Briefe von Walther Huth an seine Eltern und Bekannte , item 107

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173.              Brief an Trudchen.

                                Bei Grudusk-Brzozowo  11. VII. 1915.

    Liebe Sputti !

Zunächst vielen Dank für Sendungen ! Münchhausen u.

Skowronnek ! Wir waren jetzt 2 Tage u. eine Nacht in

Stellung vor dem stark befestigten Städtchen Grudusk,

das wir in den nächsten Tagen stürmen werden. Vorige

Nacht haben wir eine Sturmstellung etwa 300 m vorgetrieben,

Graben für stehende Schützen. Ruski hatte gerade damit zu

tun, seine eigenen Gräben u. Drahtverhaue, die durch unser

Artilleriefeuer etwas gelitten hatten, wiederherzustellen,

infolgedessen störte er uns nur wenig u. die Sache ging ohne

Verluste ab. Heute Nacht gehen wir jedenfalls noch mal ein

Stück vor, daß uns nur noch 200 m vom Feinde trennen,

die müssen wir dann rüberflitzen, gelingt auch, wenn

die Artillerie gut vorarbeitet, es ist wenigstens genügend

vorhanden u. das ist immer schon ein großer Trost. Das

Städtchen ragt wie eine kleine Festung aus der russischen

Stellung hervor u. rechnet schon zu den Vorbefestigungen von

Warschau. Soweit ich die Sache übersehe, gibt es nächstens

überhaupt wieder einen großen Schlag, der vielleicht hier

im Osten Schluß macht, oder uns doch bis vor Warschau

bringt. Viel gefährlicher als das vor uns liegende Nest

sind die Stellungen dahinter auf dem Höhenzuge. Heute

sind wir in Reserve, um uns noch etwas auszupennen,


...rechte Seite

die 2. u. 3./95 stürmen in vorderster Linie, ebenso 2 Kompagnien

vom II./95. Das III. bleibt in Reserve, also hat

Wilhelm diesmal wieder das Pech hinten zu sitzen, draußen

ist er ja nun, na wird schon noch werden, da wir sicher

noch viel Gefechtstage in nächster Zeit haben werden.

     Ich war die letzten Tage etwas auf den Hund, übergab

mich andauernd u. konnte nicht esssen, bin jetzt aber

wieder hergestellt, rauche schon wieder wie ein Schlot, das

ist das beste Zeichen.

          Die Etappenschweine ! (Auch ein Haßgesang).

1.  Wer läuft geleckt u. gebügelt umher,

     Wem fällt das Grüßen entsetzlich schwer,

     Wer schluckt unzähliges Kommandogeld,

      Und ist in Gesprächen und Briefen ein Held,

      Wer stiehlt uns die besten Weine ?

                    Das sind die Etappenschweine !

2.   Wer hat statt Mutes nur Grütze im Kopf

       Und trägt doch das schwarzweiße Band im Knopf,

       Wer trippelt den deutschen Frauen zur Schmach

       Geputzten, verseuchten Französinnen nach

       Und schläft nur selten allein ?

                    Das sind die Etappenschweine !

3.    Wer packt beim geringsten Schießen die Koffer

       Und zittert vor einem Durchbruch und Joffre,

       Wer schmiedet die dümmsten Latrinengerüchte

 



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173.              Brief an Trudchen.

                                Bei Grudusk-Brzozowo  11. VII. 1915.

    Liebe Sputti !

Zunächst vielen Dank für Sendungen ! Münchhausen u.

Skowronnek ! Wir waren jetzt 2 Tage u. eine Nacht in

Stellung vor dem stark befestigten Städtchen Grudusk,

das wir in den nächsten Tagen stürmen werden. Vorige

Nacht haben wir eine Sturmstellung etwa 300 m vorgetrieben,

Graben für stehende Schützen. Ruski hatte gerade damit zu

tun, seine eigenen Gräben u. Drahtverhaue, die durch unser

Artilleriefeuer etwas gelitten hatten, wiederherzustellen,

infolgedessen störte er uns nur wenig u. die Sache ging ohne

Verluste ab. Heute Nacht gehen wir jedenfalls noch mal ein

Stück vor, daß uns nur noch 200 m vom Feinde trennen,

die müssen wir dann rüberflitzen, gelingt auch, wenn

die Artillerie gut vorarbeitet, es ist wenigstens genügend

vorhanden u. das ist immer schon ein großer Trost. Das

Städtchen ragt wie eine kleine Festung aus der russischen

Stellung hervor u. rechnet schon zu den Vorbefestigungen von

Warschau. Soweit ich die Sache übersehe, gibt es nächstens

überhaupt wieder einen großen Schlag, der vielleicht hier

im Osten Schluß macht, oder uns doch bis vor Warschau

bringt. Viel gefährlicher als das vor uns liegende Nest

sind die Stellungen dahinter auf dem Höhenzuge. Heute

sind wir in Reserve, um uns noch etwas auszupennen,


...rechte Seite

die 2. u. 3./95 stürmen in vorderster Linie, ebenso 2 Kompagnien

vom II./95. Das III. bleibt in Reserve, also hat

Wilhelm diesmal wieder das Pech hinten zu sitzen, draußen

ist er ja nun, na wird schon noch werden, da wir sicher

noch viel Gefechtstage in nächster Zeit haben werden.

     Ich war die letzten Tage etwas auf den Hund, übergab

mich andauernd u. konnte nicht esssen, bin jetzt aber

wieder hergestellt, rauche schon wieder wie ein Schlot, das

ist das beste Zeichen.

          Die Etappenschweine ! (Auch ein Haßgesang).

1.  Wer läuft geleckt u. gebügelt umher,

     Wem fällt das Grüßen entsetzlich schwer,

     Wer schluckt unzähliges Kommandogeld,

      Und ist in Gesprächen und Briefen ein Held,

      Wer stiehlt uns die besten Weine ?

                    Das sind die Etappenschweine !

2.   Wer hat statt Mutes nur Grütze im Kopf

       Und trägt doch das schwarzweiße Band im Knopf,

       Wer trippelt den deutschen Frauen zur Schmach

       Geputzten, verseuchten Französinnen nach

       Und schläft nur selten allein ?

                    Das sind die Etappenschweine !

3.    Wer packt beim geringsten Schießen die Koffer

       Und zittert vor einem Durchbruch und Joffre,

       Wer schmiedet die dümmsten Latrinengerüchte

 




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  • February 8, 2017 19:16:25 Rolf Kranz

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    173.              Brief an Trudchen.

                                    Bei Grudusk-Brzozowo  11. VII. 1915.

        Liebe Sputti !

    Zunächst vielen Dank für Sendungen ! Münchhausen u.

    Skowronnek ! Wir waren jetzt 2 Tage u. eine Nacht in

    Stellung vor dem stark befestigten Städtchen Grudusk,

    das wir in den nächsten Tagen stürmen werden. Vorige

    Nacht haben wir eine Sturmstellung etwa 300 m vorgetrieben,

    Graben für stehende Schützen. Ruski hatte gerade damit zu

    tun, seine eigenen Gräben u. Drahtverhaue, die durch unser

    Artilleriefeuer etwas gelitten hatten, wiederherzustellen,

    infolgedessen störte er uns nur wenig u. die Sache ging ohne

    Verluste ab. Heute Nacht gehen wir jedenfalls noch mal ein

    Stück vor, daß uns nur noch 200 m vom Feinde trennen,

    die müssen wir dann rüberflitzen, gelingt auch, wenn

    die Artillerie gut vorarbeitet, es ist wenigstens genügend

    vorhanden u. das ist immer schon ein großer Trost. Das

    Städtchen ragt wie eine kleine Festung aus der russischen

    Stellung hervor u. rechnet schon zu den Vorbefestigungen von

    Warschau. Soweit ich die Sache übersehe, gibt es nächstens

    überhaupt wieder einen großen Schlag, der vielleicht hier

    im Osten Schluß macht, oder uns doch bis vor Warschau

    bringt. Viel gefährlicher als das vor uns liegende Nest

    sind die Stellungen dahinter auf dem Höhenzuge. Heute

    sind wir in Reserve, um uns noch etwas auszupennen,


    ...rechte Seite

    die 2. u. 3./95 stürmen in vorderster Linie, ebenso 2 Kompagnien

    vom II./95. Das III. bleibt in Reserve, also hat

    Wilhelm diesmal wieder das Pech hinten zu sitzen, draußen

    ist er ja nun, na wird schon noch werden, da wir sicher

    noch viel Gefechtstage in nächster Zeit haben werden.

         Ich war die letzten Tage etwas auf den Hund, übergab

    mich andauernd u. konnte nicht esssen, bin jetzt aber

    wieder hergestellt, rauche schon wieder wie ein Schlot, das

    ist das beste Zeichen.

              Die Etappenschweine ! (Auch ein Haßgesang).

    1.  Wer läuft geleckt u. gebügelt umher,

         Wem fällt das Grüßen entsetzlich schwer,

         Wer schluckt unzähliges Kommandogeld,

          Und ist in Gesprächen und Briefen ein Held,

          Wer stiehlt uns die besten Weine ?

                        Das sind die Etappenschweine !

    2.   Wer hat statt Mutes nur Grütze im Kopf

           Und trägt doch das schwarzweiße Band im Knopf,

           Wer trippelt den deutschen Frauen zur Schmach

           Geputzten, verseuchten Französinnen nach

           Und schläft nur selten allein ?

                        Das sind die Etappenschweine !

    3.    Wer packt beim geringsten Schießen die Koffer

           Und zittert vor einem Durchbruch und Joffre,

           Wer schmiedet die dümmsten Latrinengerüchte

     



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  • 53.075278||20.605556||

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2656 / 33714
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http://europeana1914-1918.eu/...
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Friedrich-Carl Hoffmann
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