer

    zwr die beiden Dörfer, Langemard und

    Birschvete dicht hinter der vordersten deutschen Linie

    gewonnen, lagen im übrigen aber fest, während

    ihnen Langemard noch in der gleichen Nacht

    wieder verlorenging. An seinem Dunkte der

    Angriffsfront war ein entscheidender Einbruch

    gelungen. Haig mußte den Angriff aufgeben.

    Trotzdem blieb er seinem Verfahren treu. Für

    Tage erhielt wieder die Artillerie das Wort.

    Erst am 16. August fiel Langemard endgültig an

    den Feind. Immer wieder ließ haig nach

    mehreren Tagen Trommelfeuers seine Infanterie

    antreten, mit wechselndem Erfolge gelang es

    dieser, bald hier, bald dort ein Stückchenaus der

    deutschen Front herauszubrödeln. Aber noch nach

    Wochen befand sich der Engländer immer noch

    n der sumpfigen Talniederung von Zypern, die

    von den Höhenstellungen um Passchendaele aus

    durch die deutsche Artillerie beherrscht wurde.

    Der Marschall Haig sah ein, daß auf diese

    Weise die Angreifer eher verbraucht sein

    würden als die Verteidiger. Er entshcloß sich

    deshalb dazu, durch Ablenkungsangriffe an andern

    Fronten seine Hauptfront zu entlasten. Er wollte

    die deutsche Heeresleitung zwingen, ihre

    Reserven durch Verzettelung zu schwächen. Am

    9. August griff er bei Arras und am 15. bei

    Lens an. Auch die Fanrzosen glaubte er jetzt

    wenigstens zu einigen "Hammerschlägen" in

    Anspruch nehmen zu können. So griff denn Pétain,

    den daran lag, das Selbstvertrauen seiner

    Truppe durch kleinere, erfolgversprechende

    Unternehmungen zu heben, am 20. August auf dem

    alten Kampfgelände von Verdun mit frischen

    Truppen an, und es gelang ihm, die Verteidiger

    bis in ihre alten Ausgangsstellungen

    zurückzudrücken, aus denen Falkenhayn im Frühjahr



  • January 4, 2017 13:17:05 Corinna Pichler (AUT)

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    Zeitung - S. 241


    Zeitung - S. 243

    Die Schlacht der hundert Tage

    der Pan eines militärischen Handwerkers, der

    alles dem Material und der größeren Zahl

    überließ und es peinlich vermied, aus den besonderen

    Gegebenheiten des Augenblicks eigne und neue

    Schlüsse zu ziehen.

    Am 22. Juli begann das Spiel. Ein

    Artilleriesturm von einer Wucht, wie sie die Erde noch

    nicht erlebt hatte, brauste über die deutschen

    Stellungen und verwandelte sie, während

    gleichzeitig ein pausenloser Landregen niederging, in

    einen Schlammpfuhl, dessen grundwasser sich

    mit den Fluten zerschossener und aus ihren

    Bahnen gelenkter Bäche und Kanäle mischte. Nach

    wenigen Tagen war kein Graben mehr zu

    erkennen. Von Hunderttausenden von Granaten

    aller Kaliber über und über gepflügt, wurde

    aus dem Verteidigungssystem eine ständig ihr

    Bild ändernde Trichterlandschaft. Aber diese

    Hölle war von Menschen bewohnt. Vom Stiefel

    bis zum Helm von Schlamm überkrustet, mit

    dem halben Leib im Wasser, unausgesetzt die

    Stellung wechselnd, hielten die dünnen Reihen

    der Verteidiger aus. Eng an die Erde gedrückt,

    jede Bewegung vermeidend, um den Augen der

    dicht über ihnen dahinbrausenden Schlachtflieger

    zu entgehen, nur darauf bedacht, Gewehr und

    Maschinengewher vor Nässe und Schmutz zu

    schützen, spannten sie ihre Sinne auf das eine

    Ziel, den Gegner rechtzeitig zu erkennen, wenn

    er angriffe.

    Eine volle Woche dauerte die

    Artillerievorbereitung. Am 31. Juli begann der Sturm.

    Auf nur 25 Kilometer Breite brachen fünfzehn

    englische und französische Divisionen vor, und

    es kam wie es kommen mußte. Stärker als

    alles Material der Welt war die Moral dieser

    in drei Kriegsjahren gehärteten Verteidiger.

    Als der Tag sich neigte, hatten die Engländer

    zwr die beiden Dörfer, Langemard und

    Birschvete dicht hinter der vordersten deutschen Linie

    gewonnen, lagen im übrigen aber fest, während

    ihnen Langemard noch in der gleichen Nacht

    wieder verlorenging. An seinem Dunkte der

    Angriffsfront war ein entscheidender Einbruch

    gelungen. Haig mußte den Angriff aufgeben.

    Trotzdem blieb er seinem Verfahren treu. Für

    Tage erhielt wieder die Artillerie das Wort.

    Erst am 16. August fiel Langemard endgültig an

    den Feind. Immer wieder ließ haig nach

    mehreren Tagen Trommelfeuers seine Infanterie

    antreten, mit wechselndem Erfolge gelang es

    dieser, bald hier, bald dort ein Stückchenaus der

    deutschen Front herauszubrödeln. Aber noch nach

    Wochen befand sich der Engländer immer noch

    n der sumpfigen Talniederung von Zypern, die

    von den Höhenstellungen um Passchendaele aus

    durch die deutsche Artillerie beherrscht wurde.

    Der Marschall Haig sah ein, daß auf diese

    Weise die Angreifer eher verbraucht sein

    würden als die Verteidiger. Er entshcloß sich

    deshalb dazu, durch Ablenkungsangriffe an andern


  • January 4, 2017 13:09:15 Corinna Pichler (AUT)

    [Über S. 100 und S. 101 gelegt eine Doppelseite, S. 241 + S- 243, einer Zeitung]

    Zeitung - S. 241


    Zeitung - S. 243

    Die Schlacht der hundert Tage

    der Pan eines militärischen Handwerkers, der

    alles dem Material und der größeren Zahl

    überließ und es peinlich vermied, aus den besonderen

    Gegebenheiten des Augenblicks eigne und neue

    Schlüsse zu ziehen.

    Am 22. Juli begann das Spiel. Ein

    Artilleriesturm von einer Wucht, wie sie die Erde noch

    nicht erlebt hatte, brauste über die deutschen

    Stellungen und verwandelte sie, während

    gleichzeitig ein pausenloser Landregen niederging, in

    einen Schlammpfuhl, dessen grundwasser sich

    mit den Fluten zerschossener und aus ihren

    Bahnen gelenkter Bäche und Kanäle mischte. Nach

    wenigen Tagen war kein Graben mehr zu

    erkennen. Von Hunderttausenden von Granaten

    aller Kaliber über und über gepflügt, wurde

    aus dem Verteidigungssystem eine ständig ihr

    Bild ändernde Trichterlandschaft. Aber diese

    Hölle war von Menschen bewohnt. Vom Stiefel



  • January 4, 2017 13:07:10 Corinna Pichler (AUT)

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    Die Schlacht der hundert Tage

    der Pan eines militärischen Handwerkers, der

    alles dem Material und der größeren Zahl

    überließ und es peinlich vermied, aus den besonderen

    Gegebenheiten des Augenblicks eigne und neue

    Schlüsse zu ziehen.

    Am 22. Juli begann das Spiel. Ein

    Artilleriesturm von


  • January 4, 2017 13:05:57 Corinna Pichler (AUT)

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    Die Schlacht der hundert Tage

    der Pan eines


  • January 4, 2017 13:05:38 Corinna Pichler (AUT)

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    Die Schlacht der hundert Tage

    der Pan eines


Description

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  • 50.2912494||2.7777485000000297||

    Schlacht von Arras

    ||1
Location(s)
  • Story location Schlacht von Arras
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ID
15872 / 168899
Source
http://europeana1914-1918.eu/...
Contributor
Heike Knothe
License
http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/


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