Briefe von Walther Huth an seine Eltern und Bekannte , item 37

Edit transcription:
...
Transcription saved
Enhance your transcribing experience by using full-screen mode

Transcription

You have to be logged in to transcribe. Please login or register and click the pencil-button again

...linke Seite

zählten 56. Das war alles, was wiederkam von 135,

die ausgezogen waren. Hier zum ersten mal arbeiteten

die Krankenträger mit beispiellosen Mut u. Energie,

sooft ich ihre (nicht)Tätigkeit gesehen habe. Der Graben

jenseits der Yser wurde an dem Abend aufgegeben, er

ist am 10. mit schweren Verlusten erkauft worden. Ich

kenne ihn von einer Nachtpatrouille. Die Leichen liegen

dort in furchtbaren Haufen, wie sie am 10. gefallen,

Freund u. Feind, teilweise dienen sie zur Verstärkung

der Brustwehren. Ein übler Geruch herrscht dort. Vor dem

Graben, jenseits der Drahtverhaue u. Flatterminen [=Tretminen] der

Pioniere, liegen Leichen von 4 mit großer Übermacht

u. Mut unternommenen Durchbruchsversuchen der Franzosen.

Sie hatten furchtbare Verluste durch alle Waffen,

selbst die Langkanonen schossen mit Schrappnells auf

6500 m. Unsere Leute hatten dort Tag u. Nacht keine

Ruhe, standen bis an den Rand der Stiefelschäfte in

lehmig, schmierigem Brei. Ja unsere arme 4/202. 2 Gruppen

u. 1 Maschinengewehr wurden vollständig durch

einige Volltreffer vernichtet u. verschüttet. Der Graben

soll dort glatt ausgefüllt sein. Und wodurch all` unsere

Not ? Durch eine verletzte Telefonleitung. Sobald unsere

schwere Artillerie angriff, waren wir gerettet, aber die

bekamen keine Nachricht vom Graben aus u. meinten,


...rechte Seite

die leichte sei an der Arbeit, die wieder konnte lange

um Hilfe rufen. Nun gings im prächtigsten Mondschein

durch schwierigen Dreck zunächst nach Aschoop. Dort war

die allgemein beliebte u. mit Jubel begrüßte Gulaschkanone.

Dort pflegten wir uns u. standen in einem

furchtbar aufbrausenden Sturm bis 12 Uhr, während

schon die ersten Regenschauer klatschend wie Peitschenhiebe

herabkamen. Bald ging es dann los nach Zarrenlinde

bei Zarren in strömendem Regen auf

grundlos aufgeweichten Straßen. Die Mitte ist ja

nur suppig bis an die Knöchel, darunter einspuriges

Pflaster, daneben wie der Burow Feldweg 1903. Schon

kurz hinter Nachtigall u. Gutholz (dort gibts sogar ein

Stückchen Wald !) merkte ich, daß die Richtung nicht

mehr stimmte, wir mußten fast nördlich u. gingen

genau nach Osten. Wir gondelten dann hin u. her, bis

wir glücklich um 1/4 4 Zarrenlinde u. damit ins Quartier

kamen, naß wie die Katzen u. hundemüde. Aus

2 Stunden hatten wir fast 4 gemacht. Am 5. Ruhe. Abends

war ich Wachhabender. Heute früh 8:15 gings dann

wieder los, zuerst sogar mit Musik nach Kartemarck

bei wunderbar herrlichem Wetter. Unterwegs kamen

wir am Flugplatz vorbei u. flüchteten einmal

vor Fliegern zerstreut auf die Äcker nebenan,




Transcription saved

...linke Seite

zählten 56. Das war alles, was wiederkam von 135,

die ausgezogen waren. Hier zum ersten mal arbeiteten

die Krankenträger mit beispiellosen Mut u. Energie,

sooft ich ihre (nicht)Tätigkeit gesehen habe. Der Graben

jenseits der Yser wurde an dem Abend aufgegeben, er

ist am 10. mit schweren Verlusten erkauft worden. Ich

kenne ihn von einer Nachtpatrouille. Die Leichen liegen

dort in furchtbaren Haufen, wie sie am 10. gefallen,

Freund u. Feind, teilweise dienen sie zur Verstärkung

der Brustwehren. Ein übler Geruch herrscht dort. Vor dem

Graben, jenseits der Drahtverhaue u. Flatterminen [=Tretminen] der

Pioniere, liegen Leichen von 4 mit großer Übermacht

u. Mut unternommenen Durchbruchsversuchen der Franzosen.

Sie hatten furchtbare Verluste durch alle Waffen,

selbst die Langkanonen schossen mit Schrappnells auf

6500 m. Unsere Leute hatten dort Tag u. Nacht keine

Ruhe, standen bis an den Rand der Stiefelschäfte in

lehmig, schmierigem Brei. Ja unsere arme 4/202. 2 Gruppen

u. 1 Maschinengewehr wurden vollständig durch

einige Volltreffer vernichtet u. verschüttet. Der Graben

soll dort glatt ausgefüllt sein. Und wodurch all` unsere

Not ? Durch eine verletzte Telefonleitung. Sobald unsere

schwere Artillerie angriff, waren wir gerettet, aber die

bekamen keine Nachricht vom Graben aus u. meinten,


...rechte Seite

die leichte sei an der Arbeit, die wieder konnte lange

um Hilfe rufen. Nun gings im prächtigsten Mondschein

durch schwierigen Dreck zunächst nach Aschoop. Dort war

die allgemein beliebte u. mit Jubel begrüßte Gulaschkanone.

Dort pflegten wir uns u. standen in einem

furchtbar aufbrausenden Sturm bis 12 Uhr, während

schon die ersten Regenschauer klatschend wie Peitschenhiebe

herabkamen. Bald ging es dann los nach Zarrenlinde

bei Zarren in strömendem Regen auf

grundlos aufgeweichten Straßen. Die Mitte ist ja

nur suppig bis an die Knöchel, darunter einspuriges

Pflaster, daneben wie der Burow Feldweg 1903. Schon

kurz hinter Nachtigall u. Gutholz (dort gibts sogar ein

Stückchen Wald !) merkte ich, daß die Richtung nicht

mehr stimmte, wir mußten fast nördlich u. gingen

genau nach Osten. Wir gondelten dann hin u. her, bis

wir glücklich um 1/4 4 Zarrenlinde u. damit ins Quartier

kamen, naß wie die Katzen u. hundemüde. Aus

2 Stunden hatten wir fast 4 gemacht. Am 5. Ruhe. Abends

war ich Wachhabender. Heute früh 8:15 gings dann

wieder los, zuerst sogar mit Musik nach Kartemarck

bei wunderbar herrlichem Wetter. Unterwegs kamen

wir am Flugplatz vorbei u. flüchteten einmal

vor Fliegern zerstreut auf die Äcker nebenan,





Transcription history
  • January 22, 2017 21:56:53 Rolf Kranz

    ...linke Seite

    zählten 56. Das war alles, was wiederkam von 135,

    die ausgezogen waren. Hier zum ersten mal arbeiteten

    die Krankenträger mit beispiellosen Mut u. Energie,

    sooft ich ihre (nicht)Tätigkeit gesehen habe. Der Graben

    jenseits der Yser wurde an dem Abend aufgegeben, er

    ist am 10. mit schweren Verlusten erkauft worden. Ich

    kenne ihn von einer Nachtpatrouille. Die Leichen liegen

    dort in furchtbaren Haufen, wie sie am 10. gefallen,

    Freund u. Feind, teilweise dienen sie zur Verstärkung

    der Brustwehren. Ein übler Geruch herrscht dort. Vor dem

    Graben, jenseits der Drahtverhaue u. Flatterminen [=Tretminen] der

    Pioniere, liegen Leichen von 4 mit großer Übermacht

    u. Mut unternommenen Durchbruchsversuchen der Franzosen.

    Sie hatten furchtbare Verluste durch alle Waffen,

    selbst die Langkanonen schossen mit Schrappnells auf

    6500 m. Unsere Leute hatten dort Tag u. Nacht keine

    Ruhe, standen bis an den Rand der Stiefelschäfte in

    lehmig, schmierigem Brei. Ja unsere arme 4/202. 2 Gruppen

    u. 1 Maschinengewehr wurden vollständig durch

    einige Volltreffer vernichtet u. verschüttet. Der Graben

    soll dort glatt ausgefüllt sein. Und wodurch all` unsere

    Not ? Durch eine verletzte Telefonleitung. Sobald unsere

    schwere Artillerie angriff, waren wir gerettet, aber die

    bekamen keine Nachricht vom Graben aus u. meinten,


    ...rechte Seite

    die leichte sei an der Arbeit, die wieder konnte lange

    um Hilfe rufen. Nun gings im prächtigsten Mondschein

    durch schwierigen Dreck zunächst nach Aschoop. Dort war

    die allgemein beliebte u. mit Jubel begrüßte Gulaschkanone.

    Dort pflegten wir uns u. standen in einem

    furchtbar aufbrausenden Sturm bis 12 Uhr, während

    schon die ersten Regenschauer klatschend wie Peitschenhiebe

    herabkamen. Bald ging es dann los nach Zarrenlinde

    bei Zarren in strömendem Regen auf

    grundlos aufgeweichten Straßen. Die Mitte ist ja

    nur suppig bis an die Knöchel, darunter einspuriges

    Pflaster, daneben wie der Burow Feldweg 1903. Schon

    kurz hinter Nachtigall u. Gutholz (dort gibts sogar ein

    Stückchen Wald !) merkte ich, daß die Richtung nicht

    mehr stimmte, wir mußten fast nördlich u. gingen

    genau nach Osten. Wir gondelten dann hin u. her, bis

    wir glücklich um 1/4 4 Zarrenlinde u. damit ins Quartier

    kamen, naß wie die Katzen u. hundemüde. Aus

    2 Stunden hatten wir fast 4 gemacht. Am 5. Ruhe. Abends

    war ich Wachhabender. Heute früh 8:15 gings dann

    wieder los, zuerst sogar mit Musik nach Kartemarck

    bei wunderbar herrlichem Wetter. Unterwegs kamen

    wir am Flugplatz vorbei u. flüchteten einmal

    vor Fliegern zerstreut auf die Äcker nebenan,




Description

Save description
  • 51.13054289999999||13.577913399999943||

    Coswig (bei Dresden)

    ||1
Location(s)
  • Story location Coswig (bei Dresden)
Login and add location


ID
2656 / 33644
Source
http://europeana1914-1918.eu/...
Contributor
Friedrich-Carl Hoffmann
License
http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/


Login to edit the languages

Login to edit the fronts
  • Eastern Front
  • Western Front

Login to add keywords

Login and add links

Notes and questions

Login to leave a note