Briefe von Walther Huth an seine Eltern und Bekannte , item 122

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...linke Seite

trocken Brot, ab u. zu einige Äpfel, natürl. selbst

geklaute. Das Küchenessen mußten wir 2 mal wegschütten,

da es plötzlich wieder losging. Ruski hat

sich übrigens eine ganze Portion Artillerie aus seinen

Festungen verschrieben, durch die wir ziemlich litten.

Ich tobe immer vorne weg, nun fehlt leider Ltn.

Voß, die Schrapneller u. Granaten kriegt erfahrungsgemäß

die 2. u. 3. Linie, außerdem die Hochgänger

der Infanterie.

                         Mit innigem Gruß

                                    Euer dankbarer "Kleiner".

    Albrecht vielen Dank für seinen Brief, bin leider

noch nicht dazu gekommen, ihm zu antworten.


200.                 Brief an Trudchen vom 13. XI. 1914,

                         der nach Nr. 34 einzureihen ist.

                                                 Dixmude, 13. XI. 14.

        Liebe Sputti !

Gestern erhielt ich die Päckchen von Dir, über die ich

mich sehr freute. Eben sitze ich hier früh 1/2 5 Uhr an Stelle

des wachhabenden Unteroffiziers beim zweifelhaften Schein

eines kleinen Talglichtes. Nun bekomme ich schon solche Posten!

Das kleine Pfeifchen habe ich mir eben angesteckt, um

sie anzurauchen. Mit dem Luntenfeuerzeug hast Du mich

aus großer Not befreit, da ich nur noch ungefähr ein Dutzend


...rechte Seite

Streichhölzer hatte. Nachhause habe ich schon mal wegen

Streichhölzer u. um Feuerzeug geschrieben, aber unsere

Post ist ja bis jetzt aufgehalten worden. Erst jetzt

scheint die Verbindung nach der Heimat wieder in

Gang zu sein. Ja, siehst Du, nun kann ich schon Dixmude

schreiben und nicht mehr vor Dixmude. Wir

haben das Nest nämlich im Sturm genommen, auf

feindlicher Seite hielten sich die Schwarzen am allerlängsten,

sie haben noch auf 5 Schritt geschossen, auch

unsere Verwundeten in der Nacht umgebracht. Als

ich am Tage darauf als Patrouille in Dixmude war,

(wir lagen in Eessen in Quartier) wurden sie in den

Kellern mit dem Seitengewehr abgestochen, soweit sie

sich nicht schon ergeben hatten ! Die Stadt selbst glich

einer Hölle, so prasselten um mich unter dem starken

Artilleriefeuer des Feindes die Häuser zusammen.

Wer sich auf der Straße blicken ließ, lag bald mit

zermalmten Gliedern unter Trümmern. Mehrmals

spritzte mir das Gehirn getroffener Kameraden ins

Gesicht. Ach es war grausig u. ging über meine Kräfte.

Wie ich meine Patrouille u. mich aus diesem Höllenkessel

gerettet habe, weiß ich nicht mehr, nur als ich

meine Meldung gemacht hatte, sank ich fast ohnmächtig

in mein Strohlager u. dann kurz darauf kam Feldpost,

eine Karte u. ein Brief von den Eltern, u. da


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trocken Brot, ab u. zu einige Äpfel, natürl. selbst

geklaute. Das Küchenessen mußten wir 2 mal wegschütten,

da es plötzlich wieder losging. Ruski hat

sich übrigens eine ganze Portion Artillerie aus seinen

Festungen verschrieben, durch die wir ziemlich litten.

Ich tobe immer vorne weg, nun fehlt leider Ltn.

Voß, die Schrapneller u. Granaten kriegt erfahrungsgemäß

die 2. u. 3. Linie, außerdem die Hochgänger

der Infanterie.

                         Mit innigem Gruß

                                    Euer dankbarer "Kleiner".

    Albrecht vielen Dank für seinen Brief, bin leider

noch nicht dazu gekommen, ihm zu antworten.


200.                 Brief an Trudchen vom 13. XI. 1914,

                         der nach Nr. 34 einzureihen ist.

                                                 Dixmude, 13. XI. 14.

        Liebe Sputti !

Gestern erhielt ich die Päckchen von Dir, über die ich

mich sehr freute. Eben sitze ich hier früh 1/2 5 Uhr an Stelle

des wachhabenden Unteroffiziers beim zweifelhaften Schein

eines kleinen Talglichtes. Nun bekomme ich schon solche Posten!

Das kleine Pfeifchen habe ich mir eben angesteckt, um

sie anzurauchen. Mit dem Luntenfeuerzeug hast Du mich

aus großer Not befreit, da ich nur noch ungefähr ein Dutzend


...rechte Seite

Streichhölzer hatte. Nachhause habe ich schon mal wegen

Streichhölzer u. um Feuerzeug geschrieben, aber unsere

Post ist ja bis jetzt aufgehalten worden. Erst jetzt

scheint die Verbindung nach der Heimat wieder in

Gang zu sein. Ja, siehst Du, nun kann ich schon Dixmude

schreiben und nicht mehr vor Dixmude. Wir

haben das Nest nämlich im Sturm genommen, auf

feindlicher Seite hielten sich die Schwarzen am allerlängsten,

sie haben noch auf 5 Schritt geschossen, auch

unsere Verwundeten in der Nacht umgebracht. Als

ich am Tage darauf als Patrouille in Dixmude war,

(wir lagen in Eessen in Quartier) wurden sie in den

Kellern mit dem Seitengewehr abgestochen, soweit sie

sich nicht schon ergeben hatten ! Die Stadt selbst glich

einer Hölle, so prasselten um mich unter dem starken

Artilleriefeuer des Feindes die Häuser zusammen.

Wer sich auf der Straße blicken ließ, lag bald mit

zermalmten Gliedern unter Trümmern. Mehrmals

spritzte mir das Gehirn getroffener Kameraden ins

Gesicht. Ach es war grausig u. ging über meine Kräfte.

Wie ich meine Patrouille u. mich aus diesem Höllenkessel

gerettet habe, weiß ich nicht mehr, nur als ich

meine Meldung gemacht hatte, sank ich fast ohnmächtig

in mein Strohlager u. dann kurz darauf kam Feldpost,

eine Karte u. ein Brief von den Eltern, u. da



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  • February 11, 2017 20:38:41 Rolf Kranz

    ...linke Seite

    trocken Brot, ab u. zu einige Äpfel, natürl. selbst

    geklaute. Das Küchenessen mußten wir 2 mal wegschütten,

    da es plötzlich wieder losging. Ruski hat

    sich übrigens eine ganze Portion Artillerie aus seinen

    Festungen verschrieben, durch die wir ziemlich litten.

    Ich tobe immer vorne weg, nun fehlt leider Ltn.

    Voß, die Schrapneller u. Granaten kriegt erfahrungsgemäß

    die 2. u. 3. Linie, außerdem die Hochgänger

    der Infanterie.

                             Mit innigem Gruß

                                        Euer dankbarer "Kleiner".

        Albrecht vielen Dank für seinen Brief, bin leider

    noch nicht dazu gekommen, ihm zu antworten.


    200.                 Brief an Trudchen vom 13. XI. 1914,

                             der nach Nr. 34 einzureihen ist.

                                                     Dixmude, 13. XI. 14.

            Liebe Sputti !

    Gestern erhielt ich die Päckchen von Dir, über die ich

    mich sehr freute. Eben sitze ich hier früh 1/2 5 Uhr an Stelle

    des wachhabenden Unteroffiziers beim zweifelhaften Schein

    eines kleinen Talglichtes. Nun bekomme ich schon solche Posten!

    Das kleine Pfeifchen habe ich mir eben angesteckt, um

    sie anzurauchen. Mit dem Luntenfeuerzeug hast Du mich

    aus großer Not befreit, da ich nur noch ungefähr ein Dutzend


    ...rechte Seite

    Streichhölzer hatte. Nachhause habe ich schon mal wegen

    Streichhölzer u. um Feuerzeug geschrieben, aber unsere

    Post ist ja bis jetzt aufgehalten worden. Erst jetzt

    scheint die Verbindung nach der Heimat wieder in

    Gang zu sein. Ja, siehst Du, nun kann ich schon Dixmude

    schreiben und nicht mehr vor Dixmude. Wir

    haben das Nest nämlich im Sturm genommen, auf

    feindlicher Seite hielten sich die Schwarzen am allerlängsten,

    sie haben noch auf 5 Schritt geschossen, auch

    unsere Verwundeten in der Nacht umgebracht. Als

    ich am Tage darauf als Patrouille in Dixmude war,

    (wir lagen in Eessen in Quartier) wurden sie in den

    Kellern mit dem Seitengewehr abgestochen, soweit sie

    sich nicht schon ergeben hatten ! Die Stadt selbst glich

    einer Hölle, so prasselten um mich unter dem starken

    Artilleriefeuer des Feindes die Häuser zusammen.

    Wer sich auf der Straße blicken ließ, lag bald mit

    zermalmten Gliedern unter Trümmern. Mehrmals

    spritzte mir das Gehirn getroffener Kameraden ins

    Gesicht. Ach es war grausig u. ging über meine Kräfte.

    Wie ich meine Patrouille u. mich aus diesem Höllenkessel

    gerettet habe, weiß ich nicht mehr, nur als ich

    meine Meldung gemacht hatte, sank ich fast ohnmächtig

    in mein Strohlager u. dann kurz darauf kam Feldpost,

    eine Karte u. ein Brief von den Eltern, u. da


  • January 23, 2017 21:51:00 Rolf Kranz

    ...linke Seite


    200.                 Brief an Trudchen vom 13. XI. 1914,

                             der nach Nr. 34 einzureihen ist.

                                                     Dixmude, 13. XI. 14.

            Liebe Sputti !

    Gestern erhielt ich die Päckchen von Dir, über die ich

    mich sehr freute. Eben sitze ich hier früh 1/2 5 Uhr an Stelle

    des wachhabenden Unteroffiziers beim zweifelhaften Schein

    eines kleinen Talglichtes. Nun bekomme ich schon solche Posten!

    Das kleine Pfeifchen habe ich mir eben angesteckt, um

    sie anzurauchen. Mit dem Luntenfeuerzeug hast Du mich

    aus großer Not befreit, da ich nur noch ungefähr ein Dutzend


    ...rechte Seite

    Streichhölzer hatte. Nachhause habe ich schon mal wegen

    Streichhölzer u. um Feuerzeug geschrieben, aber unsere

    Post ist ja bis jetzt aufgehalten worden. Erst jetzt

    scheint die Verbindung nach der Heimat wieder in

    Gang zu sein. Ja, siehst Du, nun kann ich schon Dixmude

    schreiben und nicht mehr vor Dixmude. Wir

    haben das Nest nämlich im Sturm genommen, auf

    feindlicher Seite hielten sich die Schwarzen am allerlängsten,

    sie haben noch auf 5 Schritt geschossen, auch

    unsere Verwundeten in der Nacht umgebracht. Als

    ich am Tage darauf als Patrouille in Dixmude war,

    (wir lagen in Eessen in Quartier) wurden sie in den

    Kellern mit dem Seitengewehr abgestochen, soweit sie

    sich nicht schon ergeben hatten ! Die Stadt selbst glich

    einer Hölle, so prasselten um mich unter dem starken

    Artilleriefeuer des Feindes die Häuser zusammen.

    Wer sich auf der Straße blicken ließ, lag bald mit

    zermalmten Gliedern unter Trümmern. Mehrmals

    spritzte mir das Gehirn getroffener Kameraden ins

    Gesicht. Ach es war grausig u. ging über meine Kräfte.

    Wie ich meine Patrouille u. mich aus diesem Höllenkessel

    gerettet habe, weiß ich nicht mehr, nur als ich

    meine Meldung gemacht hatte, sank ich fast ohnmächtig

    in mein Strohlager u. dann kurz darauf kam Feldpost,

    eine Karte u. ein Brief von den Eltern, u. da



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Friedrich-Carl Hoffmann
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