Zeitungen aus der Kriegszeit 1914, item 19

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  item 19        

                                                                           Eisenacher        Zeitung

verbunden mit

Tageblatt und Anzeiger für den Eisenacher Kreis


                                                                              Druck und Verlag :

                                                     Hofbuchdruckerei Eisenach, H.  Kahle,

                                                                                Inhaber:

                                                               Paul Kahle und Karl Kahle.


    Die "Eisenacher Zeitung", verbunden mit "Tageblatt und Anzeiger für den Eisenacher

Kreis", erscheint mit Ausnahme der Feiertage wöchentlich sechsmal, mit "Illustriertem Unter-

haltungsblatt", Fahrplan und Kalender. Bezugspreis für Eisenach, einschließlich Bringerlohn ,

monatlich 70 Pf. in Vorauszahlung; durch die Post vierteljährlich 2,10 M. frei ins Haus, bei

Abholung am Postschalter 1,68 M. Alle Postanstalten sowie die Landbriefträger und unsere Ver-

treter nehmen Bestellungen entgegen. Einzelne Nummer 10 Pf.


    Anzeigenpreis für Eisenach 10 Pf. für die einspaltige Petitzeile, für auswärts und im amt-

lichen Teil 15 Pf. Reklamen nach dem politischen Teil: Petitzeile 40 Pf. Nachweisgebühr aller

Art: 20 Pf. Annahme der Anzeigen bis vormittag 9 Uhr, größere  > Tags zuvor < .

Annahme und Vermittlung von Anzeigen für alle Zeitungen der Welt. Beilagegebühr: für

die Gesamtauflage 50 Pf. bei vierseitigen, 30 Pf. bei zweiseitigen Beilagen, für die Stadtauflage

40 beziehungsweise 22 Pf.

_______________________________________________________________________________________________________________

Nr. 178 Geschäftsstelle:              Sonnabend, den 1. August 1914.            Geschäftszeit:            48. Jahrg.
               Eisenach, Sophienstraße 55/57. Fernsprecher 47.         7 Uhr vormittags bis 6 Uhr nachmittags.  

_______________________________________________________________________________________________________________


Vor der Entscheidung über den Weltkrieg. 

 1. Spalte 

Ein fürchterliches, der Generation von heute bis-
her fremd gewesenes Wort! Man hat davon in 
alten Geschichtsbüchern bisher gelesen; nur eine 
Minderzahl von denen, die heute noch unter uns
weilen, haben solchen Kriegszustand in deutschen 
Landen selbst erlebt. Kriegszustand ist noch nicht

Krieg, hört man da und dort. Eine Tröstung, die

nur geringen Glauben finden mag. Wenn nicht in

Petersburg und in Paris die Erleuchtung wie ein 
Wunder herniedersteigt, dann darf die Menschheit
alle Hoffnung schwinden lassen. Der Kaiser,

unser Friedenskaiser , ist, wie eine offenbar

hochoffiziöse Kundgebung  verlautbart, vom rus-

sichen Zaren schmählich betrogen

worden. Das Verhalten der russischen Krone

schlägt jeder Loyalität ins Gesicht! Nun soll 
Rußland erfahren, heißt es in jener offi-

ziösen Auslassung, daß dieser  Abkomme Friedrichs 
des Großen ein Kriegsfürst sein wird! Hört man 

schon den Anmarsch unserer Bataillone? Wir dür-

fen den kommenden Ereignissen ohne Bangen ent-

gegensehen . Nicht  großsprecherisch und nicht über-

mütig wollen wir sein; aber wer vielleicht draußen

in der Welt glaubt, schreibt die  "Nat. Ztg." daß

das deutsche Volk vom  Schauder blasser Furcht ge-

schüttelt werde, wie es bei den Leuten jenseits der 

Grenzen bereits der Fall ist,  so gibt man  sich einer

regen Täuschung hin. Das  Volk steht auf, 

der Sturm bricht los. Die Herren an der 

Newa wollen eine blutige Tragödie inszenieren, ihre

Freunde an der Seine wollen oder können sie daran 

nicht hindern: Wohlan! Das Spiel kann 

beginnen!

 

                       Ultimatum an Rußland.

    Der "Norddeutschen Allg. Ztg." zufolge ließ Kaiser

Wilhelm Rußland wissen, daß die deutsche

Mobilmachung in Aussicht steht, falls Rußland

nicht binnen 12 Stunden seine Kriegsvorbereitungen

einstellt. Gleichzeitig ist an Frankreich

die Anfrage über dessen Haltung im Falle

eines deutsch-russischen Krieges gerichtet worden.


                   Der Reichstag wird einberufen.

    Berlin, 31. Juli. Wie offiziös gemeldet wird,

ist die Einberufung des Reichstages

auf Dienstag, den 4. August, in Aussicht genommen.

Die Eröffnung wird im Weißen Saale des Königlichen

Schlosses zu Berlin um 1 Uhr nachmittags

erfolgen. Die kaiserliche Verordnung wegen der

Berufung steht noch aus.


            Der Reichstag wird einberufen.

    Berlin, 31. Juli. Wie offiziös gemeldet wird,

ist die Einberufung des Reichstages

auf Dienstag, den 4. August, in Aussicht genommen.

die Eröffnung wird im Weißen Saale des Königlichen

Schlosses zu Berlin um 1 Uhr nachmittags

erfolgen. Die kaiserliche Verordnung wegen der

Berufung steht noch aus.


                          Kriegszustand.

    Berlin, 31. Juli. Aus Petersburg ist die

Nachricht des deutschen Botschafters eingegangen,

daß die allgemeine Mobilmachung der russischen

Armee und Flotte befohlen worden ist. Darauf

hat Se. Majestät der Kaiser den Zustand der

drohenden Kriegsgefahr befohlen. Se. Majestät

wird heute nach Berlin übersiedeln.

    Berlin, 31.Juli Nach Artikel 68 der Reichsverfassug

hat Se. Majestät der Kaiser das Reichsgebiet

ohne Bayern in den Kriegszustand erklärt.

Über Bayern ergeht die gleiche Anordnung.

    Berlin, 31. Juli.  Bei militärischen Maßnahmen

kommen bei drohender Kriegsgefahr hauptsächlich

in Betracht:

    1. An der Grenze und zum Schutze der Eisenbahnen

        erforderliche Maßnahmen.

    2. Verkehrsbeschränkungen der Post, Telegraphen,

        Eisenbahnen usw. zugunsten des militärischen

        Bedarfs.

     3. Erklärung des Kriegszustandes für das gesamte

         Kriegsgebiet.

     4. Verbot der Veröffentlichung über Truppenbewegungen

         und Verteidigungsmittel. Der

         Kriegszustand ist gleichbedeutend mit dem

         Belagerungszustand in Preußen (Art. 68

         der Reichsverordnung.)

 

 2. Spalte 

                         

                      Die bayerische Verfügung.

    München, 31. Juli. Nach einer königlichen

Verordnung vom 31. Juli 1914 wird über das gesamte

Gebiet des Königreichs der Kriegszustand

verhängt. Für die Pfalz wird das Standrecht

angeordnet.


                   Die Rückkehr des Kaisers von

                         Potsdam nach Berlin.

                             In Erwartung.

    Infolge der Gerüchte, daß heute die Mobilisierung

der deutschen Armee erfolgen solle, hatten sich

schon am Mittag in den Hauptstraßen des Zentrums

größere Menschenmassen angesammelt, um die

neuesten Ereignisse möglichst schnell zu erfahren.

Gegen 2 Uhr kamen in Autos die ersten Extrablätter

auf die Straße, die den Boten von

Dutzenden von Händen entrissen wurden. In wenigen

Minuten waren Straßen und Plätze mit 

Tausenden der flatternden Blätter bedeckt. Unter

den Linden, in der Leipziger Straße und am Potsdamer

Platz scharten sich sofort dichte Menschenmassen 

zusammen, die in größter Erregung hin- und

herwogten, und gegen deren Strom die Schutzleute,

die den Verkehr zu regeln hatten, machtlos waren.

Da wurde die Nachricht bekannt, daß der Kaiser

die Absicht habe, im Laufe des Nachmittags seine

Residenz im Potsdamer Neuen Palais

missing

                           Der Einzug des Kaisers.

    Sofort strömten die Massen aus den Straßen in

der Nähe der Linden dem Brandenburger

Tore zu, wo sich bald Tausende und Abertausende

in dichten Menschenmauern aufstellten. Gegen ¾ 3

Uhr ertönten vom Tiergarten her brausende Hochrufe.

Die Wache am Brandenburger Tor trat unter

Gewehr. Die Trommel rasselte und gleich darauf

durchschnitt der scharfe Klang des Kaiserlichen 

Hupensignals die Luft. Hinter der Siegesallee tauchte

das bekannte hellbraune Automobil des

Kaisers mit der roten Standarte auf. Zehntausendfache

Hochs erschollen und das Trommelgewirbel

der Wache ertrank in dem Meere der

Jubelrufe. Der Kaiser, der die Uniform des Regiments

Garde du Corps mit dem Stahlhelm trug,

dankte unaufhörlich nach allen Seiten. Er wie die

Kaiserin waren ernsten Antlitzes. Als das Kaiserliche

Auto den Pariser Platz hinter sich gelassen

hatte und in die Linden einlenkte, durchbrachen die

Menschenmassen von beiden Seiten die dünnen

Schutzmannsketten, die schon seit der Mittagsstunde

aufgestellt waren. In tosender Begeisterung drängten

sich Tausende von Menschen um den Wagen und

jubelten dem Kaiserpaare zu. Nur langsam konnte

sich der Wagen unter unausgesetzten Hupensignalen

einen Weg durch die Menge bahnen. Dicht hinter

dem Kaiserlichen Auto fuhr der bekannte dunkle

Kraftwagen des Kronprinzen. Der Thronfolger,

der die Uniform seiner Danziger Leibhusaren

trug, wurde ebenso wie seine Gemahlin mit der

gleichen Begeisterung wie das Kaiserpaar begrüßt.

Zwischen beiden saß der älteste Sohn, Prinz Wilhelm.

Auch das Automobil des Prinzen mußte,

besonders zwischen der Wilhelmstraße und der

Friedrichstraße, mehrere Male im Schritt fahren,

um kein Unheil in der freudig erregten Menge

anzurichten. Im dritten Auto saß Prinz Adalbert

sowie das Prinzenpaar August Wilhelm.

Auf dem Schloßplatz wurden die Hofautomobile von

einer vieltausendköpfigen Menge empfangen, die in

brausende Hochrufe ausbrach, als der Wagen des

Kaisers auf der Schloßbrücke erschien und die

Purpurstandarte über dem alten Schlosse der

Hohenzollern emporstieg.

                              Vor dem Schloß.

    Die Menschenmassen, die das Kaiserpaar Unter

den Linden begrüßt hatten, fluteten nun die Linden

herunter dem Schlosse zu. Bald standen auf

dem Platze zwischen Schlosse und dem Lustgarten

Menschenmengen, wie sie der Platz wohl selten

gesehen haben mag. Die allgemeine begeisterte

Erregung hatte jetzt ihren Höhepunkt erreicht. An

den Kandelabern in der Mitte des Platzes stiegen

Leute hinauf, die tausendstimmig erwiderte Hochs

auf den Kaiser ausbrachten. Immer wieder schollen

die von allen Seiten freudig aufgenommenen

Jubelrufe zu den Fenstern des Schlosses empor.

"Heil dir, im Siegerkranz," "Deutschland, Deutschland

über alles" und "Ich bin ein Preuße, kennt


 3. Spalte 

ihr meine Farben", wurden abwechselnd gesungen.

Wenige Minuten nach 4 Uhr wurde das eiserne

Hauptportal des Schlosses geöffnet und im  Auto 

fuhr der Reichskanzler von Bethmann Hollweg in

Begleitung seines Adjutanten des Freiherrn von

Sell heraus. Der Kanzler wurde mit lauten Zurufen

begrüßt und dankte, indem er das Haupt entblößte.

Bald darauf verließ auch Prinz Heinrich,

von der Menge lebhaft begrüßt, das Schloß. Unbeweglich

standen die Massen. Die Schutzleute, die

in großer Zahl zu Pferde und zu Fuß vor dem

Schloß konzentriert standen, zeigten sich, wie übrigens

auch Unter den Linden, dem Publikum gegenüber

sehr rücksichtsvoll. Je weiter der Zeiger an

dem Eckturme des Schlosses rückte, um so mehr vergrößerte

sich die Masse auf dem Schloßplatz.


                       Eine Ansprache des Kaisers.

                                                    Berlin, 31.Juli.

    

Der Kaiser hat heute um ¾ 7 Uhr eine Ansprache

an die vor dem Schlosse  versammelte Volksmenge

gehalten. Die Worte des Kaisers lauteten:

    Ich danke Euch! Eure Kundgebung war mir

ein Labsal. Wir sind im  tiefsten Frieden

in des Wortes wahrer Bedeutung

überfallen worden durch den Neid

unserer Feinde, der uns rings umgibt.

    Fünfundzwanzig Jahre habe ich den Frieden missing 

und gehalten. Nun bin ich gezwungen,

das Schwert zu ziehen, aber ich hoffe, daß ich es

mit Ehren wieder einstecken kann. Es werden Euch

enorme Opfer an Gut und Blut auferlegt

werden, aber Ihr werdet sie ertragen, das

weiß ich. Wir werden die Gegner niederzwingen.

Nun geht in die Kirchen und

betet zu Gott, daß er dem deutschen Heer und der

deutschen Sache den Sieg verleihen möge!


        Das Kronprinzenpaar auf dem Balkon des

                         Kronprinzlichen Palais.

    Zwischen der fünften und sechsten Nachmittagsstunde

versammelte sich eine nach vielen Tausenden

zählende Menschenmenge vor dem Kronprinzlichen

Palais. Ebenso wie die Menge vor

dem Schloß, sangen die versammelten Menschen

tausendstimmig vaterländische Lieder und brachen

fortgesetzt in brausende Hochrufe aus. Kurz vor

sechs Uhr erschienen der Kronprinz und die

Kronprinzessin auf dem Balkon, mit

donnerndem Jubel begrüßt. Der Kronprinz, der die

Litewka trug, winkte ebenso wie seine

Gemahlin der begeisterten Menge

dankend zu. Auch als das Kronprinzliche Paar 

sich wieder von dem  Balkon zurückgezogen hatte,

verharrten die Tausenden vor dem Palais.


                Kriegstrauung im Kaiserhause.

    Berlin, 31. Juli.  Heute abend 7 Uhr wurde

im Königlichen Schlosse Bellevue mit Genehmigung

Ihrer Majestäten die Vermählung des

Prinzen Oskar von Preußen mit der

Gräfin Ina Maria von Bassewitz standesamtlich

durch den Minister des königlichen Hauses Grafen

A. zu Eulenburg vollzogen und darauf die kirchliche

Einsegnung durch den Generalsuperintendenten

Haendler vorgenommen. Der Feier wohnten die

kaiserliche Familie und die Angehörigen der Braut

bei, welche nunmehr den allerhöchst verliehenen

Titel einer Gräfin von Ruppin führen wird.


                Eine Ansprache des Reichskanzlers.

    Berlin, 1. Aug.   Gestern um 12 Uhr sammelte

sich eine große Menschenmenge vor dem

Reichskanzlerpalais. Der Reichskanzler erschien am

Mittelfenster des Kongreßsaales und hielt folgende

Ansprache:  In ernster Stunde sind Sie, um Ihren

vaterländischen Gesinnungen Ausdruck zu geben,

vor das Haus Bismarcks gezogen, Bismarcks, der

uns mit Kaiser Wilhelm dem Großen und Feldmarschall

Moltke das Deutsche Reich geschenkt hat.

Wir wollen in dem Reiche, das wir in 44jähriger

Friedensarbeit ausgebaut haben, auch fernerhin in

Frieden leben. Das ganze Wirken unsres Kaisers

war der Erhaltung des Friedens gewidmet. Bis

in die letzten Tage hat er für den Frieden Europas

gewirkt und er wirkt noch für ihn. Sollte alles

Bemühen vergeblich sein, sollte uns das Schwert in

die Hand gezwungen werden, so werden wir mit

gutem Gewissen und den [sic] Bewußtsein, nichts als den

Frieden gewollt zu haben, den Kampf um unsere

nationale Ehre mit Einsetzung des letzten Blutstropfen

führen. Im Ernste dieser Stunde erinnere


 

 4. Spalte 

ich Sie an das Wort, das einst Friedrich Karl den

Brandenburgern zurief: "Laßt Eure Herzen schlagen

zu Gott und Eure Fäuste auf den Feind!"


           Die Botschafter Frankreichs und Englands

                bei dem amerikanischen Botschafter.

    Berlin, 31.Juli. Die Botschafter Frankreichs

und Englands hatten heute mit dem

amerikanischen Botschafter eine längere Besprechung,

in der dieser ersucht wurde, den Schutz

der englischen und französischen Staatsangehörigen

zu übernehmen, falls beide Botschafter durch den

Gang der Ereignisse gezwungen würden, Berlin zu

verlassen.  -  Von England erwartet man, daß es

sich zunächst an einer eventuellen kriegerischen

Auseinandersetzung nicht beteiligen wird,

da es nach seiner anerkennenswerten friedlichen Haltung

ehrlich bemüht ist, den Krieg zu vermeiden.

Nach Ansicht unterrichteter Kreise aber kann es keinem

Zweifel unterliegen, daß England auf die

Dauer nicht neutral bleiben könne,

weil die Londoner Regierung stark von der Volksstimmung

abhängig ist und zum Eingreifen gezwungen

wird, sobald die ersten Schläge auf dem

westlichen Kriegsschauplatz fallen.


                      Das russische Doppelspiel.

    Die Kugel ist jetzt rascher ins Rollen gekommen,

als die Leiter der deutschen Politik gedacht haben.

missing  missing    der Zar 

an den Deutsche Kaiser ein Telegramm

gerichtet, und zwar enthielt diese Depesche die

persönliche Bitte an den Kaiser, noch einen

letzten friedlichen Vermittlungsversuch zwischen

Rußland und Österreich zu machen. Der Kaiser hat

diese Aufgabe übernommen und hat sich an den

friedlichen Absichten Rußlands, wie aus der Depesche

des Zaren hervorzugehen schien, auch nicht irremachen

lassen durch die am Donnerstag erfolgte

teilweise Mobilisierung der russischen

Armee. Im Laufe der vergangenen Nacht

war es nicht zuletzt dank der eifrigen Unterstützung

Sir Edward Greys gelungen, eine Formel zu finden,

die geeignet schien, sowohl Rußland wie Österreich

 zu befriedigen und dadurch die Kriegsgefahr zu

beschwören. Mitten in die Verhandlungen

hinein platzte da plötzlich die

Meldung des deutschen Botschafters

in Petersburg von der Mobilisierun

der gesamten russischen Armee

und Flotte. Da gab es selbstverständlich auch

für Deutschland kein Zögern mehr.

    Man steht infolgedessen unter dem Eindruck, daß 

die eigentliche russische Politik die Person des Zaren

vorgeschoben hat, um hinter dieser Kulisse Zeit zu

gewinnen, die Kriegsvorbereitungen durchzuführen. 

Der Erklärung des Kriegszustandes muß nach der

Ansicht amtlicher Kreise die Mobilmachung voraussichtlich

innerhalb 24 Stunden folgen. Die diplomatischen

Beziehungen zu Rußland sind deshalb

selbstverständlich noch nicht abgebrochen. Der russische

Botschafter war Freitagmorgen noch im Auswärtigen

Amt. Die Hoffnungen auf einen Ausgleich

sind aber, wenn erst beide Großmächte sich

gerüstet gegenüber stehen, sehr gering. 

    In unserm [sic] Bestreben, den Frieden zu erhalten

und zwischen Wien und Petersburg im Interesse

der Wohlfahrt Europas zu vermitteln, sind wir bis

an die äußerste Grenze gegangen.

Niemand, der unvoreingenommen die Ereignisse

verfolgt hat, wird Deutschland einen Vorwurf

machen können. Die ganze schwere 

Verantwortung für den Weltkrieg, der

uns droht, fällt auf Rußland.


             Prinz Heinrich beim Reichskanzler.

    Prinz Heinrich von Preußen hat gestern abend

vor 10 Uhr im Reichskanzlerpalais Herrn v. Bethmann

Hollweg besucht und ist erst kurz vor ½ 2 Uhr

wieder in seinem Automobil fortgefahren. Auch 

der Kriegsminister v . Falkenhain hat längere Zeit

beim Reichskanzler geweilt.


           Der russische Botschafter bei Staatssekretär

                                        v. Jagow.

    Der russische Botschafter Swerbejew hatte gestern

abend eine längere Unterredung mit dem Staatssekretär

des Auswärtigen Amtes v. Jagow. Die

Bemühungen, eine Annäherung zwischen dem

Standpunkt von Wien und dem von Petersburg

herbeizuführen, dauern noch fort.



    

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                                                                           Eisenacher        Zeitung

verbunden mit

Tageblatt und Anzeiger für den Eisenacher Kreis


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                                                                                Inhaber:

                                                               Paul Kahle und Karl Kahle.


    Die "Eisenacher Zeitung", verbunden mit "Tageblatt und Anzeiger für den Eisenacher

Kreis", erscheint mit Ausnahme der Feiertage wöchentlich sechsmal, mit "Illustriertem Unter-

haltungsblatt", Fahrplan und Kalender. Bezugspreis für Eisenach, einschließlich Bringerlohn ,

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treter nehmen Bestellungen entgegen. Einzelne Nummer 10 Pf.


    Anzeigenpreis für Eisenach 10 Pf. für die einspaltige Petitzeile, für auswärts und im amt-

lichen Teil 15 Pf. Reklamen nach dem politischen Teil: Petitzeile 40 Pf. Nachweisgebühr aller

Art: 20 Pf. Annahme der Anzeigen bis vormittag 9 Uhr, größere  > Tags zuvor < .

Annahme und Vermittlung von Anzeigen für alle Zeitungen der Welt. Beilagegebühr: für

die Gesamtauflage 50 Pf. bei vierseitigen, 30 Pf. bei zweiseitigen Beilagen, für die Stadtauflage

40 beziehungsweise 22 Pf.

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Nr. 178 Geschäftsstelle:              Sonnabend, den 1. August 1914.            Geschäftszeit:            48. Jahrg.
               Eisenach, Sophienstraße 55/57. Fernsprecher 47.         7 Uhr vormittags bis 6 Uhr nachmittags.  

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Vor der Entscheidung über den Weltkrieg. 

 1. Spalte 

Ein fürchterliches, der Generation von heute bis-
her fremd gewesenes Wort! Man hat davon in 
alten Geschichtsbüchern bisher gelesen; nur eine 
Minderzahl von denen, die heute noch unter uns
weilen, haben solchen Kriegszustand in deutschen 
Landen selbst erlebt. Kriegszustand ist noch nicht

Krieg, hört man da und dort. Eine Tröstung, die

nur geringen Glauben finden mag. Wenn nicht in

Petersburg und in Paris die Erleuchtung wie ein 
Wunder herniedersteigt, dann darf die Menschheit
alle Hoffnung schwinden lassen. Der Kaiser,

unser Friedenskaiser , ist, wie eine offenbar

hochoffiziöse Kundgebung  verlautbart, vom rus-

sichen Zaren schmählich betrogen

worden. Das Verhalten der russischen Krone

schlägt jeder Loyalität ins Gesicht! Nun soll 
Rußland erfahren, heißt es in jener offi-

ziösen Auslassung, daß dieser  Abkomme Friedrichs 
des Großen ein Kriegsfürst sein wird! Hört man 

schon den Anmarsch unserer Bataillone? Wir dür-

fen den kommenden Ereignissen ohne Bangen ent-

gegensehen . Nicht  großsprecherisch und nicht über-

mütig wollen wir sein; aber wer vielleicht draußen

in der Welt glaubt, schreibt die  "Nat. Ztg." daß

das deutsche Volk vom  Schauder blasser Furcht ge-

schüttelt werde, wie es bei den Leuten jenseits der 

Grenzen bereits der Fall ist,  so gibt man  sich einer

regen Täuschung hin. Das  Volk steht auf, 

der Sturm bricht los. Die Herren an der 

Newa wollen eine blutige Tragödie inszenieren, ihre

Freunde an der Seine wollen oder können sie daran 

nicht hindern: Wohlan! Das Spiel kann 

beginnen!

 

                       Ultimatum an Rußland.

    Der "Norddeutschen Allg. Ztg." zufolge ließ Kaiser

Wilhelm Rußland wissen, daß die deutsche

Mobilmachung in Aussicht steht, falls Rußland

nicht binnen 12 Stunden seine Kriegsvorbereitungen

einstellt. Gleichzeitig ist an Frankreich

die Anfrage über dessen Haltung im Falle

eines deutsch-russischen Krieges gerichtet worden.


                   Der Reichstag wird einberufen.

    Berlin, 31. Juli. Wie offiziös gemeldet wird,

ist die Einberufung des Reichstages

auf Dienstag, den 4. August, in Aussicht genommen.

Die Eröffnung wird im Weißen Saale des Königlichen

Schlosses zu Berlin um 1 Uhr nachmittags

erfolgen. Die kaiserliche Verordnung wegen der

Berufung steht noch aus.


            Der Reichstag wird einberufen.

    Berlin, 31. Juli. Wie offiziös gemeldet wird,

ist die Einberufung des Reichstages

auf Dienstag, den 4. August, in Aussicht genommen.

die Eröffnung wird im Weißen Saale des Königlichen

Schlosses zu Berlin um 1 Uhr nachmittags

erfolgen. Die kaiserliche Verordnung wegen der

Berufung steht noch aus.


                          Kriegszustand.

    Berlin, 31. Juli. Aus Petersburg ist die

Nachricht des deutschen Botschafters eingegangen,

daß die allgemeine Mobilmachung der russischen

Armee und Flotte befohlen worden ist. Darauf

hat Se. Majestät der Kaiser den Zustand der

drohenden Kriegsgefahr befohlen. Se. Majestät

wird heute nach Berlin übersiedeln.

    Berlin, 31.Juli Nach Artikel 68 der Reichsverfassug

hat Se. Majestät der Kaiser das Reichsgebiet

ohne Bayern in den Kriegszustand erklärt.

Über Bayern ergeht die gleiche Anordnung.

    Berlin, 31. Juli.  Bei militärischen Maßnahmen

kommen bei drohender Kriegsgefahr hauptsächlich

in Betracht:

    1. An der Grenze und zum Schutze der Eisenbahnen

        erforderliche Maßnahmen.

    2. Verkehrsbeschränkungen der Post, Telegraphen,

        Eisenbahnen usw. zugunsten des militärischen

        Bedarfs.

     3. Erklärung des Kriegszustandes für das gesamte

         Kriegsgebiet.

     4. Verbot der Veröffentlichung über Truppenbewegungen

         und Verteidigungsmittel. Der

         Kriegszustand ist gleichbedeutend mit dem

         Belagerungszustand in Preußen (Art. 68

         der Reichsverordnung.)

 

 2. Spalte 

                         

                      Die bayerische Verfügung.

    München, 31. Juli. Nach einer königlichen

Verordnung vom 31. Juli 1914 wird über das gesamte

Gebiet des Königreichs der Kriegszustand

verhängt. Für die Pfalz wird das Standrecht

angeordnet.


                   Die Rückkehr des Kaisers von

                         Potsdam nach Berlin.

                             In Erwartung.

    Infolge der Gerüchte, daß heute die Mobilisierung

der deutschen Armee erfolgen solle, hatten sich

schon am Mittag in den Hauptstraßen des Zentrums

größere Menschenmassen angesammelt, um die

neuesten Ereignisse möglichst schnell zu erfahren.

Gegen 2 Uhr kamen in Autos die ersten Extrablätter

auf die Straße, die den Boten von

Dutzenden von Händen entrissen wurden. In wenigen

Minuten waren Straßen und Plätze mit 

Tausenden der flatternden Blätter bedeckt. Unter

den Linden, in der Leipziger Straße und am Potsdamer

Platz scharten sich sofort dichte Menschenmassen 

zusammen, die in größter Erregung hin- und

herwogten, und gegen deren Strom die Schutzleute,

die den Verkehr zu regeln hatten, machtlos waren.

Da wurde die Nachricht bekannt, daß der Kaiser

die Absicht habe, im Laufe des Nachmittags seine

Residenz im Potsdamer Neuen Palais

missing

                           Der Einzug des Kaisers.

    Sofort strömten die Massen aus den Straßen in

der Nähe der Linden dem Brandenburger

Tore zu, wo sich bald Tausende und Abertausende

in dichten Menschenmauern aufstellten. Gegen ¾ 3

Uhr ertönten vom Tiergarten her brausende Hochrufe.

Die Wache am Brandenburger Tor trat unter

Gewehr. Die Trommel rasselte und gleich darauf

durchschnitt der scharfe Klang des Kaiserlichen 

Hupensignals die Luft. Hinter der Siegesallee tauchte

das bekannte hellbraune Automobil des

Kaisers mit der roten Standarte auf. Zehntausendfache

Hochs erschollen und das Trommelgewirbel

der Wache ertrank in dem Meere der

Jubelrufe. Der Kaiser, der die Uniform des Regiments

Garde du Corps mit dem Stahlhelm trug,

dankte unaufhörlich nach allen Seiten. Er wie die

Kaiserin waren ernsten Antlitzes. Als das Kaiserliche

Auto den Pariser Platz hinter sich gelassen

hatte und in die Linden einlenkte, durchbrachen die

Menschenmassen von beiden Seiten die dünnen

Schutzmannsketten, die schon seit der Mittagsstunde

aufgestellt waren. In tosender Begeisterung drängten

sich Tausende von Menschen um den Wagen und

jubelten dem Kaiserpaare zu. Nur langsam konnte

sich der Wagen unter unausgesetzten Hupensignalen

einen Weg durch die Menge bahnen. Dicht hinter

dem Kaiserlichen Auto fuhr der bekannte dunkle

Kraftwagen des Kronprinzen. Der Thronfolger,

der die Uniform seiner Danziger Leibhusaren

trug, wurde ebenso wie seine Gemahlin mit der

gleichen Begeisterung wie das Kaiserpaar begrüßt.

Zwischen beiden saß der älteste Sohn, Prinz Wilhelm.

Auch das Automobil des Prinzen mußte,

besonders zwischen der Wilhelmstraße und der

Friedrichstraße, mehrere Male im Schritt fahren,

um kein Unheil in der freudig erregten Menge

anzurichten. Im dritten Auto saß Prinz Adalbert

sowie das Prinzenpaar August Wilhelm.

Auf dem Schloßplatz wurden die Hofautomobile von

einer vieltausendköpfigen Menge empfangen, die in

brausende Hochrufe ausbrach, als der Wagen des

Kaisers auf der Schloßbrücke erschien und die

Purpurstandarte über dem alten Schlosse der

Hohenzollern emporstieg.

                              Vor dem Schloß.

    Die Menschenmassen, die das Kaiserpaar Unter

den Linden begrüßt hatten, fluteten nun die Linden

herunter dem Schlosse zu. Bald standen auf

dem Platze zwischen Schlosse und dem Lustgarten

Menschenmengen, wie sie der Platz wohl selten

gesehen haben mag. Die allgemeine begeisterte

Erregung hatte jetzt ihren Höhepunkt erreicht. An

den Kandelabern in der Mitte des Platzes stiegen

Leute hinauf, die tausendstimmig erwiderte Hochs

auf den Kaiser ausbrachten. Immer wieder schollen

die von allen Seiten freudig aufgenommenen

Jubelrufe zu den Fenstern des Schlosses empor.

"Heil dir, im Siegerkranz," "Deutschland, Deutschland

über alles" und "Ich bin ein Preuße, kennt


 3. Spalte 

ihr meine Farben", wurden abwechselnd gesungen.

Wenige Minuten nach 4 Uhr wurde das eiserne

Hauptportal des Schlosses geöffnet und im  Auto 

fuhr der Reichskanzler von Bethmann Hollweg in

Begleitung seines Adjutanten des Freiherrn von

Sell heraus. Der Kanzler wurde mit lauten Zurufen

begrüßt und dankte, indem er das Haupt entblößte.

Bald darauf verließ auch Prinz Heinrich,

von der Menge lebhaft begrüßt, das Schloß. Unbeweglich

standen die Massen. Die Schutzleute, die

in großer Zahl zu Pferde und zu Fuß vor dem

Schloß konzentriert standen, zeigten sich, wie übrigens

auch Unter den Linden, dem Publikum gegenüber

sehr rücksichtsvoll. Je weiter der Zeiger an

dem Eckturme des Schlosses rückte, um so mehr vergrößerte

sich die Masse auf dem Schloßplatz.


                       Eine Ansprache des Kaisers.

                                                    Berlin, 31.Juli.

    

Der Kaiser hat heute um ¾ 7 Uhr eine Ansprache

an die vor dem Schlosse  versammelte Volksmenge

gehalten. Die Worte des Kaisers lauteten:

    Ich danke Euch! Eure Kundgebung war mir

ein Labsal. Wir sind im  tiefsten Frieden

in des Wortes wahrer Bedeutung

überfallen worden durch den Neid

unserer Feinde, der uns rings umgibt.

    Fünfundzwanzig Jahre habe ich den Frieden missing 

und gehalten. Nun bin ich gezwungen,

das Schwert zu ziehen, aber ich hoffe, daß ich es

mit Ehren wieder einstecken kann. Es werden Euch

enorme Opfer an Gut und Blut auferlegt

werden, aber Ihr werdet sie ertragen, das

weiß ich. Wir werden die Gegner niederzwingen.

Nun geht in die Kirchen und

betet zu Gott, daß er dem deutschen Heer und der

deutschen Sache den Sieg verleihen möge!


        Das Kronprinzenpaar auf dem Balkon des

                         Kronprinzlichen Palais.

    Zwischen der fünften und sechsten Nachmittagsstunde

versammelte sich eine nach vielen Tausenden

zählende Menschenmenge vor dem Kronprinzlichen

Palais. Ebenso wie die Menge vor

dem Schloß, sangen die versammelten Menschen

tausendstimmig vaterländische Lieder und brachen

fortgesetzt in brausende Hochrufe aus. Kurz vor

sechs Uhr erschienen der Kronprinz und die

Kronprinzessin auf dem Balkon, mit

donnerndem Jubel begrüßt. Der Kronprinz, der die

Litewka trug, winkte ebenso wie seine

Gemahlin der begeisterten Menge

dankend zu. Auch als das Kronprinzliche Paar 

sich wieder von dem  Balkon zurückgezogen hatte,

verharrten die Tausenden vor dem Palais.


                Kriegstrauung im Kaiserhause.

    Berlin, 31. Juli.  Heute abend 7 Uhr wurde

im Königlichen Schlosse Bellevue mit Genehmigung

Ihrer Majestäten die Vermählung des

Prinzen Oskar von Preußen mit der

Gräfin Ina Maria von Bassewitz standesamtlich

durch den Minister des königlichen Hauses Grafen

A. zu Eulenburg vollzogen und darauf die kirchliche

Einsegnung durch den Generalsuperintendenten

Haendler vorgenommen. Der Feier wohnten die

kaiserliche Familie und die Angehörigen der Braut

bei, welche nunmehr den allerhöchst verliehenen

Titel einer Gräfin von Ruppin führen wird.


                Eine Ansprache des Reichskanzlers.

    Berlin, 1. Aug.   Gestern um 12 Uhr sammelte

sich eine große Menschenmenge vor dem

Reichskanzlerpalais. Der Reichskanzler erschien am

Mittelfenster des Kongreßsaales und hielt folgende

Ansprache:  In ernster Stunde sind Sie, um Ihren

vaterländischen Gesinnungen Ausdruck zu geben,

vor das Haus Bismarcks gezogen, Bismarcks, der

uns mit Kaiser Wilhelm dem Großen und Feldmarschall

Moltke das Deutsche Reich geschenkt hat.

Wir wollen in dem Reiche, das wir in 44jähriger

Friedensarbeit ausgebaut haben, auch fernerhin in

Frieden leben. Das ganze Wirken unsres Kaisers

war der Erhaltung des Friedens gewidmet. Bis

in die letzten Tage hat er für den Frieden Europas

gewirkt und er wirkt noch für ihn. Sollte alles

Bemühen vergeblich sein, sollte uns das Schwert in

die Hand gezwungen werden, so werden wir mit

gutem Gewissen und den [sic] Bewußtsein, nichts als den

Frieden gewollt zu haben, den Kampf um unsere

nationale Ehre mit Einsetzung des letzten Blutstropfen

führen. Im Ernste dieser Stunde erinnere


 

 4. Spalte 

ich Sie an das Wort, das einst Friedrich Karl den

Brandenburgern zurief: "Laßt Eure Herzen schlagen

zu Gott und Eure Fäuste auf den Feind!"


           Die Botschafter Frankreichs und Englands

                bei dem amerikanischen Botschafter.

    Berlin, 31.Juli. Die Botschafter Frankreichs

und Englands hatten heute mit dem

amerikanischen Botschafter eine längere Besprechung,

in der dieser ersucht wurde, den Schutz

der englischen und französischen Staatsangehörigen

zu übernehmen, falls beide Botschafter durch den

Gang der Ereignisse gezwungen würden, Berlin zu

verlassen.  -  Von England erwartet man, daß es

sich zunächst an einer eventuellen kriegerischen

Auseinandersetzung nicht beteiligen wird,

da es nach seiner anerkennenswerten friedlichen Haltung

ehrlich bemüht ist, den Krieg zu vermeiden.

Nach Ansicht unterrichteter Kreise aber kann es keinem

Zweifel unterliegen, daß England auf die

Dauer nicht neutral bleiben könne,

weil die Londoner Regierung stark von der Volksstimmung

abhängig ist und zum Eingreifen gezwungen

wird, sobald die ersten Schläge auf dem

westlichen Kriegsschauplatz fallen.


                      Das russische Doppelspiel.

    Die Kugel ist jetzt rascher ins Rollen gekommen,

als die Leiter der deutschen Politik gedacht haben.

missing  missing    der Zar 

an den Deutsche Kaiser ein Telegramm

gerichtet, und zwar enthielt diese Depesche die

persönliche Bitte an den Kaiser, noch einen

letzten friedlichen Vermittlungsversuch zwischen

Rußland und Österreich zu machen. Der Kaiser hat

diese Aufgabe übernommen und hat sich an den

friedlichen Absichten Rußlands, wie aus der Depesche

des Zaren hervorzugehen schien, auch nicht irremachen

lassen durch die am Donnerstag erfolgte

teilweise Mobilisierung der russischen

Armee. Im Laufe der vergangenen Nacht

war es nicht zuletzt dank der eifrigen Unterstützung

Sir Edward Greys gelungen, eine Formel zu finden,

die geeignet schien, sowohl Rußland wie Österreich

 zu befriedigen und dadurch die Kriegsgefahr zu

beschwören. Mitten in die Verhandlungen

hinein platzte da plötzlich die

Meldung des deutschen Botschafters

in Petersburg von der Mobilisierun

der gesamten russischen Armee

und Flotte. Da gab es selbstverständlich auch

für Deutschland kein Zögern mehr.

    Man steht infolgedessen unter dem Eindruck, daß 

die eigentliche russische Politik die Person des Zaren

vorgeschoben hat, um hinter dieser Kulisse Zeit zu

gewinnen, die Kriegsvorbereitungen durchzuführen. 

Der Erklärung des Kriegszustandes muß nach der

Ansicht amtlicher Kreise die Mobilmachung voraussichtlich

innerhalb 24 Stunden folgen. Die diplomatischen

Beziehungen zu Rußland sind deshalb

selbstverständlich noch nicht abgebrochen. Der russische

Botschafter war Freitagmorgen noch im Auswärtigen

Amt. Die Hoffnungen auf einen Ausgleich

sind aber, wenn erst beide Großmächte sich

gerüstet gegenüber stehen, sehr gering. 

    In unserm [sic] Bestreben, den Frieden zu erhalten

und zwischen Wien und Petersburg im Interesse

der Wohlfahrt Europas zu vermitteln, sind wir bis

an die äußerste Grenze gegangen.

Niemand, der unvoreingenommen die Ereignisse

verfolgt hat, wird Deutschland einen Vorwurf

machen können. Die ganze schwere 

Verantwortung für den Weltkrieg, der

uns droht, fällt auf Rußland.


             Prinz Heinrich beim Reichskanzler.

    Prinz Heinrich von Preußen hat gestern abend

vor 10 Uhr im Reichskanzlerpalais Herrn v. Bethmann

Hollweg besucht und ist erst kurz vor ½ 2 Uhr

wieder in seinem Automobil fortgefahren. Auch 

der Kriegsminister v . Falkenhain hat längere Zeit

beim Reichskanzler geweilt.


           Der russische Botschafter bei Staatssekretär

                                        v. Jagow.

    Der russische Botschafter Swerbejew hatte gestern

abend eine längere Unterredung mit dem Staatssekretär

des Auswärtigen Amtes v. Jagow. Die

Bemühungen, eine Annäherung zwischen dem

Standpunkt von Wien und dem von Petersburg

herbeizuführen, dauern noch fort.



    


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  • September 23, 2017 18:17:31 Beate Jochem

      item 19        

                                                                               Eisenacher        Zeitung

    verbunden mit

    Tageblatt und Anzeiger für den Eisenacher Kreis


                                                                                  Druck und Verlag :

                                                         Hofbuchdruckerei Eisenach, H.  Kahle,

                                                                                    Inhaber:

                                                                   Paul Kahle und Karl Kahle.


        Die "Eisenacher Zeitung", verbunden mit "Tageblatt und Anzeiger für den Eisenacher

    Kreis", erscheint mit Ausnahme der Feiertage wöchentlich sechsmal, mit "Illustriertem Unter-

    haltungsblatt", Fahrplan und Kalender. Bezugspreis für Eisenach, einschließlich Bringerlohn ,

    monatlich 70 Pf. in Vorauszahlung; durch die Post vierteljährlich 2,10 M. frei ins Haus, bei

    Abholung am Postschalter 1,68 M. Alle Postanstalten sowie die Landbriefträger und unsere Ver-

    treter nehmen Bestellungen entgegen. Einzelne Nummer 10 Pf.


        Anzeigenpreis für Eisenach 10 Pf. für die einspaltige Petitzeile, für auswärts und im amt-

    lichen Teil 15 Pf. Reklamen nach dem politischen Teil: Petitzeile 40 Pf. Nachweisgebühr aller

    Art: 20 Pf. Annahme der Anzeigen bis vormittag 9 Uhr, größere  > Tags zuvor < .

    Annahme und Vermittlung von Anzeigen für alle Zeitungen der Welt. Beilagegebühr: für

    die Gesamtauflage 50 Pf. bei vierseitigen, 30 Pf. bei zweiseitigen Beilagen, für die Stadtauflage

    40 beziehungsweise 22 Pf.

    _______________________________________________________________________________________________________________

    Nr. 178 Geschäftsstelle:              Sonnabend, den 1. August 1914.            Geschäftszeit:            48. Jahrg.
                   Eisenach, Sophienstraße 55/57. Fernsprecher 47.         7 Uhr vormittags bis 6 Uhr nachmittags.  

    _______________________________________________________________________________________________________________


    Vor der Entscheidung über den Weltkrieg. 

     1. Spalte 

    Ein fürchterliches, der Generation von heute bis-
    her fremd gewesenes Wort! Man hat davon in 
    alten Geschichtsbüchern bisher gelesen; nur eine 
    Minderzahl von denen, die heute noch unter uns
    weilen, haben solchen Kriegszustand in deutschen 
    Landen selbst erlebt. Kriegszustand ist noch nicht

    Krieg, hört man da und dort. Eine Tröstung, die

    nur geringen Glauben finden mag. Wenn nicht in

    Petersburg und in Paris die Erleuchtung wie ein 
    Wunder herniedersteigt, dann darf die Menschheit
    alle Hoffnung schwinden lassen. Der Kaiser,

    unser Friedenskaiser , ist, wie eine offenbar

    hochoffiziöse Kundgebung  verlautbart, vom rus-

    sichen Zaren schmählich betrogen

    worden. Das Verhalten der russischen Krone

    schlägt jeder Loyalität ins Gesicht! Nun soll 
    Rußland erfahren, heißt es in jener offi-

    ziösen Auslassung, daß dieser  Abkomme Friedrichs 
    des Großen ein Kriegsfürst sein wird! Hört man 

    schon den Anmarsch unserer Bataillone? Wir dür-

    fen den kommenden Ereignissen ohne Bangen ent-

    gegensehen . Nicht  großsprecherisch und nicht über-

    mütig wollen wir sein; aber wer vielleicht draußen

    in der Welt glaubt, schreibt die  "Nat. Ztg." daß

    das deutsche Volk vom  Schauder blasser Furcht ge-

    schüttelt werde, wie es bei den Leuten jenseits der 

    Grenzen bereits der Fall ist,  so gibt man  sich einer

    regen Täuschung hin. Das  Volk steht auf, 

    der Sturm bricht los. Die Herren an der 

    Newa wollen eine blutige Tragödie inszenieren, ihre

    Freunde an der Seine wollen oder können sie daran 

    nicht hindern: Wohlan! Das Spiel kann 

    beginnen!

     

                           Ultimatum an Rußland.

        Der "Norddeutschen Allg. Ztg." zufolge ließ Kaiser

    Wilhelm Rußland wissen, daß die deutsche

    Mobilmachung in Aussicht steht, falls Rußland

    nicht binnen 12 Stunden seine Kriegsvorbereitungen

    einstellt. Gleichzeitig ist an Frankreich

    die Anfrage über dessen Haltung im Falle

    eines deutsch-russischen Krieges gerichtet worden.


                       Der Reichstag wird einberufen.

        Berlin, 31. Juli. Wie offiziös gemeldet wird,

    ist die Einberufung des Reichstages

    auf Dienstag, den 4. August, in Aussicht genommen.

    Die Eröffnung wird im Weißen Saale des Königlichen

    Schlosses zu Berlin um 1 Uhr nachmittags

    erfolgen. Die kaiserliche Verordnung wegen der

    Berufung steht noch aus.


                Der Reichstag wird einberufen.

        Berlin, 31. Juli. Wie offiziös gemeldet wird,

    ist die Einberufung des Reichstages

    auf Dienstag, den 4. August, in Aussicht genommen.

    die Eröffnung wird im Weißen Saale des Königlichen

    Schlosses zu Berlin um 1 Uhr nachmittags

    erfolgen. Die kaiserliche Verordnung wegen der

    Berufung steht noch aus.


                              Kriegszustand.

        Berlin, 31. Juli. Aus Petersburg ist die

    Nachricht des deutschen Botschafters eingegangen,

    daß die allgemeine Mobilmachung der russischen

    Armee und Flotte befohlen worden ist. Darauf

    hat Se. Majestät der Kaiser den Zustand der

    drohenden Kriegsgefahr befohlen. Se. Majestät

    wird heute nach Berlin übersiedeln.

        Berlin, 31.Juli Nach Artikel 68 der Reichsverfassug

    hat Se. Majestät der Kaiser das Reichsgebiet

    ohne Bayern in den Kriegszustand erklärt.

    Über Bayern ergeht die gleiche Anordnung.

        Berlin, 31. Juli.  Bei militärischen Maßnahmen

    kommen bei drohender Kriegsgefahr hauptsächlich

    in Betracht:

        1. An der Grenze und zum Schutze der Eisenbahnen

            erforderliche Maßnahmen.

        2. Verkehrsbeschränkungen der Post, Telegraphen,

            Eisenbahnen usw. zugunsten des militärischen

            Bedarfs.

         3. Erklärung des Kriegszustandes für das gesamte

             Kriegsgebiet.

         4. Verbot der Veröffentlichung über Truppenbewegungen

             und Verteidigungsmittel. Der

             Kriegszustand ist gleichbedeutend mit dem

             Belagerungszustand in Preußen (Art. 68

             der Reichsverordnung.)

     

     2. Spalte 

                             

                          Die bayerische Verfügung.

        München, 31. Juli. Nach einer königlichen

    Verordnung vom 31. Juli 1914 wird über das gesamte

    Gebiet des Königreichs der Kriegszustand

    verhängt. Für die Pfalz wird das Standrecht

    angeordnet.


                       Die Rückkehr des Kaisers von

                             Potsdam nach Berlin.

                                 In Erwartung.

        Infolge der Gerüchte, daß heute die Mobilisierung

    der deutschen Armee erfolgen solle, hatten sich

    schon am Mittag in den Hauptstraßen des Zentrums

    größere Menschenmassen angesammelt, um die

    neuesten Ereignisse möglichst schnell zu erfahren.

    Gegen 2 Uhr kamen in Autos die ersten Extrablätter

    auf die Straße, die den Boten von

    Dutzenden von Händen entrissen wurden. In wenigen

    Minuten waren Straßen und Plätze mit 

    Tausenden der flatternden Blätter bedeckt. Unter

    den Linden, in der Leipziger Straße und am Potsdamer

    Platz scharten sich sofort dichte Menschenmassen 

    zusammen, die in größter Erregung hin- und

    herwogten, und gegen deren Strom die Schutzleute,

    die den Verkehr zu regeln hatten, machtlos waren.

    Da wurde die Nachricht bekannt, daß der Kaiser

    die Absicht habe, im Laufe des Nachmittags seine

    Residenz im Potsdamer Neuen Palais

    missing

                               Der Einzug des Kaisers.

        Sofort strömten die Massen aus den Straßen in

    der Nähe der Linden dem Brandenburger

    Tore zu, wo sich bald Tausende und Abertausende

    in dichten Menschenmauern aufstellten. Gegen ¾ 3

    Uhr ertönten vom Tiergarten her brausende Hochrufe.

    Die Wache am Brandenburger Tor trat unter

    Gewehr. Die Trommel rasselte und gleich darauf

    durchschnitt der scharfe Klang des Kaiserlichen 

    Hupensignals die Luft. Hinter der Siegesallee tauchte

    das bekannte hellbraune Automobil des

    Kaisers mit der roten Standarte auf. Zehntausendfache

    Hochs erschollen und das Trommelgewirbel

    der Wache ertrank in dem Meere der

    Jubelrufe. Der Kaiser, der die Uniform des Regiments

    Garde du Corps mit dem Stahlhelm trug,

    dankte unaufhörlich nach allen Seiten. Er wie die

    Kaiserin waren ernsten Antlitzes. Als das Kaiserliche

    Auto den Pariser Platz hinter sich gelassen

    hatte und in die Linden einlenkte, durchbrachen die

    Menschenmassen von beiden Seiten die dünnen

    Schutzmannsketten, die schon seit der Mittagsstunde

    aufgestellt waren. In tosender Begeisterung drängten

    sich Tausende von Menschen um den Wagen und

    jubelten dem Kaiserpaare zu. Nur langsam konnte

    sich der Wagen unter unausgesetzten Hupensignalen

    einen Weg durch die Menge bahnen. Dicht hinter

    dem Kaiserlichen Auto fuhr der bekannte dunkle

    Kraftwagen des Kronprinzen. Der Thronfolger,

    der die Uniform seiner Danziger Leibhusaren

    trug, wurde ebenso wie seine Gemahlin mit der

    gleichen Begeisterung wie das Kaiserpaar begrüßt.

    Zwischen beiden saß der älteste Sohn, Prinz Wilhelm.

    Auch das Automobil des Prinzen mußte,

    besonders zwischen der Wilhelmstraße und der

    Friedrichstraße, mehrere Male im Schritt fahren,

    um kein Unheil in der freudig erregten Menge

    anzurichten. Im dritten Auto saß Prinz Adalbert

    sowie das Prinzenpaar August Wilhelm.

    Auf dem Schloßplatz wurden die Hofautomobile von

    einer vieltausendköpfigen Menge empfangen, die in

    brausende Hochrufe ausbrach, als der Wagen des

    Kaisers auf der Schloßbrücke erschien und die

    Purpurstandarte über dem alten Schlosse der

    Hohenzollern emporstieg.

                                  Vor dem Schloß.

        Die Menschenmassen, die das Kaiserpaar Unter

    den Linden begrüßt hatten, fluteten nun die Linden

    herunter dem Schlosse zu. Bald standen auf

    dem Platze zwischen Schlosse und dem Lustgarten

    Menschenmengen, wie sie der Platz wohl selten

    gesehen haben mag. Die allgemeine begeisterte

    Erregung hatte jetzt ihren Höhepunkt erreicht. An

    den Kandelabern in der Mitte des Platzes stiegen

    Leute hinauf, die tausendstimmig erwiderte Hochs

    auf den Kaiser ausbrachten. Immer wieder schollen

    die von allen Seiten freudig aufgenommenen

    Jubelrufe zu den Fenstern des Schlosses empor.

    "Heil dir, im Siegerkranz," "Deutschland, Deutschland

    über alles" und "Ich bin ein Preuße, kennt


     3. Spalte 

    ihr meine Farben", wurden abwechselnd gesungen.

    Wenige Minuten nach 4 Uhr wurde das eiserne

    Hauptportal des Schlosses geöffnet und im  Auto 

    fuhr der Reichskanzler von Bethmann Hollweg in

    Begleitung seines Adjutanten des Freiherrn von

    Sell heraus. Der Kanzler wurde mit lauten Zurufen

    begrüßt und dankte, indem er das Haupt entblößte.

    Bald darauf verließ auch Prinz Heinrich,

    von der Menge lebhaft begrüßt, das Schloß. Unbeweglich

    standen die Massen. Die Schutzleute, die

    in großer Zahl zu Pferde und zu Fuß vor dem

    Schloß konzentriert standen, zeigten sich, wie übrigens

    auch Unter den Linden, dem Publikum gegenüber

    sehr rücksichtsvoll. Je weiter der Zeiger an

    dem Eckturme des Schlosses rückte, um so mehr vergrößerte

    sich die Masse auf dem Schloßplatz.


                           Eine Ansprache des Kaisers.

                                                        Berlin, 31.Juli.

        

    Der Kaiser hat heute um ¾ 7 Uhr eine Ansprache

    an die vor dem Schlosse  versammelte Volksmenge

    gehalten. Die Worte des Kaisers lauteten:

        Ich danke Euch! Eure Kundgebung war mir

    ein Labsal. Wir sind im  tiefsten Frieden

    in des Wortes wahrer Bedeutung

    überfallen worden durch den Neid

    unserer Feinde, der uns rings umgibt.

        Fünfundzwanzig Jahre habe ich den Frieden missing 

    und gehalten. Nun bin ich gezwungen,

    das Schwert zu ziehen, aber ich hoffe, daß ich es

    mit Ehren wieder einstecken kann. Es werden Euch

    enorme Opfer an Gut und Blut auferlegt

    werden, aber Ihr werdet sie ertragen, das

    weiß ich. Wir werden die Gegner niederzwingen.

    Nun geht in die Kirchen und

    betet zu Gott, daß er dem deutschen Heer und der

    deutschen Sache den Sieg verleihen möge!


            Das Kronprinzenpaar auf dem Balkon des

                             Kronprinzlichen Palais.

        Zwischen der fünften und sechsten Nachmittagsstunde

    versammelte sich eine nach vielen Tausenden

    zählende Menschenmenge vor dem Kronprinzlichen

    Palais. Ebenso wie die Menge vor

    dem Schloß, sangen die versammelten Menschen

    tausendstimmig vaterländische Lieder und brachen

    fortgesetzt in brausende Hochrufe aus. Kurz vor

    sechs Uhr erschienen der Kronprinz und die

    Kronprinzessin auf dem Balkon, mit

    donnerndem Jubel begrüßt. Der Kronprinz, der die

    Litewka trug, winkte ebenso wie seine

    Gemahlin der begeisterten Menge

    dankend zu. Auch als das Kronprinzliche Paar 

    sich wieder von dem  Balkon zurückgezogen hatte,

    verharrten die Tausenden vor dem Palais.


                    Kriegstrauung im Kaiserhause.

        Berlin, 31. Juli.  Heute abend 7 Uhr wurde

    im Königlichen Schlosse Bellevue mit Genehmigung

    Ihrer Majestäten die Vermählung des

    Prinzen Oskar von Preußen mit der

    Gräfin Ina Maria von Bassewitz standesamtlich

    durch den Minister des königlichen Hauses Grafen

    A. zu Eulenburg vollzogen und darauf die kirchliche

    Einsegnung durch den Generalsuperintendenten

    Haendler vorgenommen. Der Feier wohnten die

    kaiserliche Familie und die Angehörigen der Braut

    bei, welche nunmehr den allerhöchst verliehenen

    Titel einer Gräfin von Ruppin führen wird.


                    Eine Ansprache des Reichskanzlers.

        Berlin, 1. Aug.   Gestern um 12 Uhr sammelte

    sich eine große Menschenmenge vor dem

    Reichskanzlerpalais. Der Reichskanzler erschien am

    Mittelfenster des Kongreßsaales und hielt folgende

    Ansprache:  In ernster Stunde sind Sie, um Ihren

    vaterländischen Gesinnungen Ausdruck zu geben,

    vor das Haus Bismarcks gezogen, Bismarcks, der

    uns mit Kaiser Wilhelm dem Großen und Feldmarschall

    Moltke das Deutsche Reich geschenkt hat.

    Wir wollen in dem Reiche, das wir in 44jähriger

    Friedensarbeit ausgebaut haben, auch fernerhin in

    Frieden leben. Das ganze Wirken unsres Kaisers

    war der Erhaltung des Friedens gewidmet. Bis

    in die letzten Tage hat er für den Frieden Europas

    gewirkt und er wirkt noch für ihn. Sollte alles

    Bemühen vergeblich sein, sollte uns das Schwert in

    die Hand gezwungen werden, so werden wir mit

    gutem Gewissen und den [sic] Bewußtsein, nichts als den

    Frieden gewollt zu haben, den Kampf um unsere

    nationale Ehre mit Einsetzung des letzten Blutstropfen

    führen. Im Ernste dieser Stunde erinnere


     

     4. Spalte 

    ich Sie an das Wort, das einst Friedrich Karl den

    Brandenburgern zurief: "Laßt Eure Herzen schlagen

    zu Gott und Eure Fäuste auf den Feind!"


               Die Botschafter Frankreichs und Englands

                    bei dem amerikanischen Botschafter.

        Berlin, 31.Juli. Die Botschafter Frankreichs

    und Englands hatten heute mit dem

    amerikanischen Botschafter eine längere Besprechung,

    in der dieser ersucht wurde, den Schutz

    der englischen und französischen Staatsangehörigen

    zu übernehmen, falls beide Botschafter durch den

    Gang der Ereignisse gezwungen würden, Berlin zu

    verlassen.  -  Von England erwartet man, daß es

    sich zunächst an einer eventuellen kriegerischen

    Auseinandersetzung nicht beteiligen wird,

    da es nach seiner anerkennenswerten friedlichen Haltung

    ehrlich bemüht ist, den Krieg zu vermeiden.

    Nach Ansicht unterrichteter Kreise aber kann es keinem

    Zweifel unterliegen, daß England auf die

    Dauer nicht neutral bleiben könne,

    weil die Londoner Regierung stark von der Volksstimmung

    abhängig ist und zum Eingreifen gezwungen

    wird, sobald die ersten Schläge auf dem

    westlichen Kriegsschauplatz fallen.


                          Das russische Doppelspiel.

        Die Kugel ist jetzt rascher ins Rollen gekommen,

    als die Leiter der deutschen Politik gedacht haben.

    missing  missing    der Zar 

    an den Deutsche Kaiser ein Telegramm

    gerichtet, und zwar enthielt diese Depesche die

    persönliche Bitte an den Kaiser, noch einen

    letzten friedlichen Vermittlungsversuch zwischen

    Rußland und Österreich zu machen. Der Kaiser hat

    diese Aufgabe übernommen und hat sich an den

    friedlichen Absichten Rußlands, wie aus der Depesche

    des Zaren hervorzugehen schien, auch nicht irremachen

    lassen durch die am Donnerstag erfolgte

    teilweise Mobilisierung der russischen

    Armee. Im Laufe der vergangenen Nacht

    war es nicht zuletzt dank der eifrigen Unterstützung

    Sir Edward Greys gelungen, eine Formel zu finden,

    die geeignet schien, sowohl Rußland wie Österreich

     zu befriedigen und dadurch die Kriegsgefahr zu

    beschwören. Mitten in die Verhandlungen

    hinein platzte da plötzlich die

    Meldung des deutschen Botschafters

    in Petersburg von der Mobilisierun

    der gesamten russischen Armee

    und Flotte. Da gab es selbstverständlich auch

    für Deutschland kein Zögern mehr.

        Man steht infolgedessen unter dem Eindruck, daß 

    die eigentliche russische Politik die Person des Zaren

    vorgeschoben hat, um hinter dieser Kulisse Zeit zu

    gewinnen, die Kriegsvorbereitungen durchzuführen. 

    Der Erklärung des Kriegszustandes muß nach der

    Ansicht amtlicher Kreise die Mobilmachung voraussichtlich

    innerhalb 24 Stunden folgen. Die diplomatischen

    Beziehungen zu Rußland sind deshalb

    selbstverständlich noch nicht abgebrochen. Der russische

    Botschafter war Freitagmorgen noch im Auswärtigen

    Amt. Die Hoffnungen auf einen Ausgleich

    sind aber, wenn erst beide Großmächte sich

    gerüstet gegenüber stehen, sehr gering. 

        In unserm [sic] Bestreben, den Frieden zu erhalten

    und zwischen Wien und Petersburg im Interesse

    der Wohlfahrt Europas zu vermitteln, sind wir bis

    an die äußerste Grenze gegangen.

    Niemand, der unvoreingenommen die Ereignisse

    verfolgt hat, wird Deutschland einen Vorwurf

    machen können. Die ganze schwere 

    Verantwortung für den Weltkrieg, der

    uns droht, fällt auf Rußland.


                 Prinz Heinrich beim Reichskanzler.

        Prinz Heinrich von Preußen hat gestern abend

    vor 10 Uhr im Reichskanzlerpalais Herrn v. Bethmann

    Hollweg besucht und ist erst kurz vor ½ 2 Uhr

    wieder in seinem Automobil fortgefahren. Auch 

    der Kriegsminister v . Falkenhain hat längere Zeit

    beim Reichskanzler geweilt.


               Der russische Botschafter bei Staatssekretär

                                            v. Jagow.

        Der russische Botschafter Swerbejew hatte gestern

    abend eine längere Unterredung mit dem Staatssekretär

    des Auswärtigen Amtes v. Jagow. Die

    Bemühungen, eine Annäherung zwischen dem

    Standpunkt von Wien und dem von Petersburg

    herbeizuführen, dauern noch fort.



        

  • September 23, 2017 18:16:23 Beate Jochem

      item 19        

                                                                               Eisenacher        Zeitung

    verbunden mit

    Tageblatt und Anzeiger für den Eisenacher Kreis


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                                                         Hofbuchdruckerei Eisenach, H.  Kahle,

                                                                                    Inhaber:

                                                                   Paul Kahle und Karl Kahle.


        Die "Eisenacher Zeitung", verbunden mit "Tageblatt und Anzeiger für den Eisenacher

    Kreis", erscheint mit Ausnahme der Feiertage wöchentlich sechsmal, mit "Illustriertem Unter-

    haltungsblatt", Fahrplan und Kalender. Bezugspreis für Eisenach, einschließlich Bringerlohn ,

    monatlich 70 Pf. in Vorauszahlung; durch die Post vierteljährlich 2,10 M. frei ins Haus, bei

    Abholung am Postschalter 1,68 M. Alle Postanstalten sowie die Landbriefträger und unsere Ver-

    treter nehmen Bestellungen entgegen. Einzelne Nummer 10 Pf.


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    lichen Teil 15 Pf. Reklamen nach dem politischen Teil: Petitzeile 40 Pf. Nachweisgebühr aller

    Art: 20 Pf. Annahme der Anzeigen bis vormittag 9 Uhr, größere  > Tags zuvor < .

    Annahme und Vermittlung von Anzeigen für alle Zeitungen der Welt. Beilagegebühr: für

    die Gesamtauflage 50 Pf. bei vierseitigen, 30 Pf. bei zweiseitigen Beilagen, für die Stadtauflage

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    Nr. 178 Geschäftsstelle:              Sonnabend, den 1. August 1914.            Geschäftszeit:            48. Jahrg.
                   Eisenach, Sophienstraße 55/57. Fernsprecher 47.         7 Uhr vormittags bis 6 Uhr nachmittags.  

    _______________________________________________________________________________________________________________


    Vor der Entscheidung über den Weltkrieg. 

     1. Spalte 

    Ein fürchterliches, der Generation von heute bis-
    her fremd gewesenes Wort! Man hat davon in 
    alten Geschichtsbüchern bisher gelesen; nur eine 
    Minderzahl von denen, die heute noch unter uns
    weilen, haben solchen Kriegszustand in deutschen 
    Landen selbst erlebt. Kriegszustand ist noch nicht

    Krieg, hört man da und dort. Eine Tröstung, die

    nur geringen Glauben finden mag. Wenn nicht in

    Petersburg und in Paris die Erleuchtung wie ein 
    Wunder herniedersteigt, dann darf die Menschheit
    alle Hoffnung schwinden lassen. Der Kaiser,

    unser Friedenskaiser , ist, wie eine offenbar

    hochoffiziöse Kundgebung  verlautbart, vom rus-

    sichen Zaren schmählich betrogen

    worden. Das Verhalten der russischen Krone

    schlägt jeder Loyalität ins Gesicht! Nun soll 
    Rußland erfahren, heißt es in jener offi-

    ziösen Auslassung, daß dieser  Abkomme Friedrichs 
    des Großen ein Kriegsfürst sein wird! Hört man 

    schon den Anmarsch unserer Bataillone? Wir dür-

    fen den kommenden Ereignissen ohne Bangen ent-

    gegensehen . Nicht  großsprecherisch und nicht über-

    mütig wollen wir sein; aber wer vielleicht draußen

    in der Welt glaubt, schreibt die  "Nat. Ztg." daß

    das deutsche Volk vom  Schauder blasser Furcht ge-

    schüttelt werde, wie es bei den Leuten jenseits der 

    Grenzen bereits der Fall ist,  so gibt man  sich einer

    regen Täuschung hin. Das  Volk steht auf, 

    der Sturm bricht los. Die Herren an der 

    Newa wollen eine blutige Tragödie inszenieren, ihre

    Freunde an der Seine wollen oder können sie daran 

    nicht hindern: Wohlan! Das Spiel kann 

    beginnen!

     

                           Ultimatum an Rußland.

        Der "Norddeutschen Allg. Ztg." zufolge ließ Kaiser

    Wilhelm Rußland wissen, daß die deutsche

    Mobilmachung in Aussicht steht, falls Rußland

    nicht binnen 12 Stunden seine Kriegsvorbereitungen

    einstellt. Gleichzeitig ist an Frankreich

    die Anfrage über dessen Haltung im Falle

    eines deutsch-russischen Krieges gerichtet worden.


                       Der Reichstag wird einberufen.

        Berlin, 31. Juli. Wie offiziös gemeldet wird,

    ist die Einberufung des Reichstages

    auf Dienstag, den 4. August, in Aussicht genommen.

    Die Eröffnung wird im Weißen Saale des Königlichen

    Schlosses zu Berlin um 1 Uhr nachmittags

    erfolgen. Die kaiserliche Verordnung wegen der

    Berufung steht noch aus.


                Der Reichstag wird einberufen.

        Berlin, 31. Juli. Wie offiziös gemeldet wird,

    ist die Einberufung des Reichstages

    auf Dienstag, den 4. August, in Aussicht genommen.

    die Eröffnung wird im Weißen Saale des Königlichen

    Schlosses zu Berlin um 1 Uhr nachmittags

    erfolgen. Die kaiserliche Verordnung wegen der

    Berufung steht noch aus.


                              Kriegszustand.

        Berlin, 31. Juli. Aus Petersburg ist die

    Nachricht des deutschen Botschafters eingegangen,

    daß die allgemeine Mobilmachung der russischen

    Armee und Flotte befohlen worden ist. Darauf

    hat Se. Majestät der Kaiser den Zustand der

    drohenden Kriegsgefahr befohlen. Se. Majestät

    wird heute nach Berlin übersiedeln.

        Berlin, 31.Juli Nach Artikel 68 der Reichsverfassug

    hat Se. Majestät der Kaiser das Reichsgebiet

    ohne Bayern in den Kriegszustand erklärt.

    Über Bayern ergeht die gleiche Anordnung.

        Berlin, 31. Juli.  Bei militärischen Maßnahmen

    kommen bei drohender Kriegsgefahr hauptsächlich

    in Betracht:

        1. An der Grenze und zum Schutze der Eisenbahnen

            erforderliche Maßnahmen.

        2. Verkehrsbeschränkungen der Post, Telegraphen,

            Eisenbahnen usw. zugunsten des militärischen

            Bedarfs.

         3. Erklärung des Kriegszustandes für das gesamte

             Kriegsgebiet.

         4. Verbot der Veröffentlichung über Truppenbewegungen

             und Verteidigungsmittel. Der

             Kriegszustand ist gleichbedeutend mit dem

             Belagerungszustand in Preußen (Art. 68

             der Reichsverordnung.)

     

     2. Spalte 

                             

                          Die bayerische Verfügung.

        München, 31. Juli. Nach einer königlichen

    Verordnung vom 31. Juli 1914 wird über das gesamte

    Gebiet des Königreichs der Kriegszustand

    verhängt. Für die Pfalz wird das Standrecht

    angeordnet.


                       Die Rückkehr des Kaisers von

                             Potsdam nach Berlin.

                                 In Erwartung.

        Infolge der Gerüchte, daß heute die Mobilisierung

    der deutschen Armee erfolgen solle, hatten sich

    schon am Mittag in den Hauptstraßen des Zentrums

    größere Menschenmassen angesammelt, um die

    neuesten Ereignisse möglichst schnell zu erfahren.

    Gegen 2 Uhr kamen in Autos die ersten Extrablätter

    auf die Straße, die den Boten von

    Dutzenden von Händen entrissen wurden. In wenigen

    Minuten waren Straßen und Plätze mit 

    Tausenden der flatternden Blätter bedeckt. Unter

    den Linden, in der Leipziger Straße und am Potsdamer

    Platz scharten sich sofort dichte Menschenmassen 

    zusammen, die in größter Erregung hin- und

    herwogten, und gegen deren Strom die Schutzleute,

    die den Verkehr zu regeln hatten, machtlos waren.

    Da wurde die Nachricht bekannt, daß der Kaiser

    die Absicht habe, im Laufe des Nachmittags seine

    Residenz im Potsdamer Neuen Palais

    missing

                               Der Einzug des Kaisers.

        Sofort strömten die Massen aus den Straßen in

    der Nähe der Linden dem Brandenburger

    Tore zu, wo sich bald Tausende und Abertausende

    in dichten Menschenmauern aufstellten. Gegen ¾ 3

    Uhr ertönten vom Tiergarten her brausende Hochrufe.

    Die Wache am Brandenburger Tor trat unter

    Gewehr. Die Trommel rasselte und gleich darauf

    durchschnitt der scharfe Klang des Kaiserlichen 

    Hupensignals die Luft. Hinter der Siegesallee tauchte

    das bekannte hellbraune Automobil des

    Kaisers mit der roten Standarte auf. Zehntausendfache

    Hochs erschollen und das Trommelgewirbel

    der Wache ertrank in dem Meere der

    Jubelrufe. Der Kaiser, der die Uniform des Regiments

    Garde du Corps mit dem Stahlhelm trug,

    dankte unaufhörlich nach allen Seiten. Er wie die

    Kaiserin waren ernsten Antlitzes. Als das Kaiserliche

    Auto den Pariser Platz hinter sich gelassen

    hatte und in die Linden einlenkte, durchbrachen die

    Menschenmassen von beiden Seiten die dünnen

    Schutzmannsketten, die schon seit der Mittagsstunde

    aufgestellt waren. In tosender Begeisterung drängten

    sich Tausende von Menschen um den Wagen und

    jubelten dem Kaiserpaare zu. Nur langsam konnte

    sich der Wagen unter unausgesetzten Hupensignalen

    einen Weg durch die Menge bahnen. Dicht hinter

    dem Kaiserlichen Auto fuhr der bekannte dunkle

    Kraftwagen des Kronprinzen. Der Thronfolger,

    der die Uniform seiner Danziger Leibhusaren

    trug, wurde ebenso wie seine Gemahlin mit der

    gleichen Begeisterung wie das Kaiserpaar begrüßt.

    Zwischen beiden saß der älteste Sohn, Prinz Wilhelm.

    Auch das Automobil des Prinzen mußte,

    besonders zwischen der Wilhelmstraße und der

    Friedrichstraße, mehrere Male im Schritt fahren,

    um kein Unheil in der freudig erregten Menge

    anzurichten. Im dritten Auto saß Prinz Adalbert

    sowie das Prinzenpaar August Wilhelm.

    Auf dem Schloßplatz wurden die Hofautomobile von

    einer vieltausendköpfigen Menge empfangen, die in

    brausende Hochrufe ausbrach, als der Wagen des

    Kaisers auf der Schloßbrücke erschien und die

    Purpurstandarte über dem alten Schlosse der

    Hohenzollern emporstieg.

                                  Vor dem Schloß.

        Die Menschenmassen, die das Kaiserpaar Unter

    den Linden begrüßt hatten, fluteten nun die Linden

    herunter dem Schlosse zu. Bald standen auf

    dem Platze zwischen Schlosse und dem Lustgarten

    Menschenmengen, wie sie der Platz wohl selten

    gesehen haben mag. Die allgemeine begeisterte

    Erregung hatte jetzt ihren Höhepunkt erreicht. An

    den Kandelabern in der Mitte des Platzes stiegen

    Leute hinauf, die tausendstimmig erwiderte Hochs

    auf den Kaiser ausbrachten. Immer wieder schollen

    die von allen Seiten freudig aufgenommenen

    Jubelrufe zu den Fenstern des Schlosses empor.

    "Heil dir, im Siegerkranz," "Deutschland, Deutschland

    über alles" und "Ich bin ein Preuße, kennt


     3. Spalte 

    ihr meine Farben", wurden abwechselnd gesungen.

    Wenige Minuten nach 4 Uhr wurde das eiserne

    Hauptportal des Schlosses geöffnet und im  Auto 

    fuhr der Reichskanzler von Bethmann Hollweg in

    Begleitung seines Adjutanten des Freiherrn von

    Sell heraus. Der Kanzler wurde mit lauten Zurufen

    begrüßt und dankte, indem er das Haupt entblößte.

    Bald darauf verließ auch Prinz Heinrich,

    von der Menge lebhaft begrüßt, das Schloß. Unbeweglich

    standen die Massen. Die Schutzleute, die

    in großer Zahl zu Pferde und zu Fuß vor dem

    Schloß konzentriert standen, zeigten sich, wie übrigens

    auch Unter den Linden, dem Publikum gegenüber

    sehr rücksichtsvoll. Je weiter der Zeiger an

    dem Eckturme des Schlosses rückte, um so mehr vergrößerte

    sich die Masse auf dem Schloßplatz.


                           Eine Ansprache des Kaisers.

                                                        Berlin, 31.Juli.

        

    Der Kaiser hat heute um ¾ 7 Uhr eine Ansprache

    an die vor dem Schlosse  versammelte Volksmenge

    gehalten. Die Worte des Kaisers lauteten:

        Ich danke Euch! Eure Kundgebung war mir

    ein Labsal. Wir sind im  tiefsten Frieden

    in des Wortes wahrer Bedeutung

    überfallen worden durch den Neid

    unserer Feinde, der uns rings umgibt.

        Fünfundzwanzig Jahre habe ich den Frieden missing 

    und gehalten. Nun bin ich gezwungen,

    das Schwert zu ziehen, aber ich hoffe, daß ich es

    mit Ehren wieder einstecken kann. Es werden Euch

    enorme Opfer an Gut und Blut auferlegt

    werden, aber Ihr werdet sie ertragen, das

    weiß ich. Wir werden die Gegner niederzwingen.

    Nun geht in die Kirchen und

    betet zu Gott, daß er dem deutschen Heer und der

    deutschen Sache den Sieg verleihen möge!


            Das Kronprinzenpaar auf dem Balkon des

                             Kronprinzlichen Palais.

        Zwischen der fünften und sechsten Nachmittagsstunde

    versammelte sich eine nach vielen Tausenden

    zählende Menschenmenge vor dem Kronprinzlichen

    Palais. Ebenso wie die Menge vor

    dem Schloß, sangen die versammelten Menschen

    tausendstimmig vaterländische Lieder und brachen

    fortgesetzt in brausende Hochrufe aus. Kurz vor

    sechs Uhr erschienen der Kronprinz und die

    Kronprinzessin auf dem Balkon, mit

    donnerndem Jubel begrüßt. Der Kronprinz, der die

    Litewka trug, winkte ebenso wie seine

    Gemahlin der begeisterten Menge

    dankend zu. Auch als das Kronprinzliche Paar 

    sich wieder von dem  Balkon zurückgezogen hatte,

    verharrten die Tausenden vor dem Palais.


                    Kriegstrauung im Kaiserhause.

        Berlin, 31. Juli.  Heute abend 7 Uhr wurde

    im Königlichen Schlosse Bellevue mit Genehmigung

    Ihrer Majestäten die Vermählung des

    Prinzen Oskar von Preußen mit der

    Gräfin Ina Maria von Bassewitz standesamtlich

    durch den Minister des königlichen Hauses Grafen

    A. zu Eulenburg vollzogen und darauf die kirchliche

    Einsegnung durch den Generalsuperintendenten

    Haendler vorgenommen. Der Feier wohnten die

    kaiserliche Familie und die Angehörigen der Braut

    bei, welche nunmehr den allerhöchst verliehenen

    Titel einer Gräfin von Ruppin führen wird.


                    Eine Ansprache des Reichskanzlers.

        Berlin, 1. Aug.   Gestern um 12 Uhr sammelte

    sich eine große Menschenmenge vor dem

    Reichskanzlerpalais. Der Reichskanzler erschien am

    Mittelfenster des Kongreßsaales und hielt folgende

    Ansprache:  In ernster Stunde sind Sie, um Ihren

    vaterländischen Gesinnungen Ausdruck zu geben,

    vor das Haus Bismarcks gezogen, Bismarcks, der

    uns mit Kaiser Wilhelm dem Großen und Feldmarschall

    Moltke das Deutsche Reich geschenkt hat.

    Wir wollen in dem Reiche, das wir in 44jähriger

    Friedensarbeit ausgebaut haben, auch fernerhin in

    Frieden leben. Das ganze Wirken unsres Kaisers

    war der Erhaltung des Friedens gewidmet. Bis

    in die letzten Tage hat er für den Frieden Europas

    gewirkt und er wirkt noch für ihn. Sollte alles

    Bemühen vergeblich sein, sollte uns das Schwert in

    die Hand gezwungen werden, so werden wir mit

    gutem Gewissen und den [sic] Bewußtsein, nichts als den

    Frieden gewollt zu haben, den Kampf um unsere

    nationale Ehre mit Einsetzung des letzten Blutstropfen

    führen. Im Ernste dieser Stunde erinnere


     

     4. Spalte 

    ich Sie an das Wort, das einst Friedrich Karl den

    Brandenburgern zurief: "Laßt Eure Herzen schlagen

    zu Gott und Eure Fäuste auf den Feind!"


               Die Botschafter Frankreichs und Englands

                    bei dem amerikanischen Botschafter.

        Berlin, 31.Juli. Die Botschafter Frankreichs

    und Englands hatten heute mit dem

    amerikanischen Botschafter eine längere Besprechung,

    in der dieser ersucht wurde, den Schutz

    der englischen und französischen Staatsangehörigen

    zu übernehmen, falls beide Botschafter durch den

    Gang der Ereignisse gezwungen würden, Berlin zu

    verlassen.  -  Von England erwartet man, daß es

    sich zunächst an einer eventuellen kriegerischen

    Auseinandersetzung nicht beteiligen wird,

    da es nach seiner anerkennenswerten friedlichen Haltung

    ehrlich bemüht ist, den Krieg zu vermeiden.

    Nach Ansicht unterrichteter Kreise aber kann es keinem

    Zweifel unterliegen, daß England auf die

    Dauer nicht neutral bleiben könne,

    weil die Londoner Regierung stark von der Volksstimmung

    abhängig ist und zum Eingreifen gezwungen

    wird, sobald die ersten Schläge auf dem

    westlichen Kriegsschauplatz fallen.


                          Das russische Doppelspiel.

        Die Kugel ist jetzt rascher ins Rollen gekommen,

    als die Leiter der deutschen Politik gedacht haben.

    missing  missing    der Zar 

    an den Deutsche Kaiser ein Telegramm

    gerichtet, und zwar enthielt diese Depesche die

    persönliche Bitte an den Kaiser, noch einen

    letzten friedlichen Vermittlungsversuch zwischen

    Rußland und Österreich zu machen. Der Kaiser hat

    diese Aufgabe übernommen und hat sich an den

    friedlichen Absichten Rußlands, wie aus der Depesche

    des Zaren hervorzugehen schien, auch nicht irremachen

    lassen durch die am Donnerstag erfolgte

    teilweise Mobilisierung der russischen

    Armee. Im Laufe der vergangenen Nacht

    war es nicht zuletzt dank der eifrigen Unterstützung

    Sir Edward Greys gelungen, eine Formel zu finden,

    die geeignet schien, sowohl Rußland wie Österreich

     zu befriedigen und dadurch die Kriegsgefahr zu

    beschwören. Mitten in die Verhandlungen

    hinein platzte da plötzlich die

    Meldung des deutschen Botschafters

    in Petersburg von der Mobilisierun

    der gesamten russischen Armee

    und Flotte. Da gab es selbstverständlich auch

    für Deutschland kein Zögern mehr.

        Man steht infolgedessen unter dem Eindruck, daß 

    die eigentliche russische Politik die Person des Zaren

    vorgeschoben hat, um hinter dieser Kulisse Zeit zu

    gewinnen, die Kriegsvorbereitungen durchzuführen. 

    Der Erklärung des Kriegszustandes muß nach der

    Ansicht amtlicher Kreise die Mobilmachung voraussichtlich

    innerhalb 24 Stunden folgen. Die diplomatischen

    Beziehungen zu Rußland sind deshalb

    selbstverständlich noch nicht abgebrochen. Der russische

    Botschafter war Freitagmorgen noch im Auswärtigen

    Amt. Die Hoffnungen auf einen Ausgleich

    sind aber, wenn erst beide Großmächte sich

    gerüstet gegenüber stehen, sehr gering. 

        In unserm [sic] Bestreben, den Frieden zu erhalten

    und zwischen Wien und Petersburg im Interesse

    der Wohlfahrt Europas zu vermitteln, sind wir bis

    an die äußerste Grenze gegangen.

    Niemand, der unvoreingenommen die Ereignisse

    verfolgt hat, wird Deutschland einen Vorwurf

    machen können. Die ganze schwere 

    Verantwortung für den Weltkrieg, der

    uns droht, fällt auf Rußland.


                 Prinz Heinrich beim Reichskanzler.

        Prinz Heinrich von Preußen hat gestern abend

    vor 10 Uhr im Reichskanzlerpalais Herrn v. Bethmann

    Hollweg besucht und ist erst kurz vor 1/2 2 Uhr

    wieder in seinem Automobil fortgefahren. Auch 

    der Kriegsminister v . Falkenhain hat längere Zeit

    beim Reichskanzler geweilt.


               Der russische Botschafter bei Staatssekretär

                                            v. Jagow.

        Der russische Botschafter Swerbejew hatte gestern

    abend eine längere Unterredung mit dem Staatssekretär

    des Auswärtigen Amtes v. Jagow. Die

    Bemühungen, eine Annäherung zwischen dem

    Standpunkt von Wien und dem von Petersburg

    herbeizuführen, dauern noch fort.



        


  • September 23, 2017 18:04:54 Beate Jochem

      item 19        

                                                                               Eisenacher        Zeitung

    verbunden mit

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    Vor der Entscheidung über den Weltkrieg. 

     1. Spalte 

    Ein fürchterliches, der Generation von heute bis-
    her fremd gewesenes Wort! Man hat davon in 
    alten Geschichtsbüchern bisher gelesen; nur eine 
    Minderzahl von denen, die heute noch unter uns
    weilen, haben solchen Kriegszustand in deutschen 
    Landen selbst erlebt. Kriegszustand ist noch nicht

    Krieg, hört man da und dort. Eine Tröstung, die

    nur geringen Glauben finden mag. Wenn nicht in

    Petersburg und in Paris die Erleuchtung wie ein 
    Wunder herniedersteigt, dann darf die Menschheit
    alle Hoffnung schwinden lassen. Der Kaiser,

    unser Friedenskaiser , ist, wie eine offenbar

    hochoffiziöse Kundgebung  verlautbart, vom rus-

    sichen Zaren schmählich betrogen

    worden. Das Verhalten der russischen Krone

    schlägt jeder Loyalität ins Gesicht! Nun soll 
    Rußland erfahren, heißt es in jener offi-

    ziösen Auslassung, daß dieser  Abkomme Friedrichs 
    des Großen ein Kriegsfürst sein wird! Hört man 

    schon den Anmarsch unserer Bataillone? Wir dür-

    fen den kommenden Ereignissen ohne Bangen ent-

    gegensehen . Nicht  großsprecherisch und nicht über-

    mütig wollen wir sein; aber wer vielleicht draußen

    in der Welt glaubt, schreibt die  "Nat. Ztg." daß

    das deutsche Volk vom  Schauder blasser Furcht ge-

    schüttelt werde, wie es bei den Leuten jenseits der 

    Grenzen bereits der Fall ist,  so gibt man  sich einer

    regen Täuschung hin. Das  Volk steht auf, 

    der Sturm bricht los. Die Herren an der 

    Newa wollen eine blutige Tragödie inszenieren, ihre

    Freunde an der Seine wollen oder können sie daran 

    nicht hindern: Wohlan! Das Spiel kann 

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                           Ultimatum an Rußland.

        Der "Norddeutschen Allg. Ztg." zufolge ließ Kaiser

    Wilhelm Rußland wissen, daß die deutsche

    Mobilmachung in Aussicht steht, falls Rußland

    nicht binnen 12 Stunden seine Kriegsvorbereitungen

    einstellt. Gleichzeitig ist an Frankreich

    die Anfrage über dessen Haltung im Falle

    eines deutsch-russischen Krieges gerichtet worden.


                       Der Reichstag wird einberufen.

        Berlin, 31. Juli. Wie offiziös gemeldet wird,

    ist die Einberufung des Reichstages

    auf Dienstag, den 4. August, in Aussicht genommen.

    Die Eröffnung wird im Weißen Saale des Königlichen

    Schlosses zu Berlin um 1 Uhr nachmittags

    erfolgen. Die kaiserliche Verordnung wegen der

    Berufung steht noch aus.


                Der Reichstag wird einberufen.

        Berlin, 31. Juli. Wie offiziös gemeldet wird,

    ist die Einberufung des Reichstages

    auf Dienstag, den 4. August, in Aussicht genommen.

    die Eröffnung wird im Weißen Saale des Königlichen

    Schlosses zu Berlin um 1 Uhr nachmittags

    erfolgen. Die kaiserliche Verordnung wegen der

    Berufung steht noch aus.


                              Kriegszustand.

        Berlin, 31. Juli. Aus Petersburg ist die

    Nachricht des deutschen Botschafters eingegangen,

    daß die allgemeine Mobilmachung der russischen

    Armee und Flotte befohlen worden ist. Darauf

    hat Se. Majestät der Kaiser den Zustand der

    drohenden Kriegsgefahr befohlen. Se. Majestät

    wird heute nach Berlin übersiedeln.

        Berlin, 31.Juli Nach Artikel 68 der Reichsverfassug

    hat Se. Majestät der Kaiser das Reichsgebiet

    ohne Bayern in den Kriegszustand erklärt.

    Über Bayern ergeht die gleiche Anordnung.

        Berlin, 31. Juli.  Bei militärischen Maßnahmen

    kommen bei drohender Kriegsgefahr hauptsächlich

    in Betracht:

        1. An der Grenze und zum Schutze der Eisenbahnen

            erforderliche Maßnahmen.

        2. Verkehrsbeschränkungen der Post, Telegraphen,

            Eisenbahnen usw. zugunsten des militärischen

            Bedarfs.

         3. Erklärung des Kriegszustandes für das gesamte

             Kriegsgebiet.

         4. Verbot der Veröffentlichung über Truppenbewegungen

             und Verteidigungsmittel. Der

             Kriegszustand ist gleichbedeutend mit dem

             Belagerungszustand in Preußen (Art. 68

             der Reichsverordnung.)

     

     2. Spalte 

                             

                          Die bayerische Verfügung.

        München, 31. Juli. Nach einer königlichen

    Verordnung vom 31. Juli 1914 wird über das gesamte

    Gebiet des Königreichs der Kriegszustand

    verhängt. Für die Pfalz wird das Standrecht

    angeordnet.


                       Die Rückkehr des Kaisers von

                             Potsdam nach Berlin.

                                 In Erwartung.

        Infolge der Gerüchte, daß heute die Mobilisierung

    der deutschen Armee erfolgen solle, hatten sich

    schon am Mittag in den Hauptstraßen des Zentrums

    größere Menschenmassen angesammelt, um die

    neuesten Ereignisse möglichst schnell zu erfahren.

    Gegen 2 Uhr kamen in Autos die ersten Extrablätter

    auf die Straße, die den Boten von

    Dutzenden von Händen entrissen wurden. In wenigen

    Minuten waren Straßen und Plätze mit 

    Tausenden der flatternden Blätter bedeckt. Unter

    den Linden, in der Leipziger Straße und am Potsdamer

    Platz scharten sich sofort dichte Menschenmassen 

    zusammen, die in größter Erregung hin- und

    herwogten, und gegen deren Strom die Schutzleute,

    die den Verkehr zu regeln hatten, machtlos waren.

    Da wurde die Nachricht bekannt, daß der Kaiser

    die Absicht habe, im Laufe des Nachmittags seine

    Residenz im Potsdamer Neuen Palais

    missing

                               Der Einzug des Kaisers.

        Sofort strömten die Massen aus den Straßen in

    der Nähe der Linden dem Brandenburger

    Tore zu, wo sich bald Tausende und Abertausende

    in dichten Menschenmauern aufstellten. Gegen ¾ 3

    Uhr ertönten vom Tiergarten her brausende Hochrufe.

    Die Wache am Brandenburger Tor trat unter

    Gewehr. Die Trommel rasselte und gleich darauf

    durchschnitt der scharfe Klang des Kaiserlichen 

    Hupensignals die Luft. Hinter der Siegesallee tauchte

    das bekannte hellbraune Automobil des

    Kaisers mit der roten Standarte auf. Zehntausendfache

    Hochs erschollen und das Trommelgewirbel

    der Wache ertrank in dem Meere der

    Jubelrufe. Der Kaiser, der die Uniform des Regiments

    Garde du Corps mit dem Stahlhelm trug,

    dankte unaufhörlich nach allen Seiten. Er wie die

    Kaiserin waren ernsten Antlitzes. Als das Kaiserliche

    Auto den Pariser Platz hinter sich gelassen

    hatte und in die Linden einlenkte, durchbrachen die

    Menschenmassen von beiden Seiten die dünnen

    Schutzmannsketten, die schon seit der Mittagsstunde

    aufgestellt waren. In tosender Begeisterung drängten

    sich Tausende von Menschen um den Wagen und

    jubelten dem Kaiserpaare zu. Nur langsam konnte

    sich der Wagen unter unausgesetzten Hupensignalen

    einen Weg durch die Menge bahnen. Dicht hinter

    dem Kaiserlichen Auto fuhr der bekannte dunkle

    Kraftwagen des Kronprinzen. Der Thronfolger,

    der die Uniform seiner Danziger Leibhusaren

    trug, wurde ebenso wie seine Gemahlin mit der

    gleichen Begeisterung wie das Kaiserpaar begrüßt.

    Zwischen beiden saß der älteste Sohn, Prinz Wilhelm.

    Auch das Automobil des Prinzen mußte,

    besonders zwischen der Wilhelmstraße und der

    Friedrichstraße, mehrere Male im Schritt fahren,

    um kein Unheil in der freudig erregten Menge

    anzurichten. Im dritten Auto saß Prinz Adalbert

    sowie das Prinzenpaar August Wilhelm.

    Auf dem Schloßplatz wurden die Hofautomobile von

    einer vieltausendköpfigen Menge empfangen, die in

    brausende Hochrufe ausbrach, als der Wagen des

    Kaisers auf der Schloßbrücke erschien und die

    Purpurstandarte über dem alten Schlosse der

    Hohenzollern emporstieg.

                                  Vor dem Schloß.

        Die Menschenmassen, die das Kaiserpaar Unter

    den Linden begrüßt hatten, fluteten nun die Linden

    herunter dem Schlosse zu. Bald standen auf

    dem Platze zwischen Schlosse und dem Lustgarten

    Menschenmengen, wie sie der Platz wohl selten

    gesehen haben mag. Die allgemeine begeisterte

    Erregung hatte jetzt ihren Höhepunkt erreicht. An

    den Kandelabern in der Mitte des Platzes stiegen

    Leute hinauf, die tausendstimmig erwiderte Hochs

    auf den Kaiser ausbrachten. Immer wieder schollen

    die von allen Seiten freudig aufgenommenen

    Jubelrufe zu den Fenstern des Schlosses empor.

    "Heil dir, im Siegerkranz," "Deutschland, Deutschland

    über alles" und "Ich bin ein Preuße, kennt


     3. Spalte 

    ihr meine Farben", wurden abwechselnd gesungen.

    Wenige Minuten nach 4 Uhr wurde das eiserne

    Hauptportal des Schlosses geöffnet und im  Auto 

    fuhr der Reichskanzler von Bethmann Hollweg in

    Begleitung seines Adjutanten des Freiherrn von

    Sell heraus. Der Kanzler wurde mit lauten Zurufen

    begrüßt und dankte, indem er das Haupt entblößte.

    Bald darauf verließ auch Prinz Heinrich,

    von der Menge lebhaft begrüßt, das Schloß. Unbeweglich

    standen die Massen. Die Schutzleute, die

    in großer Zahl zu Pferde und zu Fuß vor dem

    Schloß konzentriert standen, zeigten sich, wie übrigens

    auch Unter den Linden, dem Publikum gegenüber

    sehr rücksichtsvoll. Je weiter der Zeiger an

    dem Eckturme des Schlosses rückte, um so mehr vergrößerte

    sich die Masse auf dem Schloßplatz.


                           Eine Ansprache des Kaisers.

                                                        Berlin, 31.Juli.

        

    Der Kaiser hat heute um ¾ 7 Uhr eine Ansprache

    an die vor dem Schlosse  versammelte Volksmenge

    gehalten. Die Worte des Kaisers lauteten:

        Ich danke Euch! Eure Kundgebung war mir

    ein Labsal. Wir sind im  tiefsten Frieden

    in des Wortes wahrer Bedeutung

    überfallen worden durch den Neid

    unserer Feinde, der uns rings umgibt.

        Fünfundzwanzig Jahre habe ich den Frieden missing 

    und gehalten. Nun bin ich gezwungen,

    das Schwert zu ziehen, aber ich hoffe, daß ich es

    mit Ehren wieder einstecken kann. Es werden Euch

    enorme Opfer an Gut und Blut auferlegt

    werden, aber Ihr werdet sie ertragen, das

    weiß ich. Wir werden die Gegner niederzwingen.

    Nun geht in die Kirchen und

    betet zu Gott, daß er dem deutschen Heer und der

    deutschen Sache den Sieg verleihen möge!


            Das Kronprinzenpaar auf dem Balkon des

                             Kronprinzlichen Palais.

        Zwischen der fünften und sechsten Nachmittagsstunde

    versammelte sich eine nach vielen Tausenden

    zählende Menschenmenge vor dem Kronprinzlichen

    Palais. Ebenso wie die Menge vor

    dem Schloß, sangen die versammelten Menschen

    tausendstimmig vaterländische Lieder und brachen

    fortgesetzt in brausende Hochrufe aus. Kurz vor

    sechs Uhr erschienen der Kronprinz und die

    Kronprinzessin auf dem Balkon, mit

    donnerndem Jubel begrüßt. Der Kronprinz, der die

    Litewka trug, winkte ebenso wie seine

    Gemahlin der begeisterten Menge

    dankend zu. Auch als das Kronprinzliche Paar 

    sich wieder von dem  Balkon zurückgezogen hatte,

    verharrten die Tausenden vor dem Palais.


                    Kriegstrauung im Kaiserhause.

        Berlin, 31. Juli.  Heute abend 7 Uhr wurde

    im Königlichen Schlosse Bellevue mit Genehmigung

    Ihrer Majestäten die Vermählung des

    Prinzen Oskar von Preußen mit der

    Gräfin Ina Maria von Bassewitz standesamtlich

    durch den Minister des königlichen Hauses Grafen

    A. zu Eulenburg vollzogen und darauf die kirchliche

    Einsegnung durch den Generalsuperintendenten

    Haendler vorgenommen. Der Feier wohnten die

    kaiserliche Familie und die Angehörigen der Braut

    bei, welche nunmehr den allerhöchst verliehenen

    Titel einer Gräfin von Ruppin führen wird.


                    Eine Ansprache des Reichskanzlers.

        Berlin, 1. Aug.   Gestern um 12 Uhr sammelte

    sich eine große Menschenmenge vor dem

    Reichskanzlerpalais. Der Reichskanzler erschien am

    Mittelfenster des Kongreßsaales und hielt folgende

    Ansprache:  In ernster Stunde sind Sie, um Ihren

    vaterländischen Gesinnungen Ausdruck zu geben,

    vor das Haus Bismarcks gezogen, Bismarcks, der

    uns mit Kaiser Wilhelm dem Großen und Feldmarschall

    Moltke das Deutsche Reich geschenkt hat.

    Wir wollen in dem Reiche, das wir in 44jähriger

    Friedensarbeit ausgebaut haben, auch fernerhin in

    Frieden leben. Das ganze Wirken unsres Kaisers

    war der Erhaltung des Friedens gewidmet. Bis

    in die letzten Tage hat er für den Frieden Europas

    gewirkt und er wirkt noch für ihn. Sollte alles

    Bemühen vergeblich sein, sollte uns das Schwert in

    die Hand gezwungen werden, so werden wir mit

    gutem Gewissen und den [sic] Bewußtsein, nichts als den

    Frieden gewollt zu haben, den Kampf um unsere

    nationale Ehre mit Einsetzung des letzten Blutstropfen

    führen. Im Ernste dieser Stunde erinnere


     

     4. Spalte 

    ich Sie an das Wort, das einst Friedrich Karl den

    Brandenburgern zurief: "Laßt Eure Herzen schlagen

    zu Gott und Eure Fäuste auf den Feind!"


               Die Botschafter Frankreichs und Englands

                    bei dem amerikanischen Botschafter.

        Berlin, 31.Juli. Die Botschafter Frankreichs

    und Englands hatten heute mit dem

    amerikanischen Botschafter eine längere Besprechung,

    in der dieser ersucht wurde, den Schutz

    der englischen und französischen Staatsangehörigen

    zu übernehmen, falls beide Botschafter durch den

    Gang der Ereignisse gezwungen würden, Berlin zu

    verlassen.  -  Von England erwartet man, daß es

    sich zunächst an einer eventuellen kriegerischen

    Auseinandersetzung nicht beteiligen wird,

    da es nach seiner anerkennenswerten friedlichen Haltung

    ehrlich bemüht ist, den Krieg zu vermeiden.

    Nach Ansicht unterrichteter Kreise aber kann es keinem

    Zweifel unterliegen, daß England auf die

    Dauer nicht neutral bleiben könne,

    weil die Londoner Regierung stark von der Volksstimmung

    abhängig ist und zum Eingreifen gezwungen

    wird, sobald die ersten Schläge auf dem

    westlichen Kriegsschauplatz fallen.


                          Das russische Doppelspiel.

        Die Kugel ist jetzt rascher ins Rollen gekommen,

    als die Leiter der deutschen Politik gedacht haben.

    missing  missing    der Zar 

    an den Deutsche Kaiser ein Telegramm

    gerichtet, und zwar enthielt diese Depesche die

    persönliche Bitte an den Kaiser, noch einen

    letzten friedlichen Vermittlungsversuch zwischen

    Rußland und Österreich zu machen. Der Kaiser hat

    diese Aufgabe übernommen und hat sich an den

    friedlichen Absichten Rußlands, wie aus der Depesche

    des Zaren hervorzugehen schien, auch nicht irremachen

    lassen durch die am Donnerstag erfolgte

    teilweise Mobilisierung der russischen

    Armee. Im Laufe der vergangenen Nacht

    war es nicht zuletzt dank der eifrigen Unterstützung

    Sir Edward Greys gelungen, eine Formel zu finden,

    die geeignet schien, sowohl Rußland wie Österreich

     zu befriedigen und dadurch die Kriegsgefahr zu

    beschwören. Mitten in die Verhandlungen

    hinein platzte da plötzlich die

    Meldung des deutschen Botschafters

    in Petersburg von der Mobilisierun

    der gesamten russischen Armee

    und Flotte. Da gab es selbstverständlich auch

    für Deutschland kein Zögern mehr.

        Man steht infolgedessen unter dem Eindruck, daß 

    die eigentliche russische Politik die Person des Zaren

    vorgeschoben hat, um hinter dieser Kulisse Zeit zu

    gewinnen, die Kriegsvorbereitungen durchzuführen. 

    Der Erklärung des Kriegszustandes muß nach der

    Ansicht amtlicher Kreise die Mobilmachung voraussichtlich

    innerhalb 24 Stunden folgen. Die diplomatischen

    Beziehungen zu Rußland sind deshalb

    selbstverständlich noch nicht abgebrochen. Der russische

    Botschafter war Freitagmorgen noch im Auswärtigen

    Amt. Die Hoffnungen auf einen Ausgleich

    sind aber, wenn erst beide Großmächte sich

    gerüstet gegenüber stehen, sehr gering. 




        


  • September 23, 2017 18:00:30 Beate Jochem

      item 19        

                                                                               Eisenacher        Zeitung

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    _______________________________________________________________________________________________________________


    Vor der Entscheidung über den Weltkrieg. 

     1. Spalte 

    Ein fürchterliches, der Generation von heute bis-
    her fremd gewesenes Wort! Man hat davon in 
    alten Geschichtsbüchern bisher gelesen; nur eine 
    Minderzahl von denen, die heute noch unter uns
    weilen, haben solchen Kriegszustand in deutschen 
    Landen selbst erlebt. Kriegszustand ist noch nicht

    Krieg, hört man da und dort. Eine Tröstung, die

    nur geringen Glauben finden mag. Wenn nicht in

    Petersburg und in Paris die Erleuchtung wie ein 
    Wunder herniedersteigt, dann darf die Menschheit
    alle Hoffnung schwinden lassen. Der Kaiser,

    unser Friedenskaiser , ist, wie eine offenbar

    hochoffiziöse Kundgebung  verlautbart, vom rus-

    sichen Zaren schmählich betrogen

    worden. Das Verhalten der russischen Krone

    schlägt jeder Loyalität ins Gesicht! Nun soll 
    Rußland erfahren, heißt es in jener offi-

    ziösen Auslassung, daß dieser  Abkomme Friedrichs 
    des Großen ein Kriegsfürst sein wird! Hört man 

    schon den Anmarsch unserer Bataillone? Wir dür-

    fen den kommenden Ereignissen ohne Bangen ent-

    gegensehen . Nicht  großsprecherisch und nicht über-

    mütig wollen wir sein; aber wer vielleicht draußen

    in der Welt glaubt, schreibt die  "Nat. Ztg." daß

    das deutsche Volk vom  Schauder blasser Furcht ge-

    schüttelt werde, wie es bei den Leuten jenseits der 

    Grenzen bereits der Fall ist,  so gibt man  sich einer

    regen Täuschung hin. Das  Volk steht auf, 

    der Sturm bricht los. Die Herren an der 

    Newa wollen eine blutige Tragödie inszenieren, ihre

    Freunde an der Seine wollen oder können sie daran 

    nicht hindern: Wohlan! Das Spiel kann 

    beginnen!

     

                           Ultimatum an Rußland.

        Der "Norddeutschen Allg. Ztg." zufolge ließ Kaiser

    Wilhelm Rußland wissen, daß die deutsche

    Mobilmachung in Aussicht steht, falls Rußland

    nicht binnen 12 Stunden seine Kriegsvorbereitungen

    einstellt. Gleichzeitig ist an Frankreich

    die Anfrage über dessen Haltung im Falle

    eines deutsch-russischen Krieges gerichtet worden.


                       Der Reichstag wird einberufen.

        Berlin, 31. Juli. Wie offiziös gemeldet wird,

    ist die Einberufung des Reichstages

    auf Dienstag, den 4. August, in Aussicht genommen.

    Die Eröffnung wird im Weißen Saale des Königlichen

    Schlosses zu Berlin um 1 Uhr nachmittags

    erfolgen. Die kaiserliche Verordnung wegen der

    Berufung steht noch aus.


                Der Reichstag wird einberufen.

        Berlin, 31. Juli. Wie offiziös gemeldet wird,

    ist die Einberufung des Reichstages

    auf Dienstag, den 4. August, in Aussicht genommen.

    die Eröffnung wird im Weißen Saale des Königlichen

    Schlosses zu Berlin um 1 Uhr nachmittags

    erfolgen. Die kaiserliche Verordnung wegen der

    Berufung steht noch aus.


                              Kriegszustand.

        Berlin, 31. Juli. Aus Petersburg ist die

    Nachricht des deutschen Botschafters eingegangen,

    daß die allgemeine Mobilmachung der russischen

    Armee und Flotte befohlen worden ist. Darauf

    hat Se. Majestät der Kaiser den Zustand der

    drohenden Kriegsgefahr befohlen. Se. Majestät

    wird heute nach Berlin übersiedeln.

        Berlin, 31.Juli Nach Artikel 68 der Reichsverfassug

    hat Se. Majestät der Kaiser das Reichsgebiet

    ohne Bayern in den Kriegszustand erklärt.

    Über Bayern ergeht die gleiche Anordnung.

        Berlin, 31. Juli.  Bei militärischen Maßnahmen

    kommen bei drohender Kriegsgefahr hauptsächlich

    in Betracht:

        1. An der Grenze und zum Schutze der Eisenbahnen

            erforderliche Maßnahmen.

        2. Verkehrsbeschränkungen der Post, Telegraphen,

            Eisenbahnen usw. zugunsten des militärischen

            Bedarfs.

         3. Erklärung des Kriegszustandes für das gesamte

             Kriegsgebiet.

         4. Verbot der Veröffentlichung über Truppenbewegungen

             und Verteidigungsmittel. Der

             Kriegszustand ist gleichbedeutend mit dem

             Belagerungszustand in Preußen (Art. 68

             der Reichsverordnung.)

     

     2. Spalte 

                             

                          Die bayerische Verfügung.

        München, 31. Juli. Nach einer königlichen

    Verordnung vom 31. Juli 1914 wird über das gesamte

    Gebiet des Königreichs der Kriegszustand

    verhängt. Für die Pfalz wird das Standrecht

    angeordnet.


                       Die Rückkehr des Kaisers von

                             Potsdam nach Berlin.

                                 In Erwartung.

        Infolge der Gerüchte, daß heute die Mobilisierung

    der deutschen Armee erfolgen solle, hatten sich

    schon am Mittag in den Hauptstraßen des Zentrums

    größere Menschenmassen angesammelt, um die

    neuesten Ereignisse möglichst schnell zu erfahren.

    Gegen 2 Uhr kamen in Autos die ersten Extrablätter

    auf die Straße, die den Boten von

    Dutzenden von Händen entrissen wurden. In wenigen

    Minuten waren Straßen und Plätze mit 

    Tausenden der flatternden Blätter bedeckt. Unter

    den Linden, in der Leipziger Straße und am Potsdamer

    Platz scharten sich sofort dichte Menschenmassen 

    zusammen, die in größter Erregung hin- und

    herwogten, und gegen deren Strom die Schutzleute,

    die den Verkehr zu regeln hatten, machtlos waren.

    Da wurde die Nachricht bekannt, daß der Kaiser

    die Absicht habe, im Laufe des Nachmittags seine

    Residenz im Potsdamer Neuen Palais

    missing

                               Der Einzug des Kaisers.

        Sofort strömten die Massen aus den Straßen in

    der Nähe der Linden dem Brandenburger

    Tore zu, wo sich bald Tausende und Abertausende

    in dichten Menschenmauern aufstellten. Gegen ¾ 3

    Uhr ertönten vom Tiergarten her brausende Hochrufe.

    Die Wache am Brandenburger Tor trat unter

    Gewehr. Die Trommel rasselte und gleich darauf

    durchschnitt der scharfe Klang des Kaiserlichen 

    Hupensignals die Luft. Hinter der Siegesallee tauchte

    das bekannte hellbraune Automobil des

    Kaisers mit der roten Standarte auf. Zehntausendfache

    Hochs erschollen und das Trommelgewirbel

    der Wache ertrank in dem Meere der

    Jubelrufe. Der Kaiser, der die Uniform des Regiments

    Garde du Corps mit dem Stahlhelm trug,

    dankte unaufhörlich nach allen Seiten. Er wie die

    Kaiserin waren ernsten Antlitzes. Als das Kaiserliche

    Auto den Pariser Platz hinter sich gelassen

    hatte und in die Linden einlenkte, durchbrachen die

    Menschenmassen von beiden Seiten die dünnen

    Schutzmannsketten, die schon seit der Mittagsstunde

    aufgestellt waren. In tosender Begeisterung drängten

    sich Tausende von Menschen um den Wagen und

    jubelten dem Kaiserpaare zu. Nur langsam konnte

    sich der Wagen unter unausgesetzten Hupensignalen

    einen Weg durch die Menge bahnen. Dicht hinter

    dem Kaiserlichen Auto fuhr der bekannte dunkle

    Kraftwagen des Kronprinzen. Der Thronfolger,

    der die Uniform seiner Danziger Leibhusaren

    trug, wurde ebenso wie seine Gemahlin mit der

    gleichen Begeisterung wie das Kaiserpaar begrüßt.

    Zwischen beiden saß der älteste Sohn, Prinz Wilhelm.

    Auch das Automobil des Prinzen mußte,

    besonders zwischen der Wilhelmstraße und der

    Friedrichstraße, mehrere Male im Schritt fahren,

    um kein Unheil in der freudig erregten Menge

    anzurichten. Im dritten Auto saß Prinz Adalbert

    sowie das Prinzenpaar August Wilhelm.

    Auf dem Schloßplatz wurden die Hofautomobile von

    einer vieltausendköpfigen Menge empfangen, die in

    brausende Hochrufe ausbrach, als der Wagen des

    Kaisers auf der Schloßbrücke erschien und die

    Purpurstandarte über dem alten Schlosse der

    Hohenzollern emporstieg.

                                  Vor dem Schloß.

        Die Menschenmassen, die das Kaiserpaar Unter

    den Linden begrüßt hatten, fluteten nun die Linden

    herunter dem Schlosse zu. Bald standen auf

    dem Platze zwischen Schlosse und dem Lustgarten

    Menschenmengen, wie sie der Platz wohl selten

    gesehen haben mag. Die allgemeine begeisterte

    Erregung hatte jetzt ihren Höhepunkt erreicht. An

    den Kandelabern in der Mitte des Platzes stiegen

    Leute hinauf, die tausendstimmig erwiderte Hochs

    auf den Kaiser ausbrachten. Immer wieder schollen

    die von allen Seiten freudig aufgenommenen

    Jubelrufe zu den Fenstern des Schlosses empor.

    "Heil dir, im Siegerkranz," "Deutschland, Deutschland

    über alles" und "Ich bin ein Preuße, kennt


     3. Spalte 

    ihr meine Farben", wurden abwechselnd gesungen.

    Wenige Minuten nach 4 Uhr wurde das eiserne

    Hauptportal des Schlosses geöffnet und im  Auto 

    fuhr der Reichskanzler von Bethmann Hollweg in

    Begleitung seines Adjutanten des Freiherrn von

    Sell heraus. Der Kanzler wurde mit lauten Zurufen

    begrüßt und dankte, indem er das Haupt entblößte.

    Bald darauf verließ auch Prinz Heinrich,

    von der Menge lebhaft begrüßt, das Schloß. Unbeweglich

    standen die Massen. Die Schutzleute, die

    in großer Zahl zu Pferde und zu Fuß vor dem

    Schloß konzentriert standen, zeigten sich, wie übrigens

    auch Unter den Linden, dem Publikum gegenüber

    sehr rücksichtsvoll. Je weiter der Zeiger an

    dem Eckturme des Schlosses rückte, um so mehr vergrößerte

    sich die Masse auf dem Schloßplatz.


                           Eine Ansprache des Kaisers.

                                                        Berlin, 31.Juli.

        

    Der Kaiser hat heute um ¾ 7 Uhr eine Ansprache

    an die vor dem Schlosse  versammelte Volksmenge

    gehalten. Die Worte des Kaisers lauteten:

        Ich danke Euch! Eure Kundgebung war mir

    ein Labsal. Wir sind im  tiefsten Frieden

    in des Wortes wahrer Bedeutung

    überfallen worden durch den Neid

    unserer Feinde, der uns rings umgibt.

        Fünfundzwanzig Jahre habe ich den Frieden missing 

    und gehalten. Nun bin ich gezwungen,

    das Schwert zu ziehen, aber ich hoffe, daß ich es

    mit Ehren wieder einstecken kann. Es werden Euch

    enorme Opfer an Gut und Blut auferlegt

    werden, aber Ihr werdet sie ertragen, das

    weiß ich. Wir werden die Gegner niederzwingen.

    Nun geht in die Kirchen und

    betet zu Gott, daß er dem deutschen Heer und der

    deutschen Sache den Sieg verleihen möge!


            Das Kronprinzenpaar auf dem Balkon des

                             Kronprinzlichen Palais.

        Zwischen der fünften und sechsten Nachmittagsstunde

    versammelte sich eine nach vielen Tausenden

    zählende Menschenmenge vor dem Kronprinzlichen

    Palais. Ebenso wie die Menge vor

    dem Schloß, sangen die versammelten Menschen

    tausendstimmig vaterländische Lieder und brachen

    fortgesetzt in brausende Hochrufe aus. Kurz vor

    sechs Uhr erschienen der Kronprinz und die

    Kronprinzessin auf dem Balkon, mit

    donnerndem Jubel begrüßt. Der Kronprinz, der die

    Litewka trug, winkte ebenso wie seine

    Gemahlin der begeisterten Menge

    dankend zu. Auch als das Kronprinzliche Paar 

    sich wieder von dem  Balkon zurückgezogen hatte,

    verharrten die Tausenden vor dem Palais.


                    Kriegstrauung im Kaiserhause.

        Berlin, 31. Juli.  Heute abend 7 Uhr wurde

    im Königlichen Schlosse Bellevue mit Genehmigung

    Ihrer Majestäten die Vermählung des

    Prinzen Oskar von Preußen mit der

    Gräfin Ina Maria von Bassewitz standesamtlich

    durch den Minister des königlichen Hauses Grafen

    A. zu Eulenburg vollzogen und darauf die kirchliche

    Einsegnung durch den Generalsuperintendenten

    Haendler vorgenommen. Der Feier wohnten die

    kaiserliche Familie und die Angehörigen der Braut

    bei, welche nunmehr den allerhöchst verliehenen

    Titel einer Gräfin von Ruppin führen wird.


                    Eine Ansprache des Reichskanzlers.

        Berlin, 1. Aug.   Gestern um 12 Uhr sammelte

    sich eine große Menschenmenge vor dem

    Reichskanzlerpalais. Der Reichskanzler erschien am

    Mittelfenster des Kongreßsaales und hielt folgende

    Ansprache:  In ernster Stunde sind Sie, um Ihren

    vaterländischen Gesinnungen Ausdruck zu geben,

    vor das Haus Bismarcks gezogen, Bismarcks, der

    uns mit Kaiser Wilhelm dem Großen und Feldmarschall

    Moltke das Deutsche Reich geschenkt hat.

    Wir wollen in dem Reiche, das wir in 44jähriger

    Friedensarbeit ausgebaut haben, auch fernerhin in

    Frieden leben. Das ganze Wirken unsres Kaisers

    war der Erhaltung des Friedens gewidmet. Bis

    in die letzten Tage hat er für den Frieden Europas

    gewirkt und er wirkt noch für ihn. Sollte alles

    Bemühen vergeblich sein, sollte uns das Schwert in

    die Hand gezwungen werden, so werden wir mit

    gutem Gewissen und den [sic] Bewußtsein, nichts als den

    Frieden gewollt zu haben, den Kampf um unsere

    nationale Ehre mit Einsetzung des letzten Blutstropfen

    führen. Im Ernste dieser Stunde erinnere


     

     4. Spalte 

    ich Sie an das Wort, das einst Friedrich Karl den

    Brandenburgern zurief: "Laßt Eure Herzen schlagen

    zu Gott und Eure Fäuste auf den Feind!"


               Die Botschafter Frankreichs und Englands

                    bei dem amerikanischen Botschafter.

        Berlin, 31.Juli. Die Botschafter Frankreichs

    und Englands hatten heute mit dem

    amerikanischen Botschafter eine längere Besprechung,

    in der dieser ersucht wurde, den Schutz

    der englischen und französischen Staatsangehörigen

    zu übernehmen, falls beide Botschafter durch den

    Gang der Ereignisse gezwungen würden, Berlin zu

    verlassen.  -  Von England erwartet man, daß es

    sich zunächst an einer eventuellen kriegerischen

    Auseinandersetzung nicht beteiligen wird,

    da es nach seiner anerkennenswerten friedlichen Haltung

    ehrlich bemüht ist, den Krieg zu vermeiden.

    Nach Ansicht unterrichteter Kreise aber kann es keinem

    Zweifel unterliegen, daß England auf die

    Dauer nicht neutral bleiben könne,

    weil die Londoner Regierung stark von der Volksstimmung

    abhängig ist und zum Eingreifen gezwungen

    wird, sobald die ersten Schläge auf dem

    westlichen Kriegsschauplatz fallen.


                          Das russische Doppelspiel.

        Die Kugel ist jetzt rascher ins Rollen gekommen,

    als die Leiter der deutschen Politik gedacht haben.

    missing  missing    der Zar 

    an den Deutsche Kaiser ein Telegramm

    gerichtet, und zwar enthielt diese Depesche die

    persönliche Bitte an den Kaiser, noch einen

    letzten friedlichen Vermittlungsversuch zwischen

    Rußland und Österreich zu machen. Der Kaiser hat

    diese Aufgabe übernommen und hat sich an den

    friedlichen Absichten Rußlands, wie aus der Depesche

    des Zaren hervorzugehen schien, auch nicht irremachen

    lassen durch die am Donnerstag erfolgte

    teilweise Mobilisierung der russischen

    Armee. Im Laufe der vergangenen Nacht

    war es nicht zuletzt dank der eifrigen Unterstützung

    Sir Edward Greys gelungen, eine Formel zu finden,

    die geeignet schien, sowohl Rußland wie Österreich

     zu befriedigen und dadurch die Kriegsgefahr zu

    beschwören. Mitten in die Verhandlungen

    hinein platzte da plötzlich die

    Meldung des deutschen Botschafters

    in Petersburg von der Mobilisierun

    der gesamten russischen Armee

    und Flotte. Da gab es selbstverständlich auch

    für Deutschland kein Zögern mehr.

        Man steht infolgedessen unter dem Eindruck, daß 

    die eigentliche russische Politik die Person des Zaren

    vorgeschoben hat, um hinter dieser Kulisse Zeit zu

    gewinnen, die Kriegsvorbereitungen durchzuführen.





        


  • September 23, 2017 17:44:31 Beate Jochem

      item 19        

                                                                               Eisenacher        Zeitung

    verbunden mit

    Tageblatt und Anzeiger für den Eisenacher Kreis


                                                                                  Druck und Verlag :

                                                         Hofbuchdruckerei Eisenach, H.  Kahle,

                                                                                    Inhaber:

                                                                   Paul Kahle und Karl Kahle.


        Die "Eisenacher Zeitung", verbunden mit "Tageblatt und Anzeiger für den Eisenacher

    Kreis", erscheint mit Ausnahme der Feiertage wöchentlich sechsmal, mit "Illustriertem Unter-

    haltungsblatt", Fahrplan und Kalender. Bezugspreis für Eisenach, einschließlich Bringerlohn ,

    monatlich 70 Pf. in Vorauszahlung; durch die Post vierteljährlich 2,10 M. frei ins Haus, bei

    Abholung am Postschalter 1,68 M. Alle Postanstalten sowie die Landbriefträger und unsere Ver-

    treter nehmen Bestellungen entgegen. Einzelne Nummer 10 Pf.


        Anzeigenpreis für Eisenach 10 Pf. für die einspaltige Petitzeile, für auswärts und im amt-

    lichen Teil 15 Pf. Reklamen nach dem politischen Teil: Petitzeile 40 Pf. Nachweisgebühr aller

    Art: 20 Pf. Annahme der Anzeigen bis vormittag 9 Uhr, größere  > Tags zuvor < .

    Annahme und Vermittlung von Anzeigen für alle Zeitungen der Welt. Beilagegebühr: für

    die Gesamtauflage 50 Pf. bei vierseitigen, 30 Pf. bei zweiseitigen Beilagen, für die Stadtauflage

    40 beziehungsweise 22 Pf.

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    Nr. 178 Geschäftsstelle:              Sonnabend, den 1. August 1914.            Geschäftszeit:            48. Jahrg.
                   Eisenach, Sophienstraße 55/57. Fernsprecher 47.         7 Uhr vormittags bis 6 Uhr nachmittags.  

    _______________________________________________________________________________________________________________


    Vor der Entscheidung über den Weltkrieg. 

     1. Spalte 

    Ein fürchterliches, der Generation von heute bis-
    her fremd gewesenes Wort! Man hat davon in 
    alten Geschichtsbüchern bisher gelesen; nur eine 
    Minderzahl von denen, die heute noch unter uns
    weilen, haben solchen Kriegszustand in deutschen 
    Landen selbst erlebt. Kriegszustand ist noch nicht

    Krieg, hört man da und dort. Eine Tröstung, die

    nur geringen Glauben finden mag. Wenn nicht in

    Petersburg und in Paris die Erleuchtung wie ein 
    Wunder herniedersteigt, dann darf die Menschheit
    alle Hoffnung schwinden lassen. Der Kaiser,

    unser Friedenskaiser , ist, wie eine offenbar

    hochoffiziöse Kundgebung  verlautbart, vom rus-

    sichen Zaren schmählich betrogen

    worden. Das Verhalten der russischen Krone

    schlägt jeder Loyalität ins Gesicht! Nun soll 
    Rußland erfahren, heißt es in jener offi-

    ziösen Auslassung, daß dieser  Abkomme Friedrichs 
    des Großen ein Kriegsfürst sein wird! Hört man 

    schon den Anmarsch unserer Bataillone? Wir dür-

    fen den kommenden Ereignissen ohne Bangen ent-

    gegensehen . Nicht  großsprecherisch und nicht über-

    mütig wollen wir sein; aber wer vielleicht draußen

    in der Welt glaubt, schreibt die  "Nat. Ztg." daß

    das deutsche Volk vom  Schauder blasser Furcht ge-

    schüttelt werde, wie es bei den Leuten jenseits der 

    Grenzen bereits der Fall ist,  so gibt man  sich einer

    regen Täuschung hin. Das  Volk steht auf, 

    der Sturm bricht los. Die Herren an der 

    Newa wollen eine blutige Tragödie inszenieren, ihre

    Freunde an der Seine wollen oder können sie daran 

    nicht hindern: Wohlan! Das Spiel kann 

    beginnen!

     

                           Ultimatum an Rußland.

        Der "Norddeutschen Allg. Ztg." zufolge ließ Kaiser

    Wilhelm Rußland wissen, daß die deutsche

    Mobilmachung in Aussicht steht, falls Rußland

    nicht binnen 12 Stunden seine Kriegsvorbereitungen

    einstellt. Gleichzeitig ist an Frankreich

    die Anfrage über dessen Haltung im Falle

    eines deutsch-russischen Krieges gerichtet worden.


                       Der Reichstag wird einberufen.

        Berlin, 31. Juli. Wie offiziös gemeldet wird,

    ist die Einberufung des Reichstages

    auf Dienstag, den 4. August, in Aussicht genommen.

    Die Eröffnung wird im Weißen Saale des Königlichen

    Schlosses zu Berlin um 1 Uhr nachmittags

    erfolgen. Die kaiserliche Verordnung wegen der

    Berufung steht noch aus.


                Der Reichstag wird einberufen.

        Berlin, 31. Juli. Wie offiziös gemeldet wird,

    ist die Einberufung des Reichstages

    auf Dienstag, den 4. August, in Aussicht genommen.

    die Eröffnung wird im Weißen Saale des Königlichen

    Schlosses zu Berlin um 1 Uhr nachmittags

    erfolgen. Die kaiserliche Verordnung wegen der

    Berufung steht noch aus.


                              Kriegszustand.

        Berlin, 31. Juli. Aus Petersburg ist die

    Nachricht des deutschen Botschafters eingegangen,

    daß die allgemeine Mobilmachung der russischen

    Armee und Flotte befohlen worden ist. Darauf

    hat Se. Majestät der Kaiser den Zustand der

    drohenden Kriegsgefahr befohlen. Se. Majestät

    wird heute nach Berlin übersiedeln.

        Berlin, 31.Juli Nach Artikel 68 der Reichsverfassug

    hat Se. Majestät der Kaiser das Reichsgebiet

    ohne Bayern in den Kriegszustand erklärt.

    Über Bayern ergeht die gleiche Anordnung.

        Berlin, 31. Juli.  Bei militärischen Maßnahmen

    kommen bei drohender Kriegsgefahr hauptsächlich

    in Betracht:

        1. An der Grenze und zum Schutze der Eisenbahnen

            erforderliche Maßnahmen.

        2. Verkehrsbeschränkungen der Post, Telegraphen,

            Eisenbahnen usw. zugunsten des militärischen

            Bedarfs.

         3. Erklärung des Kriegszustandes für das gesamte

             Kriegsgebiet.

         4. Verbot der Veröffentlichung über Truppenbewegungen

             und Verteidigungsmittel. Der

             Kriegszustand ist gleichbedeutend mit dem

             Belagerungszustand in Preußen (Art. 68

             der Reichsverordnung.)

     

     2. Spalte 

                             

                          Die bayerische Verfügung.

        München, 31. Juli. Nach einer königlichen

    Verordnung vom 31. Juli 1914 wird über das gesamte

    Gebiet des Königreichs der Kriegszustand

    verhängt. Für die Pfalz wird das Standrecht

    angeordnet.


                       Die Rückkehr des Kaisers von

                             Potsdam nach Berlin.

                                 In Erwartung.

        Infolge der Gerüchte, daß heute die Mobilisierung

    der deutschen Armee erfolgen solle, hatten sich

    schon am Mittag in den Hauptstraßen des Zentrums

    größere Menschenmassen angesammelt, um die

    neuesten Ereignisse möglichst schnell zu erfahren.

    Gegen 2 Uhr kamen in Autos die ersten Extrablätter

    auf die Straße, die den Boten von

    Dutzenden von Händen entrissen wurden. In wenigen

    Minuten waren Straßen und Plätze mit 

    Tausenden der flatternden Blätter bedeckt. Unter

    den Linden, in der Leipziger Straße und am Potsdamer

    Platz scharten sich sofort dichte Menschenmassen 

    zusammen, die in größter Erregung hin- und

    herwogten, und gegen deren Strom die Schutzleute,

    die den Verkehr zu regeln hatten, machtlos waren.

    Da wurde die Nachricht bekannt, daß der Kaiser

    die Absicht habe, im Laufe des Nachmittags seine

    Residenz im Potsdamer Neuen Palais

    missing

                               Der Einzug des Kaisers.

        Sofort strömten die Massen aus den Straßen in

    der Nähe der Linden dem Brandenburger

    Tore zu, wo sich bald Tausende und Abertausende

    in dichten Menschenmauern aufstellten. Gegen ¾ 3

    Uhr ertönten vom Tiergarten her brausende Hochrufe.

    Die Wache am Brandenburger Tor trat unter

    Gewehr. Die Trommel rasselte und gleich darauf

    durchschnitt der scharfe Klang des Kaiserlichen 

    Hupensignals die Luft. Hinter der Siegesallee tauchte

    das bekannte hellbraune Automobil des

    Kaisers mit der roten Standarte auf. Zehntausendfache

    Hochs erschollen und das Trommelgewirbel

    der Wache ertrank in dem Meere der

    Jubelrufe. Der Kaiser, der die Uniform des Regiments

    Garde du Corps mit dem Stahlhelm trug,

    dankte unaufhörlich nach allen Seiten. Er wie die

    Kaiserin waren ernsten Antlitzes. Als das Kaiserliche

    Auto den Pariser Platz hinter sich gelassen

    hatte und in die Linden einlenkte, durchbrachen die

    Menschenmassen von beiden Seiten die dünnen

    Schutzmannsketten, die schon seit der Mittagsstunde

    aufgestellt waren. In tosender Begeisterung drängten

    sich Tausende von Menschen um den Wagen und

    jubelten dem Kaiserpaare zu. Nur langsam konnte

    sich der Wagen unter unausgesetzten Hupensignalen

    einen Weg durch die Menge bahnen. Dicht hinter

    dem Kaiserlichen Auto fuhr der bekannte dunkle

    Kraftwagen des Kronprinzen. Der Thronfolger,

    der die Uniform seiner Danziger Leibhusaren

    trug, wurde ebenso wie seine Gemahlin mit der

    gleichen Begeisterung wie das Kaiserpaar begrüßt.

    Zwischen beiden saß der älteste Sohn, Prinz Wilhelm.

    Auch das Automobil des Prinzen mußte,

    besonders zwischen der Wilhelmstraße und der

    Friedrichstraße, mehrere Male im Schritt fahren,

    um kein Unheil in der freudig erregten Menge

    anzurichten. Im dritten Auto saß Prinz Adalbert

    sowie das Prinzenpaar August Wilhelm.

    Auf dem Schloßplatz wurden die Hofautomobile von

    einer vieltausendköpfigen Menge empfangen, die in

    brausende Hochrufe ausbrach, als der Wagen des

    Kaisers auf der Schloßbrücke erschien und die

    Purpurstandarte über dem alten Schlosse der

    Hohenzollern emporstieg.

                                  Vor dem Schloß.

        Die Menschenmassen, die das Kaiserpaar Unter

    den Linden begrüßt hatten, fluteten nun die Linden

    herunter dem Schlosse zu. Bald standen auf

    dem Platze zwischen Schlosse und dem Lustgarten

    Menschenmengen, wie sie der Platz wohl selten

    gesehen haben mag. Die allgemeine begeisterte

    Erregung hatte jetzt ihren Höhepunkt erreicht. An

    den Kandelabern in der Mitte des Platzes stiegen

    Leute hinauf, die tausendstimmig erwiderte Hochs

    auf den Kaiser ausbrachten. Immer wieder schollen

    die von allen Seiten freudig aufgenommenen

    Jubelrufe zu den Fenstern des Schlosses empor.

    "Heil dir, im Siegerkranz," "Deutschland, Deutschland

    über alles" und "Ich bin ein Preuße, kennt


     3. Spalte 

    ihr meine Farben", wurden abwechselnd gesungen.

    Wenige Minuten nach 4 Uhr wurde das eiserne

    Hauptportal des Schlosses geöffnet und im  Auto 

    fuhr der Reichskanzler von Bethmann Hollweg in

    Begleitung seines Adjutanten des Freiherrn von

    Sell heraus. Der Kanzler wurde mit lauten Zurufen

    begrüßt und dankte, indem er das Haupt entblößte.

    Bald darauf verließ auch Prinz Heinrich,

    von der Menge lebhaft begrüßt, das Schloß. Unbeweglich

    standen die Massen. Die Schutzleute, die

    in großer Zahl zu Pferde und zu Fuß vor dem

    Schloß konzentriert standen, zeigten sich, wie übrigens

    auch Unter den Linden, dem Publikum gegenüber

    sehr rücksichtsvoll. Je weiter der Zeiger an

    dem Eckturme des Schlosses rückte, um so mehr vergrößerte

    sich die Masse auf dem Schloßplatz.


                           Eine Ansprache des Kaisers.

                                                        Berlin, 31.Juli.

        

    Der Kaiser hat heute um ¾ 7 Uhr eine Ansprache

    an die vor dem Schlosse  versammelte Volksmenge

    gehalten. Die Worte des Kaisers lauteten:

        Ich danke Euch! Eure Kundgebung war mir

    ein Labsal. Wir sind im  tiefsten Frieden

    in des Wortes wahrer Bedeutung

    überfallen worden durch den Neid

    unserer Feinde, der uns rings umgibt.

        Fünfundzwanzig Jahre habe ich den Frieden missing 

    und gehalten. Nun bin ich gezwungen,

    das Schwert zu ziehen, aber ich hoffe, daß ich es

    mit Ehren wieder einstecken kann. Es werden Euch

    enorme Opfer an Gut und Blut auferlegt

    werden, aber Ihr werdet sie ertragen, das

    weiß ich. Wir werden die Gegner niederzwingen.

    Nun geht in die Kirchen und

    betet zu Gott, daß er dem deutschen Heer und der

    deutschen Sache den Sieg verleihen möge!


            Das Kronprinzenpaar auf dem Balkon des

                             Kronprinzlichen Palais.

        Zwischen der fünften und sechsten Nachmittagsstunde

    versammelte sich eine nach vielen Tausenden

    zählende Menschenmenge vor dem Kronprinzlichen

    Palais. Ebenso wie die Menge vor

    dem Schloß, sangen die versammelten Menschen

    tausendstimmig vaterländische Lieder und brachen

    fortgesetzt in brausende Hochrufe aus. Kurz vor

    sechs Uhr erschienen der Kronprinz und die

    Kronprinzessin auf dem Balkon, mit

    donnerndem Jubel begrüßt. Der Kronprinz, der die

    Litewka trug, winkte ebenso wie seine

    Gemahlin der begeisterten Menge

    dankend zu. Auch als das Kronprinzliche Paar 

    sich wieder von dem  Balkon zurückgezogen hatte,

    verharrten die Tausenden vor dem Palais.


                    Kriegstrauung im Kaiserhause.

        Berlin, 31. Juli.  Heute abend 7 Uhr wurde

    im Königlichen Schlosse Bellevue mit Genehmigung

    Ihrer Majestäten die Vermählung des

    Prinzen Oskar von Preußen mit der

    Gräfin Ina Maria von Bassewitz standesamtlich

    durch den Minister des königlichen Hauses Grafen

    A. zu Eulenburg vollzogen und darauf die kirchliche

    Einsegnung durch den Generalsuperintendenten

    Haendler vorgenommen. Der Feier wohnten die

    kaiserliche Familie und die Angehörigen der Braut

    bei, welche nunmehr den allerhöchst verliehenen

    Titel einer Gräfin von Ruppin führen wird.


                    Eine Ansprache des Reichskanzlers.

        Berlin, 1. Aug.   Gestern um 12 Uhr sammelte

    sich eine große Menschenmenge vor dem

    Reichskanzlerpalais. Der Reichskanzler erschien am

    Mittelfenster des Kongreßsaales und hielt folgende

    Ansprache:  In ernster Stunde sind Sie, um Ihren

    vaterländischen Gesinnungen Ausdruck zu geben,

    vor das Haus Bismarcks gezogen, Bismarcks, der

    uns mit Kaiser Wilhelm dem Großen und Feldmarschall

    Moltke das Deutsche Reich geschenkt hat.

    Wir wollen in dem Reiche, das wir in 44jähriger

    Friedensarbeit ausgebaut haben, auch fernerhin in

    Frieden leben. Das ganze Wirken unsres Kaisers

    war der Erhaltung des Friedens gewidmet. Bis

    in die letzten Tage hat er für den Frieden Europas

    gewirkt und er wirkt noch für ihn. Sollte alles

    Bemühen vergeblich sein, sollte uns das Schwert in

    die Hand gezwungen werden, so werden wir mit

    gutem Gewissen und den [sic] Bewußtsein, nichts als den

    Frieden gewollt zu haben, den Kampf um unsere

    nationale Ehre mit Einsetzung des letzten Blutstropfen

    führen. Im Ernste dieser Stunde erinnere


     

     4. Spalte 

    ich Sie an das Wort, das einst Friedrich Karl den

    Brandenburgern zurief: "Laßt Eure Herzen schlagen

    zu Gott und Eure Fäuste auf den Feind!"


               Die Botschafter Frankreichs und Englands

                    bei dem amerikanischen Botschafter.

        Berlin, 31.Juli. Die Botschafter Frankreichs

    und Englands hatten heute mit dem

    amerikanischen Botschafter eine längere Besprechung,

    in der dieser ersucht wurde, den Schutz

    der englischen und französischen Staatsangehörigen

    zu übernehmen, falls beide Botschafter durch den

    Gang der Ereignisse gezwungen würden, Berlin zu

    verlassen.  -  Von England erwartet man, daß es

    sich zunächst an einer eventuellen kriegerischen

    Auseinandersetzung nicht beteiligen wird,

    da es nach seiner anerkennenswerten friedlichen Haltung

    ehrlich bemüht ist, den Krieg zu vermeiden.

    Nach Ansicht unterrichteter Kreise aber kann es keinem

    Zweifel unterliegen, daß England auf die

    Dauer nicht neutral bleiben könne,

    weil die Londoner Regierung stark von der Volksstimmung

    abhängig ist,  und zum Eingreifen gezwungen

    wird, sobald die ersten Schläge auf dem

    westlichen Kriegsschauplatz fallen.


        


  • September 23, 2017 17:43:40 Beate Jochem

      item 19        

                                                                               Eisenacher        Zeitung

    verbunden mit

    Tageblatt und Anzeiger für den Eisenacher Kreis


                                                                                  Druck und Verlag :

                                                         Hofbuchdruckerei Eisenach, H.  Kahle,

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        Die "Eisenacher Zeitung", verbunden mit "Tageblatt und Anzeiger für den Eisenacher

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    haltungsblatt", Fahrplan und Kalender. Bezugspreis für Eisenach, einschließlich Bringerlohn ,

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    Abholung am Postschalter 1,68 M. Alle Postanstalten sowie die Landbriefträger und unsere Ver-

    treter nehmen Bestellungen entgegen. Einzelne Nummer 10 Pf.


        Anzeigenpreis für Eisenach 10 Pf. für die einspaltige Petitzeile, für auswärts und im amt-

    lichen Teil 15 Pf. Reklamen nach dem politischen Teil: Petitzeile 40 Pf. Nachweisgebühr aller

    Art: 20 Pf. Annahme der Anzeigen bis vormittag 9 Uhr, größere  > Tags zuvor < .

    Annahme und Vermittlung von Anzeigen für alle Zeitungen der Welt. Beilagegebühr: für

    die Gesamtauflage 50 Pf. bei vierseitigen, 30 Pf. bei zweiseitigen Beilagen, für die Stadtauflage

    40 beziehungsweise 22 Pf.

    _______________________________________________________________________________________________________________

    Nr. 178 Geschäftsstelle:              Sonnabend, den 1. August 1914.            Geschäftszeit:            48. Jahrg.
                   Eisenach, Sophienstraße 55/57. Fernsprecher 47.         7 Uhr vormittags bis 6 Uhr nachmittags.  

    _______________________________________________________________________________________________________________


    Vor der Entscheidung über den Weltkrieg. 

     1. Spalte 

    Ein fürchterliches, der Generation von heute bis-
    her fremd gewesenes Wort! Man hat davon in 
    alten Geschichtsbüchern bisher gelesen; nur eine 
    Minderzahl von denen, die heute noch unter uns
    weilen, haben solchen Kriegszustand in deutschen 
    Landen selbst erlebt. Kriegszustand ist noch nicht

    Krieg, hört man da und dort. Eine Tröstung, die

    nur geringen Glauben finden mag. Wenn nicht in

    Petersburg und in Paris die Erleuchtung wie ein 
    Wunder herniedersteigt, dann darf die Menschheit
    alle Hoffnung schwinden lassen. Der Kaiser,

    unser Friedenskaiser , ist, wie eine offenbar

    hochoffiziöse Kundgebung  verlautbart, vom rus-

    sichen Zaren schmählich betrogen

    worden. Das Verhalten der russischen Krone

    schlägt jeder Loyalität ins Gesicht! Nun soll 
    Rußland erfahren, heißt es in jener offi-

    ziösen Auslassung, daß dieser  Abkomme Friedrichs 
    des Großen ein Kriegsfürst sein wird! Hört man 

    schon den Anmarsch unserer Bataillone? Wir dür-

    fen den kommenden Ereignissen ohne Bangen ent-

    gegensehen . Nicht  großsprecherisch und nicht über-

    mütig wollen wir sein; aber wer vielleicht draußen

    in der Welt glaubt, schreibt die  "Nat. Ztg." daß

    das deutsche Volk vom  Schauder blasser Furcht ge-

    schüttelt werde, wie es bei den Leuten jenseits der 

    Grenzen bereits der Fall ist,  so gibt man  sich einer

    regen Täuschung hin. Das  Volk steht auf, 

    der Sturm bricht los. Die Herren an der 

    Newa wollen eine blutige Tragödie inszenieren, ihre

    Freunde an der Seine wollen oder können sie daran 

    nicht hindern: Wohlan! Das Spiel kann 

    beginnen!

     

                           Ultimatum an Rußland.

        Der "Norddeutschen Allg. Ztg." zufolge ließ Kaiser

    Wilhelm Rußland wissen, daß die deutsche

    Mobilmachung in Aussicht steht, falls Rußland

    nicht binnen 12 Stunden seine Kriegsvorbereitungen

    einstellt. Gleichzeitig ist an Frankreich

    die Anfrage über dessen Haltung im Falle

    eines deutsch-russischen Krieges gerichtet worden.


                       Der Reichstag wird einberufen.

        Berlin, 31. Juli. Wie offiziös gemeldet wird,

    ist die Einberufung des Reichstages

    auf Dienstag, den 4. August, in Aussicht genommen.

    Die Eröffnung wird im Weißen Saale des Königlichen

    Schlosses zu Berlin um 1 Uhr nachmittags

    erfolgen. Die kaiserliche Verordnung wegen der

    Berufung steht noch aus.


                Der Reichstag wird einberufen.

        Berlin, 31. Juli. Wie offiziös gemeldet wird,

    ist die Einberufung des Reichstages

    auf Dienstag, den 4. August, in Aussicht genommen.

    die Eröffnung wird im Weißen Saale des Königlichen

    Schlosses zu Berlin um 1 Uhr nachmittags

    erfolgen. Die kaiserliche Verordnung wegen der

    Berufung steht noch aus.


                              Kriegszustand.

        Berlin, 31. Juli. Aus Petersburg ist die

    Nachricht des deutschen Botschafters eingegangen,

    daß die allgemeine Mobilmachung der russischen

    Armee und Flotte befohlen worden ist. Darauf

    hat Se. Majestät der Kaiser den Zustand der

    drohenden Kriegsgefahr befohlen. Se. Majestät

    wird heute nach Berlin übersiedeln.

        Berlin, 31.Juli Nach Artikel 68 der Reichsverfassug

    hat Se. Majestät der Kaiser das Reichsgebiet

    ohne Bayern in den Kriegszustand erklärt.

    Über Bayern ergeht die gleiche Anordnung.

        Berlin, 31. Juli.  Bei militärischen Maßnahmen

    kommen bei drohender Kriegsgefahr hauptsächlich

    in Betracht:

        1. An der Grenze und zum Schutze der Eisenbahnen

            erforderliche Maßnahmen.

        2. Verkehrsbeschränkungen der Post, Telegraphen,

            Eisenbahnen usw. zugunsten des militärischen

            Bedarfs.

         3. Erklärung des Kriegszustandes für das gesamte

             Kriegsgebiet.

         4. Verbot der Veröffentlichung über Truppenbewegungen

             und Verteidigungsmittel. Der

             Kriegszustand ist gleichbedeutend mit dem

             Belagerungszustand in Preußen (Art. 68

             der Reichsverordnung.)

     

     2. Spalte 

                             

                          Die bayerische Verfügung.

        München, 31. Juli. Nach einer königlichen

    Verordnung vom 31. Juli 1914 wird über das gesamte

    Gebiet des Königreichs der Kriegszustand

    verhängt. Für die Pfalz wird das Standrecht

    angeordnet.


                       Die Rückkehr des Kaisers von

                             Potsdam nach Berlin.

                                 In Erwartung.

        Infolge der Gerüchte, daß heute die Mobilisierung

    der deutschen Armee erfolgen solle, hatten sich

    schon am Mittag in den Hauptstraßen des Zentrums

    größere Menschenmassen angesammelt, um die

    neuesten Ereignisse möglichst schnell zu erfahren.

    Gegen 2 Uhr kamen in Autos die ersten Extrablätter

    auf die Straße, die den Boten von

    Dutzenden von Händen entrissen wurden. In wenigen

    Minuten waren Straßen und Plätze mit 

    Tausenden der flatternden Blätter bedeckt. Unter

    den Linden, in der Leipziger Straße und am Potsdamer

    Platz scharten sich sofort dichte Menschenmassen 

    zusammen, die in größter Erregung hin- und

    herwogten, und gegen deren Strom die Schutzleute,

    die den Verkehr zu regeln hatten, machtlos waren.

    Da wurde die Nachricht bekannt, daß der Kaiser

    die Absicht habe, im Laufe des Nachmittags seine

    Residenz im Potsdamer Neuen Palais

    missing

                               Der Einzug des Kaisers.

        Sofort strömten die Massen aus den Straßen in

    der Nähe der Linden dem Brandenburger

    Tore zu, wo sich bald Tausende und Abertausende

    in dichten Menschenmauern aufstellten. Gegen ¾ 3

    Uhr ertönten vom Tiergarten her brausende Hochrufe.

    Die Wache am Brandenburger Tor trat unter

    Gewehr. Die Trommel rasselte und gleich darauf

    durchschnitt der scharfe Klang des Kaiserlichen 

    Hupensignals die Luft. Hinter der Siegesallee tauchte

    das bekannte hellbraune Automobil des

    Kaisers mit der roten Standarte auf. Zehntausendfache

    Hochs erschollen und das Trommelgewirbel

    der Wache ertrank in dem Meere der

    Jubelrufe. Der Kaiser, der die Uniform des Regiments

    Garde du Corps mit dem Stahlhelm trug,

    dankte unaufhörlich nach allen Seiten. Er wie die

    Kaiserin waren ernsten Antlitzes. Als das Kaiserliche

    Auto den Pariser Platz hinter sich gelassen

    hatte und in die Linden einlenkte, durchbrachen die

    Menschenmassen von beiden Seiten die dünnen

    Schutzmannsketten, die schon seit der Mittagsstunde

    aufgestellt waren. In tosender Begeisterung drängten

    sich Tausende von Menschen um den Wagen und

    jubelten dem Kaiserpaare zu. Nur langsam konnte

    sich der Wagen unter unausgesetzten Hupensignalen

    einen Weg durch die Menge bahnen. Dicht hinter

    dem Kaiserlichen Auto fuhr der bekannte dunkle

    Kraftwagen des Kronprinzen. Der Thronfolger,

    der die Uniform seiner Danziger Leibhusaren

    trug, wurde ebenso wie seine Gemahlin mit der

    gleichen Begeisterung wie das Kaiserpaar begrüßt.

    Zwischen beiden saß der älteste Sohn, Prinz Wilhelm.

    Auch das Automobil des Prinzen mußte,

    besonders zwischen der Wilhelmstraße und der

    Friedrichstraße, mehrere Male im Schritt fahren,

    um kein Unheil in der freudig erregten Menge

    anzurichten. Im dritten Auto saß Prinz Adalbert

    sowie das Prinzenpaar August Wilhelm.

    Auf dem Schloßplatz wurden die Hofautomobile von

    einer vieltausendköpfigen Menge empfangen, die in

    brausende Hochrufe ausbrach, als der Wagen des

    Kaisers auf der Schloßbrücke erschien und die

    Purpurstandarte über dem alten Schlosse der

    Hohenzollern emporstieg.

                                  Vor dem Schloß.

        Die Menschenmassen, die das Kaiserpaar Unter

    den Linden begrüßt hatten, fluteten nun die Linden

    herunter dem Schlosse zu. Bald standen auf

    dem Platze zwischen Schlosse und dem Lustgarten

    Menschenmengen, wie sie der Platz wohl selten

    gesehen haben mag. Die allgemeine begeisterte

    Erregung hatte jetzt ihren Höhepunkt erreicht. An

    den Kandelabern in der Mitte des Platzes stiegen

    Leute hinauf, die tausendstimmig erwiderte Hochs

    auf den Kaiser ausbrachten. Immer wieder schollen

    die von allen Seiten freudig aufgenommenen

    Jubelrufe zu den Fenstern des Schlosses empor.

    "Heil dir, im Siegerkranz," "Deutschland, Deutschland

    über alles" und "Ich bin ein Preuße, kennt


     3. Spalte 

    ihr meine Farben", wurden abwechselnd gesungen.

    Wenige Minuten nach 4 Uhr wurde das eiserne

    Hauptportal des Schlosses geöffnet und im  Auto 

    fuhr der Reichskanzler von Bethmann Hollweg in

    Begleitung seines Adjutanten des Freiherrn von

    Sell heraus. Der Kanzler wurde mit lauten Zurufen

    begrüßt und dankte, indem er das Haupt entblößte.

    Bald darauf verließ auch Prinz Heinrich,

    von der Menge lebhaft begrüßt, das Schloß. Unbeweglich

    standen die Massen. Die Schutzleute, die

    in großer Zahl zu Pferde und zu Fuß vor dem

    Schloß konzentriert standen, zeigten sich, wie übrigens

    auch Unter den Linden, dem Publikum gegenüber

    sehr rücksichtsvoll. Je weiter der Zeiger an

    dem Eckturme des Schlosses rückte, um so mehr vergrößerte

    sich die Masse auf dem Schloßplatz.


                           Eine Ansprache des Kaisers.

                                                        Berlin, 31.Juli.

        

    Der Kaiser hat heute um ¾ 7 Uhr eine Ansprache

    an die vor dem Schlosse  versammelte Volksmenge

    gehalten. Die Worte des Kaisers lauteten:

        Ich danke Euch! Eure Kundgebung war mir

    ein Labsal. Wir sind im  tiefsten Frieden

    in des Wortes wahrer Bedeutung

    überfallen worden durch den Neid

    unserer Feinde, der uns rings umgibt.

        Fünfundzwanzig Jahre habe ich den Frieden missing 

    und gehalten. Nun bin ich gezwungen,

    das Schwert zu ziehen, aber ich hoffe, daß ich es

    mit Ehren wieder einstecken kann. Es werden Euch

    enorme Opfer an Gut und Blut auferlegt

    werden, aber Ihr werdet sie ertragen, das

    weiß ich. Wir werden die Gegner niederzwingen.

    Nun geht in die Kirchen und

    betet zu Gott, daß er dem deutschen Heer und der

    deutschen Sache den Sieg verleihen möge!


            Das Kronprinzenpaar auf dem Balkon des

                             Kronprinzlichen Palais.

        Zwischen der fünften und sechsten Nachmittagsstunde

    versammelte sich eine nach vielen Tausenden

    zählende Menschenmenge vor dem Kronprinzlichen

    Palais. Ebenso wie die Menge vor

    dem Schloß, sangen die versammelten Menschen

    tausendstimmig vaterländische Lieder und brachen

    fortgesetzt in brausende Hochrufe aus. Kurz vor

    sechs Uhr erschienen der Kronprinz und die

    Kronprinzessin auf dem Balkon, mit

    donnerndem Jubel begrüßt. Der Kronprinz, der die

    Litewka trug, winkte ebenso wie seine

    Gemahlin der begeisterten Menge

    dankend zu. Auch als das Kronprinzliche Paar 

    sich wieder von dem  Balkon zurückgezogen hatte,

    verharrten die Tausenden vor dem Palais.


                    Kriegstrauung im Kaiserhause.

        Berlin, 31. Juli.  Heute abend 7 Uhr wurde

    im Königlichen Schlosse Bellevue mit Genehmigung

    Ihrer Majestäten die Vermählung des

    Prinzen Oskar von Preußen mit der

    Gräfin Ina Maria von Bassewitz standesamtlich

    durch den Minister des königlichen Hauses Grafen

    A. zu Eulenburg vollzogen und darauf die kirchliche

    Einsegnung durch den Generalsuperintendenten

    Haendler vorgenommen. Der Feier wohnten die

    kaiserliche Familie und die Angehörigen der Braut

    bei, welche nunmehr den allerhöchst verliehenen

    Titel einer Gräfin von Ruppin führen wird.


                    Eine Ansprache des Reichskanzlers.

        Berlin, 1. Aug.   Gestern um 12 Uhr sammelte

    sich eine große Menschenmenge vor dem

    Reichskanzlerpalais. Der Reichskanzler erschien am

    Mittelfenster des Kongreßsaales und hielt folgende

    Ansprache:  In ernster Stunde sind Sie, um Ihren

    vaterländischen Gesinnungen Ausdruck zu geben,

    vor das Haus Bismarcks gezogen, Bismarcks, der

    uns mit Kaiser Wilhelm dem Großen und Feldmarschall

    Moltke das Deutsche Reich geschenkt hat.

    Wir wollen in dem Reiche, das wir in 44jähriger

    Friedensarbeit ausgebaut haben, auch fernerhin in

    Frieden leben. Das ganze Wirken unsres Kaisers

    war der Erhaltung des Friedens gewidmet. Bis

    in die letzten Tage hat er für den Frieden Europas

    gewirkt und er wirkt noch für ihn. Sollte alles

    Bemühen vergeblich sein, sollte uns das Schwert in

    die Hand gezwungen werden, so werden wir mit

    gutem Gewissen und den [sic] Bewußtsein, nichts als den

    Frieden gewollt zu haben, den Kampf um unsere

    nationale Ehre mit Einsetzung des letzten Blutstropfen

    führen. Im Ernste dieser Stunde erinnere


     

     4. Spalte 

    ich Sie an das Wort, das einst Friedrich Karl den

    Brandenburgern zurief: "Laßt Eure Herzen schlagen

    zu Gott und Eure Fäuste auf den Feind!"


               Die Botschafter Frankreichs und Englands

                    bei dem amerikanischen Botschafter.

        Berlin, 31.Juli. Die Botschafter Frankreichs

    und Englands hatten heute mit dem

    amerikanischen Botschafter eine längere Besprechung,

    in der dieser ersucht wurde, den Schutz

    der englischen und französischen Staatsangehörigen

    zu übernehmen, falls beide Botschafter durch den

    Gang der Ereignisse gezwungen würden, Berlin zu

    verlassen.  -  Von England erwartet man, daß es

    sich zunächst an einer eventuellen kriegerischen

    Auseinandersetzung nicht beteiligen wird,

    da es nach seiner anerkennenswerten friedlichen Haltung

    ehrlich bemüht ist, den Krieg zu vermeiden.

    Nach Ansicht unterrichteter Kreise aber kann es keinem

    Zweifel unterliegen, daß England auf die

    Dauer nicht neutral bleiben könne,

    weil die Londoner Regierung stark von derVolksstimmung

    abhängig ist,  und zum Eingreifen gezwungen

    wird, sobald die ersten Schläge auf dem

    westlichen Kriegsschauplatz fallen.


        


  • September 23, 2017 17:33:46 Beate Jochem

      item 19        

                                                                               Eisenacher        Zeitung

    verbunden mit

    Tageblatt und Anzeiger für den Eisenacher Kreis


                                                                                  Druck und Verlag :

                                                         Hofbuchdruckerei Eisenach, H.  Kahle,

                                                                                    Inhaber:

                                                                   Paul Kahle und Karl Kahle.


        Die "Eisenacher Zeitung", verbunden mit "Tageblatt und Anzeiger für den Eisenacher

    Kreis", erscheint mit Ausnahme der Feiertage wöchentlich sechsmal, mit "Illustriertem Unter-

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    Art: 20 Pf. Annahme der Anzeigen bis vormittag 9 Uhr, größere  > Tags zuvor < .

    Annahme und Vermittlung von Anzeigen für alle Zeitungen der Welt. Beilagegebühr: für

    die Gesamtauflage 50 Pf. bei vierseitigen, 30 Pf. bei zweiseitigen Beilagen, für die Stadtauflage

    40 beziehungsweise 22 Pf.

    _______________________________________________________________________________________________________________

    Nr. 178 Geschäftsstelle:              Sonnabend, den 1. August 1914.            Geschäftszeit:            48. Jahrg.
                   Eisenach, Sophienstraße 55/57. Fernsprecher 47.         7 Uhr vormittags bis 6 Uhr nachmittags.  

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    Vor der Entscheidung über den Weltkrieg. 

     1. Spalte 

    Ein fürchterliches, der Generation von heute bis-
    her fremd gewesenes Wort! Man hat davon in 
    alten Geschichtsbüchern bisher gelesen; nur eine 
    Minderzahl von denen, die heute noch unter uns
    weilen, haben solchen Kriegszustand in deutschen 
    Landen selbst erlebt. Kriegszustand ist noch nicht

    Krieg, hört man da und dort. Eine Tröstung, die

    nur geringen Glauben finden mag. Wenn nicht in

    Petersburg und in Paris die Erleuchtung wie ein 
    Wunder herniedersteigt, dann darf die Menschheit
    alle Hoffnung schwinden lassen. Der Kaiser,

    unser Friedenskaiser , ist, wie eine offenbar

    hochoffiziöse Kundgebung  verlautbart, vom rus-

    sichen Zaren schmählich betrogen

    worden. Das Verhalten der russischen Krone

    schlägt jeder Loyalität ins Gesicht! Nun soll 
    Rußland erfahren, heißt es in jener offi-

    ziösen Auslassung, daß dieser  Abkomme Friedrichs 
    des Großen ein Kriegsfürst sein wird! Hört man 

    schon den Anmarsch unserer Bataillone? Wir dür-

    fen den kommenden Ereignissen ohne Bangen ent-

    gegensehen . Nicht  großsprecherisch und nicht über-

    mütig wollen wir sein; aber wer vielleicht draußen

    in der Welt glaubt, schreibt die  "Nat. Ztg." daß

    das deutsche Volk vom  Schauder blasser Furcht ge-

    schüttelt werde, wie es bei den Leuten jenseits der 

    Grenzen bereits der Fall ist,  so gibt man  sich einer

    regen Täuschung hin. Das  Volk steht auf, 

    der Sturm bricht los. Die Herren an der 

    Newa wollen eine blutige Tragödie inszenieren, ihre

    Freunde an der Seine wollen oder können sie daran 

    nicht hindern: Wohlan! Das Spiel kann 

    beginnen!

     

                           Ultimatum an Rußland.

        Der "Norddeutschen Allg. Ztg." zufolge ließ Kaiser

    Wilhelm Rußland wissen, daß die deutsche

    Mobilmachung in Aussicht steht, falls Rußland

    nicht binnen 12 Stunden seine Kriegsvorbereitungen

    einstellt. Gleichzeitig ist an Frankreich

    die Anfrage über dessen Haltung im Falle

    eines deutsch-russischen Krieges gerichtet worden.


                       Der Reichstag wird einberufen.

        Berlin, 31. Juli. Wie offiziös gemeldet wird,

    ist die Einberufung des Reichstages

    auf Dienstag, den 4. August, in Aussicht genommen.

    Die Eröffnung wird im Weißen Saale des Königlichen

    Schlosses zu Berlin um 1 Uhr nachmittags

    erfolgen. Die kaiserliche Verordnung wegen der

    Berufung steht noch aus.


                Der Reichstag wird einberufen.

        Berlin, 31. Juli. Wie offiziös gemeldet wird,

    ist die Einberufung des Reichstages

    auf Dienstag, den 4. August, in Aussicht genommen.

    die Eröffnung wird im Weißen Saale des Königlichen

    Schlosses zu Berlin um 1 Uhr nachmittags

    erfolgen. Die kaiserliche Verordnung wegen der

    Berufung steht noch aus.


                              Kriegszustand.

        Berlin, 31. Juli. Aus Petersburg ist die

    Nachricht des deutschen Botschafters eingegangen,

    daß die allgemeine Mobilmachung der russischen

    Armee und Flotte befohlen worden ist. Darauf

    hat Se. Majestät der Kaiser den Zustand der

    drohenden Kriegsgefahr befohlen. Se. Majestät

    wird heute nach Berlin übersiedeln.

        Berlin, 31.Juli Nach Artikel 68 der Reichsverfassug

    hat Se. Majestät der Kaiser das Reichsgebiet

    ohne Bayern in den Kriegszustand erklärt.

    Über Bayern ergeht die gleiche Anordnung.

        Berlin, 31. Juli.  Bei militärischen Maßnahmen

    kommen bei drohender Kriegsgefahr hauptsächlich

    in Betracht:

        1. An der Grenze und zum Schutze der Eisenbahnen

            erforderliche Maßnahmen.

        2. Verkehrsbeschränkungen der Post, Telegraphen,

            Eisenbahnen usw. zugunsten des militärischen

            Bedarfs.

         3. Erklärung des Kriegszustandes für das gesamte

             Kriegsgebiet.

         4. Verbot der Veröffentlichung über Truppenbewegungen

             und Verteidigungsmittel. Der

             Kriegszustand ist gleichbedeutend mit dem

             Belagerungszustand in Preußen (Art. 68

             der Reichsverordnung.)

     

     2. Spalte 

                             

                          Die bayerische Verfügung.

        München, 31. Juli. Nach einer königlichen

    Verordnung vom 31. Juli 1914 wird über das gesamte

    Gebiet des Königreichs der Kriegszustand

    verhängt. Für die Pfalz wird das Standrecht

    angeordnet.


                       Die Rückkehr des Kaisers von

                             Potsdam nach Berlin.

                                 In Erwartung.

        Infolge der Gerüchte, daß heute die Mobilisierung

    der deutschen Armee erfolgen solle, hatten sich

    schon am Mittag in den Hauptstraßen des Zentrums

    größere Menschenmassen angesammelt, um die

    neuesten Ereignisse möglichst schnell zu erfahren.

    Gegen 2 Uhr kamen in Autos die ersten Extrablätter

    auf die Straße, die den Boten von

    Dutzenden von Händen entrissen wurden. In wenigen

    Minuten waren Straßen und Plätze mit 

    Tausenden der flatternden Blätter bedeckt. Unter

    den Linden, in der Leipziger Straße und am Potsdamer

    Platz scharten sich sofort dichte Menschenmassen 

    zusammen, die in größter Erregung hin- und

    herwogten, und gegen deren Strom die Schutzleute,

    die den Verkehr zu regeln hatten, machtlos waren.

    Da wurde die Nachricht bekannt, daß der Kaiser

    die Absicht habe, im Laufe des Nachmittags seine

    Residenz im Potsdamer Neuen Palais

    missing

                               Der Einzug des Kaisers.

        Sofort strömten die Massen aus den Straßen in

    der Nähe der Linden dem Brandenburger

    Tore zu, wo sich bald Tausende und Abertausende

    in dichten Menschenmauern aufstellten. Gegen ¾ 3

    Uhr ertönten vom Tiergarten her brausende Hochrufe.

    Die Wache am Brandenburger Tor trat unter

    Gewehr. Die Trommel rasselte und gleich darauf

    durchschnitt der scharfe Klang des Kaiserlichen 

    Hupensignals die Luft. Hinter der Siegesallee tauchte

    das bekannte hellbraune Automobil des

    Kaisers mit der roten Standarte auf. Zehntausendfache

    Hochs erschollen und das Trommelgewirbel

    der Wache ertrank in dem Meere der

    Jubelrufe. Der Kaiser, der die Uniform des Regiments

    Garde du Corps mit dem Stahlhelm trug,

    dankte unaufhörlich nach allen Seiten. Er wie die

    Kaiserin waren ernsten Antlitzes. Als das Kaiserliche

    Auto den Pariser Platz hinter sich gelassen

    hatte und in die Linden einlenkte, durchbrachen die

    Menschenmassen von beiden Seiten die dünnen

    Schutzmannsketten, die schon seit der Mittagsstunde

    aufgestellt waren. In tosender Begeisterung drängten

    sich Tausende von Menschen um den Wagen und

    jubelten dem Kaiserpaare zu. Nur langsam konnte

    sich der Wagen unter unausgesetzten Hupensignalen

    einen Weg durch die Menge bahnen. Dicht hinter

    dem Kaiserlichen Auto fuhr der bekannte dunkle

    Kraftwagen des Kronprinzen. Der Thronfolger,

    der die Uniform seiner Danziger Leibhusaren

    trug, wurde ebenso wie seine Gemahlin mit der

    gleichen Begeisterung wie das Kaiserpaar begrüßt.

    Zwischen beiden saß der älteste Sohn, Prinz Wilhelm.

    Auch das Automobil des Prinzen mußte,

    besonders zwischen der Wilhelmstraße und der

    Friedrichstraße, mehrere Male im Schritt fahren,

    um kein Unheil in der freudig erregten Menge

    anzurichten. Im dritten Auto saß Prinz Adalbert

    sowie das Prinzenpaar August Wilhelm.

    Auf dem Schloßplatz wurden die Hofautomobile von

    einer vieltausendköpfigen Menge empfangen, die in

    brausende Hochrufe ausbrach, als der Wagen des

    Kaisers auf der Schloßbrücke erschien und die

    Purpurstandarte über dem alten Schlosse der

    Hohenzollern emporstieg.

                                  Vor dem Schloß.

        Die Menschenmassen, die das Kaiserpaar Unter

    den Linden begrüßt hatten, fluteten nun die Linden

    herunter dem Schlosse zu. Bald standen auf

    dem Platze zwischen Schlosse und dem Lustgarten

    Menschenmengen, wie sie der Platz wohl selten

    gesehen haben mag. Die allgemeine begeisterte

    Erregung hatte jetzt ihren Höhepunkt erreicht. An

    den Kandelabern in der Mitte des Platzes stiegen

    Leute hinauf, die tausendstimmig erwiderte Hochs

    auf den Kaiser ausbrachten. Immer wieder schollen

    die von allen Seiten freudig aufgenommenen

    Jubelrufe zu den Fenstern des Schlosses empor.

    "Heil dir, im Siegerkranz," "Deutschland, Deutschland

    über alles" und "Ich bin ein Preuße, kennt


     3. Spalte 

    ihr meine Farben", wurden abwechselnd gesungen.

    Wenige Minuten nach 4 Uhr wurde das eiserne

    Hauptportal des Schlosses geöffnet und im  Auto 

    fuhr der Reichskanzler von Bethmann Hollweg in

    Begleitung seines Adjutanten des Freiherrn von

    Sell heraus. Der Kanzler wurde mit lauten Zurufen

    begrüßt und dankte, indem er das Haupt entblößte.

    Bald darauf verließ auch Prinz Heinrich,

    von der Menge lebhaft begrüßt, das Schloß. Unbeweglich

    standen die Massen. Die Schutzleute, die

    in großer Zahl zu Pferde und zu Fuß vor dem

    Schloß konzentriert standen, zeigten sich, wie übrigens

    auch Unter den Linden, dem Publikum gegenüber

    sehr rücksichtsvoll. Je weiter der Zeiger an

    dem Eckturme des Schlosses rückte, um so mehr vergrößerte

    sich die Masse auf dem Schloßplatz.


                           Eine Ansprache des Kaisers.

                                                        Berlin, 31.Juli.

        

    Der Kaiser hat heute um ¾ 7 Uhr eine Ansprache

    an die vor dem Schlosse  versammelte Volksmenge

    gehalten. Die Worte des Kaisers lauteten:

        Ich danke Euch! Eure Kundgebung war mir

    ein Labsal. Wir sind im  tiefsten Frieden

    in des Wortes wahrer Bedeutung

    überfallen worden durch den Neid

    unserer Feinde, der uns rings umgibt.

        Fünfundzwanzig Jahre habe ich den Frieden missing 

    und gehalten. Nun bin ich gezwungen,

    das Schwert zu ziehen, aber ich hoffe, daß ich es

    mit Ehren wieder einstecken kann. Es werden Euch

    enorme Opfer an Gut und Blut auferlegt

    werden, aber Ihr werdet sie ertragen, das

    weiß ich. Wir werden die Gegner niederzwingen.

    Nun geht in die Kirchen und

    betet zu Gott, daß er dem deutschen Heer und der

    deutschen Sache den Sieg verleihen möge!


            Das Kronprinzenpaar auf dem Balkon des

                             Kronprinzlichen Palais.

        Zwischen der fünften und sechsten Nachmittagsstunde

    versammelte sich eine nach vielen Tausenden

    zählende Menschenmenge vor dem Kronprinzlichen

    Palais. Ebenso wie die Menge vor

    dem Schloß, sangen die versammelten Menschen

    tausendstimmig vaterländische Lieder und brachen

    fortgesetzt in brausende Hochrufe aus. Kurz vor

    sechs Uhr erschienen der Kronprinz und die

    Kronprinzessin auf dem Balkon, mit

    donnerndem Jubel begrüßt. Der Kronprinz, der die

    Litewka trug, winkte ebenso wie seine

    Gemahlin der begeisterten Menge

    dankend zu. Auch als das Kronprinzliche Paar 

    sich wieder von dem  Balkon zurückgezogen hatte,

    verharrten die Tausenden vor dem Palais.


                    Kriegstrauung im Kaiserhause.

        Berlin, 31. Juli.  Heute abend 7 Uhr wurde

    im Königlichen Schlosse Bellevue mit Genehmigung

    Ihrer Majestäten die Vermählung des

    Prinzen Oskar von Preußen mit der

    Gräfin Ina Maria von Bassewitz standesamtlich

    durch den Minister des königlichen Hauses Grafen

    A. zu Eulenburg vollzogen und darauf die kirchliche

    Einsegnung durch den Generalsuperintendenten

    Haendler vorgenommen. Der Feier wohnten die

    kaiserliche Familie und die Angehörigen der Braut

    bei, welche nunmehr den allerhöchst verliehenen

    Titel einer Gräfin von Ruppin führen wird.


                    Eine Ansprache des Reichskanzlers.

        Berlin, 1. Aug.   Gestern um 12 Uhr sammelte

    sich eine große Menschenmenge vor dem

    Reichskanzlerpalais. Der Reichskanzler erschien am

    Mittelfenster des Kongreßsaales und hielt folgende

    Ansprache:  In ernster Stunde sind Sie, um Ihren

    vaterländischen Gesinnungen Ausdruck zu geben,

    vor das Haus Bismarcks gezogen, Bismarcks, der

    uns mit Kaiser Wilhelm dem Großen und Feldmarschall

    Moltke das Deutsche Reich geschenkt hat.

    Wir wollen in dem Reiche, das wir in 44jähriger

    Friedensarbeit ausgebaut haben, auch fernerhin in

    Frieden leben. Das ganze Wirken unsres Kaisers

    war der Erhaltung des Friedens gewidmet. Bis

    in die letzten Tage hat er für den Frieden Europas

    gewirkt und er wirkt noch für ihn. Sollte alles

    Bemühen vergeblich sein, sollte uns das Schwert in

    die Hand gezwungen werden, so werden wir mit

    gutem Gewissen und den [sic] Bewußtsein, nichts als den

    Frieden gewollt zu haben, den Kampf um unsere

    nationale Ehre mit Einsetzung des letzten Blutstropfen

    führen. Im Ernste dieser Stunde erinnere


     

     4. Spalte 

    ich Sie an das Wort, das einst Friedrich Karl den

    Brandenburgern zurief: "Laßt Eure Herzen schlagen

    zu Gott und Eure Fäuste auf den Feind!"


               Die Botschafter Frankreichs und Englands

                    bei dem amerikanischen Botschafter.

        


  • September 21, 2017 21:30:06 Beate Jochem

      item 19        

                                                                               Eisenacher        Zeitung

    verbunden mit

    Tageblatt und Anzeiger für den Eisenacher Kreis


                                                                                  Druck und Verlag :

                                                         Hofbuchdruckerei Eisenach, H.  Kahle,

                                                                                    Inhaber:

                                                                   Paul Kahle und Karl Kahle.


        Die "Eisenacher Zeitung", verbunden mit "Tageblatt und Anzeiger für den Eisenacher

    Kreis", erscheint mit Ausnahme der Feiertage wöchentlich sechsmal, mit "Illustriertem Unter-

    haltungsblatt", Fahrplan und Kalender. Bezugspreis für Eisenach, einschließlich Bringerlohn ,

    monatlich 70 Pf. in Vorauszahlung; durch die Post vierteljährlich 2,10 M. frei ins Haus, bei

    Abholung am Postschalter 1,68 M. Alle Postanstalten sowie die Landbriefträger und unsere Ver-

    treter nehmen Bestellungen entgegen. Einzelne Nummer 10 Pf.


        Anzeigenpreis für Eisenach 10 Pf. für die einspaltige Petitzeile, für auswärts und im amt-

    lichen Teil 15 Pf. Reklamen nach dem politischen Teil: Petitzeile 40 Pf. Nachweisgebühr aller

    Art: 20 Pf. Annahme der Anzeigen bis vormittag 9 Uhr, größere  > Tags zuvor < .

    Annahme und Vermittlung von Anzeigen für alle Zeitungen der Welt. Beilagegebühr: für

    die Gesamtauflage 50 Pf. bei vierseitigen, 30 Pf. bei zweiseitigen Beilagen, für die Stadtauflage

    40 beziehungsweise 22 Pf.

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    Nr. 178 Geschäftsstelle:              Sonnabend, den 1. August 1914.            Geschäftszeit:            48. Jahrg.
                   Eisenach, Sophienstraße 55/57. Fernsprecher 47.         7 Uhr vormittags bis 6 Uhr nachmittags.  

    _______________________________________________________________________________________________________________


    Vor der Entscheidung über den Weltkrieg. 

     1. Spalte 

    Ein fürchterliches, der Generation von heute bis-
    her fremd gewesenes Wort! Man hat davon in 
    alten Geschichtsbüchern bisher gelesen; nur eine 
    Minderzahl von denen, die heute noch unter uns
    weilen, haben solchen Kriegszustand in deutschen 
    Landen selbst erlebt. Kriegszustand ist noch nicht

    Krieg, hört man da und dort. Eine Tröstung, die

    nur geringen Glauben finden mag. Wenn nicht in

    Petersburg und in Paris die Erleuchtung wie ein 
    Wunder herniedersteigt, dann darf die Menschheit
    alle Hoffnung schwinden lassen. Der Kaiser,

    unser Friedenskaiser , ist, wie eine offenbar

    hochoffiziöse Kundgebung  verlautbart, vom rus-

    sichen Zaren schmählich betrogen

    worden. Das Verhalten der russischen Krone

    schlägt jeder Loyalität ins Gesicht! Nun soll 
    Rußland erfahren, heißt es in jener offi-

    ziösen Auslassung, daß dieser  Abkomme Friedrichs 
    des Großen ein Kriegsfürst sein wird! Hört man 

    schon den Anmarsch unserer Bataillone? Wir dür-

    fen den kommenden Ereignissen ohne Bangen ent-

    gegensehen . Nicht  großsprecherisch und nicht über-

    mütig wollen wir sein; aber wer vielleicht draußen

    in der Welt glaubt, schreibt die  "Nat. Ztg." daß

    das deutsche Volk vom  Schauder blasser Furcht ge-

    schüttelt werde, wie es bei den Leuten jenseits der 

    Grenzen bereits der Fall ist,  so gibt man  sich einer

    regen Täuschung hin. Das  Volk steht auf, 

    der Sturm bricht los. Die Herren an der 

    Newa wollen eine blutige Tragödie inszenieren, ihre

    Freunde an der Seine wollen oder können sie daran 

    nicht hindern: Wohlan! Das Spiel kann 

    beginnen!

     

                           Ultimatum an Rußland.

        Der "Norddeutschen Allg. Ztg." zufolge ließ Kaiser

    Wilhelm Rußland wissen, daß die deutsche

    Mobilmachung in Aussicht steht, falls Rußland

    nicht binnen 12 Stunden seine Kriegsvorbereitungen

    einstellt. Gleichzeitig ist an Frankreich

    die Anfrage über dessen Haltung im Falle

    eines deutsch-russischen Krieges gerichtet worden.


                       Der Reichstag wird einberufen.

        Berlin, 31. Juli. Wie offiziös gemeldet wird,

    ist die Einberufung des Reichstages

    auf Dienstag, den 4. August, in Aussicht genommen.

    Die Eröffnung wird im Weißen Saale des Königlichen

    Schlosses zu Berlin um 1 Uhr nachmittags

    erfolgen. Die kaiserliche Verordnung wegen der

    Berufung steht noch aus.


                Der Reichstag wird einberufen.

        Berlin, 31. Juli. Wie offiziös gemeldet wird,

    ist die Einberufung des Reichstages

    auf Dienstag, den 4. August, in Aussicht genommen.

    die Eröffnung wird im Weißen Saale des Königlichen

    Schlosses zu Berlin um 1 Uhr nachmittags

    erfolgen. Die kaiserliche Verordnung wegen der

    Berufung steht noch aus.


                              Kriegszustand.

        Berlin, 31. Juli. Aus Petersburg ist die

    Nachricht des deutschen Botschafters eingegangen,

    daß die allgemeine Mobilmachung der russischen

    Armee und Flotte befohlen worden ist. Darauf

    hat Se. Majestät der Kaiser den Zustand der

    drohenden Kriegsgefahr befohlen. Se. Majestät

    wird heute nach Berlin übersiedeln.

        Berlin, 31.Juli Nach Artikel 68 der Reichsverfassug

    hat Se. Majestät der Kaiser das Reichsgebiet

    ohne Bayern in den Kriegszustand erklärt.

    Über Bayern ergeht die gleiche Anordnung.

        Berlin, 31. Juli.  Bei militärischen Maßnahmen

    kommen bei drohender Kriegsgefahr hauptsächlich

    in Betracht:

        1. An der Grenze und zum Schutze der Eisenbahnen

            erforderliche Maßnahmen.

        2. Verkehrsbeschränkungen der Post, Telegraphen,

            Eisenbahnen usw. zugunsten des militärischen

            Bedarfs.

         3. Erklärung des Kriegszustandes für das gesamte

             Kriegsgebiet.

         4. Verbot der Veröffentlichung über Truppenbewegungen

             und Verteidigungsmittel. Der

             Kriegszustand ist gleichbedeutend mit dem

             Belagerungszustand in Preußen (Art. 68

             der Reichsverordnung.)

     

     2. Spalte 

                             

                          Die bayerische Verfügung.

        München, 31. Juli. Nach einer königlichen

    Verordnung vom 31. Juli 1914 wird über das gesamte

    Gebiet des Königreichs der Kriegszustand

    verhängt. Für die Pfalz wird das Standrecht

    angeordnet.


                       Die Rückkehr des Kaisers von

                             Potsdam nach Berlin.

                                 In Erwartung.

        Infolge der Gerüchte, daß heute die Mobilisierung

    der deutschen Armee erfolgen solle, hatten sich

    schon am Mittag in den Hauptstraßen des Zentrums

    größere Menschenmassen angesammelt, um die

    neuesten Ereignisse möglichst schnell zu erfahren.

    Gegen 2 Uhr kamen in Autos die ersten Extrablätter

    auf die Straße, die den Boten von

    Dutzenden von Händen entrissen wurden. In wenigen

    Minuten waren Straßen und Plätze mit 

    Tausenden der flatternden Blätter bedeckt. Unter

    den Linden, in der Leipziger Straße und am Potsdamer

    Platz scharten sich sofort dichte Menschenmassen 

    zusammen, die in größter Erregung hin- und

    herwogten, und gegen deren Strom die Schutzleute,

    die den Verkehr zu regeln hatten, machtlos waren.

    Da wurde die Nachricht bekannt, daß der Kaiser

    die Absicht habe, im Laufe des Nachmittags seine

    Residenz im Potsdamer Neuen Palais

    missing

                               Der Einzug des Kaisers.

        Sofort strömten die Massen aus den Straßen in

    der Nähe der Linden dem Brandenburger

    Tore zu, wo sich bald Tausende und Abertausende

    in dichten Menschenmauern aufstellten. Gegen ¾ 3

    Uhr ertönten vom Tiergarten her brausende Hochrufe.

    Die Wache am Brandenburger Tor trat unter

    Gewehr. Die Trommel rasselte und gleich darauf

    durchschnitt der scharfe Klang des Kaiserlichen 

    Hupensignals die Luft. Hinter der Siegesallee tauchte

    das bekannte hellbraune Automobil des

    Kaisers mit der roten Standarte auf. Zehntausendfache

    Hochs erschollen und das Trommelgewirbel

    der Wache ertrank in dem Meere der

    Jubelrufe. Der Kaiser, der die Uniform des Regiments

    Garde du Corps mit dem Stahlhelm trug,

    dankte unaufhörlich nach allen Seiten. Er wie die

    Kaiserin waren ernsten Antlitzes. Als das Kaiserliche

    Auto den Pariser Platz hinter sich gelassen

    hatte und in die Linden einlenkte, durchbrachen die

    Menschenmassen von beiden Seiten die dünnen

    Schutzmannsketten, die schon seit der Mittagsstunde

    aufgestellt waren. In tosender Begeisterung drängten

    sich Tausende von Menschen um den Wagen und

    jubelten dem Kaiserpaare zu. Nur langsam konnte

    sich der Wagen unter unausgesetzten Hupensignalen

    einen Weg durch die Menge bahnen. Dicht hinter

    dem Kaiserlichen Auto fuhr der bekannte dunkle

    Kraftwagen des Kronprinzen. Der Thronfolger,

    der die Uniform seiner Danziger Leibhusaren

    trug, wurde ebenso wie seine Gemahlin mit der

    gleichen Begeisterung wie das Kaiserpaar begrüßt.

    Zwischen beiden saß der älteste Sohn, Prinz Wilhelm.

    Auch das Automobil des Prinzen mußte,

    besonders zwischen der Wilhelmstraße und der

    Friedrichstraße, mehrere Male im Schritt fahren,

    um kein Unheil in der freudig erregten Menge

    anzurichten. Im dritten Auto saß Prinz Adalbert

    sowie das Prinzenpaar August Wilhelm.

    Auf dem Schloßplatz wurden die Hofautomobile von

    einer vieltausendköpfigen Menge empfangen, die in

    brausende Hochrufe ausbrach, als der Wagen des

    Kaisers auf der Schloßbrücke erschien und die

    Purpurstandarte über dem alten Schlosse der

    Hohenzollern emporstieg.

                                  Vor dem Schloß.

        Die Menschenmassen, die das Kaiserpaar Unter

    den Linden begrüßt hatten, fluteten nun die Linden

    herunter dem Schlosse zu. Bald standen auf

    dem Platze zwischen Schlosse und dem Lustgarten

    Menschenmengen, wie sie der Platz wohl selten

    gesehen haben mag. Die allgemeine begeisterte

    Erregung hatte jetzt ihren Höhepunkt erreicht. An

    den Kandelabern in der Mitte des Platzes stiegen

    Leute hinauf, die tausendstimmig erwiderte Hochs

    auf den Kaiser ausbrachten. Immer wieder schollen

    die von allen Seiten freudig aufgenommenen

    Jubelrufe zu den Fenstern des Schlosses empor.

    "Heil dir, im Siegerkranz," "Deutschland, Deutschland

    über alles" und "Ich bin ein Preuße, kennt


     3. Spalte 

    ihr meine Farben", wurden abwechselnd gesungen.

    Wenige Minuten nach 4 Uhr wurde das eiserne

    Hauptportal des Schlosses geöffnet und im  Auto 

    fuhr der Reichskanzler von Bethmann Hollweg in

    Begleitung seines Adjutanten des Freiherrn von

    Sell heraus. Der Kanzler wurde mit lauten Zurufen

    begrüßt und dankte, indem er das Haupt entblößte.

    Bald darauf verließ auch Prinz Heinrich,

    von der Menge lebhaft begrüßt, das Schloß. Unbeweglich

    standen die Massen. Die Schutzleute, die

    in großer Zahl zu Pferde und zu Fuß vor dem

    Schloß konzentriert standen, zeigten sich, wie übrigens

    auch Unter den Linden, dem Publikum gegenüber

    sehr rücksichtsvoll. Je weiter der Zeiger an

    dem Eckturme des Schlosses rückte, um so mehr vergrößerte

    sich die Masse auf dem Schloßplatz.


                           Eine Ansprache des Kaisers.

                                                        Berlin, 31.Juli.

        

    Der Kaiser hat heute um ¾ 7 Uhr eine Ansprache

    an die vor dem Schlosse  versammelte Volksmenge

    gehalten. Die Worte des Kaisers lauteten:

        Ich danke Euch! Eure Kundgebung war mir

    ein Labsal. Wir sind im  tiefsten Frieden

    in des Wortes wahrer Bedeutung

    überfallen worden durch den Neid

    unserer Feinde, der uns rings umgibt.

        Fünfundzwanzig Jahre habe ich den Frieden missing 

    und gehalten. Nun bin ich gezwungen,

    das Schwert zu ziehen, aber ich hoffe, daß ich es

    mit Ehren wieder einstecken kann. Es werden Euch

    enorme Opfer an Gut und Blut auferlegt

    werden, aber Ihr werdet sie ertragen, das

    weiß ich. Wir werden die Gegner niederzwingen.

    Nun geht in die Kirchen und

    betet zu Gott, daß er dem deutschen Heer und der

    deutschen Sache den Sieg verleihen möge!


            Das Kronprinzenpaar auf dem Balkon des

                             Kronprinzlichen Palais.

        Zwischen der fünften und sechsten Nachmittagsstunde

    versammelte sich eine nach vielen Tausenden

    zählende Menschenmenge vor dem Kronprinzlichen

    Palais. Ebenso wie die Menge vor

    dem Schloß, sangen die versammelten Menschen

    tausendstimmig vaterländische Lieder und brachen

    fortgesetzt in brausende Hochrufe aus. Kurz vor

    sechs Uhr erschienen der Kronprinz und die

    Kronprinzessin auf dem Balkon, mit

    donnerndem Jubel begrüßt. Der Kronprinz, der die

    Litewka trug, winkte ebenso wie seine

    Gemahlin der begeisterten Menge

    dankend zu. Auch als das Kronprinzliche Paar 

    sich wieder von dem  Balkon zurückgezogen hatte,

    verharrten die Tausenden vor dem Palais.


                    Kriegstrauung im Kaiserhause.

        Berlin, 31. Juli.  Heute abend 7 Uhr wurde

    im Königlichen Schlosse Bellevue mit Genehmigung

    Ihrer Majestäten die Vermählung des

    Prinzen Oskar von Preußen mit der

    Gräfin Ina Maria von Bassewitz standesamtlich

    durch den Minister des königlichen Hauses Grafen

    A. zu Eulenburg vollzogen und darauf die kirchliche

    Einsegnung durch den Generalsuperintendenten

    Haendler vorgenommen. Der Feier wohnten die

    kaiserliche Familie und die Angehörigen der Braut

    bei, welche nunmehr den allerhöchst verliehenen

    Titel einer Gräfin von Ruppin führen wird.


                    Eine Ansprache des Reichskanzlers.

        Berlin, 1. Aug.   Gestern um 12 Uhr sammelte

    sich eine große Menschenmenge vor dem

    Reichskanzlerpalais. Der Reichskanzler erschien am

    Mittelfenster des Kongreßsaales und hielt folgende

    Ansprache:  In ernster Stunde sind Sie, um Ihren

    vaterländischen Gesinnungen Ausdruck zu geben,

    vor das Haus Bismarcks gezogen, Bismarcks, der

    uns mit Kaiser Wilhelm dem Großen und Feldmarschall

    Moltke das Deutsche Reich geschenkt hat.

    Wir wollen in dem Reiche, das wir in 44jähriger

    Friedensarbeit ausgebaut haben, auch fernerhin in

    Frieden leben. Das ganze Wirken unsres Kaisers

    war der Erhaltung des Friedens gewidmet. Bis

    in die letzten Tage hat er für den Frieden Europas

    gewirkt und er wirkt noch für ihn. Sollte alles

    Bemühen vergeblich sein, sollte uns das Schwert in

    die Hand gezwungen werden, so werden wir mit

    gutem Gewissen und den [sic] Bewußtsein, nichts als den

    Frieden gewollt zu haben, den Kampf um unsere

    nationale Ehre mit Einsetzung des letzten Blutstropfen

    führen. Im Ernste dieser Stunde erinnere


     4. Spalte 

    ich Sie an das Wort, das einst Friedrich Karl den

    Brandenburgern zurief: "Laßt Eure Herzen schlagen

    zu Gott und Eure Fäuste auf den Feind!"


  • September 21, 2017 21:27:28 Beate Jochem

      item 19        

                                                                               Eisenacher        Zeitung

    verbunden mit

    Tageblatt und Anzeiger für den Eisenacher Kreis


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                                                         Hofbuchdruckerei Eisenach, H.  Kahle,

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                                                                   Paul Kahle und Karl Kahle.


        Die "Eisenacher Zeitung", verbunden mit "Tageblatt und Anzeiger für den Eisenacher

    Kreis", erscheint mit Ausnahme der Feiertage wöchentlich sechsmal, mit "Illustriertem Unter-

    haltungsblatt", Fahrplan und Kalender. Bezugspreis für Eisenach, einschließlich Bringerlohn ,

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    treter nehmen Bestellungen entgegen. Einzelne Nummer 10 Pf.


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    lichen Teil 15 Pf. Reklamen nach dem politischen Teil: Petitzeile 40 Pf. Nachweisgebühr aller

    Art: 20 Pf. Annahme der Anzeigen bis vormittag 9 Uhr, größere  > Tags zuvor < .

    Annahme und Vermittlung von Anzeigen für alle Zeitungen der Welt. Beilagegebühr: für

    die Gesamtauflage 50 Pf. bei vierseitigen, 30 Pf. bei zweiseitigen Beilagen, für die Stadtauflage

    40 beziehungsweise 22 Pf.

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    Vor der Entscheidung über den Weltkrieg. 

     1. Spalte 

    Ein fürchterliches, der Generation von heute bis-
    her fremd gewesenes Wort! Man hat davon in 
    alten Geschichtsbüchern bisher gelesen; nur eine 
    Minderzahl von denen, die heute noch unter uns
    weilen, haben solchen Kriegszustand in deutschen 
    Landen selbst erlebt. Kriegszustand ist noch nicht

    Krieg, hört man da und dort. Eine Tröstung, die

    nur geringen Glauben finden mag. Wenn nicht in

    Petersburg und in Paris die Erleuchtung wie ein 
    Wunder herniedersteigt, dann darf die Menschheit
    alle Hoffnung schwinden lassen. Der Kaiser,

    unser Friedenskaiser , ist, wie eine offenbar

    hochoffiziöse Kundgebung  verlautbart, vom rus-

    sichen Zaren schmählich betrogen

    worden. Das Verhalten der russischen Krone

    schlägt jeder Loyalität ins Gesicht! Nun soll 
    Rußland erfahren, heißt es in jener offi-

    ziösen Auslassung, daß dieser  Abkomme Friedrichs 
    des Großen ein Kriegsfürst sein wird! Hört man 

    schon den Anmarsch unserer Bataillone? Wir dür-

    fen den kommenden Ereignissen ohne Bangen ent-

    gegensehen . Nicht  großsprecherisch und nicht über-

    mütig wollen wir sein; aber wer vielleicht draußen

    in der Welt glaubt, schreibt die  "Nat. Ztg." daß

    das deutsche Volk vom  Schauder blasser Furcht ge-

    schüttelt werde, wie es bei den Leuten jenseits der 

    Grenzen bereits der Fall ist,  so gibt man  sich einer

    regen Täuschung hin. Das  Volk steht auf, 

    der Sturm bricht los. Die Herren an der 

    Newa wollen eine blutige Tragödie inszenieren, ihre

    Freunde an der Seine wollen oder können sie daran 

    nicht hindern: Wohlan! Das Spiel kann 

    beginnen!

     

                           Ultimatum an Rußland.

        Der "Norddeutschen Allg. Ztg." zufolge ließ Kaiser

    Wilhelm Rußland wissen, daß die deutsche

    Mobilmachung in Aussicht steht, falls Rußland

    nicht binnen 12 Stunden seine Kriegsvorbereitungen

    einstellt. Gleichzeitig ist an Frankreich

    die Anfrage über dessen Haltung im Falle

    eines deutsch-russischen Krieges gerichtet worden.


                       Der Reichstag wird einberufen.

        Berlin, 31. Juli. Wie offiziös gemeldet wird,

    ist die Einberufung des Reichstages

    auf Dienstag, den 4. August, in Aussicht genommen.

    Die Eröffnung wird im Weißen Saale des Königlichen

    Schlosses zu Berlin um 1 Uhr nachmittags

    erfolgen. Die kaiserliche Verordnung wegen der

    Berufung steht noch aus.


                Der Reichstag wird einberufen.

        Berlin, 31. Juli. Wie offiziös gemeldet wird,

    ist die Einberufung des Reichstages

    auf Dienstag, den 4. August, in Aussicht genommen.

    die Eröffnung wird im Weißen Saale des Königlichen

    Schlosses zu Berlin um 1 Uhr nachmittags

    erfolgen. Die kaiserliche Verordnung wegen der

    Berufung steht noch aus.


                              Kriegszustand.

        Berlin, 31. Juli. Aus Petersburg ist die

    Nachricht des deutschen Botschafters eingegangen,

    daß die allgemeine Mobilmachung der russischen

    Armee und Flotte befohlen worden ist. Darauf

    hat Se. Majestät der Kaiser den Zustand der

    drohenden Kriegsgefahr befohlen. Se. Majestät

    wird heute nach Berlin übersiedeln.

        Berlin, 31.Juli Nach Artikel 68 der Reichsverfassug

    hat Se. Majestät der Kaiser das Reichsgebiet

    ohne Bayern in den Kriegszustand erklärt.

    Über Bayern ergeht die gleiche Anordnung.

        Berlin, 31. Juli.  Bei militärischen Maßnahmen

    kommen bei drohender Kriegsgefahr hauptsächlich

    in Betracht:

        1. An der Grenze und zum Schutze der Eisenbahnen

            erforderliche Maßnahmen.

        2. Verkehrsbeschränkungen der Post, Telegraphen,

            Eisenbahnen usw. zugunsten des militärischen

            Bedarfs.

         3. Erklärung des Kriegszustandes für das gesamte

             Kriegsgebiet.

         4. Verbot der Veröffentlichung über Truppenbewegungen

             und Verteidigungsmittel. Der

             Kriegszustand ist gleichbedeutend mit dem

             Belagerungszustand in Preußen (Art. 68

             der Reichsverordnung.)

     

     2. Spalte 

                             

                          Die bayerische Verfügung.

        München, 31. Juli. Nach einer königlichen

    Verordnung vom 31. Juli 1914 wird über das gesamte

    Gebiet des Königreichs der Kriegszustand

    verhängt. Für die Pfalz wird das Standrecht

    angeordnet.


                       Die Rückkehr des Kaisers von

                             Potsdam nach Berlin.

                                 In Erwartung.

        Infolge der Gerüchte, daß heute die Mobilisierung

    der deutschen Armee erfolgen solle, hatten sich

    schon am Mittag in den Hauptstraßen des Zentrums

    größere Menschenmassen angesammelt, um die

    neuesten Ereignisse möglichst schnell zu erfahren.

    Gegen 2 Uhr kamen in Autos die ersten Extrablätter

    auf die Straße, die den Boten von

    Dutzenden von Händen entrissen wurden. In wenigen

    Minuten waren Straßen und Plätze mit 

    Tausenden der flatternden Blätter bedeckt. Unter

    den Linden, in der Leipziger Straße und am Potsdamer

    Platz scharten sich sofort dichte Menschenmassen 

    zusammen, die in größter Erregung hin- und

    herwogten, und gegen deren Strom die Schutzleute,

    die den Verkehr zu regeln hatten, machtlos waren.

    Da wurde die Nachricht bekannt, daß der Kaiser

    die Absicht habe, im Laufe des Nachmittags seine

    Residenz im Potsdamer Neuen Palais

    missing

                               Der Einzug des Kaisers.

        Sofort strömten die Massen aus den Straßen in

    der Nähe der Linden dem Brandenburger

    Tore zu, wo sich bald Tausende und Abertausende

    in dichten Menschenmauern aufstellten. Gegen ¾ 3

    Uhr ertönten vom Tiergarten her brausende Hochrufe.

    Die Wache am Brandenburger Tor trat unter

    Gewehr. Die Trommel rasselte und gleich darauf

    durchschnitt der scharfe Klang des Kaiserlichen 

    Hupensignals die Luft. Hinter der Siegesallee tauchte

    das bekannte hellbraune Automobil des

    Kaisers mit der roten Standarte auf. Zehntausendfache

    Hochs erschollen und das Trommelgewirbel

    der Wache ertrank in dem Meere der

    Jubelrufe. Der Kaiser, der die Uniform des Regiments

    Garde du Corps mit dem Stahlhelm trug,

    dankte unaufhörlich nach allen Seiten. Er wie die

    Kaiserin waren ernsten Antlitzes. Als das Kaiserliche

    Auto den Pariser Platz hinter sich gelassen

    hatte und in die Linden einlenkte, durchbrachen die

    Menschenmassen von beiden Seiten die dünnen

    Schutzmannsketten, die schon seit der Mittagsstunde

    aufgestellt waren. In tosender Begeisterung drängten

    sich Tausende von Menschen um den Wagen und

    jubelten dem Kaiserpaare zu. Nur langsam konnte

    sich der Wagen unter unausgesetzten Hupensignalen

    einen Weg durch die Menge bahnen. Dicht hinter

    dem Kaiserlichen Auto fuhr der bekannte dunkle

    Kraftwagen des Kronprinzen. Der Thronfolger,

    der die Uniform seiner Danziger Leibhusaren

    trug, wurde ebenso wie seine Gemahlin mit der

    gleichen Begeisterung wie das Kaiserpaar begrüßt.

    Zwischen beiden saß der älteste Sohn, Prinz Wilhelm.

    Auch das Automobil des Prinzen mußte,

    besonders zwischen der Wilhelmstraße und der

    Friedrichstraße, mehrere Male im Schritt fahren,

    um kein Unheil in der freudig erregten Menge

    anzurichten. Im dritten Auto saß Prinz Adalbert

    sowie das Prinzenpaar August Wilhelm.

    Auf dem Schloßplatz wurden die Hofautomobile von

    einer vieltausendköpfigen Menge empfangen, die in

    brausende Hochrufe ausbrach, als der Wagen des

    Kaisers auf der Schloßbrücke erschien und die

    Purpurstandarte über dem alten Schlosse der

    Hohenzollern emporstieg.

                                  Vor dem Schloß.

        Die Menschenmassen, die das Kaiserpaar Unter

    den Linden begrüßt hatten, fluteten nun die Linden

    herunter dem Schlosse zu. Bald standen auf

    dem Platze zwischen Schlosse und dem Lustgarten

    Menschenmengen, wie sie der Platz wohl selten

    gesehen haben mag. Die allgemeine begeisterte

    Erregung hatte jetzt ihren Höhepunkt erreicht. An

    den Kandelabern in der Mitte des Platzes stiegen

    Leute hinauf, die tausendstimmig erwiderte Hochs

    auf den Kaiser ausbrachten. Immer wieder schollen

    die von allen Seiten freudig aufgenommenen

    Jubelrufe zu den Fenstern des Schlosses empor.

    "Heil dir, im Siegerkranz," "Deutschland, Deutschland

    über alles" und "Ich bin ein Preuße, kennt


     3. Spalte 

    ihr meine Farben", wurden abwechselnd gesungen.

    Wenige Minuten nach 4 Uhr wurde das eiserne

    Hauptportal des Schlosses geöffnet und im  Auto 

    fuhr der Reichskanzler von Bethmann Hollweg in

    Begleitung seines Adjutanten des Freiherrn von

    Sell heraus. Der Kanzler wurde mit lauten Zurufen

    begrüßt und dankte, indem er das Haupt entblößte.

    Bald darauf verließ auch Prinz Heinrich,

    von der Menge lebhaft begrüßt, das Schloß. Unbeweglich

    standen die Massen. Die Schutzleute, die

    in großer Zahl zu Pferde und zu Fuß vor dem

    Schloß konzentriert standen, zeigten sich, wie übrigens

    auch Unter den Linden, dem Publikum gegenüber

    sehr rücksichtsvoll. Je weiter der Zeiger an

    dem Eckturme des Schlosses rückte, um so mehr vergrößerte

    sich die Masse auf dem Schloßplatz.


                           Eine Ansprache des Kaisers.

                                                        Berlin, 31.Juli.

        

    Der Kaiser hat heute um ¾ 7 Uhr eine Ansprache

    an die vor dem Schlosse  versammelte Volksmenge

    gehalten. Die Worte des Kaisers lauteten:

        Ich danke Euch! Eure Kundgebung war mir

    ein Labsal. Wir sind im  tiefsten Frieden

    in des Wortes wahrer Bedeutung

    überfallen worden durch den Neid

    unserer Feinde, der uns rings umgibt.

        Fünfundzwanzig Jahre habe ich den Frieden missing 

    und gehalten. Nun bin ich gezwungen,

    das Schwert zu ziehen, aber ich hoffe, daß ich es

    mit Ehren wieder einstecken kann. Es werden Euch

    enorme Opfer an Gut und Blut auferlegt

    werden, aber Ihr werdet sie ertragen, das

    weiß ich. Wir werden die Gegner niederzwingen.

    Nun geht in die Kirchen und

    betet zu Gott, daß er dem deutschen Heer und der

    deutschen Sache den Sieg verleihen möge!


            Das Kronprinzenpaar auf dem Balkon des

                             Kronprinzlichen Palais.

        Zwischen der fünften und sechsten Nachmittagsstunde

    versammelte sich eine nach vielen Tausenden

    zählende Menschenmenge vor dem Kronprinzlichen

    Palais. Ebenso wie die Menge vor

    dem Schloß, sangen die versammelten Menschen

    tausendstimmig vaterländische Lieder und brachen

    fortgesetzt in brausende Hochrufe aus. Kurz vor

    sechs Uhr erschienen der Kronprinz und die

    Kronprinzessin auf dem Balkon, mit

    donnerndem Jubel begrüßt. Der Kronprinz, der die

    Litewka trug, winkte ebenso wie seine

    Gemahlin der begeisterten Menge

    dankend zu. Auch als das Kronprinzliche Paar 

    sich wieder von dem  Balkon zurückgezogen hatte,

    verharrten die Tausenden vor dem Palais.


                    Kriegstrauung im Kaiserhause.

        Berlin, 31. Juli.  Heute abend 7 Uhr wurde

    im Königlichen Schlosse Bellevue mit Genehmigung

    Ihrer Majestäten die Vermählung des

    Prinzen Oskar von Preußen mit der

    Gräfin Ina Maria von Bassewitz standesamtlich

    durch den Minister des königlichen Hauses Grafen

    A. zu Eulenburg vollzogen und darauf die kirchliche

    Einsegnung durch den Generalsuperintendenten

    Haendler vorgenommen. Der Feier wohnten die

    kaiserliche Familie und die Angehörigen der Braut

    bei, welche nunmehr den allerhöchst verliehenen

    Titel einer Gräfin von Ruppin führen wird.


                    Eine Ansprache des Reichskanzlers.

        Berlin, 1. Aug.   Gestern um 12 Uhr sammelte

    sich eine große Menschenmenge vor dem

    Reichskanzlerpalais. Der Reichskanzler erschien am

    Mittelfenster des Kongreßsaales und hielt folgende

    Ansprache:  In ernster Stunde sind Sie, um Ihren

    vaterländischen Gesinnungen Ausdruck zu geben,

    vor das Haus Bismarcks gezogen, Bismarcks, der

    uns mit Kaiser Wilhelm dem Großen und Feldmarschall

    Moltke das Deutsche Reich geschenkt hat.

    Wir wollen in dem Reiche, das wir in 44jähriger

    Friedensarbeit ausgebaut haben, auch fernerhin in

    Frieden leben. Das ganze Wirken unsres Kaisers

    war der Erhaltung des Friedens gewidmet. Bis

    in die letzten Tage hat er für den Frieden Europas

    gewirkt und er wirkt noch für ihn. Sollte alles

    Bemühen vergeblich sein, sollte uns das Schwert in

    die Hand gezwungen werden, so werden wir mit

    gutem Gewissen und den [sic] Bewußtsein, nichts als den

    Frieden gewollt zu haben, den Kampf um unsere

    nationale Ehre mit Einsetzung des letzten Blutstropfen

    führen. Im Ernste dieser Stunde erinnere


     3. Spalte 



  • September 21, 2017 21:26:53 Beate Jochem

      item 19        

                                                                               Eisenacher        Zeitung

    verbunden mit

    Tageblatt und Anzeiger für den Eisenacher Kreis


                                                                                  Druck und Verlag :

                                                         Hofbuchdruckerei Eisenach, H.  Kahle,

                                                                                    Inhaber:

                                                                   Paul Kahle und Karl Kahle.


        Die "Eisenacher Zeitung", verbunden mit "Tageblatt und Anzeiger für den Eisenacher

    Kreis", erscheint mit Ausnahme der Feiertage wöchentlich sechsmal, mit "Illustriertem Unter-

    haltungsblatt", Fahrplan und Kalender. Bezugspreis für Eisenach, einschließlich Bringerlohn ,

    monatlich 70 Pf. in Vorauszahlung; durch die Post vierteljährlich 2,10 M. frei ins Haus, bei

    Abholung am Postschalter 1,68 M. Alle Postanstalten sowie die Landbriefträger und unsere Ver-

    treter nehmen Bestellungen entgegen. Einzelne Nummer 10 Pf.


        Anzeigenpreis für Eisenach 10 Pf. für die einspaltige Petitzeile, für auswärts und im amt-

    lichen Teil 15 Pf. Reklamen nach dem politischen Teil: Petitzeile 40 Pf. Nachweisgebühr aller

    Art: 20 Pf. Annahme der Anzeigen bis vormittag 9 Uhr, größere  > Tags zuvor < .

    Annahme und Vermittlung von Anzeigen für alle Zeitungen der Welt. Beilagegebühr: für

    die Gesamtauflage 50 Pf. bei vierseitigen, 30 Pf. bei zweiseitigen Beilagen, für die Stadtauflage

    40 beziehungsweise 22 Pf.

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    Nr. 178 Geschäftsstelle:              Sonnabend, den 1. August 1914.            Geschäftszeit:            48. Jahrg.
                   Eisenach, Sophienstraße 55/57. Fernsprecher 47.         7 Uhr vormittags bis 6 Uhr nachmittags.  

    _______________________________________________________________________________________________________________


    Vor der Entscheidung über den Weltkrieg. 

     1. Spalte 

    Ein fürchterliches, der Generation von heute bis-
    her fremd gewesenes Wort! Man hat davon in 
    alten Geschichtsbüchern bisher gelesen; nur eine 
    Minderzahl von denen, die heute noch unter uns
    weilen, haben solchen Kriegszustand in deutschen 
    Landen selbst erlebt. Kriegszustand ist noch nicht

    Krieg, hört man da und dort. Eine Tröstung, die

    nur geringen Glauben finden mag. Wenn nicht in

    Petersburg und in Paris die Erleuchtung wie ein 
    Wunder herniedersteigt, dann darf die Menschheit
    alle Hoffnung schwinden lassen. Der Kaiser,

    unser Friedenskaiser , ist, wie eine offenbar

    hochoffiziöse Kundgebung  verlautbart, vom rus-

    sichen Zaren schmählich betrogen

    worden. Das Verhalten der russischen Krone

    schlägt jeder Loyalität ins Gesicht! Nun soll 
    Rußland erfahren, heißt es in jener offi-

    ziösen Auslassung, daß dieser  Abkomme Friedrichs 
    des Großen ein Kriegsfürst sein wird! Hört man 

    schon den Anmarsch unserer Bataillone? Wir dür-

    fen den kommenden Ereignissen ohne Bangen ent-

    gegensehen . Nicht  großsprecherisch und nicht über-

    mütig wollen wir sein; aber wer vielleicht draußen

    in der Welt glaubt, schreibt die  "Nat. Ztg." daß

    das deutsche Volk vom  Schauder blasser Furcht ge-

    schüttelt werde, wie es bei den Leuten jenseits der 

    Grenzen bereits der Fall ist,  so gibt man  sich einer

    regen Täuschung hin. Das  Volk steht auf, 

    der Sturm bricht los. Die Herren an der 

    Newa wollen eine blutige Tragödie inszenieren, ihre

    Freunde an der Seine wollen oder können sie daran 

    nicht hindern: Wohlan! Das Spiel kann 

    beginnen!

     

                           Ultimatum an Rußland.

        Der "Norddeutschen Allg. Ztg." zufolge ließ Kaiser

    Wilhelm Rußland wissen, daß die deutsche

    Mobilmachung in Aussicht steht, falls Rußland

    nicht binnen 12 Stunden seine Kriegsvorbereitungen

    einstellt. Gleichzeitig ist an Frankreich

    die Anfrage über dessen Haltung im Falle

    eines deutsch-russischen Krieges gerichtet worden.


                       Der Reichstag wird einberufen.

        Berlin, 31. Juli. Wie offiziös gemeldet wird,

    ist die Einberufung des Reichstages

    auf Dienstag, den 4. August, in Aussicht genommen.

    Die Eröffnung wird im Weißen Saale des Königlichen

    Schlosses zu Berlin um 1 Uhr nachmittags

    erfolgen. Die kaiserliche Verordnung wegen der

    Berufung steht noch aus.


                Der Reichstag wird einberufen.

        Berlin, 31. Juli. Wie offiziös gemeldet wird,

    ist die Einberufung des Reichstages

    auf Dienstag, den 4. August, in Aussicht genommen.

    die Eröffnung wird im Weißen Saale des Königlichen

    Schlosses zu Berlin um 1 Uhr nachmittags

    erfolgen. Die kaiserliche Verordnung wegen der

    Berufung steht noch aus.


                              Kriegszustand.

        Berlin, 31. Juli. Aus Petersburg ist die

    Nachricht des deutschen Botschafters eingegangen,

    daß die allgemeine Mobilmachung der russischen

    Armee und Flotte befohlen worden ist. Darauf

    hat Se. Majestät der Kaiser den Zustand der

    drohenden Kriegsgefahr befohlen. Se. Majestät

    wird heute nach Berlin übersiedeln.

        Berlin, 31.Juli Nach Artikel 68 der Reichsverfassug

    hat Se. Majestät der Kaiser das Reichsgebiet

    ohne Bayern in den Kriegszustand erklärt.

    Über Bayern ergeht die gleiche Anordnung.

        Berlin, 31. Juli.  Bei militärischen Maßnahmen

    kommen bei drohender Kriegsgefahr hauptsächlich

    in Betracht:

        1. An der Grenze und zum Schutze der Eisenbahnen

            erforderliche Maßnahmen.

        2. Verkehrsbeschränkungen der Post, Telegraphen,

            Eisenbahnen usw. zugunsten des militärischen

            Bedarfs.

         3. Erklärung des Kriegszustandes für das gesamte

             Kriegsgebiet.

         4. Verbot der Veröffentlichung über Truppenbewegungen

             und Verteidigungsmittel. Der

             Kriegszustand ist gleichbedeutend mit dem

             Belagerungszustand in Preußen (Art. 68

             der Reichsverordnung.)

     

     2. Spalte 

                             

                          Die bayerische Verfügung.

        München, 31. Juli. Nach einer königlichen

    Verordnung vom 31. Juli 1914 wird über das gesamte

    Gebiet des Königreichs der Kriegszustand

    verhängt. Für die Pfalz wird das Standrecht

    angeordnet.


                       Die Rückkehr des Kaisers von

                             Potsdam nach Berlin.

                                 In Erwartung.

        Infolge der Gerüchte, daß heute die Mobilisierung

    der deutschen Armee erfolgen solle, hatten sich

    schon am Mittag in den Hauptstraßen des Zentrums

    größere Menschenmassen angesammelt, um die

    neuesten Ereignisse möglichst schnell zu erfahren.

    Gegen 2 Uhr kamen in Autos die ersten Extrablätter

    auf die Straße, die den Boten von

    Dutzenden von Händen entrissen wurden. In wenigen

    Minuten waren Straßen und Plätze mit 

    Tausenden der flatternden Blätter bedeckt. Unter

    den Linden, in der Leipziger Straße und am Potsdamer

    Platz scharten sich sofort dichte Menschenmassen 

    zusammen, die in größter Erregung hin- und

    herwogten, und gegen deren Strom die Schutzleute,

    die den Verkehr zu regeln hatten, machtlos waren.

    Da wurde die Nachricht bekannt, daß der Kaiser

    die Absicht habe, im Laufe des Nachmittags seine

    Residenz im Potsdamer Neuen Palais

    missing

                               Der Einzug des Kaisers.

        Sofort strömten die Massen aus den Straßen in

    der Nähe der Linden dem Brandenburger

    Tore zu, wo sich bald Tausende und Abertausende

    in dichten Menschenmauern aufstellten. Gegen ¾ 3

    Uhr ertönten vom Tiergarten her brausende Hochrufe.

    Die Wache am Brandenburger Tor trat unter

    Gewehr. Die Trommel rasselte und gleich darauf

    durchschnitt der scharfe Klang des Kaiserlichen 

    Hupensignals die Luft. Hinter der Siegesallee tauchte

    das bekannte hellbraune Automobil des

    Kaisers mit der roten Standarte auf. Zehntausendfache

    Hochs erschollen und das Trommelgewirbel

    der Wache ertrank in dem Meere der

    Jubelrufe. Der Kaiser, der die Uniform des Regiments

    Garde du Corps mit dem Stahlhelm trug,

    dankte unaufhörlich nach allen Seiten. Er wie die

    Kaiserin waren ernsten Antlitzes. Als das Kaiserliche

    Auto den Pariser Platz hinter sich gelassen

    hatte und in die Linden einlenkte, durchbrachen die

    Menschenmassen von beiden Seiten die dünnen

    Schutzmannsketten, die schon seit der Mittagsstunde

    aufgestellt waren. In tosender Begeisterung drängten

    sich Tausende von Menschen um den Wagen und

    jubelten dem Kaiserpaare zu. Nur langsam konnte

    sich der Wagen unter unausgesetzten Hupensignalen

    einen Weg durch die Menge bahnen. Dicht hinter

    dem Kaiserlichen Auto fuhr der bekannte dunkle

    Kraftwagen des Kronprinzen. Der Thronfolger,

    der die Uniform seiner Danziger Leibhusaren

    trug, wurde ebenso wie seine Gemahlin mit der

    gleichen Begeisterung wie das Kaiserpaar begrüßt.

    Zwischen beiden saß der älteste Sohn, Prinz Wilhelm.

    Auch das Automobil des Prinzen mußte,

    besonders zwischen der Wilhelmstraße und der

    Friedrichstraße, mehrere Male im Schritt fahren,

    um kein Unheil in der freudig erregten Menge

    anzurichten. Im dritten Auto saß Prinz Adalbert

    sowie das Prinzenpaar August Wilhelm.

    Auf dem Schloßplatz wurden die Hofautomobile von

    einer vieltausendköpfigen Menge empfangen, die in

    brausende Hochrufe ausbrach, als der Wagen des

    Kaisers auf der Schloßbrücke erschien und die

    Purpurstandarte über dem alten Schlosse der

    Hohenzollern emporstieg.

                                  Vor dem Schloß.

        Die Menschenmassen, die das Kaiserpaar Unter

    den Linden begrüßt hatten, fluteten nun die Linden

    herunter dem Schlosse zu. Bald standen auf

    dem Platze zwischen Schlosse und dem Lustgarten

    Menschenmengen, wie sie der Platz wohl selten

    gesehen haben mag. Die allgemeine begeisterte

    Erregung hatte jetzt ihren Höhepunkt erreicht. An

    den Kandelabern in der Mitte des Platzes stiegen

    Leute hinauf, die tausendstimmig erwiderte Hochs

    auf den Kaiser ausbrachten. Immer wieder schollen

    die von allen Seiten freudig aufgenommenen

    Jubelrufe zu den Fenstern des Schlosses empor.

    "Heil dir, im Siegerkranz," "Deutschland, Deutschland

    über alles" und "Ich bin ein Preuße, kennt


     3. Spalte 

    ihr meine Farben", wurden abwechselnd gesungen.

    Wenige Minuten nach 4 Uhr wurde das eiserne

    Hauptportal des Schlosses geöffnet und im  Auto 

    fuhr der Reichskanzler von Bethmann Hollweg in

    Begleitung seines Adjutanten des Freiherrn von

    Sell heraus. Der Kanzler wurde mit lauten Zurufen

    begrüßt und dankte, indem er das Haupt entblößte.

    Bald darauf verließ auch Prinz Heinrich,

    von der Menge lebhaft begrüßt, das Schloß. Unbeweglich

    standen die Massen. Die Schutzleute, die

    in großer Zahl zu Pferde und zu Fuß vor dem

    Schloß konzentriert standen, zeigten sich, wie übrigens

    auch Unter den Linden, dem Publikum gegenüber

    sehr rücksichtsvoll. Je weiter der Zeiger an

    dem Eckturme des Schlosses rückte, um so mehr vergrößerte

    sich die Masse auf dem Schloßplatz.


                           Eine Ansprache des Kaisers.

                                                        Berlin, 31.Juli.

        

    Der Kaiser hat heute um ¾ 7 Uhr eine Ansprache

    an die vor dem Schlosse  versammelte Volksmenge

    gehalten. Die Worte des Kaisers lauteten:

        Ich danke Euch! Eure Kundgebung war mir

    ein Labsal. Wir sind im  tiefsten Frieden

    in des Wortes wahrer Bedeutung

    überfallen worden durch den Neid

    unserer Feinde, der uns rings umgibt.

        Fünfundzwanzig Jahre habe ich den Frieden missing 

    und gehalten. Nun bin ich gezwungen,

    das Schwert zu ziehen, aber ich hoffe, daß ich es

    mit Ehren wieder einstecken kann. Es werden Euch

    enorme Opfer an Gut und Blut auferlegt

    werden, aber Ihr werdet sie ertragen, das

    weiß ich. Wir werden die Gegner niederzwingen.

    Nun geht in die Kirchen und

    betet zu Gott, daß er dem deutschen Heer und der

    deutschen Sache den Sieg verleihen möge!


            Das Kronprinzenpaar auf dem Balkon des

                             Kronprinzlichen Palais.

        Zwischen der fünften und sechsten Nachmittagsstunde

    versammelte sich eine nach vielen Tausenden

    zählende Menschenmenge vor dem Kronprinzlichen

    Palais. Ebenso wie die Menge vor

    dem Schloß, sangen die versammelten Menschen

    tausendstimmig vaterländische Lieder und brachen

    fortgesetzt in brausende Hochrufe aus. Kurz vor

    sechs Uhr erschienen der Kronprinz und die

    Kronprinzessin auf dem Balkon, mit

    donnerndem Jubel begrüßt. Der Kronprinz, der die

    Litewka trug, winkte ebenso wie seine

    Gemahlin der begeisterten Menge

    dankend zu. Auch als das Kronprinzliche Paar 

    sich wieder von dem  Balkon zurückgezogen hatte,

    verharrten die Tausenden vor dem Palais.


                    Kriegstrauung im Kaiserhause.

        Berlin, 31. Juli.  Heute abend 7 Uhr wurde

    im Königlichen Schlosse Bellevue mit Genehmigung

    Ihrer Majestäten die Vermählung des

    Prinzen Oskar von Preußen mit der

    Gräfin Ina Maria von Bassewitz standesamtlich

    durch den Minister des königlichen Hauses Grafen

    A. zu Eulenburg vollzogen und darauf die kirchliche

    Einsegnung durch den Generalsuperintendenten

    Haendler vorgenommen. Der Feier wohnten die

    kaiserliche Familie und die Angehörigen der Braut

    bei, welche nunmehr den allerhöchst verliehenen

    Titel einer Gräfin von Ruppin führen wird.


                    Eine Ansprache des Reichskanzlers.

        Berlin, 1. Aug.   Gestern um 12 Uhr sammelte

    sich eine große Menschenmenge vor dem

    Reichskanzlerpalais. Der Reichskanzler erschien am

    Mittelfenster des Kongreßsaales und hielt folgende

    Ansprache:  In ernster Stunde sind Sie, um Ihren

    vaterländischen Gesinnungen Ausdruck zu geben,

    vor das Haus Bismarcks gezogen, Bismarcks, der

    uns mit Kaiser Wilhelm dem Großen und Feldmarschall

    Moltke das Deutsche Reich geschenkt hat.

    Wir wollen in dem Reiche, das wir in 44jähriger

    Friedensarbeit ausgebaut haben, auch fernerhin in

    Frieden leben. Das ganze Wirken unsres Kaisers

    war der Erhaltung des Friedens gewidmet. Bis

    in die letzten Tage hat er für den Frieden Europas

    gewirkt und er wirkt noch für ihn. Sollte alles

    Bemühen vergeblich sein, sollte uns das Schwert in

    die Hand gezwungen werden, so werden wir mit

    gutem Gewissen und den [sic] Bewußtsein, nichts als den

    Frieden gewollt zu haben, den Kampf um unsere

    nationale Ehre mit Einsetzung des letzten Blutstropfen

    führen. Im Ernste dieser Stunde erinnere



  • September 21, 2017 21:25:28 Beate Jochem

      item 19        

                                                                               Eisenacher        Zeitung

    verbunden mit

    Tageblatt und Anzeiger für den Eisenacher Kreis


                                                                                  Druck und Verlag :

                                                         Hofbuchdruckerei Eisenach, H.  Kahle,

                                                                                    Inhaber:

                                                                   Paul Kahle und Karl Kahle.


        Die "Eisenacher Zeitung", verbunden mit "Tageblatt und Anzeiger für den Eisenacher

    Kreis", erscheint mit Ausnahme der Feiertage wöchentlich sechsmal, mit "Illustriertem Unter-

    haltungsblatt", Fahrplan und Kalender. Bezugspreis für Eisenach, einschließlich Bringerlohn ,

    monatlich 70 Pf. in Vorauszahlung; durch die Post vierteljährlich 2,10 M. frei ins Haus, bei

    Abholung am Postschalter 1,68 M. Alle Postanstalten sowie die Landbriefträger und unsere Ver-

    treter nehmen Bestellungen entgegen. Einzelne Nummer 10 Pf.


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    lichen Teil 15 Pf. Reklamen nach dem politischen Teil: Petitzeile 40 Pf. Nachweisgebühr aller

    Art: 20 Pf. Annahme der Anzeigen bis vormittag 9 Uhr, größere  > Tags zuvor < .

    Annahme und Vermittlung von Anzeigen für alle Zeitungen der Welt. Beilagegebühr: für

    die Gesamtauflage 50 Pf. bei vierseitigen, 30 Pf. bei zweiseitigen Beilagen, für die Stadtauflage

    40 beziehungsweise 22 Pf.

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    Nr. 178 Geschäftsstelle:              Sonnabend, den 1. August 1914.            Geschäftszeit:            48. Jahrg.
                   Eisenach, Sophienstraße 55/57. Fernsprecher 47.         7 Uhr vormittags bis 6 Uhr nachmittags.  

    _______________________________________________________________________________________________________________


    Vor der Entscheidung über den Weltkrieg. 

     1. Spalte 

    Ein fürchterliches, der Generation von heute bis-
    her fremd gewesenes Wort! Man hat davon in 
    alten Geschichtsbüchern bisher gelesen; nur eine 
    Minderzahl von denen, die heute noch unter uns
    weilen, haben solchen Kriegszustand in deutschen 
    Landen selbst erlebt. Kriegszustand ist noch nicht

    Krieg, hört man da und dort. Eine Tröstung, die

    nur geringen Glauben finden mag. Wenn nicht in

    Petersburg und in Paris die Erleuchtung wie ein 
    Wunder herniedersteigt, dann darf die Menschheit
    alle Hoffnung schwinden lassen. Der Kaiser,

    unser Friedenskaiser , ist, wie eine offenbar

    hochoffiziöse Kundgebung  verlautbart, vom rus-

    sichen Zaren schmählich betrogen

    worden. Das Verhalten der russischen Krone

    schlägt jeder Loyalität ins Gesicht! Nun soll 
    Rußland erfahren, heißt es in jener offi-

    ziösen Auslassung, daß dieser  Abkomme Friedrichs 
    des Großen ein Kriegsfürst sein wird! Hört man 

    schon den Anmarsch unserer Bataillone? Wir dür-

    fen den kommenden Ereignissen ohne Bangen ent-

    gegensehen . Nicht  großsprecherisch und nicht über-

    mütig wollen wir sein; aber wer vielleicht draußen

    in der Welt glaubt, schreibt die  "Nat. Ztg." daß

    das deutsche Volk vom  Schauder blasser Furcht ge-

    schüttelt werde, wie es bei den Leuten jenseits der 

    Grenzen bereits der Fall ist,  so gibt man  sich einer

    regen Täuschung hin. Das  Volk steht auf, 

    der Sturm bricht los. Die Herren an der 

    Newa wollen eine blutige Tragödie inszenieren, ihre

    Freunde an der Seine wollen oder können sie daran 

    nicht hindern: Wohlan! Das Spiel kann 

    beginnen!

     

                           Ultimatum an Rußland.

        Der "Norddeutschen Allg. Ztg." zufolge ließ Kaiser

    Wilhelm Rußland wissen, daß die deutsche

    Mobilmachung in Aussicht steht, falls Rußland

    nicht binnen 12 Stunden seine Kriegsvorbereitungen

    einstellt. Gleichzeitig ist an Frankreich

    die Anfrage über dessen Haltung im Falle

    eines deutsch-russischen Krieges gerichtet worden.


                       Der Reichstag wird einberufen.

        Berlin, 31. Juli. Wie offiziös gemeldet wird,

    ist die Einberufung des Reichstages

    auf Dienstag, den 4. August, in Aussicht genommen.

    Die Eröffnung wird im Weißen Saale des Königlichen

    Schlosses zu Berlin um 1 Uhr nachmittags

    erfolgen. Die kaiserliche Verordnung wegen der

    Berufung steht noch aus.


                Der Reichstag wird einberufen.

        Berlin, 31. Juli. Wie offiziös gemeldet wird,

    ist die Einberufung des Reichstages

    auf Dienstag, den 4. August, in Aussicht genommen.

    die Eröffnung wird im Weißen Saale des Königlichen

    Schlosses zu Berlin um 1 Uhr nachmittags

    erfolgen. Die kaiserliche Verordnung wegen der

    Berufung steht noch aus.


                              Kriegszustand.

        Berlin, 31. Juli. Aus Petersburg ist die

    Nachricht des deutschen Botschafters eingegangen,

    daß die allgemeine Mobilmachung der russischen

    Armee und Flotte befohlen worden ist. Darauf

    hat Se. Majestät der Kaiser den Zustand der

    drohenden Kriegsgefahr befohlen. Se. Majestät

    wird heute nach Berlin übersiedeln.

        Berlin, 31.Juli Nach Artikel 68 der Reichsverfassug

    hat Se. Majestät der Kaiser das Reichsgebiet

    ohne Bayern in den Kriegszustand erklärt.

    Über Bayern ergeht die gleiche Anordnung.

        Berlin, 31. Juli.  Bei militärischen Maßnahmen

    kommen bei drohender Kriegsgefahr hauptsächlich

    in Betracht:

        1. An der Grenze und zum Schutze der Eisenbahnen

            erforderliche Maßnahmen.

        2. Verkehrsbeschränkungen der Post, Telegraphen,

            Eisenbahnen usw. zugunsten des militärischen

            Bedarfs.

         3. Erklärung des Kriegszustandes für das gesamte

             Kriegsgebiet.

         4. Verbot der Veröffentlichung über Truppenbewegungen

             und Verteidigungsmittel. Der

             Kriegszustand ist gleichbedeutend mit dem

             Belagerungszustand in Preußen (Art. 68

             der Reichsverordnung.)

     

     2. Spalte 

                             

                          Die bayerische Verfügung.

        München, 31. Juli. Nach einer königlichen

    Verordnung vom 31. Juli 1914 wird über das gesamte

    Gebiet des Königreichs der Kriegszustand

    verhängt. Für die Pfalz wird das Standrecht

    angeordnet.


                       Die Rückkehr des Kaisers von

                             Potsdam nach Berlin.

                                 In Erwartung.

        Infolge der Gerüchte, daß heute die Mobilisierung

    der deutschen Armee erfolgen solle, hatten sich

    schon am Mittag in den Hauptstraßen des Zentrums

    größere Menschenmassen angesammelt, um die

    neuesten Ereignisse möglichst schnell zu erfahren.

    Gegen 2 Uhr kamen in Autos die ersten Extrablätter

    auf die Straße, die den Boten von

    Dutzenden von Händen entrissen wurden. In wenigen

    Minuten waren Straßen und Plätze mit 

    Tausenden der flatternden Blätter bedeckt. Unter

    den Linden, in der Leipziger Straße und am Potsdamer

    Platz scharten sich sofort dichte Menschenmassen 

    zusammen, die in größter Erregung hin- und

    herwogten, und gegen deren Strom die Schutzleute,

    die den Verkehr zu regeln hatten, machtlos waren.

    Da wurde die Nachricht bekannt, daß der Kaiser

    die Absicht habe, im Laufe des Nachmittags seine

    Residenz im Potsdamer Neuen Palais

    missing

                               Der Einzug des Kaisers.

        Sofort strömten die Massen aus den Straßen in

    der Nähe der Linden dem Brandenburger

    Tore zu, wo sich bald Tausende und Abertausende

    in dichten Menschenmauern aufstellten. Gegen ¾ 3

    Uhr ertönten vom Tiergarten her brausende Hochrufe.

    Die Wache am Brandenburger Tor trat unter

    Gewehr. Die Trommel rasselte und gleich darauf

    durchschnitt der scharfe Klang des Kaiserlichen 

    Hupensignals die Luft. Hinter der Siegesallee tauchte

    das bekannte hellbraune Automobil des

    Kaisers mit der roten Standarte auf. Zehntausendfache

    Hochs erschollen und das Trommelgewirbel

    der Wache ertrank in dem Meere der

    Jubelrufe. Der Kaiser, der die Uniform des Regiments

    Garde du Corps mit dem Stahlhelm trug,

    dankte unaufhörlich nach allen Seiten. Er wie die

    Kaiserin waren ernsten Antlitzes. Als das Kaiserliche

    Auto den Pariser Platz hinter sich gelassen

    hatte und in die Linden einlenkte, durchbrachen die

    Menschenmassen von beiden Seiten die dünnen

    Schutzmannsketten, die schon seit der Mittagsstunde

    aufgestellt waren. In tosender Begeisterung drängten

    sich Tausende von Menschen um den Wagen und

    jubelten dem Kaiserpaare zu. Nur langsam konnte

    sich der Wagen unter unausgesetzten Hupensignalen

    einen Weg durch die Menge bahnen. Dicht hinter

    dem Kaiserlichen Auto fuhr der bekannte dunkle

    Kraftwagen des Kronprinzen. Der Thronfolger,

    der die Uniform seiner Danziger Leibhusaren

    trug, wurde ebenso wie seine Gemahlin mit der

    gleichen Begeisterung wie das Kaiserpaar begrüßt.

    Zwischen beiden saß der älteste Sohn, Prinz Wilhelm.

    Auch das Automobil des Prinzen mußte,

    besonders zwischen der Wilhelmstraße und der

    Friedrichstraße, mehrere Male im Schritt fahren,

    um kein Unheil in der freudig erregten Menge

    anzurichten. Im dritten Auto saß Prinz Adalbert

    sowie das Prinzenpaar August Wilhelm.

    Auf dem Schloßplatz wurden die Hofautomobile von

    einer vieltausendköpfigen Menge empfangen, die in

    brausende Hochrufe ausbrach, als der Wagen des

    Kaisers auf der Schloßbrücke erschien und die

    Purpurstandarte über dem alten Schlosse der

    Hohenzollern emporstieg.

                                  Vor dem Schloß.

        Die Menschenmassen, die das Kaiserpaar Unter

    den Linden begrüßt hatten, fluteten nun die Linden

    herunter dem Schlosse zu. Bald standen auf

    dem Platze zwischen Schlosse und dem Lustgarten

    Menschenmengen, wie sie der Platz wohl selten

    gesehen haben mag. Die allgemeine begeisterte

    Erregung hatte jetzt ihren Höhepunkt erreicht. An

    den Kandelabern in der Mitte des Platzes stiegen

    Leute hinauf, die tausendstimmig erwiderte Hochs

    auf den Kaiser ausbrachten. Immer wieder schollen

    die von allen Seiten freudig aufgenommenen

    Jubelrufe zu den Fenstern des Schlosses empor.

    "Heil dir, im Siegerkranz," "Deutschland, Deutschland

    über alles" und "Ich bin ein Preuße, kennt


     3. Spalte 

    ihr meine Farben", wurden abwechselnd gesungen.

    Wenige Minuten nach 4 Uhr wurde das eiserne

    Hauptportal des Schlosses geöffnet und im  Auto 

    fuhr der Reichskanzler von Bethmann Hollweg in

    Begleitung seines Adjutanten des Freiherrn von

    Sell heraus. Der Kanzler wurde mit lauten Zurufen

    begrüßt und dankte, indem er das Haupt entblößte.

    Bald darauf verließ auch Prinz Heinrich,

    von der Menge lebhaft begrüßt, das Schloß. Unbeweglich

    standen die Massen. Die Schutzleute, die

    in großer Zahl zu Pferde und zu Fuß vor dem

    Schloß konzentriert standen, zeigten sich, wie übrigens

    auch Unter den Linden, dem Publikum gegenüber

    sehr rücksichtsvoll. Je weiter der Zeiger an

    dem Eckturme des Schlosses rückte, um so mehr vergrößerte

    sich die Masse auf dem Schloßplatz.


                           Eine Ansprache des Kaisers.

                                                        Berlin, 31.Juli.

        

    Der Kaiser hat heute um 3/4 7 Uhr eine Ansprache

    an die vor dem Schlosse  versammelte Volksmenge

    gehalten. Die Worte des Kaisers lauteten:

        Ich danke Euch! Eure Kundgebung war mir

    ein Labsal. Wir sind im  tiefsten Frieden

    in des Wortes wahrer Bedeutung

    überfallen worden durch den Neid

    unserer Feinde, der uns rings umgibt.

        Fünfundzwanzig Jahre habe ich den Frieden missing 

    und gehalten. Nun bin ich gezwungen,

    das Schwert zu ziehen, aber ich hoffe, daß ich es

    mit Ehren wieder einstecken kann. Es werden Euch

    enorme Opfer an Gut und Blut auferlegt

    werden, aber Ihr werdet sie ertragen, das

    weiß ich. Wir werden die Gegner niederzwingen.

    Nun geht in die Kirchen und

    betet zu Gott, daß er dem deutschen Heer und der

    deutschen Sache den Sieg verleihen möge!


            Das Kronprinzenpaar auf dem Balkon des

                             Kronprinzlichen Palais.

        Zwischen der fünften und sechsten Nachmittagsstunde

    versammelte sich eine nach vielen Tausenden

    zählende Menschenmenge vor dem Kronprinzlichen

    Palais. Ebenso wie die Menge vor

    dem Schloß, sangen die versammelten Menschen

    tausendstimmig vaterländische Lieder und brachen

    fortgesetzt in brausende Hochrufe aus. Kurz vor

    sechs Uhr erschienen der Kronprinz und die

    Kronprinzessin auf dem Balkon, mit

    donnerndem Jubel begrüßt. Der Kronprinz, der die

    Litewka trug, winkte ebenso wie seine

    Gemahlin der begeisterten Menge

    dankend zu. Auch als das Kronprinzliche Paar 

    sich wieder von dem  Balkon zurückgezogen hatte,

    verharrten die Tausenden vor dem Palais.


                    Kriegstrauung im Kaiserhause.

        Berlin, 31. Juli.  Heute abend 7 Uhr wurde

    im Königlichen Schlosse Bellevue mit Genehmigung

    Ihrer Majestäten die Vermählung des

    Prinzen Oskar von Preußen mit der

    Gräfin Ina Maria von Bassewitz standesamtlich

    durch den Minister des königlichen Hauses Grafen

    A. zu Eulenburg vollzogen und darauf die kirchliche

    Einsegnung durch den Generalsuperintendenten

    Haendler vorgenommen. Der Feier wohnten die

    kaiserliche Familie und die Angehörigen der Braut

    bei, welche nunmehr den allerhöchst verliehenen

    Titel einer Gräfin von Ruppin führen wird.


                    Eine Ansprache des Reichskanzlers.

        Berlin, 1. Aug.   Gestern um 12 Uhr sammelte

    sich eine große Menschenmenge vor dem

    Reichskanzlerpalais. Der Reichskanzler erschien am

    Mittelfenster des Kongreßsaales und hielt folgende

    Ansprache:  In ernster Stunde sind Sie, um Ihren

    vaterländischen Gesinnungen Ausdruck zu geben,

    vor das Haus Bismarcks gezogen, Bismarcks, der

    uns mit Kaiser Wilhelm dem Großen und Feldmarschall

    Moltke das Deutsche Reich geschenkt hat.

    Wir wollen in dem Reiche, das wir in 44jähriger

    Friedensarbeit ausgebaut haben, auch fernerhin in

    Frieden leben. Das ganze Wirken unsres Kaisers

    war der Erhaltung des Friedens gewidmet. Bis

    in die letzten Tage hat er für den Frieden Europas

    gewirkt und er wirkt noch für ihn. Sollte alles

    Bemühen vergeblich sein, sollte uns das Schwert in

    die Hand gezwungen werden, so werden wir mit

    gutem Gewissen und den [sic] Bewußtsein, nichts als den

    Frieden gewollt zu haben, den Kampf um unsere

    nationale Ehre mit Einsetzung des letzten Blutstropfen

    führen. Im Ernste dieser Stunde erinnere



  • September 21, 2017 21:16:45 Beate Jochem

      item 19        

                                                                               Eisenacher        Zeitung

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                                                         Hofbuchdruckerei Eisenach, H.  Kahle,

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                                                                   Paul Kahle und Karl Kahle.


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    monatlich 70 Pf. in Vorauszahlung; durch die Post vierteljährlich 2,10 M. frei ins Haus, bei

    Abholung am Postschalter 1,68 M. Alle Postanstalten sowie die Landbriefträger und unsere Ver-

    treter nehmen Bestellungen entgegen. Einzelne Nummer 10 Pf.


        Anzeigenpreis für Eisenach 10 Pf. für die einspaltige Petitzeile, für auswärts und im amt-

    lichen Teil 15 Pf. Reklamen nach dem politischen Teil: Petitzeile 40 Pf. Nachweisgebühr aller

    Art: 20 Pf. Annahme der Anzeigen bis vormittag 9 Uhr, größere  > Tags zuvor < .

    Annahme und Vermittlung von Anzeigen für alle Zeitungen der Welt. Beilagegebühr: für

    die Gesamtauflage 50 Pf. bei vierseitigen, 30 Pf. bei zweiseitigen Beilagen, für die Stadtauflage

    40 beziehungsweise 22 Pf.

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    _______________________________________________________________________________________________________________


    Vor der Entscheidung über den Weltkrieg. 

     1. Spalte 

    Ein fürchterliches, der Generation von heute bis-
    her fremd gewesenes Wort! Man hat davon in 
    alten Geschichtsbüchern bisher gelesen; nur eine 
    Minderzahl von denen, die heute noch unter uns
    weilen, haben solchen Kriegszustand in deutschen 
    Landen selbst erlebt. Kriegszustand ist noch nicht

    Krieg, hört man da und dort. Eine Tröstung, die

    nur geringen Glauben finden mag. Wenn nicht in

    Petersburg und in Paris die Erleuchtung wie ein 
    Wunder herniedersteigt, dann darf die Menschheit
    alle Hoffnung schwinden lassen. Der Kaiser,

    unser Friedenskaiser , ist, wie eine offenbar

    hochoffiziöse Kundgebung  verlautbart, vom rus-

    sichen Zaren schmählich betrogen

    worden. Das Verhalten der russischen Krone

    schlägt jeder Loyalität ins Gesicht! Nun soll 
    Rußland erfahren, heißt es in jener offi-

    ziösen Auslassung, daß dieser  Abkomme Friedrichs 
    des Großen ein Kriegsfürst sein wird! Hört man 

    schon den Anmarsch unserer Bataillone? Wir dür-

    fen den kommenden Ereignissen ohne Bangen ent-

    gegensehen . Nicht  großsprecherisch und nicht über-

    mütig wollen wir sein; aber wer vielleicht draußen

    in der Welt glaubt, schreibt die  "Nat. Ztg." daß

    das deutsche Volk vom  Schauder blasser Furcht ge-

    schüttelt werde, wie es bei den Leuten jenseits der 

    Grenzen bereits der Fall ist,  so gibt man  sich einer

    regen Täuschung hin. Das  Volk steht auf, 

    der Sturm bricht los. Die Herren an der 

    Newa wollen eine blutige Tragödie inszenieren, ihre

    Freunde an der Seine wollen oder können sie daran 

    nicht hindern: Wohlan! Das Spiel kann 

    beginnen!

     

                           Ultimatum an Rußland.

        Der "Norddeutschen Allg. Ztg." zufolge ließ Kaiser

    Wilhelm Rußland wissen, daß die deutsche

    Mobilmachung in Aussicht steht, falls Rußland

    nicht binnen 12 Stunden seine Kriegsvorbereitungen

    einstellt. Gleichzeitig ist an Frankreich

    die Anfrage über dessen Haltung im Falle

    eines deutsch-russischen Krieges gerichtet worden.


                       Der Reichstag wird einberufen.

        Berlin, 31. Juli. Wie offiziös gemeldet wird,

    ist die Einberufung des Reichstages

    auf Dienstag, den 4. August, in Aussicht genommen.

    Die Eröffnung wird im Weißen Saale des Königlichen

    Schlosses zu Berlin um 1 Uhr nachmittags

    erfolgen. Die kaiserliche Verordnung wegen der

    Berufung steht noch aus.


                Der Reichstag wird einberufen.

        Berlin, 31. Juli. Wie offiziös gemeldet wird,

    ist die Einberufung des Reichstages

    auf Dienstag, den 4. August, in Aussicht genommen.

    die Eröffnung wird im Weißen Saale des Königlichen

    Schlosses zu Berlin um 1 Uhr nachmittags

    erfolgen. Die kaiserliche Verordnung wegen der

    Berufung steht noch aus.


                              Kriegszustand.

        Berlin, 31. Juli. Aus Petersburg ist die

    Nachricht des deutschen Botschafters eingegangen,

    daß die allgemeine Mobilmachung der russischen

    Armee und Flotte befohlen worden ist. Darauf

    hat Se. Majestät der Kaiser den Zustand der

    drohenden Kriegsgefahr befohlen. Se. Majestät

    wird heute nach Berlin übersiedeln.

        Berlin, 31.Juli Nach Artikel 68 der Reichsverfassug

    hat Se. Majestät der Kaiser das Reichsgebiet

    ohne Bayern in den Kriegszustand erklärt.

    Über Bayern ergeht die gleiche Anordnung.

        Berlin, 31. Juli.  Bei militärischen Maßnahmen

    kommen bei drohender Kriegsgefahr hauptsächlich

    in Betracht:

        1. An der Grenze und zum Schutze der Eisenbahnen

            erforderliche Maßnahmen.

        2. Verkehrsbeschränkungen der Post, Telegraphen,

            Eisenbahnen usw. zugunsten des militärischen

            Bedarfs.

         3. Erklärung des Kriegszustandes für das gesamte

             Kriegsgebiet.

         4. Verbot der Veröffentlichung über Truppenbewegungen

             und Verteidigungsmittel. Der

             Kriegszustand ist gleichbedeutend mit dem

             Belagerungszustand in Preußen (Art. 68

             der Reichsverordnung.)

     

     2. Spalte 

                             

                          Die bayerische Verfügung.

        München, 31. Juli. Nach einer königlichen

    Verordnung vom 31. Juli 1914 wird über das gesamte

    Gebiet des Königreichs der Kriegszustand

    verhängt. Für die Pfalz wird das Standrecht

    angeordnet.


                       Die Rückkehr des Kaisers von

                             Potsdam nach Berlin.

                                 In Erwartung.

        Infolge der Gerüchte, daß heute die Mobilisierung

    der deutschen Armee erfolgen solle, hatten sich

    schon am Mittag in den Hauptstraßen des Zentrums

    größere Menschenmassen angesammelt, um die

    neuesten Ereignisse möglichst schnell zu erfahren.

    Gegen 2 Uhr kamen in Autos die ersten Extrablätter

    auf die Straße, die den Boten von

    Dutzenden von Händen entrissen wurden. In wenigen

    Minuten waren Straßen und Plätze mit 

    Tausenden der flatternden Blätter bedeckt. Unter

    den Linden, in der Leipziger Straße und am Potsdamer

    Platz scharten sich sofort dichte Menschenmassen 

    zusammen, die in größter Erregung hin- und

    herwogten, und gegen deren Strom die Schutzleute,

    die den Verkehr zu regeln hatten, machtlos waren.

    Da wurde die Nachricht bekannt, daß der Kaiser

    die Absicht habe, im Laufe des Nachmittags seine

    Residenz im Potsdamer Neuen Palais

    missing

                               Der Einzug des Kaisers.

        Sofort strömten die Massen aus den Straßen in

    der Nähe der Linden dem Brandenburger

    Tore zu, wo sich bald Tausende und Abertausende

    in dichten Menschenmauern aufstellten. Gegen ¾ 3

    Uhr ertönten vom Tiergarten her brausende Hochrufe.

    Die Wache am Brandenburger Tor trat unter

    Gewehr. Die Trommel rasselte und gleich darauf

    durchschnitt der scharfe Klang des Kaiserlichen 

    Hupensignals die Luft. Hinter der Siegesallee tauchte

    das bekannte hellbraune Automobil des

    Kaisers mit der roten Standarte auf. Zehntausendfache

    Hochs erschollen und das Trommelgewirbel

    der Wache ertrank in dem Meere der

    Jubelrufe. Der Kaiser, der die Uniform des Regiments

    Garde du Corps mit dem Stahlhelm trug,

    dankte unaufhörlich nach allen Seiten. Er wie die

    Kaiserin waren ernsten Antlitzes. Als das Kaiserliche

    Auto den Pariser Platz hinter sich gelassen

    hatte und in die Linden einlenkte, durchbrachen die

    Menschenmassen von beiden Seiten die dünnen

    Schutzmannsketten, die schon seit der Mittagsstunde

    aufgestellt waren. In tosender Begeisterung drängten

    sich Tausende von Menschen um den Wagen und

    jubelten dem Kaiserpaare zu. Nur langsam konnte

    sich der Wagen unter unausgesetzten Hupensignalen

    einen Weg durch die Menge bahnen. Dicht hinter

    dem Kaiserlichen Auto fuhr der bekannte dunkle

    Kraftwagen des Kronprinzen. Der Thronfolger,

    der die Uniform seiner Danziger Leibhusaren

    trug, wurde ebenso wie seine Gemahlin mit der

    gleichen Begeisterung wie das Kaiserpaar begrüßt.

    Zwischen beiden saß der älteste Sohn, Prinz Wilhelm.

    Auch das Automobil des Prinzen mußte,

    besonders zwischen der Wilhelmstraße und der

    Friedrichstraße, mehrere Male im Schritt fahren,

    um kein Unheil in der freudig erregten Menge

    anzurichten. Im dritten Auto saß Prinz Adalbert

    sowie das Prinzenpaar August Wilhelm.

    Auf dem Schloßplatz wurden die Hofautomobile von

    einer vieltausendköpfigen Menge empfangen, die in

    brausende Hochrufe ausbrach, als der Wagen des

    Kaisers auf der Schloßbrücke erschien und die

    Purpurstandarte über dem alten Schlosse der

    Hohenzollern emporstieg.

                                  Vor dem Schloß.

        Die Menschenmassen, die das Kaiserpaar Unter

    den Linden begrüßt hatten, fluteten nun die Linden

    herunter dem Schlosse zu. Bald standen auf

    dem Platze zwischen Schlosse und dem Lustgarten

    Menschenmengen, wie sie der Platz wohl selten

    gesehen haben mag. Die allgemeine begeisterte

    Erregung hatte jetzt ihren Höhepunkt erreicht. An

    den Kandelabern in der Mitte des Platzes stiegen

    Leute hinauf, die tausendstimmig erwiderte Hochs

    auf den Kaiser ausbrachten. Immer wieder schollen

    die von allen Seiten freudig aufgenommenen

    Jubelrufe zu den Fenstern des Schlosses empor.

    "Heil dir, im Siegerkranz," "Deutschland, Deutschland

    über alles" und "Ich bin ein Preuße, kennt


     3. Spalte 

    ihr meine Farben", wurden abwechselnd gesungen.

    Wenige Minuten nach 4 Uhr wurde das eiserne

    Hauptportal des Schlosses geöffnet und im  Auto 

    fuhr der Reichskanzler von Bethmann Hollweg in

    Begleitung seines Adjutanten des Freiherrn von

    Sell heraus. Der Kanzler wurde mit lauten Zurufen

    begrüßt und dankte, indem er das Haupt entblößte.

    Bald darauf verließ auch Prinz Heinrich,

    von der Menge lebhaft begrüßt, das Schloß. Unbeweglich

    standen die Massen. Die Schutzleute, die

    in großer Zahl zu Pferde und zu Fuß vor dem

    Schloß konzentriert standen, zeigten sich, wie übrigens

    auch Unter den Linden, dem Publikum gegenüber

    sehr rücksichtsvoll. Je weiter der Zeiger an

    dem Eckturme des Schlosses rückte, um so mehr vergrößerte

    sich die Masse auf dem Schloßplatz.


                           Eine Ansprache des Kaisers.

                                                        Berlin, 31.Juli.

        

    Der Kaiser hat heute um 3/4 7 Uhr eine Ansprache

    an die vor dem Schlosse  versammelte Volksmenge

    gehalten. Die Worte des Kaisers lauteten:

        Ich danke Euch! Eure Kundgebung war mir

    ein Labsal. Wir sind im  tiefsten Frieden

    in des Wortes wahrer Bedeutung

    überfallen worden durch den Neid

    unserer Feinde, der uns rings umgibt.

        Fünfundzwanzig Jahre habe ich den Frieden missing 

    und gehalten. Nun bin ich gezwungen,

    das Schwert zu ziehen, aber ich hoffe, daß ich es

    mit Ehren wieder einstecken kann. Es werden Euch

    enorme Opfer an Gut und Blut auferlegt

    werden, aber Ihr werdet sie ertragen, das

    weiß ich. Wir werden die Gegner niederzwingen.

    Nun geht in die Kirchen und

    betet zu Gott, daß er dem deutschen Heer und der

    deutschen Sache den Sieg verleihen möge!


            Das Kronprinzenpaar auf dem Balkon des

                             Kronprinzlichen Palais.

        Zwischen der fünften und sechsten Nachmittagsstunde

    versammelte sich eine nach vielen Tausenden

    zählende Menschenmenge vor dem Kronprinzlichen

    Palais. Ebenso wie die Menge vor

    dem Schloß, sangen die versammelten Menschen

    tausendstimmig vaterländische Lieder und brachen

    fortgesetzt in brausende Hochrufe aus. Kurz vor

    sechs Uhr erschienen der Kronprinz und die

    Kronprinzessin auf dem Balkon, mit

    donnerndem Jubel begrüßt. Der Kronprinz, der die

    Litewka trug, winkte ebenso wie seine

    Gemahlin der begeisterten Menge

    dankend zu. Auch als das Kronprinzliche Paar 

    sich wieder von dem  Balkon zurückgezogen hatte,

    verharrten die Tausenden vor dem Palais.


                    Kriegstrauung im Kaiserhause.

        Berlin, 31. Juli.  Heute abend 7 Uhr wurde

    im Königlichen Schlosse Bellevue mit Genehmigung

    Ihrer Majestäten die Vermählung des

    Prinzen Oskar von Preußen mit der

    Gräfin Ina Maria von Bassewitz standesamtlich

    durch den Minister des königlichen Hauses Grafen

    A. zu Eulenburg vollzogen und darauf die kirchliche

    Einsegnung durch den Generalsuperintendenten

    Haendler vorgenommen. Der Feier wohnten die

    kaiserliche Familie und die Angehörigen der Braut

    bei, welche nunmehr den allerhöchst verliehenen

    Titel einer Gräfin von Ruppin führen wird.



  • September 21, 2017 21:16:36 Beate Jochem

      item 19        

                                                                               Eisenacher        Zeitung

    verbunden mit

    Tageblatt und Anzeiger für den Eisenacher Kreis


                                                                                  Druck und Verlag :

                                                         Hofbuchdruckerei Eisenach, H.  Kahle,

                                                                                    Inhaber:

                                                                   Paul Kahle und Karl Kahle.


        Die "Eisenacher Zeitung", verbunden mit "Tageblatt und Anzeiger für den Eisenacher

    Kreis", erscheint mit Ausnahme der Feiertage wöchentlich sechsmal, mit "Illustriertem Unter-

    haltungsblatt", Fahrplan und Kalender. Bezugspreis für Eisenach, einschließlich Bringerlohn ,

    monatlich 70 Pf. in Vorauszahlung; durch die Post vierteljährlich 2,10 M. frei ins Haus, bei

    Abholung am Postschalter 1,68 M. Alle Postanstalten sowie die Landbriefträger und unsere Ver-

    treter nehmen Bestellungen entgegen. Einzelne Nummer 10 Pf.


        Anzeigenpreis für Eisenach 10 Pf. für die einspaltige Petitzeile, für auswärts und im amt-

    lichen Teil 15 Pf. Reklamen nach dem politischen Teil: Petitzeile 40 Pf. Nachweisgebühr aller

    Art: 20 Pf. Annahme der Anzeigen bis vormittag 9 Uhr, größere  > Tags zuvor < .

    Annahme und Vermittlung von Anzeigen für alle Zeitungen der Welt. Beilagegebühr: für

    die Gesamtauflage 50 Pf. bei vierseitigen, 30 Pf. bei zweiseitigen Beilagen, für die Stadtauflage

    40 beziehungsweise 22 Pf.

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    Nr. 178 Geschäftsstelle:              Sonnabend, den 1. August 1914.            Geschäftszeit:            48. Jahrg.
                   Eisenach, Sophienstraße 55/57. Fernsprecher 47.         7 Uhr vormittags bis 6 Uhr nachmittags.  

    _______________________________________________________________________________________________________________


    Vor der Entscheidung über den Weltkrieg. 

     1. Spalte 

    Ein fürchterliches, der Generation von heute bis-
    her fremd gewesenes Wort! Man hat davon in 
    alten Geschichtsbüchern bisher gelesen; nur eine 
    Minderzahl von denen, die heute noch unter uns
    weilen, haben solchen Kriegszustand in deutschen 
    Landen selbst erlebt. Kriegszustand ist noch nicht

    Krieg, hört man da und dort. Eine Tröstung, die

    nur geringen Glauben finden mag. Wenn nicht in

    Petersburg und in Paris die Erleuchtung wie ein 
    Wunder herniedersteigt, dann darf die Menschheit
    alle Hoffnung schwinden lassen. Der Kaiser,

    unser Friedenskaiser , ist, wie eine offenbar

    hochoffiziöse Kundgebung  verlautbart, vom rus-

    sichen Zaren schmählich betrogen

    worden. Das Verhalten der russischen Krone

    schlägt jeder Loyalität ins Gesicht! Nun soll 
    Rußland erfahren, heißt es in jener offi-

    ziösen Auslassung, daß dieser  Abkomme Friedrichs 
    des Großen ein Kriegsfürst sein wird! Hört man 

    schon den Anmarsch unserer Bataillone? Wir dür-

    fen den kommenden Ereignissen ohne Bangen ent-

    gegensehen . Nicht  großsprecherisch und nicht über-

    mütig wollen wir sein; aber wer vielleicht draußen

    in der Welt glaubt, schreibt die  "Nat. Ztg." daß

    das deutsche Volk vom  Schauder blasser Furcht ge-

    schüttelt werde, wie es bei den Leuten jenseits der 

    Grenzen bereits der Fall ist,  so gibt man  sich einer

    regen Täuschung hin. Das  Volk steht auf, 

    der Sturm bricht los. Die Herren an der 

    Newa wollen eine blutige Tragödie inszenieren, ihre

    Freunde an der Seine wollen oder können sie daran 

    nicht hindern: Wohlan! Das Spiel kann 

    beginnen!

     

                           Ultimatum an Rußland.

        Der "Norddeutschen Allg. Ztg." zufolge ließ Kaiser

    Wilhelm Rußland wissen, daß die deutsche

    Mobilmachung in Aussicht steht, falls Rußland

    nicht binnen 12 Stunden seine Kriegsvorbereitungen

    einstellt. Gleichzeitig ist an Frankreich

    die Anfrage über dessen Haltung im Falle

    eines deutsch-russischen Krieges gerichtet worden.


                       Der Reichstag wird einberufen.

        Berlin, 31. Juli. Wie offiziös gemeldet wird,

    ist die Einberufung des Reichstages

    auf Dienstag, den 4. August, in Aussicht genommen.

    Die Eröffnung wird im Weißen Saale des Königlichen

    Schlosses zu Berlin um 1 Uhr nachmittags

    erfolgen. Die kaiserliche Verordnung wegen der

    Berufung steht noch aus.


                Der Reichstag wird einberufen.

        Berlin, 31. Juli. Wie offiziös gemeldet wird,

    ist die Einberufung des Reichstages

    auf Dienstag, den 4. August, in Aussicht genommen.

    die Eröffnung wird im Weißen Saale des Königlichen

    Schlosses zu Berlin um 1 Uhr nachmittags

    erfolgen. Die kaiserliche Verordnung wegen der

    Berufung steht noch aus.


                              Kriegszustand.

        Berlin, 31. Juli. Aus Petersburg ist die

    Nachricht des deutschen Botschafters eingegangen,

    daß die allgemeine Mobilmachung der russischen

    Armee und Flotte befohlen worden ist. Darauf

    hat Se. Majestät der Kaiser den Zustand der

    drohenden Kriegsgefahr befohlen. Se. Majestät

    wird heute nach Berlin übersiedeln.

        Berlin, 31.Juli Nach Artikel 68 der Reichsverfassug

    hat Se. Majestät der Kaiser das Reichsgebiet

    ohne Bayern in den Kriegszustand erklärt.

    Über Bayern ergeht die gleiche Anordnung.

        Berlin, 31. Juli.  Bei militärischen Maßnahmen

    kommen bei drohender Kriegsgefahr hauptsächlich

    in Betracht:

        1. An der Grenze und zum Schutze der Eisenbahnen

            erforderliche Maßnahmen.

        2. Verkehrsbeschränkungen der Post, Telegraphen,

            Eisenbahnen usw. zugunsten des militärischen

            Bedarfs.

         3. Erklärung des Kriegszustandes für das gesamte

             Kriegsgebiet.

         4. Verbot der Veröffentlichung über Truppenbewegungen

             und Verteidigungsmittel. Der

             Kriegszustand ist gleichbedeutend mit dem

             Belagerungszustand in Preußen (Art. 68

             der Reichsverordnung.)

     

     2. Spalte 

                             

                          Die bayerische Verfügung.

        München, 31. Juli. Nach einer königlichen

    Verordnung vom 31. Juli 1914 wird über das gesamte

    Gebiet des Königreichs der Kriegszustand

    verhängt. Für die Pfalz wird das Standrecht

    angeordnet.


                       Die Rückkehr des Kaisers von

                             Potsdam nach Berlin.

                                 In Erwartung.

        Infolge der Gerüchte, daß heute die Mobilisierung

    der deutschen Armee erfolgen solle, hatten sich

    schon am Mittag in den Hauptstraßen des Zentrums

    größere Menschenmassen angesammelt, um die

    neuesten Ereignisse möglichst schnell zu erfahren.

    Gegen 2 Uhr kamen in Autos die ersten Extrablätter

    auf die Straße, die den Boten von

    Dutzenden von Händen entrissen wurden. In wenigen

    Minuten waren Straßen und Plätze mit 

    Tausenden der flatternden Blätter bedeckt. Unter

    den Linden, in der Leipziger Straße und am Potsdamer

    Platz scharten sich sofort dichte Menschenmassen 

    zusammen, die in größter Erregung hin- und

    herwogten, und gegen deren Strom die Schutzleute,

    die den Verkehr zu regeln hatten, machtlos waren.

    Da wurde die Nachricht bekannt, daß der Kaiser

    die Absicht habe, im Laufe des Nachmittags seine

    Residenz im Potsdamer Neuen Palais

    missing

                               Der Einzug des Kaisers.

        Sofort strömten die Massen aus den Straßen in

    der Nähe der Linden dem Brandenburger

    Tore zu, wo sich bald Tausende und Abertausende

    in dichten Menschenmauern aufstellten. Gegen ¾ 3

    Uhr ertönten vom Tiergarten her brausende Hochrufe.

    Die Wache am Brandenburger Tor trat unter

    Gewehr. Die Trommel rasselte und gleich darauf

    durchschnitt der scharfe Klang des Kaiserlichen 

    Hupensignals die Luft. Hinter der Siegesallee tauchte

    das bekannte hellbraune Automobil des

    Kaisers mit der roten Standarte auf. Zehntausendfache

    Hochs erschollen und das Trommelgewirbel

    der Wache ertrank in dem Meere der

    Jubelrufe. Der Kaiser, der die Uniform des Regiments

    Garde du Corps mit dem Stahlhelm trug,

    dankte unaufhörlich nach allen Seiten. Er wie die

    Kaiserin waren ernsten Antlitzes. Als das Kaiserliche

    Auto den Pariser Platz hinter sich gelassen

    hatte und in die Linden einlenkte, durchbrachen die

    Menschenmassen von beiden Seiten die dünnen

    Schutzmannsketten, die schon seit der Mittagsstunde

    aufgestellt waren. In tosender Begeisterung drängten

    sich Tausende von Menschen um den Wagen und

    jubelten dem Kaiserpaare zu. Nur langsam konnte

    sich der Wagen unter unausgesetzten Hupensignalen

    einen Weg durch die Menge bahnen. Dicht hinter

    dem Kaiserlichen Auto fuhr der bekannte dunkle

    Kraftwagen des Kronprinzen. Der Thronfolger,

    der die Uniform seiner Danziger Leibhusaren

    trug, wurde ebenso wie seine Gemahlin mit der

    gleichen Begeisterung wie das Kaiserpaar begrüßt.

    Zwischen beiden saß der älteste Sohn, Prinz Wilhelm.

    Auch das Automobil des Prinzen mußte,

    besonders zwischen der Wilhelmstraße und der

    Friedrichstraße, mehrere Male im Schritt fahren,

    um kein Unheil in der freudig erregten Menge

    anzurichten. Im dritten Auto saß Prinz Adalbert

    sowie das Prinzenpaar August Wilhelm.

    Auf dem Schloßplatz wurden die Hofautomobile von

    einer vieltausendköpfigen Menge empfangen, die in

    brausende Hochrufe ausbrach, als der Wagen des

    Kaisers auf der Schloßbrücke erschien und die

    Purpurstandarte über dem alten Schlosse der

    Hohenzollern emporstieg.

                                  Vor dem Schloß.

        Die Menschenmassen, die das Kaiserpaar Unter

    den Linden begrüßt hatten, fluteten nun die Linden

    herunter dem Schlosse zu. Bald standen auf

    dem Platze zwischen Schlosse und dem Lustgarten

    Menschenmengen, wie sie der Platz wohl selten

    gesehen haben mag. Die allgemeine begeisterte

    Erregung hatte jetzt ihren Höhepunkt erreicht. An

    den Kandelabern in der Mitte des Platzes stiegen

    Leute hinauf, die tausendstimmig erwiderte Hochs

    auf den Kaiser ausbrachten. Immer wieder schollen

    die von allen Seiten freudig aufgenommenen

    Jubelrufe zu den Fenstern des Schlosses empor.

    "Heil dir, im Siegerkranz," "Deutschland, Deutschland

    über alles" und "Ich bin ein Preuße, kennt


     3. Spalte 

    ihr meine Farben", wurden abwechselnd gesungen.

    Wenige Minuten nach 4 Uhr wurde das eiserne

    Hauptportal des Schlosses geöffnet und im  Auto 

    fuhr der Reichskanzler von Bethmann Hollweg in

    Begleitung seines Adjutanten des Freiherrn von

    Sell heraus. Der Kanzler wurde mit lauten Zurufen

    begrüßt und dankte, indem er das Haupt entblößte.

    Bald darauf verließ auch Prinz Heinrich,

    von der Menge lebhaft begrüßt, das Schloß. Unbeweglich

    standen die Massen. Die Schutzleute, die

    in großer Zahl zu Pferde und zu Fuß vor dem

    Schloß konzentriert standen, zeigten sich, wie übrigens

    auch Unter den Linden, dem Publikum gegenüber

    sehr rücksichtsvoll. Je weiter der Zeiger an

    dem Eckturme des Schlosses rückte, um so mehr vergrößerte

    sich die Masse auf dem Schloßplatz.


                           Eine Ansprache des Kaisers.

                                                        Berlin, 31.Juli.

        

    Der Kaiser hat heute um 3/4 7 Uhr eine Ansprache

    an die vor dem Schlosse  versammelte Volksmenge

    gehalten. Die Worte des Kaisers lauteten:

        Ich danke Euch! Eure Kundgebung war mir

    ein Labsal. Wir sind im  tiefsten Frieden

    in des Wortes wahrer Bedeutung

    überfallen worden durch den Neid

    unserer Feinde, der uns rings umgibt.

        Fünfundzwanzig Jahre habe ich den Frieden missing 

    und gehalten. Nun bin ich gezwungen,

    das Schwert zu ziehen, aber ich hoffe, daß ich es

    mit Ehren wieder einstecken kann. Es werden Euch

    enorme Opfer an Gut und Blut auferlegt

    werden, aber Ihr werdet sie ertragen, das

    weiß ich. Wir werden die Gegner niederzwingen.

    Nun geht in die Kirchen und

    betet zu Gott, daß er dem deutschen Heer und der

    deutschen Sache den Sieg verleihen möge!


            Das Kronprinzenpaar auf dem Balkon des

                             Kronprinzlichen Palais.

        Zwischen der fünften und sechsten Nachmittagsstunde

    versammelte sich eine nach vielen Tausenden

    zählende Menschenmenge vor dem Kronprinzlichen

    Palais. Ebenso wie die Menge vor

    dem Schloß, sangen die versammelten Menschen

    tausendstimmig vaterländische Lieder und brachen

    fortgesetzt in brausende Hochrufe aus. Kurz vor

    sechs Uhr erschienen der Kronprinz und die

    Kronprinzessin auf dem Balkon, mit

    donnerndem Jubel begrüßt. Der Kronprinz, der die

    Litewka trug, winkte ebenso wie seine

    Gemahlin der begeisterten Menge

    dankend zu. Auch als das Kronprinzliche Paar 

    sich wieder von dem  Balkon zurückgezogen hatte,

    verharrten die Tausenden vor dem Palais.


    Kriegstrauung im Kaiserhause.

        Berlin, 31. Juli.  Heute abend 7 Uhr wurde

    im Königlichen Schlosse Bellevue mit Genehmigung

    Ihrer Majestäten die Vermählung des

    Prinzen Oskar von Preußen mit der

    Gräfin Ina Maria von Bassewitz standesamtlich

    durch den Minister des königlichen Hauses Grafen

    A. zu Eulenburg vollzogen und darauf die kirchliche

    Einsegnung durch den Generalsuperintendenten

    Haendler vorgenommen. Der Feier wohnten die

    kaiserliche Familie und die Angehörigen der Braut

    bei, welche nunmehr den allerhöchst verliehenen

    Titel einer Gräfin von Ruppin führen wird.



  • September 21, 2017 21:09:15 Beate Jochem

      item 19        

                                                                               Eisenacher        Zeitung

    verbunden mit

    Tageblatt und Anzeiger für den Eisenacher Kreis


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                                                         Hofbuchdruckerei Eisenach, H.  Kahle,

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                                                                   Paul Kahle und Karl Kahle.


        Die "Eisenacher Zeitung", verbunden mit "Tageblatt und Anzeiger für den Eisenacher

    Kreis", erscheint mit Ausnahme der Feiertage wöchentlich sechsmal, mit "Illustriertem Unter-

    haltungsblatt", Fahrplan und Kalender. Bezugspreis für Eisenach, einschließlich Bringerlohn ,

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    treter nehmen Bestellungen entgegen. Einzelne Nummer 10 Pf.


        Anzeigenpreis für Eisenach 10 Pf. für die einspaltige Petitzeile, für auswärts und im amt-

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    Art: 20 Pf. Annahme der Anzeigen bis vormittag 9 Uhr, größere  > Tags zuvor < .

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    die Gesamtauflage 50 Pf. bei vierseitigen, 30 Pf. bei zweiseitigen Beilagen, für die Stadtauflage

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    Vor der Entscheidung über den Weltkrieg. 

     1. Spalte 

    Ein fürchterliches, der Generation von heute bis-
    her fremd gewesenes Wort! Man hat davon in 
    alten Geschichtsbüchern bisher gelesen; nur eine 
    Minderzahl von denen, die heute noch unter uns
    weilen, haben solchen Kriegszustand in deutschen 
    Landen selbst erlebt. Kriegszustand ist noch nicht

    Krieg, hört man da und dort. Eine Tröstung, die

    nur geringen Glauben finden mag. Wenn nicht in

    Petersburg und in Paris die Erleuchtung wie ein 
    Wunder herniedersteigt, dann darf die Menschheit
    alle Hoffnung schwinden lassen. Der Kaiser,

    unser Friedenskaiser , ist, wie eine offenbar

    hochoffiziöse Kundgebung  verlautbart, vom rus-

    sichen Zaren schmählich betrogen

    worden. Das Verhalten der russischen Krone

    schlägt jeder Loyalität ins Gesicht! Nun soll 
    Rußland erfahren, heißt es in jener offi-

    ziösen Auslassung, daß dieser  Abkomme Friedrichs 
    des Großen ein Kriegsfürst sein wird! Hört man 

    schon den Anmarsch unserer Bataillone? Wir dür-

    fen den kommenden Ereignissen ohne Bangen ent-

    gegensehen . Nicht  großsprecherisch und nicht über-

    mütig wollen wir sein; aber wer vielleicht draußen

    in der Welt glaubt, schreibt die  "Nat. Ztg." daß

    das deutsche Volk vom  Schauder blasser Furcht ge-

    schüttelt werde, wie es bei den Leuten jenseits der 

    Grenzen bereits der Fall ist,  so gibt man  sich einer

    regen Täuschung hin. Das  Volk steht auf, 

    der Sturm bricht los. Die Herren an der 

    Newa wollen eine blutige Tragödie inszenieren, ihre

    Freunde an der Seine wollen oder können sie daran 

    nicht hindern: Wohlan! Das Spiel kann 

    beginnen!

     

                           Ultimatum an Rußland.

        Der "Norddeutschen Allg. Ztg." zufolge ließ Kaiser

    Wilhelm Rußland wissen, daß die deutsche

    Mobilmachung in Aussicht steht, falls Rußland

    nicht binnen 12 Stunden seine Kriegsvorbereitungen

    einstellt. Gleichzeitig ist an Frankreich

    die Anfrage über dessen Haltung im Falle

    eines deutsch-russischen Krieges gerichtet worden.


                       Der Reichstag wird einberufen.

        Berlin, 31. Juli. Wie offiziös gemeldet wird,

    ist die Einberufung des Reichstages

    auf Dienstag, den 4. August, in Aussicht genommen.

    Die Eröffnung wird im Weißen Saale des Königlichen

    Schlosses zu Berlin um 1 Uhr nachmittags

    erfolgen. Die kaiserliche Verordnung wegen der

    Berufung steht noch aus.


                Der Reichstag wird einberufen.

        Berlin, 31. Juli. Wie offiziös gemeldet wird,

    ist die Einberufung des Reichstages

    auf Dienstag, den 4. August, in Aussicht genommen.

    die Eröffnung wird im Weißen Saale des Königlichen

    Schlosses zu Berlin um 1 Uhr nachmittags

    erfolgen. Die kaiserliche Verordnung wegen der

    Berufung steht noch aus.


                              Kriegszustand.

        Berlin, 31. Juli. Aus Petersburg ist die

    Nachricht des deutschen Botschafters eingegangen,

    daß die allgemeine Mobilmachung der russischen

    Armee und Flotte befohlen worden ist. Darauf

    hat Se. Majestät der Kaiser den Zustand der

    drohenden Kriegsgefahr befohlen. Se. Majestät

    wird heute nach Berlin übersiedeln.

        Berlin, 31.Juli Nach Artikel 68 der Reichsverfassug

    hat Se. Majestät der Kaiser das Reichsgebiet

    ohne Bayern in den Kriegszustand erklärt.

    Über Bayern ergeht die gleiche Anordnung.

        Berlin, 31. Juli.  Bei militärischen Maßnahmen

    kommen bei drohender Kriegsgefahr hauptsächlich

    in Betracht:

        1. An der Grenze und zum Schutze der Eisenbahnen

            erforderliche Maßnahmen.

        2. Verkehrsbeschränkungen der Post, Telegraphen,

            Eisenbahnen usw. zugunsten des militärischen

            Bedarfs.

         3. Erklärung des Kriegszustandes für das gesamte

             Kriegsgebiet.

         4. Verbot der Veröffentlichung über Truppenbewegungen

             und Verteidigungsmittel. Der

             Kriegszustand ist gleichbedeutend mit dem

             Belagerungszustand in Preußen (Art. 68

             der Reichsverordnung.)

     

     2. Spalte 

                             

                          Die bayerische Verfügung.

        München, 31. Juli. Nach einer königlichen

    Verordnung vom 31. Juli 1914 wird über das gesamte

    Gebiet des Königreichs der Kriegszustand

    verhängt. Für die Pfalz wird das Standrecht

    angeordnet.


                       Die Rückkehr des Kaisers von

                             Potsdam nach Berlin.

                                 In Erwartung.

        Infolge der Gerüchte, daß heute die Mobilisierung

    der deutschen Armee erfolgen solle, hatten sich

    schon am Mittag in den Hauptstraßen des Zentrums

    größere Menschenmassen angesammelt, um die

    neuesten Ereignisse möglichst schnell zu erfahren.

    Gegen 2 Uhr kamen in Autos die ersten Extrablätter

    auf die Straße, die den Boten von

    Dutzenden von Händen entrissen wurden. In wenigen

    Minuten waren Straßen und Plätze mit 

    Tausenden der flatternden Blätter bedeckt. Unter

    den Linden, in der Leipziger Straße und am Potsdamer

    Platz scharten sich sofort dichte Menschenmassen 

    zusammen, die in größter Erregung hin- und

    herwogten, und gegen deren Strom die Schutzleute,

    die den Verkehr zu regeln hatten, machtlos waren.

    Da wurde die Nachricht bekannt, daß der Kaiser

    die Absicht habe, im Laufe des Nachmittags seine

    Residenz im Potsdamer Neuen Palais

    missing

                               Der Einzug des Kaisers.

        Sofort strömten die Massen aus den Straßen in

    der Nähe der Linden dem Brandenburger

    Tore zu, wo sich bald Tausende und Abertausende

    in dichten Menschenmauern aufstellten. Gegen ¾ 3

    Uhr ertönten vom Tiergarten her brausende Hochrufe.

    Die Wache am Brandenburger Tor trat unter

    Gewehr. Die Trommel rasselte und gleich darauf

    durchschnitt der scharfe Klang des Kaiserlichen 

    Hupensignals die Luft. Hinter der Siegesallee tauchte

    das bekannte hellbraune Automobil des

    Kaisers mit der roten Standarte auf. Zehntausendfache

    Hochs erschollen und das Trommelgewirbel

    der Wache ertrank in dem Meere der

    Jubelrufe. Der Kaiser, der die Uniform des Regiments

    Garde du Corps mit dem Stahlhelm trug,

    dankte unaufhörlich nach allen Seiten. Er wie die

    Kaiserin waren ernsten Antlitzes. Als das Kaiserliche

    Auto den Pariser Platz hinter sich gelassen

    hatte und in die Linden einlenkte, durchbrachen die

    Menschenmassen von beiden Seiten die dünnen

    Schutzmannsketten, die schon seit der Mittagsstunde

    aufgestellt waren. In tosender Begeisterung drängten

    sich Tausende von Menschen um den Wagen und

    jubelten dem Kaiserpaare zu. Nur langsam konnte

    sich der Wagen unter unausgesetzten Hupensignalen

    einen Weg durch die Menge bahnen. Dicht hinter

    dem Kaiserlichen Auto fuhr der bekannte dunkle

    Kraftwagen des Kronprinzen. Der Thronfolger,

    der die Uniform seiner Danziger Leibhusaren

    trug, wurde ebenso wie seine Gemahlin mit der

    gleichen Begeisterung wie das Kaiserpaar begrüßt.

    Zwischen beiden saß der älteste Sohn, Prinz Wilhelm.

    Auch das Automobil des Prinzen mußte,

    besonders zwischen der Wilhelmstraße und der

    Friedrichstraße, mehrere Male im Schritt fahren,

    um kein Unheil in der freudig erregten Menge

    anzurichten. Im dritten Auto saß Prinz Adalbert

    sowie das Prinzenpaar August Wilhelm.

    Auf dem Schloßplatz wurden die Hofautomobile von

    einer vieltausendköpfigen Menge empfangen, die in

    brausende Hochrufe ausbrach, als der Wagen des

    Kaisers auf der Schloßbrücke erschien und die

    Purpurstandarte über dem alten Schlosse der

    Hohenzollern emporstieg.

                                  Vor dem Schloß.

        Die Menschenmassen, die das Kaiserpaar Unter

    den Linden begrüßt hatten, fluteten nun die Linden

    herunter dem Schlosse zu. Bald standen auf

    dem Platze zwischen Schlosse und dem Lustgarten

    Menschenmengen, wie sie der Platz wohl selten

    gesehen haben mag. Die allgemeine begeisterte

    Erregung hatte jetzt ihren Höhepunkt erreicht. An

    den Kandelabern in der Mitte des Platzes stiegen

    Leute hinauf, die tausendstimmig erwiderte Hochs

    auf den Kaiser ausbrachten. Immer wieder schollen

    die von allen Seiten freudig aufgenommenen

    Jubelrufe zu den Fenstern des Schlosses empor.

    "Heil dir, im Siegerkranz," "Deutschland, Deutschland

    über alles" und "Ich bin ein Preuße, kennt


     3. Spalte 

    ihr meine Farben", wurden abwechselnd gesungen.

    Wenige Minuten nach 4 Uhr wurde das eiserne

    Hauptportal des Schlosses geöffnet und im  Auto 

    fuhr der Reichskanzler von Bethmann Hollweg in

    Begleitung seines Adjutanten des Freiherrn von

    Sell heraus. Der Kanzler wurde mit lauten Zurufen

    begrüßt und dankte, indem er das Haupt entblößte.

    Bald darauf verließ auch Prinz Heinrich,

    von der Menge lebhaft begrüßt, das Schloß. Unbeweglich

    standen die Massen. Die Schutzleute, die

    in großer Zahl zu Pferde und zu Fuß vor dem

    Schloß konzentriert standen, zeigten sich, wie übrigens

    auch Unter den Linden, dem Publikum gegenüber

    sehr rücksichtsvoll. Je weiter der Zeiger an

    dem Eckturme des Schlosses rückte, um so mehr vergrößerte

    sich die Masse auf dem Schloßplatz.


                           Eine Ansprache des Kaisers.

                                                        Berlin, 31.Juli.

        

    Der Kaiser hat heute um 3/4 7 Uhr eine Ansprache

    an die vor dem Schlosse  versammelte Volksmenge

    gehalten. Die Worte des Kaisers lauteten:

        Ich danke Euch! Eure Kundgebung war mir

    ein Labsal. Wir sind im  tiefsten Frieden

    in des Wortes wahrer Bedeutung

    überfallen worden durch den Neid

    unserer Feinde, der uns rings umgibt.

        Fünfundzwanzig Jahre habe ich den Frieden missing 

    und gehalten. Nun bin ich gezwungen,

    das Schwert zu ziehen, aber ich hoffe, daß ich es

    mit Ehren wieder einstecken kann. Es werden Euch

    enorme Opfer an Gut und Blut auferlegt

    werden, aber Ihr werdet sie ertragen, das

    weiß ich. Wir werden die Gegner niederzwingen.

    Nun geht in die Kirchen und

    betet zu Gott, daß er dem deutschen Heer und der

    deutschen Sache den Sieg verleihen möge!


            Das Kronprinzenpaar auf dem Balkon des

                             Kronprinzlichen Palais.

        Zwischen der fünften und sechsten Nachmittagsstunde

    versammelte sich eine nach vielen Tausenden

    zählende Menschenmenge vor dem Kronprinzlichen

    Palais. Ebenso wie die Menge vor

    dem Schloß, sangen die versammelten Menschen

    tausendstimmig vaterländische Lieder und brachen

    fortgesetzt in brausende Hochrufe aus. Kurz vor

    sechs Uhr erschienen der Kronprinz und die

    Kronprinzessin auf dem Balkon, mit

    donnerndem Jubel begrüßt. Der Kronprinz, der die

    Litewka trug, winkte ebenso wie seine

    Gemahlin der begeisterten Menge

    dankend zu. Auch als das Kronprinzliche Paar 

    sich wieder von dem  Balkon zurückgezogen hatte,

    verharrten die Tausenden vor dem Palais.


  • September 21, 2017 21:00:54 Beate Jochem

      item 19        

                                                                               Eisenacher        Zeitung

    verbunden mit

    Tageblatt und Anzeiger für den Eisenacher Kreis


                                                                                  Druck und Verlag :

                                                         Hofbuchdruckerei Eisenach, H.  Kahle,

                                                                                    Inhaber:

                                                                   Paul Kahle und Karl Kahle.


        Die "Eisenacher Zeitung", verbunden mit "Tageblatt und Anzeiger für den Eisenacher

    Kreis", erscheint mit Ausnahme der Feiertage wöchentlich sechsmal, mit "Illustriertem Unter-

    haltungsblatt", Fahrplan und Kalender. Bezugspreis für Eisenach, einschließlich Bringerlohn ,

    monatlich 70 Pf. in Vorauszahlung; durch die Post vierteljährlich 2,10 M. frei ins Haus, bei

    Abholung am Postschalter 1,68 M. Alle Postanstalten sowie die Landbriefträger und unsere Ver-

    treter nehmen Bestellungen entgegen. Einzelne Nummer 10 Pf.


        Anzeigenpreis für Eisenach 10 Pf. für die einspaltige Petitzeile, für auswärts und im amt-

    lichen Teil 15 Pf. Reklamen nach dem politischen Teil: Petitzeile 40 Pf. Nachweisgebühr aller

    Art: 20 Pf. Annahme der Anzeigen bis vormittag 9 Uhr, größere  > Tags zuvor < .

    Annahme und Vermittlung von Anzeigen für alle Zeitungen der Welt. Beilagegebühr: für

    die Gesamtauflage 50 Pf. bei vierseitigen, 30 Pf. bei zweiseitigen Beilagen, für die Stadtauflage

    40 beziehungsweise 22 Pf.

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    Nr. 178 Geschäftsstelle:              Sonnabend, den 1. August 1914.            Geschäftszeit:            48. Jahrg.
                   Eisenach, Sophienstraße 55/57. Fernsprecher 47.         7 Uhr vormittags bis 6 Uhr nachmittags.  

    _______________________________________________________________________________________________________________


    Vor der Entscheidung über den Weltkrieg. 

     1. Spalte 

    Ein fürchterliches, der Generation von heute bis-
    her fremd gewesenes Wort! Man hat davon in 
    alten Geschichtsbüchern bisher gelesen; nur eine 
    Minderzahl von denen, die heute noch unter uns
    weilen, haben solchen Kriegszustand in deutschen 
    Landen selbst erlebt. Kriegszustand ist noch nicht

    Krieg, hört man da und dort. Eine Tröstung, die

    nur geringen Glauben finden mag. Wenn nicht in

    Petersburg und in Paris die Erleuchtung wie ein 
    Wunder herniedersteigt, dann darf die Menschheit
    alle Hoffnung schwinden lassen. Der Kaiser,

    unser Friedenskaiser , ist, wie eine offenbar

    hochoffiziöse Kundgebung  verlautbart, vom rus-

    sichen Zaren schmählich betrogen

    worden. Das Verhalten der russischen Krone

    schlägt jeder Loyalität ins Gesicht! Nun soll 
    Rußland erfahren, heißt es in jener offi-

    ziösen Auslassung, daß dieser  Abkomme Friedrichs 
    des Großen ein Kriegsfürst sein wird! Hört man 

    schon den Anmarsch unserer Bataillone? Wir dür-

    fen den kommenden Ereignissen ohne Bangen ent-

    gegensehen . Nicht  großsprecherisch und nicht über-

    mütig wollen wir sein; aber wer vielleicht draußen

    in der Welt glaubt, schreibt die  "Nat. Ztg." daß

    das deutsche Volk vom  Schauder blasser Furcht ge-

    schüttelt werde, wie es bei den Leuten jenseits der 

    Grenzen bereits der Fall ist,  so gibt man  sich einer

    regen Täuschung hin. Das  Volk steht auf, 

    der Sturm bricht los. Die Herren an der 

    Newa wollen eine blutige Tragödie inszenieren, ihre

    Freunde an der Seine wollen oder können sie daran 

    nicht hindern: Wohlan! Das Spiel kann 

    beginnen!

     

                           Ultimatum an Rußland.

        Der "Norddeutschen Allg. Ztg." zufolge ließ Kaiser

    Wilhelm Rußland wissen, daß die deutsche

    Mobilmachung in Aussicht steht, falls Rußland

    nicht binnen 12 Stunden seine Kriegsvorbereitungen

    einstellt. Gleichzeitig ist an Frankreich

    die Anfrage über dessen Haltung im Falle

    eines deutsch-russischen Krieges gerichtet worden.


                       Der Reichstag wird einberufen.

        Berlin, 31. Juli. Wie offiziös gemeldet wird,

    ist die Einberufung des Reichstages

    auf Dienstag, den 4. August, in Aussicht genommen.

    Die Eröffnung wird im Weißen Saale des Königlichen

    Schlosses zu Berlin um 1 Uhr nachmittags

    erfolgen. Die kaiserliche Verordnung wegen der

    Berufung steht noch aus.


                Der Reichstag wird einberufen.

        Berlin, 31. Juli. Wie offiziös gemeldet wird,

    ist die Einberufung des Reichstages

    auf Dienstag, den 4. August, in Aussicht genommen.

    die Eröffnung wird im Weißen Saale des Königlichen

    Schlosses zu Berlin um 1 Uhr nachmittags

    erfolgen. Die kaiserliche Verordnung wegen der

    Berufung steht noch aus.


                              Kriegszustand.

        Berlin, 31. Juli. Aus Petersburg ist die

    Nachricht des deutschen Botschafters eingegangen,

    daß die allgemeine Mobilmachung der russischen

    Armee und Flotte befohlen worden ist. Darauf

    hat Se. Majestät der Kaiser den Zustand der

    drohenden Kriegsgefahr befohlen. Se. Majestät

    wird heute nach Berlin übersiedeln.

        Berlin, 31.Juli Nach Artikel 68 der Reichsverfassug

    hat Se. Majestät der Kaiser das Reichsgebiet

    ohne Bayern in den Kriegszustand erklärt.

    Über Bayern ergeht die gleiche Anordnung.

        Berlin, 31. Juli.  Bei militärischen Maßnahmen

    kommen bei drohender Kriegsgefahr hauptsächlich

    in Betracht:

        1. An der Grenze und zum Schutze der Eisenbahnen

            erforderliche Maßnahmen.

        2. Verkehrsbeschränkungen der Post, Telegraphen,

            Eisenbahnen usw. zugunsten des militärischen

            Bedarfs.

         3. Erklärung des Kriegszustandes für das gesamte

             Kriegsgebiet.

         4. Verbot der Veröffentlichung über Truppenbewegungen

             und Verteidigungsmittel. Der

             Kriegszustand ist gleichbedeutend mit dem

             Belagerungszustand in Preußen (Art. 68

             der Reichsverordnung.)

     

     2. Spalte 

                             

                          Die bayerische Verfügung.

        München, 31. Juli. Nach einer königlichen

    Verordnung vom 31. Juli 1914 wird über das gesamte

    Gebiet des Königreichs der Kriegszustand

    verhängt. Für die Pfalz wird das Standrecht

    angeordnet.


                       Die Rückkehr des Kaisers von

                             Potsdam nach Berlin.

                                 In Erwartung.

        Infolge der Gerüchte, daß heute die Mobilisierung

    der deutschen Armee erfolgen solle, hatten sich

    schon am Mittag in den Hauptstraßen des Zentrums

    größere Menschenmassen angesammelt, um die

    neuesten Ereignisse möglichst schnell zu erfahren.

    Gegen 2 Uhr kamen in Autos die ersten Extrablätter

    auf die Straße, die den Boten von

    Dutzenden von Händen entrissen wurden. In wenigen

    Minuten waren Straßen und Plätze mit 

    Tausenden der flatternden Blätter bedeckt. Unter

    den Linden, in der Leipziger Straße und am Potsdamer

    Platz scharten sich sofort dichte Menschenmassen 

    zusammen, die in größter Erregung hin- und

    herwogten, und gegen deren Strom die Schutzleute,

    die den Verkehr zu regeln hatten, machtlos waren.

    Da wurde die Nachricht bekannt, daß der Kaiser

    die Absicht habe, im Laufe des Nachmittags seine

    Residenz im Potsdamer Neuen Palais

    missing

                               Der Einzug des Kaisers.

        Sofort strömten die Massen aus den Straßen in

    der Nähe der Linden dem Brandenburger

    Tore zu, wo sich bald Tausende und Abertausende

    in dichten Menschenmauern aufstellten. Gegen ¾ 3

    Uhr ertönten vom Tiergarten her brausende Hochrufe.

    Die Wache am Brandenburger Tor trat unter

    Gewehr. Die Trommel rasselte und gleich darauf

    durchschnitt der scharfe Klang des Kaiserlichen 

    Hupensignals die Luft. Hinter der Siegesallee tauchte

    das bekannte hellbraune Automobil des

    Kaisers mit der roten Standarte auf. Zehntausendfache

    Hochs erschollen und das Trommelgewirbel

    der Wache ertrank in dem Meere der

    Jubelrufe. Der Kaiser, der die Uniform des Regiments

    Garde du Corps mit dem Stahlhelm trug,

    dankte unaufhörlich nach allen Seiten. Er wie die

    Kaiserin waren ernsten Antlitzes. Als das Kaiserliche

    Auto den Pariser Platz hinter sich gelassen

    hatte und in die Linden einlenkte, durchbrachen die

    Menschenmassen von beiden Seiten die dünnen

    Schutzmannsketten, die schon seit der Mittagsstunde

    aufgestellt waren. In tosender Begeisterung drängten

    sich Tausende von Menschen um den Wagen und

    jubelten dem Kaiserpaare zu. Nur langsam konnte

    sich der Wagen unter unausgesetzten Hupensignalen

    einen Weg durch die Menge bahnen. Dicht hinter

    dem Kaiserlichen Auto fuhr der bekannte dunkle

    Kraftwagen des Kronprinzen. Der Thronfolger,

    der die Uniform seiner Danziger Leibhusaren

    trug, wurde ebenso wie seine Gemahlin mit der

    gleichen Begeisterung wie das Kaiserpaar begrüßt.

    Zwischen beiden saß der älteste Sohn, Prinz Wilhelm.

    Auch das Automobil des Prinzen mußte,

    besonders zwischen der Wilhelmstraße und der

    Friedrichstraße, mehrere Male im Schritt fahren,

    um kein Unheil in der freudig erregten Menge

    anzurichten. Im dritten Auto saß Prinz Adalbert

    sowie das Prinzenpaar August Wilhelm.

    Auf dem Schloßplatz wurden die Hofautomobile von

    einer vieltausendköpfigen Menge empfangen, die in

    brausende Hochrufe ausbrach, als der Wagen des

    Kaisers auf der Schloßbrücke erschien und die

    Purpurstandarte über dem alten Schlosse der

    Hohenzollern emporstieg.

                                  Vor dem Schloß.

        Die Menschenmassen, die das Kaiserpaar Unter

    den Linden begrüßt hatten, fluteten nun die Linden

    herunter dem Schlosse zu. Bald standen auf

    dem Platze zwischen Schlosse und dem Lustgarten

    Menschenmengen, wie sie der Platz wohl selten

    gesehen haben mag. Die allgemeine begeisterte

    Erregung hatte jetzt ihren Höhepunkt erreicht. An

    den Kandelabern in der Mitte des Platzes stiegen

    Leute hinauf, die tausendstimmig erwiderte Hochs

    auf den Kaiser ausbrachten. Immer wieder schollen

    die von allen Seiten freudig aufgenommenen

    Jubelrufe zu den Fenstern des Schlosses empor.

    "Heil dir, im Siegerkranz," "Deutschland, Deutschland

    über alles" und "Ich bin ein Preuße, kennt


     3. Spalte 

    ihr meine Farben", wurden abwechselnd gesungen.

    Wenige Minuten nach 4 Uhr wurde das eiserne

    Hauptportal des Schlosses geöffnet und im  Auto 

    fuhr der Reichskanzler von Bethmann Hollweg in

    Begleitung seines Adjutanten des Freiherrn von

    Sell heraus. Der Kanzler wurde mit lauten Zurufen

    begrüßt und dankte, indem er das Haupt entblößte.

    Bald darauf verließ auch Prinz Heinrich,

    von der Menge lebhaft begrüßt, das Schloß. Unbeweglich

    standen die Massen. Die Schutzleute, die

    in großer Zahl zu Pferde und zu Fuß vor dem

    Schloß konzentriert standen, zeigten sich, wie übrigens

    auch Unter den Linden, dem Publikum gegenüber

    sehr rücksichtsvoll. Je weiter der Zeiger an

    dem Eckturme des Schlosses rückte, um so mehr vergrößerte

    sich die Masse auf dem Schloßplatz.


                           Eine Ansprache des Kaisers.

                                                        Berlin, 31.Juli.

        

    Der Kaiser hat heute um 3/4 7 Uhr eine Ansprache

    an die vor dem Schlosse  versammelte Volksmenge

    gehalten. Die Worte des Kaisers lauteten:

        Ich danke Euch! Eure Kundgebung war mir

    ein Labsal. Wir sind im  tiefsten Frieden

    in des Wortes wahrer Bedeutung

    überfallen worden durch den Neid

    unserer Feinde, der uns rings umgibt.

        Fünfundzwanzig Jahre habe ich den Frieden missing 

    und gehalten. Nun bin ich gezwungen,

    das Schwert zu ziehen, aber ich hoffe, daß ich es

    mit Ehren wieder einstecken kann. Es werden Euch

    enorme Opfer an Gut und Blut auferlegt

    werden, aber Ihr werdet sie ertragen, das

    weiß ich. Wir werden die Gegner niederzwingen.

    Nun geht in die Kirchen und

    betet zu Gott, daß er dem deutschen Heer und der

    deutschen Sache den Sieg verleihen möge!


            Das Kronprinzenpaar auf dem Balkon des

                             Kronprinzlichen Palais.


  • September 21, 2017 20:59:31 Beate Jochem

      item 19        

                                                                               Eisenacher        Zeitung

    verbunden mit

    Tageblatt und Anzeiger für den Eisenacher Kreis


                                                                                  Druck und Verlag :

                                                         Hofbuchdruckerei Eisenach, H.  Kahle,

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                                                                   Paul Kahle und Karl Kahle.


        Die "Eisenacher Zeitung", verbunden mit "Tageblatt und Anzeiger für den Eisenacher

    Kreis", erscheint mit Ausnahme der Feiertage wöchentlich sechsmal, mit "Illustriertem Unter-

    haltungsblatt", Fahrplan und Kalender. Bezugspreis für Eisenach, einschließlich Bringerlohn ,

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    treter nehmen Bestellungen entgegen. Einzelne Nummer 10 Pf.


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    lichen Teil 15 Pf. Reklamen nach dem politischen Teil: Petitzeile 40 Pf. Nachweisgebühr aller

    Art: 20 Pf. Annahme der Anzeigen bis vormittag 9 Uhr, größere  > Tags zuvor < .

    Annahme und Vermittlung von Anzeigen für alle Zeitungen der Welt. Beilagegebühr: für

    die Gesamtauflage 50 Pf. bei vierseitigen, 30 Pf. bei zweiseitigen Beilagen, für die Stadtauflage

    40 beziehungsweise 22 Pf.

    _______________________________________________________________________________________________________________

    Nr. 178 Geschäftsstelle:              Sonnabend, den 1. August 1914.            Geschäftszeit:            48. Jahrg.
                   Eisenach, Sophienstraße 55/57. Fernsprecher 47.         7 Uhr vormittags bis 6 Uhr nachmittags.  

    _______________________________________________________________________________________________________________


    Vor der Entscheidung über den Weltkrieg. 

     1. Spalte 

    Ein fürchterliches, der Generation von heute bis-
    her fremd gewesenes Wort! Man hat davon in 
    alten Geschichtsbüchern bisher gelesen; nur eine 
    Minderzahl von denen, die heute noch unter uns
    weilen, haben solchen Kriegszustand in deutschen 
    Landen selbst erlebt. Kriegszustand ist noch nicht

    Krieg, hört man da und dort. Eine Tröstung, die

    nur geringen Glauben finden mag. Wenn nicht in

    Petersburg und in Paris die Erleuchtung wie ein 
    Wunder herniedersteigt, dann darf die Menschheit
    alle Hoffnung schwinden lassen. Der Kaiser,

    unser Friedenskaiser , ist, wie eine offenbar

    hochoffiziöse Kundgebung  verlautbart, vom rus-

    sichen Zaren schmählich betrogen

    worden. Das Verhalten der russischen Krone

    schlägt jeder Loyalität ins Gesicht! Nun soll 
    Rußland erfahren, heißt es in jener offi-

    ziösen Auslassung, daß dieser  Abkomme Friedrichs 
    des Großen ein Kriegsfürst sein wird! Hört man 

    schon den Anmarsch unserer Bataillone? Wir dür-

    fen den kommenden Ereignissen ohne Bangen ent-

    gegensehen . Nicht  großsprecherisch und nicht über-

    mütig wollen wir sein; aber wer vielleicht draußen

    in der Welt glaubt, schreibt die  "Nat. Ztg." daß

    das deutsche Volk vom  Schauder blasser Furcht ge-

    schüttelt werde, wie es bei den Leuten jenseits der 

    Grenzen bereits der Fall ist,  so gibt man  sich einer

    regen Täuschung hin. Das  Volk steht auf, 

    der Sturm bricht los. Die Herren an der 

    Newa wollen eine blutige Tragödie inszenieren, ihre

    Freunde an der Seine wollen oder können sie daran 

    nicht hindern: Wohlan! Das Spiel kann 

    beginnen!

     

                           Ultimatum an Rußland.

        Der "Norddeutschen Allg. Ztg." zufolge ließ Kaiser

    Wilhelm Rußland wissen, daß die deutsche

    Mobilmachung in Aussicht steht, falls Rußland

    nicht binnen 12 Stunden seine Kriegsvorbereitungen

    einstellt. Gleichzeitig ist an Frankreich

    die Anfrage über dessen Haltung im Falle

    eines deutsch-russischen Krieges gerichtet worden.


                       Der Reichstag wird einberufen.

        Berlin, 31. Juli. Wie offiziös gemeldet wird,

    ist die Einberufung des Reichstages

    auf Dienstag, den 4. August, in Aussicht genommen.

    Die Eröffnung wird im Weißen Saale des Königlichen

    Schlosses zu Berlin um 1 Uhr nachmittags

    erfolgen. Die kaiserliche Verordnung wegen der

    Berufung steht noch aus.


                Der Reichstag wird einberufen.

        Berlin, 31. Juli. Wie offiziös gemeldet wird,

    ist die Einberufung des Reichstages

    auf Dienstag, den 4. August, in Aussicht genommen.

    die Eröffnung wird im Weißen Saale des Königlichen

    Schlosses zu Berlin um 1 Uhr nachmittags

    erfolgen. Die kaiserliche Verordnung wegen der

    Berufung steht noch aus.


                              Kriegszustand.

        Berlin, 31. Juli. Aus Petersburg ist die

    Nachricht des deutschen Botschafters eingegangen,

    daß die allgemeine Mobilmachung der russischen

    Armee und Flotte befohlen worden ist. Darauf

    hat Se. Majestät der Kaiser den Zustand der

    drohenden Kriegsgefahr befohlen. Se. Majestät

    wird heute nach Berlin übersiedeln.

        Berlin, 31.Juli Nach Artikel 68 der Reichsverfassug

    hat Se. Majestät der Kaiser das Reichsgebiet

    ohne Bayern in den Kriegszustand erklärt.

    Über Bayern ergeht die gleiche Anordnung.

        Berlin, 31. Juli.  Bei militärischen Maßnahmen

    kommen bei drohender Kriegsgefahr hauptsächlich

    in Betracht:

        1. An der Grenze und zum Schutze der Eisenbahnen

            erforderliche Maßnahmen.

        2. Verkehrsbeschränkungen der Post, Telegraphen,

            Eisenbahnen usw. zugunsten des militärischen

            Bedarfs.

         3. Erklärung des Kriegszustandes für das gesamte

             Kriegsgebiet.

         4. Verbot der Veröffentlichung über Truppenbewegungen

             und Verteidigungsmittel. Der

             Kriegszustand ist gleichbedeutend mit dem

             Belagerungszustand in Preußen (Art. 68

             der Reichsverordnung.)

     

     2. Spalte 

                             

                          Die bayerische Verfügung.

        München, 31. Juli. Nach einer königlichen

    Verordnung vom 31. Juli 1914 wird über das gesamte

    Gebiet des Königreichs der Kriegszustand

    verhängt. Für die Pfalz wird das Standrecht

    angeordnet.


                       Die Rückkehr des Kaisers von

                             Potsdam nach Berlin.

                                 In Erwartung.

        Infolge der Gerüchte, daß heute die Mobilisierung

    der deutschen Armee erfolgen solle, hatten sich

    schon am Mittag in den Hauptstraßen des Zentrums

    größere Menschenmassen angesammelt, um die

    neuesten Ereignisse möglichst schnell zu erfahren.

    Gegen 2 Uhr kamen in Autos die ersten Extrablätter

    auf die Straße, die den Boten von

    Dutzenden von Händen entrissen wurden. In wenigen

    Minuten waren Straßen und Plätze mit 

    Tausenden der flatternden Blätter bedeckt. Unter

    den Linden, in der Leipziger Straße und am Potsdamer

    Platz scharten sich sofort dichte Menschenmassen 

    zusammen, die in größter Erregung hin- und

    herwogten, und gegen deren Strom die Schutzleute,

    die den Verkehr zu regeln hatten, machtlos waren.

    Da wurde die Nachricht bekannt, daß der Kaiser

    die Absicht habe, im Laufe des Nachmittags seine

    Residenz im Potsdamer Neuen Palais

    missing

                               Der Einzug des Kaisers.

        Sofort strömten die Massen aus den Straßen in

    der Nähe der Linden dem Brandenburger

    Tore zu, wo sich bald Tausende und Abertausende

    in dichten Menschenmauern aufstellten. Gegen ¾ 3

    Uhr ertönten vom Tiergarten her brausende Hochrufe.

    Die Wache am Brandenburger Tor trat unter

    Gewehr. Die Trommel rasselte und gleich darauf

    durchschnitt der scharfe Klang des Kaiserlichen 

    Hupensignals die Luft. Hinter der Siegesallee tauchte

    das bekannte hellbraune Automobil des

    Kaisers mit der roten Standarte auf. Zehntausendfache

    Hochs erschollen und das Trommelgewirbel

    der Wache ertrank in dem Meere der

    Jubelrufe. Der Kaiser, der die Uniform des Regiments

    Garde du Corps mit dem Stahlhelm trug,

    dankte unaufhörlich nach allen Seiten. Er wie die

    Kaiserin waren ernsten Antlitzes. Als das Kaiserliche

    Auto den Pariser Platz hinter sich gelassen

    hatte und in die Linden einlenkte, durchbrachen die

    Menschenmassen von beiden Seiten die dünnen

    Schutzmannsketten, die schon seit der Mittagsstunde

    aufgestellt waren. In tosender Begeisterung drängten

    sich Tausende von Menschen um den Wagen und

    jubelten dem Kaiserpaare zu. Nur langsam konnte

    sich der Wagen unter unausgesetzten Hupensignalen

    einen Weg durch die Menge bahnen. Dicht hinter

    dem Kaiserlichen Auto fuhr der bekannte dunkle

    Kraftwagen des Kronprinzen. Der Thronfolger,

    der die Uniform seiner Danziger Leibhusaren

    trug, wurde ebenso wie seine Gemahlin mit der

    gleichen Begeisterung wie das Kaiserpaar begrüßt.

    Zwischen beiden saß der älteste Sohn, Prinz Wilhelm.

    Auch das Automobil des Prinzen mußte,

    besonders zwischen der Wilhelmstraße und der

    Friedrichstraße, mehrere Male im Schritt fahren,

    um kein Unheil in der freudig erregten Menge

    anzurichten. Im dritten Auto saß Prinz Adalbert

    sowie das Prinzenpaar August Wilhelm.

    Auf dem Schloßplatz wurden die Hofautomobile von

    einer vieltausendköpfigen Menge empfangen, die in

    brausende Hochrufe ausbrach, als der Wagen des

    Kaisers auf der Schloßbrücke erschien und die

    Purpurstandarte über dem alten Schlosse der

    Hohenzollern emporstieg.

                                  Vor dem Schloß.

        Die Menschenmassen, die das Kaiserpaar Unter

    den Linden begrüßt hatten, fluteten nun die Linden

    herunter dem Schlosse zu. Bald standen auf

    dem Platze zwischen Schlosse und dem Lustgarten

    Menschenmengen, wie sie der Platz wohl selten

    gesehen haben mag. Die allgemeine begeisterte

    Erregung hatte jetzt ihren Höhepunkt erreicht. An

    den Kandelabern in der Mitte des Platzes stiegen

    Leute hinauf, die tausendstimmig erwiderte Hochs

    auf den Kaiser ausbrachten. Immer wieder schollen

    die von allen Seiten freudig aufgenommenen

    Jubelrufe zu den Fenstern des Schlosses empor.

    "Heil dir, im Siegerkranz," "Deutschland, Deutschland

    über alles" und "Ich bin ein Preuße, kennt


     3. Spalte 

    ihr meine Farben", wurden abwechselnd gesungen.

    Wenige Minuten nach 4 Uhr wurde das eiserne

    Hauptportal des Schlosses geöffnet und im  Auto 

    fuhr der Reichskanzler von Bethmann Hollweg in

    Begleitung seines Adjutanten des Freiherrn von

    Sell heraus. Der Kanzler wurde mit lauten Zurufen

    begrüßt und dankte, indem er das Haupt entblößte.

    Bald darauf verließ auch Prinz Heinrich,

    von der Menge lebhaft begrüßt, das Schloß. Unbeweglich

    standen die Massen. Die Schutzleute, die

    in großer Zahl zu Pferde und zu Fuß vor dem

    Schloß konzentriert standen, zeigten sich, wie übrigens

    auch Unter den Linden, dem Publikum gegenüber

    sehr rücksichtsvoll. Je weiter der Zeiger an

    dem Eckturme des Schlosses rückte, um so mehr vergrößerte

    sich die Masse auf dem Schloßplatz.


                           Eine Ansprache des Kaisers.

                                                        Berlin, 31.Juli.

        

    Der Kaiser hat heute um 3/4 7 Uhr eine Ansprache

    an die vor dem Schlosse  versammelte Volksmenge

    gehalten. Die Worte des Kaisers lauteten:

        Ich danke Euch! Eure Kundgebung war mir

    ein Labsal. Wir sind im  tiefsten Frieden

    in des Wortes wahrer Bedeutung

    überfallen worden durch den Neid

    unserer Feinde, der uns rings umgibt.

        Fünfundzwanzig Jahre habe ich den Frieden missing 

    und gehalten. Nun bin ich gezwungen,

    das Schwert zu ziehen, aber ich hoffe, daß ich es

    mit Ehren wieder einstecken kann. Es werden euch

    enorme Opfer an Gut und Blut auferlegt

    werden, aber Ihr werdet sie ertragen, das

    weiß ich. Wir werden die Gegner niederzwingen.

    Nun geht in die Kirchen und

    betet zu Gott, daß er dem deutschen Heer und der

    deutschen Sache den Sieg verleihen möge!


  • September 18, 2017 14:09:41 Beate Jochem

      item 19        

                                                                               Eisenacher        Zeitung

    verbunden mit

    Tageblatt und Anzeiger für den Eisenacher Kreis


                                                                                  Druck und Verlag :

                                                         Hofbuchdruckerei Eisenach, H.  Kahle,

                                                                                    Inhaber:

                                                                   Paul Kahle und Karl Kahle.


        Die "Eisenacher Zeitung", verbunden mit "Tageblatt und Anzeiger für den Eisenacher

    Kreis", erscheint mit Ausnahme der Feiertage wöchentlich sechsmal, mit "Illustriertem Unter-

    haltungsblatt", Fahrplan und Kalender. Bezugspreis für Eisenach, einschließlich Bringerlohn ,

    monatlich 70 Pf. in Vorauszahlung; durch die Post vierteljährlich 2,10 M. frei ins Haus, bei

    Abholung am Postschalter 1,68 M. Alle Postanstalten sowie die Landbriefträger und unsere Ver-

    treter nehmen Bestellungen entgegen. Einzelne Nummer 10 Pf.


        Anzeigenpreis für Eisenach 10 Pf. für die einspaltige Petitzeile, für auswärts und im amt-

    lichen Teil 15 Pf. Reklamen nach dem politischen Teil: Petitzeile 40 Pf. Nachweisgebühr aller

    Art: 20 Pf. Annahme der Anzeigen bis vormittag 9 Uhr, größere  > Tags zuvor < .

    Annahme und Vermittlung von Anzeigen für alle Zeitungen der Welt. Beilagegebühr: für

    die Gesamtauflage 50 Pf. bei vierseitigen, 30 Pf. bei zweiseitigen Beilagen, für die Stadtauflage

    40 beziehungsweise 22 Pf.

    _______________________________________________________________________________________________________________

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                   Eisenach, Sophienstraße 55/57. Fernsprecher 47.         7 Uhr vormittags bis 6 Uhr nachmittags.  

    _______________________________________________________________________________________________________________


    Vor der Entscheidung über den Weltkrieg. 

     1. Spalte 

    Ein fürchterliches, der Generation von heute bis-
    her fremd gewesenes Wort! Man hat davon in 
    alten Geschichtsbüchern bisher gelesen; nur eine 
    Minderzahl von denen, die heute noch unter uns
    weilen, haben solchen Kriegszustand in deutschen 
    Landen selbst erlebt. Kriegszustand ist noch nicht

    Krieg, hört man da und dort. Eine Tröstung, die

    nur geringen Glauben finden mag. Wenn nicht in

    Petersburg und in Paris die Erleuchtung wie ein 
    Wunder herniedersteigt, dann darf die Menschheit
    alle Hoffnung schwinden lassen. Der Kaiser,

    unser Friedenskaiser , ist, wie eine offenbar

    hochoffiziöse Kundgebung  verlautbart, vom rus-

    sichen Zaren schmählich betrogen

    worden. Das Verhalten der russischen Krone

    schlägt jeder Loyalität ins Gesicht! Nun soll 
    Rußland erfahren, heißt es in jener offi-

    ziösen Auslassung, daß dieser  Abkomme Friedrichs 
    des Großen ein Kriegsfürst sein wird! Hört man 

    schon den Anmarsch unserer Bataillone? Wir dür-

    fen den kommenden Ereignissen ohne Bangen ent-

    gegensehen . Nicht  großsprecherisch und nicht über-

    mütig wollen wir sein; aber wer vielleicht draußen

    in der Welt glaubt, schreibt die  "Nat. Ztg." daß

    das deutsche Volk vom  Schauder blasser Furcht ge-

    schüttelt werde, wie es bei den Leuten jenseits der 

    Grenzen bereits der Fall ist,  so gibt man  sich einer

    regen Täuschung hin. Das  Volk steht auf, 

    der Sturm bricht los. Die Herren an der 

    Newa wollen eine blutige Tragödie inszenieren, ihre

    Freunde an der Seine wollen oder können sie daran 

    nicht hindern: Wohlan! Das Spiel kann 

    beginnen!

     

                           Ultimatum an Rußland.

        Der "Norddeutschen Allg. Ztg." zufolge ließ Kaiser

    Wilhelm Rußland wissen, daß die deutsche

    Mobilmachung in Aussicht steht, falls Rußland

    nicht binnen 12 Stunden seine Kriegsvorbereitungen

    einstellt. Gleichzeitig ist an Frankreich

    die Anfrage über dessen Haltung im Falle

    eines deutsch-russischen Krieges gerichtet worden.


                       Der Reichstag wird einberufen.

        Berlin, 31. Juli. Wie offiziös gemeldet wird,

    ist die Einberufung des Reichstages

    auf Dienstag, den 4. August, in Aussicht genommen.

    Die Eröffnung wird im Weißen Saale des Königlichen

    Schlosses zu Berlin um 1 Uhr nachmittags

    erfolgen. Die kaiserliche Verordnung wegen der

    Berufung steht noch aus.


                Der Reichstag wird einberufen.

        Berlin, 31. Juli. Wie offiziös gemeldet wird,

    ist die Einberufung des Reichstages

    auf Dienstag, den 4. August, in Aussicht genommen.

    die Eröffnung wird im Weißen Saale des Königlichen

    Schlosses zu Berlin um 1 Uhr nachmittags

    erfolgen. Die kaiserliche Verordnung wegen der

    Berufung steht noch aus.


                              Kriegszustand.

        Berlin, 31. Juli. Aus Petersburg ist die

    Nachricht des deutschen Botschafters eingegangen,

    daß die allgemeine Mobilmachung der russischen

    Armee und Flotte befohlen worden ist. Darauf

    hat Se. Majestät der Kaiser den Zustand der

    drohenden Kriegsgefahr befohlen. Se. Majestät

    wird heute nach Berlin übersiedeln.

        Berlin, 31.Juli Nach Artikel 68 der Reichsverfassug

    hat Se. Majestät der Kaiser das Reichsgebiet

    ohne Bayern in den Kriegszustand erklärt.

    Über Bayern ergeht die gleiche Anordnung.

        Berlin, 31. Juli.  Bei militärischen Maßnahmen

    kommen bei drohender Kriegsgefahr hauptsächlich

    in Betracht:

        1. An der Grenze und zum Schutze der Eisenbahnen

            erforderliche Maßnahmen.

        2. Verkehrsbeschränkungen der Post, Telegraphen,

            Eisenbahnen usw. zugunsten des militärischen

            Bedarfs.

         3. Erklärung des Kriegszustandes für das gesamte

             Kriegsgebiet.

         4. Verbot der Veröffentlichung über Truppenbewegungen

             und Verteidigungsmittel. Der

             Kriegszustand ist gleichbedeutend mit dem

             Belagerungszustand in Preußen (Art. 68

             der Reichsverordnung.)

     

     2. Spalte 

                             

                          Die bayerische Verfügung.

        München, 31. Juli. Nach einer königlichen

    Verordnung vom 31. Juli 1914 wird über das gesamte

    Gebiet des Königreichs der Kriegszustand

    verhängt. Für die Pfalz wird das Standrecht

    angeordnet.


                       Die Rückkehr des Kaisers von

                             Potsdam nach Berlin.

                                 In Erwartung.

        Infolge der Gerüchte, daß heute die Mobilisierung

    der deutschen Armee erfolgen solle, hatten sich

    schon am Mittag in den Hauptstraßen des Zentrums

    größere Menschenmassen angesammelt, um die

    neuesten Ereignisse möglichst schnell zu erfahren.

    Gegen 2 Uhr kamen in Autos die ersten Extrablätter

    auf die Straße, die den Boten von

    Dutzenden von Händen entrissen wurden. In wenigen

    Minuten waren Straßen und Plätze mit 

    Tausenden der flatternden Blätter bedeckt. Unter

    den Linden, in der Leipziger Straße und am Potsdamer

    Platz scharten sich sofort dichte Menschenmassen 

    zusammen, die in größter Erregung hin- und

    herwogten, und gegen deren Strom die Schutzleute,

    die den Verkehr zu regeln hatten, machtlos waren.

    Da wurde die Nachricht bekannt, daß der Kaiser

    die Absicht habe, im Laufe des Nachmittags seine

    Residenz im Potsdamer Neuen Palais

    missing

                               Der Einzug des Kaisers.

        Sofort strömten die Massen aus den Straßen in

    der Nähe der Linden dem Brandenburger

    Tore zu, wo sich bald Tausende und Abertausende

    in dichten Menschenmauern aufstellten. Gegen ¾ 3

    Uhr ertönten vom Tiergarten her brausende Hochrufe.

    Die Wache am Brandenburger Tor trat unter

    Gewehr. Die Trommel rasselte und gleich darauf

    durchschnitt der scharfe Klang des Kaiserlichen 

    Hupensignals die Luft. Hinter der Siegesallee tauchte

    das bekannte hellbraune Automobil des

    Kaisers mit der roten Standarte auf. Zehntausendfache

    Hochs erschollen und das Trommelgewirbel

    der Wache ertrank in dem Meere der

    Jubelrufe. Der Kaiser, der die Uniform des Regiments

    Garde du Corps mit dem Stahlhelm trug,

    dankte unaufhörlich nach allen Seiten. Er wie die

    Kaiserin waren ernsten Antlitzes. Als das Kaiserliche

    Auto den Pariser Platz hinter sich gelassen

    hatte und in die Linden einlenkte, durchbrachen die

    Menschenmassen von beiden Seiten die dünnen

    Schutzmannsketten, die schon seit der Mittagsstunde

    aufgestellt waren. In tosender Begeisterung drängten

    sich Tausende von Menschen um den Wagen und

    jubelten dem Kaiserpaare zu. Nur langsam konnte

    sich der Wagen unter unausgesetzten Hupensignalen

    einen Weg durch die Menge bahnen. Dicht hinter

    dem Kaiserlichen Auto fuhr der bekannte dunkle

    Kraftwagen des Kronprinzen. Der Thronfolger,

    der die Uniform seiner Danziger Leibhusaren

    trug, wurde ebenso wie seine Gemahlin mit der

    gleichen Begeisterung wie das Kaiserpaar begrüßt.

    Zwischen beiden saß der älteste Sohn, Prinz Wilhelm.

    Auch das Automobil des Prinzen mußte,

    besonders zwischen der Wilhelmstraße und der

    Friedrichstraße, mehrere Male im Schritt fahren,

    um kein Unheil in der freudig erregten Menge

    anzurichten. Im dritten Auto saß Prinz Adalbert

    sowie das Prinzenpaar August Wilhelm.

    Auf dem Schloßplatz wurden die Hofautomobile von

    einer vieltausendköpfigen Menge empfangen, die in

    brausende Hochrufe ausbrach, als der Wagen des

    Kaisers auf der Schloßbrücke erschien und die

    Purpurstandarte über dem alten Schlosse der

    Hohenzollern emporstieg.

                                  Vor dem Schloß.

        Die Menschenmassen, die das Kaiserpaar Unter

    den Linden begrüßt hatten, fluteten nun die Linden

    herunter dem Schlosse zu. Bald standen auf

    dem Platze zwischen Schlosse und dem Lustgarten

    Menschenmengen, wie sie der Platz wohl selten

    gesehen haben mag. Die allgemeine begeisterte

    Erregung hatte jetzt ihren Höhepunkt erreicht. An

    den Kandelabern in der Mitte des Platzes stiegen

    Leute hinauf, die tausendstimmig erwiderte Hochs

    auf den Kaiser ausbrachten. Immer wieder schollen

    die von allen Seiten freudig aufgenommenen

    Jubelrufe zu den Fenstern des Schlosses empor.

    "Heil dir, im Siegerkranz," "Deutschland, Deutschland

    über alles" und "Ich bin ein Preuße, kennt


     3. Spalte 

    ihr meine Farben", wurden abwechselnd gesungen.

    Wenige Minuten nach 4 Uhr wurde das eiserne

    Hauptportal des Schlosses geöffnet und im  Auto 

    fuhr der Reichskanzler von Bethmann Hollweg in

    Begleitung seines Adjutanten des Freiherrn von

    Sell heraus. Der Kanzler wurde mit lauten Zurufen

    begrüßt und dankte, indem er das Haupt entblößte.

    Bald darauf verließ auch Prinz Heinrich,

    von der Menge lebhaft begrüßt, das Schloß. Unbeweglich

    standen die Massen. Die Schutzleute, die

    in großer Zahl zu Pferde und zu Fuß vor dem

    Schloß konzentriert standen, zeigten sich, wie übrigens

    auch Unter den Linden, dem Publikum gegenüber

    sehr rücksichtsvoll. Je weiter der Zeiger an

    dem Eckturme des Schlosses rückte, um so mehr vergrößerte

    sich die Masse auf dem Schloßplatz.


  • September 18, 2017 13:45:41 Beate Jochem

      item 19        

                                                                               Eisenacher        Zeitung

    verbunden mit

    Tageblatt und Anzeiger für den Eisenacher Kreis


                                                                                  Druck und Verlag :

                                                         Hofbuchdruckerei Eisenach, H.  Kahle,

                                                                                    Inhaber:

                                                                   Paul Kahle und Karl Kahle.


        Die "Eisenacher Zeitung", verbunden mit "Tageblatt und Anzeiger für den Eisenacher

    Kreis", erscheint mit Ausnahme der Feiertage wöchentlich sechsmal, mit "Illustriertem Unter-

    haltungsblatt", Fahrplan und Kalender. Bezugspreis für Eisenach, einschließlich Bringerlohn ,

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    Art: 20 Pf. Annahme der Anzeigen bis vormittag 9 Uhr, größere  > Tags zuvor < .

    Annahme und Vermittlung von Anzeigen für alle Zeitungen der Welt. Beilagegebühr: für

    die Gesamtauflage 50 Pf. bei vierseitigen, 30 Pf. bei zweiseitigen Beilagen, für die Stadtauflage

    40 beziehungsweise 22 Pf.

    _______________________________________________________________________________________________________________

    Nr. 178 Geschäftsstelle:              Sonnabend, den 1. August 1914.            Geschäftszeit:            48. Jahrg.
                   Eisenach, Sophienstraße 55/57. Fernsprecher 47.         7 Uhr vormittags bis 6 Uhr nachmittags.  

    _______________________________________________________________________________________________________________


    Vor der Entscheidung über den Weltkrieg. 

     1. Spalte 

    Ein fürchterliches, der Generation von heute bis-
    her fremd gewesenes Wort! Man hat davon in 
    alten Geschichtsbüchern bisher gelesen; nur eine 
    Minderzahl von denen, die heute noch unter uns
    weilen, haben solchen Kriegszustand in deutschen 
    Landen selbst erlebt. Kriegszustand ist noch nicht

    Krieg, hört man da und dort. Eine Tröstung, die

    nur geringen Glauben finden mag. Wenn nicht in

    Petersburg und in Paris die Erleuchtung wie ein 
    Wunder herniedersteigt, dann darf die Menschheit
    alle Hoffnung schwinden lassen. Der Kaiser,

    unser Friedenskaiser , ist, wie eine offenbar

    hochoffiziöse Kundgebung  verlautbart, vom rus-

    sichen Zaren schmählich betrogen

    worden. Das Verhalten der russischen Krone

    schlägt jeder Loyalität ins Gesicht! Nun soll 
    Rußland erfahren, heißt es in jener offi-

    ziösen Auslassung, daß dieser  Abkomme Friedrichs 
    des Großen ein Kriegsfürst sein wird! Hört man 

    schon den Anmarsch unserer Bataillone? Wir dür-

    fen den kommenden Ereignissen ohne Bangen ent-

    gegensehen . Nicht  großsprecherisch und nicht über-

    mütig wollen wir sein; aber wer vielleicht draußen

    in der Welt glaubt, schreibt die  "Nat. Ztg." daß

    das deutsche Volk vom  Schauder blasser Furcht ge-

    schüttelt werde, wie es bei den Leuten jenseits der 

    Grenzen bereits der Fall ist,  so gibt man  sich einer

    regen Täuschung hin. Das  Volk steht auf, 

    der Sturm bricht los. Die Herren an der 

    Newa wollen eine blutige Tragödie inszenieren, ihre

    Freunde an der Seine wollen oder können sie daran 

    nicht hindern: Wohlan! Das Spiel kann 

    beginnen!

     

                           Ultimatum an Rußland.

        Der "Norddeutschen Allg. Ztg." zufolge ließ Kaiser

    Wilhelm Rußland wissen, daß die deutsche

    Mobilmachung in Aussicht steht, falls Rußland

    nicht binnen 12 Stunden seine Kriegsvorbereitungen

    einstellt. Gleichzeitig ist an Frankreich

    die Anfrage über dessen Haltung im Falle

    eines deutsch-russischen Krieges gerichtet worden.


                       Der Reichstag wird einberufen.

        Berlin, 31. Juli. Wie offiziös gemeldet wird,

    ist die Einberufung des Reichstages

    auf Dienstag, den 4. August, in Aussicht genommen.

    Die Eröffnung wird im Weißen Saale des Königlichen

    Schlosses zu Berlin um 1 Uhr nachmittags

    erfolgen. Die kaiserliche Verordnung wegen der

    Berufung steht noch aus.


                Der Reichstag wird einberufen.

        Berlin, 31. Juli. Wie offiziös gemeldet wird,

    ist die Einberufung des Reichstages

    auf Dienstag, den 4. August, in Aussicht genommen.

    die Eröffnung wird im Weißen Saale des Königlichen

    Schlosses zu Berlin um 1 Uhr nachmittags

    erfolgen. Die kaiserliche Verordnung wegen der

    Berufung steht noch aus.


                              Kriegszustand.

        Berlin, 31. Juli. Aus Petersburg ist die

    Nachricht des deutschen Botschafters eingegangen,

    daß die allgemeine Mobilmachung der russischen

    Armee und Flotte befohlen worden ist. Darauf

    hat Se. Majestät der Kaiser den Zustand der

    drohenden Kriegsgefahr befohlen. Se. Majestät

    wird heute nach Berlin übersiedeln.

        Berlin, 31.Juli Nach Artikel 68 der Reichsverfassug

    hat Se. Majestät der Kaiser das Reichsgebiet

    ohne Bayern in den Kriegszustand erklärt.

    Über Bayern ergeht die gleiche Anordnung.

        Berlin, 31. Juli.  Bei militärischen Maßnahmen

    kommen bei drohender Kriegsgefahr hauptsächlich

    in Betracht:

        1. An der Grenze und zum Schutze der Eisenbahnen

            erforderliche Maßnahmen.

        2. Verkehrsbeschränkungen der Post, Telegraphen,

            Eisenbahnen usw. zugunsten des militärischen

            Bedarfs.

         3. Erklärung des Kriegszustandes für das gesamte

             Kriegsgebiet.

         4. Verbot der Veröffentlichung über Truppenbewegungen

             und Verteidigungsmittel. Der

             Kriegszustand ist gleichbedeutend mit dem

             Belagerungszustand in Preußen (Art. 68

             der Reichsverordnung.)

     

     2. Spalte 

                             

                          Die bayerische Verfügung.

        München, 31. Juli. Nach einer königlichen

    Verordnung vom 31. Juli 1914 wird über das gesamte

    Gebiet des Königreichs der Kriegszustand

    verhängt. Für die Pfalz wird das Standrecht

    angeordnet.


                       Die Rückkehr des Kaisers von

                             Potsdam nach Berlin.

                                 In Erwartung.

        Infolge der Gerüchte, daß heute die Mobilisierung

    der deutschen Armee erfolgen solle, hatten sich

    schon am Mittag in den Hauptstraßen des Zentrums

    größere Menschenmassen angesammelt, um die

    neuesten Ereignisse möglichst schnell zu erfahren.

    Gegen 2 Uhr kamen in Autos die ersten Extrablätter

    auf die Straße, die den Boten von

    Dutzenden von Händen entrissen wurden. In wenigen

    Minuten waren Straßen und Plätze mit 

    Tausenden der flatternden Blätter bedeckt. Unter

    den Linden, in der Leipziger Straße und am Potsdamer

    Platz scharten sich sofort dichte Menschenmassen 

    zusammen, die in größter Erregung hin- und

    herwogten, und gegen deren Strom die Schutzleute,

    die den Verkehr zu regeln hatten, machtlos waren.

    Da wurde die Nachricht bekannt, daß der Kaiser

    die Absicht habe, im Laufe des Nachmittags seine

    Residenz im Potsdamer Neuen Palais

    missing

                               Der Einzug des Kaisers.

        Sofort strömten die Massen aus den Straßen in

    der Nähe der Linden dem Brandenburger

    Tore zu, wo sich bald Tausende und Abertausende

    in dichten Menschenmauern aufstellten. Gegen ¾ 3

    Uhr ertönten vom Tiergarten her brausende Hochrufe.

    Die Wache am Brandenburger Tor trat unter

    Gewehr. Die Trommel rasselte und gleich darauf

    durchschnitt der scharfe Klang des Kaiserlichen 

    Hupensignals die Luft. Hinter der Siegesallee tauchte

    das bekannte hellbraune Automobil des

    Kaisers mit der roten Standarte auf. Zehntausendfache

    Hochs erschollen und das Trommelgewirbel

    der Wache ertrank in dem Meere der

    Jubelrufe. Der Kaiser, der die Uniform des Regiments

    Garde du Corps mit dem Stahlhelm trug,

    dankte unaufhörlich nach allen Seiten. Er wie die

    Kaiserin waren ernsten Antlitzes. Als das Kaiserliche

    Auto den Pariser Platz hinter sich gelassen

    hatte und in die Linden einlenkte, durchbrachen die

    Menschenmassen von beiden Seiten die dünnen

    Schutzmannsketten, die schon seit der Mittagsstunde

    aufgestellt waren. In tosender Begeisterung drängten

    sich Tausende von Menschen um den Wagen und

    jubelten dem Kaiserpaare zu. Nur langsam konnte

    sich der Wagen unter unausgesetzten Hupensignalen

    einen Weg durch die Menge bahnen. Dicht hinter

    dem Kaiserlichen Auto fuhr der bekannte dunkle

    Kraftwagen des Kronprinzen. Der Thronfolger,

    der die Uniform seiner Danziger Leibhusaren

    trug, wurde ebenso wie seine Gemahlin mit der

    gleichen Begeisterung wie das Kaiserpaar begrüßt.

    Zwischen beiden saß der älteste Sohn, Prinz Wilhelm.

    Auch das Automobil des Prinzen mußte,

    besonders zwischen der Wilhelmstraße und der

    Friedrichstraße, mehrere Male im Schritt fahren,

    um kein Unheil in der freudig erregten Menge

    anzurichten. Im dritten Auto saß Prinz Adalbert

    sowie das Prinzenpaar August Wilhelm.

    Auf dem Schloßplatz wurden die Hofautomobile von

    einer vieltausendköpfigen Menge empfangen, die in

    brausende Hochrufe ausbrach, als der Wagen des

    Kaisers auf der Schloßbrücke erschien und die

    Purpurstandarte über dem alten Schlosse der

    Hohenzollern emporstieg.

                                  Vor dem Schloß.

        Die Menschenmassen, die das Kaiserpaar Unter

    den Linden begrüßt hatten, fluteten nun die Linden

    herunter dem Schlosse zu. Bald standen auf

    dem Platze zwischen Schlosse und dem Lustgarten

    Menschenmengen, wie sie der Platz wohl selten

    gesehen haben mag. Die allgemeine begeisterte

    Erregung hatte jetzt ihren Höhepunkt erreicht. An

    den Kandelabern in der Mitte des Platzes stiegen

    Leute hinauf, die tausendstimmig erwiderte Hochs

    auf den Kaiser ausbrachten. Immer wieder schollen

    die von allen Seiten freudig aufgenommenen

    Jubelrufe zu den Fenstern des Schlosses empor.

    "Heil dir, im Siegerkranz," "Deutschland, Deutschland

    über alles" und "Ich bin ein Preuße, kennt


     3. Spalte 


  • September 18, 2017 13:44:38 Beate Jochem

      item 19        

                                                                               Eisenacher        Zeitung

    verbunden mit

    Tageblatt und Anzeiger für den Eisenacher Kreis


                                                                                  Druck und Verlag :

                                                         Hofbuchdruckerei Eisenach, H.  Kahle,

                                                                                    Inhaber:

                                                                   Paul Kahle und Karl Kahle.


        Die "Eisenacher Zeitung", verbunden mit "Tageblatt und Anzeiger für den Eisenacher

    Kreis", erscheint mit Ausnahme der Feiertage wöchentlich sechsmal, mit "Illustriertem Unter-

    haltungsblatt", Fahrplan und Kalender. Bezugspreis für Eisenach, einschließlich Bringerlohn ,

    monatlich 70 Pf. in Vorauszahlung; durch die Post vierteljährlich 2,10 M. frei ins Haus, bei

    Abholung am Postschalter 1,68 M. Alle Postanstalten sowie die Landbriefträger und unsere Ver-

    treter nehmen Bestellungen entgegen. Einzelne Nummer 10 Pf.


        Anzeigenpreis für Eisenach 10 Pf. für die einspaltige Petitzeile, für auswärts und im amt-

    lichen Teil 15 Pf. Reklamen nach dem politischen Teil: Petitzeile 40 Pf. Nachweisgebühr aller

    Art: 20 Pf. Annahme der Anzeigen bis vormittag 9 Uhr, größere  > Tags zuvor < .

    Annahme und Vermittlung von Anzeigen für alle Zeitungen der Welt. Beilagegebühr: für

    die Gesamtauflage 50 Pf. bei vierseitigen, 30 Pf. bei zweiseitigen Beilagen, für die Stadtauflage

    40 beziehungsweise 22 Pf.

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    _______________________________________________________________________________________________________________


    Vor der Entscheidung über den Weltkrieg. 

     1. Spalte 

    Ein fürchterliches, der Generation von heute bis-
    her fremd gewesenes Wort! Man hat davon in 
    alten Geschichtsbüchern bisher gelesen; nur eine 
    Minderzahl von denen, die heute noch unter uns
    weilen, haben solchen Kriegszustand in deutschen 
    Landen selbst erlebt. Kriegszustand ist noch nicht

    Krieg, hört man da und dort. Eine Tröstung, die

    nur geringen Glauben finden mag. Wenn nicht in

    Petersburg und in Paris die Erleuchtung wie ein 
    Wunder herniedersteigt, dann darf die Menschheit
    alle Hoffnung schwinden lassen. Der Kaiser,

    unser Friedenskaiser , ist, wie eine offenbar

    hochoffiziöse Kundgebung  verlautbart, vom rus-

    sichen Zaren schmählich betrogen

    worden. Das Verhalten der russischen Krone

    schlägt jeder Loyalität ins Gesicht! Nun soll 
    Rußland erfahren, heißt es in jener offi-

    ziösen Auslassung, daß dieser  Abkomme Friedrichs 
    des Großen ein Kriegsfürst sein wird! Hört man 

    schon den Anmarsch unserer Bataillone? Wir dür-

    fen den kommenden Ereignissen ohne Bangen ent-

    gegensehen . Nicht  großsprecherisch und nicht über-

    mütig wollen wir sein; aber wer vielleicht draußen

    in der Welt glaubt, schreibt die  "Nat. Ztg." daß

    das deutsche Volk vom  Schauder blasser Furcht ge-

    schüttelt werde, wie es bei den Leuten jenseits der 

    Grenzen bereits der Fall ist,  so gibt man  sich einer

    regen Täuschung hin. Das  Volk steht auf, 

    der Sturm bricht los. Die Herren an der 

    Newa wollen eine blutige Tragödie inszenieren, ihre

    Freunde an der Seine wollen oder können sie daran 

    nicht hindern: Wohlan! Das Spiel kann 

    beginnen!

     

                           Ultimatum an Rußland.

        Der "Norddeutschen Allg. Ztg." zufolge ließ Kaiser

    Wilhelm Rußland wissen, daß die deutsche

    Mobilmachung in Aussicht steht, falls Rußland

    nicht binnen 12 Stunden seine Kriegsvorbereitungen

    einstellt. Gleichzeitig ist an Frankreich

    die Anfrage über dessen Haltung im Falle

    eines deutsch-russischen Krieges gerichtet worden.


                       Der Reichstag wird einberufen.

        Berlin, 31. Juli. Wie offiziös gemeldet wird,

    ist die Einberufung des Reichstages

    auf Dienstag, den 4. August, in Aussicht genommen.

    Die Eröffnung wird im Weißen Saale des Königlichen

    Schlosses zu Berlin um 1 Uhr nachmittags

    erfolgen. Die kaiserliche Verordnung wegen der

    Berufung steht noch aus.


                Der Reichstag wird einberufen.

        Berlin, 31. Juli. Wie offiziös gemeldet wird,

    ist die Einberufung des Reichstages

    auf Dienstag, den 4. August, in Aussicht genommen.

    die Eröffnung wird im Weißen Saale des Königlichen

    Schlosses zu Berlin um 1 Uhr nachmittags

    erfolgen. Die kaiserliche Verordnung wegen der

    Berufung steht noch aus.


                              Kriegszustand.

        Berlin, 31. Juli. Aus Petersburg ist die

    Nachricht des deutschen Botschafters eingegangen,

    daß die allgemeine Mobilmachung der russischen

    Armee und Flotte befohlen worden ist. Darauf

    hat Se. Majestät der Kaiser den Zustand der

    drohenden Kriegsgefahr befohlen. Se. Majestät

    wird heute nach Berlin übersiedeln.

        Berlin, 31.Juli Nach Artikel 68 der Reichsverfassug

    hat Se. Majestät der Kaiser das Reichsgebiet

    ohne Bayern in den Kriegszustand erklärt.

    Über Bayern ergeht die gleiche Anordnung.

        Berlin, 31. Juli.  Bei militärischen Maßnahmen

    kommen bei drohender Kriegsgefahr hauptsächlich

    in Betracht:

        1. An der Grenze und zum Schutze der Eisenbahnen

            erforderliche Maßnahmen.

        2. Verkehrsbeschränkungen der Post, Telegraphen,

            Eisenbahnen usw. zugunsten des militärischen

            Bedarfs.

         3. Erklärung des Kriegszustandes für das gesamte

             Kriegsgebiet.

         4. Verbot der Veröffentlichung über Truppenbewegungen

             und Verteidigungsmittel. Der

             Kriegszustand ist gleichbedeutend mit dem

             Belagerungszustand in Preußen (Art. 68

             der Reichsverordnung.)

     

     2. Spalte 

                             

                          Die bayerische Verfügung.

        München, 31. Juli. Nach einer königlichen

    Verordnung vom 31. Juli 1914 wird über das gesamte

    Gebiet des Königreichs der Kriegszustand

    verhängt. Für die Pfalz wird das Standrecht

    angeordnet.


                       Die Rückkehr des Kaisers von

                             Potsdam nach Berlin.

                                 In Erwartung.

        Infolge der Gerüchte, daß heute die Mobilisierung

    der deutschen Armee erfolgen solle, hatten sich

    schon am Mittag in den Hauptstraßen des Zentrums

    größere Menschenmassen angesammelt, um die

    neuesten Ereignisse möglichst schnell zu erfahren.

    Gegen 2 Uhr kamen in Autos die ersten Extrablätter

    auf die Straße, die den Boten von

    Dutzenden von Händen entrissen wurden. In wenigen

    Minuten waren Straßen und Plätze mit 

    Tausenden der flatternden Blätter bedeckt. Unter

    den Linden, in der Leipziger Straße und am Potsdamer

    Platz scharten sich sofort dichte Menschenmassen 

    zusammen, die in größter Erregung hin- und

    herwogten, und gegen deren Strom die Schutzleute,

    die den Verkehr zu regeln hatten, machtlos waren.

    Da wurde die Nachricht bekannt, daß der Kaiser

    die Absicht habe, im Laufe des Nachmittags seine

    Residenz im Potsdamer Neuen Palais

    missing

                               Der Einzug des Kaisers.

        Sofort strömten die Massen aus den Straßen in

    der Nähe der Linden dem Brandenburger

    Tore zu, wo sich bald Tausende und Abertausende

    in dichten Menschenmauern aufstellten. Gegen 3/4  3

    Uhr ertönten vom Tiergarten her brausende Hochrufe.

    Die Wache am Brandenburger Tor trat unter

    Gewehr. Die Trommel rasselte und gleich darauf

    durchschnitt der scharfe Klang des Kaiserlichen 

    Hupensignals die Luft. Hinter der Siegesallee tauchte

    das bekannte hellbraune Automobil des

    Kaisers mit der roten Standarte auf. Zehntausendfache

    Hochs erschollen und das Trommelgewirbel

    der Wache ertrank in dem Meere der

    Jubelrufe. Der Kaiser, der die Uniform des Regiments

    Garde du Corps mit dem Stahlhelm trug,

    dankte unaufhörlich nach allen Seiten. Er wie die

    Kaiserin waren ernsten Antlitzes. Als das Kaiserliche

    Auto den Pariser Platz hinter sich gelassen

    hatte und in die Linden einlenkte, durchbrachen die

    Menschenmassen von beiden Seiten die dünnen

    Schutzmannsketten, die schon seit der Mittagsstunde

    aufgestellt waren. In tosender Begeisterung drängten

    sich Tausende von Menschen um den Wagen und

    jubelten dem Kaiserpaare zu. Nur langsam konnte

    sich der Wagen unter unausgesetzten Hupensignalen

    einen Weg durch die Menge bahnen. Dicht hinter

    dem Kaiserlichen Auto fuhr der bekannte dunkle

    Kraftwagen des Kronprinzen. Der Thronfolger,

    der die Uniform seiner Danziger Leibhusaren

    trug, wurde ebenso wie seine Gemahlin mit der

    gleichen Begeisterung wie das Kaiserpaar begrüßt.

    Zwischen beiden saß der älteste Sohn, Prinz Wilhelm.

    Auch das Automobil des Prinzen mußte,

    besonders zwischen der Wilhelmstraße und der

    Friedrichstraße, mehrere Male im Schritt fahren,

    um kein Unheil in der freudig erregten Menge

    anzurichten. Im dritten Auto saß Prinz Adalbert

    sowie das Prinzenpaar August Wilhelm.

    Auf dem Schloßplatz wurden die Hofautomobile von

    einer vieltausendköpfigen Menge empfangen, die in

    brausende Hochrufe ausbrach, als der Wagen des

    Kaisers auf der Schloßbrücke erschien und die

    Purpurstandarte über dem alten Schlosse der

    Hohenzollern emporstieg.

                                  Vor dem Schloß.

        Die Menschenmassen, die das Kaiserpaar Unter

    den Linden begrüßt hatten, fluteten nun die Linden

    herunter dem Schlosse zu. Bald standen auf

    dem Platze zwischen Schlosse und dem Lustgarten

    Menschenmengen, wie sie der Platz wohl selten

    gesehen haben mag. Die allgemeine begeisterte

    Erregung hatte jetzt ihren Höhepunkt erreicht. An

    den Kandelabern in der Mitte des Platzes stiegen

    Leute hinauf, die tausendstimmig erwiderte Hochs

    auf den Kaiser ausbrachten. Immer wieder schollen

    die von allen Seiten freudig aufgenommenen

    Jubelrufe zu den Fenstern des Schlosses empor.

    "Heil dir, im Siegerkranz," "Deutschland, Deutschland

    über alles" und "Ich bin ein Preuße, kennt


     3. Spalte 


  • September 18, 2017 13:44:05 Beate Jochem

      item 19        

                                                                               Eisenacher        Zeitung

    verbunden mit

    Tageblatt und Anzeiger für den Eisenacher Kreis


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                                                         Hofbuchdruckerei Eisenach, H.  Kahle,

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        Die "Eisenacher Zeitung", verbunden mit "Tageblatt und Anzeiger für den Eisenacher

    Kreis", erscheint mit Ausnahme der Feiertage wöchentlich sechsmal, mit "Illustriertem Unter-

    haltungsblatt", Fahrplan und Kalender. Bezugspreis für Eisenach, einschließlich Bringerlohn ,

    monatlich 70 Pf. in Vorauszahlung; durch die Post vierteljährlich 2,10 M. frei ins Haus, bei

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    treter nehmen Bestellungen entgegen. Einzelne Nummer 10 Pf.


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    lichen Teil 15 Pf. Reklamen nach dem politischen Teil: Petitzeile 40 Pf. Nachweisgebühr aller

    Art: 20 Pf. Annahme der Anzeigen bis vormittag 9 Uhr, größere  > Tags zuvor < .

    Annahme und Vermittlung von Anzeigen für alle Zeitungen der Welt. Beilagegebühr: für

    die Gesamtauflage 50 Pf. bei vierseitigen, 30 Pf. bei zweiseitigen Beilagen, für die Stadtauflage

    40 beziehungsweise 22 Pf.

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    Nr. 178 Geschäftsstelle:              Sonnabend, den 1. August 1914.            Geschäftszeit:            48. Jahrg.
                   Eisenach, Sophienstraße 55/57. Fernsprecher 47.         7 Uhr vormittags bis 6 Uhr nachmittags.  

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    Vor der Entscheidung über den Weltkrieg. 

     1. Spalte 

    Ein fürchterliches, der Generation von heute bis-
    her fremd gewesenes Wort! Man hat davon in 
    alten Geschichtsbüchern bisher gelesen; nur eine 
    Minderzahl von denen, die heute noch unter uns
    weilen, haben solchen Kriegszustand in deutschen 
    Landen selbst erlebt. Kriegszustand ist noch nicht

    Krieg, hört man da und dort. Eine Tröstung, die

    nur geringen Glauben finden mag. Wenn nicht in

    Petersburg und in Paris die Erleuchtung wie ein 
    Wunder herniedersteigt, dann darf die Menschheit
    alle Hoffnung schwinden lassen. Der Kaiser,

    unser Friedenskaiser , ist, wie eine offenbar

    hochoffiziöse Kundgebung  verlautbart, vom rus-

    sichen Zaren schmählich betrogen

    worden. Das Verhalten der russischen Krone

    schlägt jeder Loyalität ins Gesicht! Nun soll 
    Rußland erfahren, heißt es in jener offi-

    ziösen Auslassung, daß dieser  Abkomme Friedrichs 
    des Großen ein Kriegsfürst sein wird! Hört man 

    schon den Anmarsch unserer Bataillone? Wir dür-

    fen den kommenden Ereignissen ohne Bangen ent-

    gegensehen . Nicht  großsprecherisch und nicht über-

    mütig wollen wir sein; aber wer vielleicht draußen

    in der Welt glaubt, schreibt die  "Nat. Ztg." daß

    das deutsche Volk vom  Schauder blasser Furcht ge-

    schüttelt werde, wie es bei den Leuten jenseits der 

    Grenzen bereits der Fall ist,  so gibt man  sich einer

    regen Täuschung hin. Das  Volk steht auf, 

    der Sturm bricht los. Die Herren an der 

    Newa wollen eine blutige Tragödie inszenieren, ihre

    Freunde an der Seine wollen oder können sie daran 

    nicht hindern: Wohlan! Das Spiel kann 

    beginnen!

     

                           Ultimatum an Rußland.

        Der "Norddeutschen Allg. Ztg." zufolge ließ Kaiser

    Wilhelm Rußland wissen, daß die deutsche

    Mobilmachung in Aussicht steht, falls Rußland

    nicht binnen 12 Stunden seine Kriegsvorbereitungen

    einstellt. Gleichzeitig ist an Frankreich

    die Anfrage über dessen Haltung im Falle

    eines deutsch-russischen Krieges gerichtet worden.


                       Der Reichstag wird einberufen.

        Berlin, 31. Juli. Wie offiziös gemeldet wird,

    ist die Einberufung des Reichstages

    auf Dienstag, den 4. August, in Aussicht genommen.

    Die Eröffnung wird im Weißen Saale des Königlichen

    Schlosses zu Berlin um 1 Uhr nachmittags

    erfolgen. Die kaiserliche Verordnung wegen der

    Berufung steht noch aus.


                Der Reichstag wird einberufen.

        Berlin, 31. Juli. Wie offiziös gemeldet wird,

    ist die Einberufung des Reichstages

    auf Dienstag, den 4. August, in Aussicht genommen.

    die Eröffnung wird im Weißen Saale des Königlichen

    Schlosses zu Berlin um 1 Uhr nachmittags

    erfolgen. Die kaiserliche Verordnung wegen der

    Berufung steht noch aus.


                              Kriegszustand.

        Berlin, 31. Juli. Aus Petersburg ist die

    Nachricht des deutschen Botschafters eingegangen,

    daß die allgemeine Mobilmachung der russischen

    Armee und Flotte befohlen worden ist. Darauf

    hat Se. Majestät der Kaiser den Zustand der

    drohenden Kriegsgefahr befohlen. Se. Majestät

    wird heute nach Berlin übersiedeln.

        Berlin, 31.Juli Nach Artikel 68 der Reichsverfassug

    hat Se. Majestät der Kaiser das Reichsgebiet

    ohne Bayern in den Kriegszustand erklärt.

    Über Bayern ergeht die gleiche Anordnung.

        Berlin, 31. Juli.  Bei militärischen Maßnahmen

    kommen bei drohender Kriegsgefahr hauptsächlich

    in Betracht:

        1. An der Grenze und zum Schutze der Eisenbahnen

            erforderliche Maßnahmen.

        2. Verkehrsbeschränkungen der Post, Telegraphen,

            Eisenbahnen usw. zugunsten des militärischen

            Bedarfs.

         3. Erklärung des Kriegszustandes für das gesamte

             Kriegsgebiet.

         4. Verbot der Veröffentlichung über Truppenbewegungen

             und Verteidigungsmittel. Der

             Kriegszustand ist gleichbedeutend mit dem

             Belagerungszustand in Preußen (Art. 68

             der Reichsverordnung.)

     

     2. Spalte 

                             

                          Die bayerische Verfügung.

        München, 31. Juli. Nach einer königlichen

    Verordnung vom 31. Juli 1914 wird über das gesamte

    Gebiet des Königreichs der Kriegszustand

    verhängt. Für die Pfalz wird das Standrecht

    angeordnet.


                       Die Rückkehr des Kaisers von

                             Potsdam nach Berlin.

                                 In Erwartung.

        Infolge der Gerüchte, daß heute die Mobilisierung

    der deutschen Armee erfolgen solle, hatten sich

    schon am Mittag in den Hauptstraßen des Zentrums

    größere Menschenmassen angesammelt, um die

    neuesten Ereignisse möglichst schnell zu erfahren.

    Gegen 2 Uhr kamen in Autos die ersten Extrablätter

    auf die Straße, die den Boten von

    Dutzenden von Händen entrissen wurden. In wenigen

    Minuten waren Straßen und Plätze mit 

    Tausenden der flatternden Blätter bedeckt. Unter

    den Linden, in der Leipziger Straße und am Potsdamer

    Platz scharten sich sofort dichte Menschenmassen 

    zusammen, die in größter Erregung hin- und

    herwogten, und gegen deren Strom die Schutzleute,

    die den Verkehr zu regeln hatten, machtlos waren.

    Da wurde die Nachricht bekannt, daß der Kaiser

    die Absicht habe, im Laufe des Nachmittags seine

    Residenz im Potsdamer Neuen Palais

    missing

                               Der Einzug des Kaisers.

        Sofort strömten die Massen aus den Straßen in

    der Nähe der Linden dem Brandenburger

    Tore zu, wo sich bald Tausende und Abertausende

    in dichten Menschenmauern aufstellten. Gegen 3/4  3

    Uhr ertönten vom Tiergarten her brausende Hochrufe.

    Die Wache am Brandenburger Tor trat unter

    Gewehr. Die Trommel rasselte und gleich darauf

    durchschnitt der scharfe Klang des Kaiserlichen 

    Hupensignals die Luft. Hinter der Siegesallee tauchte

    das bekannte hellbraune Automobil des

    Kaisers mit der roten Standarte auf. Zehntausendfache

    Hochs erschollen und das Trommelgewirbel

    der Wache ertrank in dem Meere der

    Jubelrufe. Der Kaiser, der die Uniform des Regiments

    Garde du Corps mit dem Stahlhelm trug,

    dankte unaufhörlich nach allen Seiten. Er wie die

    Kaiserin waren ernsten Antlitzes. Als das Kaiserliche

    Auto den Pariser Platz hinter sich gelassen

    hatte und in die Linden einlenkte, durchbrachen die

    Menschenmassen von beiden Seiten die dünnen

    Schutzmannsketten, die schon seit der Mittagsstunde

    aufgestellt waren. In tosender Begeisterung drängten

    sich Tausende von Menschen um den Wagen und

    jubelten dem Kaiserpaare zu. Nur langsam konnte

    sich der Wagen unter unausgesetzten Hupensignalen

    einen Weg durch die Menge bahnen. Dicht hinter

    dem Kaiserlichen Auto fuhr der bekannte dunkle

    Kraftwagen des Kronprinzen. Der Thronfolger,

    der die Uniform seiner Danziger Leibhusaren

    trug, wurde ebenso wie seine Gemahlin mit der

    gleichen Begeisterung wie das Kaiserpaar begrüßt.

    Zwischen beiden saß der älteste Sohn, Prinz Wilhelm.

    Auch das Automobil des Prinzen mußte,

    besonders zwischen der Wilhelmstraße und der

    Friedrichstraße, mehrere Male im Schritt fahren,

    um kein Unheil in der freudig erregten Menge

    anzurichten. Im dritten Auto saß Prinz Adalbert

    sowie das Prinzenpaar August Wilhelm.

    Auf dem Schloßplatz wurden die Hofautomobile von

    einer vieltausendköpfigen Menge empfangen, die in

    brausende Hochrufe ausbrach, als der Wagen des

    Kaisers auf der Schloßbrücke erschien und die

    Purpurstandarte über dem alten Schlosse der

    Hohenzollern emporstieg.

                                  Vor dem Schloß.

        Die Menschenmassen, die das Kaiserpaar Unter

    den Linden begrüßt hatten, fluteten nun die Linden

    herunter dem Schlosse zu. Bald standen auf

    dem Platze zwischen Schlosse und dem Lustgarten

    Menschenmengen, wie sie der Platz wohl selten

    gesehen haben mag. Die allgemeine begeisterte

    Erregung hatte jetzt ihren Höhepunkt erreicht. An

    den Kandelabern in der Mitte des Platzes stiegen

    Leute hinauf, die tausendstimmig erwiderte Hochs

    auf den Kaiser ausbrachten. Immer wieder schollen

    die von allen Seiten freudig aufgenommenen

    Jubelrufe zu den Fenstern des Schlosses empor.

    "Heil dir, im Siegerkranz," "Deutschland, Deutschland

    über alles" und "Ich bin ein Preuße, kennt


  • September 18, 2017 13:43:14 Beate Jochem

      item 19        

                                                                               Eisenacher        Zeitung

    verbunden mit

    Tageblatt und Anzeiger für den Eisenacher Kreis


                                                                                  Druck und Verlag :

                                                         Hofbuchdruckerei Eisenach, H.  Kahle,

                                                                                    Inhaber:

                                                                   Paul Kahle und Karl Kahle.


        Die "Eisenacher Zeitung", verbunden mit "Tageblatt und Anzeiger für den Eisenacher

    Kreis", erscheint mit Ausnahme der Feiertage wöchentlich sechsmal, mit "Illustriertem Unter-

    haltungsblatt", Fahrplan und Kalender. Bezugspreis für Eisenach, einschließlich Bringerlohn ,

    monatlich 70 Pf. in Vorauszahlung; durch die Post vierteljährlich 2,10 M. frei ins Haus, bei

    Abholung am Postschalter 1,68 M. Alle Postanstalten sowie die Landbriefträger und unsere Ver-

    treter nehmen Bestellungen entgegen. Einzelne Nummer 10 Pf.


        Anzeigenpreis für Eisenach 10 Pf. für die einspaltige Petitzeile, für auswärts und im amt-

    lichen Teil 15 Pf. Reklamen nach dem politischen Teil: Petitzeile 40 Pf. Nachweisgebühr aller

    Art: 20 Pf. Annahme der Anzeigen bis vormittag 9 Uhr, größere  > Tags zuvor < .

    Annahme und Vermittlung von Anzeigen für alle Zeitungen der Welt. Beilagegebühr: für

    die Gesamtauflage 50 Pf. bei vierseitigen, 30 Pf. bei zweiseitigen Beilagen, für die Stadtauflage

    40 beziehungsweise 22 Pf.

    _______________________________________________________________________________________________________________

    Nr. 178 Geschäftsstelle:              Sonnabend, den 1. August 1914.            Geschäftszeit:            48. Jahrg.
                   Eisenach, Sophienstraße 55/57. Fernsprecher 47.         7 Uhr vormittags bis 6 Uhr nachmittags.  

    _______________________________________________________________________________________________________________


    Vor der Entscheidung über den Weltkrieg. 

     1. Spalte 

    Ein fürchterliches, der Generation von heute bis-
    her fremd gewesenes Wort! Man hat davon in 
    alten Geschichtsbüchern bisher gelesen; nur eine 
    Minderzahl von denen, die heute noch unter uns
    weilen, haben solchen Kriegszustand in deutschen 
    Landen selbst erlebt. Kriegszustand ist noch nicht

    Krieg, hört man da und dort. Eine Tröstung, die

    nur geringen Glauben finden mag. Wenn nicht in

    Petersburg und in Paris die Erleuchtung wie ein 
    Wunder herniedersteigt, dann darf die Menschheit
    alle Hoffnung schwinden lassen. Der Kaiser,

    unser Friedenskaiser , ist, wie eine offenbar

    hochoffiziöse Kundgebung  verlautbart, vom rus-

    sichen Zaren schmählich betrogen

    worden. Das Verhalten der russischen Krone

    schlägt jeder Loyalität ins Gesicht! Nun soll 
    Rußland erfahren, heißt es in jener offi-

    ziösen Auslassung, daß dieser  Abkomme Friedrichs 
    des Großen ein Kriegsfürst sein wird! Hört man 

    schon den Anmarsch unserer Bataillone? Wir dür-

    fen den kommenden Ereignissen ohne Bangen ent-

    gegensehen . Nicht  großsprecherisch und nicht über-

    mütig wollen wir sein; aber wer vielleicht draußen

    in der Welt glaubt, schreibt die  "Nat. Ztg." daß

    das deutsche Volk vom  Schauder blasser Furcht ge-

    schüttelt werde, wie es bei den Leuten jenseits der 

    Grenzen bereits der Fall ist,  so gibt man  sich einer

    regen Täuschung hin. Das  Volk steht auf, 

    der Sturm bricht los. Die Herren an der 

    Newa wollen eine blutige Tragödie inszenieren, ihre

    Freunde an der Seine wollen oder können sie daran 

    nicht hindern: Wohlan! Das Spiel kann 

    beginnen!

     

                           Ultimatum an Rußland.

        Der "Norddeutschen Allg. Ztg." zufolge ließ Kaiser

    Wilhelm Rußland wissen, daß die deutsche

    Mobilmachung in Aussicht steht, falls Rußland

    nicht binnen 12 Stunden seine Kriegsvorbereitungen

    einstellt. Gleichzeitig ist an Frankreich

    die Anfrage über dessen Haltung im Falle

    eines deutsch-russischen Krieges gerichtet worden.


                       Der Reichstag wird einberufen.

        Berlin, 31. Juli. Wie offiziös gemeldet wird,

    ist die Einberufung des Reichstages

    auf Dienstag, den 4. August, in Aussicht genommen.

    Die Eröffnung wird im Weißen Saale des Königlichen

    Schlosses zu Berlin um 1 Uhr nachmittags

    erfolgen. Die kaiserliche Verordnung wegen der

    Berufung steht noch aus.


                Der Reichstag wird einberufen.

        Berlin, 31. Juli. Wie offiziös gemeldet wird,

    ist die Einberufung des Reichstages

    auf Dienstag, den 4. August, in Aussicht genommen.

    die Eröffnung wird im Weißen Saale des Königlichen

    Schlosses zu Berlin um 1 Uhr nachmittags

    erfolgen. Die kaiserliche Verordnung wegen der

    Berufung steht noch aus.


                              Kriegszustand.

        Berlin, 31. Juli. Aus Petersburg ist die

    Nachricht des deutschen Botschafters eingegangen,

    daß die allgemeine Mobilmachung der russischen

    Armee und Flotte befohlen worden ist. Darauf

    hat Se. Majestät der Kaiser den Zustand der

    drohenden Kriegsgefahr befohlen. Se. Majestät

    wird heute nach Berlin übersiedeln.

        Berlin, 31.Juli Nach Artikel 68 der Reichsverfassug

    hat Se. Majestät der Kaiser das Reichsgebiet

    ohne Bayern in den Kriegszustand erklärt.

    Über Bayern ergeht die gleiche Anordnung.

        Berlin, 31. Juli.  Bei militärischen Maßnahmen

    kommen bei drohender Kriegsgefahr hauptsächlich

    in Betracht:

        1. An der Grenze und zum Schutze der Eisenbahnen

            erforderliche Maßnahmen.

        2. Verkehrsbeschränkungen der Post, Telegraphen,

            Eisenbahnen usw. zugunsten des militärischen

            Bedarfs.

         3. Erklärung des Kriegszustandes für das gesamte

             Kriegsgebiet.

         4. Verbot der Veröffentlichung über Truppenbewegungen

             und Verteidigungsmittel. Der

             Kriegszustand ist gleichbedeutend mit dem

             Belagerungszustand in Preußen (Art. 68

             der Reichsverordnung.)

     

     2. Spalte 

                             

                          Die bayerische Verfügung.

        München, 31. Juli. Nach einer königlichen

    Verordnung vom 31. Juli 1914 wird über das gesamte

    Gebiet des Königreichs der Kriegszustand

    verhängt. Für die Pfalz wird das Standrecht

    angeordnet.


                       Die Rückkehr des Kaisers von

                             Potsdam nach Berlin.

                                 In Erwartung.

        Infolge der Gerüchte, daß heute die Mobilisierung

    der deutschen Armee erfolgen solle, hatten sich

    schon am Mittag in den Hauptstraßen des Zentrums

    größere Menschenmassen angesammelt, um die

    neuesten Ereignisse möglichst schnell zu erfahren.

    Gegen 2 Uhr kamen in Autos die ersten Extrablätter

    auf die Straße, die den Boten von

    Dutzenden von Händen entrissen wurden. In wenigen

    Minuten waren Straßen und Plätze mit 

    Tausenden der flatternden Blätter bedeckt. Unter

    den Linden, in der Leipziger Straße und am Potsdamer

    Platz scharten sich sofort dichte Menschenmassen 

    zusammen, die in größter Erregung hin- und

    herwogten, und gegen deren Strom die Schutzleute,

    die den Verkehr zu regeln hatten, machtlos waren.

    Da wurde die Nachricht bekannt, daß der Kaiser

    die Absicht habe, im Laufe des Nachmittags seine

    Residenz im Potsdamer Neuen Palais

    missing

                               Der Einzug des Kaisers.

        Sofort strömten die Massen aus den Straßen in

    der Nähe der Linden dem Brandenburger

    Tore zu, wo sich bald Tausende und Abertausende

    in dichten Menschenmauern aufstellten. Gegen 3/4  3

    Uhr ertönten vom Tiergarten her brausende Hochrufe.

    Die Wache am Brandenburger Tor trat unter

    Gewehr. Die Trommel rasselte und gleich darauf

    durchschnitt der scharfe Klang des Kaiserlichen 

    Hupensignals die Luft. Hinter der Siegesallee tauchte

    das bekannte hellbraune Automobil des

    Kaisers mit der roten Standarte auf. Zehntausendfache

    Hochs erschollen und das Trommelgewirbel

    der Wache ertrank in dem Meere der

    Jubelrufe. Der Kaiser, der die Uniform des Regiments

    Garde du Corps mit dem Stahlhelm trug,

    dankte unaufhörlich nach allen Seiten. Er wie die

    Kaiserin waren ernsten Antlitzes. Als das Kaiserliche

    Auto den Pariser Platz hinter sich gelassen

    hatte und in die Linden einlenkte, durchbrachen die

    Menschenmassen von beiden Seiten die dünnen

    Schutzmannsketten, die schon seit der Mittagsstunde

    aufgestellt waren. In tosender Begeisterung drängten

    sich Tausende von Menschen um den Wagen und

    jubelten dem Kaiserpaare zu. Nur langsam konnte

    sich der Wagen unter unausgesetzten Hupensignalen

    einen Weg durch die Menge bahnen. Dicht hinter

    dem Kaiserlichen Auto fuhr der bekannte dunkle

    Kraftwagen des Kronprinzen. Der Thronfolger,

    der die Uniform seiner Danziger Leibhusaren

    trug, wurde ebenso wie seine Gemahlin mit der

    gleichen Begeisterung wie das Kaiserpaar begrüßt.

    Zwischen beiden saß der älteste Sohn, Prinz Wilhelm.

    Auch das Automobil des Prinzen mußte,

    besonders zwischen der Wilhelmstraße und der

    Friedrichstraße, mehrere Male im Schritt fahren,

    um kein Unheil in der freudig erregten Menge

    anzurichten. Im dritten Auto saß Prinz Adalbert

    sowie das Prinzenpaar August Wilhelm.

    Auf dem Schloßplatz wurden die Hofautomobile von

    einer vieltausendköpfigen Menge empfangen, die in

    brausende Hochrufe ausbrach, als der Wagen des

    Kaisers auf der Schloßbrücke erschien und die

    Purpurstandarte über dem alten Schlosse der

    Hohenzollern emporstieg.

                                  Vor dem Schloß.

        Die Menschenmassen, die das Kaiserpaar Unter

    den Linden begrüßt hatten, fluteten nun die Linden

    herunter dem Schlosse zu. Bald standen auf

    dem Platze zwischen Schlosse und dem Lustgarten

    Menschenmengen, wie sie der Platz wohl selten

    gesehen haben mag. die allgemeine begeisterte

    Erregung hatte jetzt ihren Höhepunkt erreicht. An

    den Kandelabern in der Mitte des Platzes stiegen

    Leute hinauf, die tausendstimmig erwiderte Hochs

    auf den Kaiser ausbrachten. Immer wieder schollen

    die von allen Seiten freudig aufgenommenen

    Jubelrufe zu den Fenstern des Schlosses empor.

    "Heil dir, im Siegerkranz," "Deutschland, Deutschland

    über alles" und "Ich bin ein Preuße, kennt


  • September 18, 2017 13:37:46 Beate Jochem

      item 19        

                                                                               Eisenacher        Zeitung

    verbunden mit

    Tageblatt und Anzeiger für den Eisenacher Kreis


                                                                                  Druck und Verlag :

                                                         Hofbuchdruckerei Eisenach, H.  Kahle,

                                                                                    Inhaber:

                                                                   Paul Kahle und Karl Kahle.


        Die "Eisenacher Zeitung", verbunden mit "Tageblatt und Anzeiger für den Eisenacher

    Kreis", erscheint mit Ausnahme der Feiertage wöchentlich sechsmal, mit "Illustriertem Unter-

    haltungsblatt", Fahrplan und Kalender. Bezugspreis für Eisenach, einschließlich Bringerlohn ,

    monatlich 70 Pf. in Vorauszahlung; durch die Post vierteljährlich 2,10 M. frei ins Haus, bei

    Abholung am Postschalter 1,68 M. Alle Postanstalten sowie die Landbriefträger und unsere Ver-

    treter nehmen Bestellungen entgegen. Einzelne Nummer 10 Pf.


        Anzeigenpreis für Eisenach 10 Pf. für die einspaltige Petitzeile, für auswärts und im amt-

    lichen Teil 15 Pf. Reklamen nach dem politischen Teil: Petitzeile 40 Pf. Nachweisgebühr aller

    Art: 20 Pf. Annahme der Anzeigen bis vormittag 9 Uhr, größere  > Tags zuvor < .

    Annahme und Vermittlung von Anzeigen für alle Zeitungen der Welt. Beilagegebühr: für

    die Gesamtauflage 50 Pf. bei vierseitigen, 30 Pf. bei zweiseitigen Beilagen, für die Stadtauflage

    40 beziehungsweise 22 Pf.

    _______________________________________________________________________________________________________________

    Nr. 178 Geschäftsstelle:              Sonnabend, den 1. August 1914.            Geschäftszeit:            48. Jahrg.
                   Eisenach, Sophienstraße 55/57. Fernsprecher 47.         7 Uhr vormittags bis 6 Uhr nachmittags.  

    _______________________________________________________________________________________________________________


    Vor der Entscheidung über den Weltkrieg. 

     1. Spalte 

    Ein fürchterliches, der Generation von heute bis-
    her fremd gewesenes Wort! Man hat davon in 
    alten Geschichtsbüchern bisher gelesen; nur eine 
    Minderzahl von denen, die heute noch unter uns
    weilen, haben solchen Kriegszustand in deutschen 
    Landen selbst erlebt. Kriegszustand ist noch nicht

    Krieg, hört man da und dort. Eine Tröstung, die

    nur geringen Glauben finden mag. Wenn nicht in

    Petersburg und in Paris die Erleuchtung wie ein 
    Wunder herniedersteigt, dann darf die Menschheit
    alle Hoffnung schwinden lassen. Der Kaiser,

    unser Friedenskaiser , ist, wie eine offenbar

    hochoffiziöse Kundgebung  verlautbart, vom rus-

    sichen Zaren schmählich betrogen

    worden. Das Verhalten der russischen Krone

    schlägt jeder Loyalität ins Gesicht! Nun soll 
    Rußland erfahren, heißt es in jener offi-

    ziösen Auslassung, daß dieser  Abkomme Friedrichs 
    des Großen ein Kriegsfürst sein wird! Hört man 

    schon den Anmarsch unserer Bataillone? Wir dür-

    fen den kommenden Ereignissen ohne Bangen ent-

    gegensehen . Nicht  großsprecherisch und nicht über-

    mütig wollen wir sein; aber wer vielleicht draußen

    in der Welt glaubt, schreibt die  "Nat. Ztg." daß

    das deutsche Volk vom  Schauder blasser Furcht ge-

    schüttelt werde, wie es bei den Leuten jenseits der 

    Grenzen bereits der Fall ist,  so gibt man  sich einer

    regen Täuschung hin. Das  Volk steht auf, 

    der Sturm bricht los. Die Herren an der 

    Newa wollen eine blutige Tragödie inszenieren, ihre

    Freunde an der Seine wollen oder können sie daran 

    nicht hindern: Wohlan! Das Spiel kann 

    beginnen!

     

                           Ultimatum an Rußland.

        Der "Norddeutschen Allg. Ztg." zufolge ließ Kaiser

    Wilhelm Rußland wissen, daß die deutsche

    Mobilmachung in Aussicht steht, falls Rußland

    nicht binnen 12 Stunden seine Kriegsvorbereitungen

    einstellt. Gleichzeitig ist an Frankreich

    die Anfrage über dessen Haltung im Falle

    eines deutsch-russischen Krieges gerichtet worden.


                       Der Reichstag wird einberufen.

        Berlin, 31. Juli. Wie offiziös gemeldet wird,

    ist die Einberufung des Reichstages

    auf Dienstag, den 4. August, in Aussicht genommen.

    Die Eröffnung wird im Weißen Saale des Königlichen

    Schlosses zu Berlin um 1 Uhr nachmittags

    erfolgen. Die kaiserliche Verordnung wegen der

    Berufung steht noch aus.


                Der Reichstag wird einberufen.

        Berlin, 31. Juli. Wie offiziös gemeldet wird,

    ist die Einberufung des Reichstages

    auf Dienstag, den 4. August, in Aussicht genommen.

    die Eröffnung wird im Weißen Saale des Königlichen

    Schlosses zu Berlin um 1 Uhr nachmittags

    erfolgen. Die kaiserliche Verordnung wegen der

    Berufung steht noch aus.


                              Kriegszustand.

        Berlin, 31. Juli. Aus Petersburg ist die

    Nachricht des deutschen Botschafters eingegangen,

    daß die allgemeine Mobilmachung der russischen

    Armee und Flotte befohlen worden ist. Darauf

    hat Se. Majestät der Kaiser den Zustand der

    drohenden Kriegsgefahr befohlen. Se. Majestät

    wird heute nach Berlin übersiedeln.

        Berlin, 31.Juli Nach Artikel 68 der Reichsverfassug

    hat Se. Majestät der Kaiser das Reichsgebiet

    ohne Bayern in den Kriegszustand erklärt.

    Über Bayern ergeht die gleiche Anordnung.

        Berlin, 31. Juli.  Bei militärischen Maßnahmen

    kommen bei drohender Kriegsgefahr hauptsächlich

    in Betracht:

        1. An der Grenze und zum Schutze der Eisenbahnen

            erforderliche Maßnahmen.

        2. Verkehrsbeschränkungen der Post, Telegraphen,

            Eisenbahnen usw. zugunsten des militärischen

            Bedarfs.

         3. Erklärung des Kriegszustandes für das gesamte

             Kriegsgebiet.

         4. Verbot der Veröffentlichung über Truppenbewegungen

             und Verteidigungsmittel. Der

             Kriegszustand ist gleichbedeutend mit dem

             Belagerungszustand in Preußen (Art. 68

             der Reichsverordnung.)

     

     2. Spalte 

                             

                          Die bayerische Verfügung.

        München, 31. Juli. Nach einer königlichen

    Verordnung vom 31. Juli 1914 wird über das gesamte

    Gebiet des Königreichs der Kriegszustand

    verhängt. Für die Pfalz wird das Standrecht

    angeordnet.


                       Die Rückkehr des Kaisers von

                             Potsdam nach Berlin.

                                 In Erwartung.

        Infolge der Gerüchte, daß heute die Mobilisierung

    der deutschen Armee erfolgen solle, hatten sich

    schon am Mittag in den Hauptstraßen des Zentrums

    größere Menschenmassen angesammelt, um die

    neuesten Ereignisse möglichst schnell zu erfahren.

    Gegen 2 Uhr kamen in Autos die ersten Extrablätter

    auf die Straße, die den Boten von

    Dutzenden von Händen entrissen wurden. In wenigen

    Minuten waren Straßen und Plätze mit 

    Tausenden der flatternden Blätter bedeckt. Unter

    den Linden, in der Leipziger Straße und am Potsdamer

    Platz scharten sich sofort dichte Menschenmassen 

    zusammen, die in größter Erregung hin- und

    herwogten, und gegen deren Strom die Schutzleute,

    die den Verkehr zu regeln hatten, machtlos waren.

    Da wurde die Nachricht bekannt, daß der Kaiser

    die Absicht habe, im Laufe des Nachmittags seine

    Residenz im Potsdamer Neuen Palais

    missing

                               Der Einzug des Kaisers.

        Sofort strömten die Massen aus den Straßen in

    der Nähe der Linden dem Brandenburger

    Tore zu, wo sich bald Tausende und Abertausende

    in dichten Menschenmauern aufstellten. Gegen 3/4  3

    Uhr ertönten vom Tiergarten her brausende Hochrufe.

    Die Wache am Brandenburger Tor trat unter

    Gewehr. Die Trommel rasselte und gleich darauf

    durchschnitt der scharfe Klang des Kaiserlichen 

    Hupensignals die Luft. Hinter der Siegesallee tauchte

    das bekannte hellbraune Automobil des

    Kaisers mit der roten Standarte auf. Zehntausendfache

    Hochs erschollen und das Trommelgewirbel

    der Wache ertrank in dem Meere der

    Jubelrufe. Der Kaiser, der die Uniform des Regiments

    Garde du Corps mit dem Stahlhelm trug,

    dankte unaufhörlich nach allen Seiten. Er wie die

    Kaiserin waren ernsten Antlitzes. Als das Kaiserliche

    Auto den Pariser Platz hinter sich gelassen

    hatte und in die Linden einlenkte, durchbrachen die

    Menschenmassen von beiden Seiten die dünnen

    Schutzmannsketten, die schon seit der Mittagsstunde

    aufgestellt waren. In tosender Begeisterung drängten

    sich Tausende von Menschen um den Wagen und

    jubelten dem Kaiserpaare zu. Nur langsam konnte

    sich der Wagen unter unausgesetzten Hupensignalen

    einen Weg durch die Menge bahnen. Dicht hinter

    dem Kaiserlichen Auto fuhr der bekannte dunkle

    Kraftwagen des Kronprinzen. Der Thronfolger,

    der die Uniform seiner Danziger Leibhusaren

    trug, wurde ebenso wie seine Gemahlin mit der

    gleichen Begeisterung wie das Kaiserpaar begrüßt.

    Zwischen beiden saß der älteste Sohn, Prinz Wilhelm.

    Auch das Automobil des Prinzen mußte,

    besonders zwischen der Wilhelmstraße und der

    Friedrichstraße, mehrere Male im Schritt fahren,

    um kein Unheil in der freudig erregten Menge

    anzurichten. Im dritten Auto saß Prinz Adalbert

    sowie das Prinzenpaar August Wilhelm.

    Auf dem Schloßplatz wurden die Hofautomobile von

    einer vieltausendköpfigen Menge empfangen, die in

    brausende Hochrufe ausbrach, als der Wagen des

    Kaisers auf der Schloßbrücke erschien und die

    Purpurstandarte über dem alten Schlosse der

    Hohenzollern emporstieg.


  • September 18, 2017 13:14:56 Beate Jochem

      item 19        

                                                                               Eisenacher        Zeitung

    verbunden mit

    Tageblatt und Anzeiger für den Eisenacher Kreis


                                                                                  Druck und Verlag :

                                                         Hofbuchdruckerei Eisenach, H.  Kahle,

                                                                                    Inhaber:

                                                                   Paul Kahle und Karl Kahle.


        Die "Eisenacher Zeitung", verbunden mit "Tageblatt und Anzeiger für den Eisenacher

    Kreis", erscheint mit Ausnahme der Feiertage wöchentlich sechsmal, mit "Illustriertem Unter-

    haltungsblatt", Fahrplan und Kalender. Bezugspreis für Eisenach, einschließlich Bringerlohn ,

    monatlich 70 Pf. in Vorauszahlung; durch die Post vierteljährlich 2,10 M. frei ins Haus, bei

    Abholung am Postschalter 1,68 M. Alle Postanstalten sowie die Landbriefträger und unsere Ver-

    treter nehmen Bestellungen entgegen. Einzelne Nummer 10 Pf.


        Anzeigenpreis für Eisenach 10 Pf. für die einspaltige Petitzeile, für auswärts und im amt-

    lichen Teil 15 Pf. Reklamen nach dem politischen Teil: Petitzeile 40 Pf. Nachweisgebühr aller

    Art: 20 Pf. Annahme der Anzeigen bis vormittag 9 Uhr, größere  > Tags zuvor < .

    Annahme und Vermittlung von Anzeigen für alle Zeitungen der Welt. Beilagegebühr: für

    die Gesamtauflage 50 Pf. bei vierseitigen, 30 Pf. bei zweiseitigen Beilagen, für die Stadtauflage

    40 beziehungsweise 22 Pf.

    _______________________________________________________________________________________________________________

    Nr. 178 Geschäftsstelle:              Sonnabend, den 1. August 1914.            Geschäftszeit:            48. Jahrg.
                   Eisenach, Sophienstraße 55/57. Fernsprecher 47.         7 Uhr vormittags bis 6 Uhr nachmittags.  

    _______________________________________________________________________________________________________________


    Vor der Entscheidung über den Weltkrieg. 

     1. Spalte 

    Ein fürchterliches, der Generation von heute bis-
    her fremd gewesenes Wort! Man hat davon in 
    alten Geschichtsbüchern bisher gelesen; nur eine 
    Minderzahl von denen, die heute noch unter uns
    weilen, haben solchen Kriegszustand in deutschen 
    Landen selbst erlebt. Kriegszustand ist noch nicht

    Krieg, hört man da und dort. Eine Tröstung, die

    nur geringen Glauben finden mag. Wenn nicht in

    Petersburg und in Paris die Erleuchtung wie ein 
    Wunder herniedersteigt, dann darf die Menschheit
    alle Hoffnung schwinden lassen. Der Kaiser,

    unser Friedenskaiser , ist, wie eine offenbar

    hochoffiziöse Kundgebung  verlautbart, vom rus-

    sichen Zaren schmählich betrogen

    worden. Das Verhalten der russischen Krone

    schlägt jeder Loyalität ins Gesicht! Nun soll 
    Rußland erfahren, heißt es in jener offi-

    ziösen Auslassung, daß dieser  Abkomme Friedrichs 
    des Großen ein Kriegsfürst sein wird! Hört man 

    schon den Anmarsch unserer Bataillone? Wir dür-

    fen den kommenden Ereignissen ohne Bangen ent-

    gegensehen . Nicht  großsprecherisch und nicht über-

    mütig wollen wir sein; aber wer vielleicht draußen

    in der Welt glaubt, schreibt die  "Nat. Ztg." daß

    das deutsche Volk vom  Schauder blasser Furcht ge-

    schüttelt werde, wie es bei den Leuten jenseits der 

    Grenzen bereits der Fall ist,  so gibt man  sich einer

    regen Täuschung hin. Das  Volk steht auf, 

    der Sturm bricht los. Die Herren an der 

    Newa wollen eine blutige Tragödie inszenieren, ihre

    Freunde an der Seine wollen oder können sie daran 

    nicht hindern: Wohlan! Das Spiel kann 

    beginnen!

     

                           Ultimatum an Rußland.

        Der "Norddeutschen Allg. Ztg." zufolge ließ Kaiser

    Wilhelm Rußland wissen, daß die deutsche

    Mobilmachung in Aussicht steht, falls Rußland

    nicht binnen 12 Stunden seine Kriegsvorbereitungen

    einstellt. Gleichzeitig ist an Frankreich

    die Anfrage über dessen Haltung im Falle

    eines deutsch-russischen Krieges gerichtet worden.


                       Der Reichstag wird einberufen.

        Berlin, 31. Juli. Wie offiziös gemeldet wird,

    ist die Einberufung des Reichstages

    auf Dienstag, den 4. August, in Aussicht genommen.

    Die Eröffnung wird im Weißen Saale des Königlichen

    Schlosses zu Berlin um 1 Uhr nachmittags

    erfolgen. Die kaiserliche Verordnung wegen der

    Berufung steht noch aus.


                Der Reichstag wird einberufen.

        Berlin, 31. Juli. Wie offiziös gemeldet wird,

    ist die Einberufung des Reichstages

    auf Dienstag, den 4. August, in Aussicht genommen.

    die Eröffnung wird im Weißen Saale des Königlichen

    Schlosses zu Berlin um 1 Uhr nachmittags

    erfolgen. Die kaiserliche Verordnung wegen der

    Berufung steht noch aus.


                              Kriegszustand.

        Berlin, 31. Juli. Aus Petersburg ist die

    Nachricht des deutschen Botschafters eingegangen,

    daß die allgemeine Mobilmachung der russischen

    Armee und Flotte befohlen worden ist. Darauf

    hat Se. Majestät der Kaiser den Zustand der

    drohenden Kriegsgefahr befohlen. Se. Majestät

    wird heute nach Berlin übersiedeln.

        Berlin, 31.Juli Nach Artikel 68 der Reichsverfassug

    hat Se. Majestät der Kaiser das Reichsgebiet

    ohne Bayern in den Kriegszustand erklärt.

    Über Bayern ergeht die gleiche Anordnung.

        Berlin, 31. Juli.  Bei militärischen Maßnahmen

    kommen bei drohender Kriegsgefahr hauptsächlich

    in Betracht:

        1. An der Grenze und zum Schutze der Eisenbahnen

            erforderliche Maßnahmen.

        2. Verkehrsbeschränkungen der Post, Telegraphen,

            Eisenbahnen usw. zugunsten des militärischen

            Bedarfs.

         3. Erklärung des Kriegszustandes für das gesamte

             Kriegsgebiet.

         4. Verbot der Veröffentlichung über Truppenbewegungen

             und Verteidigungsmittel. Der

             Kriegszustand ist gleichbedeutend mit dem

             Belagerungszustand in Preußen (Art. 68

             der Reichsverordnung.)

     

     2. Spalte 

                             

                          Die bayerische Verfügung.

        München, 31. Juli. Nach einer königlichen

    Verordnung vom 31. Juli 1914 wird über das gesamte

    Gebiet des Königreichs der Kriegszustand

    verhängt. Für die Pfalz wird das Standrecht

    angeordnet.


                       Die Rückkehr des Kaisers von

                             Potsdam nach Berlin.

                                 In Erwartung.

        Infolge der Gerüchte, daß heute die Mobilisierung

    der deutschen Armee erfolgen solle, hatten sich

    schon am Mittag in den Hauptstraßen des Zentrums

    größere Menschenmassen angesammelt, um die

    neuesten Ereignisse möglichst schnell zu erfahren.

    Gegen 2 Uhr kamen in Autos die ersten Extrablätter

    auf die Straße, die den Boten von

    Dutzenden von Händen entrissen wurden. In wenigen

    Minuten waren Straßen und Plätze mit 

    Tausenden der flatternden Blätter bedeckt. Unter

    den Linden, in der Leipziger Straße und am Potsdamer

    Platz scharten sich sofort dichte Menschenmassen 

    zusammen, die in größter Erregung hin- und

    herwogten, und gegen deren Strom die Schutzleute,

    die den Verkehr zu regeln hatten, machtlos waren.

    Da wurde die Nachricht bekannt, daß der Kaiser

    die Absicht habe, im Laufe des Nachmittags seine

    Residenz im Potsdamer Neuen Palais

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  • September 18, 2017 13:14:09 Beate Jochem

      item 19        

                                                                               Eisenacher        Zeitung

    verbunden mit

    Tageblatt und Anzeiger für den Eisenacher Kreis


                                                                                  Druck und Verlag :

                                                         Hofbuchdruckerei Eisenach, H.  Kahle,

                                                                                    Inhaber:

                                                                   Paul Kahle und Karl Kahle.


        Die "Eisenacher Zeitung", verbunden mit "Tageblatt und Anzeiger für den Eisenacher

    Kreis", erscheint mit Ausnahme der Feiertage wöchentlich sechsmal, mit "Illustriertem Unter-

    haltungsblatt", Fahrplan und Kalender. Bezugspreis für Eisenach, einschließlich Bringerlohn ,

    monatlich 70 Pf. in Vorauszahlung; durch die Post vierteljährlich 2,10 M. frei ins Haus, bei

    Abholung am Postschalter 1,68 M. Alle Postanstalten sowie die Landbriefträger und unsere Ver-

    treter nehmen Bestellungen entgegen. Einzelne Nummer 10 Pf.


        Anzeigenpreis für Eisenach 10 Pf. für die einspaltige Petitzeile, für auswärts und im amt-

    lichen Teil 15 Pf. Reklamen nach dem politischen Teil: Petitzeile 40 Pf. Nachweisgebühr aller

    Art: 20 Pf. Annahme der Anzeigen bis vormittag 9 Uhr, größere  > Tags zuvor < .

    Annahme und Vermittlung von Anzeigen für alle Zeitungen der Welt. Beilagegebühr: für

    die Gesamtauflage 50 Pf. bei vierseitigen, 30 Pf. bei zweiseitigen Beilagen, für die Stadtauflage

    40 beziehungsweise 22 Pf.

    _______________________________________________________________________________________________________________

    Nr. 178 Geschäftsstelle:              Sonnabend, den 1. August 1914.            Geschäftszeit:            48. Jahrg.
                   Eisenach, Sophienstraße 55/57. Fernsprecher 47.         7 Uhr vormittags bis 6 Uhr nachmittags.  

    _______________________________________________________________________________________________________________


    Vor der Entscheidung über den Weltkrieg. 

     1. Spalte 

    Ein fürchterliches, der Generation von heute bis-
    her fremd gewesenes Wort! Man hat davon in 
    alten Geschichtsbüchern bisher gelesen; nur eine 
    Minderzahl von denen, die heute noch unter uns
    weilen, haben solchen Kriegszustand in deutschen 
    Landen selbst erlebt. Kriegszustand ist noch nicht

    Krieg, hört man da und dort. Eine Tröstung, die

    nur geringen Glauben finden mag. Wenn nicht in

    Petersburg und in Paris die Erleuchtung wie ein 
    Wunder herniedersteigt, dann darf die Menschheit
    alle Hoffnung schwinden lassen. Der Kaiser,

    unser Friedenskaiser , ist, wie eine offenbar

    hochoffiziöse Kundgebung  verlautbart, vom rus-

    sichen Zaren schmählich betrogen

    worden. Das Verhalten der russischen Krone

    schlägt jeder Loyalität ins Gesicht! Nun soll 
    Rußland erfahren, heißt es in jener offi-

    ziösen Auslassung, daß dieser  Abkomme Friedrichs 
    des Großen ein Kriegsfürst sein wird! Hört man 

    schon den Anmarsch unserer Bataillone? Wir dür-

    fen den kommenden Ereignissen ohne Bangen ent-

    gegensehen . Nicht  großsprecherisch und nicht über-

    mütig wollen wir sein; aber wer vielleicht draußen

    in der Welt glaubt, schreibt die  "Nat. Ztg." daß

    das deutsche Volk vom  Schauder blasser Furcht ge-

    schüttelt werde, wie es bei den Leuten jenseits der 

    Grenzen bereits der Fall ist,  so gibt man  sich einer

    regen Täuschung hin. Das  Volk steht auf, 

    der Sturm bricht los. Die Herren an der 

    Newa wollen eine blutige Tragödie inszenieren, ihre

    Freunde an der Seine wollen oder können sie daran 

    nicht hindern: Wohlan! Das Spiel kann 

    beginnen!

     

                           Ultimatum an Rußland.

        Der "Norddeutschen Allg. Ztg." zufolge ließ Kaiser

    Wilhelm Rußland wissen, daß die deutsche

    Mobilmachung in Aussicht steht, falls Rußland

    nicht binnen 12 Stunden seine Kriegsvorbereitungen

    einstellt. Gleichzeitig ist an Frankreich

    die Anfrage über dessen Haltung im Falle

    eines deutsch-russischen Krieges gerichtet worden.


                       Der Reichstag wird einberufen.

        Berlin, 31. Juli. Wie offiziös gemeldet wird,

    ist die Einberufung des Reichstages

    auf Dienstag, den 4. August, in Aussicht genommen.

    Die Eröffnung wird im Weißen Saale des Königlichen

    Schlosses zu Berlin um 1 Uhr nachmittags

    erfolgen. Die kaiserliche Verordnung wegen der

    Berufung steht noch aus.


                Der Reichstag wird einberufen.

        Berlin, 31. Juli. Wie offiziös gemeldet wird,

    ist die Einberufung des Reichstages

    auf Dienstag, den 4. August, in Aussicht genommen.

    die Eröffnung wird im Weißen Saale des Königlichen

    Schlosses zu Berlin um 1 Uhr nachmittags

    erfolgen. Die kaiserliche Verordnung wegen der

    Berufung steht noch aus.


                              Kriegszustand.

        Berlin, 31. Juli. Aus Petersburg ist die

    Nachricht des deutschen Botschafters eingegangen,

    daß die allgemeine Mobilmachung der russischen

    Armee und Flotte befohlen worden ist. Darauf

    hat Se. Majestät der Kaiser den Zustand der

    drohenden Kriegsgefahr befohlen. Se. Majestät

    wird heute nach Berlin übersiedeln.

        Berlin, 31.Juli Nach Artikel 68 der Reichsverfassug

    hat Se. Majestät der Kaiser das Reichsgebiet

    ohne Bayern in den Kriegszustand erklärt.

    Über Bayern ergeht die gleiche Anordnung.

        Berlin, 31. Juli.  Bei militärischen Maßnahmen

    kommen bei drohender Kriegsgefahr hauptsächlich

    in Betracht:

        1. An der Grenze und zum Schutze der Eisenbahnen

            erforderliche Maßnahmen.

        2. Verkehrsbeschränkungen der Post, Telegraphen,

            Eisenbahnen usw. zugunsten des militärischen

            Bedarfs.

         3. Erklärung des Kriegszustandes für das gesamte

             Kriegsgebiet.

         4. Verbot der Veröffentlichung über Truppenbewegungen

             und Verteidigungsmittel. Der

             Kriegszustand ist gleichbedeutend mit dem

             Belagerungszustand in Preußen (Art. 68

             der Reichsverordnung.)

     

     2. Spalte 

                             

                          Die bayerische Verfügung.

        München, 31. Juli. Nach einer königlichen

    Verordnung vom 31. Juli 1914 wird über das gesamte

    Gebiet des Königreichs der Kriegszustand

    verhängt. Für die Pfalz wird das Standrecht

    angeordnet.


                       Die Rückkehr des Kaisers von

                             Potsdam nach Berlin.

                                 In Erwartung.

        Infolge der Gerüchte, daß heute die Mobilisierung

    der deutschen Armee erfolgen solle, hatten sich

    schon am Mittag in den Hauptstraßen des Zentrums

    größere Menschenmassen angesammelt, um die

    neuesten Ereignisse möglichst schnell zu erfahren.

    Gegen 2 Uhr früh kamen in Autos die ersten Extrablätter

    auf die Straße, die den Boten von

    Dutzenden von Händen entrissen wurden. In wenigen

    Minuten waren Straßen und Plätze mit 

    Tausenden der flatternden Blätter bedeckt. Unter

    den Linden, in der Leipziger Straße und am Potsdamer

    Platz scharten sich sofort dichte Menschenmassen 

    zusammen, die in größter Erregung hin- und

    herwogten, und gegen deren Strom die Schutzleute,

    die den Verkehr zu regeln hatten, machtlos waren.

    Da wurde die Nachricht bekannt, daß der Kaiser

    die Absicht habe, im Laufe des Nachmittags seine

    Residenz im Potsdamer Neuen Palais

    missing


  • September 18, 2017 13:04:25 Beate Jochem

      item 19        

                                                                               Eisenacher        Zeitung

    verbunden mit

    Tageblatt und Anzeiger für den Eisenacher Kreis


                                                                                  Druck und Verlag :

                                                         Hofbuchdruckerei Eisenach, H.  Kahle,

                                                                                    Inhaber:

                                                                   Paul Kahle und Karl Kahle.


        Die "Eisenacher Zeitung", verbunden mit "Tageblatt und Anzeiger für den Eisenacher

    Kreis", erscheint mit Ausnahme der Feiertage wöchentlich sechsmal, mit "Illustriertem Unter-

    haltungsblatt", Fahrplan und Kalender. Bezugspreis für Eisenach, einschließlich Bringerlohn ,

    monatlich 70 Pf. in Vorauszahlung; durch die Post vierteljährlich 2,10 M. frei ins Haus, bei

    Abholung am Postschalter 1,68 M. Alle Postanstalten sowie die Landbriefträger und unsere Ver-

    treter nehmen Bestellungen entgegen. Einzelne Nummer 10 Pf.


        Anzeigenpreis für Eisenach 10 Pf. für die einspaltige Petitzeile, für auswärts und im amt-

    lichen Teil 15 Pf. Reklamen nach dem politischen Teil: Petitzeile 40 Pf. Nachweisgebühr aller

    Art: 20 Pf. Annahme der Anzeigen bis vormittag 9 Uhr, größere  > Tags zuvor < .

    Annahme und Vermittlung von Anzeigen für alle Zeitungen der Welt. Beilagegebühr: für

    die Gesamtauflage 50 Pf. bei vierseitigen, 30 Pf. bei zweiseitigen Beilagen, für die Stadtauflage

    40 beziehungsweise 22 Pf.

    _______________________________________________________________________________________________________________

    Nr. 178 Geschäftsstelle:              Sonnabend, den 1. August 1914.            Geschäftszeit:            48. Jahrg.
                   Eisenach, Sophienstraße 55/57. Fernsprecher 47.         7 Uhr vormittags bis 6 Uhr nachmittags.  

    _______________________________________________________________________________________________________________


    Vor der Entscheidung über den Weltkrieg. 

     1. Spalte 

    Ein fürchterliches, der Generation von heute bis-
    her fremd gewesenes Wort! Man hat davon in 
    alten Geschichtsbüchern bisher gelesen; nur eine 
    Minderzahl von denen, die heute noch unter uns
    weilen, haben solchen Kriegszustand in deutschen 
    Landen selbst erlebt. Kriegszustand ist noch nicht

    Krieg, hört man da und dort. Eine Tröstung, die

    nur geringen Glauben finden mag. Wenn nicht in

    Petersburg und in Paris die Erleuchtung wie ein 
    Wunder herniedersteigt, dann darf die Menschheit
    alle Hoffnung schwinden lassen. Der Kaiser,

    unser Friedenskaiser , ist, wie eine offenbar

    hochoffiziöse Kundgebung  verlautbart, vom rus-

    sichen Zaren schmählich betrogen

    worden. Das Verhalten der russischen Krone

    schlägt jeder Loyalität ins Gesicht! Nun soll 
    Rußland erfahren, heißt es in jener offi-

    ziösen Auslassung, daß dieser  Abkomme Friedrichs 
    des Großen ein Kriegsfürst sein wird! Hört man 

    schon den Anmarsch unserer Bataillone? Wir dür-

    fen den kommenden Ereignissen ohne Bangen ent-

    gegensehen . Nicht  großsprecherisch und nicht über-

    mütig wollen wir sein; aber wer vielleicht draußen

    in der Welt glaubt, schreibt die  "Nat. Ztg." daß

    das deutsche Volk vom  Schauder blasser Furcht ge-

    schüttelt werde, wie es bei den Leuten jenseits der 

    Grenzen bereits der Fall ist,  so gibt man  sich einer

    regen Täuschung hin. Das  Volk steht auf, 

    der Sturm bricht los. Die Herren an der 

    Newa wollen eine blutige Tragödie inszenieren, ihre

    Freunde an der Seine wollen oder können sie daran 

    nicht hindern: Wohlan! Das Spiel kann 

    beginnen!

     

                           Ultimatum an Rußland.

        Der "Norddeutschen Allg. Ztg." zufolge ließ Kaiser

    Wilhelm Rußland wissen, daß die deutsche

    Mobilmachung in Aussicht steht, falls Rußland

    nicht binnen 12 Stunden seine Kriegsvorbereitungen

    einstellt. Gleichzeitig ist an Frankreich

    die Anfrage über dessen Haltung im Falle

    eines deutsch-russischen Krieges gerichtet worden.


                       Der Reichstag wird einberufen.

        Berlin, 31. Juli. Wie offiziös gemeldet wird,

    ist die Einberufung des Reichstages

    auf Dienstag, den 4. August, in Aussicht genommen.

    Die Eröffnung wird im Weißen Saale des Königlichen

    Schlosses zu Berlin um 1 Uhr nachmittags

    erfolgen. Die kaiserliche Verordnung wegen der

    Berufung steht noch aus.


                Der Reichstag wird einberufen.

        Berlin, 31. Juli. Wie offiziös gemeldet wird,

    ist die Einberufung des Reichstages

    auf Dienstag, den 4. August, in Aussicht genommen.

    die Eröffnung wird im Weißen Saale des Königlichen

    Schlosses zu Berlin um 1 Uhr nachmittags

    erfolgen. Die kaiserliche Verordnung wegen der

    Berufung steht noch aus.


                              Kriegszustand.

        Berlin, 31. Juli. Aus Petersburg ist die

    Nachricht des deutschen Botschafters eingegangen,

    daß die allgemeine Mobilmachung der russischen

    Armee und Flotte befohlen worden ist. Darauf

    hat Se. Majestät der Kaiser den Zustand der

    drohenden Kriegsgefahr befohlen. Se. Majestät

    wird heute nach Berlin übersiedeln.

        Berlin, 31.Juli Nach Artikel 68 der Reichsverfassug

    hat Se. Majestät der Kaiser das Reichsgebiet

    ohne Bayern in den Kriegszustand erklärt.

    Über Bayern ergeht die gleiche Anordnung.

        Berlin, 31. Juli.  Bei militärischen Maßnahmen

    kommen bei drohender Kriegsgefahr hauptsächlich

    in Betracht:

        1. An der Grenze und zum Schutze der Eisenbahnen

            erforderliche Maßnahmen.

        2. Verkehrsbeschränkungen der Post, Telegraphen,

            Eisenbahnen usw. zugunsten des militärischen

            Bedarfs.

         3. Erklärung des Kriegszustandes für das gesamte

             Kriegsgebiet.

         4. Verbot der Veröffentlichung über Truppenbewegungen

             und Verteidigungsmittel. Der

             Kriegszustand ist gleichbedeutend mit dem

             Belagerungszustand in Preußen (Art. 68

             der Reichsverordnung.)

     

     2. Spalte 

                             

                          Die bayerische Verfügung.

        München, 31. Juli. Nach einer königlichen

    Verordnung vom 31. Juli 1914 wird über das gesamte

    Gebiet des Königreichs der Kriegszustand

    verhängt. Für die Pfalz wird das Standrecht

    angeordnet.


  • September 16, 2017 20:55:20 Beate Jochem

      item 19        

                                                                               Eisenacher        Zeitung

    verbunden mit

    Tageblatt und Anzeiger für den Eisenacher Kreis


                                                                                  Druck und Verlag :

                                                         Hofbuchdruckerei Eisenach, H.  Kahle,

                                                                                    Inhaber:

                                                                   Paul Kahle und Karl Kahle.


        Die "Eisenacher Zeitung", verbunden mit "Tageblatt und Anzeiger für den Eisenacher

    Kreis", erscheint mit Ausnahme der Feiertage wöchentlich sechsmal, mit "Illustriertem Unter-

    haltungsblatt", Fahrplan und Kalender. Bezugspreis für Eisenach, einschließlich Bringerlohn ,

    monatlich 70 Pf. in Vorauszahlung; durch die Post vierteljährlich 2,10 M. frei ins Haus, bei

    Abholung am Postschalter 1,68 M. Alle Postanstalten sowie die Landbriefträger und unsere Ver-

    treter nehmen Bestellungen entgegen. Einzelne Nummer 10 Pf.


        Anzeigenpreis für Eisenach 10 Pf. für die einspaltige Petitzeile, für auswärts und im amt-

    lichen Teil 15 Pf. Reklamen nach dem politischen Teil: Petitzeile 40 Pf. Nachweisgebühr aller

    Art: 20 Pf. Annahme der Anzeigen bis vormittag 9 Uhr, größere  > Tags zuvor < .

    Annahme und Vermittlung von Anzeigen für alle Zeitungen der Welt. Beilagegebühr: für

    die Gesamtauflage 50 Pf. bei vierseitigen, 30 Pf. bei zweiseitigen Beilagen, für die Stadtauflage

    40 beziehungsweise 22 Pf.

    _______________________________________________________________________________________________________________

    Nr. 178 Geschäftsstelle:              Sonnabend, den 1. August 1914.            Geschäftszeit:            48. Jahrg.
                   Eisenach, Sophienstraße 55/57. Fernsprecher 47.         7 Uhr vormittags bis 6 Uhr nachmittags.  

    _______________________________________________________________________________________________________________


    Vor der Entscheidung über den Weltkrieg. 

     1. Spalte 

    Ein fürchterliches, der Generation von heute bis-
    her fremd gewesenes Wort! Man hat davon in 
    alten Geschichtsbüchern bisher gelesen; nur eine 
    Minderzahl von denen, die heute noch unter uns
    weilen, haben solchen Kriegszustand in deutschen 
    Landen selbst erlebt. Kriegszustand ist noch nicht

    Krieg, hört man da und dort. Eine Tröstung, die

    nur geringen Glauben finden mag. Wenn nicht in

    Petersburg und in Paris die Erleuchtung wie ein 
    Wunder herniedersteigt, dann darf die Menschheit
    alle Hoffnung schwinden lassen. Der Kaiser,

    unser Friedenskaiser , ist, wie eine offenbar

    hochoffiziöse Kundgebung  verlautbart, vom rus-

    sichen Zaren schmählich betrogen

    worden. Das Verhalten der russischen Krone

    schlägt jeder Loyalität ins Gesicht! Nun soll 
    Rußland erfahren, heißt es in jener offi-

    ziösen Auslassung, daß dieser  Abkomme Friedrichs 
    des Großen ein Kriegsfürst sein wird! Hört man 

    schon den Anmarsch unserer Bataillone? Wir dür-

    fen den kommenden Ereignissen ohne Bangen ent-

    gegensehen . Nicht  großsprecherisch und nicht über-

    mütig wollen wir sein; aber wer vielleicht draußen

    in der Welt glaubt, schreibt die  "Nat. Ztg." daß

    das deutsche Volk vom  Schauder blasser Furcht ge-

    schüttelt werde, wie es bei den Leuten jenseits der 

    Grenzen bereits der Fall ist,  so gibt man  sich einer

    regen Täuschung hin. Das  Volk steht auf, 

    der Sturm bricht los. Die Herren an der 

    Newa wollen eine blutige Tragödie inszenieren, ihre

    Freunde an der Seine wollen oder können sie daran 

    nicht hindern: Wohlan! Das Spiel kann 

    beginnen!

     

                           Ultimatum an Rußland.

        Der "Norddeutschen Allg. Ztg." zufolge ließ Kaiser

    Wilhelm Rußland wissen, daß die deutsche

    Mobilmachung in Aussicht steht, falls Rußland

    nicht binnen 12 Stunden seine Kriegsvorbereitungen

    einstellt. Gleichzeitig ist an Frankreich

    die Anfrage über dessen Haltung im Falle

    eines deutsch-russischen Krieges gerichtet worden.


                       Der Reichstag wird einberufen.

        Berlin, 31. Juli. Wie offiziös gemeldet wird,

    ist die Einberufung des Reichstages

    auf Dienstag, den 4. August, in Aussicht genommen.

    Die Eröffnung wird im Weißen Saale des Königlichen

    Schlosses zu Berlin um 1 Uhr nachmittags

    erfolgen. Die kaiserliche Verordnung wegen der

    Berufung steht noch aus.


                Der Reichstag wird einberufen.

        Berlin, 31. Juli. Wie offiziös gemeldet wird,

    ist die Einberufung des Reichstages

    auf Dienstag, den 4. August, in Aussicht genommen.

    die Eröffnung wird im Weißen Saale des Königlichen

    Schlosses zu Berlin um 1 Uhr nachmittags

    erfolgen. Die kaiserliche Verordnung wegen der

    Berufung steht noch aus.


                              Kriegszustand.

        Berlin, 31. Juli. Aus Petersburg ist die

    Nachricht des deutschen Botschafters eingegangen,

    daß die allgemeine Mobilmachung der russischen

    Armee und Flotte befohlen worden ist. Darauf

    hat Se. Majestät der Kaiser den Zustand der

    drohenden Kriegsgefahr befohlen. Se. Majestät

    wird heute nach Berlin übersiedeln.

        Berlin, 31.Juli Nach Artikel 68 der Reichsverfassug

    hat Se. Majestät der Kaiser das Reichsgebiet

    ohne Bayern in den Kriegszustand erklärt.

    Über Bayern ergeht die gleiche Anordnung.

        Berlin, 31. Juli.  Bei militärischen Maßnahmen

    kommen bei drohender Kriegsgefahr hauptsächlich

    in Betracht:

        1. An der Grenze und zum Schutze der Eisenbahnen

            erforderliche Maßnahmen.

        2. Verkehrsbeschränkungen der Post, Telegraphen,

            Eisenbahnen usw. zugunsten des militärischen

            Bedarfs.

         3. Erklärung des Kriegszustandes für das gesamte

             Kriegsgebiet.

         4. Verbot der Veröffentlichung über Truppenbewegungen

             und Verteidigungsmittel. Der

             Kriegszustand ist gleichbedeutend mit dem

             Belagerungszustand in Preußen (Art. 68

             der Reichsverordnung.)

     

     2. Spalte 


  • September 16, 2017 20:52:19 Beate Jochem

      item 19        

                                                                               Eisenacher        Zeitung

    verbunden mit

    Tageblatt und Anzeiger für den Eisenacher Kreis


                                                                                  Druck und Verlag :

                                                         Hofbuchdruckerei Eisenach, H.  Kahle,

                                                                                    Inhaber:

                                                                   Paul Kahle und Karl Kahle.


        Die "Eisenacher Zeitung", verbunden mit "Tageblatt und Anzeiger für den Eisenacher

    Kreis", erscheint mit Ausnahme der Feiertage wöchentlich sechsmal, mit "Illustriertem Unter-

    haltungsblatt", Fahrplan und Kalender. Bezugspreis für Eisenach, einschließlich Bringerlohn ,

    monatlich 70 Pf. in Vorauszahlung; durch die Post vierteljährlich 2,10 M. frei ins Haus, bei

    Abholung am Postschalter 1,68 M. Alle Postanstalten sowie die Landbriefträger und unsere Ver-

    treter nehmen Bestellungen entgegen. Einzelne Nummer 10 Pf.


        Anzeigenpreis für Eisenach 10 Pf. für die einspaltige Petitzeile, für auswärts und im amt-

    lichen Teil 15 Pf. Reklamen nach dem politischen Teil: Petitzeile 40 Pf. Nachweisgebühr aller

    Art: 20 Pf. Annahme der Anzeigen bis vormittag 9 Uhr, größere  > Tags zuvor < .

    Annahme und Vermittlung von Anzeigen für alle Zeitungen der Welt. Beilagegebühr: für

    die Gesamtauflage 50 Pf. bei vierseitigen, 30 Pf. bei zweiseitigen Beilagen, für die Stadtauflage

    40 beziehungsweise 22 Pf.

    _______________________________________________________________________________________________________________

    Nr. 178 Geschäftsstelle:              Sonnabend, den 1. August 1914.            Geschäftszeit:            48. Jahrg.
                   Eisenach, Sophienstraße 55/57. Fernsprecher 47.         7 Uhr vormittags bis 6 Uhr nachmittags.  

    _______________________________________________________________________________________________________________


    Vor der Entscheidung über den Weltkrieg. 

     1. Spalte 

    Ein fürchterliches, der Generation von heute bis-
    her fremd gewesenes Wort! Man hat davon in 
    alten Geschichtsbüchern bisher gelesen; nur eine 
    Minderzahl von denen, die heute noch unter uns
    weilen, haben solchen Kriegszustand in deutschen 
    Landen selbst erlebt. Kriegszustand ist noch nicht

    Krieg, hört man da und dort. Eine Tröstung, die

    nur geringen Glauben finden mag. Wenn nicht in

    Petersburg und in Paris die Erleuchtung wie ein 
    Wunder herniedersteigt, dann darf die Menschheit
    alle Hoffnung schwinden lassen. Der Kaiser,

    unser Friedenskaiser , ist, wie eine offenbar

    hochoffiziöse Kundgebung  verlautbart, vom rus-

    sichen Zaren schmählich betrogen

    worden. Das Verhalten der russischen Krone

    schlägt jeder Loyalität ins Gesicht! Nun soll 
    Rußland erfahren, heißt es in jener offi-

    ziösen Auslassung, daß dieser  Abkomme Friedrichs 
    des Großen ein Kriegsfürst sein wird! Hört man 

    schon den Anmarsch unserer Bataillone? Wir dür-

    fen den kommenden Ereignissen ohne Bangen ent-

    gegensehen . Nicht  großsprecherisch und nicht über-

    mütig wollen wir sein; aber wer vielleicht draußen

    in der Welt glaubt, schreibt die  "Nat. Ztg." daß

    das deutsche Volk vom  Schauder blasser Furcht ge-

    schüttelt werde, wie es bei den Leuten jenseits der 

    Grenzen bereits der Fall ist,  so gibt man  sich einer

    regen Täuschung hin. Das  Volk steht auf, 

    der Sturm bricht los. Die Herren an der 

    Newa wollen eine blutige Tragödie inszenieren, ihre

    Freunde an der Seine wollen oder können sie daran 

    nicht hindern: Wohlan! Das Spiel kann 

    beginnen!

     

                           Ultimatum an Rußland.

        Der "Norddeutschen Allg. Ztg." zufolge ließ Kaiser

    Wilhelm Rußland wissen, daß die deutsche

    Mobilmachung in Aussicht steht, falls Rußland

    nicht binnen 12 Stunden seine Kriegsvorbereitungen

    einstellt. Gleichzeitig ist an Frankreich

    die Anfrage über dessen Haltung im Falle

    eines deutsch-russischen Krieges gerichtet worden.


                       Der Reichstag wird einberufen.

        Berlin, 31. Juli. Wie offiziös gemeldet wird,

    ist die Einberufung des Reichstages

    auf Dienstag, den 4. August, in Aussicht genommen.

    Die Eröffnung wird im Weißen Saale des Königlichen

    Schlosses zu Berlin um 1 Uhr nachmittags

    erfolgen. Die kaiserliche Verordnung wegen der

    Berufung steht noch aus.


                Der Reichstag wird einberufen.

        Berlin, 31. Juli. Wie offiziös gemeldet wird,

    ist die Einberufung des Reichstages

    auf Dienstag, den 4. August, in Aussicht genommen.

    die Eröffnung wird im Weißen Saale des Königlichen

    Schlosses zu Berlin um 1 Uhr nachmittags

    erfolgen. Die kaiserliche Verordnung wegen der

    Berufung steht noch aus.


                              Kriegszustand.

        Berlin, 31. Juli. Aus Petersburg ist die

    Nachricht des deutschen Botschafters eingegangen,

    daß die allgemeine Mobilmachung der russischen

    Armee und Flotte befohlen worden ist. Darauf

    hat Se. Majestät der Kaiser den Zustand der

    drohenden Kriegsgefahr befohlen. Se. Majestät

    wird heute nach Berlin übersiedeln.

        Berlin, 31.Juli Nach Artikel 68 der Reichsverfassug

    hat Se. Majestät der Kaiser das Reichsgebiet

    ohne Bayern in den Kriegszustand erklärt.

    Über Bayern ergeht die gleiche Anordnung.

        Berlin, 31. Juli.  Bei militärischen Maßnahmen

    kommen bei drohender Kriegsgefahr hauptsächlich

    in Betracht:

        1. An der Grenze und zum Schutze der Eisenbahnen

            erforderliche Maßnahmen.

        2. Verkehrsbeschränkungen der Post, Telegraphen,

            Eisenbahnen usw. zugunsten des militärischen

            Bedarfs.

         3. Erklärung des Kriegszustandes für das gesamte

             Kriegsgebiet.

         4. Verbot der Veröffentlichung über Truppenbewegungen

             und Verteidigungsmittel. Der

             Kriegszustand ist gleichbedeutend mit dem

             Belagerungszustand in Preußen (Art. 68

             der Reichsverordnung.)


  • September 16, 2017 20:51:15 Beate Jochem

      item 19        

                                                                               Eisenacher        Zeitung

    verbunden mit

    Tageblatt und Anzeiger für den Eisenacher Kreis


                                                                                  Druck und Verlag :

                                                         Hofbuchdruckerei Eisenach, H.  Kahle,

                                                                                    Inhaber:

                                                                   Paul Kahle und Karl Kahle.


        Die "Eisenacher Zeitung", verbunden mit "Tageblatt und Anzeiger für den Eisenacher

    Kreis", erscheint mit Ausnahme der Feiertage wöchentlich sechsmal, mit "Illustriertem Unter-

    haltungsblatt", Fahrplan und Kalender. Bezugspreis für Eisenach, einschließlich Bringerlohn ,

    monatlich 70 Pf. in Vorauszahlung; durch die Post vierteljährlich 2,10 M. frei ins Haus, bei

    Abholung am Postschalter 1,68 M. Alle Postanstalten sowie die Landbriefträger und unsere Ver-

    treter nehmen Bestellungen entgegen. Einzelne Nummer 10 Pf.


        Anzeigenpreis für Eisenach 10 Pf. für die einspaltige Petitzeile, für auswärts und im amt-

    lichen Teil 15 Pf. Reklamen nach dem politischen Teil: Petitzeile 40 Pf. Nachweisgebühr aller

    Art: 20 Pf. Annahme der Anzeigen bis vormittag 9 Uhr, größere  > Tags zuvor < .

    Annahme und Vermittlung von Anzeigen für alle Zeitungen der Welt. Beilagegebühr: für

    die Gesamtauflage 50 Pf. bei vierseitigen, 30 Pf. bei zweiseitigen Beilagen, für die Stadtauflage

    40 beziehungsweise 22 Pf.

    _______________________________________________________________________________________________________________

    Nr. 178 Geschäftsstelle:              Sonnabend, den 1. August 1914.            Geschäftszeit:            48. Jahrg.
                   Eisenach, Sophienstraße 55/57. Fernsprecher 47.         7 Uhr vormittags bis 6 Uhr nachmittags.  

    _______________________________________________________________________________________________________________


    Vor der Entscheidung über den Weltkrieg. 

     1. Spalte 

    Ein fürchterliches, der Generation von heute bis-
    her fremd gewesenes Wort! Man hat davon in 
    alten Geschichtsbüchern bisher gelesen; nur eine 
    Minderzahl von denen, die heute noch unter uns
    weilen, haben solchen Kriegszustand in deutschen 
    Landen selbst erlebt. Kriegszustand ist noch nicht

    Krieg, hört man da und dort. Eine Tröstung, die

    nur geringen Glauben finden mag. Wenn nicht in

    Petersburg und in Paris die Erleuchtung wie ein 
    Wunder herniedersteigt, dann darf die Menschheit
    alle Hoffnung schwinden lassen. Der Kaiser,

    unser Friedenskaiser , ist, wie eine offenbar

    hochoffiziöse Kundgebung  verlautbart, vom rus-

    sichen Zaren schmählich betrogen

    worden. Das Verhalten der russischen Krone

    schlägt jeder Loyalität ins Gesicht! Nun soll 
    Rußland erfahren, heißt es in jener offi-

    ziösen Auslassung, daß dieser  Abkomme Friedrichs 
    des Großen ein Kriegsfürst sein wird! Hört man 

    schon den Anmarsch unserer Bataillone? Wir dür-

    fen den kommenden Ereignissen ohne Bangen ent-

    gegensehen . Nicht  großsprecherisch und nicht über-

    mütig wollen wir sein; aber wer vielleicht draußen

    in der Welt glaubt, schreibt die  "Nat. Ztg." daß

    das deutsche Volk vom  Schauder blasser Furcht ge-

    schüttelt werde, wie es bei den Leuten jenseits der 

    Grenzen bereits der Fall ist,  so gibt man  sich einer

    regen Täuschung hin. Das  Volk steht auf, 

    der Sturm bricht los. Die Herren an der 

    Newa wollen eine blutige Tragödie inszenieren, ihre

    Freunde an der Seine wollen oder können sie daran 

    nicht hindern: Wohlan! Das Spiel kann 

    beginnen!

     

                           Ultimatum an Rußland.

        Der "Norddeutschen Allg. Ztg." zufolge ließ Kaiser

    Wilhelm Rußland wissen, daß die deutsche

    Mobilmachung in Aussicht steht, falls Rußland

    nicht binnen 12 Stunden seine Kriegsvorbereitungen

    einstellt. Gleichzeitig ist an Frankreich

    die Anfrage über dessen Haltung im Falle

    eines deutsch-russischen Krieges gerichtet worden.


                       Der Reichstag wird einberufen.

        Berlin, 31. Juli. Wie offiziös gemeldet wird,

    ist die Einberufung des Reichstages

    auf Dienstag, den 4. August, in Aussicht genommen.

    Die Eröffnung wird im Weißen Saale des Königlichen

    Schlosses zu Berlin um 1 Uhr nachmittags

    erfolgen. Die kaiserliche Verordnung wegen der

    Berufung steht noch aus.


                Der Reichstag wird einberufen.

        Berlin, 31. Juli. Wie offiziös gemeldet wird,

    ist die Einberufung des Reichstages

    auf Dienstag, den 4. August, in Aussicht genommen.

    die Eröffnung wird im Weißen Saale des Königlichen

    Schlosses zu Berlin um 1 Uhr nachmittags

    erfolgen. Die kaiserliche Verordnung wegen der

    Berufung steht noch aus.


                              Kriegszustand.

        Berlin, 31. Juli. Aus Petersburg ist die

    Nachricht des deutschen Botschafters eingegangen,

    daß die allgemeine Mobilmachung der russischen

    Armee und Flotte befohlen worden ist. Darauf

    hat Se. Majestät der Kaiser den Zustand der

    drohenden Kriegsgefahr befohlen. Se. Majestät

    wird heute nach Berlin übersiedeln.

        Berlin, 31.Juli Nach Artikel 68 der Reichsverfassug

    hat Se. Majestät der Kaiser das Reichsgebiet

    ohne Bayern in den Kriegszustand erklärt.

    Über Bayern ergeht die gleiche Anordnung.

        Berlin, 31. Juli.  Bei militärischen Maßnahmen

    kommen bei drohender Kriegsgefahr hauptsächlich

    in Betracht:

        1. An der Grenze und zum Schutze der Eisenbahnen

            erforderliche Maßnahmen  .

        2. Verkehrsbeschränkungen der Post, Telegraphen,

            Eisenbahnen usw. zugunsten des militärischen

            Bedarfs.

         3. Erklärung des Kriegszustandes für das gesamte

             Kriegsgebiet.

        4. Verbot der Veröffentlichung übe Truppenbewegungen

            und Verteidigungsmittel. Der

            Kriegszustand ist gleichbedeutend mit dem

            Belagerungszustand in Preußen (Art. 68

            der Reichsverordnung.)


  • September 16, 2017 20:45:17 Beate Jochem

      item 19        

                                                                               Eisenacher        Zeitung

    verbunden mit

    Tageblatt und Anzeiger für den Eisenacher Kreis


                                                                                  Druck und Verlag :

                                                         Hofbuchdruckerei Eisenach, H.  Kahle,

                                                                                    Inhaber:

                                                                   Paul Kahle und Karl Kahle.


        Die "Eisenacher Zeitung", verbunden mit "Tageblatt und Anzeiger für den Eisenacher

    Kreis", erscheint mit Ausnahme der Feiertage wöchentlich sechsmal, mit "Illustriertem Unter-

    haltungsblatt", Fahrplan und Kalender. Bezugspreis für Eisenach, einschließlich Bringerlohn ,

    monatlich 70 Pf. in Vorauszahlung; durch die Post vierteljährlich 2,10 M. frei ins Haus, bei

    Abholung am Postschalter 1,68 M. Alle Postanstalten sowie die Landbriefträger und unsere Ver-

    treter nehmen Bestellungen entgegen. Einzelne Nummer 10 Pf.


        Anzeigenpreis für Eisenach 10 Pf. für die einspaltige Petitzeile, für auswärts und im amt-

    lichen Teil 15 Pf. Reklamen nach dem politischen Teil: Petitzeile 40 Pf. Nachweisgebühr aller

    Art: 20 Pf. Annahme der Anzeigen bis vormittag 9 Uhr, größere  > Tags zuvor < .

    Annahme und Vermittlung von Anzeigen für alle Zeitungen der Welt. Beilagegebühr: für

    die Gesamtauflage 50 Pf. bei vierseitigen, 30 Pf. bei zweiseitigen Beilagen, für die Stadtauflage

    40 beziehungsweise 22 Pf.

    _______________________________________________________________________________________________________________

    Nr. 178 Geschäftsstelle:              Sonnabend, den 1. August 1914.            Geschäftszeit:            48. Jahrg.
                   Eisenach, Sophienstraße 55/57. Fernsprecher 47.         7 Uhr vormittags bis 6 Uhr nachmittags.  

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    Vor der Entscheidung über den Weltkrieg. 

     1. Spalte 

    Ein fürchterliches, der Generation von heute bis-
    her fremd gewesenes Wort! Man hat davon in 
    alten Geschichtsbüchern bisher gelesen; nur eine 
    Minderzahl von denen, die heute noch unter uns
    weilen, haben solchen Kriegszustand in deutschen 
    Landen selbst erlebt. Kriegszustand ist noch nicht

    Krieg, hört man da und dort. Eine Tröstung, die

    nur geringen Glauben finden mag. Wenn nicht in

    Petersburg und in Paris die Erleuchtung wie ein 
    Wunder herniedersteigt, dann darf die Menschheit
    alle Hoffnung schwinden lassen. Der Kaiser,

    unser Friedenskaiser , ist, wie eine offenbar

    hochoffiziöse Kundgebung  verlautbart, vom rus-

    sichen Zaren schmählich betrogen

    worden. Das Verhalten der russischen Krone

    schlägt jeder Loyalität ins Gesicht! Nun soll 
    Rußland erfahren, heißt es in jener offi-

    ziösen Auslassung, daß dieser  Abkomme Friedrichs 
    des Großen ein Kriegsfürst sein wird! Hört man 

    schon den Anmarsch unserer Bataillone? Wir dür-

    fen den kommenden Ereignissen ohne Bangen ent-

    gegensehen . Nicht  großsprecherisch und nicht über-

    mütig wollen wir sein; aber wer vielleicht draußen

    in der Welt glaubt, schreibt die  "Nat. Ztg." daß

    das deutsche Volk vom  Schauder blasser Furcht ge-

    schüttelt werde, wie es bei den Leuten jenseits der 

    Grenzen bereits der Fall ist,  so gibt man  sich einer

    regen Täuschung hin. Das  Volk steht auf, 

    der Sturm bricht los. Die Herren an der 

    Newa wollen eine blutige Tragödie inszenieren, ihre

    Freunde an der Seine wollen oder können sie daran 

    nicht hindern: Wohlan! Das Spiel kann 

    beginnen!

     

                           Ultimatum an Rußland.

        Der "Norddeutschen Allg. Ztg." zufolge ließ Kaiser

    Wilhelm Rußland wissen, daß die deutsche

    Mobilmachung in Aussicht steht, falls Rußland

    nicht binnen 12 Stunden seine Kriegsvorbereitungen

    einstellt. Gleichzeitig ist an Frankreich

    die Anfrage über dessen Haltung im Falle

    eines deutsch-russischen Krieges gerichtet worden.


                       Der Reichstag wird einberufen.

        Berlin, 31. Juli. Wie offiziös gemeldet wird,

    ist die Einberufung des Reichstages

    auf Dienstag, den 4. August, in Aussicht genommen.

    Die Eröffnung wird im Weißen Saale des Königlichen

    Schlosses zu Berlin um 1 Uhr nachmittags

    erfolgen. Die kaiserliche Verordnung wegen der

    Berufung steht noch aus.


                Der Reichstag wird einberufen.

        Berlin, 31. Juli. Wie offiziös gemeldet wird,

    ist die Einberufung des Reichstages

    auf Dienstag, den 4. August, in Aussicht genommen.

    die Eröffnung wird im Weißen Saale des Königlichen

    Schlosses zu Berlin um 1 Uhr nachmittags

    erfolgen. Die kaiserliche Verordnung wegen der

    Berufung steht noch aus.


                              Kriegszustand.

        Berlin, 31. Juli. Aus Petersburg ist die

    Nachricht des deutschen Botschafters eingegangen,

    daß die allgemeine Mobilmachung der russischen

    Armee und Flotte befohlen worden ist. Darauf

    hat Se. Majestät der Kaiser den Zustand der

    drohenden Kriegsgefahr befohlen. Se. Majestät

    wird heute nach Berlin übersiedeln.

        Berlin, 31.Juli Nach Artikel 68 der Reichsverfassug

    hat Se. Majestät der Kaiser das Reichsgebiet

    ohne Bayern in den Kriegszustand erklärt.

    Über Bayern ergeht die gleiche Anordnung.



  • September 16, 2017 20:43:07 Beate Jochem

      item 19        

                                                                               Eisenacher        Zeitung

    verbunden mit

    Tageblatt und Anzeiger für den Eisenacher Kreis


                                                                                  Druck und Verlag :

                                                         Hofbuchdruckerei Eisenach, H.  Kahle,

                                                                                    Inhaber:

                                                                   Paul Kahle und Karl Kahle.


        Die "Eisenacher Zeitung", verbunden mit "Tageblatt und Anzeiger für den Eisenacher

    Kreis", erscheint mit Ausnahme der Feiertage wöchentlich sechsmal, mit "Illustriertem Unter-

    haltungsblatt", Fahrplan und Kalender. Bezugspreis für Eisenach, einschließlich Bringerlohn ,

    monatlich 70 Pf. in Vorauszahlung; durch die Post vierteljährlich 2,10 M. frei ins Haus, bei

    Abholung am Postschalter 1,68 M. Alle Postanstalten sowie die Landbriefträger und unsere Ver-

    treter nehmen Bestellungen entgegen. Einzelne Nummer 10 Pf.


        Anzeigenpreis für Eisenach 10 Pf. für die einspaltige Petitzeile, für auswärts und im amt-

    lichen Teil 15 Pf. Reklamen nach dem politischen Teil: Petitzeile 40 Pf. Nachweisgebühr aller

    Art: 20 Pf. Annahme der Anzeigen bis vormittag 9 Uhr, größere  > Tags zuvor < .

    Annahme und Vermittlung von Anzeigen für alle Zeitungen der Welt. Beilagegebühr: für

    die Gesamtauflage 50 Pf. bei vierseitigen, 30 Pf. bei zweiseitigen Beilagen, für die Stadtauflage

    40 beziehungsweise 22 Pf.

    _______________________________________________________________________________________________________________

    Nr. 178 Geschäftsstelle:              Sonnabend, den 1. August 1914.            Geschäftszeit:            48. Jahrg.
                   Eisenach, Sophienstraße 55/57. Fernsprecher 47.         7 Uhr vormittags bis 6 Uhr nachmittags.  

    _______________________________________________________________________________________________________________


    Vor der Entscheidung über den Weltkrieg. 

     1. Spalte 

    Ein fürchterliches, der Generation von heute bis-
    her fremd gewesenes Wort! Man hat davon in 
    alten Geschichtsbüchern bisher gelesen; nur eine 
    Minderzahl von denen, die heute noch unter uns
    weilen, haben solchen Kriegszustand in deutschen 
    Landen selbst erlebt. Kriegszustand ist noch nicht

    Krieg, hört man da und dort. Eine Tröstung, die

    nur geringen Glauben finden mag. Wenn nicht in

    Petersburg und in Paris die Erleuchtung wie ein 
    Wunder herniedersteigt, dann darf die Menschheit
    alle Hoffnung schwinden lassen. Der Kaiser,

    unser Friedenskaiser , ist, wie eine offenbar

    hochoffiziöse Kundgebung  verlautbart, vom rus-

    sichen Zaren schmählich betrogen

    worden. Das Verhalten der russischen Krone

    schlägt jeder Loyalität ins Gesicht! Nun soll 
    Rußland erfahren, heißt es in jener offi-

    ziösen Auslassung, daß dieser  Abkomme Friedrichs 
    des Großen ein Kriegsfürst sein wird! Hört man 

    schon den Anmarsch unserer Bataillone? Wir dür-

    fen den kommenden Ereignissen ohne Bangen ent-

    gegensehen . Nicht  großsprecherisch und nicht über-

    mütig wollen wir sein; aber wer vielleicht draußen

    in der Welt glaubt, schreibt die  "Nat. Ztg." daß

    das deutsche Volk vom  Schauder blasser Furcht ge-

    schüttelt werde, wie es bei den Leuten jenseits der 

    Grenzen bereits der Fall ist,  so gibt man  sich einer

    regen Täuschung hin. Das  Volk steht auf, 

    der Sturm bricht los. Die Herren an der 

    Newa wollen eine blutige Tragödie inszenieren, ihre

    Freunde an der Seine wollen oder können sie daran 

    nicht hindern: Wohlan! Das Spiel kann 

    beginnen!

     

                           Ultimatum an Rußland.

        Der "Norddeutschen Allg. Ztg." zufolge ließ Kaiser

    Wilhelm Rußland wissen, daß die deutsche

    Mobilmachung in Aussicht steht, falls Rußland

    nicht binnen 12 Stunden seine Kriegsvorbereitungen

    einstellt. Gleichzeitig ist an Frankreich

    die Anfrage über dessen Haltung im Falle

    eines deutsch-russischen Krieges gerichtet worden.


                       Der Reichstag wird einberufen.

        Berlin, 31. Juli. Wie offiziös gemeldet wird,

    ist die Einberufung des Reichstages

    auf Dienstag, den 4. August, in Aussicht genommen.

    Die Eröffnung wird im Weißen Saale des Königlichen

    Schlosses zu Berlin um 1 Uhr nachmittags

    erfolgen. Die kaiserliche Verordnung wegen der

    Berufung steht noch aus.


                Der Reichstag wird einberufen.

        Berlin, 31. Juli. Wie offiziös gemeldet wird,

    ist die Einberufung des Reichstages

    auf Dienstag, den 4. August, in Aussicht genommen.

    die Eröffnung wird im Weißen Saale des Königlichen

    Schlosses zu Berlin um 1 Uhr nachmittags

    erfolgen. Die kaiserliche Verordnung wegen der

    Berufung steht noch aus.


                              Kriegszustand.

        Berlin, 31. Juli. Aus Petersburg ist die

    Nachricht des deutschen Botschafters eingegangen,

    daß die allgemeine Mobilmachung der russischen

    Armee und Flotte befohlen worden ist. Darauf

    hat Se. Majestät der Kaiser den Zustand der

    drohenden Kriegsgefahr befohlen. Se. Majestät

    wird heute nach Berlin übersiedeln.




  • September 16, 2017 20:39:03 Beate Jochem

      item 19        

                                                                               Eisenacher        Zeitung

    verbunden mit

    Tageblatt und Anzeiger für den Eisenacher Kreis


                                                                                  Druck und Verlag :

                                                         Hofbuchdruckerei Eisenach, H.  Kahle,

                                                                                    Inhaber:

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        Die "Eisenacher Zeitung", verbunden mit "Tageblatt und Anzeiger für den Eisenacher

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    die Gesamtauflage 50 Pf. bei vierseitigen, 30 Pf. bei zweiseitigen Beilagen, für die Stadtauflage

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                   Eisenach, Sophienstraße 55/57. Fernsprecher 47.         7 Uhr vormittags bis 6 Uhr nachmittags.  

    _______________________________________________________________________________________________________________


    Vor der Entscheidung über den Weltkrieg. 

     1. Spalte 

    Ein fürchterliches, der Generation von heute bis-
    her fremd gewesenes Wort! Man hat davon in 
    alten Geschichtsbüchern bisher gelesen; nur eine 
    Minderzahl von denen, die heute noch unter uns
    weilen, haben solchen Kriegszustand in deutschen 
    Landen selbst erlebt. Kriegszustand ist noch nicht

    Krieg, hört man da und dort. Eine Tröstung, die

    nur geringen Glauben finden mag. Wenn nicht in

    Petersburg und in Paris die Erleuchtung wie ein 
    Wunder herniedersteigt, dann darf die Menschheit
    alle Hoffnung schwinden lassen. Der Kaiser,

    unser Friedenskaiser , ist, wie eine offenbar

    hochoffiziöse Kundgebung  verlautbart, vom rus-

    sichen Zaren schmählich betrogen

    worden. Das Verhalten der russischen Krone

    schlägt jeder Loyalität ins Gesicht! Nun soll 
    Rußland erfahren, heißt es in jener offi-

    ziösen Auslassung, daß dieser  Abkomme Friedrichs 
    des Großen ein Kriegsfürst sein wird! Hört man 

    schon den Anmarsch unserer Bataillone? Wir dür-

    fen den kommenden Ereignissen ohne Bangen ent-

    gegensehen . Nicht  großsprecherisch und nicht über-

    mütig wollen wir sein; aber wer vielleicht draußen

    in der Welt glaubt, schreibt die  "Nat. Ztg." daß

    das deutsche Volk vom  Schauder blasser Furcht ge-

    schüttelt werde, wie es bei den Leuten jenseits der 

    Grenzen bereits der Fall ist,  so gibt man  sich einer

    regen Täuschung hin. Das  Volk steht auf, 

    der Sturm bricht los. Die Herren an der 

    Newa wollen eine blutige Tragödie inszenieren, ihre

    Freunde an der Seine wollen oder können sie daran 

    nicht hindern: Wohlan! Das Spiel kann 

    beginnen!

     

                           Ultimatum an Rußland.

        Der "Norddeutschen Allg. Ztg." zufolge ließ Kaiser

    Wilhelm Rußland wissen, daß die deutsche

    Mobilmachung in Aussicht steht, falls Rußland

    nicht binnen 12 Stunden seine Kriegsvorbereitungen

    einstellt. Gleichzeitig ist an Frankreich

    die Anfrage über dessen Haltung im Falle

    eines deutsch-russischen Krieges gerichtet worden.


                       Der Reichstag wird einberufen.

        Berlin, 31. Juli. Wie offiziös gemeldet wird,

    ist die Einberufung des Reichstages

    auf Dienstag, den 4. August, in Aussicht genommen.

    Die Eröffnung wird im Weißen Saale des Königlichen

    Schlosses zu Berlin um 1 Uhr nachmittags

    erfolgen. Die kaiserliche Verordnung wegen der

    Berufung steht noch aus.


                Der Reichstag wird einberufen.

        Berlin, 31. Juli. Wie offiziös gemeldet wird,

    ist die Einberufung des Reichstages

    auf Dienstag, den 4. August, in Aussicht genommen.

    die Eröffnung wird im Weißen Saale des Königlichen

    Schlosses zu Berlin um 1 Uhr nachmittags

    erfolgen. Die kaiserliche Verordnung wegen der

    Berufung steht noch aus.



  • September 16, 2017 20:34:16 Beate Jochem

      item 19        

                                                                               Eisenacher        Zeitung

    verbunden mit

    Tageblatt und Anzeiger für den Eisenacher Kreis


                                                                                  Druck und Verlag :

                                                         Hofbuchdruckerei Eisenach, H.  Kahle,

                                                                                    Inhaber:

                                                                   Paul Kahle und Karl Kahle.


        Die "Eisenacher Zeitung", verbunden mit "Tageblatt und Anzeiger für den Eisenacher

    Kreis", erscheint mit Ausnahme der Feiertage wöchentlich sechsmal, mit "Illustriertem Unter-

    haltungsblatt", Fahrplan und Kalender. Bezugspreis für Eisenach, einschließlich Bringerlohn ,

    monatlich 70 Pf. in Vorauszahlung; durch die Post vierteljährlich 2,10 M. frei ins Haus, bei

    Abholung am Postschalter 1,68 M. Alle Postanstalten sowie die Landbriefträger und unsere Ver-

    treter nehmen Bestellungen entgegen. Einzelne Nummer 10 Pf.


        Anzeigenpreis für Eisenach 10 Pf. für die einspaltige Petitzeile, für auswärts und im amt-

    lichen Teil 15 Pf. Reklamen nach dem politischen Teil: Petitzeile 40 Pf. Nachweisgebühr aller

    Art: 20 Pf. Annahme der Anzeigen bis vormittag 9 Uhr, größere  > Tags zuvor < .

    Annahme und Vermittlung von Anzeigen für alle Zeitungen der Welt. Beilagegebühr: für

    die Gesamtauflage 50 Pf. bei vierseitigen, 30 Pf. bei zweiseitigen Beilagen, für die Stadtauflage

    40 beziehungsweise 22 Pf.

    _______________________________________________________________________________________________________________

    Nr. 178 Geschäftsstelle:              Sonnabend, den 1. August 1914.            Geschäftszeit:            48. Jahrg.
                   Eisenach, Sophienstraße 55/57. Fernsprecher 47.         7 Uhr vormittags bis 6 Uhr nachmittags.  

    _______________________________________________________________________________________________________________


    Vor der Entscheidung über den Weltkrieg. 

     1. Spalte 

    Ein fürchterliches, der Generation von heute bis-
    her fremd gewesenes Wort! Man hat davon in 
    alten Geschichtsbüchern bisher gelesen; nur eine 
    Minderzahl von denen, die heute noch unter uns
    weilen, haben solchen Kriegszustand in deutschen 
    Landen selbst erlebt. Kriegszustand ist noch nicht

    Krieg, hört man da und dort. Eine Tröstung, die

    nur geringen Glauben finden mag. Wenn nicht in

    Petersburg und in Paris die Erleuchtung wie ein 
    Wunder herniedersteigt, dann darf die Menschheit
    alle Hoffnung schwinden lassen. Der Kaiser,

    unser Friedenskaiser , ist, wie eine offenbar

    hochoffiziöse Kundgebung  verlautbart, vom rus-

    sichen Zaren schmählich betrogen

    worden. Das Verhalten der russischen Krone

    schlägt jeder Loyalität ins Gesicht! Nun soll 
    Rußland erfahren, heißt es in jener offi-

    ziösen Auslassung, daß dieser  Abkomme Friedrichs 
    des Großen ein Kriegsfürst sein wird! Hört man 

    schon den Anmarsch unserer Bataillone? Wir dür-

    fen den kommenden Ereignissen ohne Bangen ent-

    gegensehen . Nicht  großsprecherisch und nicht über-

    mütig wollen wir sein; aber wer vielleicht draußen

    in der Welt glaubt, schreibt die  "Nat. Ztg." daß

    das deutsche Volk vom  Schauder blasser Furcht ge-

    schüttelt werde, wie es bei den Leuten jenseits der 

    Grenzen bereits der Fall ist,  so gibt man  sich einer

    regen Täuschung hin. Das  Volk steht auf, 

    der Sturm bricht los. Die Herren an der 

    Newa wollen eine blutige Tragödie inszenieren, ihre

    Freunde an der Seine wollen oder können sie daran 

    nicht hindern: Wohlan! Das Spiel kann 

    beginnen!

     

                           Ultimatum an Rußland.

        Der "Norddeutschen Allg. Ztg." zufolge ließ Kaiser

    Wilhelm Rußland wissen, daß die deutsche

    Mobilmachung in Aussicht steht, falls Rußland

    nicht binnen 12 Stunden seine Kriegsvorbereitungen

    einstellt. Gleichzeitig ist an Frankreich

    die Anfrage über dessen Haltung im Falle

    eines deutsch-russischen Krieges gerichtet worden.


                       Der Reichstag wird einberufen.

        Berlin, 31. Juli. Wie offiziös gemeldet wird,

    ist die Einberufung des Reichstages

    auf Dienstag, den 4. August, in Aussicht genommen.

    Die Eröffnung wird im Weißen Saale des Königlichen

    Schlosses zu Berlin um 1 Uhr nachmittags

    erfolgen. Die kaiserliche Verordnung wegen der

    Berufung steht noch aus.


                Der Reichstag wird einberufen.




  • September 16, 2017 20:29:08 Beate Jochem

      item 19        

                                                                               Eisenacher        Zeitung

    verbunden mit

    Tageblatt und Anzeiger für den Eisenacher Kreis


                                                                                  Druck und Verlag :

                                                         Hofbuchdruckerei Eisenach, H.  Kahle,

                                                                                    Inhaber:

                                                                   Paul Kahle und Karl Kahle.


        Die "Eisenacher Zeitung", verbunden mit "Tageblatt und Anzeiger für den Eisenacher

    Kreis", erscheint mit Ausnahme der Feiertage wöchentlich sechsmal, mit "Illustriertem Unter-

    haltungsblatt", Fahrplan und Kalender. Bezugspreis für Eisenach, einschließlich Bringerlohn ,

    monatlich 70 Pf. in Vorauszahlung; durch die Post vierteljährlich 2,10 M. frei ins Haus, bei

    Abholung am Postschalter 1,68 M. Alle Postanstalten sowie die Landbriefträger und unsere Ver-

    treter nehmen Bestellungen entgegen. Einzelne Nummer 10 Pf.


        Anzeigenpreis für Eisenach 10 Pf. für die einspaltige Petitzeile, für auswärts und im amt-

    lichen Teil 15 Pf. Reklamen nach dem politischen Teil: Petitzeile 40 Pf. Nachweisgebühr aller

    Art: 20 Pf. Annahme der Anzeigen bis vormittag 9 Uhr, größere  > Tags zuvor < .

    Annahme und Vermittlung von Anzeigen für alle Zeitungen der Welt. Beilagegebühr: für

    die Gesamtauflage 50 Pf. bei vierseitigen, 30 Pf. bei zweiseitigen Beilagen, für die Stadtauflage

    40 beziehungsweise 22 Pf.

    _______________________________________________________________________________________________________________

    Nr. 178 Geschäftsstelle:              Sonnabend, den 1. August 1914.            Geschäftszeit:            48. Jahrg.
                   Eisenach, Sophienstraße 55/57. Fernsprecher 47.         7 Uhr vormittags bis 6 Uhr nachmittags.  

    _______________________________________________________________________________________________________________


    Vor der Entscheidung über den Weltkrieg. 

     1. Spalte 

    Ein fürchterliches, der Generation von heute bis-
    her fremd gewesenes Wort! Man hat davon in 
    alten Geschichtsbüchern bisher gelesen; nur eine 
    Minderzahl von denen, die heute noch unter uns
    weilen, haben solchen Kriegszustand in deutschen 
    Landen selbst erlebt. Kriegszustand ist noch nicht

    Krieg, hört man da und dort. Eine Tröstung, die

    nur geringen Glauben finden mag. Wenn nicht in

    Petersburg und in Paris die Erleuchtung wie ein 
    Wunder herniedersteigt, dann darf die Menschheit
    alle Hoffnung schwinden lassen. Der Kaiser,

    unser Friedenskaiser , ist, wie eine offenbar

    hochoffiziöse Kundgebung  verlautbart, vom rus-

    sichen Zaren schmählich betrogen

    worden. Das Verhalten der russischen Krone

    schlägt jeder Loyalität ins Gesicht! Nun soll 
    Rußland erfahren, heißt es in jener offi-

    ziösen Auslassung, daß dieser  Abkomme Friedrichs 
    des Großen ein Kriegsfürst sein wird! Hört man 

    schon den Anmarsch unserer Bataillone? Wir dür-

    fen den kommenden Ereignissen ohne Bangen ent-

    gegensehen . Nicht  großsprecherisch und nicht über-

    mütig wollen wir sein; aber wer vielleicht draußen

    in der Welt glaubt, schreibt die  "Nat. Ztg." daß

    das deutsche Volk vom  Schauder blasser Furcht ge-

    schüttelt werde, wie es bei den Leuten jenseits der 

    Grenzen bereits der Fall ist,  so gibt man  sich einer

    regen Täuschung hin. Das  Volk steht auf, 

    der Sturm bricht los. Die Herren an der 

    Newa wollen eine blutige Tragödie inszenieren, ihre

    Freunde an der Seine wollen oder können sie daran 

    nicht hindern: Wohlan! Das Spiel kann 

    beginnen!


    Ultimatum an Rußland.

        Der "Norddeutschen Allg. Ztg." zufolge ließ Kaiser

    Wilhelm Rußland wissen, daß die deutsche

    Mobilmachung in Aussicht steht, falls Rußland

    nicht binnen 12 Stunden seine Kriegsvorbereitungen

    einstellt. Gleichzeitig ist an Frankreich

    die Anfrage über dessen Haltung im Falle

    eines deutsch-russischen Krieges gerichtet worden.


  • August 22, 2017 19:11:45 Beate Jochem

    Eisenacher                                Zeitung

    verbunden mit

    Tageblatt und Anzeiger für den Eisenacher Kreis


                                                                                  Druck und Verlag :

                                                         Hofbuchdruckerei Eisenach, H.  Kahle,

                                                                                    Inhaber:

                                                                   Paul Kahle und Karl Kahle.


        Die "Eisenacher Zeitung", verbunden mit "Tageblatt und Anzeiger für den Eisenacher

    Kreis", erscheint mit Ausnahme der Feiertage wöchentlich sechsmal, mit "Illustriertem Unter-

    haltungsblatt", Fahrplan und Kalender. Bezugspreis für Eisenach, einschließlich Bringerlohn ,

    monatlich 70 Pf. in Vorauszahlung; durch die Post vierteljährlich 2,10 M. frei ins Haus, bei

    Abholung am Postschalter 1,68 M. Alle Postanstalten sowie die Landbriefträger und unsere Ver-

    treter nehmen Bestellungen entgegen. Einzelne Nummer 10 Pf.


        Anzeigenpreis für Eisenach 10 Pf. für die einspaltige Petitzeile, für auswärts und im amt-

    lichen Teil 15 Pf. Reklamen nach dem politischen Teil: Petitzeile 40 Pf. Nachweisgebühr aller

    Art: 20 Pf. Annahme der Anzeigen bis vormittag 9 Uhr, größere  > Tags zuvor < .

    Annahme und Vermittlung von Anzeigen für alle Zeitungen der Welt. Beilagegebühr: für

    die Gesamtauflage 50 Pf. bei vierseitigen, 30 Pf. bei zweiseitigen Beilagen, für die Stadtauflage

    40 beziehungsweise 22 Pf. 



    Nr. 178 Geschäftsstelle:              Sonnabend, den 1. August 1914.            Geschäftszeit:                        48. Jahrg.
                   Eisenach, Sophienstraße 55/57. Fernsprecher 47.         7 Uhr vormittags bis 6 Uhr nachmittags.  


    Vor der Entscheidung über den Weltkrieg. 

    Ein fürchterliches, der Generation von heute bis-
    her fremd gewesenes Wort! Man hat davon in 
    alten Geschichtsbüchern bisher gelesen; nur eine 
    Minderzahl von denen, die heute noch unter uns
    weilen, haben solchen Kriegszustand in deutschen 
    Landen selbst erlebt. Kriegszustand ist noch nicht

    Krieg, hört man da und dort. Eine Tröstung, die

    nur geringen Glauben finden mag. Wenn nicht in

    Petersburg und in Paris die Erleuchtung wie ein 
    Wunder herniedersteigt, dann darf die Menschheit
    alle Hoffnung schwinden lassen. Der Kaiser,

    unser Friedenskaiser , ist, wie eine offenbar

    hochoffiziöse Kundgebung  verlautbart, vom rus-

    sichen Zaren schmählich betrogen

    worden. Das Verhalten der russischen Krone

    schlägt jeder Loyalität ins Gesicht! Nun soll 
    Rußland erfahren, heißt es in jener offi-

    ziösen Auslassung, daß dieser  Abkomme Friedrichs 
    des Großen ein Kriegsfürst sein wird! Hört man 

    schon den Anmarsch unserer Bataillone? Wir dür-

    fen den kommenden Ereignissen ohne Bangen ent-

    gegensehen . Nicht  großsprecherisch und nicht über-

    mütig wollen wir sein; aber wer vielleicht draußen

    in der Welt glaubt, schreibt die  "Nat. Ztg." daß

    das deutsche Volk vom  Schauder blasser Furcht ge-

    schüttelt werde, wie es bei den Leuten jenseits der 

    Grenzen bereits der Fall ist,  so gibt man  sich einer

    regen Täuschung hin. Das  Volk steht auf, 

    der Sturm bricht los. Die Herren an der 

    Newa wollen eine blutige Tragödie inszenieren, ihre

    Freunde an der Seine wollen oder können sie daran 

    nicht hindern: Wohlan! Das Spiel kann 

    beginnen!


    Ultimatum an Rußland.


  • August 22, 2017 19:10:46 Beate Jochem

    Eisenacher                                Zeitung

    verbunden mit

    Tageblatt und Anzeiger für den Eisenacher Kreis


                                                                                  Druck und Verlag :

                                                         Hofbuchdruckerei Eisenach, H.  Kahle,

                                                                                    Inhaber:

                                                                   Paul Kahle und Karl Kahle.


        Die "Eisenacher Zeitung", verbunden mit "Tageblatt und Anzeiger für den Eisenacher

    Kreis", erscheint mit Ausnahme der Feiertage wöchentlich sechsmal, mit "Illustriertem Unter-

    haltungsblatt", Fahrplan und Kalender. Bezugspreis für Eisenach, einschließlich Bringerlohn ,

    monatlich 70 Pf. in Vorauszahlung; durch die Post vierteljährlich 2,10 M. frei ins Haus, bei

    Abholung am Postschalter 1,68 M. Alle Postanstalten sowie die Landbriefträger und unsere Ver-

    treter nehmen Bestellungen entgegen. Einzelne Nummer 10 Pf.


        Anzeigenpreis für Eisenach 10 Pf. für die einspaltige Petitzeile, für auswärts und im amt-

    lichen Teil 15 Pf. Reklamen nach dem politischen Teil: Petitzeile 40 Pf. Nachweisgebühr aller

    Art: 20 Pf. Annahme der Anzeigen bis vormittag 9 Uhr, größere  > Tags zuvor < .

    Annahme und Vermittlung von Anzeigen für alle Zeitungen der Welt. Beilagegebühr: für

    die Gesamtauflage 50 Pf. bei vierseitigen, 30 Pf. bei zweiseitigen Beilagen, für die Stadtauflage

    40 beziehungsweise 22 Pf. 



    Nr. 178 Geschäftsstelle:              Sonnabend, den 1. August 1914.            Geschäftszeit:                        48. Jahrg.
                   Eisenach, Sophienstraße 55/57. Fernsprecher 47.         7 Uhr vormittags bis 6 Uhr nachmittags.  


    Vor der Entscheidung über den Weltkrieg. 

    Ein fürchterliches, der Generation von heute bis-
    her fremd gewesenes Wort! Man hat davon in 
    alten Geschichtsbüchern bisher gelesen; nur eine 
    Minderzahl von denen, die heute noch unter uns
    weilen, haben solchen Kriegszustand in deutschen 
    Landen selbst erlebt. Kriegszustand ist noch nicht

    Krieg, hört man da und dort. Eine Tröstung, die

    nur geringen Glauben finden mag. Wenn nicht in

    Petersburg und in Paris die Erleuchtung wie ein 
    Wunder herniedersteigt, dann darf die Menschheit
    alle Hoffnung schwinden lassen. Der Kaiser,

    unser Friedenskaiser , ist, wie eine offenbar

    hochoffiziöse Kundgebung  verlautbart, vom rus-

    sichen Zaren schmählich betrogen

    worden. Das Verhalten der russischen Krone

    schlägt jeder Loyalität ins Gesicht! Nun soll 
    Rußland erfahren, heißt es in jener offi-

    ziösen Auslassung, daß dieser  Abkomme Friedrichs 
    des Großen ein Kriegsfürst sein wird! Hört man 

    schon den Anmarsch unserer Bataillone? Wir dür-

    fen den kommenden Ereignissen ohne Bangen ent-

    gegensehen . Nicht  großsprecherisch und nicht über-

    mütig wollen wir sein; aber wer vielleicht draußen

    in der Welt glaubt, schreibt die  "Nat. Ztg." daß

    das deutsche Volk vom  Schauder blasser Furcht ge-

    schüttelt werde, wie es bei den Leuten jenseits der 

    Grenzen bereits der Fall ist,  so gibt man  sich einer

    regen Täuschung hin. Das  Volk steht auf, 

    der Sturm bricht los. Die Herren an der 

    Newa wollen eine blutige Tragödie inszenieren, ihre

    Freunde an der Seine wollen oder können sie daran 

    nicht hindern: Wohlan! Das Spiel kann 

    beginnen!


    Ultimatum an Rußland.


  • August 22, 2017 19:03:41 Beate Jochem

    Eisenacher                                Zeitung

    verbunden mit

    Tageblatt und Anzeiger für den Eisenacher Kreis


                                                                                  Druck und Verlag :

                                                         Hofbuchdruckerei Eisenach, H.  Kahle,

                                                                                    Inhaber:

                                                                   Paul Kahle und Karl Kahle.


        Die "Eisenacher Zeitung", verbunden mit "Tageblatt und Anzeiger für den Eisenacher

    Kreis", erscheint mit Ausnahme der Feiertage wöchentlich sechsmal, mit "Illustriertem Unter-

    haltungsblatt", Fahrplan und Kalender. Bezugspreis für Eisenach, einschließlich Bringerlohn ,

    monatlich 70 Pf. in Vorauszahlung; durch die Post vierteljährlich 2,10 M. frei ins Haus, bei

    Abholung am Postschalter 1,68 M. Alle Postanstalten sowie die Landbriefträger und unsere Ver-

    treter nehmen Bestellungen entgegen. Einzelne Nummer 10 Pf.


        Anzeigenpreis für Eisenach 10 Pf. für die einspaltige Petitzeile, für auswärts und im amt-

    lichen Teil 15 Pf. Reklamen nach dem politischen Teil: Petitzeile 40 Pf. Nachweisgebühr aller

    Art: 20 Pf. Annahme der Anzeigen bis vormittag 9 Uhr, größere  > Tags zuvor < .

    Annahme und Vermittlung von Anzeigen für alle Zeitungen der Welt. Beilagegebühr: für

    die Gesamtauflage 50 Pf. bei vierseitigen, 30 Pf. bei zweiseitigen Beilagen, für die Stadtauflage

    40 beziehungsweise 22 Pf. 



    Nr. 178 Geschäftsstelle:              Sonnabend, den 1. August 1914.            Geschäftszeit:                             48. Jahrg.
                   Eisenach, Sophienstraße 55/%7. Fernsprecher 47.         7 Uhr vormittags bis 6 Uhr nachmittags.  


    Vor der Entscheidung über den Weltkrieg. 

    Ein fürchterliches, der Generation von heute bis-
    her fremd gewesenes Wort! Man hat davon in 
    alten Geschichtsbüchern bisher gelesen; nur eine 
    Minderzahl von denen, die heute noch unter uns
    weilen, haben solchen Kriegszustand in deutschen 
    Landen selbst erlebt. Kriegszustand ist noch nicht

    Krieg, hört man da und dort. Eine Tröstung, die

    nur geringen Glauben finden mag. Wenn nicht in

    Petersburg und in Paris die Erleuchtung wie ein 
    Wunder herniedersteigt, dann darf die Menschheit
    alle Hoffnung schwinden lassen. Der Kaiser,

    unser Friedenskaiser , ist, wie eine offenbar

    hochoffiziöse Kundgebung  verlautbart, vom rus-

    sichen Zaren schmählich betrogen

    worden. Das Verhalten der russchischen Krone

    schlägt jeder Loyalität ins Gesicht. Nun soll 
    Rußland erfahren, heißt es in jener offi-

    ziösen Auslassung, daß dieser  Abkomme Friedrichs 
    des Großen ein Kriegsfürst sein wird! Hört man 

    schon den Anmarsch unserer Bataillone? Wir dür-

    fen den kommenden Ereignissen ohne Bangen ent-

    gegensehen . Nicht  großsprecherisch und nicht über-

    mütig wollen wir sein; aber wer vielleicht draußen

    in der Welt glaubt, schreibt die  "Nat. Ztg." daß

    das deutsche Volk vom  Schauder blasser Furcht ge-

    schüttelt werde, wie es bei den Leuten jenseits der 

    Grenzen bereits der Fall ist,  so gibt man  sich einer

    regen Täuschung hin. Das  Volk steht auf, 

    der Sturm bricht los. Die Herren an der 

    Newa wollen eine blutige Tragödie inszenieren, ihre

    Freunde an der Seine wollen oder können sie daran 

    nicht hindern: Wohlan! Das Spiel kann 

    beginnen!

    Ultimatum an Rußland. 


  • August 22, 2017 18:55:53 Beate Jochem

    Eisenacher                                Zeitung

    verbunden mit

    Tageblatt und Anzeiger für den Eisenacher Kreis


                                                                                  Druck und Verlag :

                                                         Hofbuchdruckerei Eisenach, H.  Kahle,

                                                                                    Inhaber:

                                                                   Paul Kahle und Karl Kahle.


        Die "Eisenacher Zeitung", verbunden mit "Tageblatt und Anzeiger für den Eisenacher

    Kreis", erscheint mit Ausnahme der Feiertage wöchentlich sechsmal, mit "Illustriertem Unter-

    haltungsblatt", Fahrplan und Kalender. Bezugspreis für Eisenach, einschließlich Bringerlohn ,

    monatlich 70 pf. in Vorauszahlung,; durch die Post vierteljährlich 2,10 M. frei ins Haus, bei

    Abholung am Postschalter 1,68 M. Alle Postanstalten sowie die Landbriefträger und unsere Ver-

    treter nehmen Bestellungen entgegen. Einzelne Nummer 10 pf.



    Nr. 178 Geschäftsstelle:              Sonnabend, den 1. August 1914.            Geschäftszeit:                             48. Jahrg.
                   Eisenach, Sophienstraße 55/%7. Fernsprecher 47.         7 Uhr vormittags bis 6 Uhr nachmittags.  


    Vor der Entscheidung über den Weltkrieg. 

    Ein fürchterliches, der Generation von heute bis-
    her fremd gewesenes Wort! Man hat davon in 
    alten Geschichtsbüchern bisher gelesen; nur eine 
    Minderzahl von denen, die heute noch unter uns
    weilen, haben solchen Kriegszustand in deutschen 
    Landen selbst erlebt. Kriegszustand ist noch nicht

    Krieg, hört man da und dort. Eine Tröstung, die

    nur geringen Glauben finden mag. Wenn nicht in

    Petersburg und in Paris die Erleuchtung wie ein 
    Wunder herniedersteigt, dann darf die Menschheit
    alle Hoffnung schwinden lassen. Der Kaiser,

    unser Friedenskaiser , ist, wie eine offenbar

    hochoffiziöse Kundgebung  verlautbart, vom rus-

    sichen Zaren schmählich betrogen

    worden. Das Verhalten der russchischen Krone

    schlägt jeder Loyalität ins Gesicht. Nun soll 
    Rußland erfahren, heißt es in jener offi-

    ziösen Auslassung, daß dieser  Abkomme Friedrichs 
    des Großen ein Kriegsfürst sein wird! Hört man 

    schon den Anmarsch unserer Bataillone? Wir dür-

    fen den kommenden Ereignissen ohne Bangen ent-

    gegensehen . Nicht  großsprecherisch und nicht über-

    mütig wollen wir sein; aber wer vielleicht draußen

    in der Welt glaubt, schreibt die  "Nat. Ztg." daß

    das deutsche Volk vom  Schauder blasser Furcht ge-

    schüttelt werde, wie es bei den Leuten jenseits der 

    Grenzen bereits der Fall ist,  so gibt man  sich einer

    regen Täuschung hin. Das  Volk steht auf, 

    der Sturm bricht los. Die Herren an der 

    Newa wollen eine blutige Tragödie inszenieren, ihre

    Freunde an der Seine wollen oder können sie daran 

    nicht hindern: Wohlan! Das Spiel kann 

    beginnen!

    Ultimatum an Rußland. 


  • August 14, 2017 09:44:57 Gregory Wagner

    Eisenacher Zeitung

    Tageblatt und Anzeiger für den Eisenacher Kreis


    Nr. 178 Geschäftsstelle:              Sonnabend, den 1. August 1914.            Geschäftszeit:                             48. Jahrg.
                   Eisenach, Sophienstraße 55/%7. Fernsprecher 47.         7 Uhr vormittags bis 6 Uhr nachmittags.  


    Vor der Entscheidung über den Weltkrieg. 

    Ein fürchterliches, der generation von heute bis-
    her fremd gewesenes Wort! Man hat davon in 
    alten Gedichtsbüchern bisher gelesen; nur eine 
    Minderzahl von denen, die heute noch unter uns
    weilen, haben solchen Kriegsaufwand in deutschen 
    landen selbst erlebt. Kriegsaufwand ist noch nicht
    Krieg, hört man da und dort. Eine Tröstung, die

    nur geringen Glauben finden mag. Wenn nicht in

    Petersburg und in paris die Erleuchtung wie ein 
    Wunder herniedersteigt, dann darf die Menschheit
    alle Hoffnung schwinden lassen. Der Kaiser,

    unser ...  , ist, wie eine offenbar

    hochoffiziöse Kundgebung  ... , vom rus-

    sichen Zaren schmählich betrogen

    worden. Das Verhalten der russchischen Krone

    schlägt jeder Loyalität ins Gesicht. Nun soll 
    Rußland erfahren, heißt es in jener offi-

    ziösen Auslassung, daß dieser  ...   Friedrichs 
     ... ein Kriegsfürst sein wird! Hört man 

    schon den Anmarsch unserer Bataillone? Wir dür-

    fen den kommenden Ereignissen ohne Bangen ent-

     gegenleben . Nicht  großprederige und nicht über-

    mütig wollen wir sein; aber wer vielleicht draußen

    in der Welt glaubt, schreibt die  ... , daß

    das deutsche  ... vom  ... blasser Furcht ge-

    schüttlet werdem wie es bei den Leuten jenseits der 

     ... bereit der Fall ist. So gibt man  ... einer

     ...  ...  ... . Das  ...  ... auf, 

    der Sturm bricht los. Die Herren an der 

     Rewa wollen eine blutige Tragödie inszenieren, ihre

    freunde an der Seine wollen aber können sie daran 

    nicht hindern: Wohlan! Das Spiel kann 

    beginnen!

    Ultimatum an Rußland. 


  • August 14, 2017 09:38:35 Gregory Wagner

    Eisenacher Zeitung

    Tageblatt und Anzeiger für den Eisenacher Kreis


    Nr. 178 Geschäftsstelle:              Sonnabend, den 1. August 1914.            Geschäftszeit:                             48. Jahrg.
                   Eisenach, Sophienstraße 55/%7. Fernsprecher 47.         7 Uhr vormittags bis 6 Uhr nachmittags.  


    Vor der Entscheidung über den Weltkrieg. 

    Ein fürchterliches, der generation von heute bis-
    her fremd gewesenes Wort! Man hat davon in 
    alten Gedichtsbüchern bisher gelesen; nur eine 
    Minderzahl von denen, die heute noch unter uns
    weilen, haben solchen Kriegsaufwand in deutschen 
    landen selbst erlebt. Kriegsaufwand ist noch nicht
    Krieg, hört man da und dort. Eine Tröstung, die

    nur geringen Glauben finden mag. Wenn nicht in

    Petersburg und in paris die Erleuchtung wie ein 
    Wunder herniedersteigt, dann darf die Menschheit
    alle Hoffnung schwinden lassen. Der Kaiser,

    unser ...  , ist, wie eine offenbar

    hochoffiziöse Kundgebung  ... , vom rus-

    sichen Zaren schmählich betrogen

    worden. Das Verhalten der russchischen Krone

    schlägt jeder Loyalität ins Gesicht. Nun soll 
    Rußland erfahren, heißt es in jener offi-

    ziösen Auslassung, daß dieser  ...   Friedrichs 
     ... ein Kriegsfürst sein wird! Hört man 

    schon den Anmarsch unserer Bataillone? Wir dür-

    fen den kommenden Ereignissen ohne Bangen ent-

     gegenleben . Nicht 


  • August 14, 2017 09:35:16 Gregory Wagner

    Eisenacher Zeitung

    Tageblatt und Anzeiger für den Eisenacher Kreis


    Nr. 178 Geschäftsstelle:              Sonnabend, den 1. August 1914.            Geschäftszeit:                             48. Jahrg.
                   Eisenach, Sophienstraße 55/%7. Fernsprecher 47.         7 Uhr vormittags bis 6 Uhr nachmittags.  


    Vor der Entscheidung über den Weltkrieg. 

    Ein fürchterliches, der generation von heute bis-
    her fremd gewesenes Wort! Man hat davon in 
    alten Gedichtsbüchern bisher gelesen; nur eine 
    Minderzahl von denen, die heute noch unter uns
    weilen, haben solchen Kriegsaufwand in deutschen 
    landen selbst erlebt. Kriegsaufwand ist noch nicht
    Krieg, hört man da und dort. Eine Tröstung, die

    nur geringen Glauben finden mag. Wenn nicht in

    Petersburg und in paris die Erleuchtung wie ein 
    Wunder herniedersteigt, dann darf die Menschheit
    alle Hoffnung schwinden lassen. Der Kaiser,

    unser ...  , ist, wie eine offenbar

    hochoffiziöse Kundgebung  ... , vom rus-

    sichen Zaren schmählich betrogen

    worden. Das Verhalten der russchischen Krone

    schlägt jeder Loyalität ins Gesicht. 


  • August 14, 2017 09:29:33 Gregory Wagner

    Eisenacher Zeitung

    Tageblatt und Anzeiger für den Eisenacher Kreis


    Nr. 178 Geschäftsstelle:              Sonnabend, den 1. August 1914.            Geschäftszeit:                             48. Jahrg.
                   Eisenach, Sophienstraße 55/%7. Fernsprecher 47.         7 Uhr vormittags bis 6 Uhr nachmittags.  


    Vor der Entscheidung über den Weltkrieg. 

    Ein fürchterliches, der generation von heute bis-
    her fremd gewesenes Wort! Man hat davon in 
    alten Gedichtsbüchern bisher gelesen; nur eine 
    Minderzahl von denen, die heute noch unter uns
    weilen, haben solchen Kriegsaufwand in deutschen 
    landen selbst erlebt. Kriegsaufwand ist noch nicht
    Krieg, hört man da und dort. Eine 


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    Berlin, Saalfeld, Leipzig

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15725 / 166529
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Karl Döbling
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http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/


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