Briefe von Walther Huth an seine Eltern und Bekannte , item 71

Edit transcription:
...
Transcription saved
Enhance your transcribing experience by using full-screen mode

Transcription

You have to be logged in to transcribe. Please login or register and click the pencil-button again

...linke Seite

verlassen, soviel habe ich bei unseren Nachtausflügen

gemerkt. Herzlichst grüßt Dich

                         Dein Bruder Walther.


109.           Brief an Wilhelm von Rauchhaupt.

                                           Menin 9. März 1915.

            Lieber Wilhelm !

Wo steckst Du eigentlich u. was treibst Du ? Ich

hörte nur durch meinen Vater, daß Du wieder in

Döberitz bist. Die von uns Abkommandierten sind

übrigens nicht mehr dort, sondern im Wartelager bei

Posen. Ich habe indessen mal wieder ein ganz bösartiges

Pech gehabt, daß mir den Vize versalzen hat

u. auch weiterhin versalzen wird. Am 19. Februar

habe einem Kameraden eine Pistolenkugel in den

Bauch gejagt, allerdings sehr leichte Verwundung

u. auch nach Zeugenaussagen nicht meine Schuld.

Natürlich Tatbericht. Vor einigen Tagen Voruntersuchung,

der Adjutant war sehr liebenswürdig u. nett zu

mir, aber was will all das sagen, wenn man

mir schließlich einige Monate Festung aufbrummt.

In dem Falle halte ich mich für erledigt. Schreib darüber

mal klipp u. klar ! Diese Protokolle gehen nun

aus Regiment, Brigade, Division. Dort entscheidet


...rechte Seite

man, ob ein weiteres gerichtliches Verfahren angestrengt

werden soll. Inzwischen hat man mich zum

etatsmäßigen Unteroffizier gemacht, auch nehme ich

friedlich weiter am Offiziersaspirantenunterricht teil.

Täglich nachmittags eine Stunde Unterricht, sodann

Kompagniedienst. Außerdem Korporalschaftsführer. Was

da an Zeit überbleibt, kannst Du Dir wohl lebhaft

denken. Schriftliche Arbeiten über Gefechtsübungen,

x Lebensläufe. Sodann ab u. an ein

nächtlicher Ausflug zu feindeverderbender Tätigkeit.

Kurz, zur Besinnung komme ich kaum noch.

Dazu diese leidige Geschichte. Ich habe noch niemand

etwas davon mitgeteilt ! Der Regimentsadjutant,

bei dem wir den Unterricht haben, machte gestern

solch dämliche Bemerkung. Was mit mir würde,

könnte er noch nicht sagen, eventuell könnte

mir die Sache 3 Monate Festung einbringen.

Was das bedeutet, ist mir nicht ganz klar, ob u.

inwieweit Ehrenstrafe, Folgen etc. Glaube zwar

nicht, daß man mich so schwer verknackt, wäre

geradezu eine Gemeinheit, da man mir kaum

irgendwelche Schuld beimessen kann, höchstens, daß

Waffe mir gehört.




Transcription saved

...linke Seite

verlassen, soviel habe ich bei unseren Nachtausflügen

gemerkt. Herzlichst grüßt Dich

                         Dein Bruder Walther.


109.           Brief an Wilhelm von Rauchhaupt.

                                           Menin 9. März 1915.

            Lieber Wilhelm !

Wo steckst Du eigentlich u. was treibst Du ? Ich

hörte nur durch meinen Vater, daß Du wieder in

Döberitz bist. Die von uns Abkommandierten sind

übrigens nicht mehr dort, sondern im Wartelager bei

Posen. Ich habe indessen mal wieder ein ganz bösartiges

Pech gehabt, daß mir den Vize versalzen hat

u. auch weiterhin versalzen wird. Am 19. Februar

habe einem Kameraden eine Pistolenkugel in den

Bauch gejagt, allerdings sehr leichte Verwundung

u. auch nach Zeugenaussagen nicht meine Schuld.

Natürlich Tatbericht. Vor einigen Tagen Voruntersuchung,

der Adjutant war sehr liebenswürdig u. nett zu

mir, aber was will all das sagen, wenn man

mir schließlich einige Monate Festung aufbrummt.

In dem Falle halte ich mich für erledigt. Schreib darüber

mal klipp u. klar ! Diese Protokolle gehen nun

aus Regiment, Brigade, Division. Dort entscheidet


...rechte Seite

man, ob ein weiteres gerichtliches Verfahren angestrengt

werden soll. Inzwischen hat man mich zum

etatsmäßigen Unteroffizier gemacht, auch nehme ich

friedlich weiter am Offiziersaspirantenunterricht teil.

Täglich nachmittags eine Stunde Unterricht, sodann

Kompagniedienst. Außerdem Korporalschaftsführer. Was

da an Zeit überbleibt, kannst Du Dir wohl lebhaft

denken. Schriftliche Arbeiten über Gefechtsübungen,

x Lebensläufe. Sodann ab u. an ein

nächtlicher Ausflug zu feindeverderbender Tätigkeit.

Kurz, zur Besinnung komme ich kaum noch.

Dazu diese leidige Geschichte. Ich habe noch niemand

etwas davon mitgeteilt ! Der Regimentsadjutant,

bei dem wir den Unterricht haben, machte gestern

solch dämliche Bemerkung. Was mit mir würde,

könnte er noch nicht sagen, eventuell könnte

mir die Sache 3 Monate Festung einbringen.

Was das bedeutet, ist mir nicht ganz klar, ob u.

inwieweit Ehrenstrafe, Folgen etc. Glaube zwar

nicht, daß man mich so schwer verknackt, wäre

geradezu eine Gemeinheit, da man mir kaum

irgendwelche Schuld beimessen kann, höchstens, daß

Waffe mir gehört.





Transcription history
  • January 31, 2017 19:37:35 Rolf Kranz

    ...linke Seite

    verlassen, soviel habe ich bei unseren Nachtausflügen

    gemerkt. Herzlichst grüßt Dich

                             Dein Bruder Walther.


    109.           Brief an Wilhelm von Rauchhaupt.

                                               Menin 9. März 1915.

                Lieber Wilhelm !

    Wo steckst Du eigentlich u. was treibst Du ? Ich

    hörte nur durch meinen Vater, daß Du wieder in

    Döberitz bist. Die von uns Abkommandierten sind

    übrigens nicht mehr dort, sondern im Wartelager bei

    Posen. Ich habe indessen mal wieder ein ganz bösartiges

    Pech gehabt, daß mir den Vize versalzen hat

    u. auch weiterhin versalzen wird. Am 19. Februar

    habe einem Kameraden eine Pistolenkugel in den

    Bauch gejagt, allerdings sehr leichte Verwundung

    u. auch nach Zeugenaussagen nicht meine Schuld.

    Natürlich Tatbericht. Vor einigen Tagen Voruntersuchung,

    der Adjutant war sehr liebenswürdig u. nett zu

    mir, aber was will all das sagen, wenn man

    mir schließlich einige Monate Festung aufbrummt.

    In dem Falle halte ich mich für erledigt. Schreib darüber

    mal klipp u. klar ! Diese Protokolle gehen nun

    aus Regiment, Brigade, Division. Dort entscheidet


    ...rechte Seite

    man, ob ein weiteres gerichtliches Verfahren angestrengt

    werden soll. Inzwischen hat man mich zum

    etatsmäßigen Unteroffizier gemacht, auch nehme ich

    friedlich weiter am Offiziersaspirantenunterricht teil.

    Täglich nachmittags eine Stunde Unterricht, sodann

    Kompagniedienst. Außerdem Korporalschaftsführer. Was

    da an Zeit überbleibt, kannst Du Dir wohl lebhaft

    denken. Schriftliche Arbeiten über Gefechtsübungen,

    x Lebensläufe. Sodann ab u. an ein

    nächtlicher Ausflug zu feindeverderbender Tätigkeit.

    Kurz, zur Besinnung komme ich kaum noch.

    Dazu diese leidige Geschichte. Ich habe noch niemand

    etwas davon mitgeteilt ! Der Regimentsadjutant,

    bei dem wir den Unterricht haben, machte gestern

    solch dämliche Bemerkung. Was mit mir würde,

    könnte er noch nicht sagen, eventuell könnte

    mir die Sache 3 Monate Festung einbringen.

    Was das bedeutet, ist mir nicht ganz klar, ob u.

    inwieweit Ehrenstrafe, Folgen etc. Glaube zwar

    nicht, daß man mich so schwer verknackt, wäre

    geradezu eine Gemeinheit, da man mir kaum

    irgendwelche Schuld beimessen kann, höchstens, daß

    Waffe mir gehört.




Description

Save description
  • 50.7962915||3.121342||

    Menen

  • 51.13054289999999||13.577913399999943||

    Coswig (bei Dresden)

    ||1
Location(s)
  • Story location Coswig (bei Dresden)
  • Document location Menen
Login and add location


ID
2656 / 33678
Source
http://europeana1914-1918.eu/...
Contributor
Friedrich-Carl Hoffmann
License
http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/


Login to edit the languages

Login to edit the fronts
  • Eastern Front
  • Western Front

Login to add keywords

Login and add links

Notes and questions

Login to leave a note