Briefe von Walther Huth an seine Eltern und Bekannte , item 24

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...linke Seite

33.                      Brief an die Eltern.

                                               Dixmude 12. XI. 14.

                 Liebe Eltern !

Es freut mich, daß Ihr nun endlich nach dem 16.

Nachricht von mir habt. Meine Schuld ist es nicht,

daß Ihr nicht öfter Briefsachen bekommt, da die

Post zur Verschleierung unseres Aufmarsches oder

auch aus anderen Gründen zurückgehalten wurde.

Diese Maßregel hat uns alle betroffen. Aus

der Heimat haben wir regelmäßig Post gehabt,

zuletzt Deinen Brief vom 3. XI. Danach erübrigt

es sich doch, die Karte sofort zu beantworten

u. ich ziehe es vor, etwas ausführlicher zu berichten.

Seit dem letzten Brief, den Ihr bekommen

habt, habe ich schon öfter mal ausführlich

geschrieben. Fast dauernd waren wir im Gefecht

und unsere Kompagnie schmolz auf 60 Mann

zusammen, nachdem unser dritter Führer

 an der Spitze der Kompagnie verwundet worden war.

Unser neuer Führer, Feldwebelleutnant Montanus

tut alles, uns zu schonen, und aus einigen

meiner Karten werdet Ihr erfahren haben, daß

ihm dies auch leidlich gelungen ist. Vor einigen

Tagen bekamen wir 60 Mann Ersatz, alles Landsturmleute,


...rechte Seite

die in Döberitz die Gefangenen bewacht

haben. Es ging nun voran mit den Unternehmungen

vor D.[ixmude], die Artillerie arbeitete Tag für Tag.

Schließlich wurde vorgestern Mittag 1 Uhr gestürmt.

Wir waren mal wieder an der schlimmsten Stelle

angesetzt zu einem Frontalangriff, wo nicht

vorwärts zu kommen war. Während die anderen

Kompagnien noch zauderten und eine abwartende

Stellung einnahmen, traten wir pünktlich

an und lenkten ein rasendes Feuer auf uns.

Wir kamen nur 150m vorwärts und mußten

uns einbuddeln. So konnten wir durch unser

Feuer die anderen unterstützen, daß sie fast

ohne Feuer zu bekommen nach der Stadt reinkamen.

Unser Verfolgungsfeuer war sehr wirksam,

es wurden 2000 Gefangene gemacht. Wir hatten

aber wieder fast 40 Mann Verluste. In der

Dunkelheit gingen wir nach Essen ins Nachtquartier

in eine Scheune. Am nächsten Morgen

ging ich mit einem Kameraden als Patrouille

nach Dixmude hinein. Was ich dort erlebte, läßt

sich nicht mit Worten beschreiben. Das starke

feindliche Artilleriefeuer machte den Ort zu einer

wahren Hölle. Unsere Leute saßen zusammen-

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33.                      Brief an die Eltern.

                                               Dixmude 12. XI. 14.

                 Liebe Eltern !

Es freut mich, daß Ihr nun endlich nach dem 16.

Nachricht von mir habt. Meine Schuld ist es nicht,

daß Ihr nicht öfter Briefsachen bekommt, da die

Post zur Verschleierung unseres Aufmarsches oder

auch aus anderen Gründen zurückgehalten wurde.

Diese Maßregel hat uns alle betroffen. Aus

der Heimat haben wir regelmäßig Post gehabt,

zuletzt Deinen Brief vom 3. XI. Danach erübrigt

es sich doch, die Karte sofort zu beantworten

u. ich ziehe es vor, etwas ausführlicher zu berichten.

Seit dem letzten Brief, den Ihr bekommen

habt, habe ich schon öfter mal ausführlich

geschrieben. Fast dauernd waren wir im Gefecht

und unsere Kompagnie schmolz auf 60 Mann

zusammen, nachdem unser dritter Führer

 an der Spitze der Kompagnie verwundet worden war.

Unser neuer Führer, Feldwebelleutnant Montanus

tut alles, uns zu schonen, und aus einigen

meiner Karten werdet Ihr erfahren haben, daß

ihm dies auch leidlich gelungen ist. Vor einigen

Tagen bekamen wir 60 Mann Ersatz, alles Landsturmleute,


...rechte Seite

die in Döberitz die Gefangenen bewacht

haben. Es ging nun voran mit den Unternehmungen

vor D.[ixmude], die Artillerie arbeitete Tag für Tag.

Schließlich wurde vorgestern Mittag 1 Uhr gestürmt.

Wir waren mal wieder an der schlimmsten Stelle

angesetzt zu einem Frontalangriff, wo nicht

vorwärts zu kommen war. Während die anderen

Kompagnien noch zauderten und eine abwartende

Stellung einnahmen, traten wir pünktlich

an und lenkten ein rasendes Feuer auf uns.

Wir kamen nur 150m vorwärts und mußten

uns einbuddeln. So konnten wir durch unser

Feuer die anderen unterstützen, daß sie fast

ohne Feuer zu bekommen nach der Stadt reinkamen.

Unser Verfolgungsfeuer war sehr wirksam,

es wurden 2000 Gefangene gemacht. Wir hatten

aber wieder fast 40 Mann Verluste. In der

Dunkelheit gingen wir nach Essen ins Nachtquartier

in eine Scheune. Am nächsten Morgen

ging ich mit einem Kameraden als Patrouille

nach Dixmude hinein. Was ich dort erlebte, läßt

sich nicht mit Worten beschreiben. Das starke

feindliche Artilleriefeuer machte den Ort zu einer

wahren Hölle. Unsere Leute saßen zusammen-


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  • January 19, 2017 21:10:55 Rolf Kranz

    ...linke Seite

    33.                      Brief an die Eltern.

                                                   Dixmude 12. XI. 14.

                     Liebe Eltern !

    Es freut mich, daß Ihr nun endlich nach dem 16.

    Nachricht von mir habt. Meine Schuld ist es nicht,

    daß Ihr nicht öfter Briefsachen bekommt, da die

    Post zur Verschleierung unseres Aufmarsches oder

    auch aus anderen Gründen zurückgehalten wurde.

    Diese Maßregel hat uns alle betroffen. Aus

    der Heimat haben wir regelmäßig Post gehabt,

    zuletzt Deinen Brief vom 3. XI. Danach erübrigt

    es sich doch, die Karte sofort zu beantworten

    u. ich ziehe es vor, etwas ausführlicher zu berichten.

    Seit dem letzten Brief, den Ihr bekommen

    habt, habe ich schon öfter mal ausführlich

    geschrieben. Fast dauernd waren wir im Gefecht

    und unsere Kompagnie schmolz auf 60 Mann

    zusammen, nachdem unser dritter Führer

     an der Spitze der Kompagnie verwundet worden war.

    Unser neuer Führer, Feldwebelleutnant Montanus

    tut alles, uns zu schonen, und aus einigen

    meiner Karten werdet Ihr erfahren haben, daß

    ihm dies auch leidlich gelungen ist. Vor einigen

    Tagen bekamen wir 60 Mann Ersatz, alles Landsturmleute,


    ...rechte Seite

    die in Döberitz die Gefangenen bewacht

    haben. Es ging nun voran mit den Unternehmungen

    vor D.[ixmude], die Artillerie arbeitete Tag für Tag.

    Schließlich wurde vorgestern Mittag 1 Uhr gestürmt.

    Wir waren mal wieder an der schlimmsten Stelle

    angesetzt zu einem Frontalangriff, wo nicht

    vorwärts zu kommen war. Während die anderen

    Kompagnien noch zauderten und eine abwartende

    Stellung einnahmen, traten wir pünktlich

    an und lenkten ein rasendes Feuer auf uns.

    Wir kamen nur 150m vorwärts und mußten

    uns einbuddeln. So konnten wir durch unser

    Feuer die anderen unterstützen, daß sie fast

    ohne Feuer zu bekommen nach der Stadt reinkamen.

    Unser Verfolgungsfeuer war sehr wirksam,

    es wurden 2000 Gefangene gemacht. Wir hatten

    aber wieder fast 40 Mann Verluste. In der

    Dunkelheit gingen wir nach Essen ins Nachtquartier

    in eine Scheune. Am nächsten Morgen

    ging ich mit einem Kameraden als Patrouille

    nach Dixmude hinein. Was ich dort erlebte, läßt

    sich nicht mit Worten beschreiben. Das starke

    feindliche Artilleriefeuer machte den Ort zu einer

    wahren Hölle. Unsere Leute saßen zusammen-

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  • 51.033331||2.8658393||

    Diksmuide

  • 51.13054289999999||13.577913399999943||

    Coswig (bei Dresden)

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  • Story location Coswig (bei Dresden)
  • Document location Diksmuide
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2656 / 33631
Source
http://europeana1914-1918.eu/...
Contributor
Friedrich-Carl Hoffmann
License
http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/


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