Zeitungen aus der Kriegszeit 1914, item 19
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item 19
Eisenacher Zeitung
verbunden mit
Tageblatt und Anzeiger für den Eisenacher Kreis
Druck und Verlag :
Hofbuchdruckerei Eisenach, H. Kahle,
Inhaber:
Paul Kahle und Karl Kahle.
Die "Eisenacher Zeitung", verbunden mit "Tageblatt und Anzeiger für den Eisenacher
Kreis", erscheint mit Ausnahme der Feiertage wöchentlich sechsmal, mit "Illustriertem Unter-
haltungsblatt", Fahrplan und Kalender. Bezugspreis für Eisenach, einschließlich Bringerlohn ,
monatlich 70 Pf. in Vorauszahlung; durch die Post vierteljährlich 2,10 M. frei ins Haus, bei
Abholung am Postschalter 1,68 M. Alle Postanstalten sowie die Landbriefträger und unsere Ver-
treter nehmen Bestellungen entgegen. Einzelne Nummer 10 Pf.
Anzeigenpreis für Eisenach 10 Pf. für die einspaltige Petitzeile, für auswärts und im amt-
lichen Teil 15 Pf. Reklamen nach dem politischen Teil: Petitzeile 40 Pf. Nachweisgebühr aller
Art: 20 Pf. Annahme der Anzeigen bis vormittag 9 Uhr, größere > Tags zuvor < .
Annahme und Vermittlung von Anzeigen für alle Zeitungen der Welt. Beilagegebühr: für
die Gesamtauflage 50 Pf. bei vierseitigen, 30 Pf. bei zweiseitigen Beilagen, für die Stadtauflage
40 beziehungsweise 22 Pf.
_______________________________________________________________________________________________________________
Nr. 178 Geschäftsstelle: Sonnabend, den 1. August 1914. Geschäftszeit: 48. Jahrg.
Eisenach, Sophienstraße 55/57. Fernsprecher 47. 7 Uhr vormittags bis 6 Uhr nachmittags._______________________________________________________________________________________________________________
Vor der Entscheidung über den Weltkrieg.
1. Spalte
Ein fürchterliches, der Generation von heute bis-
her fremd gewesenes Wort! Man hat davon in
alten Geschichtsbüchern bisher gelesen; nur eine
Minderzahl von denen, die heute noch unter uns
weilen, haben solchen Kriegszustand in deutschen
Landen selbst erlebt. Kriegszustand ist noch nichtKrieg, hört man da und dort. Eine Tröstung, die
nur geringen Glauben finden mag. Wenn nicht in
Petersburg und in Paris die Erleuchtung wie ein
Wunder herniedersteigt, dann darf die Menschheit
alle Hoffnung schwinden lassen. Der Kaiser,unser Friedenskaiser , ist, wie eine offenbar
hochoffiziöse Kundgebung verlautbart, vom rus-
sichen Zaren schmählich betrogen
worden. Das Verhalten der russischen Krone
schlägt jeder Loyalität ins Gesicht! Nun soll
Rußland erfahren, heißt es in jener offi-ziösen Auslassung, daß dieser Abkomme Friedrichs
des Großen ein Kriegsfürst sein wird! Hört manschon den Anmarsch unserer Bataillone? Wir dür-
fen den kommenden Ereignissen ohne Bangen ent-
gegensehen . Nicht großsprecherisch und nicht über-
mütig wollen wir sein; aber wer vielleicht draußen
in der Welt glaubt, schreibt die "Nat. Ztg." daß
das deutsche Volk vom Schauder blasser Furcht ge-
schüttelt werde, wie es bei den Leuten jenseits der
Grenzen bereits der Fall ist, so gibt man sich einer
regen Täuschung hin. Das Volk steht auf,
der Sturm bricht los. Die Herren an der
Newa wollen eine blutige Tragödie inszenieren, ihre
Freunde an der Seine wollen oder können sie daran
nicht hindern: Wohlan! Das Spiel kann
beginnen!
Ultimatum an Rußland.
Der "Norddeutschen Allg. Ztg." zufolge ließ Kaiser
Wilhelm Rußland wissen, daß die deutsche
Mobilmachung in Aussicht steht, falls Rußland
nicht binnen 12 Stunden seine Kriegsvorbereitungen
einstellt. Gleichzeitig ist an Frankreich
die Anfrage über dessen Haltung im Falle
eines deutsch-russischen Krieges gerichtet worden.
Der Reichstag wird einberufen.
Berlin, 31. Juli. Wie offiziös gemeldet wird,
ist die Einberufung des Reichstages
auf Dienstag, den 4. August, in Aussicht genommen.
Die Eröffnung wird im Weißen Saale des Königlichen
Schlosses zu Berlin um 1 Uhr nachmittags
erfolgen. Die kaiserliche Verordnung wegen der
Berufung steht noch aus.
Der Reichstag wird einberufen.
Berlin, 31. Juli. Wie offiziös gemeldet wird,
ist die Einberufung des Reichstages
auf Dienstag, den 4. August, in Aussicht genommen.
die Eröffnung wird im Weißen Saale des Königlichen
Schlosses zu Berlin um 1 Uhr nachmittags
erfolgen. Die kaiserliche Verordnung wegen der
Berufung steht noch aus.
Kriegszustand.
Berlin, 31. Juli. Aus Petersburg ist die
Nachricht des deutschen Botschafters eingegangen,
daß die allgemeine Mobilmachung der russischen
Armee und Flotte befohlen worden ist. Darauf
hat Se. Majestät der Kaiser den Zustand der
drohenden Kriegsgefahr befohlen. Se. Majestät
wird heute nach Berlin übersiedeln.
Berlin, 31.Juli Nach Artikel 68 der Reichsverfassug
hat Se. Majestät der Kaiser das Reichsgebiet
ohne Bayern in den Kriegszustand erklärt.
Über Bayern ergeht die gleiche Anordnung.
Berlin, 31. Juli. Bei militärischen Maßnahmen
kommen bei drohender Kriegsgefahr hauptsächlich
in Betracht:
1. An der Grenze und zum Schutze der Eisenbahnen
erforderliche Maßnahmen.
2. Verkehrsbeschränkungen der Post, Telegraphen,
Eisenbahnen usw. zugunsten des militärischen
Bedarfs.
3. Erklärung des Kriegszustandes für das gesamte
Kriegsgebiet.
4. Verbot der Veröffentlichung über Truppenbewegungen
und Verteidigungsmittel. Der
Kriegszustand ist gleichbedeutend mit dem
Belagerungszustand in Preußen (Art. 68
der Reichsverordnung.)
2. Spalte
Die bayerische Verfügung.
München, 31. Juli. Nach einer königlichen
Verordnung vom 31. Juli 1914 wird über das gesamte
Gebiet des Königreichs der Kriegszustand
verhängt. Für die Pfalz wird das Standrecht
angeordnet.
Die Rückkehr des Kaisers von
Potsdam nach Berlin.
In Erwartung.
Infolge der Gerüchte, daß heute die Mobilisierung
der deutschen Armee erfolgen solle, hatten sich
schon am Mittag in den Hauptstraßen des Zentrums
größere Menschenmassen angesammelt, um die
neuesten Ereignisse möglichst schnell zu erfahren.
Gegen 2 Uhr kamen in Autos die ersten Extrablätter
auf die Straße, die den Boten von
Dutzenden von Händen entrissen wurden. In wenigen
Minuten waren Straßen und Plätze mit
Tausenden der flatternden Blätter bedeckt. Unter
den Linden, in der Leipziger Straße und am Potsdamer
Platz scharten sich sofort dichte Menschenmassen
zusammen, die in größter Erregung hin- und
herwogten, und gegen deren Strom die Schutzleute,
die den Verkehr zu regeln hatten, machtlos waren.
Da wurde die Nachricht bekannt, daß der Kaiser
die Absicht habe, im Laufe des Nachmittags seine
Residenz im Potsdamer Neuen Palais
Der Einzug des Kaisers.
Sofort strömten die Massen aus den Straßen in
der Nähe der Linden dem Brandenburger
Tore zu, wo sich bald Tausende und Abertausende
in dichten Menschenmauern aufstellten. Gegen ¾ 3
Uhr ertönten vom Tiergarten her brausende Hochrufe.
Die Wache am Brandenburger Tor trat unter
Gewehr. Die Trommel rasselte und gleich darauf
durchschnitt der scharfe Klang des Kaiserlichen
Hupensignals die Luft. Hinter der Siegesallee tauchte
das bekannte hellbraune Automobil des
Kaisers mit der roten Standarte auf. Zehntausendfache
Hochs erschollen und das Trommelgewirbel
der Wache ertrank in dem Meere der
Jubelrufe. Der Kaiser, der die Uniform des Regiments
Garde du Corps mit dem Stahlhelm trug,
dankte unaufhörlich nach allen Seiten. Er wie die
Kaiserin waren ernsten Antlitzes. Als das Kaiserliche
Auto den Pariser Platz hinter sich gelassen
hatte und in die Linden einlenkte, durchbrachen die
Menschenmassen von beiden Seiten die dünnen
Schutzmannsketten, die schon seit der Mittagsstunde
aufgestellt waren. In tosender Begeisterung drängten
sich Tausende von Menschen um den Wagen und
jubelten dem Kaiserpaare zu. Nur langsam konnte
sich der Wagen unter unausgesetzten Hupensignalen
einen Weg durch die Menge bahnen. Dicht hinter
dem Kaiserlichen Auto fuhr der bekannte dunkle
Kraftwagen des Kronprinzen. Der Thronfolger,
der die Uniform seiner Danziger Leibhusaren
trug, wurde ebenso wie seine Gemahlin mit der
gleichen Begeisterung wie das Kaiserpaar begrüßt.
Zwischen beiden saß der älteste Sohn, Prinz Wilhelm.
Auch das Automobil des Prinzen mußte,
besonders zwischen der Wilhelmstraße und der
Friedrichstraße, mehrere Male im Schritt fahren,
um kein Unheil in der freudig erregten Menge
anzurichten. Im dritten Auto saß Prinz Adalbert
sowie das Prinzenpaar August Wilhelm.
Auf dem Schloßplatz wurden die Hofautomobile von
einer vieltausendköpfigen Menge empfangen, die in
brausende Hochrufe ausbrach, als der Wagen des
Kaisers auf der Schloßbrücke erschien und die
Purpurstandarte über dem alten Schlosse der
Hohenzollern emporstieg.
Vor dem Schloß.
Die Menschenmassen, die das Kaiserpaar Unter
den Linden begrüßt hatten, fluteten nun die Linden
herunter dem Schlosse zu. Bald standen auf
dem Platze zwischen Schlosse und dem Lustgarten
Menschenmengen, wie sie der Platz wohl selten
gesehen haben mag. Die allgemeine begeisterte
Erregung hatte jetzt ihren Höhepunkt erreicht. An
den Kandelabern in der Mitte des Platzes stiegen
Leute hinauf, die tausendstimmig erwiderte Hochs
auf den Kaiser ausbrachten. Immer wieder schollen
die von allen Seiten freudig aufgenommenen
Jubelrufe zu den Fenstern des Schlosses empor.
"Heil dir, im Siegerkranz," "Deutschland, Deutschland
über alles" und "Ich bin ein Preuße, kennt
3. Spalte
ihr meine Farben", wurden abwechselnd gesungen.
Wenige Minuten nach 4 Uhr wurde das eiserne
Hauptportal des Schlosses geöffnet und im Auto
fuhr der Reichskanzler von Bethmann Hollweg in
Begleitung seines Adjutanten des Freiherrn von
Sell heraus. Der Kanzler wurde mit lauten Zurufen
begrüßt und dankte, indem er das Haupt entblößte.
Bald darauf verließ auch Prinz Heinrich,
von der Menge lebhaft begrüßt, das Schloß. Unbeweglich
standen die Massen. Die Schutzleute, die
in großer Zahl zu Pferde und zu Fuß vor dem
Schloß konzentriert standen, zeigten sich, wie übrigens
auch Unter den Linden, dem Publikum gegenüber
sehr rücksichtsvoll. Je weiter der Zeiger an
dem Eckturme des Schlosses rückte, um so mehr vergrößerte
sich die Masse auf dem Schloßplatz.
Eine Ansprache des Kaisers.
Berlin, 31.Juli.
Der Kaiser hat heute um ¾ 7 Uhr eine Ansprache
an die vor dem Schlosse versammelte Volksmenge
gehalten. Die Worte des Kaisers lauteten:
Ich danke Euch! Eure Kundgebung war mir
ein Labsal. Wir sind im tiefsten Frieden
in des Wortes wahrer Bedeutung
überfallen worden durch den Neid
unserer Feinde, der uns rings umgibt.
Fünfundzwanzig Jahre habe ich den Frieden
und gehalten. Nun bin ich gezwungen,
das Schwert zu ziehen, aber ich hoffe, daß ich es
mit Ehren wieder einstecken kann. Es werden Euch
enorme Opfer an Gut und Blut auferlegt
werden, aber Ihr werdet sie ertragen, das
weiß ich. Wir werden die Gegner niederzwingen.
Nun geht in die Kirchen und
betet zu Gott, daß er dem deutschen Heer und der
deutschen Sache den Sieg verleihen möge!
Das Kronprinzenpaar auf dem Balkon des
Kronprinzlichen Palais.
Zwischen der fünften und sechsten Nachmittagsstunde
versammelte sich eine nach vielen Tausenden
zählende Menschenmenge vor dem Kronprinzlichen
Palais. Ebenso wie die Menge vor
dem Schloß, sangen die versammelten Menschen
tausendstimmig vaterländische Lieder und brachen
fortgesetzt in brausende Hochrufe aus. Kurz vor
sechs Uhr erschienen der Kronprinz und die
Kronprinzessin auf dem Balkon, mit
donnerndem Jubel begrüßt. Der Kronprinz, der die
Litewka trug, winkte ebenso wie seine
Gemahlin der begeisterten Menge
dankend zu. Auch als das Kronprinzliche Paar
sich wieder von dem Balkon zurückgezogen hatte,
verharrten die Tausenden vor dem Palais.
Kriegstrauung im Kaiserhause.
Berlin, 31. Juli. Heute abend 7 Uhr wurde
im Königlichen Schlosse Bellevue mit Genehmigung
Ihrer Majestäten die Vermählung des
Prinzen Oskar von Preußen mit der
Gräfin Ina Maria von Bassewitz standesamtlich
durch den Minister des königlichen Hauses Grafen
A. zu Eulenburg vollzogen und darauf die kirchliche
Einsegnung durch den Generalsuperintendenten
Haendler vorgenommen. Der Feier wohnten die
kaiserliche Familie und die Angehörigen der Braut
bei, welche nunmehr den allerhöchst verliehenen
Titel einer Gräfin von Ruppin führen wird.
Eine Ansprache des Reichskanzlers.
Berlin, 1. Aug. Gestern um 12 Uhr sammelte
sich eine große Menschenmenge vor dem
Reichskanzlerpalais. Der Reichskanzler erschien am
Mittelfenster des Kongreßsaales und hielt folgende
Ansprache: In ernster Stunde sind Sie, um Ihren
vaterländischen Gesinnungen Ausdruck zu geben,
vor das Haus Bismarcks gezogen, Bismarcks, der
uns mit Kaiser Wilhelm dem Großen und Feldmarschall
Moltke das Deutsche Reich geschenkt hat.
Wir wollen in dem Reiche, das wir in 44jähriger
Friedensarbeit ausgebaut haben, auch fernerhin in
Frieden leben. Das ganze Wirken unsres Kaisers
war der Erhaltung des Friedens gewidmet. Bis
in die letzten Tage hat er für den Frieden Europas
gewirkt und er wirkt noch für ihn. Sollte alles
Bemühen vergeblich sein, sollte uns das Schwert in
die Hand gezwungen werden, so werden wir mit
gutem Gewissen und den [sic] Bewußtsein, nichts als den
Frieden gewollt zu haben, den Kampf um unsere
nationale Ehre mit Einsetzung des letzten Blutstropfen
führen. Im Ernste dieser Stunde erinnere
4. Spalte
ich Sie an das Wort, das einst Friedrich Karl den
Brandenburgern zurief: "Laßt Eure Herzen schlagen
zu Gott und Eure Fäuste auf den Feind!"
Die Botschafter Frankreichs und Englands
bei dem amerikanischen Botschafter.
Berlin, 31.Juli. Die Botschafter Frankreichs
und Englands hatten heute mit dem
amerikanischen Botschafter eine längere Besprechung,
in der dieser ersucht wurde, den Schutz
der englischen und französischen Staatsangehörigen
zu übernehmen, falls beide Botschafter durch den
Gang der Ereignisse gezwungen würden, Berlin zu
verlassen. - Von England erwartet man, daß es
sich zunächst an einer eventuellen kriegerischen
Auseinandersetzung nicht beteiligen wird,
da es nach seiner anerkennenswerten friedlichen Haltung
ehrlich bemüht ist, den Krieg zu vermeiden.
Nach Ansicht unterrichteter Kreise aber kann es keinem
Zweifel unterliegen, daß England auf die
Dauer nicht neutral bleiben könne,
weil die Londoner Regierung stark von der Volksstimmung
abhängig ist und zum Eingreifen gezwungen
wird, sobald die ersten Schläge auf dem
westlichen Kriegsschauplatz fallen.
Das russische Doppelspiel.
Die Kugel ist jetzt rascher ins Rollen gekommen,
als die Leiter der deutschen Politik gedacht haben.
der Zar
an den Deutsche Kaiser ein Telegramm
gerichtet, und zwar enthielt diese Depesche die
persönliche Bitte an den Kaiser, noch einen
letzten friedlichen Vermittlungsversuch zwischen
Rußland und Österreich zu machen. Der Kaiser hat
diese Aufgabe übernommen und hat sich an den
friedlichen Absichten Rußlands, wie aus der Depesche
des Zaren hervorzugehen schien, auch nicht irremachen
lassen durch die am Donnerstag erfolgte
teilweise Mobilisierung der russischen
Armee. Im Laufe der vergangenen Nacht
war es nicht zuletzt dank der eifrigen Unterstützung
Sir Edward Greys gelungen, eine Formel zu finden,
die geeignet schien, sowohl Rußland wie Österreich
zu befriedigen und dadurch die Kriegsgefahr zu
beschwören. Mitten in die Verhandlungen
hinein platzte da plötzlich die
Meldung des deutschen Botschafters
in Petersburg von der Mobilisierun
der gesamten russischen Armee
und Flotte. Da gab es selbstverständlich auch
für Deutschland kein Zögern mehr.
Man steht infolgedessen unter dem Eindruck, daß
die eigentliche russische Politik die Person des Zaren
vorgeschoben hat, um hinter dieser Kulisse Zeit zu
gewinnen, die Kriegsvorbereitungen durchzuführen.
Der Erklärung des Kriegszustandes muß nach der
Ansicht amtlicher Kreise die Mobilmachung voraussichtlich
innerhalb 24 Stunden folgen. Die diplomatischen
Beziehungen zu Rußland sind deshalb
selbstverständlich noch nicht abgebrochen. Der russische
Botschafter war Freitagmorgen noch im Auswärtigen
Amt. Die Hoffnungen auf einen Ausgleich
sind aber, wenn erst beide Großmächte sich
gerüstet gegenüber stehen, sehr gering.
In unserm [sic] Bestreben, den Frieden zu erhalten
und zwischen Wien und Petersburg im Interesse
der Wohlfahrt Europas zu vermitteln, sind wir bis
an die äußerste Grenze gegangen.
Niemand, der unvoreingenommen die Ereignisse
verfolgt hat, wird Deutschland einen Vorwurf
machen können. Die ganze schwere
Verantwortung für den Weltkrieg, der
uns droht, fällt auf Rußland.
Prinz Heinrich beim Reichskanzler.
Prinz Heinrich von Preußen hat gestern abend
vor 10 Uhr im Reichskanzlerpalais Herrn v. Bethmann
Hollweg besucht und ist erst kurz vor ½ 2 Uhr
wieder in seinem Automobil fortgefahren. Auch
der Kriegsminister v . Falkenhain hat längere Zeit
beim Reichskanzler geweilt.
Der russische Botschafter bei Staatssekretär
v. Jagow.
Der russische Botschafter Swerbejew hatte gestern
abend eine längere Unterredung mit dem Staatssekretär
des Auswärtigen Amtes v. Jagow. Die
Bemühungen, eine Annäherung zwischen dem
Standpunkt von Wien und dem von Petersburg
herbeizuführen, dauern noch fort.
-
item 19
Eisenacher Zeitung
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Tageblatt und Anzeiger für den Eisenacher Kreis
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Inhaber:
Paul Kahle und Karl Kahle.
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Abholung am Postschalter 1,68 M. Alle Postanstalten sowie die Landbriefträger und unsere Ver-
treter nehmen Bestellungen entgegen. Einzelne Nummer 10 Pf.
Anzeigenpreis für Eisenach 10 Pf. für die einspaltige Petitzeile, für auswärts und im amt-
lichen Teil 15 Pf. Reklamen nach dem politischen Teil: Petitzeile 40 Pf. Nachweisgebühr aller
Art: 20 Pf. Annahme der Anzeigen bis vormittag 9 Uhr, größere > Tags zuvor < .
Annahme und Vermittlung von Anzeigen für alle Zeitungen der Welt. Beilagegebühr: für
die Gesamtauflage 50 Pf. bei vierseitigen, 30 Pf. bei zweiseitigen Beilagen, für die Stadtauflage
40 beziehungsweise 22 Pf.
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Nr. 178 Geschäftsstelle: Sonnabend, den 1. August 1914. Geschäftszeit: 48. Jahrg.
Eisenach, Sophienstraße 55/57. Fernsprecher 47. 7 Uhr vormittags bis 6 Uhr nachmittags._______________________________________________________________________________________________________________
Vor der Entscheidung über den Weltkrieg.
1. Spalte
Ein fürchterliches, der Generation von heute bis-
her fremd gewesenes Wort! Man hat davon in
alten Geschichtsbüchern bisher gelesen; nur eine
Minderzahl von denen, die heute noch unter uns
weilen, haben solchen Kriegszustand in deutschen
Landen selbst erlebt. Kriegszustand ist noch nichtKrieg, hört man da und dort. Eine Tröstung, die
nur geringen Glauben finden mag. Wenn nicht in
Petersburg und in Paris die Erleuchtung wie ein
Wunder herniedersteigt, dann darf die Menschheit
alle Hoffnung schwinden lassen. Der Kaiser,unser Friedenskaiser , ist, wie eine offenbar
hochoffiziöse Kundgebung verlautbart, vom rus-
sichen Zaren schmählich betrogen
worden. Das Verhalten der russischen Krone
schlägt jeder Loyalität ins Gesicht! Nun soll
Rußland erfahren, heißt es in jener offi-ziösen Auslassung, daß dieser Abkomme Friedrichs
des Großen ein Kriegsfürst sein wird! Hört manschon den Anmarsch unserer Bataillone? Wir dür-
fen den kommenden Ereignissen ohne Bangen ent-
gegensehen . Nicht großsprecherisch und nicht über-
mütig wollen wir sein; aber wer vielleicht draußen
in der Welt glaubt, schreibt die "Nat. Ztg." daß
das deutsche Volk vom Schauder blasser Furcht ge-
schüttelt werde, wie es bei den Leuten jenseits der
Grenzen bereits der Fall ist, so gibt man sich einer
regen Täuschung hin. Das Volk steht auf,
der Sturm bricht los. Die Herren an der
Newa wollen eine blutige Tragödie inszenieren, ihre
Freunde an der Seine wollen oder können sie daran
nicht hindern: Wohlan! Das Spiel kann
beginnen!
Ultimatum an Rußland.
Der "Norddeutschen Allg. Ztg." zufolge ließ Kaiser
Wilhelm Rußland wissen, daß die deutsche
Mobilmachung in Aussicht steht, falls Rußland
nicht binnen 12 Stunden seine Kriegsvorbereitungen
einstellt. Gleichzeitig ist an Frankreich
die Anfrage über dessen Haltung im Falle
eines deutsch-russischen Krieges gerichtet worden.
Der Reichstag wird einberufen.
Berlin, 31. Juli. Wie offiziös gemeldet wird,
ist die Einberufung des Reichstages
auf Dienstag, den 4. August, in Aussicht genommen.
Die Eröffnung wird im Weißen Saale des Königlichen
Schlosses zu Berlin um 1 Uhr nachmittags
erfolgen. Die kaiserliche Verordnung wegen der
Berufung steht noch aus.
Der Reichstag wird einberufen.
Berlin, 31. Juli. Wie offiziös gemeldet wird,
ist die Einberufung des Reichstages
auf Dienstag, den 4. August, in Aussicht genommen.
die Eröffnung wird im Weißen Saale des Königlichen
Schlosses zu Berlin um 1 Uhr nachmittags
erfolgen. Die kaiserliche Verordnung wegen der
Berufung steht noch aus.
Kriegszustand.
Berlin, 31. Juli. Aus Petersburg ist die
Nachricht des deutschen Botschafters eingegangen,
daß die allgemeine Mobilmachung der russischen
Armee und Flotte befohlen worden ist. Darauf
hat Se. Majestät der Kaiser den Zustand der
drohenden Kriegsgefahr befohlen. Se. Majestät
wird heute nach Berlin übersiedeln.
Berlin, 31.Juli Nach Artikel 68 der Reichsverfassug
hat Se. Majestät der Kaiser das Reichsgebiet
ohne Bayern in den Kriegszustand erklärt.
Über Bayern ergeht die gleiche Anordnung.
Berlin, 31. Juli. Bei militärischen Maßnahmen
kommen bei drohender Kriegsgefahr hauptsächlich
in Betracht:
1. An der Grenze und zum Schutze der Eisenbahnen
erforderliche Maßnahmen.
2. Verkehrsbeschränkungen der Post, Telegraphen,
Eisenbahnen usw. zugunsten des militärischen
Bedarfs.
3. Erklärung des Kriegszustandes für das gesamte
Kriegsgebiet.
4. Verbot der Veröffentlichung über Truppenbewegungen
und Verteidigungsmittel. Der
Kriegszustand ist gleichbedeutend mit dem
Belagerungszustand in Preußen (Art. 68
der Reichsverordnung.)
2. Spalte
Die bayerische Verfügung.
München, 31. Juli. Nach einer königlichen
Verordnung vom 31. Juli 1914 wird über das gesamte
Gebiet des Königreichs der Kriegszustand
verhängt. Für die Pfalz wird das Standrecht
angeordnet.
Die Rückkehr des Kaisers von
Potsdam nach Berlin.
In Erwartung.
Infolge der Gerüchte, daß heute die Mobilisierung
der deutschen Armee erfolgen solle, hatten sich
schon am Mittag in den Hauptstraßen des Zentrums
größere Menschenmassen angesammelt, um die
neuesten Ereignisse möglichst schnell zu erfahren.
Gegen 2 Uhr kamen in Autos die ersten Extrablätter
auf die Straße, die den Boten von
Dutzenden von Händen entrissen wurden. In wenigen
Minuten waren Straßen und Plätze mit
Tausenden der flatternden Blätter bedeckt. Unter
den Linden, in der Leipziger Straße und am Potsdamer
Platz scharten sich sofort dichte Menschenmassen
zusammen, die in größter Erregung hin- und
herwogten, und gegen deren Strom die Schutzleute,
die den Verkehr zu regeln hatten, machtlos waren.
Da wurde die Nachricht bekannt, daß der Kaiser
die Absicht habe, im Laufe des Nachmittags seine
Residenz im Potsdamer Neuen Palais
Der Einzug des Kaisers.
Sofort strömten die Massen aus den Straßen in
der Nähe der Linden dem Brandenburger
Tore zu, wo sich bald Tausende und Abertausende
in dichten Menschenmauern aufstellten. Gegen ¾ 3
Uhr ertönten vom Tiergarten her brausende Hochrufe.
Die Wache am Brandenburger Tor trat unter
Gewehr. Die Trommel rasselte und gleich darauf
durchschnitt der scharfe Klang des Kaiserlichen
Hupensignals die Luft. Hinter der Siegesallee tauchte
das bekannte hellbraune Automobil des
Kaisers mit der roten Standarte auf. Zehntausendfache
Hochs erschollen und das Trommelgewirbel
der Wache ertrank in dem Meere der
Jubelrufe. Der Kaiser, der die Uniform des Regiments
Garde du Corps mit dem Stahlhelm trug,
dankte unaufhörlich nach allen Seiten. Er wie die
Kaiserin waren ernsten Antlitzes. Als das Kaiserliche
Auto den Pariser Platz hinter sich gelassen
hatte und in die Linden einlenkte, durchbrachen die
Menschenmassen von beiden Seiten die dünnen
Schutzmannsketten, die schon seit der Mittagsstunde
aufgestellt waren. In tosender Begeisterung drängten
sich Tausende von Menschen um den Wagen und
jubelten dem Kaiserpaare zu. Nur langsam konnte
sich der Wagen unter unausgesetzten Hupensignalen
einen Weg durch die Menge bahnen. Dicht hinter
dem Kaiserlichen Auto fuhr der bekannte dunkle
Kraftwagen des Kronprinzen. Der Thronfolger,
der die Uniform seiner Danziger Leibhusaren
trug, wurde ebenso wie seine Gemahlin mit der
gleichen Begeisterung wie das Kaiserpaar begrüßt.
Zwischen beiden saß der älteste Sohn, Prinz Wilhelm.
Auch das Automobil des Prinzen mußte,
besonders zwischen der Wilhelmstraße und der
Friedrichstraße, mehrere Male im Schritt fahren,
um kein Unheil in der freudig erregten Menge
anzurichten. Im dritten Auto saß Prinz Adalbert
sowie das Prinzenpaar August Wilhelm.
Auf dem Schloßplatz wurden die Hofautomobile von
einer vieltausendköpfigen Menge empfangen, die in
brausende Hochrufe ausbrach, als der Wagen des
Kaisers auf der Schloßbrücke erschien und die
Purpurstandarte über dem alten Schlosse der
Hohenzollern emporstieg.
Vor dem Schloß.
Die Menschenmassen, die das Kaiserpaar Unter
den Linden begrüßt hatten, fluteten nun die Linden
herunter dem Schlosse zu. Bald standen auf
dem Platze zwischen Schlosse und dem Lustgarten
Menschenmengen, wie sie der Platz wohl selten
gesehen haben mag. Die allgemeine begeisterte
Erregung hatte jetzt ihren Höhepunkt erreicht. An
den Kandelabern in der Mitte des Platzes stiegen
Leute hinauf, die tausendstimmig erwiderte Hochs
auf den Kaiser ausbrachten. Immer wieder schollen
die von allen Seiten freudig aufgenommenen
Jubelrufe zu den Fenstern des Schlosses empor.
"Heil dir, im Siegerkranz," "Deutschland, Deutschland
über alles" und "Ich bin ein Preuße, kennt
3. Spalte
ihr meine Farben", wurden abwechselnd gesungen.
Wenige Minuten nach 4 Uhr wurde das eiserne
Hauptportal des Schlosses geöffnet und im Auto
fuhr der Reichskanzler von Bethmann Hollweg in
Begleitung seines Adjutanten des Freiherrn von
Sell heraus. Der Kanzler wurde mit lauten Zurufen
begrüßt und dankte, indem er das Haupt entblößte.
Bald darauf verließ auch Prinz Heinrich,
von der Menge lebhaft begrüßt, das Schloß. Unbeweglich
standen die Massen. Die Schutzleute, die
in großer Zahl zu Pferde und zu Fuß vor dem
Schloß konzentriert standen, zeigten sich, wie übrigens
auch Unter den Linden, dem Publikum gegenüber
sehr rücksichtsvoll. Je weiter der Zeiger an
dem Eckturme des Schlosses rückte, um so mehr vergrößerte
sich die Masse auf dem Schloßplatz.
Eine Ansprache des Kaisers.
Berlin, 31.Juli.
Der Kaiser hat heute um ¾ 7 Uhr eine Ansprache
an die vor dem Schlosse versammelte Volksmenge
gehalten. Die Worte des Kaisers lauteten:
Ich danke Euch! Eure Kundgebung war mir
ein Labsal. Wir sind im tiefsten Frieden
in des Wortes wahrer Bedeutung
überfallen worden durch den Neid
unserer Feinde, der uns rings umgibt.
Fünfundzwanzig Jahre habe ich den Frieden
und gehalten. Nun bin ich gezwungen,
das Schwert zu ziehen, aber ich hoffe, daß ich es
mit Ehren wieder einstecken kann. Es werden Euch
enorme Opfer an Gut und Blut auferlegt
werden, aber Ihr werdet sie ertragen, das
weiß ich. Wir werden die Gegner niederzwingen.
Nun geht in die Kirchen und
betet zu Gott, daß er dem deutschen Heer und der
deutschen Sache den Sieg verleihen möge!
Das Kronprinzenpaar auf dem Balkon des
Kronprinzlichen Palais.
Zwischen der fünften und sechsten Nachmittagsstunde
versammelte sich eine nach vielen Tausenden
zählende Menschenmenge vor dem Kronprinzlichen
Palais. Ebenso wie die Menge vor
dem Schloß, sangen die versammelten Menschen
tausendstimmig vaterländische Lieder und brachen
fortgesetzt in brausende Hochrufe aus. Kurz vor
sechs Uhr erschienen der Kronprinz und die
Kronprinzessin auf dem Balkon, mit
donnerndem Jubel begrüßt. Der Kronprinz, der die
Litewka trug, winkte ebenso wie seine
Gemahlin der begeisterten Menge
dankend zu. Auch als das Kronprinzliche Paar
sich wieder von dem Balkon zurückgezogen hatte,
verharrten die Tausenden vor dem Palais.
Kriegstrauung im Kaiserhause.
Berlin, 31. Juli. Heute abend 7 Uhr wurde
im Königlichen Schlosse Bellevue mit Genehmigung
Ihrer Majestäten die Vermählung des
Prinzen Oskar von Preußen mit der
Gräfin Ina Maria von Bassewitz standesamtlich
durch den Minister des königlichen Hauses Grafen
A. zu Eulenburg vollzogen und darauf die kirchliche
Einsegnung durch den Generalsuperintendenten
Haendler vorgenommen. Der Feier wohnten die
kaiserliche Familie und die Angehörigen der Braut
bei, welche nunmehr den allerhöchst verliehenen
Titel einer Gräfin von Ruppin führen wird.
Eine Ansprache des Reichskanzlers.
Berlin, 1. Aug. Gestern um 12 Uhr sammelte
sich eine große Menschenmenge vor dem
Reichskanzlerpalais. Der Reichskanzler erschien am
Mittelfenster des Kongreßsaales und hielt folgende
Ansprache: In ernster Stunde sind Sie, um Ihren
vaterländischen Gesinnungen Ausdruck zu geben,
vor das Haus Bismarcks gezogen, Bismarcks, der
uns mit Kaiser Wilhelm dem Großen und Feldmarschall
Moltke das Deutsche Reich geschenkt hat.
Wir wollen in dem Reiche, das wir in 44jähriger
Friedensarbeit ausgebaut haben, auch fernerhin in
Frieden leben. Das ganze Wirken unsres Kaisers
war der Erhaltung des Friedens gewidmet. Bis
in die letzten Tage hat er für den Frieden Europas
gewirkt und er wirkt noch für ihn. Sollte alles
Bemühen vergeblich sein, sollte uns das Schwert in
die Hand gezwungen werden, so werden wir mit
gutem Gewissen und den [sic] Bewußtsein, nichts als den
Frieden gewollt zu haben, den Kampf um unsere
nationale Ehre mit Einsetzung des letzten Blutstropfen
führen. Im Ernste dieser Stunde erinnere
4. Spalte
ich Sie an das Wort, das einst Friedrich Karl den
Brandenburgern zurief: "Laßt Eure Herzen schlagen
zu Gott und Eure Fäuste auf den Feind!"
Die Botschafter Frankreichs und Englands
bei dem amerikanischen Botschafter.
Berlin, 31.Juli. Die Botschafter Frankreichs
und Englands hatten heute mit dem
amerikanischen Botschafter eine längere Besprechung,
in der dieser ersucht wurde, den Schutz
der englischen und französischen Staatsangehörigen
zu übernehmen, falls beide Botschafter durch den
Gang der Ereignisse gezwungen würden, Berlin zu
verlassen. - Von England erwartet man, daß es
sich zunächst an einer eventuellen kriegerischen
Auseinandersetzung nicht beteiligen wird,
da es nach seiner anerkennenswerten friedlichen Haltung
ehrlich bemüht ist, den Krieg zu vermeiden.
Nach Ansicht unterrichteter Kreise aber kann es keinem
Zweifel unterliegen, daß England auf die
Dauer nicht neutral bleiben könne,
weil die Londoner Regierung stark von der Volksstimmung
abhängig ist und zum Eingreifen gezwungen
wird, sobald die ersten Schläge auf dem
westlichen Kriegsschauplatz fallen.
Das russische Doppelspiel.
Die Kugel ist jetzt rascher ins Rollen gekommen,
als die Leiter der deutschen Politik gedacht haben.
der Zar
an den Deutsche Kaiser ein Telegramm
gerichtet, und zwar enthielt diese Depesche die
persönliche Bitte an den Kaiser, noch einen
letzten friedlichen Vermittlungsversuch zwischen
Rußland und Österreich zu machen. Der Kaiser hat
diese Aufgabe übernommen und hat sich an den
friedlichen Absichten Rußlands, wie aus der Depesche
des Zaren hervorzugehen schien, auch nicht irremachen
lassen durch die am Donnerstag erfolgte
teilweise Mobilisierung der russischen
Armee. Im Laufe der vergangenen Nacht
war es nicht zuletzt dank der eifrigen Unterstützung
Sir Edward Greys gelungen, eine Formel zu finden,
die geeignet schien, sowohl Rußland wie Österreich
zu befriedigen und dadurch die Kriegsgefahr zu
beschwören. Mitten in die Verhandlungen
hinein platzte da plötzlich die
Meldung des deutschen Botschafters
in Petersburg von der Mobilisierun
der gesamten russischen Armee
und Flotte. Da gab es selbstverständlich auch
für Deutschland kein Zögern mehr.
Man steht infolgedessen unter dem Eindruck, daß
die eigentliche russische Politik die Person des Zaren
vorgeschoben hat, um hinter dieser Kulisse Zeit zu
gewinnen, die Kriegsvorbereitungen durchzuführen.
Der Erklärung des Kriegszustandes muß nach der
Ansicht amtlicher Kreise die Mobilmachung voraussichtlich
innerhalb 24 Stunden folgen. Die diplomatischen
Beziehungen zu Rußland sind deshalb
selbstverständlich noch nicht abgebrochen. Der russische
Botschafter war Freitagmorgen noch im Auswärtigen
Amt. Die Hoffnungen auf einen Ausgleich
sind aber, wenn erst beide Großmächte sich
gerüstet gegenüber stehen, sehr gering.
In unserm [sic] Bestreben, den Frieden zu erhalten
und zwischen Wien und Petersburg im Interesse
der Wohlfahrt Europas zu vermitteln, sind wir bis
an die äußerste Grenze gegangen.
Niemand, der unvoreingenommen die Ereignisse
verfolgt hat, wird Deutschland einen Vorwurf
machen können. Die ganze schwere
Verantwortung für den Weltkrieg, der
uns droht, fällt auf Rußland.
Prinz Heinrich beim Reichskanzler.
Prinz Heinrich von Preußen hat gestern abend
vor 10 Uhr im Reichskanzlerpalais Herrn v. Bethmann
Hollweg besucht und ist erst kurz vor 1/2 2 Uhr
wieder in seinem Automobil fortgefahren. Auch
der Kriegsminister v . Falkenhain hat längere Zeit
beim Reichskanzler geweilt.
Der russische Botschafter bei Staatssekretär
v. Jagow.
Der russische Botschafter Swerbejew hatte gestern
abend eine längere Unterredung mit dem Staatssekretär
des Auswärtigen Amtes v. Jagow. Die
Bemühungen, eine Annäherung zwischen dem
Standpunkt von Wien und dem von Petersburg
herbeizuführen, dauern noch fort.
-
item 19
Eisenacher Zeitung
verbunden mit
Tageblatt und Anzeiger für den Eisenacher Kreis
Druck und Verlag :
Hofbuchdruckerei Eisenach, H. Kahle,
Inhaber:
Paul Kahle und Karl Kahle.
Die "Eisenacher Zeitung", verbunden mit "Tageblatt und Anzeiger für den Eisenacher
Kreis", erscheint mit Ausnahme der Feiertage wöchentlich sechsmal, mit "Illustriertem Unter-
haltungsblatt", Fahrplan und Kalender. Bezugspreis für Eisenach, einschließlich Bringerlohn ,
monatlich 70 Pf. in Vorauszahlung; durch die Post vierteljährlich 2,10 M. frei ins Haus, bei
Abholung am Postschalter 1,68 M. Alle Postanstalten sowie die Landbriefträger und unsere Ver-
treter nehmen Bestellungen entgegen. Einzelne Nummer 10 Pf.
Anzeigenpreis für Eisenach 10 Pf. für die einspaltige Petitzeile, für auswärts und im amt-
lichen Teil 15 Pf. Reklamen nach dem politischen Teil: Petitzeile 40 Pf. Nachweisgebühr aller
Art: 20 Pf. Annahme der Anzeigen bis vormittag 9 Uhr, größere > Tags zuvor < .
Annahme und Vermittlung von Anzeigen für alle Zeitungen der Welt. Beilagegebühr: für
die Gesamtauflage 50 Pf. bei vierseitigen, 30 Pf. bei zweiseitigen Beilagen, für die Stadtauflage
40 beziehungsweise 22 Pf.
_______________________________________________________________________________________________________________
Nr. 178 Geschäftsstelle: Sonnabend, den 1. August 1914. Geschäftszeit: 48. Jahrg.
Eisenach, Sophienstraße 55/57. Fernsprecher 47. 7 Uhr vormittags bis 6 Uhr nachmittags._______________________________________________________________________________________________________________
Vor der Entscheidung über den Weltkrieg.
1. Spalte
Ein fürchterliches, der Generation von heute bis-
her fremd gewesenes Wort! Man hat davon in
alten Geschichtsbüchern bisher gelesen; nur eine
Minderzahl von denen, die heute noch unter uns
weilen, haben solchen Kriegszustand in deutschen
Landen selbst erlebt. Kriegszustand ist noch nichtKrieg, hört man da und dort. Eine Tröstung, die
nur geringen Glauben finden mag. Wenn nicht in
Petersburg und in Paris die Erleuchtung wie ein
Wunder herniedersteigt, dann darf die Menschheit
alle Hoffnung schwinden lassen. Der Kaiser,unser Friedenskaiser , ist, wie eine offenbar
hochoffiziöse Kundgebung verlautbart, vom rus-
sichen Zaren schmählich betrogen
worden. Das Verhalten der russischen Krone
schlägt jeder Loyalität ins Gesicht! Nun soll
Rußland erfahren, heißt es in jener offi-ziösen Auslassung, daß dieser Abkomme Friedrichs
des Großen ein Kriegsfürst sein wird! Hört manschon den Anmarsch unserer Bataillone? Wir dür-
fen den kommenden Ereignissen ohne Bangen ent-
gegensehen . Nicht großsprecherisch und nicht über-
mütig wollen wir sein; aber wer vielleicht draußen
in der Welt glaubt, schreibt die "Nat. Ztg." daß
das deutsche Volk vom Schauder blasser Furcht ge-
schüttelt werde, wie es bei den Leuten jenseits der
Grenzen bereits der Fall ist, so gibt man sich einer
regen Täuschung hin. Das Volk steht auf,
der Sturm bricht los. Die Herren an der
Newa wollen eine blutige Tragödie inszenieren, ihre
Freunde an der Seine wollen oder können sie daran
nicht hindern: Wohlan! Das Spiel kann
beginnen!
Ultimatum an Rußland.
Der "Norddeutschen Allg. Ztg." zufolge ließ Kaiser
Wilhelm Rußland wissen, daß die deutsche
Mobilmachung in Aussicht steht, falls Rußland
nicht binnen 12 Stunden seine Kriegsvorbereitungen
einstellt. Gleichzeitig ist an Frankreich
die Anfrage über dessen Haltung im Falle
eines deutsch-russischen Krieges gerichtet worden.
Der Reichstag wird einberufen.
Berlin, 31. Juli. Wie offiziös gemeldet wird,
ist die Einberufung des Reichstages
auf Dienstag, den 4. August, in Aussicht genommen.
Die Eröffnung wird im Weißen Saale des Königlichen
Schlosses zu Berlin um 1 Uhr nachmittags
erfolgen. Die kaiserliche Verordnung wegen der
Berufung steht noch aus.
Der Reichstag wird einberufen.
Berlin, 31. Juli. Wie offiziös gemeldet wird,
ist die Einberufung des Reichstages
auf Dienstag, den 4. August, in Aussicht genommen.
die Eröffnung wird im Weißen Saale des Königlichen
Schlosses zu Berlin um 1 Uhr nachmittags
erfolgen. Die kaiserliche Verordnung wegen der
Berufung steht noch aus.
Kriegszustand.
Berlin, 31. Juli. Aus Petersburg ist die
Nachricht des deutschen Botschafters eingegangen,
daß die allgemeine Mobilmachung der russischen
Armee und Flotte befohlen worden ist. Darauf
hat Se. Majestät der Kaiser den Zustand der
drohenden Kriegsgefahr befohlen. Se. Majestät
wird heute nach Berlin übersiedeln.
Berlin, 31.Juli Nach Artikel 68 der Reichsverfassug
hat Se. Majestät der Kaiser das Reichsgebiet
ohne Bayern in den Kriegszustand erklärt.
Über Bayern ergeht die gleiche Anordnung.
Berlin, 31. Juli. Bei militärischen Maßnahmen
kommen bei drohender Kriegsgefahr hauptsächlich
in Betracht:
1. An der Grenze und zum Schutze der Eisenbahnen
erforderliche Maßnahmen.
2. Verkehrsbeschränkungen der Post, Telegraphen,
Eisenbahnen usw. zugunsten des militärischen
Bedarfs.
3. Erklärung des Kriegszustandes für das gesamte
Kriegsgebiet.
4. Verbot der Veröffentlichung über Truppenbewegungen
und Verteidigungsmittel. Der
Kriegszustand ist gleichbedeutend mit dem
Belagerungszustand in Preußen (Art. 68
der Reichsverordnung.)
2. Spalte
Die bayerische Verfügung.
München, 31. Juli. Nach einer königlichen
Verordnung vom 31. Juli 1914 wird über das gesamte
Gebiet des Königreichs der Kriegszustand
verhängt. Für die Pfalz wird das Standrecht
angeordnet.
Die Rückkehr des Kaisers von
Potsdam nach Berlin.
In Erwartung.
Infolge der Gerüchte, daß heute die Mobilisierung
der deutschen Armee erfolgen solle, hatten sich
schon am Mittag in den Hauptstraßen des Zentrums
größere Menschenmassen angesammelt, um die
neuesten Ereignisse möglichst schnell zu erfahren.
Gegen 2 Uhr kamen in Autos die ersten Extrablätter
auf die Straße, die den Boten von
Dutzenden von Händen entrissen wurden. In wenigen
Minuten waren Straßen und Plätze mit
Tausenden der flatternden Blätter bedeckt. Unter
den Linden, in der Leipziger Straße und am Potsdamer
Platz scharten sich sofort dichte Menschenmassen
zusammen, die in größter Erregung hin- und
herwogten, und gegen deren Strom die Schutzleute,
die den Verkehr zu regeln hatten, machtlos waren.
Da wurde die Nachricht bekannt, daß der Kaiser
die Absicht habe, im Laufe des Nachmittags seine
Residenz im Potsdamer Neuen Palais
Der Einzug des Kaisers.
Sofort strömten die Massen aus den Straßen in
der Nähe der Linden dem Brandenburger
Tore zu, wo sich bald Tausende und Abertausende
in dichten Menschenmauern aufstellten. Gegen ¾ 3
Uhr ertönten vom Tiergarten her brausende Hochrufe.
Die Wache am Brandenburger Tor trat unter
Gewehr. Die Trommel rasselte und gleich darauf
durchschnitt der scharfe Klang des Kaiserlichen
Hupensignals die Luft. Hinter der Siegesallee tauchte
das bekannte hellbraune Automobil des
Kaisers mit der roten Standarte auf. Zehntausendfache
Hochs erschollen und das Trommelgewirbel
der Wache ertrank in dem Meere der
Jubelrufe. Der Kaiser, der die Uniform des Regiments
Garde du Corps mit dem Stahlhelm trug,
dankte unaufhörlich nach allen Seiten. Er wie die
Kaiserin waren ernsten Antlitzes. Als das Kaiserliche
Auto den Pariser Platz hinter sich gelassen
hatte und in die Linden einlenkte, durchbrachen die
Menschenmassen von beiden Seiten die dünnen
Schutzmannsketten, die schon seit der Mittagsstunde
aufgestellt waren. In tosender Begeisterung drängten
sich Tausende von Menschen um den Wagen und
jubelten dem Kaiserpaare zu. Nur langsam konnte
sich der Wagen unter unausgesetzten Hupensignalen
einen Weg durch die Menge bahnen. Dicht hinter
dem Kaiserlichen Auto fuhr der bekannte dunkle
Kraftwagen des Kronprinzen. Der Thronfolger,
der die Uniform seiner Danziger Leibhusaren
trug, wurde ebenso wie seine Gemahlin mit der
gleichen Begeisterung wie das Kaiserpaar begrüßt.
Zwischen beiden saß der älteste Sohn, Prinz Wilhelm.
Auch das Automobil des Prinzen mußte,
besonders zwischen der Wilhelmstraße und der
Friedrichstraße, mehrere Male im Schritt fahren,
um kein Unheil in der freudig erregten Menge
anzurichten. Im dritten Auto saß Prinz Adalbert
sowie das Prinzenpaar August Wilhelm.
Auf dem Schloßplatz wurden die Hofautomobile von
einer vieltausendköpfigen Menge empfangen, die in
brausende Hochrufe ausbrach, als der Wagen des
Kaisers auf der Schloßbrücke erschien und die
Purpurstandarte über dem alten Schlosse der
Hohenzollern emporstieg.
Vor dem Schloß.
Die Menschenmassen, die das Kaiserpaar Unter
den Linden begrüßt hatten, fluteten nun die Linden
herunter dem Schlosse zu. Bald standen auf
dem Platze zwischen Schlosse und dem Lustgarten
Menschenmengen, wie sie der Platz wohl selten
gesehen haben mag. Die allgemeine begeisterte
Erregung hatte jetzt ihren Höhepunkt erreicht. An
den Kandelabern in der Mitte des Platzes stiegen
Leute hinauf, die tausendstimmig erwiderte Hochs
auf den Kaiser ausbrachten. Immer wieder schollen
die von allen Seiten freudig aufgenommenen
Jubelrufe zu den Fenstern des Schlosses empor.
"Heil dir, im Siegerkranz," "Deutschland, Deutschland
über alles" und "Ich bin ein Preuße, kennt
3. Spalte
ihr meine Farben", wurden abwechselnd gesungen.
Wenige Minuten nach 4 Uhr wurde das eiserne
Hauptportal des Schlosses geöffnet und im Auto
fuhr der Reichskanzler von Bethmann Hollweg in
Begleitung seines Adjutanten des Freiherrn von
Sell heraus. Der Kanzler wurde mit lauten Zurufen
begrüßt und dankte, indem er das Haupt entblößte.
Bald darauf verließ auch Prinz Heinrich,
von der Menge lebhaft begrüßt, das Schloß. Unbeweglich
standen die Massen. Die Schutzleute, die
in großer Zahl zu Pferde und zu Fuß vor dem
Schloß konzentriert standen, zeigten sich, wie übrigens
auch Unter den Linden, dem Publikum gegenüber
sehr rücksichtsvoll. Je weiter der Zeiger an
dem Eckturme des Schlosses rückte, um so mehr vergrößerte
sich die Masse auf dem Schloßplatz.
Eine Ansprache des Kaisers.
Berlin, 31.Juli.
Der Kaiser hat heute um ¾ 7 Uhr eine Ansprache
an die vor dem Schlosse versammelte Volksmenge
gehalten. Die Worte des Kaisers lauteten:
Ich danke Euch! Eure Kundgebung war mir
ein Labsal. Wir sind im tiefsten Frieden
in des Wortes wahrer Bedeutung
überfallen worden durch den Neid
unserer Feinde, der uns rings umgibt.
Fünfundzwanzig Jahre habe ich den Frieden
und gehalten. Nun bin ich gezwungen,
das Schwert zu ziehen, aber ich hoffe, daß ich es
mit Ehren wieder einstecken kann. Es werden Euch
enorme Opfer an Gut und Blut auferlegt
werden, aber Ihr werdet sie ertragen, das
weiß ich. Wir werden die Gegner niederzwingen.
Nun geht in die Kirchen und
betet zu Gott, daß er dem deutschen Heer und der
deutschen Sache den Sieg verleihen möge!
Das Kronprinzenpaar auf dem Balkon des
Kronprinzlichen Palais.
Zwischen der fünften und sechsten Nachmittagsstunde
versammelte sich eine nach vielen Tausenden
zählende Menschenmenge vor dem Kronprinzlichen
Palais. Ebenso wie die Menge vor
dem Schloß, sangen die versammelten Menschen
tausendstimmig vaterländische Lieder und brachen
fortgesetzt in brausende Hochrufe aus. Kurz vor
sechs Uhr erschienen der Kronprinz und die
Kronprinzessin auf dem Balkon, mit
donnerndem Jubel begrüßt. Der Kronprinz, der die
Litewka trug, winkte ebenso wie seine
Gemahlin der begeisterten Menge
dankend zu. Auch als das Kronprinzliche Paar
sich wieder von dem Balkon zurückgezogen hatte,
verharrten die Tausenden vor dem Palais.
Kriegstrauung im Kaiserhause.
Berlin, 31. Juli. Heute abend 7 Uhr wurde
im Königlichen Schlosse Bellevue mit Genehmigung
Ihrer Majestäten die Vermählung des
Prinzen Oskar von Preußen mit der
Gräfin Ina Maria von Bassewitz standesamtlich
durch den Minister des königlichen Hauses Grafen
A. zu Eulenburg vollzogen und darauf die kirchliche
Einsegnung durch den Generalsuperintendenten
Haendler vorgenommen. Der Feier wohnten die
kaiserliche Familie und die Angehörigen der Braut
bei, welche nunmehr den allerhöchst verliehenen
Titel einer Gräfin von Ruppin führen wird.
Eine Ansprache des Reichskanzlers.
Berlin, 1. Aug. Gestern um 12 Uhr sammelte
sich eine große Menschenmenge vor dem
Reichskanzlerpalais. Der Reichskanzler erschien am
Mittelfenster des Kongreßsaales und hielt folgende
Ansprache: In ernster Stunde sind Sie, um Ihren
vaterländischen Gesinnungen Ausdruck zu geben,
vor das Haus Bismarcks gezogen, Bismarcks, der
uns mit Kaiser Wilhelm dem Großen und Feldmarschall
Moltke das Deutsche Reich geschenkt hat.
Wir wollen in dem Reiche, das wir in 44jähriger
Friedensarbeit ausgebaut haben, auch fernerhin in
Frieden leben. Das ganze Wirken unsres Kaisers
war der Erhaltung des Friedens gewidmet. Bis
in die letzten Tage hat er für den Frieden Europas
gewirkt und er wirkt noch für ihn. Sollte alles
Bemühen vergeblich sein, sollte uns das Schwert in
die Hand gezwungen werden, so werden wir mit
gutem Gewissen und den [sic] Bewußtsein, nichts als den
Frieden gewollt zu haben, den Kampf um unsere
nationale Ehre mit Einsetzung des letzten Blutstropfen
führen. Im Ernste dieser Stunde erinnere
4. Spalte
ich Sie an das Wort, das einst Friedrich Karl den
Brandenburgern zurief: "Laßt Eure Herzen schlagen
zu Gott und Eure Fäuste auf den Feind!"
Die Botschafter Frankreichs und Englands
bei dem amerikanischen Botschafter.
Berlin, 31.Juli. Die Botschafter Frankreichs
und Englands hatten heute mit dem
amerikanischen Botschafter eine längere Besprechung,
in der dieser ersucht wurde, den Schutz
der englischen und französischen Staatsangehörigen
zu übernehmen, falls beide Botschafter durch den
Gang der Ereignisse gezwungen würden, Berlin zu
verlassen. - Von England erwartet man, daß es
sich zunächst an einer eventuellen kriegerischen
Auseinandersetzung nicht beteiligen wird,
da es nach seiner anerkennenswerten friedlichen Haltung
ehrlich bemüht ist, den Krieg zu vermeiden.
Nach Ansicht unterrichteter Kreise aber kann es keinem
Zweifel unterliegen, daß England auf die
Dauer nicht neutral bleiben könne,
weil die Londoner Regierung stark von der Volksstimmung
abhängig ist und zum Eingreifen gezwungen
wird, sobald die ersten Schläge auf dem
westlichen Kriegsschauplatz fallen.
Das russische Doppelspiel.
Die Kugel ist jetzt rascher ins Rollen gekommen,
als die Leiter der deutschen Politik gedacht haben.
der Zar
an den Deutsche Kaiser ein Telegramm
gerichtet, und zwar enthielt diese Depesche die
persönliche Bitte an den Kaiser, noch einen
letzten friedlichen Vermittlungsversuch zwischen
Rußland und Österreich zu machen. Der Kaiser hat
diese Aufgabe übernommen und hat sich an den
friedlichen Absichten Rußlands, wie aus der Depesche
des Zaren hervorzugehen schien, auch nicht irremachen
lassen durch die am Donnerstag erfolgte
teilweise Mobilisierung der russischen
Armee. Im Laufe der vergangenen Nacht
war es nicht zuletzt dank der eifrigen Unterstützung
Sir Edward Greys gelungen, eine Formel zu finden,
die geeignet schien, sowohl Rußland wie Österreich
zu befriedigen und dadurch die Kriegsgefahr zu
beschwören. Mitten in die Verhandlungen
hinein platzte da plötzlich die
Meldung des deutschen Botschafters
in Petersburg von der Mobilisierun
der gesamten russischen Armee
und Flotte. Da gab es selbstverständlich auch
für Deutschland kein Zögern mehr.
Man steht infolgedessen unter dem Eindruck, daß
die eigentliche russische Politik die Person des Zaren
vorgeschoben hat, um hinter dieser Kulisse Zeit zu
gewinnen, die Kriegsvorbereitungen durchzuführen.
Der Erklärung des Kriegszustandes muß nach der
Ansicht amtlicher Kreise die Mobilmachung voraussichtlich
innerhalb 24 Stunden folgen. Die diplomatischen
Beziehungen zu Rußland sind deshalb
selbstverständlich noch nicht abgebrochen. Der russische
Botschafter war Freitagmorgen noch im Auswärtigen
Amt. Die Hoffnungen auf einen Ausgleich
sind aber, wenn erst beide Großmächte sich
gerüstet gegenüber stehen, sehr gering.
-
item 19
Eisenacher Zeitung
verbunden mit
Tageblatt und Anzeiger für den Eisenacher Kreis
Druck und Verlag :
Hofbuchdruckerei Eisenach, H. Kahle,
Inhaber:
Paul Kahle und Karl Kahle.
Die "Eisenacher Zeitung", verbunden mit "Tageblatt und Anzeiger für den Eisenacher
Kreis", erscheint mit Ausnahme der Feiertage wöchentlich sechsmal, mit "Illustriertem Unter-
haltungsblatt", Fahrplan und Kalender. Bezugspreis für Eisenach, einschließlich Bringerlohn ,
monatlich 70 Pf. in Vorauszahlung; durch die Post vierteljährlich 2,10 M. frei ins Haus, bei
Abholung am Postschalter 1,68 M. Alle Postanstalten sowie die Landbriefträger und unsere Ver-
treter nehmen Bestellungen entgegen. Einzelne Nummer 10 Pf.
Anzeigenpreis für Eisenach 10 Pf. für die einspaltige Petitzeile, für auswärts und im amt-
lichen Teil 15 Pf. Reklamen nach dem politischen Teil: Petitzeile 40 Pf. Nachweisgebühr aller
Art: 20 Pf. Annahme der Anzeigen bis vormittag 9 Uhr, größere > Tags zuvor < .
Annahme und Vermittlung von Anzeigen für alle Zeitungen der Welt. Beilagegebühr: für
die Gesamtauflage 50 Pf. bei vierseitigen, 30 Pf. bei zweiseitigen Beilagen, für die Stadtauflage
40 beziehungsweise 22 Pf.
_______________________________________________________________________________________________________________
Nr. 178 Geschäftsstelle: Sonnabend, den 1. August 1914. Geschäftszeit: 48. Jahrg.
Eisenach, Sophienstraße 55/57. Fernsprecher 47. 7 Uhr vormittags bis 6 Uhr nachmittags._______________________________________________________________________________________________________________
Vor der Entscheidung über den Weltkrieg.
1. Spalte
Ein fürchterliches, der Generation von heute bis-
her fremd gewesenes Wort! Man hat davon in
alten Geschichtsbüchern bisher gelesen; nur eine
Minderzahl von denen, die heute noch unter uns
weilen, haben solchen Kriegszustand in deutschen
Landen selbst erlebt. Kriegszustand ist noch nichtKrieg, hört man da und dort. Eine Tröstung, die
nur geringen Glauben finden mag. Wenn nicht in
Petersburg und in Paris die Erleuchtung wie ein
Wunder herniedersteigt, dann darf die Menschheit
alle Hoffnung schwinden lassen. Der Kaiser,unser Friedenskaiser , ist, wie eine offenbar
hochoffiziöse Kundgebung verlautbart, vom rus-
sichen Zaren schmählich betrogen
worden. Das Verhalten der russischen Krone
schlägt jeder Loyalität ins Gesicht! Nun soll
Rußland erfahren, heißt es in jener offi-ziösen Auslassung, daß dieser Abkomme Friedrichs
des Großen ein Kriegsfürst sein wird! Hört manschon den Anmarsch unserer Bataillone? Wir dür-
fen den kommenden Ereignissen ohne Bangen ent-
gegensehen . Nicht großsprecherisch und nicht über-
mütig wollen wir sein; aber wer vielleicht draußen
in der Welt glaubt, schreibt die "Nat. Ztg." daß
das deutsche Volk vom Schauder blasser Furcht ge-
schüttelt werde, wie es bei den Leuten jenseits der
Grenzen bereits der Fall ist, so gibt man sich einer
regen Täuschung hin. Das Volk steht auf,
der Sturm bricht los. Die Herren an der
Newa wollen eine blutige Tragödie inszenieren, ihre
Freunde an der Seine wollen oder können sie daran
nicht hindern: Wohlan! Das Spiel kann
beginnen!
Ultimatum an Rußland.
Der "Norddeutschen Allg. Ztg." zufolge ließ Kaiser
Wilhelm Rußland wissen, daß die deutsche
Mobilmachung in Aussicht steht, falls Rußland
nicht binnen 12 Stunden seine Kriegsvorbereitungen
einstellt. Gleichzeitig ist an Frankreich
die Anfrage über dessen Haltung im Falle
eines deutsch-russischen Krieges gerichtet worden.
Der Reichstag wird einberufen.
Berlin, 31. Juli. Wie offiziös gemeldet wird,
ist die Einberufung des Reichstages
auf Dienstag, den 4. August, in Aussicht genommen.
Die Eröffnung wird im Weißen Saale des Königlichen
Schlosses zu Berlin um 1 Uhr nachmittags
erfolgen. Die kaiserliche Verordnung wegen der
Berufung steht noch aus.
Der Reichstag wird einberufen.
Berlin, 31. Juli. Wie offiziös gemeldet wird,
ist die Einberufung des Reichstages
auf Dienstag, den 4. August, in Aussicht genommen.
die Eröffnung wird im Weißen Saale des Königlichen
Schlosses zu Berlin um 1 Uhr nachmittags
erfolgen. Die kaiserliche Verordnung wegen der
Berufung steht noch aus.
Kriegszustand.
Berlin, 31. Juli. Aus Petersburg ist die
Nachricht des deutschen Botschafters eingegangen,
daß die allgemeine Mobilmachung der russischen
Armee und Flotte befohlen worden ist. Darauf
hat Se. Majestät der Kaiser den Zustand der
drohenden Kriegsgefahr befohlen. Se. Majestät
wird heute nach Berlin übersiedeln.
Berlin, 31.Juli Nach Artikel 68 der Reichsverfassug
hat Se. Majestät der Kaiser das Reichsgebiet
ohne Bayern in den Kriegszustand erklärt.
Über Bayern ergeht die gleiche Anordnung.
Berlin, 31. Juli. Bei militärischen Maßnahmen
kommen bei drohender Kriegsgefahr hauptsächlich
in Betracht:
1. An der Grenze und zum Schutze der Eisenbahnen
erforderliche Maßnahmen.
2. Verkehrsbeschränkungen der Post, Telegraphen,
Eisenbahnen usw. zugunsten des militärischen
Bedarfs.
3. Erklärung des Kriegszustandes für das gesamte
Kriegsgebiet.
4. Verbot der Veröffentlichung über Truppenbewegungen
und Verteidigungsmittel. Der
Kriegszustand ist gleichbedeutend mit dem
Belagerungszustand in Preußen (Art. 68
der Reichsverordnung.)
2. Spalte
Die bayerische Verfügung.
München, 31. Juli. Nach einer königlichen
Verordnung vom 31. Juli 1914 wird über das gesamte
Gebiet des Königreichs der Kriegszustand
verhängt. Für die Pfalz wird das Standrecht
angeordnet.
Die Rückkehr des Kaisers von
Potsdam nach Berlin.
In Erwartung.
Infolge der Gerüchte, daß heute die Mobilisierung
der deutschen Armee erfolgen solle, hatten sich
schon am Mittag in den Hauptstraßen des Zentrums
größere Menschenmassen angesammelt, um die
neuesten Ereignisse möglichst schnell zu erfahren.
Gegen 2 Uhr kamen in Autos die ersten Extrablätter
auf die Straße, die den Boten von
Dutzenden von Händen entrissen wurden. In wenigen
Minuten waren Straßen und Plätze mit
Tausenden der flatternden Blätter bedeckt. Unter
den Linden, in der Leipziger Straße und am Potsdamer
Platz scharten sich sofort dichte Menschenmassen
zusammen, die in größter Erregung hin- und
herwogten, und gegen deren Strom die Schutzleute,
die den Verkehr zu regeln hatten, machtlos waren.
Da wurde die Nachricht bekannt, daß der Kaiser
die Absicht habe, im Laufe des Nachmittags seine
Residenz im Potsdamer Neuen Palais
Der Einzug des Kaisers.
Sofort strömten die Massen aus den Straßen in
der Nähe der Linden dem Brandenburger
Tore zu, wo sich bald Tausende und Abertausende
in dichten Menschenmauern aufstellten. Gegen ¾ 3
Uhr ertönten vom Tiergarten her brausende Hochrufe.
Die Wache am Brandenburger Tor trat unter
Gewehr. Die Trommel rasselte und gleich darauf
durchschnitt der scharfe Klang des Kaiserlichen
Hupensignals die Luft. Hinter der Siegesallee tauchte
das bekannte hellbraune Automobil des
Kaisers mit der roten Standarte auf. Zehntausendfache
Hochs erschollen und das Trommelgewirbel
der Wache ertrank in dem Meere der
Jubelrufe. Der Kaiser, der die Uniform des Regiments
Garde du Corps mit dem Stahlhelm trug,
dankte unaufhörlich nach allen Seiten. Er wie die
Kaiserin waren ernsten Antlitzes. Als das Kaiserliche
Auto den Pariser Platz hinter sich gelassen
hatte und in die Linden einlenkte, durchbrachen die
Menschenmassen von beiden Seiten die dünnen
Schutzmannsketten, die schon seit der Mittagsstunde
aufgestellt waren. In tosender Begeisterung drängten
sich Tausende von Menschen um den Wagen und
jubelten dem Kaiserpaare zu. Nur langsam konnte
sich der Wagen unter unausgesetzten Hupensignalen
einen Weg durch die Menge bahnen. Dicht hinter
dem Kaiserlichen Auto fuhr der bekannte dunkle
Kraftwagen des Kronprinzen. Der Thronfolger,
der die Uniform seiner Danziger Leibhusaren
trug, wurde ebenso wie seine Gemahlin mit der
gleichen Begeisterung wie das Kaiserpaar begrüßt.
Zwischen beiden saß der älteste Sohn, Prinz Wilhelm.
Auch das Automobil des Prinzen mußte,
besonders zwischen der Wilhelmstraße und der
Friedrichstraße, mehrere Male im Schritt fahren,
um kein Unheil in der freudig erregten Menge
anzurichten. Im dritten Auto saß Prinz Adalbert
sowie das Prinzenpaar August Wilhelm.
Auf dem Schloßplatz wurden die Hofautomobile von
einer vieltausendköpfigen Menge empfangen, die in
brausende Hochrufe ausbrach, als der Wagen des
Kaisers auf der Schloßbrücke erschien und die
Purpurstandarte über dem alten Schlosse der
Hohenzollern emporstieg.
Vor dem Schloß.
Die Menschenmassen, die das Kaiserpaar Unter
den Linden begrüßt hatten, fluteten nun die Linden
herunter dem Schlosse zu. Bald standen auf
dem Platze zwischen Schlosse und dem Lustgarten
Menschenmengen, wie sie der Platz wohl selten
gesehen haben mag. Die allgemeine begeisterte
Erregung hatte jetzt ihren Höhepunkt erreicht. An
den Kandelabern in der Mitte des Platzes stiegen
Leute hinauf, die tausendstimmig erwiderte Hochs
auf den Kaiser ausbrachten. Immer wieder schollen
die von allen Seiten freudig aufgenommenen
Jubelrufe zu den Fenstern des Schlosses empor.
"Heil dir, im Siegerkranz," "Deutschland, Deutschland
über alles" und "Ich bin ein Preuße, kennt
3. Spalte
ihr meine Farben", wurden abwechselnd gesungen.
Wenige Minuten nach 4 Uhr wurde das eiserne
Hauptportal des Schlosses geöffnet und im Auto
fuhr der Reichskanzler von Bethmann Hollweg in
Begleitung seines Adjutanten des Freiherrn von
Sell heraus. Der Kanzler wurde mit lauten Zurufen
begrüßt und dankte, indem er das Haupt entblößte.
Bald darauf verließ auch Prinz Heinrich,
von der Menge lebhaft begrüßt, das Schloß. Unbeweglich
standen die Massen. Die Schutzleute, die
in großer Zahl zu Pferde und zu Fuß vor dem
Schloß konzentriert standen, zeigten sich, wie übrigens
auch Unter den Linden, dem Publikum gegenüber
sehr rücksichtsvoll. Je weiter der Zeiger an
dem Eckturme des Schlosses rückte, um so mehr vergrößerte
sich die Masse auf dem Schloßplatz.
Eine Ansprache des Kaisers.
Berlin, 31.Juli.
Der Kaiser hat heute um ¾ 7 Uhr eine Ansprache
an die vor dem Schlosse versammelte Volksmenge
gehalten. Die Worte des Kaisers lauteten:
Ich danke Euch! Eure Kundgebung war mir
ein Labsal. Wir sind im tiefsten Frieden
in des Wortes wahrer Bedeutung
überfallen worden durch den Neid
unserer Feinde, der uns rings umgibt.
Fünfundzwanzig Jahre habe ich den Frieden
und gehalten. Nun bin ich gezwungen,
das Schwert zu ziehen, aber ich hoffe, daß ich es
mit Ehren wieder einstecken kann. Es werden Euch
enorme Opfer an Gut und Blut auferlegt
werden, aber Ihr werdet sie ertragen, das
weiß ich. Wir werden die Gegner niederzwingen.
Nun geht in die Kirchen und
betet zu Gott, daß er dem deutschen Heer und der
deutschen Sache den Sieg verleihen möge!
Das Kronprinzenpaar auf dem Balkon des
Kronprinzlichen Palais.
Zwischen der fünften und sechsten Nachmittagsstunde
versammelte sich eine nach vielen Tausenden
zählende Menschenmenge vor dem Kronprinzlichen
Palais. Ebenso wie die Menge vor
dem Schloß, sangen die versammelten Menschen
tausendstimmig vaterländische Lieder und brachen
fortgesetzt in brausende Hochrufe aus. Kurz vor
sechs Uhr erschienen der Kronprinz und die
Kronprinzessin auf dem Balkon, mit
donnerndem Jubel begrüßt. Der Kronprinz, der die
Litewka trug, winkte ebenso wie seine
Gemahlin der begeisterten Menge
dankend zu. Auch als das Kronprinzliche Paar
sich wieder von dem Balkon zurückgezogen hatte,
verharrten die Tausenden vor dem Palais.
Kriegstrauung im Kaiserhause.
Berlin, 31. Juli. Heute abend 7 Uhr wurde
im Königlichen Schlosse Bellevue mit Genehmigung
Ihrer Majestäten die Vermählung des
Prinzen Oskar von Preußen mit der
Gräfin Ina Maria von Bassewitz standesamtlich
durch den Minister des königlichen Hauses Grafen
A. zu Eulenburg vollzogen und darauf die kirchliche
Einsegnung durch den Generalsuperintendenten
Haendler vorgenommen. Der Feier wohnten die
kaiserliche Familie und die Angehörigen der Braut
bei, welche nunmehr den allerhöchst verliehenen
Titel einer Gräfin von Ruppin führen wird.
Eine Ansprache des Reichskanzlers.
Berlin, 1. Aug. Gestern um 12 Uhr sammelte
sich eine große Menschenmenge vor dem
Reichskanzlerpalais. Der Reichskanzler erschien am
Mittelfenster des Kongreßsaales und hielt folgende
Ansprache: In ernster Stunde sind Sie, um Ihren
vaterländischen Gesinnungen Ausdruck zu geben,
vor das Haus Bismarcks gezogen, Bismarcks, der
uns mit Kaiser Wilhelm dem Großen und Feldmarschall
Moltke das Deutsche Reich geschenkt hat.
Wir wollen in dem Reiche, das wir in 44jähriger
Friedensarbeit ausgebaut haben, auch fernerhin in
Frieden leben. Das ganze Wirken unsres Kaisers
war der Erhaltung des Friedens gewidmet. Bis
in die letzten Tage hat er für den Frieden Europas
gewirkt und er wirkt noch für ihn. Sollte alles
Bemühen vergeblich sein, sollte uns das Schwert in
die Hand gezwungen werden, so werden wir mit
gutem Gewissen und den [sic] Bewußtsein, nichts als den
Frieden gewollt zu haben, den Kampf um unsere
nationale Ehre mit Einsetzung des letzten Blutstropfen
führen. Im Ernste dieser Stunde erinnere
4. Spalte
ich Sie an das Wort, das einst Friedrich Karl den
Brandenburgern zurief: "Laßt Eure Herzen schlagen
zu Gott und Eure Fäuste auf den Feind!"
Die Botschafter Frankreichs und Englands
bei dem amerikanischen Botschafter.
Berlin, 31.Juli. Die Botschafter Frankreichs
und Englands hatten heute mit dem
amerikanischen Botschafter eine längere Besprechung,
in der dieser ersucht wurde, den Schutz
der englischen und französischen Staatsangehörigen
zu übernehmen, falls beide Botschafter durch den
Gang der Ereignisse gezwungen würden, Berlin zu
verlassen. - Von England erwartet man, daß es
sich zunächst an einer eventuellen kriegerischen
Auseinandersetzung nicht beteiligen wird,
da es nach seiner anerkennenswerten friedlichen Haltung
ehrlich bemüht ist, den Krieg zu vermeiden.
Nach Ansicht unterrichteter Kreise aber kann es keinem
Zweifel unterliegen, daß England auf die
Dauer nicht neutral bleiben könne,
weil die Londoner Regierung stark von der Volksstimmung
abhängig ist und zum Eingreifen gezwungen
wird, sobald die ersten Schläge auf dem
westlichen Kriegsschauplatz fallen.
Das russische Doppelspiel.
Die Kugel ist jetzt rascher ins Rollen gekommen,
als die Leiter der deutschen Politik gedacht haben.
der Zar
an den Deutsche Kaiser ein Telegramm
gerichtet, und zwar enthielt diese Depesche die
persönliche Bitte an den Kaiser, noch einen
letzten friedlichen Vermittlungsversuch zwischen
Rußland und Österreich zu machen. Der Kaiser hat
diese Aufgabe übernommen und hat sich an den
friedlichen Absichten Rußlands, wie aus der Depesche
des Zaren hervorzugehen schien, auch nicht irremachen
lassen durch die am Donnerstag erfolgte
teilweise Mobilisierung der russischen
Armee. Im Laufe der vergangenen Nacht
war es nicht zuletzt dank der eifrigen Unterstützung
Sir Edward Greys gelungen, eine Formel zu finden,
die geeignet schien, sowohl Rußland wie Österreich
zu befriedigen und dadurch die Kriegsgefahr zu
beschwören. Mitten in die Verhandlungen
hinein platzte da plötzlich die
Meldung des deutschen Botschafters
in Petersburg von der Mobilisierun
der gesamten russischen Armee
und Flotte. Da gab es selbstverständlich auch
für Deutschland kein Zögern mehr.
Man steht infolgedessen unter dem Eindruck, daß
die eigentliche russische Politik die Person des Zaren
vorgeschoben hat, um hinter dieser Kulisse Zeit zu
gewinnen, die Kriegsvorbereitungen durchzuführen.
-
item 19
Eisenacher Zeitung
verbunden mit
Tageblatt und Anzeiger für den Eisenacher Kreis
Druck und Verlag :
Hofbuchdruckerei Eisenach, H. Kahle,
Inhaber:
Paul Kahle und Karl Kahle.
Die "Eisenacher Zeitung", verbunden mit "Tageblatt und Anzeiger für den Eisenacher
Kreis", erscheint mit Ausnahme der Feiertage wöchentlich sechsmal, mit "Illustriertem Unter-
haltungsblatt", Fahrplan und Kalender. Bezugspreis für Eisenach, einschließlich Bringerlohn ,
monatlich 70 Pf. in Vorauszahlung; durch die Post vierteljährlich 2,10 M. frei ins Haus, bei
Abholung am Postschalter 1,68 M. Alle Postanstalten sowie die Landbriefträger und unsere Ver-
treter nehmen Bestellungen entgegen. Einzelne Nummer 10 Pf.
Anzeigenpreis für Eisenach 10 Pf. für die einspaltige Petitzeile, für auswärts und im amt-
lichen Teil 15 Pf. Reklamen nach dem politischen Teil: Petitzeile 40 Pf. Nachweisgebühr aller
Art: 20 Pf. Annahme der Anzeigen bis vormittag 9 Uhr, größere > Tags zuvor < .
Annahme und Vermittlung von Anzeigen für alle Zeitungen der Welt. Beilagegebühr: für
die Gesamtauflage 50 Pf. bei vierseitigen, 30 Pf. bei zweiseitigen Beilagen, für die Stadtauflage
40 beziehungsweise 22 Pf.
_______________________________________________________________________________________________________________
Nr. 178 Geschäftsstelle: Sonnabend, den 1. August 1914. Geschäftszeit: 48. Jahrg.
Eisenach, Sophienstraße 55/57. Fernsprecher 47. 7 Uhr vormittags bis 6 Uhr nachmittags._______________________________________________________________________________________________________________
Vor der Entscheidung über den Weltkrieg.
1. Spalte
Ein fürchterliches, der Generation von heute bis-
her fremd gewesenes Wort! Man hat davon in
alten Geschichtsbüchern bisher gelesen; nur eine
Minderzahl von denen, die heute noch unter uns
weilen, haben solchen Kriegszustand in deutschen
Landen selbst erlebt. Kriegszustand ist noch nichtKrieg, hört man da und dort. Eine Tröstung, die
nur geringen Glauben finden mag. Wenn nicht in
Petersburg und in Paris die Erleuchtung wie ein
Wunder herniedersteigt, dann darf die Menschheit
alle Hoffnung schwinden lassen. Der Kaiser,unser Friedenskaiser , ist, wie eine offenbar
hochoffiziöse Kundgebung verlautbart, vom rus-
sichen Zaren schmählich betrogen
worden. Das Verhalten der russischen Krone
schlägt jeder Loyalität ins Gesicht! Nun soll
Rußland erfahren, heißt es in jener offi-ziösen Auslassung, daß dieser Abkomme Friedrichs
des Großen ein Kriegsfürst sein wird! Hört manschon den Anmarsch unserer Bataillone? Wir dür-
fen den kommenden Ereignissen ohne Bangen ent-
gegensehen . Nicht großsprecherisch und nicht über-
mütig wollen wir sein; aber wer vielleicht draußen
in der Welt glaubt, schreibt die "Nat. Ztg." daß
das deutsche Volk vom Schauder blasser Furcht ge-
schüttelt werde, wie es bei den Leuten jenseits der
Grenzen bereits der Fall ist, so gibt man sich einer
regen Täuschung hin. Das Volk steht auf,
der Sturm bricht los. Die Herren an der
Newa wollen eine blutige Tragödie inszenieren, ihre
Freunde an der Seine wollen oder können sie daran
nicht hindern: Wohlan! Das Spiel kann
beginnen!
Ultimatum an Rußland.
Der "Norddeutschen Allg. Ztg." zufolge ließ Kaiser
Wilhelm Rußland wissen, daß die deutsche
Mobilmachung in Aussicht steht, falls Rußland
nicht binnen 12 Stunden seine Kriegsvorbereitungen
einstellt. Gleichzeitig ist an Frankreich
die Anfrage über dessen Haltung im Falle
eines deutsch-russischen Krieges gerichtet worden.
Der Reichstag wird einberufen.
Berlin, 31. Juli. Wie offiziös gemeldet wird,
ist die Einberufung des Reichstages
auf Dienstag, den 4. August, in Aussicht genommen.
Die Eröffnung wird im Weißen Saale des Königlichen
Schlosses zu Berlin um 1 Uhr nachmittags
erfolgen. Die kaiserliche Verordnung wegen der
Berufung steht noch aus.
Der Reichstag wird einberufen.
Berlin, 31. Juli. Wie offiziös gemeldet wird,
ist die Einberufung des Reichstages
auf Dienstag, den 4. August, in Aussicht genommen.
die Eröffnung wird im Weißen Saale des Königlichen
Schlosses zu Berlin um 1 Uhr nachmittags
erfolgen. Die kaiserliche Verordnung wegen der
Berufung steht noch aus.
Kriegszustand.
Berlin, 31. Juli. Aus Petersburg ist die
Nachricht des deutschen Botschafters eingegangen,
daß die allgemeine Mobilmachung der russischen
Armee und Flotte befohlen worden ist. Darauf
hat Se. Majestät der Kaiser den Zustand der
drohenden Kriegsgefahr befohlen. Se. Majestät
wird heute nach Berlin übersiedeln.
Berlin, 31.Juli Nach Artikel 68 der Reichsverfassug
hat Se. Majestät der Kaiser das Reichsgebiet
ohne Bayern in den Kriegszustand erklärt.
Über Bayern ergeht die gleiche Anordnung.
Berlin, 31. Juli. Bei militärischen Maßnahmen
kommen bei drohender Kriegsgefahr hauptsächlich
in Betracht:
1. An der Grenze und zum Schutze der Eisenbahnen
erforderliche Maßnahmen.
2. Verkehrsbeschränkungen der Post, Telegraphen,
Eisenbahnen usw. zugunsten des militärischen
Bedarfs.
3. Erklärung des Kriegszustandes für das gesamte
Kriegsgebiet.
4. Verbot der Veröffentlichung über Truppenbewegungen
und Verteidigungsmittel. Der
Kriegszustand ist gleichbedeutend mit dem
Belagerungszustand in Preußen (Art. 68
der Reichsverordnung.)
2. Spalte
Die bayerische Verfügung.
München, 31. Juli. Nach einer königlichen
Verordnung vom 31. Juli 1914 wird über das gesamte
Gebiet des Königreichs der Kriegszustand
verhängt. Für die Pfalz wird das Standrecht
angeordnet.
Die Rückkehr des Kaisers von
Potsdam nach Berlin.
In Erwartung.
Infolge der Gerüchte, daß heute die Mobilisierung
der deutschen Armee erfolgen solle, hatten sich
schon am Mittag in den Hauptstraßen des Zentrums
größere Menschenmassen angesammelt, um die
neuesten Ereignisse möglichst schnell zu erfahren.
Gegen 2 Uhr kamen in Autos die ersten Extrablätter
auf die Straße, die den Boten von
Dutzenden von Händen entrissen wurden. In wenigen
Minuten waren Straßen und Plätze mit
Tausenden der flatternden Blätter bedeckt. Unter
den Linden, in der Leipziger Straße und am Potsdamer
Platz scharten sich sofort dichte Menschenmassen
zusammen, die in größter Erregung hin- und
herwogten, und gegen deren Strom die Schutzleute,
die den Verkehr zu regeln hatten, machtlos waren.
Da wurde die Nachricht bekannt, daß der Kaiser
die Absicht habe, im Laufe des Nachmittags seine
Residenz im Potsdamer Neuen Palais
Der Einzug des Kaisers.
Sofort strömten die Massen aus den Straßen in
der Nähe der Linden dem Brandenburger
Tore zu, wo sich bald Tausende und Abertausende
in dichten Menschenmauern aufstellten. Gegen ¾ 3
Uhr ertönten vom Tiergarten her brausende Hochrufe.
Die Wache am Brandenburger Tor trat unter
Gewehr. Die Trommel rasselte und gleich darauf
durchschnitt der scharfe Klang des Kaiserlichen
Hupensignals die Luft. Hinter der Siegesallee tauchte
das bekannte hellbraune Automobil des
Kaisers mit der roten Standarte auf. Zehntausendfache
Hochs erschollen und das Trommelgewirbel
der Wache ertrank in dem Meere der
Jubelrufe. Der Kaiser, der die Uniform des Regiments
Garde du Corps mit dem Stahlhelm trug,
dankte unaufhörlich nach allen Seiten. Er wie die
Kaiserin waren ernsten Antlitzes. Als das Kaiserliche
Auto den Pariser Platz hinter sich gelassen
hatte und in die Linden einlenkte, durchbrachen die
Menschenmassen von beiden Seiten die dünnen
Schutzmannsketten, die schon seit der Mittagsstunde
aufgestellt waren. In tosender Begeisterung drängten
sich Tausende von Menschen um den Wagen und
jubelten dem Kaiserpaare zu. Nur langsam konnte
sich der Wagen unter unausgesetzten Hupensignalen
einen Weg durch die Menge bahnen. Dicht hinter
dem Kaiserlichen Auto fuhr der bekannte dunkle
Kraftwagen des Kronprinzen. Der Thronfolger,
der die Uniform seiner Danziger Leibhusaren
trug, wurde ebenso wie seine Gemahlin mit der
gleichen Begeisterung wie das Kaiserpaar begrüßt.
Zwischen beiden saß der älteste Sohn, Prinz Wilhelm.
Auch das Automobil des Prinzen mußte,
besonders zwischen der Wilhelmstraße und der
Friedrichstraße, mehrere Male im Schritt fahren,
um kein Unheil in der freudig erregten Menge
anzurichten. Im dritten Auto saß Prinz Adalbert
sowie das Prinzenpaar August Wilhelm.
Auf dem Schloßplatz wurden die Hofautomobile von
einer vieltausendköpfigen Menge empfangen, die in
brausende Hochrufe ausbrach, als der Wagen des
Kaisers auf der Schloßbrücke erschien und die
Purpurstandarte über dem alten Schlosse der
Hohenzollern emporstieg.
Vor dem Schloß.
Die Menschenmassen, die das Kaiserpaar Unter
den Linden begrüßt hatten, fluteten nun die Linden
herunter dem Schlosse zu. Bald standen auf
dem Platze zwischen Schlosse und dem Lustgarten
Menschenmengen, wie sie der Platz wohl selten
gesehen haben mag. Die allgemeine begeisterte
Erregung hatte jetzt ihren Höhepunkt erreicht. An
den Kandelabern in der Mitte des Platzes stiegen
Leute hinauf, die tausendstimmig erwiderte Hochs
auf den Kaiser ausbrachten. Immer wieder schollen
die von allen Seiten freudig aufgenommenen
Jubelrufe zu den Fenstern des Schlosses empor.
"Heil dir, im Siegerkranz," "Deutschland, Deutschland
über alles" und "Ich bin ein Preuße, kennt
3. Spalte
ihr meine Farben", wurden abwechselnd gesungen.
Wenige Minuten nach 4 Uhr wurde das eiserne
Hauptportal des Schlosses geöffnet und im Auto
fuhr der Reichskanzler von Bethmann Hollweg in
Begleitung seines Adjutanten des Freiherrn von
Sell heraus. Der Kanzler wurde mit lauten Zurufen
begrüßt und dankte, indem er das Haupt entblößte.
Bald darauf verließ auch Prinz Heinrich,
von der Menge lebhaft begrüßt, das Schloß. Unbeweglich
standen die Massen. Die Schutzleute, die
in großer Zahl zu Pferde und zu Fuß vor dem
Schloß konzentriert standen, zeigten sich, wie übrigens
auch Unter den Linden, dem Publikum gegenüber
sehr rücksichtsvoll. Je weiter der Zeiger an
dem Eckturme des Schlosses rückte, um so mehr vergrößerte
sich die Masse auf dem Schloßplatz.
Eine Ansprache des Kaisers.
Berlin, 31.Juli.
Der Kaiser hat heute um ¾ 7 Uhr eine Ansprache
an die vor dem Schlosse versammelte Volksmenge
gehalten. Die Worte des Kaisers lauteten:
Ich danke Euch! Eure Kundgebung war mir
ein Labsal. Wir sind im tiefsten Frieden
in des Wortes wahrer Bedeutung
überfallen worden durch den Neid
unserer Feinde, der uns rings umgibt.
Fünfundzwanzig Jahre habe ich den Frieden
und gehalten. Nun bin ich gezwungen,
das Schwert zu ziehen, aber ich hoffe, daß ich es
mit Ehren wieder einstecken kann. Es werden Euch
enorme Opfer an Gut und Blut auferlegt
werden, aber Ihr werdet sie ertragen, das
weiß ich. Wir werden die Gegner niederzwingen.
Nun geht in die Kirchen und
betet zu Gott, daß er dem deutschen Heer und der
deutschen Sache den Sieg verleihen möge!
Das Kronprinzenpaar auf dem Balkon des
Kronprinzlichen Palais.
Zwischen der fünften und sechsten Nachmittagsstunde
versammelte sich eine nach vielen Tausenden
zählende Menschenmenge vor dem Kronprinzlichen
Palais. Ebenso wie die Menge vor
dem Schloß, sangen die versammelten Menschen
tausendstimmig vaterländische Lieder und brachen
fortgesetzt in brausende Hochrufe aus. Kurz vor
sechs Uhr erschienen der Kronprinz und die
Kronprinzessin auf dem Balkon, mit
donnerndem Jubel begrüßt. Der Kronprinz, der die
Litewka trug, winkte ebenso wie seine
Gemahlin der begeisterten Menge
dankend zu. Auch als das Kronprinzliche Paar
sich wieder von dem Balkon zurückgezogen hatte,
verharrten die Tausenden vor dem Palais.
Kriegstrauung im Kaiserhause.
Berlin, 31. Juli. Heute abend 7 Uhr wurde
im Königlichen Schlosse Bellevue mit Genehmigung
Ihrer Majestäten die Vermählung des
Prinzen Oskar von Preußen mit der
Gräfin Ina Maria von Bassewitz standesamtlich
durch den Minister des königlichen Hauses Grafen
A. zu Eulenburg vollzogen und darauf die kirchliche
Einsegnung durch den Generalsuperintendenten
Haendler vorgenommen. Der Feier wohnten die
kaiserliche Familie und die Angehörigen der Braut
bei, welche nunmehr den allerhöchst verliehenen
Titel einer Gräfin von Ruppin führen wird.
Eine Ansprache des Reichskanzlers.
Berlin, 1. Aug. Gestern um 12 Uhr sammelte
sich eine große Menschenmenge vor dem
Reichskanzlerpalais. Der Reichskanzler erschien am
Mittelfenster des Kongreßsaales und hielt folgende
Ansprache: In ernster Stunde sind Sie, um Ihren
vaterländischen Gesinnungen Ausdruck zu geben,
vor das Haus Bismarcks gezogen, Bismarcks, der
uns mit Kaiser Wilhelm dem Großen und Feldmarschall
Moltke das Deutsche Reich geschenkt hat.
Wir wollen in dem Reiche, das wir in 44jähriger
Friedensarbeit ausgebaut haben, auch fernerhin in
Frieden leben. Das ganze Wirken unsres Kaisers
war der Erhaltung des Friedens gewidmet. Bis
in die letzten Tage hat er für den Frieden Europas
gewirkt und er wirkt noch für ihn. Sollte alles
Bemühen vergeblich sein, sollte uns das Schwert in
die Hand gezwungen werden, so werden wir mit
gutem Gewissen und den [sic] Bewußtsein, nichts als den
Frieden gewollt zu haben, den Kampf um unsere
nationale Ehre mit Einsetzung des letzten Blutstropfen
führen. Im Ernste dieser Stunde erinnere
4. Spalte
ich Sie an das Wort, das einst Friedrich Karl den
Brandenburgern zurief: "Laßt Eure Herzen schlagen
zu Gott und Eure Fäuste auf den Feind!"
Die Botschafter Frankreichs und Englands
bei dem amerikanischen Botschafter.
Berlin, 31.Juli. Die Botschafter Frankreichs
und Englands hatten heute mit dem
amerikanischen Botschafter eine längere Besprechung,
in der dieser ersucht wurde, den Schutz
der englischen und französischen Staatsangehörigen
zu übernehmen, falls beide Botschafter durch den
Gang der Ereignisse gezwungen würden, Berlin zu
verlassen. - Von England erwartet man, daß es
sich zunächst an einer eventuellen kriegerischen
Auseinandersetzung nicht beteiligen wird,
da es nach seiner anerkennenswerten friedlichen Haltung
ehrlich bemüht ist, den Krieg zu vermeiden.
Nach Ansicht unterrichteter Kreise aber kann es keinem
Zweifel unterliegen, daß England auf die
Dauer nicht neutral bleiben könne,
weil die Londoner Regierung stark von der Volksstimmung
abhängig ist, und zum Eingreifen gezwungen
wird, sobald die ersten Schläge auf dem
westlichen Kriegsschauplatz fallen.
-
item 19
Eisenacher Zeitung
verbunden mit
Tageblatt und Anzeiger für den Eisenacher Kreis
Druck und Verlag :
Hofbuchdruckerei Eisenach, H. Kahle,
Inhaber:
Paul Kahle und Karl Kahle.
Die "Eisenacher Zeitung", verbunden mit "Tageblatt und Anzeiger für den Eisenacher
Kreis", erscheint mit Ausnahme der Feiertage wöchentlich sechsmal, mit "Illustriertem Unter-
haltungsblatt", Fahrplan und Kalender. Bezugspreis für Eisenach, einschließlich Bringerlohn ,
monatlich 70 Pf. in Vorauszahlung; durch die Post vierteljährlich 2,10 M. frei ins Haus, bei
Abholung am Postschalter 1,68 M. Alle Postanstalten sowie die Landbriefträger und unsere Ver-
treter nehmen Bestellungen entgegen. Einzelne Nummer 10 Pf.
Anzeigenpreis für Eisenach 10 Pf. für die einspaltige Petitzeile, für auswärts und im amt-
lichen Teil 15 Pf. Reklamen nach dem politischen Teil: Petitzeile 40 Pf. Nachweisgebühr aller
Art: 20 Pf. Annahme der Anzeigen bis vormittag 9 Uhr, größere > Tags zuvor < .
Annahme und Vermittlung von Anzeigen für alle Zeitungen der Welt. Beilagegebühr: für
die Gesamtauflage 50 Pf. bei vierseitigen, 30 Pf. bei zweiseitigen Beilagen, für die Stadtauflage
40 beziehungsweise 22 Pf.
_______________________________________________________________________________________________________________
Nr. 178 Geschäftsstelle: Sonnabend, den 1. August 1914. Geschäftszeit: 48. Jahrg.
Eisenach, Sophienstraße 55/57. Fernsprecher 47. 7 Uhr vormittags bis 6 Uhr nachmittags._______________________________________________________________________________________________________________
Vor der Entscheidung über den Weltkrieg.
1. Spalte
Ein fürchterliches, der Generation von heute bis-
her fremd gewesenes Wort! Man hat davon in
alten Geschichtsbüchern bisher gelesen; nur eine
Minderzahl von denen, die heute noch unter uns
weilen, haben solchen Kriegszustand in deutschen
Landen selbst erlebt. Kriegszustand ist noch nichtKrieg, hört man da und dort. Eine Tröstung, die
nur geringen Glauben finden mag. Wenn nicht in
Petersburg und in Paris die Erleuchtung wie ein
Wunder herniedersteigt, dann darf die Menschheit
alle Hoffnung schwinden lassen. Der Kaiser,unser Friedenskaiser , ist, wie eine offenbar
hochoffiziöse Kundgebung verlautbart, vom rus-
sichen Zaren schmählich betrogen
worden. Das Verhalten der russischen Krone
schlägt jeder Loyalität ins Gesicht! Nun soll
Rußland erfahren, heißt es in jener offi-ziösen Auslassung, daß dieser Abkomme Friedrichs
des Großen ein Kriegsfürst sein wird! Hört manschon den Anmarsch unserer Bataillone? Wir dür-
fen den kommenden Ereignissen ohne Bangen ent-
gegensehen . Nicht großsprecherisch und nicht über-
mütig wollen wir sein; aber wer vielleicht draußen
in der Welt glaubt, schreibt die "Nat. Ztg." daß
das deutsche Volk vom Schauder blasser Furcht ge-
schüttelt werde, wie es bei den Leuten jenseits der
Grenzen bereits der Fall ist, so gibt man sich einer
regen Täuschung hin. Das Volk steht auf,
der Sturm bricht los. Die Herren an der
Newa wollen eine blutige Tragödie inszenieren, ihre
Freunde an der Seine wollen oder können sie daran
nicht hindern: Wohlan! Das Spiel kann
beginnen!
Ultimatum an Rußland.
Der "Norddeutschen Allg. Ztg." zufolge ließ Kaiser
Wilhelm Rußland wissen, daß die deutsche
Mobilmachung in Aussicht steht, falls Rußland
nicht binnen 12 Stunden seine Kriegsvorbereitungen
einstellt. Gleichzeitig ist an Frankreich
die Anfrage über dessen Haltung im Falle
eines deutsch-russischen Krieges gerichtet worden.
Der Reichstag wird einberufen.
Berlin, 31. Juli. Wie offiziös gemeldet wird,
ist die Einberufung des Reichstages
auf Dienstag, den 4. August, in Aussicht genommen.
Die Eröffnung wird im Weißen Saale des Königlichen
Schlosses zu Berlin um 1 Uhr nachmittags
erfolgen. Die kaiserliche Verordnung wegen der
Berufung steht noch aus.
Der Reichstag wird einberufen.
Berlin, 31. Juli. Wie offiziös gemeldet wird,
ist die Einberufung des Reichstages
auf Dienstag, den 4. August, in Aussicht genommen.
die Eröffnung wird im Weißen Saale des Königlichen
Schlosses zu Berlin um 1 Uhr nachmittags
erfolgen. Die kaiserliche Verordnung wegen der
Berufung steht noch aus.
Kriegszustand.
Berlin, 31. Juli. Aus Petersburg ist die
Nachricht des deutschen Botschafters eingegangen,
daß die allgemeine Mobilmachung der russischen
Armee und Flotte befohlen worden ist. Darauf
hat Se. Majestät der Kaiser den Zustand der
drohenden Kriegsgefahr befohlen. Se. Majestät
wird heute nach Berlin übersiedeln.
Berlin, 31.Juli Nach Artikel 68 der Reichsverfassug
hat Se. Majestät der Kaiser das Reichsgebiet
ohne Bayern in den Kriegszustand erklärt.
Über Bayern ergeht die gleiche Anordnung.
Berlin, 31. Juli. Bei militärischen Maßnahmen
kommen bei drohender Kriegsgefahr hauptsächlich
in Betracht:
1. An der Grenze und zum Schutze der Eisenbahnen
erforderliche Maßnahmen.
2. Verkehrsbeschränkungen der Post, Telegraphen,
Eisenbahnen usw. zugunsten des militärischen
Bedarfs.
3. Erklärung des Kriegszustandes für das gesamte
Kriegsgebiet.
4. Verbot der Veröffentlichung über Truppenbewegungen
und Verteidigungsmittel. Der
Kriegszustand ist gleichbedeutend mit dem
Belagerungszustand in Preußen (Art. 68
der Reichsverordnung.)
2. Spalte
Die bayerische Verfügung.
München, 31. Juli. Nach einer königlichen
Verordnung vom 31. Juli 1914 wird über das gesamte
Gebiet des Königreichs der Kriegszustand
verhängt. Für die Pfalz wird das Standrecht
angeordnet.
Die Rückkehr des Kaisers von
Potsdam nach Berlin.
In Erwartung.
Infolge der Gerüchte, daß heute die Mobilisierung
der deutschen Armee erfolgen solle, hatten sich
schon am Mittag in den Hauptstraßen des Zentrums
größere Menschenmassen angesammelt, um die
neuesten Ereignisse möglichst schnell zu erfahren.
Gegen 2 Uhr kamen in Autos die ersten Extrablätter
auf die Straße, die den Boten von
Dutzenden von Händen entrissen wurden. In wenigen
Minuten waren Straßen und Plätze mit
Tausenden der flatternden Blätter bedeckt. Unter
den Linden, in der Leipziger Straße und am Potsdamer
Platz scharten sich sofort dichte Menschenmassen
zusammen, die in größter Erregung hin- und
herwogten, und gegen deren Strom die Schutzleute,
die den Verkehr zu regeln hatten, machtlos waren.
Da wurde die Nachricht bekannt, daß der Kaiser
die Absicht habe, im Laufe des Nachmittags seine
Residenz im Potsdamer Neuen Palais
Der Einzug des Kaisers.
Sofort strömten die Massen aus den Straßen in
der Nähe der Linden dem Brandenburger
Tore zu, wo sich bald Tausende und Abertausende
in dichten Menschenmauern aufstellten. Gegen ¾ 3
Uhr ertönten vom Tiergarten her brausende Hochrufe.
Die Wache am Brandenburger Tor trat unter
Gewehr. Die Trommel rasselte und gleich darauf
durchschnitt der scharfe Klang des Kaiserlichen
Hupensignals die Luft. Hinter der Siegesallee tauchte
das bekannte hellbraune Automobil des
Kaisers mit der roten Standarte auf. Zehntausendfache
Hochs erschollen und das Trommelgewirbel
der Wache ertrank in dem Meere der
Jubelrufe. Der Kaiser, der die Uniform des Regiments
Garde du Corps mit dem Stahlhelm trug,
dankte unaufhörlich nach allen Seiten. Er wie die
Kaiserin waren ernsten Antlitzes. Als das Kaiserliche
Auto den Pariser Platz hinter sich gelassen
hatte und in die Linden einlenkte, durchbrachen die
Menschenmassen von beiden Seiten die dünnen
Schutzmannsketten, die schon seit der Mittagsstunde
aufgestellt waren. In tosender Begeisterung drängten
sich Tausende von Menschen um den Wagen und
jubelten dem Kaiserpaare zu. Nur langsam konnte
sich der Wagen unter unausgesetzten Hupensignalen
einen Weg durch die Menge bahnen. Dicht hinter
dem Kaiserlichen Auto fuhr der bekannte dunkle
Kraftwagen des Kronprinzen. Der Thronfolger,
der die Uniform seiner Danziger Leibhusaren
trug, wurde ebenso wie seine Gemahlin mit der
gleichen Begeisterung wie das Kaiserpaar begrüßt.
Zwischen beiden saß der älteste Sohn, Prinz Wilhelm.
Auch das Automobil des Prinzen mußte,
besonders zwischen der Wilhelmstraße und der
Friedrichstraße, mehrere Male im Schritt fahren,
um kein Unheil in der freudig erregten Menge
anzurichten. Im dritten Auto saß Prinz Adalbert
sowie das Prinzenpaar August Wilhelm.
Auf dem Schloßplatz wurden die Hofautomobile von
einer vieltausendköpfigen Menge empfangen, die in
brausende Hochrufe ausbrach, als der Wagen des
Kaisers auf der Schloßbrücke erschien und die
Purpurstandarte über dem alten Schlosse der
Hohenzollern emporstieg.
Vor dem Schloß.
Die Menschenmassen, die das Kaiserpaar Unter
den Linden begrüßt hatten, fluteten nun die Linden
herunter dem Schlosse zu. Bald standen auf
dem Platze zwischen Schlosse und dem Lustgarten
Menschenmengen, wie sie der Platz wohl selten
gesehen haben mag. Die allgemeine begeisterte
Erregung hatte jetzt ihren Höhepunkt erreicht. An
den Kandelabern in der Mitte des Platzes stiegen
Leute hinauf, die tausendstimmig erwiderte Hochs
auf den Kaiser ausbrachten. Immer wieder schollen
die von allen Seiten freudig aufgenommenen
Jubelrufe zu den Fenstern des Schlosses empor.
"Heil dir, im Siegerkranz," "Deutschland, Deutschland
über alles" und "Ich bin ein Preuße, kennt
3. Spalte
ihr meine Farben", wurden abwechselnd gesungen.
Wenige Minuten nach 4 Uhr wurde das eiserne
Hauptportal des Schlosses geöffnet und im Auto
fuhr der Reichskanzler von Bethmann Hollweg in
Begleitung seines Adjutanten des Freiherrn von
Sell heraus. Der Kanzler wurde mit lauten Zurufen
begrüßt und dankte, indem er das Haupt entblößte.
Bald darauf verließ auch Prinz Heinrich,
von der Menge lebhaft begrüßt, das Schloß. Unbeweglich
standen die Massen. Die Schutzleute, die
in großer Zahl zu Pferde und zu Fuß vor dem
Schloß konzentriert standen, zeigten sich, wie übrigens
auch Unter den Linden, dem Publikum gegenüber
sehr rücksichtsvoll. Je weiter der Zeiger an
dem Eckturme des Schlosses rückte, um so mehr vergrößerte
sich die Masse auf dem Schloßplatz.
Eine Ansprache des Kaisers.
Berlin, 31.Juli.
Der Kaiser hat heute um ¾ 7 Uhr eine Ansprache
an die vor dem Schlosse versammelte Volksmenge
gehalten. Die Worte des Kaisers lauteten:
Ich danke Euch! Eure Kundgebung war mir
ein Labsal. Wir sind im tiefsten Frieden
in des Wortes wahrer Bedeutung
überfallen worden durch den Neid
unserer Feinde, der uns rings umgibt.
Fünfundzwanzig Jahre habe ich den Frieden
und gehalten. Nun bin ich gezwungen,
das Schwert zu ziehen, aber ich hoffe, daß ich es
mit Ehren wieder einstecken kann. Es werden Euch
enorme Opfer an Gut und Blut auferlegt
werden, aber Ihr werdet sie ertragen, das
weiß ich. Wir werden die Gegner niederzwingen.
Nun geht in die Kirchen und
betet zu Gott, daß er dem deutschen Heer und der
deutschen Sache den Sieg verleihen möge!
Das Kronprinzenpaar auf dem Balkon des
Kronprinzlichen Palais.
Zwischen der fünften und sechsten Nachmittagsstunde
versammelte sich eine nach vielen Tausenden
zählende Menschenmenge vor dem Kronprinzlichen
Palais. Ebenso wie die Menge vor
dem Schloß, sangen die versammelten Menschen
tausendstimmig vaterländische Lieder und brachen
fortgesetzt in brausende Hochrufe aus. Kurz vor
sechs Uhr erschienen der Kronprinz und die
Kronprinzessin auf dem Balkon, mit
donnerndem Jubel begrüßt. Der Kronprinz, der die
Litewka trug, winkte ebenso wie seine
Gemahlin der begeisterten Menge
dankend zu. Auch als das Kronprinzliche Paar
sich wieder von dem Balkon zurückgezogen hatte,
verharrten die Tausenden vor dem Palais.
Kriegstrauung im Kaiserhause.
Berlin, 31. Juli. Heute abend 7 Uhr wurde
im Königlichen Schlosse Bellevue mit Genehmigung
Ihrer Majestäten die Vermählung des
Prinzen Oskar von Preußen mit der
Gräfin Ina Maria von Bassewitz standesamtlich
durch den Minister des königlichen Hauses Grafen
A. zu Eulenburg vollzogen und darauf die kirchliche
Einsegnung durch den Generalsuperintendenten
Haendler vorgenommen. Der Feier wohnten die
kaiserliche Familie und die Angehörigen der Braut
bei, welche nunmehr den allerhöchst verliehenen
Titel einer Gräfin von Ruppin führen wird.
Eine Ansprache des Reichskanzlers.
Berlin, 1. Aug. Gestern um 12 Uhr sammelte
sich eine große Menschenmenge vor dem
Reichskanzlerpalais. Der Reichskanzler erschien am
Mittelfenster des Kongreßsaales und hielt folgende
Ansprache: In ernster Stunde sind Sie, um Ihren
vaterländischen Gesinnungen Ausdruck zu geben,
vor das Haus Bismarcks gezogen, Bismarcks, der
uns mit Kaiser Wilhelm dem Großen und Feldmarschall
Moltke das Deutsche Reich geschenkt hat.
Wir wollen in dem Reiche, das wir in 44jähriger
Friedensarbeit ausgebaut haben, auch fernerhin in
Frieden leben. Das ganze Wirken unsres Kaisers
war der Erhaltung des Friedens gewidmet. Bis
in die letzten Tage hat er für den Frieden Europas
gewirkt und er wirkt noch für ihn. Sollte alles
Bemühen vergeblich sein, sollte uns das Schwert in
die Hand gezwungen werden, so werden wir mit
gutem Gewissen und den [sic] Bewußtsein, nichts als den
Frieden gewollt zu haben, den Kampf um unsere
nationale Ehre mit Einsetzung des letzten Blutstropfen
führen. Im Ernste dieser Stunde erinnere
4. Spalte
ich Sie an das Wort, das einst Friedrich Karl den
Brandenburgern zurief: "Laßt Eure Herzen schlagen
zu Gott und Eure Fäuste auf den Feind!"
Die Botschafter Frankreichs und Englands
bei dem amerikanischen Botschafter.
Berlin, 31.Juli. Die Botschafter Frankreichs
und Englands hatten heute mit dem
amerikanischen Botschafter eine längere Besprechung,
in der dieser ersucht wurde, den Schutz
der englischen und französischen Staatsangehörigen
zu übernehmen, falls beide Botschafter durch den
Gang der Ereignisse gezwungen würden, Berlin zu
verlassen. - Von England erwartet man, daß es
sich zunächst an einer eventuellen kriegerischen
Auseinandersetzung nicht beteiligen wird,
da es nach seiner anerkennenswerten friedlichen Haltung
ehrlich bemüht ist, den Krieg zu vermeiden.
Nach Ansicht unterrichteter Kreise aber kann es keinem
Zweifel unterliegen, daß England auf die
Dauer nicht neutral bleiben könne,
weil die Londoner Regierung stark von derVolksstimmung
abhängig ist, und zum Eingreifen gezwungen
wird, sobald die ersten Schläge auf dem
westlichen Kriegsschauplatz fallen.
-
item 19
Eisenacher Zeitung
verbunden mit
Tageblatt und Anzeiger für den Eisenacher Kreis
Druck und Verlag :
Hofbuchdruckerei Eisenach, H. Kahle,
Inhaber:
Paul Kahle und Karl Kahle.
Die "Eisenacher Zeitung", verbunden mit "Tageblatt und Anzeiger für den Eisenacher
Kreis", erscheint mit Ausnahme der Feiertage wöchentlich sechsmal, mit "Illustriertem Unter-
haltungsblatt", Fahrplan und Kalender. Bezugspreis für Eisenach, einschließlich Bringerlohn ,
monatlich 70 Pf. in Vorauszahlung; durch die Post vierteljährlich 2,10 M. frei ins Haus, bei
Abholung am Postschalter 1,68 M. Alle Postanstalten sowie die Landbriefträger und unsere Ver-
treter nehmen Bestellungen entgegen. Einzelne Nummer 10 Pf.
Anzeigenpreis für Eisenach 10 Pf. für die einspaltige Petitzeile, für auswärts und im amt-
lichen Teil 15 Pf. Reklamen nach dem politischen Teil: Petitzeile 40 Pf. Nachweisgebühr aller
Art: 20 Pf. Annahme der Anzeigen bis vormittag 9 Uhr, größere > Tags zuvor < .
Annahme und Vermittlung von Anzeigen für alle Zeitungen der Welt. Beilagegebühr: für
die Gesamtauflage 50 Pf. bei vierseitigen, 30 Pf. bei zweiseitigen Beilagen, für die Stadtauflage
40 beziehungsweise 22 Pf.
_______________________________________________________________________________________________________________
Nr. 178 Geschäftsstelle: Sonnabend, den 1. August 1914. Geschäftszeit: 48. Jahrg.
Eisenach, Sophienstraße 55/57. Fernsprecher 47. 7 Uhr vormittags bis 6 Uhr nachmittags._______________________________________________________________________________________________________________
Vor der Entscheidung über den Weltkrieg.
1. Spalte
Ein fürchterliches, der Generation von heute bis-
her fremd gewesenes Wort! Man hat davon in
alten Geschichtsbüchern bisher gelesen; nur eine
Minderzahl von denen, die heute noch unter uns
weilen, haben solchen Kriegszustand in deutschen
Landen selbst erlebt. Kriegszustand ist noch nichtKrieg, hört man da und dort. Eine Tröstung, die
nur geringen Glauben finden mag. Wenn nicht in
Petersburg und in Paris die Erleuchtung wie ein
Wunder herniedersteigt, dann darf die Menschheit
alle Hoffnung schwinden lassen. Der Kaiser,unser Friedenskaiser , ist, wie eine offenbar
hochoffiziöse Kundgebung verlautbart, vom rus-
sichen Zaren schmählich betrogen
worden. Das Verhalten der russischen Krone
schlägt jeder Loyalität ins Gesicht! Nun soll
Rußland erfahren, heißt es in jener offi-ziösen Auslassung, daß dieser Abkomme Friedrichs
des Großen ein Kriegsfürst sein wird! Hört manschon den Anmarsch unserer Bataillone? Wir dür-
fen den kommenden Ereignissen ohne Bangen ent-
gegensehen . Nicht großsprecherisch und nicht über-
mütig wollen wir sein; aber wer vielleicht draußen
in der Welt glaubt, schreibt die "Nat. Ztg." daß
das deutsche Volk vom Schauder blasser Furcht ge-
schüttelt werde, wie es bei den Leuten jenseits der
Grenzen bereits der Fall ist, so gibt man sich einer
regen Täuschung hin. Das Volk steht auf,
der Sturm bricht los. Die Herren an der
Newa wollen eine blutige Tragödie inszenieren, ihre
Freunde an der Seine wollen oder können sie daran
nicht hindern: Wohlan! Das Spiel kann
beginnen!
Ultimatum an Rußland.
Der "Norddeutschen Allg. Ztg." zufolge ließ Kaiser
Wilhelm Rußland wissen, daß die deutsche
Mobilmachung in Aussicht steht, falls Rußland
nicht binnen 12 Stunden seine Kriegsvorbereitungen
einstellt. Gleichzeitig ist an Frankreich
die Anfrage über dessen Haltung im Falle
eines deutsch-russischen Krieges gerichtet worden.
Der Reichstag wird einberufen.
Berlin, 31. Juli. Wie offiziös gemeldet wird,
ist die Einberufung des Reichstages
auf Dienstag, den 4. August, in Aussicht genommen.
Die Eröffnung wird im Weißen Saale des Königlichen
Schlosses zu Berlin um 1 Uhr nachmittags
erfolgen. Die kaiserliche Verordnung wegen der
Berufung steht noch aus.
Der Reichstag wird einberufen.
Berlin, 31. Juli. Wie offiziös gemeldet wird,
ist die Einberufung des Reichstages
auf Dienstag, den 4. August, in Aussicht genommen.
die Eröffnung wird im Weißen Saale des Königlichen
Schlosses zu Berlin um 1 Uhr nachmittags
erfolgen. Die kaiserliche Verordnung wegen der
Berufung steht noch aus.
Kriegszustand.
Berlin, 31. Juli. Aus Petersburg ist die
Nachricht des deutschen Botschafters eingegangen,
daß die allgemeine Mobilmachung der russischen
Armee und Flotte befohlen worden ist. Darauf
hat Se. Majestät der Kaiser den Zustand der
drohenden Kriegsgefahr befohlen. Se. Majestät
wird heute nach Berlin übersiedeln.
Berlin, 31.Juli Nach Artikel 68 der Reichsverfassug
hat Se. Majestät der Kaiser das Reichsgebiet
ohne Bayern in den Kriegszustand erklärt.
Über Bayern ergeht die gleiche Anordnung.
Berlin, 31. Juli. Bei militärischen Maßnahmen
kommen bei drohender Kriegsgefahr hauptsächlich
in Betracht:
1. An der Grenze und zum Schutze der Eisenbahnen
erforderliche Maßnahmen.
2. Verkehrsbeschränkungen der Post, Telegraphen,
Eisenbahnen usw. zugunsten des militärischen
Bedarfs.
3. Erklärung des Kriegszustandes für das gesamte
Kriegsgebiet.
4. Verbot der Veröffentlichung über Truppenbewegungen
und Verteidigungsmittel. Der
Kriegszustand ist gleichbedeutend mit dem
Belagerungszustand in Preußen (Art. 68
der Reichsverordnung.)
2. Spalte
Die bayerische Verfügung.
München, 31. Juli. Nach einer königlichen
Verordnung vom 31. Juli 1914 wird über das gesamte
Gebiet des Königreichs der Kriegszustand
verhängt. Für die Pfalz wird das Standrecht
angeordnet.
Die Rückkehr des Kaisers von
Potsdam nach Berlin.
In Erwartung.
Infolge der Gerüchte, daß heute die Mobilisierung
der deutschen Armee erfolgen solle, hatten sich
schon am Mittag in den Hauptstraßen des Zentrums
größere Menschenmassen angesammelt, um die
neuesten Ereignisse möglichst schnell zu erfahren.
Gegen 2 Uhr kamen in Autos die ersten Extrablätter
auf die Straße, die den Boten von
Dutzenden von Händen entrissen wurden. In wenigen
Minuten waren Straßen und Plätze mit
Tausenden der flatternden Blätter bedeckt. Unter
den Linden, in der Leipziger Straße und am Potsdamer
Platz scharten sich sofort dichte Menschenmassen
zusammen, die in größter Erregung hin- und
herwogten, und gegen deren Strom die Schutzleute,
die den Verkehr zu regeln hatten, machtlos waren.
Da wurde die Nachricht bekannt, daß der Kaiser
die Absicht habe, im Laufe des Nachmittags seine
Residenz im Potsdamer Neuen Palais
Der Einzug des Kaisers.
Sofort strömten die Massen aus den Straßen in
der Nähe der Linden dem Brandenburger
Tore zu, wo sich bald Tausende und Abertausende
in dichten Menschenmauern aufstellten. Gegen ¾ 3
Uhr ertönten vom Tiergarten her brausende Hochrufe.
Die Wache am Brandenburger Tor trat unter
Gewehr. Die Trommel rasselte und gleich darauf
durchschnitt der scharfe Klang des Kaiserlichen
Hupensignals die Luft. Hinter der Siegesallee tauchte
das bekannte hellbraune Automobil des
Kaisers mit der roten Standarte auf. Zehntausendfache
Hochs erschollen und das Trommelgewirbel
der Wache ertrank in dem Meere der
Jubelrufe. Der Kaiser, der die Uniform des Regiments
Garde du Corps mit dem Stahlhelm trug,
dankte unaufhörlich nach allen Seiten. Er wie die
Kaiserin waren ernsten Antlitzes. Als das Kaiserliche
Auto den Pariser Platz hinter sich gelassen
hatte und in die Linden einlenkte, durchbrachen die
Menschenmassen von beiden Seiten die dünnen
Schutzmannsketten, die schon seit der Mittagsstunde
aufgestellt waren. In tosender Begeisterung drängten
sich Tausende von Menschen um den Wagen und
jubelten dem Kaiserpaare zu. Nur langsam konnte
sich der Wagen unter unausgesetzten Hupensignalen
einen Weg durch die Menge bahnen. Dicht hinter
dem Kaiserlichen Auto fuhr der bekannte dunkle
Kraftwagen des Kronprinzen. Der Thronfolger,
der die Uniform seiner Danziger Leibhusaren
trug, wurde ebenso wie seine Gemahlin mit der
gleichen Begeisterung wie das Kaiserpaar begrüßt.
Zwischen beiden saß der älteste Sohn, Prinz Wilhelm.
Auch das Automobil des Prinzen mußte,
besonders zwischen der Wilhelmstraße und der
Friedrichstraße, mehrere Male im Schritt fahren,
um kein Unheil in der freudig erregten Menge
anzurichten. Im dritten Auto saß Prinz Adalbert
sowie das Prinzenpaar August Wilhelm.
Auf dem Schloßplatz wurden die Hofautomobile von
einer vieltausendköpfigen Menge empfangen, die in
brausende Hochrufe ausbrach, als der Wagen des
Kaisers auf der Schloßbrücke erschien und die
Purpurstandarte über dem alten Schlosse der
Hohenzollern emporstieg.
Vor dem Schloß.
Die Menschenmassen, die das Kaiserpaar Unter
den Linden begrüßt hatten, fluteten nun die Linden
herunter dem Schlosse zu. Bald standen auf
dem Platze zwischen Schlosse und dem Lustgarten
Menschenmengen, wie sie der Platz wohl selten
gesehen haben mag. Die allgemeine begeisterte
Erregung hatte jetzt ihren Höhepunkt erreicht. An
den Kandelabern in der Mitte des Platzes stiegen
Leute hinauf, die tausendstimmig erwiderte Hochs
auf den Kaiser ausbrachten. Immer wieder schollen
die von allen Seiten freudig aufgenommenen
Jubelrufe zu den Fenstern des Schlosses empor.
"Heil dir, im Siegerkranz," "Deutschland, Deutschland
über alles" und "Ich bin ein Preuße, kennt
3. Spalte
ihr meine Farben", wurden abwechselnd gesungen.
Wenige Minuten nach 4 Uhr wurde das eiserne
Hauptportal des Schlosses geöffnet und im Auto
fuhr der Reichskanzler von Bethmann Hollweg in
Begleitung seines Adjutanten des Freiherrn von
Sell heraus. Der Kanzler wurde mit lauten Zurufen
begrüßt und dankte, indem er das Haupt entblößte.
Bald darauf verließ auch Prinz Heinrich,
von der Menge lebhaft begrüßt, das Schloß. Unbeweglich
standen die Massen. Die Schutzleute, die
in großer Zahl zu Pferde und zu Fuß vor dem
Schloß konzentriert standen, zeigten sich, wie übrigens
auch Unter den Linden, dem Publikum gegenüber
sehr rücksichtsvoll. Je weiter der Zeiger an
dem Eckturme des Schlosses rückte, um so mehr vergrößerte
sich die Masse auf dem Schloßplatz.
Eine Ansprache des Kaisers.
Berlin, 31.Juli.
Der Kaiser hat heute um ¾ 7 Uhr eine Ansprache
an die vor dem Schlosse versammelte Volksmenge
gehalten. Die Worte des Kaisers lauteten:
Ich danke Euch! Eure Kundgebung war mir
ein Labsal. Wir sind im tiefsten Frieden
in des Wortes wahrer Bedeutung
überfallen worden durch den Neid
unserer Feinde, der uns rings umgibt.
Fünfundzwanzig Jahre habe ich den Frieden
und gehalten. Nun bin ich gezwungen,
das Schwert zu ziehen, aber ich hoffe, daß ich es
mit Ehren wieder einstecken kann. Es werden Euch
enorme Opfer an Gut und Blut auferlegt
werden, aber Ihr werdet sie ertragen, das
weiß ich. Wir werden die Gegner niederzwingen.
Nun geht in die Kirchen und
betet zu Gott, daß er dem deutschen Heer und der
deutschen Sache den Sieg verleihen möge!
Das Kronprinzenpaar auf dem Balkon des
Kronprinzlichen Palais.
Zwischen der fünften und sechsten Nachmittagsstunde
versammelte sich eine nach vielen Tausenden
zählende Menschenmenge vor dem Kronprinzlichen
Palais. Ebenso wie die Menge vor
dem Schloß, sangen die versammelten Menschen
tausendstimmig vaterländische Lieder und brachen
fortgesetzt in brausende Hochrufe aus. Kurz vor
sechs Uhr erschienen der Kronprinz und die
Kronprinzessin auf dem Balkon, mit
donnerndem Jubel begrüßt. Der Kronprinz, der die
Litewka trug, winkte ebenso wie seine
Gemahlin der begeisterten Menge
dankend zu. Auch als das Kronprinzliche Paar
sich wieder von dem Balkon zurückgezogen hatte,
verharrten die Tausenden vor dem Palais.
Kriegstrauung im Kaiserhause.
Berlin, 31. Juli. Heute abend 7 Uhr wurde
im Königlichen Schlosse Bellevue mit Genehmigung
Ihrer Majestäten die Vermählung des
Prinzen Oskar von Preußen mit der
Gräfin Ina Maria von Bassewitz standesamtlich
durch den Minister des königlichen Hauses Grafen
A. zu Eulenburg vollzogen und darauf die kirchliche
Einsegnung durch den Generalsuperintendenten
Haendler vorgenommen. Der Feier wohnten die
kaiserliche Familie und die Angehörigen der Braut
bei, welche nunmehr den allerhöchst verliehenen
Titel einer Gräfin von Ruppin führen wird.
Eine Ansprache des Reichskanzlers.
Berlin, 1. Aug. Gestern um 12 Uhr sammelte
sich eine große Menschenmenge vor dem
Reichskanzlerpalais. Der Reichskanzler erschien am
Mittelfenster des Kongreßsaales und hielt folgende
Ansprache: In ernster Stunde sind Sie, um Ihren
vaterländischen Gesinnungen Ausdruck zu geben,
vor das Haus Bismarcks gezogen, Bismarcks, der
uns mit Kaiser Wilhelm dem Großen und Feldmarschall
Moltke das Deutsche Reich geschenkt hat.
Wir wollen in dem Reiche, das wir in 44jähriger
Friedensarbeit ausgebaut haben, auch fernerhin in
Frieden leben. Das ganze Wirken unsres Kaisers
war der Erhaltung des Friedens gewidmet. Bis
in die letzten Tage hat er für den Frieden Europas
gewirkt und er wirkt noch für ihn. Sollte alles
Bemühen vergeblich sein, sollte uns das Schwert in
die Hand gezwungen werden, so werden wir mit
gutem Gewissen und den [sic] Bewußtsein, nichts als den
Frieden gewollt zu haben, den Kampf um unsere
nationale Ehre mit Einsetzung des letzten Blutstropfen
führen. Im Ernste dieser Stunde erinnere
4. Spalte
ich Sie an das Wort, das einst Friedrich Karl den
Brandenburgern zurief: "Laßt Eure Herzen schlagen
zu Gott und Eure Fäuste auf den Feind!"
Die Botschafter Frankreichs und Englands
bei dem amerikanischen Botschafter.
-
item 19
Eisenacher Zeitung
verbunden mit
Tageblatt und Anzeiger für den Eisenacher Kreis
Druck und Verlag :
Hofbuchdruckerei Eisenach, H. Kahle,
Inhaber:
Paul Kahle und Karl Kahle.
Die "Eisenacher Zeitung", verbunden mit "Tageblatt und Anzeiger für den Eisenacher
Kreis", erscheint mit Ausnahme der Feiertage wöchentlich sechsmal, mit "Illustriertem Unter-
haltungsblatt", Fahrplan und Kalender. Bezugspreis für Eisenach, einschließlich Bringerlohn ,
monatlich 70 Pf. in Vorauszahlung; durch die Post vierteljährlich 2,10 M. frei ins Haus, bei
Abholung am Postschalter 1,68 M. Alle Postanstalten sowie die Landbriefträger und unsere Ver-
treter nehmen Bestellungen entgegen. Einzelne Nummer 10 Pf.
Anzeigenpreis für Eisenach 10 Pf. für die einspaltige Petitzeile, für auswärts und im amt-
lichen Teil 15 Pf. Reklamen nach dem politischen Teil: Petitzeile 40 Pf. Nachweisgebühr aller
Art: 20 Pf. Annahme der Anzeigen bis vormittag 9 Uhr, größere > Tags zuvor < .
Annahme und Vermittlung von Anzeigen für alle Zeitungen der Welt. Beilagegebühr: für
die Gesamtauflage 50 Pf. bei vierseitigen, 30 Pf. bei zweiseitigen Beilagen, für die Stadtauflage
40 beziehungsweise 22 Pf.
_______________________________________________________________________________________________________________
Nr. 178 Geschäftsstelle: Sonnabend, den 1. August 1914. Geschäftszeit: 48. Jahrg.
Eisenach, Sophienstraße 55/57. Fernsprecher 47. 7 Uhr vormittags bis 6 Uhr nachmittags._______________________________________________________________________________________________________________
Vor der Entscheidung über den Weltkrieg.
1. Spalte
Ein fürchterliches, der Generation von heute bis-
her fremd gewesenes Wort! Man hat davon in
alten Geschichtsbüchern bisher gelesen; nur eine
Minderzahl von denen, die heute noch unter uns
weilen, haben solchen Kriegszustand in deutschen
Landen selbst erlebt. Kriegszustand ist noch nichtKrieg, hört man da und dort. Eine Tröstung, die
nur geringen Glauben finden mag. Wenn nicht in
Petersburg und in Paris die Erleuchtung wie ein
Wunder herniedersteigt, dann darf die Menschheit
alle Hoffnung schwinden lassen. Der Kaiser,unser Friedenskaiser , ist, wie eine offenbar
hochoffiziöse Kundgebung verlautbart, vom rus-
sichen Zaren schmählich betrogen
worden. Das Verhalten der russischen Krone
schlägt jeder Loyalität ins Gesicht! Nun soll
Rußland erfahren, heißt es in jener offi-ziösen Auslassung, daß dieser Abkomme Friedrichs
des Großen ein Kriegsfürst sein wird! Hört manschon den Anmarsch unserer Bataillone? Wir dür-
fen den kommenden Ereignissen ohne Bangen ent-
gegensehen . Nicht großsprecherisch und nicht über-
mütig wollen wir sein; aber wer vielleicht draußen
in der Welt glaubt, schreibt die "Nat. Ztg." daß
das deutsche Volk vom Schauder blasser Furcht ge-
schüttelt werde, wie es bei den Leuten jenseits der
Grenzen bereits der Fall ist, so gibt man sich einer
regen Täuschung hin. Das Volk steht auf,
der Sturm bricht los. Die Herren an der
Newa wollen eine blutige Tragödie inszenieren, ihre
Freunde an der Seine wollen oder können sie daran
nicht hindern: Wohlan! Das Spiel kann
beginnen!
Ultimatum an Rußland.
Der "Norddeutschen Allg. Ztg." zufolge ließ Kaiser
Wilhelm Rußland wissen, daß die deutsche
Mobilmachung in Aussicht steht, falls Rußland
nicht binnen 12 Stunden seine Kriegsvorbereitungen
einstellt. Gleichzeitig ist an Frankreich
die Anfrage über dessen Haltung im Falle
eines deutsch-russischen Krieges gerichtet worden.
Der Reichstag wird einberufen.
Berlin, 31. Juli. Wie offiziös gemeldet wird,
ist die Einberufung des Reichstages
auf Dienstag, den 4. August, in Aussicht genommen.
Die Eröffnung wird im Weißen Saale des Königlichen
Schlosses zu Berlin um 1 Uhr nachmittags
erfolgen. Die kaiserliche Verordnung wegen der
Berufung steht noch aus.
Der Reichstag wird einberufen.
Berlin, 31. Juli. Wie offiziös gemeldet wird,
ist die Einberufung des Reichstages
auf Dienstag, den 4. August, in Aussicht genommen.
die Eröffnung wird im Weißen Saale des Königlichen
Schlosses zu Berlin um 1 Uhr nachmittags
erfolgen. Die kaiserliche Verordnung wegen der
Berufung steht noch aus.
Kriegszustand.
Berlin, 31. Juli. Aus Petersburg ist die
Nachricht des deutschen Botschafters eingegangen,
daß die allgemeine Mobilmachung der russischen
Armee und Flotte befohlen worden ist. Darauf
hat Se. Majestät der Kaiser den Zustand der
drohenden Kriegsgefahr befohlen. Se. Majestät
wird heute nach Berlin übersiedeln.
Berlin, 31.Juli Nach Artikel 68 der Reichsverfassug
hat Se. Majestät der Kaiser das Reichsgebiet
ohne Bayern in den Kriegszustand erklärt.
Über Bayern ergeht die gleiche Anordnung.
Berlin, 31. Juli. Bei militärischen Maßnahmen
kommen bei drohender Kriegsgefahr hauptsächlich
in Betracht:
1. An der Grenze und zum Schutze der Eisenbahnen
erforderliche Maßnahmen.
2. Verkehrsbeschränkungen der Post, Telegraphen,
Eisenbahnen usw. zugunsten des militärischen
Bedarfs.
3. Erklärung des Kriegszustandes für das gesamte
Kriegsgebiet.
4. Verbot der Veröffentlichung über Truppenbewegungen
und Verteidigungsmittel. Der
Kriegszustand ist gleichbedeutend mit dem
Belagerungszustand in Preußen (Art. 68
der Reichsverordnung.)
2. Spalte
Die bayerische Verfügung.
München, 31. Juli. Nach einer königlichen
Verordnung vom 31. Juli 1914 wird über das gesamte
Gebiet des Königreichs der Kriegszustand
verhängt. Für die Pfalz wird das Standrecht
angeordnet.
Die Rückkehr des Kaisers von
Potsdam nach Berlin.
In Erwartung.
Infolge der Gerüchte, daß heute die Mobilisierung
der deutschen Armee erfolgen solle, hatten sich
schon am Mittag in den Hauptstraßen des Zentrums
größere Menschenmassen angesammelt, um die
neuesten Ereignisse möglichst schnell zu erfahren.
Gegen 2 Uhr kamen in Autos die ersten Extrablätter
auf die Straße, die den Boten von
Dutzenden von Händen entrissen wurden. In wenigen
Minuten waren Straßen und Plätze mit
Tausenden der flatternden Blätter bedeckt. Unter
den Linden, in der Leipziger Straße und am Potsdamer
Platz scharten sich sofort dichte Menschenmassen
zusammen, die in größter Erregung hin- und
herwogten, und gegen deren Strom die Schutzleute,
die den Verkehr zu regeln hatten, machtlos waren.
Da wurde die Nachricht bekannt, daß der Kaiser
die Absicht habe, im Laufe des Nachmittags seine
Residenz im Potsdamer Neuen Palais
Der Einzug des Kaisers.
Sofort strömten die Massen aus den Straßen in
der Nähe der Linden dem Brandenburger
Tore zu, wo sich bald Tausende und Abertausende
in dichten Menschenmauern aufstellten. Gegen ¾ 3
Uhr ertönten vom Tiergarten her brausende Hochrufe.
Die Wache am Brandenburger Tor trat unter
Gewehr. Die Trommel rasselte und gleich darauf
durchschnitt der scharfe Klang des Kaiserlichen
Hupensignals die Luft. Hinter der Siegesallee tauchte
das bekannte hellbraune Automobil des
Kaisers mit der roten Standarte auf. Zehntausendfache
Hochs erschollen und das Trommelgewirbel
der Wache ertrank in dem Meere der
Jubelrufe. Der Kaiser, der die Uniform des Regiments
Garde du Corps mit dem Stahlhelm trug,
dankte unaufhörlich nach allen Seiten. Er wie die
Kaiserin waren ernsten Antlitzes. Als das Kaiserliche
Auto den Pariser Platz hinter sich gelassen
hatte und in die Linden einlenkte, durchbrachen die
Menschenmassen von beiden Seiten die dünnen
Schutzmannsketten, die schon seit der Mittagsstunde
aufgestellt waren. In tosender Begeisterung drängten
sich Tausende von Menschen um den Wagen und
jubelten dem Kaiserpaare zu. Nur langsam konnte
sich der Wagen unter unausgesetzten Hupensignalen
einen Weg durch die Menge bahnen. Dicht hinter
dem Kaiserlichen Auto fuhr der bekannte dunkle
Kraftwagen des Kronprinzen. Der Thronfolger,
der die Uniform seiner Danziger Leibhusaren
trug, wurde ebenso wie seine Gemahlin mit der
gleichen Begeisterung wie das Kaiserpaar begrüßt.
Zwischen beiden saß der älteste Sohn, Prinz Wilhelm.
Auch das Automobil des Prinzen mußte,
besonders zwischen der Wilhelmstraße und der
Friedrichstraße, mehrere Male im Schritt fahren,
um kein Unheil in der freudig erregten Menge
anzurichten. Im dritten Auto saß Prinz Adalbert
sowie das Prinzenpaar August Wilhelm.
Auf dem Schloßplatz wurden die Hofautomobile von
einer vieltausendköpfigen Menge empfangen, die in
brausende Hochrufe ausbrach, als der Wagen des
Kaisers auf der Schloßbrücke erschien und die
Purpurstandarte über dem alten Schlosse der
Hohenzollern emporstieg.
Vor dem Schloß.
Die Menschenmassen, die das Kaiserpaar Unter
den Linden begrüßt hatten, fluteten nun die Linden
herunter dem Schlosse zu. Bald standen auf
dem Platze zwischen Schlosse und dem Lustgarten
Menschenmengen, wie sie der Platz wohl selten
gesehen haben mag. Die allgemeine begeisterte
Erregung hatte jetzt ihren Höhepunkt erreicht. An
den Kandelabern in der Mitte des Platzes stiegen
Leute hinauf, die tausendstimmig erwiderte Hochs
auf den Kaiser ausbrachten. Immer wieder schollen
die von allen Seiten freudig aufgenommenen
Jubelrufe zu den Fenstern des Schlosses empor.
"Heil dir, im Siegerkranz," "Deutschland, Deutschland
über alles" und "Ich bin ein Preuße, kennt
3. Spalte
ihr meine Farben", wurden abwechselnd gesungen.
Wenige Minuten nach 4 Uhr wurde das eiserne
Hauptportal des Schlosses geöffnet und im Auto
fuhr der Reichskanzler von Bethmann Hollweg in
Begleitung seines Adjutanten des Freiherrn von
Sell heraus. Der Kanzler wurde mit lauten Zurufen
begrüßt und dankte, indem er das Haupt entblößte.
Bald darauf verließ auch Prinz Heinrich,
von der Menge lebhaft begrüßt, das Schloß. Unbeweglich
standen die Massen. Die Schutzleute, die
in großer Zahl zu Pferde und zu Fuß vor dem
Schloß konzentriert standen, zeigten sich, wie übrigens
auch Unter den Linden, dem Publikum gegenüber
sehr rücksichtsvoll. Je weiter der Zeiger an
dem Eckturme des Schlosses rückte, um so mehr vergrößerte
sich die Masse auf dem Schloßplatz.
Eine Ansprache des Kaisers.
Berlin, 31.Juli.
Der Kaiser hat heute um ¾ 7 Uhr eine Ansprache
an die vor dem Schlosse versammelte Volksmenge
gehalten. Die Worte des Kaisers lauteten:
Ich danke Euch! Eure Kundgebung war mir
ein Labsal. Wir sind im tiefsten Frieden
in des Wortes wahrer Bedeutung
überfallen worden durch den Neid
unserer Feinde, der uns rings umgibt.
Fünfundzwanzig Jahre habe ich den Frieden
und gehalten. Nun bin ich gezwungen,
das Schwert zu ziehen, aber ich hoffe, daß ich es
mit Ehren wieder einstecken kann. Es werden Euch
enorme Opfer an Gut und Blut auferlegt
werden, aber Ihr werdet sie ertragen, das
weiß ich. Wir werden die Gegner niederzwingen.
Nun geht in die Kirchen und
betet zu Gott, daß er dem deutschen Heer und der
deutschen Sache den Sieg verleihen möge!
Das Kronprinzenpaar auf dem Balkon des
Kronprinzlichen Palais.
Zwischen der fünften und sechsten Nachmittagsstunde
versammelte sich eine nach vielen Tausenden
zählende Menschenmenge vor dem Kronprinzlichen
Palais. Ebenso wie die Menge vor
dem Schloß, sangen die versammelten Menschen
tausendstimmig vaterländische Lieder und brachen
fortgesetzt in brausende Hochrufe aus. Kurz vor
sechs Uhr erschienen der Kronprinz und die
Kronprinzessin auf dem Balkon, mit
donnerndem Jubel begrüßt. Der Kronprinz, der die
Litewka trug, winkte ebenso wie seine
Gemahlin der begeisterten Menge
dankend zu. Auch als das Kronprinzliche Paar
sich wieder von dem Balkon zurückgezogen hatte,
verharrten die Tausenden vor dem Palais.
Kriegstrauung im Kaiserhause.
Berlin, 31. Juli. Heute abend 7 Uhr wurde
im Königlichen Schlosse Bellevue mit Genehmigung
Ihrer Majestäten die Vermählung des
Prinzen Oskar von Preußen mit der
Gräfin Ina Maria von Bassewitz standesamtlich
durch den Minister des königlichen Hauses Grafen
A. zu Eulenburg vollzogen und darauf die kirchliche
Einsegnung durch den Generalsuperintendenten
Haendler vorgenommen. Der Feier wohnten die
kaiserliche Familie und die Angehörigen der Braut
bei, welche nunmehr den allerhöchst verliehenen
Titel einer Gräfin von Ruppin führen wird.
Eine Ansprache des Reichskanzlers.
Berlin, 1. Aug. Gestern um 12 Uhr sammelte
sich eine große Menschenmenge vor dem
Reichskanzlerpalais. Der Reichskanzler erschien am
Mittelfenster des Kongreßsaales und hielt folgende
Ansprache: In ernster Stunde sind Sie, um Ihren
vaterländischen Gesinnungen Ausdruck zu geben,
vor das Haus Bismarcks gezogen, Bismarcks, der
uns mit Kaiser Wilhelm dem Großen und Feldmarschall
Moltke das Deutsche Reich geschenkt hat.
Wir wollen in dem Reiche, das wir in 44jähriger
Friedensarbeit ausgebaut haben, auch fernerhin in
Frieden leben. Das ganze Wirken unsres Kaisers
war der Erhaltung des Friedens gewidmet. Bis
in die letzten Tage hat er für den Frieden Europas
gewirkt und er wirkt noch für ihn. Sollte alles
Bemühen vergeblich sein, sollte uns das Schwert in
die Hand gezwungen werden, so werden wir mit
gutem Gewissen und den [sic] Bewußtsein, nichts als den
Frieden gewollt zu haben, den Kampf um unsere
nationale Ehre mit Einsetzung des letzten Blutstropfen
führen. Im Ernste dieser Stunde erinnere
4. Spalte
ich Sie an das Wort, das einst Friedrich Karl den
Brandenburgern zurief: "Laßt Eure Herzen schlagen
zu Gott und Eure Fäuste auf den Feind!"
-
item 19
Eisenacher Zeitung
verbunden mit
Tageblatt und Anzeiger für den Eisenacher Kreis
Druck und Verlag :
Hofbuchdruckerei Eisenach, H. Kahle,
Inhaber:
Paul Kahle und Karl Kahle.
Die "Eisenacher Zeitung", verbunden mit "Tageblatt und Anzeiger für den Eisenacher
Kreis", erscheint mit Ausnahme der Feiertage wöchentlich sechsmal, mit "Illustriertem Unter-
haltungsblatt", Fahrplan und Kalender. Bezugspreis für Eisenach, einschließlich Bringerlohn ,
monatlich 70 Pf. in Vorauszahlung; durch die Post vierteljährlich 2,10 M. frei ins Haus, bei
Abholung am Postschalter 1,68 M. Alle Postanstalten sowie die Landbriefträger und unsere Ver-
treter nehmen Bestellungen entgegen. Einzelne Nummer 10 Pf.
Anzeigenpreis für Eisenach 10 Pf. für die einspaltige Petitzeile, für auswärts und im amt-
lichen Teil 15 Pf. Reklamen nach dem politischen Teil: Petitzeile 40 Pf. Nachweisgebühr aller
Art: 20 Pf. Annahme der Anzeigen bis vormittag 9 Uhr, größere > Tags zuvor < .
Annahme und Vermittlung von Anzeigen für alle Zeitungen der Welt. Beilagegebühr: für
die Gesamtauflage 50 Pf. bei vierseitigen, 30 Pf. bei zweiseitigen Beilagen, für die Stadtauflage
40 beziehungsweise 22 Pf.
_______________________________________________________________________________________________________________
Nr. 178 Geschäftsstelle: Sonnabend, den 1. August 1914. Geschäftszeit: 48. Jahrg.
Eisenach, Sophienstraße 55/57. Fernsprecher 47. 7 Uhr vormittags bis 6 Uhr nachmittags._______________________________________________________________________________________________________________
Vor der Entscheidung über den Weltkrieg.
1. Spalte
Ein fürchterliches, der Generation von heute bis-
her fremd gewesenes Wort! Man hat davon in
alten Geschichtsbüchern bisher gelesen; nur eine
Minderzahl von denen, die heute noch unter uns
weilen, haben solchen Kriegszustand in deutschen
Landen selbst erlebt. Kriegszustand ist noch nichtKrieg, hört man da und dort. Eine Tröstung, die
nur geringen Glauben finden mag. Wenn nicht in
Petersburg und in Paris die Erleuchtung wie ein
Wunder herniedersteigt, dann darf die Menschheit
alle Hoffnung schwinden lassen. Der Kaiser,unser Friedenskaiser , ist, wie eine offenbar
hochoffiziöse Kundgebung verlautbart, vom rus-
sichen Zaren schmählich betrogen
worden. Das Verhalten der russischen Krone
schlägt jeder Loyalität ins Gesicht! Nun soll
Rußland erfahren, heißt es in jener offi-ziösen Auslassung, daß dieser Abkomme Friedrichs
des Großen ein Kriegsfürst sein wird! Hört manschon den Anmarsch unserer Bataillone? Wir dür-
fen den kommenden Ereignissen ohne Bangen ent-
gegensehen . Nicht großsprecherisch und nicht über-
mütig wollen wir sein; aber wer vielleicht draußen
in der Welt glaubt, schreibt die "Nat. Ztg." daß
das deutsche Volk vom Schauder blasser Furcht ge-
schüttelt werde, wie es bei den Leuten jenseits der
Grenzen bereits der Fall ist, so gibt man sich einer
regen Täuschung hin. Das Volk steht auf,
der Sturm bricht los. Die Herren an der
Newa wollen eine blutige Tragödie inszenieren, ihre
Freunde an der Seine wollen oder können sie daran
nicht hindern: Wohlan! Das Spiel kann
beginnen!
Ultimatum an Rußland.
Der "Norddeutschen Allg. Ztg." zufolge ließ Kaiser
Wilhelm Rußland wissen, daß die deutsche
Mobilmachung in Aussicht steht, falls Rußland
nicht binnen 12 Stunden seine Kriegsvorbereitungen
einstellt. Gleichzeitig ist an Frankreich
die Anfrage über dessen Haltung im Falle
eines deutsch-russischen Krieges gerichtet worden.
Der Reichstag wird einberufen.
Berlin, 31. Juli. Wie offiziös gemeldet wird,
ist die Einberufung des Reichstages
auf Dienstag, den 4. August, in Aussicht genommen.
Die Eröffnung wird im Weißen Saale des Königlichen
Schlosses zu Berlin um 1 Uhr nachmittags
erfolgen. Die kaiserliche Verordnung wegen der
Berufung steht noch aus.
Der Reichstag wird einberufen.
Berlin, 31. Juli. Wie offiziös gemeldet wird,
ist die Einberufung des Reichstages
auf Dienstag, den 4. August, in Aussicht genommen.
die Eröffnung wird im Weißen Saale des Königlichen
Schlosses zu Berlin um 1 Uhr nachmittags
erfolgen. Die kaiserliche Verordnung wegen der
Berufung steht noch aus.
Kriegszustand.
Berlin, 31. Juli. Aus Petersburg ist die
Nachricht des deutschen Botschafters eingegangen,
daß die allgemeine Mobilmachung der russischen
Armee und Flotte befohlen worden ist. Darauf
hat Se. Majestät der Kaiser den Zustand der
drohenden Kriegsgefahr befohlen. Se. Majestät
wird heute nach Berlin übersiedeln.
Berlin, 31.Juli Nach Artikel 68 der Reichsverfassug
hat Se. Majestät der Kaiser das Reichsgebiet
ohne Bayern in den Kriegszustand erklärt.
Über Bayern ergeht die gleiche Anordnung.
Berlin, 31. Juli. Bei militärischen Maßnahmen
kommen bei drohender Kriegsgefahr hauptsächlich
in Betracht:
1. An der Grenze und zum Schutze der Eisenbahnen
erforderliche Maßnahmen.
2. Verkehrsbeschränkungen der Post, Telegraphen,
Eisenbahnen usw. zugunsten des militärischen
Bedarfs.
3. Erklärung des Kriegszustandes für das gesamte
Kriegsgebiet.
4. Verbot der Veröffentlichung über Truppenbewegungen
und Verteidigungsmittel. Der
Kriegszustand ist gleichbedeutend mit dem
Belagerungszustand in Preußen (Art. 68
der Reichsverordnung.)
2. Spalte
Die bayerische Verfügung.
München, 31. Juli. Nach einer königlichen
Verordnung vom 31. Juli 1914 wird über das gesamte
Gebiet des Königreichs der Kriegszustand
verhängt. Für die Pfalz wird das Standrecht
angeordnet.
Die Rückkehr des Kaisers von
Potsdam nach Berlin.
In Erwartung.
Infolge der Gerüchte, daß heute die Mobilisierung
der deutschen Armee erfolgen solle, hatten sich
schon am Mittag in den Hauptstraßen des Zentrums
größere Menschenmassen angesammelt, um die
neuesten Ereignisse möglichst schnell zu erfahren.
Gegen 2 Uhr kamen in Autos die ersten Extrablätter
auf die Straße, die den Boten von
Dutzenden von Händen entrissen wurden. In wenigen
Minuten waren Straßen und Plätze mit
Tausenden der flatternden Blätter bedeckt. Unter
den Linden, in der Leipziger Straße und am Potsdamer
Platz scharten sich sofort dichte Menschenmassen
zusammen, die in größter Erregung hin- und
herwogten, und gegen deren Strom die Schutzleute,
die den Verkehr zu regeln hatten, machtlos waren.
Da wurde die Nachricht bekannt, daß der Kaiser
die Absicht habe, im Laufe des Nachmittags seine
Residenz im Potsdamer Neuen Palais
Der Einzug des Kaisers.
Sofort strömten die Massen aus den Straßen in
der Nähe der Linden dem Brandenburger
Tore zu, wo sich bald Tausende und Abertausende
in dichten Menschenmauern aufstellten. Gegen ¾ 3
Uhr ertönten vom Tiergarten her brausende Hochrufe.
Die Wache am Brandenburger Tor trat unter
Gewehr. Die Trommel rasselte und gleich darauf
durchschnitt der scharfe Klang des Kaiserlichen
Hupensignals die Luft. Hinter der Siegesallee tauchte
das bekannte hellbraune Automobil des
Kaisers mit der roten Standarte auf. Zehntausendfache
Hochs erschollen und das Trommelgewirbel
der Wache ertrank in dem Meere der
Jubelrufe. Der Kaiser, der die Uniform des Regiments
Garde du Corps mit dem Stahlhelm trug,
dankte unaufhörlich nach allen Seiten. Er wie die
Kaiserin waren ernsten Antlitzes. Als das Kaiserliche
Auto den Pariser Platz hinter sich gelassen
hatte und in die Linden einlenkte, durchbrachen die
Menschenmassen von beiden Seiten die dünnen
Schutzmannsketten, die schon seit der Mittagsstunde
aufgestellt waren. In tosender Begeisterung drängten
sich Tausende von Menschen um den Wagen und
jubelten dem Kaiserpaare zu. Nur langsam konnte
sich der Wagen unter unausgesetzten Hupensignalen
einen Weg durch die Menge bahnen. Dicht hinter
dem Kaiserlichen Auto fuhr der bekannte dunkle
Kraftwagen des Kronprinzen. Der Thronfolger,
der die Uniform seiner Danziger Leibhusaren
trug, wurde ebenso wie seine Gemahlin mit der
gleichen Begeisterung wie das Kaiserpaar begrüßt.
Zwischen beiden saß der älteste Sohn, Prinz Wilhelm.
Auch das Automobil des Prinzen mußte,
besonders zwischen der Wilhelmstraße und der
Friedrichstraße, mehrere Male im Schritt fahren,
um kein Unheil in der freudig erregten Menge
anzurichten. Im dritten Auto saß Prinz Adalbert
sowie das Prinzenpaar August Wilhelm.
Auf dem Schloßplatz wurden die Hofautomobile von
einer vieltausendköpfigen Menge empfangen, die in
brausende Hochrufe ausbrach, als der Wagen des
Kaisers auf der Schloßbrücke erschien und die
Purpurstandarte über dem alten Schlosse der
Hohenzollern emporstieg.
Vor dem Schloß.
Die Menschenmassen, die das Kaiserpaar Unter
den Linden begrüßt hatten, fluteten nun die Linden
herunter dem Schlosse zu. Bald standen auf
dem Platze zwischen Schlosse und dem Lustgarten
Menschenmengen, wie sie der Platz wohl selten
gesehen haben mag. Die allgemeine begeisterte
Erregung hatte jetzt ihren Höhepunkt erreicht. An
den Kandelabern in der Mitte des Platzes stiegen
Leute hinauf, die tausendstimmig erwiderte Hochs
auf den Kaiser ausbrachten. Immer wieder schollen
die von allen Seiten freudig aufgenommenen
Jubelrufe zu den Fenstern des Schlosses empor.
"Heil dir, im Siegerkranz," "Deutschland, Deutschland
über alles" und "Ich bin ein Preuße, kennt
3. Spalte
ihr meine Farben", wurden abwechselnd gesungen.
Wenige Minuten nach 4 Uhr wurde das eiserne
Hauptportal des Schlosses geöffnet und im Auto
fuhr der Reichskanzler von Bethmann Hollweg in
Begleitung seines Adjutanten des Freiherrn von
Sell heraus. Der Kanzler wurde mit lauten Zurufen
begrüßt und dankte, indem er das Haupt entblößte.
Bald darauf verließ auch Prinz Heinrich,
von der Menge lebhaft begrüßt, das Schloß. Unbeweglich
standen die Massen. Die Schutzleute, die
in großer Zahl zu Pferde und zu Fuß vor dem
Schloß konzentriert standen, zeigten sich, wie übrigens
auch Unter den Linden, dem Publikum gegenüber
sehr rücksichtsvoll. Je weiter der Zeiger an
dem Eckturme des Schlosses rückte, um so mehr vergrößerte
sich die Masse auf dem Schloßplatz.
Eine Ansprache des Kaisers.
Berlin, 31.Juli.
Der Kaiser hat heute um ¾ 7 Uhr eine Ansprache
an die vor dem Schlosse versammelte Volksmenge
gehalten. Die Worte des Kaisers lauteten:
Ich danke Euch! Eure Kundgebung war mir
ein Labsal. Wir sind im tiefsten Frieden
in des Wortes wahrer Bedeutung
überfallen worden durch den Neid
unserer Feinde, der uns rings umgibt.
Fünfundzwanzig Jahre habe ich den Frieden
und gehalten. Nun bin ich gezwungen,
das Schwert zu ziehen, aber ich hoffe, daß ich es
mit Ehren wieder einstecken kann. Es werden Euch
enorme Opfer an Gut und Blut auferlegt
werden, aber Ihr werdet sie ertragen, das
weiß ich. Wir werden die Gegner niederzwingen.
Nun geht in die Kirchen und
betet zu Gott, daß er dem deutschen Heer und der
deutschen Sache den Sieg verleihen möge!
Das Kronprinzenpaar auf dem Balkon des
Kronprinzlichen Palais.
Zwischen der fünften und sechsten Nachmittagsstunde
versammelte sich eine nach vielen Tausenden
zählende Menschenmenge vor dem Kronprinzlichen
Palais. Ebenso wie die Menge vor
dem Schloß, sangen die versammelten Menschen
tausendstimmig vaterländische Lieder und brachen
fortgesetzt in brausende Hochrufe aus. Kurz vor
sechs Uhr erschienen der Kronprinz und die
Kronprinzessin auf dem Balkon, mit
donnerndem Jubel begrüßt. Der Kronprinz, der die
Litewka trug, winkte ebenso wie seine
Gemahlin der begeisterten Menge
dankend zu. Auch als das Kronprinzliche Paar
sich wieder von dem Balkon zurückgezogen hatte,
verharrten die Tausenden vor dem Palais.
Kriegstrauung im Kaiserhause.
Berlin, 31. Juli. Heute abend 7 Uhr wurde
im Königlichen Schlosse Bellevue mit Genehmigung
Ihrer Majestäten die Vermählung des
Prinzen Oskar von Preußen mit der
Gräfin Ina Maria von Bassewitz standesamtlich
durch den Minister des königlichen Hauses Grafen
A. zu Eulenburg vollzogen und darauf die kirchliche
Einsegnung durch den Generalsuperintendenten
Haendler vorgenommen. Der Feier wohnten die
kaiserliche Familie und die Angehörigen der Braut
bei, welche nunmehr den allerhöchst verliehenen
Titel einer Gräfin von Ruppin führen wird.
Eine Ansprache des Reichskanzlers.
Berlin, 1. Aug. Gestern um 12 Uhr sammelte
sich eine große Menschenmenge vor dem
Reichskanzlerpalais. Der Reichskanzler erschien am
Mittelfenster des Kongreßsaales und hielt folgende
Ansprache: In ernster Stunde sind Sie, um Ihren
vaterländischen Gesinnungen Ausdruck zu geben,
vor das Haus Bismarcks gezogen, Bismarcks, der
uns mit Kaiser Wilhelm dem Großen und Feldmarschall
Moltke das Deutsche Reich geschenkt hat.
Wir wollen in dem Reiche, das wir in 44jähriger
Friedensarbeit ausgebaut haben, auch fernerhin in
Frieden leben. Das ganze Wirken unsres Kaisers
war der Erhaltung des Friedens gewidmet. Bis
in die letzten Tage hat er für den Frieden Europas
gewirkt und er wirkt noch für ihn. Sollte alles
Bemühen vergeblich sein, sollte uns das Schwert in
die Hand gezwungen werden, so werden wir mit
gutem Gewissen und den [sic] Bewußtsein, nichts als den
Frieden gewollt zu haben, den Kampf um unsere
nationale Ehre mit Einsetzung des letzten Blutstropfen
führen. Im Ernste dieser Stunde erinnere
3. Spalte
-
item 19
Eisenacher Zeitung
verbunden mit
Tageblatt und Anzeiger für den Eisenacher Kreis
Druck und Verlag :
Hofbuchdruckerei Eisenach, H. Kahle,
Inhaber:
Paul Kahle und Karl Kahle.
Die "Eisenacher Zeitung", verbunden mit "Tageblatt und Anzeiger für den Eisenacher
Kreis", erscheint mit Ausnahme der Feiertage wöchentlich sechsmal, mit "Illustriertem Unter-
haltungsblatt", Fahrplan und Kalender. Bezugspreis für Eisenach, einschließlich Bringerlohn ,
monatlich 70 Pf. in Vorauszahlung; durch die Post vierteljährlich 2,10 M. frei ins Haus, bei
Abholung am Postschalter 1,68 M. Alle Postanstalten sowie die Landbriefträger und unsere Ver-
treter nehmen Bestellungen entgegen. Einzelne Nummer 10 Pf.
Anzeigenpreis für Eisenach 10 Pf. für die einspaltige Petitzeile, für auswärts und im amt-
lichen Teil 15 Pf. Reklamen nach dem politischen Teil: Petitzeile 40 Pf. Nachweisgebühr aller
Art: 20 Pf. Annahme der Anzeigen bis vormittag 9 Uhr, größere > Tags zuvor < .
Annahme und Vermittlung von Anzeigen für alle Zeitungen der Welt. Beilagegebühr: für
die Gesamtauflage 50 Pf. bei vierseitigen, 30 Pf. bei zweiseitigen Beilagen, für die Stadtauflage
40 beziehungsweise 22 Pf.
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Nr. 178 Geschäftsstelle: Sonnabend, den 1. August 1914. Geschäftszeit: 48. Jahrg.
Eisenach, Sophienstraße 55/57. Fernsprecher 47. 7 Uhr vormittags bis 6 Uhr nachmittags._______________________________________________________________________________________________________________
Vor der Entscheidung über den Weltkrieg.
1. Spalte
Ein fürchterliches, der Generation von heute bis-
her fremd gewesenes Wort! Man hat davon in
alten Geschichtsbüchern bisher gelesen; nur eine
Minderzahl von denen, die heute noch unter uns
weilen, haben solchen Kriegszustand in deutschen
Landen selbst erlebt. Kriegszustand ist noch nichtKrieg, hört man da und dort. Eine Tröstung, die
nur geringen Glauben finden mag. Wenn nicht in
Petersburg und in Paris die Erleuchtung wie ein
Wunder herniedersteigt, dann darf die Menschheit
alle Hoffnung schwinden lassen. Der Kaiser,unser Friedenskaiser , ist, wie eine offenbar
hochoffiziöse Kundgebung verlautbart, vom rus-
sichen Zaren schmählich betrogen
worden. Das Verhalten der russischen Krone
schlägt jeder Loyalität ins Gesicht! Nun soll
Rußland erfahren, heißt es in jener offi-ziösen Auslassung, daß dieser Abkomme Friedrichs
des Großen ein Kriegsfürst sein wird! Hört manschon den Anmarsch unserer Bataillone? Wir dür-
fen den kommenden Ereignissen ohne Bangen ent-
gegensehen . Nicht großsprecherisch und nicht über-
mütig wollen wir sein; aber wer vielleicht draußen
in der Welt glaubt, schreibt die "Nat. Ztg." daß
das deutsche Volk vom Schauder blasser Furcht ge-
schüttelt werde, wie es bei den Leuten jenseits der
Grenzen bereits der Fall ist, so gibt man sich einer
regen Täuschung hin. Das Volk steht auf,
der Sturm bricht los. Die Herren an der
Newa wollen eine blutige Tragödie inszenieren, ihre
Freunde an der Seine wollen oder können sie daran
nicht hindern: Wohlan! Das Spiel kann
beginnen!
Ultimatum an Rußland.
Der "Norddeutschen Allg. Ztg." zufolge ließ Kaiser
Wilhelm Rußland wissen, daß die deutsche
Mobilmachung in Aussicht steht, falls Rußland
nicht binnen 12 Stunden seine Kriegsvorbereitungen
einstellt. Gleichzeitig ist an Frankreich
die Anfrage über dessen Haltung im Falle
eines deutsch-russischen Krieges gerichtet worden.
Der Reichstag wird einberufen.
Berlin, 31. Juli. Wie offiziös gemeldet wird,
ist die Einberufung des Reichstages
auf Dienstag, den 4. August, in Aussicht genommen.
Die Eröffnung wird im Weißen Saale des Königlichen
Schlosses zu Berlin um 1 Uhr nachmittags
erfolgen. Die kaiserliche Verordnung wegen der
Berufung steht noch aus.
Der Reichstag wird einberufen.
Berlin, 31. Juli. Wie offiziös gemeldet wird,
ist die Einberufung des Reichstages
auf Dienstag, den 4. August, in Aussicht genommen.
die Eröffnung wird im Weißen Saale des Königlichen
Schlosses zu Berlin um 1 Uhr nachmittags
erfolgen. Die kaiserliche Verordnung wegen der
Berufung steht noch aus.
Kriegszustand.
Berlin, 31. Juli. Aus Petersburg ist die
Nachricht des deutschen Botschafters eingegangen,
daß die allgemeine Mobilmachung der russischen
Armee und Flotte befohlen worden ist. Darauf
hat Se. Majestät der Kaiser den Zustand der
drohenden Kriegsgefahr befohlen. Se. Majestät
wird heute nach Berlin übersiedeln.
Berlin, 31.Juli Nach Artikel 68 der Reichsverfassug
hat Se. Majestät der Kaiser das Reichsgebiet
ohne Bayern in den Kriegszustand erklärt.
Über Bayern ergeht die gleiche Anordnung.
Berlin, 31. Juli. Bei militärischen Maßnahmen
kommen bei drohender Kriegsgefahr hauptsächlich
in Betracht:
1. An der Grenze und zum Schutze der Eisenbahnen
erforderliche Maßnahmen.
2. Verkehrsbeschränkungen der Post, Telegraphen,
Eisenbahnen usw. zugunsten des militärischen
Bedarfs.
3. Erklärung des Kriegszustandes für das gesamte
Kriegsgebiet.
4. Verbot der Veröffentlichung über Truppenbewegungen
und Verteidigungsmittel. Der
Kriegszustand ist gleichbedeutend mit dem
Belagerungszustand in Preußen (Art. 68
der Reichsverordnung.)
2. Spalte
Die bayerische Verfügung.
München, 31. Juli. Nach einer königlichen
Verordnung vom 31. Juli 1914 wird über das gesamte
Gebiet des Königreichs der Kriegszustand
verhängt. Für die Pfalz wird das Standrecht
angeordnet.
Die Rückkehr des Kaisers von
Potsdam nach Berlin.
In Erwartung.
Infolge der Gerüchte, daß heute die Mobilisierung
der deutschen Armee erfolgen solle, hatten sich
schon am Mittag in den Hauptstraßen des Zentrums
größere Menschenmassen angesammelt, um die
neuesten Ereignisse möglichst schnell zu erfahren.
Gegen 2 Uhr kamen in Autos die ersten Extrablätter
auf die Straße, die den Boten von
Dutzenden von Händen entrissen wurden. In wenigen
Minuten waren Straßen und Plätze mit
Tausenden der flatternden Blätter bedeckt. Unter
den Linden, in der Leipziger Straße und am Potsdamer
Platz scharten sich sofort dichte Menschenmassen
zusammen, die in größter Erregung hin- und
herwogten, und gegen deren Strom die Schutzleute,
die den Verkehr zu regeln hatten, machtlos waren.
Da wurde die Nachricht bekannt, daß der Kaiser
die Absicht habe, im Laufe des Nachmittags seine
Residenz im Potsdamer Neuen Palais
Der Einzug des Kaisers.
Sofort strömten die Massen aus den Straßen in
der Nähe der Linden dem Brandenburger
Tore zu, wo sich bald Tausende und Abertausende
in dichten Menschenmauern aufstellten. Gegen ¾ 3
Uhr ertönten vom Tiergarten her brausende Hochrufe.
Die Wache am Brandenburger Tor trat unter
Gewehr. Die Trommel rasselte und gleich darauf
durchschnitt der scharfe Klang des Kaiserlichen
Hupensignals die Luft. Hinter der Siegesallee tauchte
das bekannte hellbraune Automobil des
Kaisers mit der roten Standarte auf. Zehntausendfache
Hochs erschollen und das Trommelgewirbel
der Wache ertrank in dem Meere der
Jubelrufe. Der Kaiser, der die Uniform des Regiments
Garde du Corps mit dem Stahlhelm trug,
dankte unaufhörlich nach allen Seiten. Er wie die
Kaiserin waren ernsten Antlitzes. Als das Kaiserliche
Auto den Pariser Platz hinter sich gelassen
hatte und in die Linden einlenkte, durchbrachen die
Menschenmassen von beiden Seiten die dünnen
Schutzmannsketten, die schon seit der Mittagsstunde
aufgestellt waren. In tosender Begeisterung drängten
sich Tausende von Menschen um den Wagen und
jubelten dem Kaiserpaare zu. Nur langsam konnte
sich der Wagen unter unausgesetzten Hupensignalen
einen Weg durch die Menge bahnen. Dicht hinter
dem Kaiserlichen Auto fuhr der bekannte dunkle
Kraftwagen des Kronprinzen. Der Thronfolger,
der die Uniform seiner Danziger Leibhusaren
trug, wurde ebenso wie seine Gemahlin mit der
gleichen Begeisterung wie das Kaiserpaar begrüßt.
Zwischen beiden saß der älteste Sohn, Prinz Wilhelm.
Auch das Automobil des Prinzen mußte,
besonders zwischen der Wilhelmstraße und der
Friedrichstraße, mehrere Male im Schritt fahren,
um kein Unheil in der freudig erregten Menge
anzurichten. Im dritten Auto saß Prinz Adalbert
sowie das Prinzenpaar August Wilhelm.
Auf dem Schloßplatz wurden die Hofautomobile von
einer vieltausendköpfigen Menge empfangen, die in
brausende Hochrufe ausbrach, als der Wagen des
Kaisers auf der Schloßbrücke erschien und die
Purpurstandarte über dem alten Schlosse der
Hohenzollern emporstieg.
Vor dem Schloß.
Die Menschenmassen, die das Kaiserpaar Unter
den Linden begrüßt hatten, fluteten nun die Linden
herunter dem Schlosse zu. Bald standen auf
dem Platze zwischen Schlosse und dem Lustgarten
Menschenmengen, wie sie der Platz wohl selten
gesehen haben mag. Die allgemeine begeisterte
Erregung hatte jetzt ihren Höhepunkt erreicht. An
den Kandelabern in der Mitte des Platzes stiegen
Leute hinauf, die tausendstimmig erwiderte Hochs
auf den Kaiser ausbrachten. Immer wieder schollen
die von allen Seiten freudig aufgenommenen
Jubelrufe zu den Fenstern des Schlosses empor.
"Heil dir, im Siegerkranz," "Deutschland, Deutschland
über alles" und "Ich bin ein Preuße, kennt
3. Spalte
ihr meine Farben", wurden abwechselnd gesungen.
Wenige Minuten nach 4 Uhr wurde das eiserne
Hauptportal des Schlosses geöffnet und im Auto
fuhr der Reichskanzler von Bethmann Hollweg in
Begleitung seines Adjutanten des Freiherrn von
Sell heraus. Der Kanzler wurde mit lauten Zurufen
begrüßt und dankte, indem er das Haupt entblößte.
Bald darauf verließ auch Prinz Heinrich,
von der Menge lebhaft begrüßt, das Schloß. Unbeweglich
standen die Massen. Die Schutzleute, die
in großer Zahl zu Pferde und zu Fuß vor dem
Schloß konzentriert standen, zeigten sich, wie übrigens
auch Unter den Linden, dem Publikum gegenüber
sehr rücksichtsvoll. Je weiter der Zeiger an
dem Eckturme des Schlosses rückte, um so mehr vergrößerte
sich die Masse auf dem Schloßplatz.
Eine Ansprache des Kaisers.
Berlin, 31.Juli.
Der Kaiser hat heute um ¾ 7 Uhr eine Ansprache
an die vor dem Schlosse versammelte Volksmenge
gehalten. Die Worte des Kaisers lauteten:
Ich danke Euch! Eure Kundgebung war mir
ein Labsal. Wir sind im tiefsten Frieden
in des Wortes wahrer Bedeutung
überfallen worden durch den Neid
unserer Feinde, der uns rings umgibt.
Fünfundzwanzig Jahre habe ich den Frieden
und gehalten. Nun bin ich gezwungen,
das Schwert zu ziehen, aber ich hoffe, daß ich es
mit Ehren wieder einstecken kann. Es werden Euch
enorme Opfer an Gut und Blut auferlegt
werden, aber Ihr werdet sie ertragen, das
weiß ich. Wir werden die Gegner niederzwingen.
Nun geht in die Kirchen und
betet zu Gott, daß er dem deutschen Heer und der
deutschen Sache den Sieg verleihen möge!
Das Kronprinzenpaar auf dem Balkon des
Kronprinzlichen Palais.
Zwischen der fünften und sechsten Nachmittagsstunde
versammelte sich eine nach vielen Tausenden
zählende Menschenmenge vor dem Kronprinzlichen
Palais. Ebenso wie die Menge vor
dem Schloß, sangen die versammelten Menschen
tausendstimmig vaterländische Lieder und brachen
fortgesetzt in brausende Hochrufe aus. Kurz vor
sechs Uhr erschienen der Kronprinz und die
Kronprinzessin auf dem Balkon, mit
donnerndem Jubel begrüßt. Der Kronprinz, der die
Litewka trug, winkte ebenso wie seine
Gemahlin der begeisterten Menge
dankend zu. Auch als das Kronprinzliche Paar
sich wieder von dem Balkon zurückgezogen hatte,
verharrten die Tausenden vor dem Palais.
Kriegstrauung im Kaiserhause.
Berlin, 31. Juli. Heute abend 7 Uhr wurde
im Königlichen Schlosse Bellevue mit Genehmigung
Ihrer Majestäten die Vermählung des
Prinzen Oskar von Preußen mit der
Gräfin Ina Maria von Bassewitz standesamtlich
durch den Minister des königlichen Hauses Grafen
A. zu Eulenburg vollzogen und darauf die kirchliche
Einsegnung durch den Generalsuperintendenten
Haendler vorgenommen. Der Feier wohnten die
kaiserliche Familie und die Angehörigen der Braut
bei, welche nunmehr den allerhöchst verliehenen
Titel einer Gräfin von Ruppin führen wird.
Eine Ansprache des Reichskanzlers.
Berlin, 1. Aug. Gestern um 12 Uhr sammelte
sich eine große Menschenmenge vor dem
Reichskanzlerpalais. Der Reichskanzler erschien am
Mittelfenster des Kongreßsaales und hielt folgende
Ansprache: In ernster Stunde sind Sie, um Ihren
vaterländischen Gesinnungen Ausdruck zu geben,
vor das Haus Bismarcks gezogen, Bismarcks, der
uns mit Kaiser Wilhelm dem Großen und Feldmarschall
Moltke das Deutsche Reich geschenkt hat.
Wir wollen in dem Reiche, das wir in 44jähriger
Friedensarbeit ausgebaut haben, auch fernerhin in
Frieden leben. Das ganze Wirken unsres Kaisers
war der Erhaltung des Friedens gewidmet. Bis
in die letzten Tage hat er für den Frieden Europas
gewirkt und er wirkt noch für ihn. Sollte alles
Bemühen vergeblich sein, sollte uns das Schwert in
die Hand gezwungen werden, so werden wir mit
gutem Gewissen und den [sic] Bewußtsein, nichts als den
Frieden gewollt zu haben, den Kampf um unsere
nationale Ehre mit Einsetzung des letzten Blutstropfen
führen. Im Ernste dieser Stunde erinnere
-
item 19
Eisenacher Zeitung
verbunden mit
Tageblatt und Anzeiger für den Eisenacher Kreis
Druck und Verlag :
Hofbuchdruckerei Eisenach, H. Kahle,
Inhaber:
Paul Kahle und Karl Kahle.
Die "Eisenacher Zeitung", verbunden mit "Tageblatt und Anzeiger für den Eisenacher
Kreis", erscheint mit Ausnahme der Feiertage wöchentlich sechsmal, mit "Illustriertem Unter-
haltungsblatt", Fahrplan und Kalender. Bezugspreis für Eisenach, einschließlich Bringerlohn ,
monatlich 70 Pf. in Vorauszahlung; durch die Post vierteljährlich 2,10 M. frei ins Haus, bei
Abholung am Postschalter 1,68 M. Alle Postanstalten sowie die Landbriefträger und unsere Ver-
treter nehmen Bestellungen entgegen. Einzelne Nummer 10 Pf.
Anzeigenpreis für Eisenach 10 Pf. für die einspaltige Petitzeile, für auswärts und im amt-
lichen Teil 15 Pf. Reklamen nach dem politischen Teil: Petitzeile 40 Pf. Nachweisgebühr aller
Art: 20 Pf. Annahme der Anzeigen bis vormittag 9 Uhr, größere > Tags zuvor < .
Annahme und Vermittlung von Anzeigen für alle Zeitungen der Welt. Beilagegebühr: für
die Gesamtauflage 50 Pf. bei vierseitigen, 30 Pf. bei zweiseitigen Beilagen, für die Stadtauflage
40 beziehungsweise 22 Pf.
_______________________________________________________________________________________________________________
Nr. 178 Geschäftsstelle: Sonnabend, den 1. August 1914. Geschäftszeit: 48. Jahrg.
Eisenach, Sophienstraße 55/57. Fernsprecher 47. 7 Uhr vormittags bis 6 Uhr nachmittags._______________________________________________________________________________________________________________
Vor der Entscheidung über den Weltkrieg.
1. Spalte
Ein fürchterliches, der Generation von heute bis-
her fremd gewesenes Wort! Man hat davon in
alten Geschichtsbüchern bisher gelesen; nur eine
Minderzahl von denen, die heute noch unter uns
weilen, haben solchen Kriegszustand in deutschen
Landen selbst erlebt. Kriegszustand ist noch nichtKrieg, hört man da und dort. Eine Tröstung, die
nur geringen Glauben finden mag. Wenn nicht in
Petersburg und in Paris die Erleuchtung wie ein
Wunder herniedersteigt, dann darf die Menschheit
alle Hoffnung schwinden lassen. Der Kaiser,unser Friedenskaiser , ist, wie eine offenbar
hochoffiziöse Kundgebung verlautbart, vom rus-
sichen Zaren schmählich betrogen
worden. Das Verhalten der russischen Krone
schlägt jeder Loyalität ins Gesicht! Nun soll
Rußland erfahren, heißt es in jener offi-ziösen Auslassung, daß dieser Abkomme Friedrichs
des Großen ein Kriegsfürst sein wird! Hört manschon den Anmarsch unserer Bataillone? Wir dür-
fen den kommenden Ereignissen ohne Bangen ent-
gegensehen . Nicht großsprecherisch und nicht über-
mütig wollen wir sein; aber wer vielleicht draußen
in der Welt glaubt, schreibt die "Nat. Ztg." daß
das deutsche Volk vom Schauder blasser Furcht ge-
schüttelt werde, wie es bei den Leuten jenseits der
Grenzen bereits der Fall ist, so gibt man sich einer
regen Täuschung hin. Das Volk steht auf,
der Sturm bricht los. Die Herren an der
Newa wollen eine blutige Tragödie inszenieren, ihre
Freunde an der Seine wollen oder können sie daran
nicht hindern: Wohlan! Das Spiel kann
beginnen!
Ultimatum an Rußland.
Der "Norddeutschen Allg. Ztg." zufolge ließ Kaiser
Wilhelm Rußland wissen, daß die deutsche
Mobilmachung in Aussicht steht, falls Rußland
nicht binnen 12 Stunden seine Kriegsvorbereitungen
einstellt. Gleichzeitig ist an Frankreich
die Anfrage über dessen Haltung im Falle
eines deutsch-russischen Krieges gerichtet worden.
Der Reichstag wird einberufen.
Berlin, 31. Juli. Wie offiziös gemeldet wird,
ist die Einberufung des Reichstages
auf Dienstag, den 4. August, in Aussicht genommen.
Die Eröffnung wird im Weißen Saale des Königlichen
Schlosses zu Berlin um 1 Uhr nachmittags
erfolgen. Die kaiserliche Verordnung wegen der
Berufung steht noch aus.
Der Reichstag wird einberufen.
Berlin, 31. Juli. Wie offiziös gemeldet wird,
ist die Einberufung des Reichstages
auf Dienstag, den 4. August, in Aussicht genommen.
die Eröffnung wird im Weißen Saale des Königlichen
Schlosses zu Berlin um 1 Uhr nachmittags
erfolgen. Die kaiserliche Verordnung wegen der
Berufung steht noch aus.
Kriegszustand.
Berlin, 31. Juli. Aus Petersburg ist die
Nachricht des deutschen Botschafters eingegangen,
daß die allgemeine Mobilmachung der russischen
Armee und Flotte befohlen worden ist. Darauf
hat Se. Majestät der Kaiser den Zustand der
drohenden Kriegsgefahr befohlen. Se. Majestät
wird heute nach Berlin übersiedeln.
Berlin, 31.Juli Nach Artikel 68 der Reichsverfassug
hat Se. Majestät der Kaiser das Reichsgebiet
ohne Bayern in den Kriegszustand erklärt.
Über Bayern ergeht die gleiche Anordnung.
Berlin, 31. Juli. Bei militärischen Maßnahmen
kommen bei drohender Kriegsgefahr hauptsächlich
in Betracht:
1. An der Grenze und zum Schutze der Eisenbahnen
erforderliche Maßnahmen.
2. Verkehrsbeschränkungen der Post, Telegraphen,
Eisenbahnen usw. zugunsten des militärischen
Bedarfs.
3. Erklärung des Kriegszustandes für das gesamte
Kriegsgebiet.
4. Verbot der Veröffentlichung über Truppenbewegungen
und Verteidigungsmittel. Der
Kriegszustand ist gleichbedeutend mit dem
Belagerungszustand in Preußen (Art. 68
der Reichsverordnung.)
2. Spalte
Die bayerische Verfügung.
München, 31. Juli. Nach einer königlichen
Verordnung vom 31. Juli 1914 wird über das gesamte
Gebiet des Königreichs der Kriegszustand
verhängt. Für die Pfalz wird das Standrecht
angeordnet.
Die Rückkehr des Kaisers von
Potsdam nach Berlin.
In Erwartung.
Infolge der Gerüchte, daß heute die Mobilisierung
der deutschen Armee erfolgen solle, hatten sich
schon am Mittag in den Hauptstraßen des Zentrums
größere Menschenmassen angesammelt, um die
neuesten Ereignisse möglichst schnell zu erfahren.
Gegen 2 Uhr kamen in Autos die ersten Extrablätter
auf die Straße, die den Boten von
Dutzenden von Händen entrissen wurden. In wenigen
Minuten waren Straßen und Plätze mit
Tausenden der flatternden Blätter bedeckt. Unter
den Linden, in der Leipziger Straße und am Potsdamer
Platz scharten sich sofort dichte Menschenmassen
zusammen, die in größter Erregung hin- und
herwogten, und gegen deren Strom die Schutzleute,
die den Verkehr zu regeln hatten, machtlos waren.
Da wurde die Nachricht bekannt, daß der Kaiser
die Absicht habe, im Laufe des Nachmittags seine
Residenz im Potsdamer Neuen Palais
Der Einzug des Kaisers.
Sofort strömten die Massen aus den Straßen in
der Nähe der Linden dem Brandenburger
Tore zu, wo sich bald Tausende und Abertausende
in dichten Menschenmauern aufstellten. Gegen ¾ 3
Uhr ertönten vom Tiergarten her brausende Hochrufe.
Die Wache am Brandenburger Tor trat unter
Gewehr. Die Trommel rasselte und gleich darauf
durchschnitt der scharfe Klang des Kaiserlichen
Hupensignals die Luft. Hinter der Siegesallee tauchte
das bekannte hellbraune Automobil des
Kaisers mit der roten Standarte auf. Zehntausendfache
Hochs erschollen und das Trommelgewirbel
der Wache ertrank in dem Meere der
Jubelrufe. Der Kaiser, der die Uniform des Regiments
Garde du Corps mit dem Stahlhelm trug,
dankte unaufhörlich nach allen Seiten. Er wie die
Kaiserin waren ernsten Antlitzes. Als das Kaiserliche
Auto den Pariser Platz hinter sich gelassen
hatte und in die Linden einlenkte, durchbrachen die
Menschenmassen von beiden Seiten die dünnen
Schutzmannsketten, die schon seit der Mittagsstunde
aufgestellt waren. In tosender Begeisterung drängten
sich Tausende von Menschen um den Wagen und
jubelten dem Kaiserpaare zu. Nur langsam konnte
sich der Wagen unter unausgesetzten Hupensignalen
einen Weg durch die Menge bahnen. Dicht hinter
dem Kaiserlichen Auto fuhr der bekannte dunkle
Kraftwagen des Kronprinzen. Der Thronfolger,
der die Uniform seiner Danziger Leibhusaren
trug, wurde ebenso wie seine Gemahlin mit der
gleichen Begeisterung wie das Kaiserpaar begrüßt.
Zwischen beiden saß der älteste Sohn, Prinz Wilhelm.
Auch das Automobil des Prinzen mußte,
besonders zwischen der Wilhelmstraße und der
Friedrichstraße, mehrere Male im Schritt fahren,
um kein Unheil in der freudig erregten Menge
anzurichten. Im dritten Auto saß Prinz Adalbert
sowie das Prinzenpaar August Wilhelm.
Auf dem Schloßplatz wurden die Hofautomobile von
einer vieltausendköpfigen Menge empfangen, die in
brausende Hochrufe ausbrach, als der Wagen des
Kaisers auf der Schloßbrücke erschien und die
Purpurstandarte über dem alten Schlosse der
Hohenzollern emporstieg.
Vor dem Schloß.
Die Menschenmassen, die das Kaiserpaar Unter
den Linden begrüßt hatten, fluteten nun die Linden
herunter dem Schlosse zu. Bald standen auf
dem Platze zwischen Schlosse und dem Lustgarten
Menschenmengen, wie sie der Platz wohl selten
gesehen haben mag. Die allgemeine begeisterte
Erregung hatte jetzt ihren Höhepunkt erreicht. An
den Kandelabern in der Mitte des Platzes stiegen
Leute hinauf, die tausendstimmig erwiderte Hochs
auf den Kaiser ausbrachten. Immer wieder schollen
die von allen Seiten freudig aufgenommenen
Jubelrufe zu den Fenstern des Schlosses empor.
"Heil dir, im Siegerkranz," "Deutschland, Deutschland
über alles" und "Ich bin ein Preuße, kennt
3. Spalte
ihr meine Farben", wurden abwechselnd gesungen.
Wenige Minuten nach 4 Uhr wurde das eiserne
Hauptportal des Schlosses geöffnet und im Auto
fuhr der Reichskanzler von Bethmann Hollweg in
Begleitung seines Adjutanten des Freiherrn von
Sell heraus. Der Kanzler wurde mit lauten Zurufen
begrüßt und dankte, indem er das Haupt entblößte.
Bald darauf verließ auch Prinz Heinrich,
von der Menge lebhaft begrüßt, das Schloß. Unbeweglich
standen die Massen. Die Schutzleute, die
in großer Zahl zu Pferde und zu Fuß vor dem
Schloß konzentriert standen, zeigten sich, wie übrigens
auch Unter den Linden, dem Publikum gegenüber
sehr rücksichtsvoll. Je weiter der Zeiger an
dem Eckturme des Schlosses rückte, um so mehr vergrößerte
sich die Masse auf dem Schloßplatz.
Eine Ansprache des Kaisers.
Berlin, 31.Juli.
Der Kaiser hat heute um 3/4 7 Uhr eine Ansprache
an die vor dem Schlosse versammelte Volksmenge
gehalten. Die Worte des Kaisers lauteten:
Ich danke Euch! Eure Kundgebung war mir
ein Labsal. Wir sind im tiefsten Frieden
in des Wortes wahrer Bedeutung
überfallen worden durch den Neid
unserer Feinde, der uns rings umgibt.
Fünfundzwanzig Jahre habe ich den Frieden
und gehalten. Nun bin ich gezwungen,
das Schwert zu ziehen, aber ich hoffe, daß ich es
mit Ehren wieder einstecken kann. Es werden Euch
enorme Opfer an Gut und Blut auferlegt
werden, aber Ihr werdet sie ertragen, das
weiß ich. Wir werden die Gegner niederzwingen.
Nun geht in die Kirchen und
betet zu Gott, daß er dem deutschen Heer und der
deutschen Sache den Sieg verleihen möge!
Das Kronprinzenpaar auf dem Balkon des
Kronprinzlichen Palais.
Zwischen der fünften und sechsten Nachmittagsstunde
versammelte sich eine nach vielen Tausenden
zählende Menschenmenge vor dem Kronprinzlichen
Palais. Ebenso wie die Menge vor
dem Schloß, sangen die versammelten Menschen
tausendstimmig vaterländische Lieder und brachen
fortgesetzt in brausende Hochrufe aus. Kurz vor
sechs Uhr erschienen der Kronprinz und die
Kronprinzessin auf dem Balkon, mit
donnerndem Jubel begrüßt. Der Kronprinz, der die
Litewka trug, winkte ebenso wie seine
Gemahlin der begeisterten Menge
dankend zu. Auch als das Kronprinzliche Paar
sich wieder von dem Balkon zurückgezogen hatte,
verharrten die Tausenden vor dem Palais.
Kriegstrauung im Kaiserhause.
Berlin, 31. Juli. Heute abend 7 Uhr wurde
im Königlichen Schlosse Bellevue mit Genehmigung
Ihrer Majestäten die Vermählung des
Prinzen Oskar von Preußen mit der
Gräfin Ina Maria von Bassewitz standesamtlich
durch den Minister des königlichen Hauses Grafen
A. zu Eulenburg vollzogen und darauf die kirchliche
Einsegnung durch den Generalsuperintendenten
Haendler vorgenommen. Der Feier wohnten die
kaiserliche Familie und die Angehörigen der Braut
bei, welche nunmehr den allerhöchst verliehenen
Titel einer Gräfin von Ruppin führen wird.
Eine Ansprache des Reichskanzlers.
Berlin, 1. Aug. Gestern um 12 Uhr sammelte
sich eine große Menschenmenge vor dem
Reichskanzlerpalais. Der Reichskanzler erschien am
Mittelfenster des Kongreßsaales und hielt folgende
Ansprache: In ernster Stunde sind Sie, um Ihren
vaterländischen Gesinnungen Ausdruck zu geben,
vor das Haus Bismarcks gezogen, Bismarcks, der
uns mit Kaiser Wilhelm dem Großen und Feldmarschall
Moltke das Deutsche Reich geschenkt hat.
Wir wollen in dem Reiche, das wir in 44jähriger
Friedensarbeit ausgebaut haben, auch fernerhin in
Frieden leben. Das ganze Wirken unsres Kaisers
war der Erhaltung des Friedens gewidmet. Bis
in die letzten Tage hat er für den Frieden Europas
gewirkt und er wirkt noch für ihn. Sollte alles
Bemühen vergeblich sein, sollte uns das Schwert in
die Hand gezwungen werden, so werden wir mit
gutem Gewissen und den [sic] Bewußtsein, nichts als den
Frieden gewollt zu haben, den Kampf um unsere
nationale Ehre mit Einsetzung des letzten Blutstropfen
führen. Im Ernste dieser Stunde erinnere
-
item 19
Eisenacher Zeitung
verbunden mit
Tageblatt und Anzeiger für den Eisenacher Kreis
Druck und Verlag :
Hofbuchdruckerei Eisenach, H. Kahle,
Inhaber:
Paul Kahle und Karl Kahle.
Die "Eisenacher Zeitung", verbunden mit "Tageblatt und Anzeiger für den Eisenacher
Kreis", erscheint mit Ausnahme der Feiertage wöchentlich sechsmal, mit "Illustriertem Unter-
haltungsblatt", Fahrplan und Kalender. Bezugspreis für Eisenach, einschließlich Bringerlohn ,
monatlich 70 Pf. in Vorauszahlung; durch die Post vierteljährlich 2,10 M. frei ins Haus, bei
Abholung am Postschalter 1,68 M. Alle Postanstalten sowie die Landbriefträger und unsere Ver-
treter nehmen Bestellungen entgegen. Einzelne Nummer 10 Pf.
Anzeigenpreis für Eisenach 10 Pf. für die einspaltige Petitzeile, für auswärts und im amt-
lichen Teil 15 Pf. Reklamen nach dem politischen Teil: Petitzeile 40 Pf. Nachweisgebühr aller
Art: 20 Pf. Annahme der Anzeigen bis vormittag 9 Uhr, größere > Tags zuvor < .
Annahme und Vermittlung von Anzeigen für alle Zeitungen der Welt. Beilagegebühr: für
die Gesamtauflage 50 Pf. bei vierseitigen, 30 Pf. bei zweiseitigen Beilagen, für die Stadtauflage
40 beziehungsweise 22 Pf.
_______________________________________________________________________________________________________________
Nr. 178 Geschäftsstelle: Sonnabend, den 1. August 1914. Geschäftszeit: 48. Jahrg.
Eisenach, Sophienstraße 55/57. Fernsprecher 47. 7 Uhr vormittags bis 6 Uhr nachmittags._______________________________________________________________________________________________________________
Vor der Entscheidung über den Weltkrieg.
1. Spalte
Ein fürchterliches, der Generation von heute bis-
her fremd gewesenes Wort! Man hat davon in
alten Geschichtsbüchern bisher gelesen; nur eine
Minderzahl von denen, die heute noch unter uns
weilen, haben solchen Kriegszustand in deutschen
Landen selbst erlebt. Kriegszustand ist noch nichtKrieg, hört man da und dort. Eine Tröstung, die
nur geringen Glauben finden mag. Wenn nicht in
Petersburg und in Paris die Erleuchtung wie ein
Wunder herniedersteigt, dann darf die Menschheit
alle Hoffnung schwinden lassen. Der Kaiser,unser Friedenskaiser , ist, wie eine offenbar
hochoffiziöse Kundgebung verlautbart, vom rus-
sichen Zaren schmählich betrogen
worden. Das Verhalten der russischen Krone
schlägt jeder Loyalität ins Gesicht! Nun soll
Rußland erfahren, heißt es in jener offi-ziösen Auslassung, daß dieser Abkomme Friedrichs
des Großen ein Kriegsfürst sein wird! Hört manschon den Anmarsch unserer Bataillone? Wir dür-
fen den kommenden Ereignissen ohne Bangen ent-
gegensehen . Nicht großsprecherisch und nicht über-
mütig wollen wir sein; aber wer vielleicht draußen
in der Welt glaubt, schreibt die "Nat. Ztg." daß
das deutsche Volk vom Schauder blasser Furcht ge-
schüttelt werde, wie es bei den Leuten jenseits der
Grenzen bereits der Fall ist, so gibt man sich einer
regen Täuschung hin. Das Volk steht auf,
der Sturm bricht los. Die Herren an der
Newa wollen eine blutige Tragödie inszenieren, ihre
Freunde an der Seine wollen oder können sie daran
nicht hindern: Wohlan! Das Spiel kann
beginnen!
Ultimatum an Rußland.
Der "Norddeutschen Allg. Ztg." zufolge ließ Kaiser
Wilhelm Rußland wissen, daß die deutsche
Mobilmachung in Aussicht steht, falls Rußland
nicht binnen 12 Stunden seine Kriegsvorbereitungen
einstellt. Gleichzeitig ist an Frankreich
die Anfrage über dessen Haltung im Falle
eines deutsch-russischen Krieges gerichtet worden.
Der Reichstag wird einberufen.
Berlin, 31. Juli. Wie offiziös gemeldet wird,
ist die Einberufung des Reichstages
auf Dienstag, den 4. August, in Aussicht genommen.
Die Eröffnung wird im Weißen Saale des Königlichen
Schlosses zu Berlin um 1 Uhr nachmittags
erfolgen. Die kaiserliche Verordnung wegen der
Berufung steht noch aus.
Der Reichstag wird einberufen.
Berlin, 31. Juli. Wie offiziös gemeldet wird,
ist die Einberufung des Reichstages
auf Dienstag, den 4. August, in Aussicht genommen.
die Eröffnung wird im Weißen Saale des Königlichen
Schlosses zu Berlin um 1 Uhr nachmittags
erfolgen. Die kaiserliche Verordnung wegen der
Berufung steht noch aus.
Kriegszustand.
Berlin, 31. Juli. Aus Petersburg ist die
Nachricht des deutschen Botschafters eingegangen,
daß die allgemeine Mobilmachung der russischen
Armee und Flotte befohlen worden ist. Darauf
hat Se. Majestät der Kaiser den Zustand der
drohenden Kriegsgefahr befohlen. Se. Majestät
wird heute nach Berlin übersiedeln.
Berlin, 31.Juli Nach Artikel 68 der Reichsverfassug
hat Se. Majestät der Kaiser das Reichsgebiet
ohne Bayern in den Kriegszustand erklärt.
Über Bayern ergeht die gleiche Anordnung.
Berlin, 31. Juli. Bei militärischen Maßnahmen
kommen bei drohender Kriegsgefahr hauptsächlich
in Betracht:
1. An der Grenze und zum Schutze der Eisenbahnen
erforderliche Maßnahmen.
2. Verkehrsbeschränkungen der Post, Telegraphen,
Eisenbahnen usw. zugunsten des militärischen
Bedarfs.
3. Erklärung des Kriegszustandes für das gesamte
Kriegsgebiet.
4. Verbot der Veröffentlichung über Truppenbewegungen
und Verteidigungsmittel. Der
Kriegszustand ist gleichbedeutend mit dem
Belagerungszustand in Preußen (Art. 68
der Reichsverordnung.)
2. Spalte
Die bayerische Verfügung.
München, 31. Juli. Nach einer königlichen
Verordnung vom 31. Juli 1914 wird über das gesamte
Gebiet des Königreichs der Kriegszustand
verhängt. Für die Pfalz wird das Standrecht
angeordnet.
Die Rückkehr des Kaisers von
Potsdam nach Berlin.
In Erwartung.
Infolge der Gerüchte, daß heute die Mobilisierung
der deutschen Armee erfolgen solle, hatten sich
schon am Mittag in den Hauptstraßen des Zentrums
größere Menschenmassen angesammelt, um die
neuesten Ereignisse möglichst schnell zu erfahren.
Gegen 2 Uhr kamen in Autos die ersten Extrablätter
auf die Straße, die den Boten von
Dutzenden von Händen entrissen wurden. In wenigen
Minuten waren Straßen und Plätze mit
Tausenden der flatternden Blätter bedeckt. Unter
den Linden, in der Leipziger Straße und am Potsdamer
Platz scharten sich sofort dichte Menschenmassen
zusammen, die in größter Erregung hin- und
herwogten, und gegen deren Strom die Schutzleute,
die den Verkehr zu regeln hatten, machtlos waren.
Da wurde die Nachricht bekannt, daß der Kaiser
die Absicht habe, im Laufe des Nachmittags seine
Residenz im Potsdamer Neuen Palais
Der Einzug des Kaisers.
Sofort strömten die Massen aus den Straßen in
der Nähe der Linden dem Brandenburger
Tore zu, wo sich bald Tausende und Abertausende
in dichten Menschenmauern aufstellten. Gegen ¾ 3
Uhr ertönten vom Tiergarten her brausende Hochrufe.
Die Wache am Brandenburger Tor trat unter
Gewehr. Die Trommel rasselte und gleich darauf
durchschnitt der scharfe Klang des Kaiserlichen
Hupensignals die Luft. Hinter der Siegesallee tauchte
das bekannte hellbraune Automobil des
Kaisers mit der roten Standarte auf. Zehntausendfache
Hochs erschollen und das Trommelgewirbel
der Wache ertrank in dem Meere der
Jubelrufe. Der Kaiser, der die Uniform des Regiments
Garde du Corps mit dem Stahlhelm trug,
dankte unaufhörlich nach allen Seiten. Er wie die
Kaiserin waren ernsten Antlitzes. Als das Kaiserliche
Auto den Pariser Platz hinter sich gelassen
hatte und in die Linden einlenkte, durchbrachen die
Menschenmassen von beiden Seiten die dünnen
Schutzmannsketten, die schon seit der Mittagsstunde
aufgestellt waren. In tosender Begeisterung drängten
sich Tausende von Menschen um den Wagen und
jubelten dem Kaiserpaare zu. Nur langsam konnte
sich der Wagen unter unausgesetzten Hupensignalen
einen Weg durch die Menge bahnen. Dicht hinter
dem Kaiserlichen Auto fuhr der bekannte dunkle
Kraftwagen des Kronprinzen. Der Thronfolger,
der die Uniform seiner Danziger Leibhusaren
trug, wurde ebenso wie seine Gemahlin mit der
gleichen Begeisterung wie das Kaiserpaar begrüßt.
Zwischen beiden saß der älteste Sohn, Prinz Wilhelm.
Auch das Automobil des Prinzen mußte,
besonders zwischen der Wilhelmstraße und der
Friedrichstraße, mehrere Male im Schritt fahren,
um kein Unheil in der freudig erregten Menge
anzurichten. Im dritten Auto saß Prinz Adalbert
sowie das Prinzenpaar August Wilhelm.
Auf dem Schloßplatz wurden die Hofautomobile von
einer vieltausendköpfigen Menge empfangen, die in
brausende Hochrufe ausbrach, als der Wagen des
Kaisers auf der Schloßbrücke erschien und die
Purpurstandarte über dem alten Schlosse der
Hohenzollern emporstieg.
Vor dem Schloß.
Die Menschenmassen, die das Kaiserpaar Unter
den Linden begrüßt hatten, fluteten nun die Linden
herunter dem Schlosse zu. Bald standen auf
dem Platze zwischen Schlosse und dem Lustgarten
Menschenmengen, wie sie der Platz wohl selten
gesehen haben mag. Die allgemeine begeisterte
Erregung hatte jetzt ihren Höhepunkt erreicht. An
den Kandelabern in der Mitte des Platzes stiegen
Leute hinauf, die tausendstimmig erwiderte Hochs
auf den Kaiser ausbrachten. Immer wieder schollen
die von allen Seiten freudig aufgenommenen
Jubelrufe zu den Fenstern des Schlosses empor.
"Heil dir, im Siegerkranz," "Deutschland, Deutschland
über alles" und "Ich bin ein Preuße, kennt
3. Spalte
ihr meine Farben", wurden abwechselnd gesungen.
Wenige Minuten nach 4 Uhr wurde das eiserne
Hauptportal des Schlosses geöffnet und im Auto
fuhr der Reichskanzler von Bethmann Hollweg in
Begleitung seines Adjutanten des Freiherrn von
Sell heraus. Der Kanzler wurde mit lauten Zurufen
begrüßt und dankte, indem er das Haupt entblößte.
Bald darauf verließ auch Prinz Heinrich,
von der Menge lebhaft begrüßt, das Schloß. Unbeweglich
standen die Massen. Die Schutzleute, die
in großer Zahl zu Pferde und zu Fuß vor dem
Schloß konzentriert standen, zeigten sich, wie übrigens
auch Unter den Linden, dem Publikum gegenüber
sehr rücksichtsvoll. Je weiter der Zeiger an
dem Eckturme des Schlosses rückte, um so mehr vergrößerte
sich die Masse auf dem Schloßplatz.
Eine Ansprache des Kaisers.
Berlin, 31.Juli.
Der Kaiser hat heute um 3/4 7 Uhr eine Ansprache
an die vor dem Schlosse versammelte Volksmenge
gehalten. Die Worte des Kaisers lauteten:
Ich danke Euch! Eure Kundgebung war mir
ein Labsal. Wir sind im tiefsten Frieden
in des Wortes wahrer Bedeutung
überfallen worden durch den Neid
unserer Feinde, der uns rings umgibt.
Fünfundzwanzig Jahre habe ich den Frieden
und gehalten. Nun bin ich gezwungen,
das Schwert zu ziehen, aber ich hoffe, daß ich es
mit Ehren wieder einstecken kann. Es werden Euch
enorme Opfer an Gut und Blut auferlegt
werden, aber Ihr werdet sie ertragen, das
weiß ich. Wir werden die Gegner niederzwingen.
Nun geht in die Kirchen und
betet zu Gott, daß er dem deutschen Heer und der
deutschen Sache den Sieg verleihen möge!
Das Kronprinzenpaar auf dem Balkon des
Kronprinzlichen Palais.
Zwischen der fünften und sechsten Nachmittagsstunde
versammelte sich eine nach vielen Tausenden
zählende Menschenmenge vor dem Kronprinzlichen
Palais. Ebenso wie die Menge vor
dem Schloß, sangen die versammelten Menschen
tausendstimmig vaterländische Lieder und brachen
fortgesetzt in brausende Hochrufe aus. Kurz vor
sechs Uhr erschienen der Kronprinz und die
Kronprinzessin auf dem Balkon, mit
donnerndem Jubel begrüßt. Der Kronprinz, der die
Litewka trug, winkte ebenso wie seine
Gemahlin der begeisterten Menge
dankend zu. Auch als das Kronprinzliche Paar
sich wieder von dem Balkon zurückgezogen hatte,
verharrten die Tausenden vor dem Palais.
Kriegstrauung im Kaiserhause.
Berlin, 31. Juli. Heute abend 7 Uhr wurde
im Königlichen Schlosse Bellevue mit Genehmigung
Ihrer Majestäten die Vermählung des
Prinzen Oskar von Preußen mit der
Gräfin Ina Maria von Bassewitz standesamtlich
durch den Minister des königlichen Hauses Grafen
A. zu Eulenburg vollzogen und darauf die kirchliche
Einsegnung durch den Generalsuperintendenten
Haendler vorgenommen. Der Feier wohnten die
kaiserliche Familie und die Angehörigen der Braut
bei, welche nunmehr den allerhöchst verliehenen
Titel einer Gräfin von Ruppin führen wird.
-
item 19
Eisenacher Zeitung
verbunden mit
Tageblatt und Anzeiger für den Eisenacher Kreis
Druck und Verlag :
Hofbuchdruckerei Eisenach, H. Kahle,
Inhaber:
Paul Kahle und Karl Kahle.
Die "Eisenacher Zeitung", verbunden mit "Tageblatt und Anzeiger für den Eisenacher
Kreis", erscheint mit Ausnahme der Feiertage wöchentlich sechsmal, mit "Illustriertem Unter-
haltungsblatt", Fahrplan und Kalender. Bezugspreis für Eisenach, einschließlich Bringerlohn ,
monatlich 70 Pf. in Vorauszahlung; durch die Post vierteljährlich 2,10 M. frei ins Haus, bei
Abholung am Postschalter 1,68 M. Alle Postanstalten sowie die Landbriefträger und unsere Ver-
treter nehmen Bestellungen entgegen. Einzelne Nummer 10 Pf.
Anzeigenpreis für Eisenach 10 Pf. für die einspaltige Petitzeile, für auswärts und im amt-
lichen Teil 15 Pf. Reklamen nach dem politischen Teil: Petitzeile 40 Pf. Nachweisgebühr aller
Art: 20 Pf. Annahme der Anzeigen bis vormittag 9 Uhr, größere > Tags zuvor < .
Annahme und Vermittlung von Anzeigen für alle Zeitungen der Welt. Beilagegebühr: für
die Gesamtauflage 50 Pf. bei vierseitigen, 30 Pf. bei zweiseitigen Beilagen, für die Stadtauflage
40 beziehungsweise 22 Pf.
_______________________________________________________________________________________________________________
Nr. 178 Geschäftsstelle: Sonnabend, den 1. August 1914. Geschäftszeit: 48. Jahrg.
Eisenach, Sophienstraße 55/57. Fernsprecher 47. 7 Uhr vormittags bis 6 Uhr nachmittags._______________________________________________________________________________________________________________
Vor der Entscheidung über den Weltkrieg.
1. Spalte
Ein fürchterliches, der Generation von heute bis-
her fremd gewesenes Wort! Man hat davon in
alten Geschichtsbüchern bisher gelesen; nur eine
Minderzahl von denen, die heute noch unter uns
weilen, haben solchen Kriegszustand in deutschen
Landen selbst erlebt. Kriegszustand ist noch nichtKrieg, hört man da und dort. Eine Tröstung, die
nur geringen Glauben finden mag. Wenn nicht in
Petersburg und in Paris die Erleuchtung wie ein
Wunder herniedersteigt, dann darf die Menschheit
alle Hoffnung schwinden lassen. Der Kaiser,unser Friedenskaiser , ist, wie eine offenbar
hochoffiziöse Kundgebung verlautbart, vom rus-
sichen Zaren schmählich betrogen
worden. Das Verhalten der russischen Krone
schlägt jeder Loyalität ins Gesicht! Nun soll
Rußland erfahren, heißt es in jener offi-ziösen Auslassung, daß dieser Abkomme Friedrichs
des Großen ein Kriegsfürst sein wird! Hört manschon den Anmarsch unserer Bataillone? Wir dür-
fen den kommenden Ereignissen ohne Bangen ent-
gegensehen . Nicht großsprecherisch und nicht über-
mütig wollen wir sein; aber wer vielleicht draußen
in der Welt glaubt, schreibt die "Nat. Ztg." daß
das deutsche Volk vom Schauder blasser Furcht ge-
schüttelt werde, wie es bei den Leuten jenseits der
Grenzen bereits der Fall ist, so gibt man sich einer
regen Täuschung hin. Das Volk steht auf,
der Sturm bricht los. Die Herren an der
Newa wollen eine blutige Tragödie inszenieren, ihre
Freunde an der Seine wollen oder können sie daran
nicht hindern: Wohlan! Das Spiel kann
beginnen!
Ultimatum an Rußland.
Der "Norddeutschen Allg. Ztg." zufolge ließ Kaiser
Wilhelm Rußland wissen, daß die deutsche
Mobilmachung in Aussicht steht, falls Rußland
nicht binnen 12 Stunden seine Kriegsvorbereitungen
einstellt. Gleichzeitig ist an Frankreich
die Anfrage über dessen Haltung im Falle
eines deutsch-russischen Krieges gerichtet worden.
Der Reichstag wird einberufen.
Berlin, 31. Juli. Wie offiziös gemeldet wird,
ist die Einberufung des Reichstages
auf Dienstag, den 4. August, in Aussicht genommen.
Die Eröffnung wird im Weißen Saale des Königlichen
Schlosses zu Berlin um 1 Uhr nachmittags
erfolgen. Die kaiserliche Verordnung wegen der
Berufung steht noch aus.
Der Reichstag wird einberufen.
Berlin, 31. Juli. Wie offiziös gemeldet wird,
ist die Einberufung des Reichstages
auf Dienstag, den 4. August, in Aussicht genommen.
die Eröffnung wird im Weißen Saale des Königlichen
Schlosses zu Berlin um 1 Uhr nachmittags
erfolgen. Die kaiserliche Verordnung wegen der
Berufung steht noch aus.
Kriegszustand.
Berlin, 31. Juli. Aus Petersburg ist die
Nachricht des deutschen Botschafters eingegangen,
daß die allgemeine Mobilmachung der russischen
Armee und Flotte befohlen worden ist. Darauf
hat Se. Majestät der Kaiser den Zustand der
drohenden Kriegsgefahr befohlen. Se. Majestät
wird heute nach Berlin übersiedeln.
Berlin, 31.Juli Nach Artikel 68 der Reichsverfassug
hat Se. Majestät der Kaiser das Reichsgebiet
ohne Bayern in den Kriegszustand erklärt.
Über Bayern ergeht die gleiche Anordnung.
Berlin, 31. Juli. Bei militärischen Maßnahmen
kommen bei drohender Kriegsgefahr hauptsächlich
in Betracht:
1. An der Grenze und zum Schutze der Eisenbahnen
erforderliche Maßnahmen.
2. Verkehrsbeschränkungen der Post, Telegraphen,
Eisenbahnen usw. zugunsten des militärischen
Bedarfs.
3. Erklärung des Kriegszustandes für das gesamte
Kriegsgebiet.
4. Verbot der Veröffentlichung über Truppenbewegungen
und Verteidigungsmittel. Der
Kriegszustand ist gleichbedeutend mit dem
Belagerungszustand in Preußen (Art. 68
der Reichsverordnung.)
2. Spalte
Die bayerische Verfügung.
München, 31. Juli. Nach einer königlichen
Verordnung vom 31. Juli 1914 wird über das gesamte
Gebiet des Königreichs der Kriegszustand
verhängt. Für die Pfalz wird das Standrecht
angeordnet.
Die Rückkehr des Kaisers von
Potsdam nach Berlin.
In Erwartung.
Infolge der Gerüchte, daß heute die Mobilisierung
der deutschen Armee erfolgen solle, hatten sich
schon am Mittag in den Hauptstraßen des Zentrums
größere Menschenmassen angesammelt, um die
neuesten Ereignisse möglichst schnell zu erfahren.
Gegen 2 Uhr kamen in Autos die ersten Extrablätter
auf die Straße, die den Boten von
Dutzenden von Händen entrissen wurden. In wenigen
Minuten waren Straßen und Plätze mit
Tausenden der flatternden Blätter bedeckt. Unter
den Linden, in der Leipziger Straße und am Potsdamer
Platz scharten sich sofort dichte Menschenmassen
zusammen, die in größter Erregung hin- und
herwogten, und gegen deren Strom die Schutzleute,
die den Verkehr zu regeln hatten, machtlos waren.
Da wurde die Nachricht bekannt, daß der Kaiser
die Absicht habe, im Laufe des Nachmittags seine
Residenz im Potsdamer Neuen Palais
Der Einzug des Kaisers.
Sofort strömten die Massen aus den Straßen in
der Nähe der Linden dem Brandenburger
Tore zu, wo sich bald Tausende und Abertausende
in dichten Menschenmauern aufstellten. Gegen ¾ 3
Uhr ertönten vom Tiergarten her brausende Hochrufe.
Die Wache am Brandenburger Tor trat unter
Gewehr. Die Trommel rasselte und gleich darauf
durchschnitt der scharfe Klang des Kaiserlichen
Hupensignals die Luft. Hinter der Siegesallee tauchte
das bekannte hellbraune Automobil des
Kaisers mit der roten Standarte auf. Zehntausendfache
Hochs erschollen und das Trommelgewirbel
der Wache ertrank in dem Meere der
Jubelrufe. Der Kaiser, der die Uniform des Regiments
Garde du Corps mit dem Stahlhelm trug,
dankte unaufhörlich nach allen Seiten. Er wie die
Kaiserin waren ernsten Antlitzes. Als das Kaiserliche
Auto den Pariser Platz hinter sich gelassen
hatte und in die Linden einlenkte, durchbrachen die
Menschenmassen von beiden Seiten die dünnen
Schutzmannsketten, die schon seit der Mittagsstunde
aufgestellt waren. In tosender Begeisterung drängten
sich Tausende von Menschen um den Wagen und
jubelten dem Kaiserpaare zu. Nur langsam konnte
sich der Wagen unter unausgesetzten Hupensignalen
einen Weg durch die Menge bahnen. Dicht hinter
dem Kaiserlichen Auto fuhr der bekannte dunkle
Kraftwagen des Kronprinzen. Der Thronfolger,
der die Uniform seiner Danziger Leibhusaren
trug, wurde ebenso wie seine Gemahlin mit der
gleichen Begeisterung wie das Kaiserpaar begrüßt.
Zwischen beiden saß der älteste Sohn, Prinz Wilhelm.
Auch das Automobil des Prinzen mußte,
besonders zwischen der Wilhelmstraße und der
Friedrichstraße, mehrere Male im Schritt fahren,
um kein Unheil in der freudig erregten Menge
anzurichten. Im dritten Auto saß Prinz Adalbert
sowie das Prinzenpaar August Wilhelm.
Auf dem Schloßplatz wurden die Hofautomobile von
einer vieltausendköpfigen Menge empfangen, die in
brausende Hochrufe ausbrach, als der Wagen des
Kaisers auf der Schloßbrücke erschien und die
Purpurstandarte über dem alten Schlosse der
Hohenzollern emporstieg.
Vor dem Schloß.
Die Menschenmassen, die das Kaiserpaar Unter
den Linden begrüßt hatten, fluteten nun die Linden
herunter dem Schlosse zu. Bald standen auf
dem Platze zwischen Schlosse und dem Lustgarten
Menschenmengen, wie sie der Platz wohl selten
gesehen haben mag. Die allgemeine begeisterte
Erregung hatte jetzt ihren Höhepunkt erreicht. An
den Kandelabern in der Mitte des Platzes stiegen
Leute hinauf, die tausendstimmig erwiderte Hochs
auf den Kaiser ausbrachten. Immer wieder schollen
die von allen Seiten freudig aufgenommenen
Jubelrufe zu den Fenstern des Schlosses empor.
"Heil dir, im Siegerkranz," "Deutschland, Deutschland
über alles" und "Ich bin ein Preuße, kennt
3. Spalte
ihr meine Farben", wurden abwechselnd gesungen.
Wenige Minuten nach 4 Uhr wurde das eiserne
Hauptportal des Schlosses geöffnet und im Auto
fuhr der Reichskanzler von Bethmann Hollweg in
Begleitung seines Adjutanten des Freiherrn von
Sell heraus. Der Kanzler wurde mit lauten Zurufen
begrüßt und dankte, indem er das Haupt entblößte.
Bald darauf verließ auch Prinz Heinrich,
von der Menge lebhaft begrüßt, das Schloß. Unbeweglich
standen die Massen. Die Schutzleute, die
in großer Zahl zu Pferde und zu Fuß vor dem
Schloß konzentriert standen, zeigten sich, wie übrigens
auch Unter den Linden, dem Publikum gegenüber
sehr rücksichtsvoll. Je weiter der Zeiger an
dem Eckturme des Schlosses rückte, um so mehr vergrößerte
sich die Masse auf dem Schloßplatz.
Eine Ansprache des Kaisers.
Berlin, 31.Juli.
Der Kaiser hat heute um 3/4 7 Uhr eine Ansprache
an die vor dem Schlosse versammelte Volksmenge
gehalten. Die Worte des Kaisers lauteten:
Ich danke Euch! Eure Kundgebung war mir
ein Labsal. Wir sind im tiefsten Frieden
in des Wortes wahrer Bedeutung
überfallen worden durch den Neid
unserer Feinde, der uns rings umgibt.
Fünfundzwanzig Jahre habe ich den Frieden
und gehalten. Nun bin ich gezwungen,
das Schwert zu ziehen, aber ich hoffe, daß ich es
mit Ehren wieder einstecken kann. Es werden Euch
enorme Opfer an Gut und Blut auferlegt
werden, aber Ihr werdet sie ertragen, das
weiß ich. Wir werden die Gegner niederzwingen.
Nun geht in die Kirchen und
betet zu Gott, daß er dem deutschen Heer und der
deutschen Sache den Sieg verleihen möge!
Das Kronprinzenpaar auf dem Balkon des
Kronprinzlichen Palais.
Zwischen der fünften und sechsten Nachmittagsstunde
versammelte sich eine nach vielen Tausenden
zählende Menschenmenge vor dem Kronprinzlichen
Palais. Ebenso wie die Menge vor
dem Schloß, sangen die versammelten Menschen
tausendstimmig vaterländische Lieder und brachen
fortgesetzt in brausende Hochrufe aus. Kurz vor
sechs Uhr erschienen der Kronprinz und die
Kronprinzessin auf dem Balkon, mit
donnerndem Jubel begrüßt. Der Kronprinz, der die
Litewka trug, winkte ebenso wie seine
Gemahlin der begeisterten Menge
dankend zu. Auch als das Kronprinzliche Paar
sich wieder von dem Balkon zurückgezogen hatte,
verharrten die Tausenden vor dem Palais.
Kriegstrauung im Kaiserhause.
Berlin, 31. Juli. Heute abend 7 Uhr wurde
im Königlichen Schlosse Bellevue mit Genehmigung
Ihrer Majestäten die Vermählung des
Prinzen Oskar von Preußen mit der
Gräfin Ina Maria von Bassewitz standesamtlich
durch den Minister des königlichen Hauses Grafen
A. zu Eulenburg vollzogen und darauf die kirchliche
Einsegnung durch den Generalsuperintendenten
Haendler vorgenommen. Der Feier wohnten die
kaiserliche Familie und die Angehörigen der Braut
bei, welche nunmehr den allerhöchst verliehenen
Titel einer Gräfin von Ruppin führen wird.
-
item 19
Eisenacher Zeitung
verbunden mit
Tageblatt und Anzeiger für den Eisenacher Kreis
Druck und Verlag :
Hofbuchdruckerei Eisenach, H. Kahle,
Inhaber:
Paul Kahle und Karl Kahle.
Die "Eisenacher Zeitung", verbunden mit "Tageblatt und Anzeiger für den Eisenacher
Kreis", erscheint mit Ausnahme der Feiertage wöchentlich sechsmal, mit "Illustriertem Unter-
haltungsblatt", Fahrplan und Kalender. Bezugspreis für Eisenach, einschließlich Bringerlohn ,
monatlich 70 Pf. in Vorauszahlung; durch die Post vierteljährlich 2,10 M. frei ins Haus, bei
Abholung am Postschalter 1,68 M. Alle Postanstalten sowie die Landbriefträger und unsere Ver-
treter nehmen Bestellungen entgegen. Einzelne Nummer 10 Pf.
Anzeigenpreis für Eisenach 10 Pf. für die einspaltige Petitzeile, für auswärts und im amt-
lichen Teil 15 Pf. Reklamen nach dem politischen Teil: Petitzeile 40 Pf. Nachweisgebühr aller
Art: 20 Pf. Annahme der Anzeigen bis vormittag 9 Uhr, größere > Tags zuvor < .
Annahme und Vermittlung von Anzeigen für alle Zeitungen der Welt. Beilagegebühr: für
die Gesamtauflage 50 Pf. bei vierseitigen, 30 Pf. bei zweiseitigen Beilagen, für die Stadtauflage
40 beziehungsweise 22 Pf.
_______________________________________________________________________________________________________________
Nr. 178 Geschäftsstelle: Sonnabend, den 1. August 1914. Geschäftszeit: 48. Jahrg.
Eisenach, Sophienstraße 55/57. Fernsprecher 47. 7 Uhr vormittags bis 6 Uhr nachmittags._______________________________________________________________________________________________________________
Vor der Entscheidung über den Weltkrieg.
1. Spalte
Ein fürchterliches, der Generation von heute bis-
her fremd gewesenes Wort! Man hat davon in
alten Geschichtsbüchern bisher gelesen; nur eine
Minderzahl von denen, die heute noch unter uns
weilen, haben solchen Kriegszustand in deutschen
Landen selbst erlebt. Kriegszustand ist noch nichtKrieg, hört man da und dort. Eine Tröstung, die
nur geringen Glauben finden mag. Wenn nicht in
Petersburg und in Paris die Erleuchtung wie ein
Wunder herniedersteigt, dann darf die Menschheit
alle Hoffnung schwinden lassen. Der Kaiser,unser Friedenskaiser , ist, wie eine offenbar
hochoffiziöse Kundgebung verlautbart, vom rus-
sichen Zaren schmählich betrogen
worden. Das Verhalten der russischen Krone
schlägt jeder Loyalität ins Gesicht! Nun soll
Rußland erfahren, heißt es in jener offi-ziösen Auslassung, daß dieser Abkomme Friedrichs
des Großen ein Kriegsfürst sein wird! Hört manschon den Anmarsch unserer Bataillone? Wir dür-
fen den kommenden Ereignissen ohne Bangen ent-
gegensehen . Nicht großsprecherisch und nicht über-
mütig wollen wir sein; aber wer vielleicht draußen
in der Welt glaubt, schreibt die "Nat. Ztg." daß
das deutsche Volk vom Schauder blasser Furcht ge-
schüttelt werde, wie es bei den Leuten jenseits der
Grenzen bereits der Fall ist, so gibt man sich einer
regen Täuschung hin. Das Volk steht auf,
der Sturm bricht los. Die Herren an der
Newa wollen eine blutige Tragödie inszenieren, ihre
Freunde an der Seine wollen oder können sie daran
nicht hindern: Wohlan! Das Spiel kann
beginnen!
Ultimatum an Rußland.
Der "Norddeutschen Allg. Ztg." zufolge ließ Kaiser
Wilhelm Rußland wissen, daß die deutsche
Mobilmachung in Aussicht steht, falls Rußland
nicht binnen 12 Stunden seine Kriegsvorbereitungen
einstellt. Gleichzeitig ist an Frankreich
die Anfrage über dessen Haltung im Falle
eines deutsch-russischen Krieges gerichtet worden.
Der Reichstag wird einberufen.
Berlin, 31. Juli. Wie offiziös gemeldet wird,
ist die Einberufung des Reichstages
auf Dienstag, den 4. August, in Aussicht genommen.
Die Eröffnung wird im Weißen Saale des Königlichen
Schlosses zu Berlin um 1 Uhr nachmittags
erfolgen. Die kaiserliche Verordnung wegen der
Berufung steht noch aus.
Der Reichstag wird einberufen.
Berlin, 31. Juli. Wie offiziös gemeldet wird,
ist die Einberufung des Reichstages
auf Dienstag, den 4. August, in Aussicht genommen.
die Eröffnung wird im Weißen Saale des Königlichen
Schlosses zu Berlin um 1 Uhr nachmittags
erfolgen. Die kaiserliche Verordnung wegen der
Berufung steht noch aus.
Kriegszustand.
Berlin, 31. Juli. Aus Petersburg ist die
Nachricht des deutschen Botschafters eingegangen,
daß die allgemeine Mobilmachung der russischen
Armee und Flotte befohlen worden ist. Darauf
hat Se. Majestät der Kaiser den Zustand der
drohenden Kriegsgefahr befohlen. Se. Majestät
wird heute nach Berlin übersiedeln.
Berlin, 31.Juli Nach Artikel 68 der Reichsverfassug
hat Se. Majestät der Kaiser das Reichsgebiet
ohne Bayern in den Kriegszustand erklärt.
Über Bayern ergeht die gleiche Anordnung.
Berlin, 31. Juli. Bei militärischen Maßnahmen
kommen bei drohender Kriegsgefahr hauptsächlich
in Betracht:
1. An der Grenze und zum Schutze der Eisenbahnen
erforderliche Maßnahmen.
2. Verkehrsbeschränkungen der Post, Telegraphen,
Eisenbahnen usw. zugunsten des militärischen
Bedarfs.
3. Erklärung des Kriegszustandes für das gesamte
Kriegsgebiet.
4. Verbot der Veröffentlichung über Truppenbewegungen
und Verteidigungsmittel. Der
Kriegszustand ist gleichbedeutend mit dem
Belagerungszustand in Preußen (Art. 68
der Reichsverordnung.)
2. Spalte
Die bayerische Verfügung.
München, 31. Juli. Nach einer königlichen
Verordnung vom 31. Juli 1914 wird über das gesamte
Gebiet des Königreichs der Kriegszustand
verhängt. Für die Pfalz wird das Standrecht
angeordnet.
Die Rückkehr des Kaisers von
Potsdam nach Berlin.
In Erwartung.
Infolge der Gerüchte, daß heute die Mobilisierung
der deutschen Armee erfolgen solle, hatten sich
schon am Mittag in den Hauptstraßen des Zentrums
größere Menschenmassen angesammelt, um die
neuesten Ereignisse möglichst schnell zu erfahren.
Gegen 2 Uhr kamen in Autos die ersten Extrablätter
auf die Straße, die den Boten von
Dutzenden von Händen entrissen wurden. In wenigen
Minuten waren Straßen und Plätze mit
Tausenden der flatternden Blätter bedeckt. Unter
den Linden, in der Leipziger Straße und am Potsdamer
Platz scharten sich sofort dichte Menschenmassen
zusammen, die in größter Erregung hin- und
herwogten, und gegen deren Strom die Schutzleute,
die den Verkehr zu regeln hatten, machtlos waren.
Da wurde die Nachricht bekannt, daß der Kaiser
die Absicht habe, im Laufe des Nachmittags seine
Residenz im Potsdamer Neuen Palais
Der Einzug des Kaisers.
Sofort strömten die Massen aus den Straßen in
der Nähe der Linden dem Brandenburger
Tore zu, wo sich bald Tausende und Abertausende
in dichten Menschenmauern aufstellten. Gegen ¾ 3
Uhr ertönten vom Tiergarten her brausende Hochrufe.
Die Wache am Brandenburger Tor trat unter
Gewehr. Die Trommel rasselte und gleich darauf
durchschnitt der scharfe Klang des Kaiserlichen
Hupensignals die Luft. Hinter der Siegesallee tauchte
das bekannte hellbraune Automobil des
Kaisers mit der roten Standarte auf. Zehntausendfache
Hochs erschollen und das Trommelgewirbel
der Wache ertrank in dem Meere der
Jubelrufe. Der Kaiser, der die Uniform des Regiments
Garde du Corps mit dem Stahlhelm trug,
dankte unaufhörlich nach allen Seiten. Er wie die
Kaiserin waren ernsten Antlitzes. Als das Kaiserliche
Auto den Pariser Platz hinter sich gelassen
hatte und in die Linden einlenkte, durchbrachen die
Menschenmassen von beiden Seiten die dünnen
Schutzmannsketten, die schon seit der Mittagsstunde
aufgestellt waren. In tosender Begeisterung drängten
sich Tausende von Menschen um den Wagen und
jubelten dem Kaiserpaare zu. Nur langsam konnte
sich der Wagen unter unausgesetzten Hupensignalen
einen Weg durch die Menge bahnen. Dicht hinter
dem Kaiserlichen Auto fuhr der bekannte dunkle
Kraftwagen des Kronprinzen. Der Thronfolger,
der die Uniform seiner Danziger Leibhusaren
trug, wurde ebenso wie seine Gemahlin mit der
gleichen Begeisterung wie das Kaiserpaar begrüßt.
Zwischen beiden saß der älteste Sohn, Prinz Wilhelm.
Auch das Automobil des Prinzen mußte,
besonders zwischen der Wilhelmstraße und der
Friedrichstraße, mehrere Male im Schritt fahren,
um kein Unheil in der freudig erregten Menge
anzurichten. Im dritten Auto saß Prinz Adalbert
sowie das Prinzenpaar August Wilhelm.
Auf dem Schloßplatz wurden die Hofautomobile von
einer vieltausendköpfigen Menge empfangen, die in
brausende Hochrufe ausbrach, als der Wagen des
Kaisers auf der Schloßbrücke erschien und die
Purpurstandarte über dem alten Schlosse der
Hohenzollern emporstieg.
Vor dem Schloß.
Die Menschenmassen, die das Kaiserpaar Unter
den Linden begrüßt hatten, fluteten nun die Linden
herunter dem Schlosse zu. Bald standen auf
dem Platze zwischen Schlosse und dem Lustgarten
Menschenmengen, wie sie der Platz wohl selten
gesehen haben mag. Die allgemeine begeisterte
Erregung hatte jetzt ihren Höhepunkt erreicht. An
den Kandelabern in der Mitte des Platzes stiegen
Leute hinauf, die tausendstimmig erwiderte Hochs
auf den Kaiser ausbrachten. Immer wieder schollen
die von allen Seiten freudig aufgenommenen
Jubelrufe zu den Fenstern des Schlosses empor.
"Heil dir, im Siegerkranz," "Deutschland, Deutschland
über alles" und "Ich bin ein Preuße, kennt
3. Spalte
ihr meine Farben", wurden abwechselnd gesungen.
Wenige Minuten nach 4 Uhr wurde das eiserne
Hauptportal des Schlosses geöffnet und im Auto
fuhr der Reichskanzler von Bethmann Hollweg in
Begleitung seines Adjutanten des Freiherrn von
Sell heraus. Der Kanzler wurde mit lauten Zurufen
begrüßt und dankte, indem er das Haupt entblößte.
Bald darauf verließ auch Prinz Heinrich,
von der Menge lebhaft begrüßt, das Schloß. Unbeweglich
standen die Massen. Die Schutzleute, die
in großer Zahl zu Pferde und zu Fuß vor dem
Schloß konzentriert standen, zeigten sich, wie übrigens
auch Unter den Linden, dem Publikum gegenüber
sehr rücksichtsvoll. Je weiter der Zeiger an
dem Eckturme des Schlosses rückte, um so mehr vergrößerte
sich die Masse auf dem Schloßplatz.
Eine Ansprache des Kaisers.
Berlin, 31.Juli.
Der Kaiser hat heute um 3/4 7 Uhr eine Ansprache
an die vor dem Schlosse versammelte Volksmenge
gehalten. Die Worte des Kaisers lauteten:
Ich danke Euch! Eure Kundgebung war mir
ein Labsal. Wir sind im tiefsten Frieden
in des Wortes wahrer Bedeutung
überfallen worden durch den Neid
unserer Feinde, der uns rings umgibt.
Fünfundzwanzig Jahre habe ich den Frieden
und gehalten. Nun bin ich gezwungen,
das Schwert zu ziehen, aber ich hoffe, daß ich es
mit Ehren wieder einstecken kann. Es werden Euch
enorme Opfer an Gut und Blut auferlegt
werden, aber Ihr werdet sie ertragen, das
weiß ich. Wir werden die Gegner niederzwingen.
Nun geht in die Kirchen und
betet zu Gott, daß er dem deutschen Heer und der
deutschen Sache den Sieg verleihen möge!
Das Kronprinzenpaar auf dem Balkon des
Kronprinzlichen Palais.
Zwischen der fünften und sechsten Nachmittagsstunde
versammelte sich eine nach vielen Tausenden
zählende Menschenmenge vor dem Kronprinzlichen
Palais. Ebenso wie die Menge vor
dem Schloß, sangen die versammelten Menschen
tausendstimmig vaterländische Lieder und brachen
fortgesetzt in brausende Hochrufe aus. Kurz vor
sechs Uhr erschienen der Kronprinz und die
Kronprinzessin auf dem Balkon, mit
donnerndem Jubel begrüßt. Der Kronprinz, der die
Litewka trug, winkte ebenso wie seine
Gemahlin der begeisterten Menge
dankend zu. Auch als das Kronprinzliche Paar
sich wieder von dem Balkon zurückgezogen hatte,
verharrten die Tausenden vor dem Palais.
-
item 19
Eisenacher Zeitung
verbunden mit
Tageblatt und Anzeiger für den Eisenacher Kreis
Druck und Verlag :
Hofbuchdruckerei Eisenach, H. Kahle,
Inhaber:
Paul Kahle und Karl Kahle.
Die "Eisenacher Zeitung", verbunden mit "Tageblatt und Anzeiger für den Eisenacher
Kreis", erscheint mit Ausnahme der Feiertage wöchentlich sechsmal, mit "Illustriertem Unter-
haltungsblatt", Fahrplan und Kalender. Bezugspreis für Eisenach, einschließlich Bringerlohn ,
monatlich 70 Pf. in Vorauszahlung; durch die Post vierteljährlich 2,10 M. frei ins Haus, bei
Abholung am Postschalter 1,68 M. Alle Postanstalten sowie die Landbriefträger und unsere Ver-
treter nehmen Bestellungen entgegen. Einzelne Nummer 10 Pf.
Anzeigenpreis für Eisenach 10 Pf. für die einspaltige Petitzeile, für auswärts und im amt-
lichen Teil 15 Pf. Reklamen nach dem politischen Teil: Petitzeile 40 Pf. Nachweisgebühr aller
Art: 20 Pf. Annahme der Anzeigen bis vormittag 9 Uhr, größere > Tags zuvor < .
Annahme und Vermittlung von Anzeigen für alle Zeitungen der Welt. Beilagegebühr: für
die Gesamtauflage 50 Pf. bei vierseitigen, 30 Pf. bei zweiseitigen Beilagen, für die Stadtauflage
40 beziehungsweise 22 Pf.
_______________________________________________________________________________________________________________
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Eisenach, Sophienstraße 55/57. Fernsprecher 47. 7 Uhr vormittags bis 6 Uhr nachmittags._______________________________________________________________________________________________________________
Vor der Entscheidung über den Weltkrieg.
1. Spalte
Ein fürchterliches, der Generation von heute bis-
her fremd gewesenes Wort! Man hat davon in
alten Geschichtsbüchern bisher gelesen; nur eine
Minderzahl von denen, die heute noch unter uns
weilen, haben solchen Kriegszustand in deutschen
Landen selbst erlebt. Kriegszustand ist noch nichtKrieg, hört man da und dort. Eine Tröstung, die
nur geringen Glauben finden mag. Wenn nicht in
Petersburg und in Paris die Erleuchtung wie ein
Wunder herniedersteigt, dann darf die Menschheit
alle Hoffnung schwinden lassen. Der Kaiser,unser Friedenskaiser , ist, wie eine offenbar
hochoffiziöse Kundgebung verlautbart, vom rus-
sichen Zaren schmählich betrogen
worden. Das Verhalten der russischen Krone
schlägt jeder Loyalität ins Gesicht! Nun soll
Rußland erfahren, heißt es in jener offi-ziösen Auslassung, daß dieser Abkomme Friedrichs
des Großen ein Kriegsfürst sein wird! Hört manschon den Anmarsch unserer Bataillone? Wir dür-
fen den kommenden Ereignissen ohne Bangen ent-
gegensehen . Nicht großsprecherisch und nicht über-
mütig wollen wir sein; aber wer vielleicht draußen
in der Welt glaubt, schreibt die "Nat. Ztg." daß
das deutsche Volk vom Schauder blasser Furcht ge-
schüttelt werde, wie es bei den Leuten jenseits der
Grenzen bereits der Fall ist, so gibt man sich einer
regen Täuschung hin. Das Volk steht auf,
der Sturm bricht los. Die Herren an der
Newa wollen eine blutige Tragödie inszenieren, ihre
Freunde an der Seine wollen oder können sie daran
nicht hindern: Wohlan! Das Spiel kann
beginnen!
Ultimatum an Rußland.
Der "Norddeutschen Allg. Ztg." zufolge ließ Kaiser
Wilhelm Rußland wissen, daß die deutsche
Mobilmachung in Aussicht steht, falls Rußland
nicht binnen 12 Stunden seine Kriegsvorbereitungen
einstellt. Gleichzeitig ist an Frankreich
die Anfrage über dessen Haltung im Falle
eines deutsch-russischen Krieges gerichtet worden.
Der Reichstag wird einberufen.
Berlin, 31. Juli. Wie offiziös gemeldet wird,
ist die Einberufung des Reichstages
auf Dienstag, den 4. August, in Aussicht genommen.
Die Eröffnung wird im Weißen Saale des Königlichen
Schlosses zu Berlin um 1 Uhr nachmittags
erfolgen. Die kaiserliche Verordnung wegen der
Berufung steht noch aus.
Der Reichstag wird einberufen.
Berlin, 31. Juli. Wie offiziös gemeldet wird,
ist die Einberufung des Reichstages
auf Dienstag, den 4. August, in Aussicht genommen.
die Eröffnung wird im Weißen Saale des Königlichen
Schlosses zu Berlin um 1 Uhr nachmittags
erfolgen. Die kaiserliche Verordnung wegen der
Berufung steht noch aus.
Kriegszustand.
Berlin, 31. Juli. Aus Petersburg ist die
Nachricht des deutschen Botschafters eingegangen,
daß die allgemeine Mobilmachung der russischen
Armee und Flotte befohlen worden ist. Darauf
hat Se. Majestät der Kaiser den Zustand der
drohenden Kriegsgefahr befohlen. Se. Majestät
wird heute nach Berlin übersiedeln.
Berlin, 31.Juli Nach Artikel 68 der Reichsverfassug
hat Se. Majestät der Kaiser das Reichsgebiet
ohne Bayern in den Kriegszustand erklärt.
Über Bayern ergeht die gleiche Anordnung.
Berlin, 31. Juli. Bei militärischen Maßnahmen
kommen bei drohender Kriegsgefahr hauptsächlich
in Betracht:
1. An der Grenze und zum Schutze der Eisenbahnen
erforderliche Maßnahmen.
2. Verkehrsbeschränkungen der Post, Telegraphen,
Eisenbahnen usw. zugunsten des militärischen
Bedarfs.
3. Erklärung des Kriegszustandes für das gesamte
Kriegsgebiet.
4. Verbot der Veröffentlichung über Truppenbewegungen
und Verteidigungsmittel. Der
Kriegszustand ist gleichbedeutend mit dem
Belagerungszustand in Preußen (Art. 68
der Reichsverordnung.)
2. Spalte
Die bayerische Verfügung.
München, 31. Juli. Nach einer königlichen
Verordnung vom 31. Juli 1914 wird über das gesamte
Gebiet des Königreichs der Kriegszustand
verhängt. Für die Pfalz wird das Standrecht
angeordnet.
Die Rückkehr des Kaisers von
Potsdam nach Berlin.
In Erwartung.
Infolge der Gerüchte, daß heute die Mobilisierung
der deutschen Armee erfolgen solle, hatten sich
schon am Mittag in den Hauptstraßen des Zentrums
größere Menschenmassen angesammelt, um die
neuesten Ereignisse möglichst schnell zu erfahren.
Gegen 2 Uhr kamen in Autos die ersten Extrablätter
auf die Straße, die den Boten von
Dutzenden von Händen entrissen wurden. In wenigen
Minuten waren Straßen und Plätze mit
Tausenden der flatternden Blätter bedeckt. Unter
den Linden, in der Leipziger Straße und am Potsdamer
Platz scharten sich sofort dichte Menschenmassen
zusammen, die in größter Erregung hin- und
herwogten, und gegen deren Strom die Schutzleute,
die den Verkehr zu regeln hatten, machtlos waren.
Da wurde die Nachricht bekannt, daß der Kaiser
die Absicht habe, im Laufe des Nachmittags seine
Residenz im Potsdamer Neuen Palais
Der Einzug des Kaisers.
Sofort strömten die Massen aus den Straßen in
der Nähe der Linden dem Brandenburger
Tore zu, wo sich bald Tausende und Abertausende
in dichten Menschenmauern aufstellten. Gegen ¾ 3
Uhr ertönten vom Tiergarten her brausende Hochrufe.
Die Wache am Brandenburger Tor trat unter
Gewehr. Die Trommel rasselte und gleich darauf
durchschnitt der scharfe Klang des Kaiserlichen
Hupensignals die Luft. Hinter der Siegesallee tauchte
das bekannte hellbraune Automobil des
Kaisers mit der roten Standarte auf. Zehntausendfache
Hochs erschollen und das Trommelgewirbel
der Wache ertrank in dem Meere der
Jubelrufe. Der Kaiser, der die Uniform des Regiments
Garde du Corps mit dem Stahlhelm trug,
dankte unaufhörlich nach allen Seiten. Er wie die
Kaiserin waren ernsten Antlitzes. Als das Kaiserliche
Auto den Pariser Platz hinter sich gelassen
hatte und in die Linden einlenkte, durchbrachen die
Menschenmassen von beiden Seiten die dünnen
Schutzmannsketten, die schon seit der Mittagsstunde
aufgestellt waren. In tosender Begeisterung drängten
sich Tausende von Menschen um den Wagen und
jubelten dem Kaiserpaare zu. Nur langsam konnte
sich der Wagen unter unausgesetzten Hupensignalen
einen Weg durch die Menge bahnen. Dicht hinter
dem Kaiserlichen Auto fuhr der bekannte dunkle
Kraftwagen des Kronprinzen. Der Thronfolger,
der die Uniform seiner Danziger Leibhusaren
trug, wurde ebenso wie seine Gemahlin mit der
gleichen Begeisterung wie das Kaiserpaar begrüßt.
Zwischen beiden saß der älteste Sohn, Prinz Wilhelm.
Auch das Automobil des Prinzen mußte,
besonders zwischen der Wilhelmstraße und der
Friedrichstraße, mehrere Male im Schritt fahren,
um kein Unheil in der freudig erregten Menge
anzurichten. Im dritten Auto saß Prinz Adalbert
sowie das Prinzenpaar August Wilhelm.
Auf dem Schloßplatz wurden die Hofautomobile von
einer vieltausendköpfigen Menge empfangen, die in
brausende Hochrufe ausbrach, als der Wagen des
Kaisers auf der Schloßbrücke erschien und die
Purpurstandarte über dem alten Schlosse der
Hohenzollern emporstieg.
Vor dem Schloß.
Die Menschenmassen, die das Kaiserpaar Unter
den Linden begrüßt hatten, fluteten nun die Linden
herunter dem Schlosse zu. Bald standen auf
dem Platze zwischen Schlosse und dem Lustgarten
Menschenmengen, wie sie der Platz wohl selten
gesehen haben mag. Die allgemeine begeisterte
Erregung hatte jetzt ihren Höhepunkt erreicht. An
den Kandelabern in der Mitte des Platzes stiegen
Leute hinauf, die tausendstimmig erwiderte Hochs
auf den Kaiser ausbrachten. Immer wieder schollen
die von allen Seiten freudig aufgenommenen
Jubelrufe zu den Fenstern des Schlosses empor.
"Heil dir, im Siegerkranz," "Deutschland, Deutschland
über alles" und "Ich bin ein Preuße, kennt
3. Spalte
ihr meine Farben", wurden abwechselnd gesungen.
Wenige Minuten nach 4 Uhr wurde das eiserne
Hauptportal des Schlosses geöffnet und im Auto
fuhr der Reichskanzler von Bethmann Hollweg in
Begleitung seines Adjutanten des Freiherrn von
Sell heraus. Der Kanzler wurde mit lauten Zurufen
begrüßt und dankte, indem er das Haupt entblößte.
Bald darauf verließ auch Prinz Heinrich,
von der Menge lebhaft begrüßt, das Schloß. Unbeweglich
standen die Massen. Die Schutzleute, die
in großer Zahl zu Pferde und zu Fuß vor dem
Schloß konzentriert standen, zeigten sich, wie übrigens
auch Unter den Linden, dem Publikum gegenüber
sehr rücksichtsvoll. Je weiter der Zeiger an
dem Eckturme des Schlosses rückte, um so mehr vergrößerte
sich die Masse auf dem Schloßplatz.
Eine Ansprache des Kaisers.
Berlin, 31.Juli.
Der Kaiser hat heute um 3/4 7 Uhr eine Ansprache
an die vor dem Schlosse versammelte Volksmenge
gehalten. Die Worte des Kaisers lauteten:
Ich danke Euch! Eure Kundgebung war mir
ein Labsal. Wir sind im tiefsten Frieden
in des Wortes wahrer Bedeutung
überfallen worden durch den Neid
unserer Feinde, der uns rings umgibt.
Fünfundzwanzig Jahre habe ich den Frieden
und gehalten. Nun bin ich gezwungen,
das Schwert zu ziehen, aber ich hoffe, daß ich es
mit Ehren wieder einstecken kann. Es werden Euch
enorme Opfer an Gut und Blut auferlegt
werden, aber Ihr werdet sie ertragen, das
weiß ich. Wir werden die Gegner niederzwingen.
Nun geht in die Kirchen und
betet zu Gott, daß er dem deutschen Heer und der
deutschen Sache den Sieg verleihen möge!
Das Kronprinzenpaar auf dem Balkon des
Kronprinzlichen Palais.
-
item 19
Eisenacher Zeitung
verbunden mit
Tageblatt und Anzeiger für den Eisenacher Kreis
Druck und Verlag :
Hofbuchdruckerei Eisenach, H. Kahle,
Inhaber:
Paul Kahle und Karl Kahle.
Die "Eisenacher Zeitung", verbunden mit "Tageblatt und Anzeiger für den Eisenacher
Kreis", erscheint mit Ausnahme der Feiertage wöchentlich sechsmal, mit "Illustriertem Unter-
haltungsblatt", Fahrplan und Kalender. Bezugspreis für Eisenach, einschließlich Bringerlohn ,
monatlich 70 Pf. in Vorauszahlung; durch die Post vierteljährlich 2,10 M. frei ins Haus, bei
Abholung am Postschalter 1,68 M. Alle Postanstalten sowie die Landbriefträger und unsere Ver-
treter nehmen Bestellungen entgegen. Einzelne Nummer 10 Pf.
Anzeigenpreis für Eisenach 10 Pf. für die einspaltige Petitzeile, für auswärts und im amt-
lichen Teil 15 Pf. Reklamen nach dem politischen Teil: Petitzeile 40 Pf. Nachweisgebühr aller
Art: 20 Pf. Annahme der Anzeigen bis vormittag 9 Uhr, größere > Tags zuvor < .
Annahme und Vermittlung von Anzeigen für alle Zeitungen der Welt. Beilagegebühr: für
die Gesamtauflage 50 Pf. bei vierseitigen, 30 Pf. bei zweiseitigen Beilagen, für die Stadtauflage
40 beziehungsweise 22 Pf.
_______________________________________________________________________________________________________________
Nr. 178 Geschäftsstelle: Sonnabend, den 1. August 1914. Geschäftszeit: 48. Jahrg.
Eisenach, Sophienstraße 55/57. Fernsprecher 47. 7 Uhr vormittags bis 6 Uhr nachmittags._______________________________________________________________________________________________________________
Vor der Entscheidung über den Weltkrieg.
1. Spalte
Ein fürchterliches, der Generation von heute bis-
her fremd gewesenes Wort! Man hat davon in
alten Geschichtsbüchern bisher gelesen; nur eine
Minderzahl von denen, die heute noch unter uns
weilen, haben solchen Kriegszustand in deutschen
Landen selbst erlebt. Kriegszustand ist noch nichtKrieg, hört man da und dort. Eine Tröstung, die
nur geringen Glauben finden mag. Wenn nicht in
Petersburg und in Paris die Erleuchtung wie ein
Wunder herniedersteigt, dann darf die Menschheit
alle Hoffnung schwinden lassen. Der Kaiser,unser Friedenskaiser , ist, wie eine offenbar
hochoffiziöse Kundgebung verlautbart, vom rus-
sichen Zaren schmählich betrogen
worden. Das Verhalten der russischen Krone
schlägt jeder Loyalität ins Gesicht! Nun soll
Rußland erfahren, heißt es in jener offi-ziösen Auslassung, daß dieser Abkomme Friedrichs
des Großen ein Kriegsfürst sein wird! Hört manschon den Anmarsch unserer Bataillone? Wir dür-
fen den kommenden Ereignissen ohne Bangen ent-
gegensehen . Nicht großsprecherisch und nicht über-
mütig wollen wir sein; aber wer vielleicht draußen
in der Welt glaubt, schreibt die "Nat. Ztg." daß
das deutsche Volk vom Schauder blasser Furcht ge-
schüttelt werde, wie es bei den Leuten jenseits der
Grenzen bereits der Fall ist, so gibt man sich einer
regen Täuschung hin. Das Volk steht auf,
der Sturm bricht los. Die Herren an der
Newa wollen eine blutige Tragödie inszenieren, ihre
Freunde an der Seine wollen oder können sie daran
nicht hindern: Wohlan! Das Spiel kann
beginnen!
Ultimatum an Rußland.
Der "Norddeutschen Allg. Ztg." zufolge ließ Kaiser
Wilhelm Rußland wissen, daß die deutsche
Mobilmachung in Aussicht steht, falls Rußland
nicht binnen 12 Stunden seine Kriegsvorbereitungen
einstellt. Gleichzeitig ist an Frankreich
die Anfrage über dessen Haltung im Falle
eines deutsch-russischen Krieges gerichtet worden.
Der Reichstag wird einberufen.
Berlin, 31. Juli. Wie offiziös gemeldet wird,
ist die Einberufung des Reichstages
auf Dienstag, den 4. August, in Aussicht genommen.
Die Eröffnung wird im Weißen Saale des Königlichen
Schlosses zu Berlin um 1 Uhr nachmittags
erfolgen. Die kaiserliche Verordnung wegen der
Berufung steht noch aus.
Der Reichstag wird einberufen.
Berlin, 31. Juli. Wie offiziös gemeldet wird,
ist die Einberufung des Reichstages
auf Dienstag, den 4. August, in Aussicht genommen.
die Eröffnung wird im Weißen Saale des Königlichen
Schlosses zu Berlin um 1 Uhr nachmittags
erfolgen. Die kaiserliche Verordnung wegen der
Berufung steht noch aus.
Kriegszustand.
Berlin, 31. Juli. Aus Petersburg ist die
Nachricht des deutschen Botschafters eingegangen,
daß die allgemeine Mobilmachung der russischen
Armee und Flotte befohlen worden ist. Darauf
hat Se. Majestät der Kaiser den Zustand der
drohenden Kriegsgefahr befohlen. Se. Majestät
wird heute nach Berlin übersiedeln.
Berlin, 31.Juli Nach Artikel 68 der Reichsverfassug
hat Se. Majestät der Kaiser das Reichsgebiet
ohne Bayern in den Kriegszustand erklärt.
Über Bayern ergeht die gleiche Anordnung.
Berlin, 31. Juli. Bei militärischen Maßnahmen
kommen bei drohender Kriegsgefahr hauptsächlich
in Betracht:
1. An der Grenze und zum Schutze der Eisenbahnen
erforderliche Maßnahmen.
2. Verkehrsbeschränkungen der Post, Telegraphen,
Eisenbahnen usw. zugunsten des militärischen
Bedarfs.
3. Erklärung des Kriegszustandes für das gesamte
Kriegsgebiet.
4. Verbot der Veröffentlichung über Truppenbewegungen
und Verteidigungsmittel. Der
Kriegszustand ist gleichbedeutend mit dem
Belagerungszustand in Preußen (Art. 68
der Reichsverordnung.)
2. Spalte
Die bayerische Verfügung.
München, 31. Juli. Nach einer königlichen
Verordnung vom 31. Juli 1914 wird über das gesamte
Gebiet des Königreichs der Kriegszustand
verhängt. Für die Pfalz wird das Standrecht
angeordnet.
Die Rückkehr des Kaisers von
Potsdam nach Berlin.
In Erwartung.
Infolge der Gerüchte, daß heute die Mobilisierung
der deutschen Armee erfolgen solle, hatten sich
schon am Mittag in den Hauptstraßen des Zentrums
größere Menschenmassen angesammelt, um die
neuesten Ereignisse möglichst schnell zu erfahren.
Gegen 2 Uhr kamen in Autos die ersten Extrablätter
auf die Straße, die den Boten von
Dutzenden von Händen entrissen wurden. In wenigen
Minuten waren Straßen und Plätze mit
Tausenden der flatternden Blätter bedeckt. Unter
den Linden, in der Leipziger Straße und am Potsdamer
Platz scharten sich sofort dichte Menschenmassen
zusammen, die in größter Erregung hin- und
herwogten, und gegen deren Strom die Schutzleute,
die den Verkehr zu regeln hatten, machtlos waren.
Da wurde die Nachricht bekannt, daß der Kaiser
die Absicht habe, im Laufe des Nachmittags seine
Residenz im Potsdamer Neuen Palais
Der Einzug des Kaisers.
Sofort strömten die Massen aus den Straßen in
der Nähe der Linden dem Brandenburger
Tore zu, wo sich bald Tausende und Abertausende
in dichten Menschenmauern aufstellten. Gegen ¾ 3
Uhr ertönten vom Tiergarten her brausende Hochrufe.
Die Wache am Brandenburger Tor trat unter
Gewehr. Die Trommel rasselte und gleich darauf
durchschnitt der scharfe Klang des Kaiserlichen
Hupensignals die Luft. Hinter der Siegesallee tauchte
das bekannte hellbraune Automobil des
Kaisers mit der roten Standarte auf. Zehntausendfache
Hochs erschollen und das Trommelgewirbel
der Wache ertrank in dem Meere der
Jubelrufe. Der Kaiser, der die Uniform des Regiments
Garde du Corps mit dem Stahlhelm trug,
dankte unaufhörlich nach allen Seiten. Er wie die
Kaiserin waren ernsten Antlitzes. Als das Kaiserliche
Auto den Pariser Platz hinter sich gelassen
hatte und in die Linden einlenkte, durchbrachen die
Menschenmassen von beiden Seiten die dünnen
Schutzmannsketten, die schon seit der Mittagsstunde
aufgestellt waren. In tosender Begeisterung drängten
sich Tausende von Menschen um den Wagen und
jubelten dem Kaiserpaare zu. Nur langsam konnte
sich der Wagen unter unausgesetzten Hupensignalen
einen Weg durch die Menge bahnen. Dicht hinter
dem Kaiserlichen Auto fuhr der bekannte dunkle
Kraftwagen des Kronprinzen. Der Thronfolger,
der die Uniform seiner Danziger Leibhusaren
trug, wurde ebenso wie seine Gemahlin mit der
gleichen Begeisterung wie das Kaiserpaar begrüßt.
Zwischen beiden saß der älteste Sohn, Prinz Wilhelm.
Auch das Automobil des Prinzen mußte,
besonders zwischen der Wilhelmstraße und der
Friedrichstraße, mehrere Male im Schritt fahren,
um kein Unheil in der freudig erregten Menge
anzurichten. Im dritten Auto saß Prinz Adalbert
sowie das Prinzenpaar August Wilhelm.
Auf dem Schloßplatz wurden die Hofautomobile von
einer vieltausendköpfigen Menge empfangen, die in
brausende Hochrufe ausbrach, als der Wagen des
Kaisers auf der Schloßbrücke erschien und die
Purpurstandarte über dem alten Schlosse der
Hohenzollern emporstieg.
Vor dem Schloß.
Die Menschenmassen, die das Kaiserpaar Unter
den Linden begrüßt hatten, fluteten nun die Linden
herunter dem Schlosse zu. Bald standen auf
dem Platze zwischen Schlosse und dem Lustgarten
Menschenmengen, wie sie der Platz wohl selten
gesehen haben mag. Die allgemeine begeisterte
Erregung hatte jetzt ihren Höhepunkt erreicht. An
den Kandelabern in der Mitte des Platzes stiegen
Leute hinauf, die tausendstimmig erwiderte Hochs
auf den Kaiser ausbrachten. Immer wieder schollen
die von allen Seiten freudig aufgenommenen
Jubelrufe zu den Fenstern des Schlosses empor.
"Heil dir, im Siegerkranz," "Deutschland, Deutschland
über alles" und "Ich bin ein Preuße, kennt
3. Spalte
ihr meine Farben", wurden abwechselnd gesungen.
Wenige Minuten nach 4 Uhr wurde das eiserne
Hauptportal des Schlosses geöffnet und im Auto
fuhr der Reichskanzler von Bethmann Hollweg in
Begleitung seines Adjutanten des Freiherrn von
Sell heraus. Der Kanzler wurde mit lauten Zurufen
begrüßt und dankte, indem er das Haupt entblößte.
Bald darauf verließ auch Prinz Heinrich,
von der Menge lebhaft begrüßt, das Schloß. Unbeweglich
standen die Massen. Die Schutzleute, die
in großer Zahl zu Pferde und zu Fuß vor dem
Schloß konzentriert standen, zeigten sich, wie übrigens
auch Unter den Linden, dem Publikum gegenüber
sehr rücksichtsvoll. Je weiter der Zeiger an
dem Eckturme des Schlosses rückte, um so mehr vergrößerte
sich die Masse auf dem Schloßplatz.
Eine Ansprache des Kaisers.
Berlin, 31.Juli.
Der Kaiser hat heute um 3/4 7 Uhr eine Ansprache
an die vor dem Schlosse versammelte Volksmenge
gehalten. Die Worte des Kaisers lauteten:
Ich danke Euch! Eure Kundgebung war mir
ein Labsal. Wir sind im tiefsten Frieden
in des Wortes wahrer Bedeutung
überfallen worden durch den Neid
unserer Feinde, der uns rings umgibt.
Fünfundzwanzig Jahre habe ich den Frieden
und gehalten. Nun bin ich gezwungen,
das Schwert zu ziehen, aber ich hoffe, daß ich es
mit Ehren wieder einstecken kann. Es werden euch
enorme Opfer an Gut und Blut auferlegt
werden, aber Ihr werdet sie ertragen, das
weiß ich. Wir werden die Gegner niederzwingen.
Nun geht in die Kirchen und
betet zu Gott, daß er dem deutschen Heer und der
deutschen Sache den Sieg verleihen möge!
-
item 19
Eisenacher Zeitung
verbunden mit
Tageblatt und Anzeiger für den Eisenacher Kreis
Druck und Verlag :
Hofbuchdruckerei Eisenach, H. Kahle,
Inhaber:
Paul Kahle und Karl Kahle.
Die "Eisenacher Zeitung", verbunden mit "Tageblatt und Anzeiger für den Eisenacher
Kreis", erscheint mit Ausnahme der Feiertage wöchentlich sechsmal, mit "Illustriertem Unter-
haltungsblatt", Fahrplan und Kalender. Bezugspreis für Eisenach, einschließlich Bringerlohn ,
monatlich 70 Pf. in Vorauszahlung; durch die Post vierteljährlich 2,10 M. frei ins Haus, bei
Abholung am Postschalter 1,68 M. Alle Postanstalten sowie die Landbriefträger und unsere Ver-
treter nehmen Bestellungen entgegen. Einzelne Nummer 10 Pf.
Anzeigenpreis für Eisenach 10 Pf. für die einspaltige Petitzeile, für auswärts und im amt-
lichen Teil 15 Pf. Reklamen nach dem politischen Teil: Petitzeile 40 Pf. Nachweisgebühr aller
Art: 20 Pf. Annahme der Anzeigen bis vormittag 9 Uhr, größere > Tags zuvor < .
Annahme und Vermittlung von Anzeigen für alle Zeitungen der Welt. Beilagegebühr: für
die Gesamtauflage 50 Pf. bei vierseitigen, 30 Pf. bei zweiseitigen Beilagen, für die Stadtauflage
40 beziehungsweise 22 Pf.
_______________________________________________________________________________________________________________
Nr. 178 Geschäftsstelle: Sonnabend, den 1. August 1914. Geschäftszeit: 48. Jahrg.
Eisenach, Sophienstraße 55/57. Fernsprecher 47. 7 Uhr vormittags bis 6 Uhr nachmittags._______________________________________________________________________________________________________________
Vor der Entscheidung über den Weltkrieg.
1. Spalte
Ein fürchterliches, der Generation von heute bis-
her fremd gewesenes Wort! Man hat davon in
alten Geschichtsbüchern bisher gelesen; nur eine
Minderzahl von denen, die heute noch unter uns
weilen, haben solchen Kriegszustand in deutschen
Landen selbst erlebt. Kriegszustand ist noch nichtKrieg, hört man da und dort. Eine Tröstung, die
nur geringen Glauben finden mag. Wenn nicht in
Petersburg und in Paris die Erleuchtung wie ein
Wunder herniedersteigt, dann darf die Menschheit
alle Hoffnung schwinden lassen. Der Kaiser,unser Friedenskaiser , ist, wie eine offenbar
hochoffiziöse Kundgebung verlautbart, vom rus-
sichen Zaren schmählich betrogen
worden. Das Verhalten der russischen Krone
schlägt jeder Loyalität ins Gesicht! Nun soll
Rußland erfahren, heißt es in jener offi-ziösen Auslassung, daß dieser Abkomme Friedrichs
des Großen ein Kriegsfürst sein wird! Hört manschon den Anmarsch unserer Bataillone? Wir dür-
fen den kommenden Ereignissen ohne Bangen ent-
gegensehen . Nicht großsprecherisch und nicht über-
mütig wollen wir sein; aber wer vielleicht draußen
in der Welt glaubt, schreibt die "Nat. Ztg." daß
das deutsche Volk vom Schauder blasser Furcht ge-
schüttelt werde, wie es bei den Leuten jenseits der
Grenzen bereits der Fall ist, so gibt man sich einer
regen Täuschung hin. Das Volk steht auf,
der Sturm bricht los. Die Herren an der
Newa wollen eine blutige Tragödie inszenieren, ihre
Freunde an der Seine wollen oder können sie daran
nicht hindern: Wohlan! Das Spiel kann
beginnen!
Ultimatum an Rußland.
Der "Norddeutschen Allg. Ztg." zufolge ließ Kaiser
Wilhelm Rußland wissen, daß die deutsche
Mobilmachung in Aussicht steht, falls Rußland
nicht binnen 12 Stunden seine Kriegsvorbereitungen
einstellt. Gleichzeitig ist an Frankreich
die Anfrage über dessen Haltung im Falle
eines deutsch-russischen Krieges gerichtet worden.
Der Reichstag wird einberufen.
Berlin, 31. Juli. Wie offiziös gemeldet wird,
ist die Einberufung des Reichstages
auf Dienstag, den 4. August, in Aussicht genommen.
Die Eröffnung wird im Weißen Saale des Königlichen
Schlosses zu Berlin um 1 Uhr nachmittags
erfolgen. Die kaiserliche Verordnung wegen der
Berufung steht noch aus.
Der Reichstag wird einberufen.
Berlin, 31. Juli. Wie offiziös gemeldet wird,
ist die Einberufung des Reichstages
auf Dienstag, den 4. August, in Aussicht genommen.
die Eröffnung wird im Weißen Saale des Königlichen
Schlosses zu Berlin um 1 Uhr nachmittags
erfolgen. Die kaiserliche Verordnung wegen der
Berufung steht noch aus.
Kriegszustand.
Berlin, 31. Juli. Aus Petersburg ist die
Nachricht des deutschen Botschafters eingegangen,
daß die allgemeine Mobilmachung der russischen
Armee und Flotte befohlen worden ist. Darauf
hat Se. Majestät der Kaiser den Zustand der
drohenden Kriegsgefahr befohlen. Se. Majestät
wird heute nach Berlin übersiedeln.
Berlin, 31.Juli Nach Artikel 68 der Reichsverfassug
hat Se. Majestät der Kaiser das Reichsgebiet
ohne Bayern in den Kriegszustand erklärt.
Über Bayern ergeht die gleiche Anordnung.
Berlin, 31. Juli. Bei militärischen Maßnahmen
kommen bei drohender Kriegsgefahr hauptsächlich
in Betracht:
1. An der Grenze und zum Schutze der Eisenbahnen
erforderliche Maßnahmen.
2. Verkehrsbeschränkungen der Post, Telegraphen,
Eisenbahnen usw. zugunsten des militärischen
Bedarfs.
3. Erklärung des Kriegszustandes für das gesamte
Kriegsgebiet.
4. Verbot der Veröffentlichung über Truppenbewegungen
und Verteidigungsmittel. Der
Kriegszustand ist gleichbedeutend mit dem
Belagerungszustand in Preußen (Art. 68
der Reichsverordnung.)
2. Spalte
Die bayerische Verfügung.
München, 31. Juli. Nach einer königlichen
Verordnung vom 31. Juli 1914 wird über das gesamte
Gebiet des Königreichs der Kriegszustand
verhängt. Für die Pfalz wird das Standrecht
angeordnet.
Die Rückkehr des Kaisers von
Potsdam nach Berlin.
In Erwartung.
Infolge der Gerüchte, daß heute die Mobilisierung
der deutschen Armee erfolgen solle, hatten sich
schon am Mittag in den Hauptstraßen des Zentrums
größere Menschenmassen angesammelt, um die
neuesten Ereignisse möglichst schnell zu erfahren.
Gegen 2 Uhr kamen in Autos die ersten Extrablätter
auf die Straße, die den Boten von
Dutzenden von Händen entrissen wurden. In wenigen
Minuten waren Straßen und Plätze mit
Tausenden der flatternden Blätter bedeckt. Unter
den Linden, in der Leipziger Straße und am Potsdamer
Platz scharten sich sofort dichte Menschenmassen
zusammen, die in größter Erregung hin- und
herwogten, und gegen deren Strom die Schutzleute,
die den Verkehr zu regeln hatten, machtlos waren.
Da wurde die Nachricht bekannt, daß der Kaiser
die Absicht habe, im Laufe des Nachmittags seine
Residenz im Potsdamer Neuen Palais
Der Einzug des Kaisers.
Sofort strömten die Massen aus den Straßen in
der Nähe der Linden dem Brandenburger
Tore zu, wo sich bald Tausende und Abertausende
in dichten Menschenmauern aufstellten. Gegen ¾ 3
Uhr ertönten vom Tiergarten her brausende Hochrufe.
Die Wache am Brandenburger Tor trat unter
Gewehr. Die Trommel rasselte und gleich darauf
durchschnitt der scharfe Klang des Kaiserlichen
Hupensignals die Luft. Hinter der Siegesallee tauchte
das bekannte hellbraune Automobil des
Kaisers mit der roten Standarte auf. Zehntausendfache
Hochs erschollen und das Trommelgewirbel
der Wache ertrank in dem Meere der
Jubelrufe. Der Kaiser, der die Uniform des Regiments
Garde du Corps mit dem Stahlhelm trug,
dankte unaufhörlich nach allen Seiten. Er wie die
Kaiserin waren ernsten Antlitzes. Als das Kaiserliche
Auto den Pariser Platz hinter sich gelassen
hatte und in die Linden einlenkte, durchbrachen die
Menschenmassen von beiden Seiten die dünnen
Schutzmannsketten, die schon seit der Mittagsstunde
aufgestellt waren. In tosender Begeisterung drängten
sich Tausende von Menschen um den Wagen und
jubelten dem Kaiserpaare zu. Nur langsam konnte
sich der Wagen unter unausgesetzten Hupensignalen
einen Weg durch die Menge bahnen. Dicht hinter
dem Kaiserlichen Auto fuhr der bekannte dunkle
Kraftwagen des Kronprinzen. Der Thronfolger,
der die Uniform seiner Danziger Leibhusaren
trug, wurde ebenso wie seine Gemahlin mit der
gleichen Begeisterung wie das Kaiserpaar begrüßt.
Zwischen beiden saß der älteste Sohn, Prinz Wilhelm.
Auch das Automobil des Prinzen mußte,
besonders zwischen der Wilhelmstraße und der
Friedrichstraße, mehrere Male im Schritt fahren,
um kein Unheil in der freudig erregten Menge
anzurichten. Im dritten Auto saß Prinz Adalbert
sowie das Prinzenpaar August Wilhelm.
Auf dem Schloßplatz wurden die Hofautomobile von
einer vieltausendköpfigen Menge empfangen, die in
brausende Hochrufe ausbrach, als der Wagen des
Kaisers auf der Schloßbrücke erschien und die
Purpurstandarte über dem alten Schlosse der
Hohenzollern emporstieg.
Vor dem Schloß.
Die Menschenmassen, die das Kaiserpaar Unter
den Linden begrüßt hatten, fluteten nun die Linden
herunter dem Schlosse zu. Bald standen auf
dem Platze zwischen Schlosse und dem Lustgarten
Menschenmengen, wie sie der Platz wohl selten
gesehen haben mag. Die allgemeine begeisterte
Erregung hatte jetzt ihren Höhepunkt erreicht. An
den Kandelabern in der Mitte des Platzes stiegen
Leute hinauf, die tausendstimmig erwiderte Hochs
auf den Kaiser ausbrachten. Immer wieder schollen
die von allen Seiten freudig aufgenommenen
Jubelrufe zu den Fenstern des Schlosses empor.
"Heil dir, im Siegerkranz," "Deutschland, Deutschland
über alles" und "Ich bin ein Preuße, kennt
3. Spalte
ihr meine Farben", wurden abwechselnd gesungen.
Wenige Minuten nach 4 Uhr wurde das eiserne
Hauptportal des Schlosses geöffnet und im Auto
fuhr der Reichskanzler von Bethmann Hollweg in
Begleitung seines Adjutanten des Freiherrn von
Sell heraus. Der Kanzler wurde mit lauten Zurufen
begrüßt und dankte, indem er das Haupt entblößte.
Bald darauf verließ auch Prinz Heinrich,
von der Menge lebhaft begrüßt, das Schloß. Unbeweglich
standen die Massen. Die Schutzleute, die
in großer Zahl zu Pferde und zu Fuß vor dem
Schloß konzentriert standen, zeigten sich, wie übrigens
auch Unter den Linden, dem Publikum gegenüber
sehr rücksichtsvoll. Je weiter der Zeiger an
dem Eckturme des Schlosses rückte, um so mehr vergrößerte
sich die Masse auf dem Schloßplatz.
-
item 19
Eisenacher Zeitung
verbunden mit
Tageblatt und Anzeiger für den Eisenacher Kreis
Druck und Verlag :
Hofbuchdruckerei Eisenach, H. Kahle,
Inhaber:
Paul Kahle und Karl Kahle.
Die "Eisenacher Zeitung", verbunden mit "Tageblatt und Anzeiger für den Eisenacher
Kreis", erscheint mit Ausnahme der Feiertage wöchentlich sechsmal, mit "Illustriertem Unter-
haltungsblatt", Fahrplan und Kalender. Bezugspreis für Eisenach, einschließlich Bringerlohn ,
monatlich 70 Pf. in Vorauszahlung; durch die Post vierteljährlich 2,10 M. frei ins Haus, bei
Abholung am Postschalter 1,68 M. Alle Postanstalten sowie die Landbriefträger und unsere Ver-
treter nehmen Bestellungen entgegen. Einzelne Nummer 10 Pf.
Anzeigenpreis für Eisenach 10 Pf. für die einspaltige Petitzeile, für auswärts und im amt-
lichen Teil 15 Pf. Reklamen nach dem politischen Teil: Petitzeile 40 Pf. Nachweisgebühr aller
Art: 20 Pf. Annahme der Anzeigen bis vormittag 9 Uhr, größere > Tags zuvor < .
Annahme und Vermittlung von Anzeigen für alle Zeitungen der Welt. Beilagegebühr: für
die Gesamtauflage 50 Pf. bei vierseitigen, 30 Pf. bei zweiseitigen Beilagen, für die Stadtauflage
40 beziehungsweise 22 Pf.
_______________________________________________________________________________________________________________
Nr. 178 Geschäftsstelle: Sonnabend, den 1. August 1914. Geschäftszeit: 48. Jahrg.
Eisenach, Sophienstraße 55/57. Fernsprecher 47. 7 Uhr vormittags bis 6 Uhr nachmittags._______________________________________________________________________________________________________________
Vor der Entscheidung über den Weltkrieg.
1. Spalte
Ein fürchterliches, der Generation von heute bis-
her fremd gewesenes Wort! Man hat davon in
alten Geschichtsbüchern bisher gelesen; nur eine
Minderzahl von denen, die heute noch unter uns
weilen, haben solchen Kriegszustand in deutschen
Landen selbst erlebt. Kriegszustand ist noch nichtKrieg, hört man da und dort. Eine Tröstung, die
nur geringen Glauben finden mag. Wenn nicht in
Petersburg und in Paris die Erleuchtung wie ein
Wunder herniedersteigt, dann darf die Menschheit
alle Hoffnung schwinden lassen. Der Kaiser,unser Friedenskaiser , ist, wie eine offenbar
hochoffiziöse Kundgebung verlautbart, vom rus-
sichen Zaren schmählich betrogen
worden. Das Verhalten der russischen Krone
schlägt jeder Loyalität ins Gesicht! Nun soll
Rußland erfahren, heißt es in jener offi-ziösen Auslassung, daß dieser Abkomme Friedrichs
des Großen ein Kriegsfürst sein wird! Hört manschon den Anmarsch unserer Bataillone? Wir dür-
fen den kommenden Ereignissen ohne Bangen ent-
gegensehen . Nicht großsprecherisch und nicht über-
mütig wollen wir sein; aber wer vielleicht draußen
in der Welt glaubt, schreibt die "Nat. Ztg." daß
das deutsche Volk vom Schauder blasser Furcht ge-
schüttelt werde, wie es bei den Leuten jenseits der
Grenzen bereits der Fall ist, so gibt man sich einer
regen Täuschung hin. Das Volk steht auf,
der Sturm bricht los. Die Herren an der
Newa wollen eine blutige Tragödie inszenieren, ihre
Freunde an der Seine wollen oder können sie daran
nicht hindern: Wohlan! Das Spiel kann
beginnen!
Ultimatum an Rußland.
Der "Norddeutschen Allg. Ztg." zufolge ließ Kaiser
Wilhelm Rußland wissen, daß die deutsche
Mobilmachung in Aussicht steht, falls Rußland
nicht binnen 12 Stunden seine Kriegsvorbereitungen
einstellt. Gleichzeitig ist an Frankreich
die Anfrage über dessen Haltung im Falle
eines deutsch-russischen Krieges gerichtet worden.
Der Reichstag wird einberufen.
Berlin, 31. Juli. Wie offiziös gemeldet wird,
ist die Einberufung des Reichstages
auf Dienstag, den 4. August, in Aussicht genommen.
Die Eröffnung wird im Weißen Saale des Königlichen
Schlosses zu Berlin um 1 Uhr nachmittags
erfolgen. Die kaiserliche Verordnung wegen der
Berufung steht noch aus.
Der Reichstag wird einberufen.
Berlin, 31. Juli. Wie offiziös gemeldet wird,
ist die Einberufung des Reichstages
auf Dienstag, den 4. August, in Aussicht genommen.
die Eröffnung wird im Weißen Saale des Königlichen
Schlosses zu Berlin um 1 Uhr nachmittags
erfolgen. Die kaiserliche Verordnung wegen der
Berufung steht noch aus.
Kriegszustand.
Berlin, 31. Juli. Aus Petersburg ist die
Nachricht des deutschen Botschafters eingegangen,
daß die allgemeine Mobilmachung der russischen
Armee und Flotte befohlen worden ist. Darauf
hat Se. Majestät der Kaiser den Zustand der
drohenden Kriegsgefahr befohlen. Se. Majestät
wird heute nach Berlin übersiedeln.
Berlin, 31.Juli Nach Artikel 68 der Reichsverfassug
hat Se. Majestät der Kaiser das Reichsgebiet
ohne Bayern in den Kriegszustand erklärt.
Über Bayern ergeht die gleiche Anordnung.
Berlin, 31. Juli. Bei militärischen Maßnahmen
kommen bei drohender Kriegsgefahr hauptsächlich
in Betracht:
1. An der Grenze und zum Schutze der Eisenbahnen
erforderliche Maßnahmen.
2. Verkehrsbeschränkungen der Post, Telegraphen,
Eisenbahnen usw. zugunsten des militärischen
Bedarfs.
3. Erklärung des Kriegszustandes für das gesamte
Kriegsgebiet.
4. Verbot der Veröffentlichung über Truppenbewegungen
und Verteidigungsmittel. Der
Kriegszustand ist gleichbedeutend mit dem
Belagerungszustand in Preußen (Art. 68
der Reichsverordnung.)
2. Spalte
Die bayerische Verfügung.
München, 31. Juli. Nach einer königlichen
Verordnung vom 31. Juli 1914 wird über das gesamte
Gebiet des Königreichs der Kriegszustand
verhängt. Für die Pfalz wird das Standrecht
angeordnet.
Die Rückkehr des Kaisers von
Potsdam nach Berlin.
In Erwartung.
Infolge der Gerüchte, daß heute die Mobilisierung
der deutschen Armee erfolgen solle, hatten sich
schon am Mittag in den Hauptstraßen des Zentrums
größere Menschenmassen angesammelt, um die
neuesten Ereignisse möglichst schnell zu erfahren.
Gegen 2 Uhr kamen in Autos die ersten Extrablätter
auf die Straße, die den Boten von
Dutzenden von Händen entrissen wurden. In wenigen
Minuten waren Straßen und Plätze mit
Tausenden der flatternden Blätter bedeckt. Unter
den Linden, in der Leipziger Straße und am Potsdamer
Platz scharten sich sofort dichte Menschenmassen
zusammen, die in größter Erregung hin- und
herwogten, und gegen deren Strom die Schutzleute,
die den Verkehr zu regeln hatten, machtlos waren.
Da wurde die Nachricht bekannt, daß der Kaiser
die Absicht habe, im Laufe des Nachmittags seine
Residenz im Potsdamer Neuen Palais
Der Einzug des Kaisers.
Sofort strömten die Massen aus den Straßen in
der Nähe der Linden dem Brandenburger
Tore zu, wo sich bald Tausende und Abertausende
in dichten Menschenmauern aufstellten. Gegen ¾ 3
Uhr ertönten vom Tiergarten her brausende Hochrufe.
Die Wache am Brandenburger Tor trat unter
Gewehr. Die Trommel rasselte und gleich darauf
durchschnitt der scharfe Klang des Kaiserlichen
Hupensignals die Luft. Hinter der Siegesallee tauchte
das bekannte hellbraune Automobil des
Kaisers mit der roten Standarte auf. Zehntausendfache
Hochs erschollen und das Trommelgewirbel
der Wache ertrank in dem Meere der
Jubelrufe. Der Kaiser, der die Uniform des Regiments
Garde du Corps mit dem Stahlhelm trug,
dankte unaufhörlich nach allen Seiten. Er wie die
Kaiserin waren ernsten Antlitzes. Als das Kaiserliche
Auto den Pariser Platz hinter sich gelassen
hatte und in die Linden einlenkte, durchbrachen die
Menschenmassen von beiden Seiten die dünnen
Schutzmannsketten, die schon seit der Mittagsstunde
aufgestellt waren. In tosender Begeisterung drängten
sich Tausende von Menschen um den Wagen und
jubelten dem Kaiserpaare zu. Nur langsam konnte
sich der Wagen unter unausgesetzten Hupensignalen
einen Weg durch die Menge bahnen. Dicht hinter
dem Kaiserlichen Auto fuhr der bekannte dunkle
Kraftwagen des Kronprinzen. Der Thronfolger,
der die Uniform seiner Danziger Leibhusaren
trug, wurde ebenso wie seine Gemahlin mit der
gleichen Begeisterung wie das Kaiserpaar begrüßt.
Zwischen beiden saß der älteste Sohn, Prinz Wilhelm.
Auch das Automobil des Prinzen mußte,
besonders zwischen der Wilhelmstraße und der
Friedrichstraße, mehrere Male im Schritt fahren,
um kein Unheil in der freudig erregten Menge
anzurichten. Im dritten Auto saß Prinz Adalbert
sowie das Prinzenpaar August Wilhelm.
Auf dem Schloßplatz wurden die Hofautomobile von
einer vieltausendköpfigen Menge empfangen, die in
brausende Hochrufe ausbrach, als der Wagen des
Kaisers auf der Schloßbrücke erschien und die
Purpurstandarte über dem alten Schlosse der
Hohenzollern emporstieg.
Vor dem Schloß.
Die Menschenmassen, die das Kaiserpaar Unter
den Linden begrüßt hatten, fluteten nun die Linden
herunter dem Schlosse zu. Bald standen auf
dem Platze zwischen Schlosse und dem Lustgarten
Menschenmengen, wie sie der Platz wohl selten
gesehen haben mag. Die allgemeine begeisterte
Erregung hatte jetzt ihren Höhepunkt erreicht. An
den Kandelabern in der Mitte des Platzes stiegen
Leute hinauf, die tausendstimmig erwiderte Hochs
auf den Kaiser ausbrachten. Immer wieder schollen
die von allen Seiten freudig aufgenommenen
Jubelrufe zu den Fenstern des Schlosses empor.
"Heil dir, im Siegerkranz," "Deutschland, Deutschland
über alles" und "Ich bin ein Preuße, kennt
3. Spalte
-
item 19
Eisenacher Zeitung
verbunden mit
Tageblatt und Anzeiger für den Eisenacher Kreis
Druck und Verlag :
Hofbuchdruckerei Eisenach, H. Kahle,
Inhaber:
Paul Kahle und Karl Kahle.
Die "Eisenacher Zeitung", verbunden mit "Tageblatt und Anzeiger für den Eisenacher
Kreis", erscheint mit Ausnahme der Feiertage wöchentlich sechsmal, mit "Illustriertem Unter-
haltungsblatt", Fahrplan und Kalender. Bezugspreis für Eisenach, einschließlich Bringerlohn ,
monatlich 70 Pf. in Vorauszahlung; durch die Post vierteljährlich 2,10 M. frei ins Haus, bei
Abholung am Postschalter 1,68 M. Alle Postanstalten sowie die Landbriefträger und unsere Ver-
treter nehmen Bestellungen entgegen. Einzelne Nummer 10 Pf.
Anzeigenpreis für Eisenach 10 Pf. für die einspaltige Petitzeile, für auswärts und im amt-
lichen Teil 15 Pf. Reklamen nach dem politischen Teil: Petitzeile 40 Pf. Nachweisgebühr aller
Art: 20 Pf. Annahme der Anzeigen bis vormittag 9 Uhr, größere > Tags zuvor < .
Annahme und Vermittlung von Anzeigen für alle Zeitungen der Welt. Beilagegebühr: für
die Gesamtauflage 50 Pf. bei vierseitigen, 30 Pf. bei zweiseitigen Beilagen, für die Stadtauflage
40 beziehungsweise 22 Pf.
_______________________________________________________________________________________________________________
Nr. 178 Geschäftsstelle: Sonnabend, den 1. August 1914. Geschäftszeit: 48. Jahrg.
Eisenach, Sophienstraße 55/57. Fernsprecher 47. 7 Uhr vormittags bis 6 Uhr nachmittags._______________________________________________________________________________________________________________
Vor der Entscheidung über den Weltkrieg.
1. Spalte
Ein fürchterliches, der Generation von heute bis-
her fremd gewesenes Wort! Man hat davon in
alten Geschichtsbüchern bisher gelesen; nur eine
Minderzahl von denen, die heute noch unter uns
weilen, haben solchen Kriegszustand in deutschen
Landen selbst erlebt. Kriegszustand ist noch nichtKrieg, hört man da und dort. Eine Tröstung, die
nur geringen Glauben finden mag. Wenn nicht in
Petersburg und in Paris die Erleuchtung wie ein
Wunder herniedersteigt, dann darf die Menschheit
alle Hoffnung schwinden lassen. Der Kaiser,unser Friedenskaiser , ist, wie eine offenbar
hochoffiziöse Kundgebung verlautbart, vom rus-
sichen Zaren schmählich betrogen
worden. Das Verhalten der russischen Krone
schlägt jeder Loyalität ins Gesicht! Nun soll
Rußland erfahren, heißt es in jener offi-ziösen Auslassung, daß dieser Abkomme Friedrichs
des Großen ein Kriegsfürst sein wird! Hört manschon den Anmarsch unserer Bataillone? Wir dür-
fen den kommenden Ereignissen ohne Bangen ent-
gegensehen . Nicht großsprecherisch und nicht über-
mütig wollen wir sein; aber wer vielleicht draußen
in der Welt glaubt, schreibt die "Nat. Ztg." daß
das deutsche Volk vom Schauder blasser Furcht ge-
schüttelt werde, wie es bei den Leuten jenseits der
Grenzen bereits der Fall ist, so gibt man sich einer
regen Täuschung hin. Das Volk steht auf,
der Sturm bricht los. Die Herren an der
Newa wollen eine blutige Tragödie inszenieren, ihre
Freunde an der Seine wollen oder können sie daran
nicht hindern: Wohlan! Das Spiel kann
beginnen!
Ultimatum an Rußland.
Der "Norddeutschen Allg. Ztg." zufolge ließ Kaiser
Wilhelm Rußland wissen, daß die deutsche
Mobilmachung in Aussicht steht, falls Rußland
nicht binnen 12 Stunden seine Kriegsvorbereitungen
einstellt. Gleichzeitig ist an Frankreich
die Anfrage über dessen Haltung im Falle
eines deutsch-russischen Krieges gerichtet worden.
Der Reichstag wird einberufen.
Berlin, 31. Juli. Wie offiziös gemeldet wird,
ist die Einberufung des Reichstages
auf Dienstag, den 4. August, in Aussicht genommen.
Die Eröffnung wird im Weißen Saale des Königlichen
Schlosses zu Berlin um 1 Uhr nachmittags
erfolgen. Die kaiserliche Verordnung wegen der
Berufung steht noch aus.
Der Reichstag wird einberufen.
Berlin, 31. Juli. Wie offiziös gemeldet wird,
ist die Einberufung des Reichstages
auf Dienstag, den 4. August, in Aussicht genommen.
die Eröffnung wird im Weißen Saale des Königlichen
Schlosses zu Berlin um 1 Uhr nachmittags
erfolgen. Die kaiserliche Verordnung wegen der
Berufung steht noch aus.
Kriegszustand.
Berlin, 31. Juli. Aus Petersburg ist die
Nachricht des deutschen Botschafters eingegangen,
daß die allgemeine Mobilmachung der russischen
Armee und Flotte befohlen worden ist. Darauf
hat Se. Majestät der Kaiser den Zustand der
drohenden Kriegsgefahr befohlen. Se. Majestät
wird heute nach Berlin übersiedeln.
Berlin, 31.Juli Nach Artikel 68 der Reichsverfassug
hat Se. Majestät der Kaiser das Reichsgebiet
ohne Bayern in den Kriegszustand erklärt.
Über Bayern ergeht die gleiche Anordnung.
Berlin, 31. Juli. Bei militärischen Maßnahmen
kommen bei drohender Kriegsgefahr hauptsächlich
in Betracht:
1. An der Grenze und zum Schutze der Eisenbahnen
erforderliche Maßnahmen.
2. Verkehrsbeschränkungen der Post, Telegraphen,
Eisenbahnen usw. zugunsten des militärischen
Bedarfs.
3. Erklärung des Kriegszustandes für das gesamte
Kriegsgebiet.
4. Verbot der Veröffentlichung über Truppenbewegungen
und Verteidigungsmittel. Der
Kriegszustand ist gleichbedeutend mit dem
Belagerungszustand in Preußen (Art. 68
der Reichsverordnung.)
2. Spalte
Die bayerische Verfügung.
München, 31. Juli. Nach einer königlichen
Verordnung vom 31. Juli 1914 wird über das gesamte
Gebiet des Königreichs der Kriegszustand
verhängt. Für die Pfalz wird das Standrecht
angeordnet.
Die Rückkehr des Kaisers von
Potsdam nach Berlin.
In Erwartung.
Infolge der Gerüchte, daß heute die Mobilisierung
der deutschen Armee erfolgen solle, hatten sich
schon am Mittag in den Hauptstraßen des Zentrums
größere Menschenmassen angesammelt, um die
neuesten Ereignisse möglichst schnell zu erfahren.
Gegen 2 Uhr kamen in Autos die ersten Extrablätter
auf die Straße, die den Boten von
Dutzenden von Händen entrissen wurden. In wenigen
Minuten waren Straßen und Plätze mit
Tausenden der flatternden Blätter bedeckt. Unter
den Linden, in der Leipziger Straße und am Potsdamer
Platz scharten sich sofort dichte Menschenmassen
zusammen, die in größter Erregung hin- und
herwogten, und gegen deren Strom die Schutzleute,
die den Verkehr zu regeln hatten, machtlos waren.
Da wurde die Nachricht bekannt, daß der Kaiser
die Absicht habe, im Laufe des Nachmittags seine
Residenz im Potsdamer Neuen Palais
Der Einzug des Kaisers.
Sofort strömten die Massen aus den Straßen in
der Nähe der Linden dem Brandenburger
Tore zu, wo sich bald Tausende und Abertausende
in dichten Menschenmauern aufstellten. Gegen 3/4 3
Uhr ertönten vom Tiergarten her brausende Hochrufe.
Die Wache am Brandenburger Tor trat unter
Gewehr. Die Trommel rasselte und gleich darauf
durchschnitt der scharfe Klang des Kaiserlichen
Hupensignals die Luft. Hinter der Siegesallee tauchte
das bekannte hellbraune Automobil des
Kaisers mit der roten Standarte auf. Zehntausendfache
Hochs erschollen und das Trommelgewirbel
der Wache ertrank in dem Meere der
Jubelrufe. Der Kaiser, der die Uniform des Regiments
Garde du Corps mit dem Stahlhelm trug,
dankte unaufhörlich nach allen Seiten. Er wie die
Kaiserin waren ernsten Antlitzes. Als das Kaiserliche
Auto den Pariser Platz hinter sich gelassen
hatte und in die Linden einlenkte, durchbrachen die
Menschenmassen von beiden Seiten die dünnen
Schutzmannsketten, die schon seit der Mittagsstunde
aufgestellt waren. In tosender Begeisterung drängten
sich Tausende von Menschen um den Wagen und
jubelten dem Kaiserpaare zu. Nur langsam konnte
sich der Wagen unter unausgesetzten Hupensignalen
einen Weg durch die Menge bahnen. Dicht hinter
dem Kaiserlichen Auto fuhr der bekannte dunkle
Kraftwagen des Kronprinzen. Der Thronfolger,
der die Uniform seiner Danziger Leibhusaren
trug, wurde ebenso wie seine Gemahlin mit der
gleichen Begeisterung wie das Kaiserpaar begrüßt.
Zwischen beiden saß der älteste Sohn, Prinz Wilhelm.
Auch das Automobil des Prinzen mußte,
besonders zwischen der Wilhelmstraße und der
Friedrichstraße, mehrere Male im Schritt fahren,
um kein Unheil in der freudig erregten Menge
anzurichten. Im dritten Auto saß Prinz Adalbert
sowie das Prinzenpaar August Wilhelm.
Auf dem Schloßplatz wurden die Hofautomobile von
einer vieltausendköpfigen Menge empfangen, die in
brausende Hochrufe ausbrach, als der Wagen des
Kaisers auf der Schloßbrücke erschien und die
Purpurstandarte über dem alten Schlosse der
Hohenzollern emporstieg.
Vor dem Schloß.
Die Menschenmassen, die das Kaiserpaar Unter
den Linden begrüßt hatten, fluteten nun die Linden
herunter dem Schlosse zu. Bald standen auf
dem Platze zwischen Schlosse und dem Lustgarten
Menschenmengen, wie sie der Platz wohl selten
gesehen haben mag. Die allgemeine begeisterte
Erregung hatte jetzt ihren Höhepunkt erreicht. An
den Kandelabern in der Mitte des Platzes stiegen
Leute hinauf, die tausendstimmig erwiderte Hochs
auf den Kaiser ausbrachten. Immer wieder schollen
die von allen Seiten freudig aufgenommenen
Jubelrufe zu den Fenstern des Schlosses empor.
"Heil dir, im Siegerkranz," "Deutschland, Deutschland
über alles" und "Ich bin ein Preuße, kennt
3. Spalte
-
item 19
Eisenacher Zeitung
verbunden mit
Tageblatt und Anzeiger für den Eisenacher Kreis
Druck und Verlag :
Hofbuchdruckerei Eisenach, H. Kahle,
Inhaber:
Paul Kahle und Karl Kahle.
Die "Eisenacher Zeitung", verbunden mit "Tageblatt und Anzeiger für den Eisenacher
Kreis", erscheint mit Ausnahme der Feiertage wöchentlich sechsmal, mit "Illustriertem Unter-
haltungsblatt", Fahrplan und Kalender. Bezugspreis für Eisenach, einschließlich Bringerlohn ,
monatlich 70 Pf. in Vorauszahlung; durch die Post vierteljährlich 2,10 M. frei ins Haus, bei
Abholung am Postschalter 1,68 M. Alle Postanstalten sowie die Landbriefträger und unsere Ver-
treter nehmen Bestellungen entgegen. Einzelne Nummer 10 Pf.
Anzeigenpreis für Eisenach 10 Pf. für die einspaltige Petitzeile, für auswärts und im amt-
lichen Teil 15 Pf. Reklamen nach dem politischen Teil: Petitzeile 40 Pf. Nachweisgebühr aller
Art: 20 Pf. Annahme der Anzeigen bis vormittag 9 Uhr, größere > Tags zuvor < .
Annahme und Vermittlung von Anzeigen für alle Zeitungen der Welt. Beilagegebühr: für
die Gesamtauflage 50 Pf. bei vierseitigen, 30 Pf. bei zweiseitigen Beilagen, für die Stadtauflage
40 beziehungsweise 22 Pf.
_______________________________________________________________________________________________________________
Nr. 178 Geschäftsstelle: Sonnabend, den 1. August 1914. Geschäftszeit: 48. Jahrg.
Eisenach, Sophienstraße 55/57. Fernsprecher 47. 7 Uhr vormittags bis 6 Uhr nachmittags._______________________________________________________________________________________________________________
Vor der Entscheidung über den Weltkrieg.
1. Spalte
Ein fürchterliches, der Generation von heute bis-
her fremd gewesenes Wort! Man hat davon in
alten Geschichtsbüchern bisher gelesen; nur eine
Minderzahl von denen, die heute noch unter uns
weilen, haben solchen Kriegszustand in deutschen
Landen selbst erlebt. Kriegszustand ist noch nichtKrieg, hört man da und dort. Eine Tröstung, die
nur geringen Glauben finden mag. Wenn nicht in
Petersburg und in Paris die Erleuchtung wie ein
Wunder herniedersteigt, dann darf die Menschheit
alle Hoffnung schwinden lassen. Der Kaiser,unser Friedenskaiser , ist, wie eine offenbar
hochoffiziöse Kundgebung verlautbart, vom rus-
sichen Zaren schmählich betrogen
worden. Das Verhalten der russischen Krone
schlägt jeder Loyalität ins Gesicht! Nun soll
Rußland erfahren, heißt es in jener offi-ziösen Auslassung, daß dieser Abkomme Friedrichs
des Großen ein Kriegsfürst sein wird! Hört manschon den Anmarsch unserer Bataillone? Wir dür-
fen den kommenden Ereignissen ohne Bangen ent-
gegensehen . Nicht großsprecherisch und nicht über-
mütig wollen wir sein; aber wer vielleicht draußen
in der Welt glaubt, schreibt die "Nat. Ztg." daß
das deutsche Volk vom Schauder blasser Furcht ge-
schüttelt werde, wie es bei den Leuten jenseits der
Grenzen bereits der Fall ist, so gibt man sich einer
regen Täuschung hin. Das Volk steht auf,
der Sturm bricht los. Die Herren an der
Newa wollen eine blutige Tragödie inszenieren, ihre
Freunde an der Seine wollen oder können sie daran
nicht hindern: Wohlan! Das Spiel kann
beginnen!
Ultimatum an Rußland.
Der "Norddeutschen Allg. Ztg." zufolge ließ Kaiser
Wilhelm Rußland wissen, daß die deutsche
Mobilmachung in Aussicht steht, falls Rußland
nicht binnen 12 Stunden seine Kriegsvorbereitungen
einstellt. Gleichzeitig ist an Frankreich
die Anfrage über dessen Haltung im Falle
eines deutsch-russischen Krieges gerichtet worden.
Der Reichstag wird einberufen.
Berlin, 31. Juli. Wie offiziös gemeldet wird,
ist die Einberufung des Reichstages
auf Dienstag, den 4. August, in Aussicht genommen.
Die Eröffnung wird im Weißen Saale des Königlichen
Schlosses zu Berlin um 1 Uhr nachmittags
erfolgen. Die kaiserliche Verordnung wegen der
Berufung steht noch aus.
Der Reichstag wird einberufen.
Berlin, 31. Juli. Wie offiziös gemeldet wird,
ist die Einberufung des Reichstages
auf Dienstag, den 4. August, in Aussicht genommen.
die Eröffnung wird im Weißen Saale des Königlichen
Schlosses zu Berlin um 1 Uhr nachmittags
erfolgen. Die kaiserliche Verordnung wegen der
Berufung steht noch aus.
Kriegszustand.
Berlin, 31. Juli. Aus Petersburg ist die
Nachricht des deutschen Botschafters eingegangen,
daß die allgemeine Mobilmachung der russischen
Armee und Flotte befohlen worden ist. Darauf
hat Se. Majestät der Kaiser den Zustand der
drohenden Kriegsgefahr befohlen. Se. Majestät
wird heute nach Berlin übersiedeln.
Berlin, 31.Juli Nach Artikel 68 der Reichsverfassug
hat Se. Majestät der Kaiser das Reichsgebiet
ohne Bayern in den Kriegszustand erklärt.
Über Bayern ergeht die gleiche Anordnung.
Berlin, 31. Juli. Bei militärischen Maßnahmen
kommen bei drohender Kriegsgefahr hauptsächlich
in Betracht:
1. An der Grenze und zum Schutze der Eisenbahnen
erforderliche Maßnahmen.
2. Verkehrsbeschränkungen der Post, Telegraphen,
Eisenbahnen usw. zugunsten des militärischen
Bedarfs.
3. Erklärung des Kriegszustandes für das gesamte
Kriegsgebiet.
4. Verbot der Veröffentlichung über Truppenbewegungen
und Verteidigungsmittel. Der
Kriegszustand ist gleichbedeutend mit dem
Belagerungszustand in Preußen (Art. 68
der Reichsverordnung.)
2. Spalte
Die bayerische Verfügung.
München, 31. Juli. Nach einer königlichen
Verordnung vom 31. Juli 1914 wird über das gesamte
Gebiet des Königreichs der Kriegszustand
verhängt. Für die Pfalz wird das Standrecht
angeordnet.
Die Rückkehr des Kaisers von
Potsdam nach Berlin.
In Erwartung.
Infolge der Gerüchte, daß heute die Mobilisierung
der deutschen Armee erfolgen solle, hatten sich
schon am Mittag in den Hauptstraßen des Zentrums
größere Menschenmassen angesammelt, um die
neuesten Ereignisse möglichst schnell zu erfahren.
Gegen 2 Uhr kamen in Autos die ersten Extrablätter
auf die Straße, die den Boten von
Dutzenden von Händen entrissen wurden. In wenigen
Minuten waren Straßen und Plätze mit
Tausenden der flatternden Blätter bedeckt. Unter
den Linden, in der Leipziger Straße und am Potsdamer
Platz scharten sich sofort dichte Menschenmassen
zusammen, die in größter Erregung hin- und
herwogten, und gegen deren Strom die Schutzleute,
die den Verkehr zu regeln hatten, machtlos waren.
Da wurde die Nachricht bekannt, daß der Kaiser
die Absicht habe, im Laufe des Nachmittags seine
Residenz im Potsdamer Neuen Palais
Der Einzug des Kaisers.
Sofort strömten die Massen aus den Straßen in
der Nähe der Linden dem Brandenburger
Tore zu, wo sich bald Tausende und Abertausende
in dichten Menschenmauern aufstellten. Gegen 3/4 3
Uhr ertönten vom Tiergarten her brausende Hochrufe.
Die Wache am Brandenburger Tor trat unter
Gewehr. Die Trommel rasselte und gleich darauf
durchschnitt der scharfe Klang des Kaiserlichen
Hupensignals die Luft. Hinter der Siegesallee tauchte
das bekannte hellbraune Automobil des
Kaisers mit der roten Standarte auf. Zehntausendfache
Hochs erschollen und das Trommelgewirbel
der Wache ertrank in dem Meere der
Jubelrufe. Der Kaiser, der die Uniform des Regiments
Garde du Corps mit dem Stahlhelm trug,
dankte unaufhörlich nach allen Seiten. Er wie die
Kaiserin waren ernsten Antlitzes. Als das Kaiserliche
Auto den Pariser Platz hinter sich gelassen
hatte und in die Linden einlenkte, durchbrachen die
Menschenmassen von beiden Seiten die dünnen
Schutzmannsketten, die schon seit der Mittagsstunde
aufgestellt waren. In tosender Begeisterung drängten
sich Tausende von Menschen um den Wagen und
jubelten dem Kaiserpaare zu. Nur langsam konnte
sich der Wagen unter unausgesetzten Hupensignalen
einen Weg durch die Menge bahnen. Dicht hinter
dem Kaiserlichen Auto fuhr der bekannte dunkle
Kraftwagen des Kronprinzen. Der Thronfolger,
der die Uniform seiner Danziger Leibhusaren
trug, wurde ebenso wie seine Gemahlin mit der
gleichen Begeisterung wie das Kaiserpaar begrüßt.
Zwischen beiden saß der älteste Sohn, Prinz Wilhelm.
Auch das Automobil des Prinzen mußte,
besonders zwischen der Wilhelmstraße und der
Friedrichstraße, mehrere Male im Schritt fahren,
um kein Unheil in der freudig erregten Menge
anzurichten. Im dritten Auto saß Prinz Adalbert
sowie das Prinzenpaar August Wilhelm.
Auf dem Schloßplatz wurden die Hofautomobile von
einer vieltausendköpfigen Menge empfangen, die in
brausende Hochrufe ausbrach, als der Wagen des
Kaisers auf der Schloßbrücke erschien und die
Purpurstandarte über dem alten Schlosse der
Hohenzollern emporstieg.
Vor dem Schloß.
Die Menschenmassen, die das Kaiserpaar Unter
den Linden begrüßt hatten, fluteten nun die Linden
herunter dem Schlosse zu. Bald standen auf
dem Platze zwischen Schlosse und dem Lustgarten
Menschenmengen, wie sie der Platz wohl selten
gesehen haben mag. Die allgemeine begeisterte
Erregung hatte jetzt ihren Höhepunkt erreicht. An
den Kandelabern in der Mitte des Platzes stiegen
Leute hinauf, die tausendstimmig erwiderte Hochs
auf den Kaiser ausbrachten. Immer wieder schollen
die von allen Seiten freudig aufgenommenen
Jubelrufe zu den Fenstern des Schlosses empor.
"Heil dir, im Siegerkranz," "Deutschland, Deutschland
über alles" und "Ich bin ein Preuße, kennt
-
item 19
Eisenacher Zeitung
verbunden mit
Tageblatt und Anzeiger für den Eisenacher Kreis
Druck und Verlag :
Hofbuchdruckerei Eisenach, H. Kahle,
Inhaber:
Paul Kahle und Karl Kahle.
Die "Eisenacher Zeitung", verbunden mit "Tageblatt und Anzeiger für den Eisenacher
Kreis", erscheint mit Ausnahme der Feiertage wöchentlich sechsmal, mit "Illustriertem Unter-
haltungsblatt", Fahrplan und Kalender. Bezugspreis für Eisenach, einschließlich Bringerlohn ,
monatlich 70 Pf. in Vorauszahlung; durch die Post vierteljährlich 2,10 M. frei ins Haus, bei
Abholung am Postschalter 1,68 M. Alle Postanstalten sowie die Landbriefträger und unsere Ver-
treter nehmen Bestellungen entgegen. Einzelne Nummer 10 Pf.
Anzeigenpreis für Eisenach 10 Pf. für die einspaltige Petitzeile, für auswärts und im amt-
lichen Teil 15 Pf. Reklamen nach dem politischen Teil: Petitzeile 40 Pf. Nachweisgebühr aller
Art: 20 Pf. Annahme der Anzeigen bis vormittag 9 Uhr, größere > Tags zuvor < .
Annahme und Vermittlung von Anzeigen für alle Zeitungen der Welt. Beilagegebühr: für
die Gesamtauflage 50 Pf. bei vierseitigen, 30 Pf. bei zweiseitigen Beilagen, für die Stadtauflage
40 beziehungsweise 22 Pf.
_______________________________________________________________________________________________________________
Nr. 178 Geschäftsstelle: Sonnabend, den 1. August 1914. Geschäftszeit: 48. Jahrg.
Eisenach, Sophienstraße 55/57. Fernsprecher 47. 7 Uhr vormittags bis 6 Uhr nachmittags._______________________________________________________________________________________________________________
Vor der Entscheidung über den Weltkrieg.
1. Spalte
Ein fürchterliches, der Generation von heute bis-
her fremd gewesenes Wort! Man hat davon in
alten Geschichtsbüchern bisher gelesen; nur eine
Minderzahl von denen, die heute noch unter uns
weilen, haben solchen Kriegszustand in deutschen
Landen selbst erlebt. Kriegszustand ist noch nichtKrieg, hört man da und dort. Eine Tröstung, die
nur geringen Glauben finden mag. Wenn nicht in
Petersburg und in Paris die Erleuchtung wie ein
Wunder herniedersteigt, dann darf die Menschheit
alle Hoffnung schwinden lassen. Der Kaiser,unser Friedenskaiser , ist, wie eine offenbar
hochoffiziöse Kundgebung verlautbart, vom rus-
sichen Zaren schmählich betrogen
worden. Das Verhalten der russischen Krone
schlägt jeder Loyalität ins Gesicht! Nun soll
Rußland erfahren, heißt es in jener offi-ziösen Auslassung, daß dieser Abkomme Friedrichs
des Großen ein Kriegsfürst sein wird! Hört manschon den Anmarsch unserer Bataillone? Wir dür-
fen den kommenden Ereignissen ohne Bangen ent-
gegensehen . Nicht großsprecherisch und nicht über-
mütig wollen wir sein; aber wer vielleicht draußen
in der Welt glaubt, schreibt die "Nat. Ztg." daß
das deutsche Volk vom Schauder blasser Furcht ge-
schüttelt werde, wie es bei den Leuten jenseits der
Grenzen bereits der Fall ist, so gibt man sich einer
regen Täuschung hin. Das Volk steht auf,
der Sturm bricht los. Die Herren an der
Newa wollen eine blutige Tragödie inszenieren, ihre
Freunde an der Seine wollen oder können sie daran
nicht hindern: Wohlan! Das Spiel kann
beginnen!
Ultimatum an Rußland.
Der "Norddeutschen Allg. Ztg." zufolge ließ Kaiser
Wilhelm Rußland wissen, daß die deutsche
Mobilmachung in Aussicht steht, falls Rußland
nicht binnen 12 Stunden seine Kriegsvorbereitungen
einstellt. Gleichzeitig ist an Frankreich
die Anfrage über dessen Haltung im Falle
eines deutsch-russischen Krieges gerichtet worden.
Der Reichstag wird einberufen.
Berlin, 31. Juli. Wie offiziös gemeldet wird,
ist die Einberufung des Reichstages
auf Dienstag, den 4. August, in Aussicht genommen.
Die Eröffnung wird im Weißen Saale des Königlichen
Schlosses zu Berlin um 1 Uhr nachmittags
erfolgen. Die kaiserliche Verordnung wegen der
Berufung steht noch aus.
Der Reichstag wird einberufen.
Berlin, 31. Juli. Wie offiziös gemeldet wird,
ist die Einberufung des Reichstages
auf Dienstag, den 4. August, in Aussicht genommen.
die Eröffnung wird im Weißen Saale des Königlichen
Schlosses zu Berlin um 1 Uhr nachmittags
erfolgen. Die kaiserliche Verordnung wegen der
Berufung steht noch aus.
Kriegszustand.
Berlin, 31. Juli. Aus Petersburg ist die
Nachricht des deutschen Botschafters eingegangen,
daß die allgemeine Mobilmachung der russischen
Armee und Flotte befohlen worden ist. Darauf
hat Se. Majestät der Kaiser den Zustand der
drohenden Kriegsgefahr befohlen. Se. Majestät
wird heute nach Berlin übersiedeln.
Berlin, 31.Juli Nach Artikel 68 der Reichsverfassug
hat Se. Majestät der Kaiser das Reichsgebiet
ohne Bayern in den Kriegszustand erklärt.
Über Bayern ergeht die gleiche Anordnung.
Berlin, 31. Juli. Bei militärischen Maßnahmen
kommen bei drohender Kriegsgefahr hauptsächlich
in Betracht:
1. An der Grenze und zum Schutze der Eisenbahnen
erforderliche Maßnahmen.
2. Verkehrsbeschränkungen der Post, Telegraphen,
Eisenbahnen usw. zugunsten des militärischen
Bedarfs.
3. Erklärung des Kriegszustandes für das gesamte
Kriegsgebiet.
4. Verbot der Veröffentlichung über Truppenbewegungen
und Verteidigungsmittel. Der
Kriegszustand ist gleichbedeutend mit dem
Belagerungszustand in Preußen (Art. 68
der Reichsverordnung.)
2. Spalte
Die bayerische Verfügung.
München, 31. Juli. Nach einer königlichen
Verordnung vom 31. Juli 1914 wird über das gesamte
Gebiet des Königreichs der Kriegszustand
verhängt. Für die Pfalz wird das Standrecht
angeordnet.
Die Rückkehr des Kaisers von
Potsdam nach Berlin.
In Erwartung.
Infolge der Gerüchte, daß heute die Mobilisierung
der deutschen Armee erfolgen solle, hatten sich
schon am Mittag in den Hauptstraßen des Zentrums
größere Menschenmassen angesammelt, um die
neuesten Ereignisse möglichst schnell zu erfahren.
Gegen 2 Uhr kamen in Autos die ersten Extrablätter
auf die Straße, die den Boten von
Dutzenden von Händen entrissen wurden. In wenigen
Minuten waren Straßen und Plätze mit
Tausenden der flatternden Blätter bedeckt. Unter
den Linden, in der Leipziger Straße und am Potsdamer
Platz scharten sich sofort dichte Menschenmassen
zusammen, die in größter Erregung hin- und
herwogten, und gegen deren Strom die Schutzleute,
die den Verkehr zu regeln hatten, machtlos waren.
Da wurde die Nachricht bekannt, daß der Kaiser
die Absicht habe, im Laufe des Nachmittags seine
Residenz im Potsdamer Neuen Palais
Der Einzug des Kaisers.
Sofort strömten die Massen aus den Straßen in
der Nähe der Linden dem Brandenburger
Tore zu, wo sich bald Tausende und Abertausende
in dichten Menschenmauern aufstellten. Gegen 3/4 3
Uhr ertönten vom Tiergarten her brausende Hochrufe.
Die Wache am Brandenburger Tor trat unter
Gewehr. Die Trommel rasselte und gleich darauf
durchschnitt der scharfe Klang des Kaiserlichen
Hupensignals die Luft. Hinter der Siegesallee tauchte
das bekannte hellbraune Automobil des
Kaisers mit der roten Standarte auf. Zehntausendfache
Hochs erschollen und das Trommelgewirbel
der Wache ertrank in dem Meere der
Jubelrufe. Der Kaiser, der die Uniform des Regiments
Garde du Corps mit dem Stahlhelm trug,
dankte unaufhörlich nach allen Seiten. Er wie die
Kaiserin waren ernsten Antlitzes. Als das Kaiserliche
Auto den Pariser Platz hinter sich gelassen
hatte und in die Linden einlenkte, durchbrachen die
Menschenmassen von beiden Seiten die dünnen
Schutzmannsketten, die schon seit der Mittagsstunde
aufgestellt waren. In tosender Begeisterung drängten
sich Tausende von Menschen um den Wagen und
jubelten dem Kaiserpaare zu. Nur langsam konnte
sich der Wagen unter unausgesetzten Hupensignalen
einen Weg durch die Menge bahnen. Dicht hinter
dem Kaiserlichen Auto fuhr der bekannte dunkle
Kraftwagen des Kronprinzen. Der Thronfolger,
der die Uniform seiner Danziger Leibhusaren
trug, wurde ebenso wie seine Gemahlin mit der
gleichen Begeisterung wie das Kaiserpaar begrüßt.
Zwischen beiden saß der älteste Sohn, Prinz Wilhelm.
Auch das Automobil des Prinzen mußte,
besonders zwischen der Wilhelmstraße und der
Friedrichstraße, mehrere Male im Schritt fahren,
um kein Unheil in der freudig erregten Menge
anzurichten. Im dritten Auto saß Prinz Adalbert
sowie das Prinzenpaar August Wilhelm.
Auf dem Schloßplatz wurden die Hofautomobile von
einer vieltausendköpfigen Menge empfangen, die in
brausende Hochrufe ausbrach, als der Wagen des
Kaisers auf der Schloßbrücke erschien und die
Purpurstandarte über dem alten Schlosse der
Hohenzollern emporstieg.
Vor dem Schloß.
Die Menschenmassen, die das Kaiserpaar Unter
den Linden begrüßt hatten, fluteten nun die Linden
herunter dem Schlosse zu. Bald standen auf
dem Platze zwischen Schlosse und dem Lustgarten
Menschenmengen, wie sie der Platz wohl selten
gesehen haben mag. die allgemeine begeisterte
Erregung hatte jetzt ihren Höhepunkt erreicht. An
den Kandelabern in der Mitte des Platzes stiegen
Leute hinauf, die tausendstimmig erwiderte Hochs
auf den Kaiser ausbrachten. Immer wieder schollen
die von allen Seiten freudig aufgenommenen
Jubelrufe zu den Fenstern des Schlosses empor.
"Heil dir, im Siegerkranz," "Deutschland, Deutschland
über alles" und "Ich bin ein Preuße, kennt
-
item 19
Eisenacher Zeitung
verbunden mit
Tageblatt und Anzeiger für den Eisenacher Kreis
Druck und Verlag :
Hofbuchdruckerei Eisenach, H. Kahle,
Inhaber:
Paul Kahle und Karl Kahle.
Die "Eisenacher Zeitung", verbunden mit "Tageblatt und Anzeiger für den Eisenacher
Kreis", erscheint mit Ausnahme der Feiertage wöchentlich sechsmal, mit "Illustriertem Unter-
haltungsblatt", Fahrplan und Kalender. Bezugspreis für Eisenach, einschließlich Bringerlohn ,
monatlich 70 Pf. in Vorauszahlung; durch die Post vierteljährlich 2,10 M. frei ins Haus, bei
Abholung am Postschalter 1,68 M. Alle Postanstalten sowie die Landbriefträger und unsere Ver-
treter nehmen Bestellungen entgegen. Einzelne Nummer 10 Pf.
Anzeigenpreis für Eisenach 10 Pf. für die einspaltige Petitzeile, für auswärts und im amt-
lichen Teil 15 Pf. Reklamen nach dem politischen Teil: Petitzeile 40 Pf. Nachweisgebühr aller
Art: 20 Pf. Annahme der Anzeigen bis vormittag 9 Uhr, größere > Tags zuvor < .
Annahme und Vermittlung von Anzeigen für alle Zeitungen der Welt. Beilagegebühr: für
die Gesamtauflage 50 Pf. bei vierseitigen, 30 Pf. bei zweiseitigen Beilagen, für die Stadtauflage
40 beziehungsweise 22 Pf.
_______________________________________________________________________________________________________________
Nr. 178 Geschäftsstelle: Sonnabend, den 1. August 1914. Geschäftszeit: 48. Jahrg.
Eisenach, Sophienstraße 55/57. Fernsprecher 47. 7 Uhr vormittags bis 6 Uhr nachmittags._______________________________________________________________________________________________________________
Vor der Entscheidung über den Weltkrieg.
1. Spalte
Ein fürchterliches, der Generation von heute bis-
her fremd gewesenes Wort! Man hat davon in
alten Geschichtsbüchern bisher gelesen; nur eine
Minderzahl von denen, die heute noch unter uns
weilen, haben solchen Kriegszustand in deutschen
Landen selbst erlebt. Kriegszustand ist noch nichtKrieg, hört man da und dort. Eine Tröstung, die
nur geringen Glauben finden mag. Wenn nicht in
Petersburg und in Paris die Erleuchtung wie ein
Wunder herniedersteigt, dann darf die Menschheit
alle Hoffnung schwinden lassen. Der Kaiser,unser Friedenskaiser , ist, wie eine offenbar
hochoffiziöse Kundgebung verlautbart, vom rus-
sichen Zaren schmählich betrogen
worden. Das Verhalten der russischen Krone
schlägt jeder Loyalität ins Gesicht! Nun soll
Rußland erfahren, heißt es in jener offi-ziösen Auslassung, daß dieser Abkomme Friedrichs
des Großen ein Kriegsfürst sein wird! Hört manschon den Anmarsch unserer Bataillone? Wir dür-
fen den kommenden Ereignissen ohne Bangen ent-
gegensehen . Nicht großsprecherisch und nicht über-
mütig wollen wir sein; aber wer vielleicht draußen
in der Welt glaubt, schreibt die "Nat. Ztg." daß
das deutsche Volk vom Schauder blasser Furcht ge-
schüttelt werde, wie es bei den Leuten jenseits der
Grenzen bereits der Fall ist, so gibt man sich einer
regen Täuschung hin. Das Volk steht auf,
der Sturm bricht los. Die Herren an der
Newa wollen eine blutige Tragödie inszenieren, ihre
Freunde an der Seine wollen oder können sie daran
nicht hindern: Wohlan! Das Spiel kann
beginnen!
Ultimatum an Rußland.
Der "Norddeutschen Allg. Ztg." zufolge ließ Kaiser
Wilhelm Rußland wissen, daß die deutsche
Mobilmachung in Aussicht steht, falls Rußland
nicht binnen 12 Stunden seine Kriegsvorbereitungen
einstellt. Gleichzeitig ist an Frankreich
die Anfrage über dessen Haltung im Falle
eines deutsch-russischen Krieges gerichtet worden.
Der Reichstag wird einberufen.
Berlin, 31. Juli. Wie offiziös gemeldet wird,
ist die Einberufung des Reichstages
auf Dienstag, den 4. August, in Aussicht genommen.
Die Eröffnung wird im Weißen Saale des Königlichen
Schlosses zu Berlin um 1 Uhr nachmittags
erfolgen. Die kaiserliche Verordnung wegen der
Berufung steht noch aus.
Der Reichstag wird einberufen.
Berlin, 31. Juli. Wie offiziös gemeldet wird,
ist die Einberufung des Reichstages
auf Dienstag, den 4. August, in Aussicht genommen.
die Eröffnung wird im Weißen Saale des Königlichen
Schlosses zu Berlin um 1 Uhr nachmittags
erfolgen. Die kaiserliche Verordnung wegen der
Berufung steht noch aus.
Kriegszustand.
Berlin, 31. Juli. Aus Petersburg ist die
Nachricht des deutschen Botschafters eingegangen,
daß die allgemeine Mobilmachung der russischen
Armee und Flotte befohlen worden ist. Darauf
hat Se. Majestät der Kaiser den Zustand der
drohenden Kriegsgefahr befohlen. Se. Majestät
wird heute nach Berlin übersiedeln.
Berlin, 31.Juli Nach Artikel 68 der Reichsverfassug
hat Se. Majestät der Kaiser das Reichsgebiet
ohne Bayern in den Kriegszustand erklärt.
Über Bayern ergeht die gleiche Anordnung.
Berlin, 31. Juli. Bei militärischen Maßnahmen
kommen bei drohender Kriegsgefahr hauptsächlich
in Betracht:
1. An der Grenze und zum Schutze der Eisenbahnen
erforderliche Maßnahmen.
2. Verkehrsbeschränkungen der Post, Telegraphen,
Eisenbahnen usw. zugunsten des militärischen
Bedarfs.
3. Erklärung des Kriegszustandes für das gesamte
Kriegsgebiet.
4. Verbot der Veröffentlichung über Truppenbewegungen
und Verteidigungsmittel. Der
Kriegszustand ist gleichbedeutend mit dem
Belagerungszustand in Preußen (Art. 68
der Reichsverordnung.)
2. Spalte
Die bayerische Verfügung.
München, 31. Juli. Nach einer königlichen
Verordnung vom 31. Juli 1914 wird über das gesamte
Gebiet des Königreichs der Kriegszustand
verhängt. Für die Pfalz wird das Standrecht
angeordnet.
Die Rückkehr des Kaisers von
Potsdam nach Berlin.
In Erwartung.
Infolge der Gerüchte, daß heute die Mobilisierung
der deutschen Armee erfolgen solle, hatten sich
schon am Mittag in den Hauptstraßen des Zentrums
größere Menschenmassen angesammelt, um die
neuesten Ereignisse möglichst schnell zu erfahren.
Gegen 2 Uhr kamen in Autos die ersten Extrablätter
auf die Straße, die den Boten von
Dutzenden von Händen entrissen wurden. In wenigen
Minuten waren Straßen und Plätze mit
Tausenden der flatternden Blätter bedeckt. Unter
den Linden, in der Leipziger Straße und am Potsdamer
Platz scharten sich sofort dichte Menschenmassen
zusammen, die in größter Erregung hin- und
herwogten, und gegen deren Strom die Schutzleute,
die den Verkehr zu regeln hatten, machtlos waren.
Da wurde die Nachricht bekannt, daß der Kaiser
die Absicht habe, im Laufe des Nachmittags seine
Residenz im Potsdamer Neuen Palais
Der Einzug des Kaisers.
Sofort strömten die Massen aus den Straßen in
der Nähe der Linden dem Brandenburger
Tore zu, wo sich bald Tausende und Abertausende
in dichten Menschenmauern aufstellten. Gegen 3/4 3
Uhr ertönten vom Tiergarten her brausende Hochrufe.
Die Wache am Brandenburger Tor trat unter
Gewehr. Die Trommel rasselte und gleich darauf
durchschnitt der scharfe Klang des Kaiserlichen
Hupensignals die Luft. Hinter der Siegesallee tauchte
das bekannte hellbraune Automobil des
Kaisers mit der roten Standarte auf. Zehntausendfache
Hochs erschollen und das Trommelgewirbel
der Wache ertrank in dem Meere der
Jubelrufe. Der Kaiser, der die Uniform des Regiments
Garde du Corps mit dem Stahlhelm trug,
dankte unaufhörlich nach allen Seiten. Er wie die
Kaiserin waren ernsten Antlitzes. Als das Kaiserliche
Auto den Pariser Platz hinter sich gelassen
hatte und in die Linden einlenkte, durchbrachen die
Menschenmassen von beiden Seiten die dünnen
Schutzmannsketten, die schon seit der Mittagsstunde
aufgestellt waren. In tosender Begeisterung drängten
sich Tausende von Menschen um den Wagen und
jubelten dem Kaiserpaare zu. Nur langsam konnte
sich der Wagen unter unausgesetzten Hupensignalen
einen Weg durch die Menge bahnen. Dicht hinter
dem Kaiserlichen Auto fuhr der bekannte dunkle
Kraftwagen des Kronprinzen. Der Thronfolger,
der die Uniform seiner Danziger Leibhusaren
trug, wurde ebenso wie seine Gemahlin mit der
gleichen Begeisterung wie das Kaiserpaar begrüßt.
Zwischen beiden saß der älteste Sohn, Prinz Wilhelm.
Auch das Automobil des Prinzen mußte,
besonders zwischen der Wilhelmstraße und der
Friedrichstraße, mehrere Male im Schritt fahren,
um kein Unheil in der freudig erregten Menge
anzurichten. Im dritten Auto saß Prinz Adalbert
sowie das Prinzenpaar August Wilhelm.
Auf dem Schloßplatz wurden die Hofautomobile von
einer vieltausendköpfigen Menge empfangen, die in
brausende Hochrufe ausbrach, als der Wagen des
Kaisers auf der Schloßbrücke erschien und die
Purpurstandarte über dem alten Schlosse der
Hohenzollern emporstieg.
-
item 19
Eisenacher Zeitung
verbunden mit
Tageblatt und Anzeiger für den Eisenacher Kreis
Druck und Verlag :
Hofbuchdruckerei Eisenach, H. Kahle,
Inhaber:
Paul Kahle und Karl Kahle.
Die "Eisenacher Zeitung", verbunden mit "Tageblatt und Anzeiger für den Eisenacher
Kreis", erscheint mit Ausnahme der Feiertage wöchentlich sechsmal, mit "Illustriertem Unter-
haltungsblatt", Fahrplan und Kalender. Bezugspreis für Eisenach, einschließlich Bringerlohn ,
monatlich 70 Pf. in Vorauszahlung; durch die Post vierteljährlich 2,10 M. frei ins Haus, bei
Abholung am Postschalter 1,68 M. Alle Postanstalten sowie die Landbriefträger und unsere Ver-
treter nehmen Bestellungen entgegen. Einzelne Nummer 10 Pf.
Anzeigenpreis für Eisenach 10 Pf. für die einspaltige Petitzeile, für auswärts und im amt-
lichen Teil 15 Pf. Reklamen nach dem politischen Teil: Petitzeile 40 Pf. Nachweisgebühr aller
Art: 20 Pf. Annahme der Anzeigen bis vormittag 9 Uhr, größere > Tags zuvor < .
Annahme und Vermittlung von Anzeigen für alle Zeitungen der Welt. Beilagegebühr: für
die Gesamtauflage 50 Pf. bei vierseitigen, 30 Pf. bei zweiseitigen Beilagen, für die Stadtauflage
40 beziehungsweise 22 Pf.
_______________________________________________________________________________________________________________
Nr. 178 Geschäftsstelle: Sonnabend, den 1. August 1914. Geschäftszeit: 48. Jahrg.
Eisenach, Sophienstraße 55/57. Fernsprecher 47. 7 Uhr vormittags bis 6 Uhr nachmittags._______________________________________________________________________________________________________________
Vor der Entscheidung über den Weltkrieg.
1. Spalte
Ein fürchterliches, der Generation von heute bis-
her fremd gewesenes Wort! Man hat davon in
alten Geschichtsbüchern bisher gelesen; nur eine
Minderzahl von denen, die heute noch unter uns
weilen, haben solchen Kriegszustand in deutschen
Landen selbst erlebt. Kriegszustand ist noch nichtKrieg, hört man da und dort. Eine Tröstung, die
nur geringen Glauben finden mag. Wenn nicht in
Petersburg und in Paris die Erleuchtung wie ein
Wunder herniedersteigt, dann darf die Menschheit
alle Hoffnung schwinden lassen. Der Kaiser,unser Friedenskaiser , ist, wie eine offenbar
hochoffiziöse Kundgebung verlautbart, vom rus-
sichen Zaren schmählich betrogen
worden. Das Verhalten der russischen Krone
schlägt jeder Loyalität ins Gesicht! Nun soll
Rußland erfahren, heißt es in jener offi-ziösen Auslassung, daß dieser Abkomme Friedrichs
des Großen ein Kriegsfürst sein wird! Hört manschon den Anmarsch unserer Bataillone? Wir dür-
fen den kommenden Ereignissen ohne Bangen ent-
gegensehen . Nicht großsprecherisch und nicht über-
mütig wollen wir sein; aber wer vielleicht draußen
in der Welt glaubt, schreibt die "Nat. Ztg." daß
das deutsche Volk vom Schauder blasser Furcht ge-
schüttelt werde, wie es bei den Leuten jenseits der
Grenzen bereits der Fall ist, so gibt man sich einer
regen Täuschung hin. Das Volk steht auf,
der Sturm bricht los. Die Herren an der
Newa wollen eine blutige Tragödie inszenieren, ihre
Freunde an der Seine wollen oder können sie daran
nicht hindern: Wohlan! Das Spiel kann
beginnen!
Ultimatum an Rußland.
Der "Norddeutschen Allg. Ztg." zufolge ließ Kaiser
Wilhelm Rußland wissen, daß die deutsche
Mobilmachung in Aussicht steht, falls Rußland
nicht binnen 12 Stunden seine Kriegsvorbereitungen
einstellt. Gleichzeitig ist an Frankreich
die Anfrage über dessen Haltung im Falle
eines deutsch-russischen Krieges gerichtet worden.
Der Reichstag wird einberufen.
Berlin, 31. Juli. Wie offiziös gemeldet wird,
ist die Einberufung des Reichstages
auf Dienstag, den 4. August, in Aussicht genommen.
Die Eröffnung wird im Weißen Saale des Königlichen
Schlosses zu Berlin um 1 Uhr nachmittags
erfolgen. Die kaiserliche Verordnung wegen der
Berufung steht noch aus.
Der Reichstag wird einberufen.
Berlin, 31. Juli. Wie offiziös gemeldet wird,
ist die Einberufung des Reichstages
auf Dienstag, den 4. August, in Aussicht genommen.
die Eröffnung wird im Weißen Saale des Königlichen
Schlosses zu Berlin um 1 Uhr nachmittags
erfolgen. Die kaiserliche Verordnung wegen der
Berufung steht noch aus.
Kriegszustand.
Berlin, 31. Juli. Aus Petersburg ist die
Nachricht des deutschen Botschafters eingegangen,
daß die allgemeine Mobilmachung der russischen
Armee und Flotte befohlen worden ist. Darauf
hat Se. Majestät der Kaiser den Zustand der
drohenden Kriegsgefahr befohlen. Se. Majestät
wird heute nach Berlin übersiedeln.
Berlin, 31.Juli Nach Artikel 68 der Reichsverfassug
hat Se. Majestät der Kaiser das Reichsgebiet
ohne Bayern in den Kriegszustand erklärt.
Über Bayern ergeht die gleiche Anordnung.
Berlin, 31. Juli. Bei militärischen Maßnahmen
kommen bei drohender Kriegsgefahr hauptsächlich
in Betracht:
1. An der Grenze und zum Schutze der Eisenbahnen
erforderliche Maßnahmen.
2. Verkehrsbeschränkungen der Post, Telegraphen,
Eisenbahnen usw. zugunsten des militärischen
Bedarfs.
3. Erklärung des Kriegszustandes für das gesamte
Kriegsgebiet.
4. Verbot der Veröffentlichung über Truppenbewegungen
und Verteidigungsmittel. Der
Kriegszustand ist gleichbedeutend mit dem
Belagerungszustand in Preußen (Art. 68
der Reichsverordnung.)
2. Spalte
Die bayerische Verfügung.
München, 31. Juli. Nach einer königlichen
Verordnung vom 31. Juli 1914 wird über das gesamte
Gebiet des Königreichs der Kriegszustand
verhängt. Für die Pfalz wird das Standrecht
angeordnet.
Die Rückkehr des Kaisers von
Potsdam nach Berlin.
In Erwartung.
Infolge der Gerüchte, daß heute die Mobilisierung
der deutschen Armee erfolgen solle, hatten sich
schon am Mittag in den Hauptstraßen des Zentrums
größere Menschenmassen angesammelt, um die
neuesten Ereignisse möglichst schnell zu erfahren.
Gegen 2 Uhr kamen in Autos die ersten Extrablätter
auf die Straße, die den Boten von
Dutzenden von Händen entrissen wurden. In wenigen
Minuten waren Straßen und Plätze mit
Tausenden der flatternden Blätter bedeckt. Unter
den Linden, in der Leipziger Straße und am Potsdamer
Platz scharten sich sofort dichte Menschenmassen
zusammen, die in größter Erregung hin- und
herwogten, und gegen deren Strom die Schutzleute,
die den Verkehr zu regeln hatten, machtlos waren.
Da wurde die Nachricht bekannt, daß der Kaiser
die Absicht habe, im Laufe des Nachmittags seine
Residenz im Potsdamer Neuen Palais
-
item 19
Eisenacher Zeitung
verbunden mit
Tageblatt und Anzeiger für den Eisenacher Kreis
Druck und Verlag :
Hofbuchdruckerei Eisenach, H. Kahle,
Inhaber:
Paul Kahle und Karl Kahle.
Die "Eisenacher Zeitung", verbunden mit "Tageblatt und Anzeiger für den Eisenacher
Kreis", erscheint mit Ausnahme der Feiertage wöchentlich sechsmal, mit "Illustriertem Unter-
haltungsblatt", Fahrplan und Kalender. Bezugspreis für Eisenach, einschließlich Bringerlohn ,
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treter nehmen Bestellungen entgegen. Einzelne Nummer 10 Pf.
Anzeigenpreis für Eisenach 10 Pf. für die einspaltige Petitzeile, für auswärts und im amt-
lichen Teil 15 Pf. Reklamen nach dem politischen Teil: Petitzeile 40 Pf. Nachweisgebühr aller
Art: 20 Pf. Annahme der Anzeigen bis vormittag 9 Uhr, größere > Tags zuvor < .
Annahme und Vermittlung von Anzeigen für alle Zeitungen der Welt. Beilagegebühr: für
die Gesamtauflage 50 Pf. bei vierseitigen, 30 Pf. bei zweiseitigen Beilagen, für die Stadtauflage
40 beziehungsweise 22 Pf.
_______________________________________________________________________________________________________________
Nr. 178 Geschäftsstelle: Sonnabend, den 1. August 1914. Geschäftszeit: 48. Jahrg.
Eisenach, Sophienstraße 55/57. Fernsprecher 47. 7 Uhr vormittags bis 6 Uhr nachmittags._______________________________________________________________________________________________________________
Vor der Entscheidung über den Weltkrieg.
1. Spalte
Ein fürchterliches, der Generation von heute bis-
her fremd gewesenes Wort! Man hat davon in
alten Geschichtsbüchern bisher gelesen; nur eine
Minderzahl von denen, die heute noch unter uns
weilen, haben solchen Kriegszustand in deutschen
Landen selbst erlebt. Kriegszustand ist noch nichtKrieg, hört man da und dort. Eine Tröstung, die
nur geringen Glauben finden mag. Wenn nicht in
Petersburg und in Paris die Erleuchtung wie ein
Wunder herniedersteigt, dann darf die Menschheit
alle Hoffnung schwinden lassen. Der Kaiser,unser Friedenskaiser , ist, wie eine offenbar
hochoffiziöse Kundgebung verlautbart, vom rus-
sichen Zaren schmählich betrogen
worden. Das Verhalten der russischen Krone
schlägt jeder Loyalität ins Gesicht! Nun soll
Rußland erfahren, heißt es in jener offi-ziösen Auslassung, daß dieser Abkomme Friedrichs
des Großen ein Kriegsfürst sein wird! Hört manschon den Anmarsch unserer Bataillone? Wir dür-
fen den kommenden Ereignissen ohne Bangen ent-
gegensehen . Nicht großsprecherisch und nicht über-
mütig wollen wir sein; aber wer vielleicht draußen
in der Welt glaubt, schreibt die "Nat. Ztg." daß
das deutsche Volk vom Schauder blasser Furcht ge-
schüttelt werde, wie es bei den Leuten jenseits der
Grenzen bereits der Fall ist, so gibt man sich einer
regen Täuschung hin. Das Volk steht auf,
der Sturm bricht los. Die Herren an der
Newa wollen eine blutige Tragödie inszenieren, ihre
Freunde an der Seine wollen oder können sie daran
nicht hindern: Wohlan! Das Spiel kann
beginnen!
Ultimatum an Rußland.
Der "Norddeutschen Allg. Ztg." zufolge ließ Kaiser
Wilhelm Rußland wissen, daß die deutsche
Mobilmachung in Aussicht steht, falls Rußland
nicht binnen 12 Stunden seine Kriegsvorbereitungen
einstellt. Gleichzeitig ist an Frankreich
die Anfrage über dessen Haltung im Falle
eines deutsch-russischen Krieges gerichtet worden.
Der Reichstag wird einberufen.
Berlin, 31. Juli. Wie offiziös gemeldet wird,
ist die Einberufung des Reichstages
auf Dienstag, den 4. August, in Aussicht genommen.
Die Eröffnung wird im Weißen Saale des Königlichen
Schlosses zu Berlin um 1 Uhr nachmittags
erfolgen. Die kaiserliche Verordnung wegen der
Berufung steht noch aus.
Der Reichstag wird einberufen.
Berlin, 31. Juli. Wie offiziös gemeldet wird,
ist die Einberufung des Reichstages
auf Dienstag, den 4. August, in Aussicht genommen.
die Eröffnung wird im Weißen Saale des Königlichen
Schlosses zu Berlin um 1 Uhr nachmittags
erfolgen. Die kaiserliche Verordnung wegen der
Berufung steht noch aus.
Kriegszustand.
Berlin, 31. Juli. Aus Petersburg ist die
Nachricht des deutschen Botschafters eingegangen,
daß die allgemeine Mobilmachung der russischen
Armee und Flotte befohlen worden ist. Darauf
hat Se. Majestät der Kaiser den Zustand der
drohenden Kriegsgefahr befohlen. Se. Majestät
wird heute nach Berlin übersiedeln.
Berlin, 31.Juli Nach Artikel 68 der Reichsverfassug
hat Se. Majestät der Kaiser das Reichsgebiet
ohne Bayern in den Kriegszustand erklärt.
Über Bayern ergeht die gleiche Anordnung.
Berlin, 31. Juli. Bei militärischen Maßnahmen
kommen bei drohender Kriegsgefahr hauptsächlich
in Betracht:
1. An der Grenze und zum Schutze der Eisenbahnen
erforderliche Maßnahmen.
2. Verkehrsbeschränkungen der Post, Telegraphen,
Eisenbahnen usw. zugunsten des militärischen
Bedarfs.
3. Erklärung des Kriegszustandes für das gesamte
Kriegsgebiet.
4. Verbot der Veröffentlichung über Truppenbewegungen
und Verteidigungsmittel. Der
Kriegszustand ist gleichbedeutend mit dem
Belagerungszustand in Preußen (Art. 68
der Reichsverordnung.)
2. Spalte
Die bayerische Verfügung.
München, 31. Juli. Nach einer königlichen
Verordnung vom 31. Juli 1914 wird über das gesamte
Gebiet des Königreichs der Kriegszustand
verhängt. Für die Pfalz wird das Standrecht
angeordnet.
Die Rückkehr des Kaisers von
Potsdam nach Berlin.
In Erwartung.
Infolge der Gerüchte, daß heute die Mobilisierung
der deutschen Armee erfolgen solle, hatten sich
schon am Mittag in den Hauptstraßen des Zentrums
größere Menschenmassen angesammelt, um die
neuesten Ereignisse möglichst schnell zu erfahren.
Gegen 2 Uhr früh kamen in Autos die ersten Extrablätter
auf die Straße, die den Boten von
Dutzenden von Händen entrissen wurden. In wenigen
Minuten waren Straßen und Plätze mit
Tausenden der flatternden Blätter bedeckt. Unter
den Linden, in der Leipziger Straße und am Potsdamer
Platz scharten sich sofort dichte Menschenmassen
zusammen, die in größter Erregung hin- und
herwogten, und gegen deren Strom die Schutzleute,
die den Verkehr zu regeln hatten, machtlos waren.
Da wurde die Nachricht bekannt, daß der Kaiser
die Absicht habe, im Laufe des Nachmittags seine
Residenz im Potsdamer Neuen Palais
-
item 19
Eisenacher Zeitung
verbunden mit
Tageblatt und Anzeiger für den Eisenacher Kreis
Druck und Verlag :
Hofbuchdruckerei Eisenach, H. Kahle,
Inhaber:
Paul Kahle und Karl Kahle.
Die "Eisenacher Zeitung", verbunden mit "Tageblatt und Anzeiger für den Eisenacher
Kreis", erscheint mit Ausnahme der Feiertage wöchentlich sechsmal, mit "Illustriertem Unter-
haltungsblatt", Fahrplan und Kalender. Bezugspreis für Eisenach, einschließlich Bringerlohn ,
monatlich 70 Pf. in Vorauszahlung; durch die Post vierteljährlich 2,10 M. frei ins Haus, bei
Abholung am Postschalter 1,68 M. Alle Postanstalten sowie die Landbriefträger und unsere Ver-
treter nehmen Bestellungen entgegen. Einzelne Nummer 10 Pf.
Anzeigenpreis für Eisenach 10 Pf. für die einspaltige Petitzeile, für auswärts und im amt-
lichen Teil 15 Pf. Reklamen nach dem politischen Teil: Petitzeile 40 Pf. Nachweisgebühr aller
Art: 20 Pf. Annahme der Anzeigen bis vormittag 9 Uhr, größere > Tags zuvor < .
Annahme und Vermittlung von Anzeigen für alle Zeitungen der Welt. Beilagegebühr: für
die Gesamtauflage 50 Pf. bei vierseitigen, 30 Pf. bei zweiseitigen Beilagen, für die Stadtauflage
40 beziehungsweise 22 Pf.
_______________________________________________________________________________________________________________
Nr. 178 Geschäftsstelle: Sonnabend, den 1. August 1914. Geschäftszeit: 48. Jahrg.
Eisenach, Sophienstraße 55/57. Fernsprecher 47. 7 Uhr vormittags bis 6 Uhr nachmittags._______________________________________________________________________________________________________________
Vor der Entscheidung über den Weltkrieg.
1. Spalte
Ein fürchterliches, der Generation von heute bis-
her fremd gewesenes Wort! Man hat davon in
alten Geschichtsbüchern bisher gelesen; nur eine
Minderzahl von denen, die heute noch unter uns
weilen, haben solchen Kriegszustand in deutschen
Landen selbst erlebt. Kriegszustand ist noch nichtKrieg, hört man da und dort. Eine Tröstung, die
nur geringen Glauben finden mag. Wenn nicht in
Petersburg und in Paris die Erleuchtung wie ein
Wunder herniedersteigt, dann darf die Menschheit
alle Hoffnung schwinden lassen. Der Kaiser,unser Friedenskaiser , ist, wie eine offenbar
hochoffiziöse Kundgebung verlautbart, vom rus-
sichen Zaren schmählich betrogen
worden. Das Verhalten der russischen Krone
schlägt jeder Loyalität ins Gesicht! Nun soll
Rußland erfahren, heißt es in jener offi-ziösen Auslassung, daß dieser Abkomme Friedrichs
des Großen ein Kriegsfürst sein wird! Hört manschon den Anmarsch unserer Bataillone? Wir dür-
fen den kommenden Ereignissen ohne Bangen ent-
gegensehen . Nicht großsprecherisch und nicht über-
mütig wollen wir sein; aber wer vielleicht draußen
in der Welt glaubt, schreibt die "Nat. Ztg." daß
das deutsche Volk vom Schauder blasser Furcht ge-
schüttelt werde, wie es bei den Leuten jenseits der
Grenzen bereits der Fall ist, so gibt man sich einer
regen Täuschung hin. Das Volk steht auf,
der Sturm bricht los. Die Herren an der
Newa wollen eine blutige Tragödie inszenieren, ihre
Freunde an der Seine wollen oder können sie daran
nicht hindern: Wohlan! Das Spiel kann
beginnen!
Ultimatum an Rußland.
Der "Norddeutschen Allg. Ztg." zufolge ließ Kaiser
Wilhelm Rußland wissen, daß die deutsche
Mobilmachung in Aussicht steht, falls Rußland
nicht binnen 12 Stunden seine Kriegsvorbereitungen
einstellt. Gleichzeitig ist an Frankreich
die Anfrage über dessen Haltung im Falle
eines deutsch-russischen Krieges gerichtet worden.
Der Reichstag wird einberufen.
Berlin, 31. Juli. Wie offiziös gemeldet wird,
ist die Einberufung des Reichstages
auf Dienstag, den 4. August, in Aussicht genommen.
Die Eröffnung wird im Weißen Saale des Königlichen
Schlosses zu Berlin um 1 Uhr nachmittags
erfolgen. Die kaiserliche Verordnung wegen der
Berufung steht noch aus.
Der Reichstag wird einberufen.
Berlin, 31. Juli. Wie offiziös gemeldet wird,
ist die Einberufung des Reichstages
auf Dienstag, den 4. August, in Aussicht genommen.
die Eröffnung wird im Weißen Saale des Königlichen
Schlosses zu Berlin um 1 Uhr nachmittags
erfolgen. Die kaiserliche Verordnung wegen der
Berufung steht noch aus.
Kriegszustand.
Berlin, 31. Juli. Aus Petersburg ist die
Nachricht des deutschen Botschafters eingegangen,
daß die allgemeine Mobilmachung der russischen
Armee und Flotte befohlen worden ist. Darauf
hat Se. Majestät der Kaiser den Zustand der
drohenden Kriegsgefahr befohlen. Se. Majestät
wird heute nach Berlin übersiedeln.
Berlin, 31.Juli Nach Artikel 68 der Reichsverfassug
hat Se. Majestät der Kaiser das Reichsgebiet
ohne Bayern in den Kriegszustand erklärt.
Über Bayern ergeht die gleiche Anordnung.
Berlin, 31. Juli. Bei militärischen Maßnahmen
kommen bei drohender Kriegsgefahr hauptsächlich
in Betracht:
1. An der Grenze und zum Schutze der Eisenbahnen
erforderliche Maßnahmen.
2. Verkehrsbeschränkungen der Post, Telegraphen,
Eisenbahnen usw. zugunsten des militärischen
Bedarfs.
3. Erklärung des Kriegszustandes für das gesamte
Kriegsgebiet.
4. Verbot der Veröffentlichung über Truppenbewegungen
und Verteidigungsmittel. Der
Kriegszustand ist gleichbedeutend mit dem
Belagerungszustand in Preußen (Art. 68
der Reichsverordnung.)
2. Spalte
Die bayerische Verfügung.
München, 31. Juli. Nach einer königlichen
Verordnung vom 31. Juli 1914 wird über das gesamte
Gebiet des Königreichs der Kriegszustand
verhängt. Für die Pfalz wird das Standrecht
angeordnet.
-
item 19
Eisenacher Zeitung
verbunden mit
Tageblatt und Anzeiger für den Eisenacher Kreis
Druck und Verlag :
Hofbuchdruckerei Eisenach, H. Kahle,
Inhaber:
Paul Kahle und Karl Kahle.
Die "Eisenacher Zeitung", verbunden mit "Tageblatt und Anzeiger für den Eisenacher
Kreis", erscheint mit Ausnahme der Feiertage wöchentlich sechsmal, mit "Illustriertem Unter-
haltungsblatt", Fahrplan und Kalender. Bezugspreis für Eisenach, einschließlich Bringerlohn ,
monatlich 70 Pf. in Vorauszahlung; durch die Post vierteljährlich 2,10 M. frei ins Haus, bei
Abholung am Postschalter 1,68 M. Alle Postanstalten sowie die Landbriefträger und unsere Ver-
treter nehmen Bestellungen entgegen. Einzelne Nummer 10 Pf.
Anzeigenpreis für Eisenach 10 Pf. für die einspaltige Petitzeile, für auswärts und im amt-
lichen Teil 15 Pf. Reklamen nach dem politischen Teil: Petitzeile 40 Pf. Nachweisgebühr aller
Art: 20 Pf. Annahme der Anzeigen bis vormittag 9 Uhr, größere > Tags zuvor < .
Annahme und Vermittlung von Anzeigen für alle Zeitungen der Welt. Beilagegebühr: für
die Gesamtauflage 50 Pf. bei vierseitigen, 30 Pf. bei zweiseitigen Beilagen, für die Stadtauflage
40 beziehungsweise 22 Pf.
_______________________________________________________________________________________________________________
Nr. 178 Geschäftsstelle: Sonnabend, den 1. August 1914. Geschäftszeit: 48. Jahrg.
Eisenach, Sophienstraße 55/57. Fernsprecher 47. 7 Uhr vormittags bis 6 Uhr nachmittags._______________________________________________________________________________________________________________
Vor der Entscheidung über den Weltkrieg.
1. Spalte
Ein fürchterliches, der Generation von heute bis-
her fremd gewesenes Wort! Man hat davon in
alten Geschichtsbüchern bisher gelesen; nur eine
Minderzahl von denen, die heute noch unter uns
weilen, haben solchen Kriegszustand in deutschen
Landen selbst erlebt. Kriegszustand ist noch nichtKrieg, hört man da und dort. Eine Tröstung, die
nur geringen Glauben finden mag. Wenn nicht in
Petersburg und in Paris die Erleuchtung wie ein
Wunder herniedersteigt, dann darf die Menschheit
alle Hoffnung schwinden lassen. Der Kaiser,unser Friedenskaiser , ist, wie eine offenbar
hochoffiziöse Kundgebung verlautbart, vom rus-
sichen Zaren schmählich betrogen
worden. Das Verhalten der russischen Krone
schlägt jeder Loyalität ins Gesicht! Nun soll
Rußland erfahren, heißt es in jener offi-ziösen Auslassung, daß dieser Abkomme Friedrichs
des Großen ein Kriegsfürst sein wird! Hört manschon den Anmarsch unserer Bataillone? Wir dür-
fen den kommenden Ereignissen ohne Bangen ent-
gegensehen . Nicht großsprecherisch und nicht über-
mütig wollen wir sein; aber wer vielleicht draußen
in der Welt glaubt, schreibt die "Nat. Ztg." daß
das deutsche Volk vom Schauder blasser Furcht ge-
schüttelt werde, wie es bei den Leuten jenseits der
Grenzen bereits der Fall ist, so gibt man sich einer
regen Täuschung hin. Das Volk steht auf,
der Sturm bricht los. Die Herren an der
Newa wollen eine blutige Tragödie inszenieren, ihre
Freunde an der Seine wollen oder können sie daran
nicht hindern: Wohlan! Das Spiel kann
beginnen!
Ultimatum an Rußland.
Der "Norddeutschen Allg. Ztg." zufolge ließ Kaiser
Wilhelm Rußland wissen, daß die deutsche
Mobilmachung in Aussicht steht, falls Rußland
nicht binnen 12 Stunden seine Kriegsvorbereitungen
einstellt. Gleichzeitig ist an Frankreich
die Anfrage über dessen Haltung im Falle
eines deutsch-russischen Krieges gerichtet worden.
Der Reichstag wird einberufen.
Berlin, 31. Juli. Wie offiziös gemeldet wird,
ist die Einberufung des Reichstages
auf Dienstag, den 4. August, in Aussicht genommen.
Die Eröffnung wird im Weißen Saale des Königlichen
Schlosses zu Berlin um 1 Uhr nachmittags
erfolgen. Die kaiserliche Verordnung wegen der
Berufung steht noch aus.
Der Reichstag wird einberufen.
Berlin, 31. Juli. Wie offiziös gemeldet wird,
ist die Einberufung des Reichstages
auf Dienstag, den 4. August, in Aussicht genommen.
die Eröffnung wird im Weißen Saale des Königlichen
Schlosses zu Berlin um 1 Uhr nachmittags
erfolgen. Die kaiserliche Verordnung wegen der
Berufung steht noch aus.
Kriegszustand.
Berlin, 31. Juli. Aus Petersburg ist die
Nachricht des deutschen Botschafters eingegangen,
daß die allgemeine Mobilmachung der russischen
Armee und Flotte befohlen worden ist. Darauf
hat Se. Majestät der Kaiser den Zustand der
drohenden Kriegsgefahr befohlen. Se. Majestät
wird heute nach Berlin übersiedeln.
Berlin, 31.Juli Nach Artikel 68 der Reichsverfassug
hat Se. Majestät der Kaiser das Reichsgebiet
ohne Bayern in den Kriegszustand erklärt.
Über Bayern ergeht die gleiche Anordnung.
Berlin, 31. Juli. Bei militärischen Maßnahmen
kommen bei drohender Kriegsgefahr hauptsächlich
in Betracht:
1. An der Grenze und zum Schutze der Eisenbahnen
erforderliche Maßnahmen.
2. Verkehrsbeschränkungen der Post, Telegraphen,
Eisenbahnen usw. zugunsten des militärischen
Bedarfs.
3. Erklärung des Kriegszustandes für das gesamte
Kriegsgebiet.
4. Verbot der Veröffentlichung über Truppenbewegungen
und Verteidigungsmittel. Der
Kriegszustand ist gleichbedeutend mit dem
Belagerungszustand in Preußen (Art. 68
der Reichsverordnung.)
2. Spalte
-
item 19
Eisenacher Zeitung
verbunden mit
Tageblatt und Anzeiger für den Eisenacher Kreis
Druck und Verlag :
Hofbuchdruckerei Eisenach, H. Kahle,
Inhaber:
Paul Kahle und Karl Kahle.
Die "Eisenacher Zeitung", verbunden mit "Tageblatt und Anzeiger für den Eisenacher
Kreis", erscheint mit Ausnahme der Feiertage wöchentlich sechsmal, mit "Illustriertem Unter-
haltungsblatt", Fahrplan und Kalender. Bezugspreis für Eisenach, einschließlich Bringerlohn ,
monatlich 70 Pf. in Vorauszahlung; durch die Post vierteljährlich 2,10 M. frei ins Haus, bei
Abholung am Postschalter 1,68 M. Alle Postanstalten sowie die Landbriefträger und unsere Ver-
treter nehmen Bestellungen entgegen. Einzelne Nummer 10 Pf.
Anzeigenpreis für Eisenach 10 Pf. für die einspaltige Petitzeile, für auswärts und im amt-
lichen Teil 15 Pf. Reklamen nach dem politischen Teil: Petitzeile 40 Pf. Nachweisgebühr aller
Art: 20 Pf. Annahme der Anzeigen bis vormittag 9 Uhr, größere > Tags zuvor < .
Annahme und Vermittlung von Anzeigen für alle Zeitungen der Welt. Beilagegebühr: für
die Gesamtauflage 50 Pf. bei vierseitigen, 30 Pf. bei zweiseitigen Beilagen, für die Stadtauflage
40 beziehungsweise 22 Pf.
_______________________________________________________________________________________________________________
Nr. 178 Geschäftsstelle: Sonnabend, den 1. August 1914. Geschäftszeit: 48. Jahrg.
Eisenach, Sophienstraße 55/57. Fernsprecher 47. 7 Uhr vormittags bis 6 Uhr nachmittags._______________________________________________________________________________________________________________
Vor der Entscheidung über den Weltkrieg.
1. Spalte
Ein fürchterliches, der Generation von heute bis-
her fremd gewesenes Wort! Man hat davon in
alten Geschichtsbüchern bisher gelesen; nur eine
Minderzahl von denen, die heute noch unter uns
weilen, haben solchen Kriegszustand in deutschen
Landen selbst erlebt. Kriegszustand ist noch nichtKrieg, hört man da und dort. Eine Tröstung, die
nur geringen Glauben finden mag. Wenn nicht in
Petersburg und in Paris die Erleuchtung wie ein
Wunder herniedersteigt, dann darf die Menschheit
alle Hoffnung schwinden lassen. Der Kaiser,unser Friedenskaiser , ist, wie eine offenbar
hochoffiziöse Kundgebung verlautbart, vom rus-
sichen Zaren schmählich betrogen
worden. Das Verhalten der russischen Krone
schlägt jeder Loyalität ins Gesicht! Nun soll
Rußland erfahren, heißt es in jener offi-ziösen Auslassung, daß dieser Abkomme Friedrichs
des Großen ein Kriegsfürst sein wird! Hört manschon den Anmarsch unserer Bataillone? Wir dür-
fen den kommenden Ereignissen ohne Bangen ent-
gegensehen . Nicht großsprecherisch und nicht über-
mütig wollen wir sein; aber wer vielleicht draußen
in der Welt glaubt, schreibt die "Nat. Ztg." daß
das deutsche Volk vom Schauder blasser Furcht ge-
schüttelt werde, wie es bei den Leuten jenseits der
Grenzen bereits der Fall ist, so gibt man sich einer
regen Täuschung hin. Das Volk steht auf,
der Sturm bricht los. Die Herren an der
Newa wollen eine blutige Tragödie inszenieren, ihre
Freunde an der Seine wollen oder können sie daran
nicht hindern: Wohlan! Das Spiel kann
beginnen!
Ultimatum an Rußland.
Der "Norddeutschen Allg. Ztg." zufolge ließ Kaiser
Wilhelm Rußland wissen, daß die deutsche
Mobilmachung in Aussicht steht, falls Rußland
nicht binnen 12 Stunden seine Kriegsvorbereitungen
einstellt. Gleichzeitig ist an Frankreich
die Anfrage über dessen Haltung im Falle
eines deutsch-russischen Krieges gerichtet worden.
Der Reichstag wird einberufen.
Berlin, 31. Juli. Wie offiziös gemeldet wird,
ist die Einberufung des Reichstages
auf Dienstag, den 4. August, in Aussicht genommen.
Die Eröffnung wird im Weißen Saale des Königlichen
Schlosses zu Berlin um 1 Uhr nachmittags
erfolgen. Die kaiserliche Verordnung wegen der
Berufung steht noch aus.
Der Reichstag wird einberufen.
Berlin, 31. Juli. Wie offiziös gemeldet wird,
ist die Einberufung des Reichstages
auf Dienstag, den 4. August, in Aussicht genommen.
die Eröffnung wird im Weißen Saale des Königlichen
Schlosses zu Berlin um 1 Uhr nachmittags
erfolgen. Die kaiserliche Verordnung wegen der
Berufung steht noch aus.
Kriegszustand.
Berlin, 31. Juli. Aus Petersburg ist die
Nachricht des deutschen Botschafters eingegangen,
daß die allgemeine Mobilmachung der russischen
Armee und Flotte befohlen worden ist. Darauf
hat Se. Majestät der Kaiser den Zustand der
drohenden Kriegsgefahr befohlen. Se. Majestät
wird heute nach Berlin übersiedeln.
Berlin, 31.Juli Nach Artikel 68 der Reichsverfassug
hat Se. Majestät der Kaiser das Reichsgebiet
ohne Bayern in den Kriegszustand erklärt.
Über Bayern ergeht die gleiche Anordnung.
Berlin, 31. Juli. Bei militärischen Maßnahmen
kommen bei drohender Kriegsgefahr hauptsächlich
in Betracht:
1. An der Grenze und zum Schutze der Eisenbahnen
erforderliche Maßnahmen.
2. Verkehrsbeschränkungen der Post, Telegraphen,
Eisenbahnen usw. zugunsten des militärischen
Bedarfs.
3. Erklärung des Kriegszustandes für das gesamte
Kriegsgebiet.
4. Verbot der Veröffentlichung über Truppenbewegungen
und Verteidigungsmittel. Der
Kriegszustand ist gleichbedeutend mit dem
Belagerungszustand in Preußen (Art. 68
der Reichsverordnung.)
-
item 19
Eisenacher Zeitung
verbunden mit
Tageblatt und Anzeiger für den Eisenacher Kreis
Druck und Verlag :
Hofbuchdruckerei Eisenach, H. Kahle,
Inhaber:
Paul Kahle und Karl Kahle.
Die "Eisenacher Zeitung", verbunden mit "Tageblatt und Anzeiger für den Eisenacher
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Eisenach, Sophienstraße 55/57. Fernsprecher 47. 7 Uhr vormittags bis 6 Uhr nachmittags._______________________________________________________________________________________________________________
Vor der Entscheidung über den Weltkrieg.
1. Spalte
Ein fürchterliches, der Generation von heute bis-
her fremd gewesenes Wort! Man hat davon in
alten Geschichtsbüchern bisher gelesen; nur eine
Minderzahl von denen, die heute noch unter uns
weilen, haben solchen Kriegszustand in deutschen
Landen selbst erlebt. Kriegszustand ist noch nichtKrieg, hört man da und dort. Eine Tröstung, die
nur geringen Glauben finden mag. Wenn nicht in
Petersburg und in Paris die Erleuchtung wie ein
Wunder herniedersteigt, dann darf die Menschheit
alle Hoffnung schwinden lassen. Der Kaiser,unser Friedenskaiser , ist, wie eine offenbar
hochoffiziöse Kundgebung verlautbart, vom rus-
sichen Zaren schmählich betrogen
worden. Das Verhalten der russischen Krone
schlägt jeder Loyalität ins Gesicht! Nun soll
Rußland erfahren, heißt es in jener offi-ziösen Auslassung, daß dieser Abkomme Friedrichs
des Großen ein Kriegsfürst sein wird! Hört manschon den Anmarsch unserer Bataillone? Wir dür-
fen den kommenden Ereignissen ohne Bangen ent-
gegensehen . Nicht großsprecherisch und nicht über-
mütig wollen wir sein; aber wer vielleicht draußen
in der Welt glaubt, schreibt die "Nat. Ztg." daß
das deutsche Volk vom Schauder blasser Furcht ge-
schüttelt werde, wie es bei den Leuten jenseits der
Grenzen bereits der Fall ist, so gibt man sich einer
regen Täuschung hin. Das Volk steht auf,
der Sturm bricht los. Die Herren an der
Newa wollen eine blutige Tragödie inszenieren, ihre
Freunde an der Seine wollen oder können sie daran
nicht hindern: Wohlan! Das Spiel kann
beginnen!
Ultimatum an Rußland.
Der "Norddeutschen Allg. Ztg." zufolge ließ Kaiser
Wilhelm Rußland wissen, daß die deutsche
Mobilmachung in Aussicht steht, falls Rußland
nicht binnen 12 Stunden seine Kriegsvorbereitungen
einstellt. Gleichzeitig ist an Frankreich
die Anfrage über dessen Haltung im Falle
eines deutsch-russischen Krieges gerichtet worden.
Der Reichstag wird einberufen.
Berlin, 31. Juli. Wie offiziös gemeldet wird,
ist die Einberufung des Reichstages
auf Dienstag, den 4. August, in Aussicht genommen.
Die Eröffnung wird im Weißen Saale des Königlichen
Schlosses zu Berlin um 1 Uhr nachmittags
erfolgen. Die kaiserliche Verordnung wegen der
Berufung steht noch aus.
Der Reichstag wird einberufen.
Berlin, 31. Juli. Wie offiziös gemeldet wird,
ist die Einberufung des Reichstages
auf Dienstag, den 4. August, in Aussicht genommen.
die Eröffnung wird im Weißen Saale des Königlichen
Schlosses zu Berlin um 1 Uhr nachmittags
erfolgen. Die kaiserliche Verordnung wegen der
Berufung steht noch aus.
Kriegszustand.
Berlin, 31. Juli. Aus Petersburg ist die
Nachricht des deutschen Botschafters eingegangen,
daß die allgemeine Mobilmachung der russischen
Armee und Flotte befohlen worden ist. Darauf
hat Se. Majestät der Kaiser den Zustand der
drohenden Kriegsgefahr befohlen. Se. Majestät
wird heute nach Berlin übersiedeln.
Berlin, 31.Juli Nach Artikel 68 der Reichsverfassug
hat Se. Majestät der Kaiser das Reichsgebiet
ohne Bayern in den Kriegszustand erklärt.
Über Bayern ergeht die gleiche Anordnung.
Berlin, 31. Juli. Bei militärischen Maßnahmen
kommen bei drohender Kriegsgefahr hauptsächlich
in Betracht:
1. An der Grenze und zum Schutze der Eisenbahnen
erforderliche Maßnahmen .
2. Verkehrsbeschränkungen der Post, Telegraphen,
Eisenbahnen usw. zugunsten des militärischen
Bedarfs.
3. Erklärung des Kriegszustandes für das gesamte
Kriegsgebiet.
4. Verbot der Veröffentlichung übe Truppenbewegungen
und Verteidigungsmittel. Der
Kriegszustand ist gleichbedeutend mit dem
Belagerungszustand in Preußen (Art. 68
der Reichsverordnung.)
-
item 19
Eisenacher Zeitung
verbunden mit
Tageblatt und Anzeiger für den Eisenacher Kreis
Druck und Verlag :
Hofbuchdruckerei Eisenach, H. Kahle,
Inhaber:
Paul Kahle und Karl Kahle.
Die "Eisenacher Zeitung", verbunden mit "Tageblatt und Anzeiger für den Eisenacher
Kreis", erscheint mit Ausnahme der Feiertage wöchentlich sechsmal, mit "Illustriertem Unter-
haltungsblatt", Fahrplan und Kalender. Bezugspreis für Eisenach, einschließlich Bringerlohn ,
monatlich 70 Pf. in Vorauszahlung; durch die Post vierteljährlich 2,10 M. frei ins Haus, bei
Abholung am Postschalter 1,68 M. Alle Postanstalten sowie die Landbriefträger und unsere Ver-
treter nehmen Bestellungen entgegen. Einzelne Nummer 10 Pf.
Anzeigenpreis für Eisenach 10 Pf. für die einspaltige Petitzeile, für auswärts und im amt-
lichen Teil 15 Pf. Reklamen nach dem politischen Teil: Petitzeile 40 Pf. Nachweisgebühr aller
Art: 20 Pf. Annahme der Anzeigen bis vormittag 9 Uhr, größere > Tags zuvor < .
Annahme und Vermittlung von Anzeigen für alle Zeitungen der Welt. Beilagegebühr: für
die Gesamtauflage 50 Pf. bei vierseitigen, 30 Pf. bei zweiseitigen Beilagen, für die Stadtauflage
40 beziehungsweise 22 Pf.
_______________________________________________________________________________________________________________
Nr. 178 Geschäftsstelle: Sonnabend, den 1. August 1914. Geschäftszeit: 48. Jahrg.
Eisenach, Sophienstraße 55/57. Fernsprecher 47. 7 Uhr vormittags bis 6 Uhr nachmittags._______________________________________________________________________________________________________________
Vor der Entscheidung über den Weltkrieg.
1. Spalte
Ein fürchterliches, der Generation von heute bis-
her fremd gewesenes Wort! Man hat davon in
alten Geschichtsbüchern bisher gelesen; nur eine
Minderzahl von denen, die heute noch unter uns
weilen, haben solchen Kriegszustand in deutschen
Landen selbst erlebt. Kriegszustand ist noch nichtKrieg, hört man da und dort. Eine Tröstung, die
nur geringen Glauben finden mag. Wenn nicht in
Petersburg und in Paris die Erleuchtung wie ein
Wunder herniedersteigt, dann darf die Menschheit
alle Hoffnung schwinden lassen. Der Kaiser,unser Friedenskaiser , ist, wie eine offenbar
hochoffiziöse Kundgebung verlautbart, vom rus-
sichen Zaren schmählich betrogen
worden. Das Verhalten der russischen Krone
schlägt jeder Loyalität ins Gesicht! Nun soll
Rußland erfahren, heißt es in jener offi-ziösen Auslassung, daß dieser Abkomme Friedrichs
des Großen ein Kriegsfürst sein wird! Hört manschon den Anmarsch unserer Bataillone? Wir dür-
fen den kommenden Ereignissen ohne Bangen ent-
gegensehen . Nicht großsprecherisch und nicht über-
mütig wollen wir sein; aber wer vielleicht draußen
in der Welt glaubt, schreibt die "Nat. Ztg." daß
das deutsche Volk vom Schauder blasser Furcht ge-
schüttelt werde, wie es bei den Leuten jenseits der
Grenzen bereits der Fall ist, so gibt man sich einer
regen Täuschung hin. Das Volk steht auf,
der Sturm bricht los. Die Herren an der
Newa wollen eine blutige Tragödie inszenieren, ihre
Freunde an der Seine wollen oder können sie daran
nicht hindern: Wohlan! Das Spiel kann
beginnen!
Ultimatum an Rußland.
Der "Norddeutschen Allg. Ztg." zufolge ließ Kaiser
Wilhelm Rußland wissen, daß die deutsche
Mobilmachung in Aussicht steht, falls Rußland
nicht binnen 12 Stunden seine Kriegsvorbereitungen
einstellt. Gleichzeitig ist an Frankreich
die Anfrage über dessen Haltung im Falle
eines deutsch-russischen Krieges gerichtet worden.
Der Reichstag wird einberufen.
Berlin, 31. Juli. Wie offiziös gemeldet wird,
ist die Einberufung des Reichstages
auf Dienstag, den 4. August, in Aussicht genommen.
Die Eröffnung wird im Weißen Saale des Königlichen
Schlosses zu Berlin um 1 Uhr nachmittags
erfolgen. Die kaiserliche Verordnung wegen der
Berufung steht noch aus.
Der Reichstag wird einberufen.
Berlin, 31. Juli. Wie offiziös gemeldet wird,
ist die Einberufung des Reichstages
auf Dienstag, den 4. August, in Aussicht genommen.
die Eröffnung wird im Weißen Saale des Königlichen
Schlosses zu Berlin um 1 Uhr nachmittags
erfolgen. Die kaiserliche Verordnung wegen der
Berufung steht noch aus.
Kriegszustand.
Berlin, 31. Juli. Aus Petersburg ist die
Nachricht des deutschen Botschafters eingegangen,
daß die allgemeine Mobilmachung der russischen
Armee und Flotte befohlen worden ist. Darauf
hat Se. Majestät der Kaiser den Zustand der
drohenden Kriegsgefahr befohlen. Se. Majestät
wird heute nach Berlin übersiedeln.
Berlin, 31.Juli Nach Artikel 68 der Reichsverfassug
hat Se. Majestät der Kaiser das Reichsgebiet
ohne Bayern in den Kriegszustand erklärt.
Über Bayern ergeht die gleiche Anordnung.
-
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her fremd gewesenes Wort! Man hat davon in
alten Geschichtsbüchern bisher gelesen; nur eine
Minderzahl von denen, die heute noch unter uns
weilen, haben solchen Kriegszustand in deutschen
Landen selbst erlebt. Kriegszustand ist noch nichtKrieg, hört man da und dort. Eine Tröstung, die
nur geringen Glauben finden mag. Wenn nicht in
Petersburg und in Paris die Erleuchtung wie ein
Wunder herniedersteigt, dann darf die Menschheit
alle Hoffnung schwinden lassen. Der Kaiser,unser Friedenskaiser , ist, wie eine offenbar
hochoffiziöse Kundgebung verlautbart, vom rus-
sichen Zaren schmählich betrogen
worden. Das Verhalten der russischen Krone
schlägt jeder Loyalität ins Gesicht! Nun soll
Rußland erfahren, heißt es in jener offi-ziösen Auslassung, daß dieser Abkomme Friedrichs
des Großen ein Kriegsfürst sein wird! Hört manschon den Anmarsch unserer Bataillone? Wir dür-
fen den kommenden Ereignissen ohne Bangen ent-
gegensehen . Nicht großsprecherisch und nicht über-
mütig wollen wir sein; aber wer vielleicht draußen
in der Welt glaubt, schreibt die "Nat. Ztg." daß
das deutsche Volk vom Schauder blasser Furcht ge-
schüttelt werde, wie es bei den Leuten jenseits der
Grenzen bereits der Fall ist, so gibt man sich einer
regen Täuschung hin. Das Volk steht auf,
der Sturm bricht los. Die Herren an der
Newa wollen eine blutige Tragödie inszenieren, ihre
Freunde an der Seine wollen oder können sie daran
nicht hindern: Wohlan! Das Spiel kann
beginnen!
Ultimatum an Rußland.
Der "Norddeutschen Allg. Ztg." zufolge ließ Kaiser
Wilhelm Rußland wissen, daß die deutsche
Mobilmachung in Aussicht steht, falls Rußland
nicht binnen 12 Stunden seine Kriegsvorbereitungen
einstellt. Gleichzeitig ist an Frankreich
die Anfrage über dessen Haltung im Falle
eines deutsch-russischen Krieges gerichtet worden.
Der Reichstag wird einberufen.
Berlin, 31. Juli. Wie offiziös gemeldet wird,
ist die Einberufung des Reichstages
auf Dienstag, den 4. August, in Aussicht genommen.
Die Eröffnung wird im Weißen Saale des Königlichen
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erfolgen. Die kaiserliche Verordnung wegen der
Berufung steht noch aus.
Der Reichstag wird einberufen.
Berlin, 31. Juli. Wie offiziös gemeldet wird,
ist die Einberufung des Reichstages
auf Dienstag, den 4. August, in Aussicht genommen.
die Eröffnung wird im Weißen Saale des Königlichen
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erfolgen. Die kaiserliche Verordnung wegen der
Berufung steht noch aus.
Kriegszustand.
Berlin, 31. Juli. Aus Petersburg ist die
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daß die allgemeine Mobilmachung der russischen
Armee und Flotte befohlen worden ist. Darauf
hat Se. Majestät der Kaiser den Zustand der
drohenden Kriegsgefahr befohlen. Se. Majestät
wird heute nach Berlin übersiedeln.
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Art: 20 Pf. Annahme der Anzeigen bis vormittag 9 Uhr, größere > Tags zuvor < .
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her fremd gewesenes Wort! Man hat davon in
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Minderzahl von denen, die heute noch unter uns
weilen, haben solchen Kriegszustand in deutschen
Landen selbst erlebt. Kriegszustand ist noch nichtKrieg, hört man da und dort. Eine Tröstung, die
nur geringen Glauben finden mag. Wenn nicht in
Petersburg und in Paris die Erleuchtung wie ein
Wunder herniedersteigt, dann darf die Menschheit
alle Hoffnung schwinden lassen. Der Kaiser,unser Friedenskaiser , ist, wie eine offenbar
hochoffiziöse Kundgebung verlautbart, vom rus-
sichen Zaren schmählich betrogen
worden. Das Verhalten der russischen Krone
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des Großen ein Kriegsfürst sein wird! Hört manschon den Anmarsch unserer Bataillone? Wir dür-
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gegensehen . Nicht großsprecherisch und nicht über-
mütig wollen wir sein; aber wer vielleicht draußen
in der Welt glaubt, schreibt die "Nat. Ztg." daß
das deutsche Volk vom Schauder blasser Furcht ge-
schüttelt werde, wie es bei den Leuten jenseits der
Grenzen bereits der Fall ist, so gibt man sich einer
regen Täuschung hin. Das Volk steht auf,
der Sturm bricht los. Die Herren an der
Newa wollen eine blutige Tragödie inszenieren, ihre
Freunde an der Seine wollen oder können sie daran
nicht hindern: Wohlan! Das Spiel kann
beginnen!
Ultimatum an Rußland.
Der "Norddeutschen Allg. Ztg." zufolge ließ Kaiser
Wilhelm Rußland wissen, daß die deutsche
Mobilmachung in Aussicht steht, falls Rußland
nicht binnen 12 Stunden seine Kriegsvorbereitungen
einstellt. Gleichzeitig ist an Frankreich
die Anfrage über dessen Haltung im Falle
eines deutsch-russischen Krieges gerichtet worden.
Der Reichstag wird einberufen.
Berlin, 31. Juli. Wie offiziös gemeldet wird,
ist die Einberufung des Reichstages
auf Dienstag, den 4. August, in Aussicht genommen.
Die Eröffnung wird im Weißen Saale des Königlichen
Schlosses zu Berlin um 1 Uhr nachmittags
erfolgen. Die kaiserliche Verordnung wegen der
Berufung steht noch aus.
Der Reichstag wird einberufen.
Berlin, 31. Juli. Wie offiziös gemeldet wird,
ist die Einberufung des Reichstages
auf Dienstag, den 4. August, in Aussicht genommen.
die Eröffnung wird im Weißen Saale des Königlichen
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Art: 20 Pf. Annahme der Anzeigen bis vormittag 9 Uhr, größere > Tags zuvor < .
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40 beziehungsweise 22 Pf.
_______________________________________________________________________________________________________________
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Eisenach, Sophienstraße 55/57. Fernsprecher 47. 7 Uhr vormittags bis 6 Uhr nachmittags._______________________________________________________________________________________________________________
Vor der Entscheidung über den Weltkrieg.
1. Spalte
Ein fürchterliches, der Generation von heute bis-
her fremd gewesenes Wort! Man hat davon in
alten Geschichtsbüchern bisher gelesen; nur eine
Minderzahl von denen, die heute noch unter uns
weilen, haben solchen Kriegszustand in deutschen
Landen selbst erlebt. Kriegszustand ist noch nichtKrieg, hört man da und dort. Eine Tröstung, die
nur geringen Glauben finden mag. Wenn nicht in
Petersburg und in Paris die Erleuchtung wie ein
Wunder herniedersteigt, dann darf die Menschheit
alle Hoffnung schwinden lassen. Der Kaiser,unser Friedenskaiser , ist, wie eine offenbar
hochoffiziöse Kundgebung verlautbart, vom rus-
sichen Zaren schmählich betrogen
worden. Das Verhalten der russischen Krone
schlägt jeder Loyalität ins Gesicht! Nun soll
Rußland erfahren, heißt es in jener offi-ziösen Auslassung, daß dieser Abkomme Friedrichs
des Großen ein Kriegsfürst sein wird! Hört manschon den Anmarsch unserer Bataillone? Wir dür-
fen den kommenden Ereignissen ohne Bangen ent-
gegensehen . Nicht großsprecherisch und nicht über-
mütig wollen wir sein; aber wer vielleicht draußen
in der Welt glaubt, schreibt die "Nat. Ztg." daß
das deutsche Volk vom Schauder blasser Furcht ge-
schüttelt werde, wie es bei den Leuten jenseits der
Grenzen bereits der Fall ist, so gibt man sich einer
regen Täuschung hin. Das Volk steht auf,
der Sturm bricht los. Die Herren an der
Newa wollen eine blutige Tragödie inszenieren, ihre
Freunde an der Seine wollen oder können sie daran
nicht hindern: Wohlan! Das Spiel kann
beginnen!
Ultimatum an Rußland.
Der "Norddeutschen Allg. Ztg." zufolge ließ Kaiser
Wilhelm Rußland wissen, daß die deutsche
Mobilmachung in Aussicht steht, falls Rußland
nicht binnen 12 Stunden seine Kriegsvorbereitungen
einstellt. Gleichzeitig ist an Frankreich
die Anfrage über dessen Haltung im Falle
eines deutsch-russischen Krieges gerichtet worden.
Der Reichstag wird einberufen.
Berlin, 31. Juli. Wie offiziös gemeldet wird,
ist die Einberufung des Reichstages
auf Dienstag, den 4. August, in Aussicht genommen.
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Eisenacher Zeitung
verbunden mit
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Minderzahl von denen, die heute noch unter uns
weilen, haben solchen Kriegszustand in deutschen
Landen selbst erlebt. Kriegszustand ist noch nichtKrieg, hört man da und dort. Eine Tröstung, die
nur geringen Glauben finden mag. Wenn nicht in
Petersburg und in Paris die Erleuchtung wie ein
Wunder herniedersteigt, dann darf die Menschheit
alle Hoffnung schwinden lassen. Der Kaiser,unser Friedenskaiser , ist, wie eine offenbar
hochoffiziöse Kundgebung verlautbart, vom rus-
sichen Zaren schmählich betrogen
worden. Das Verhalten der russischen Krone
schlägt jeder Loyalität ins Gesicht! Nun soll
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des Großen ein Kriegsfürst sein wird! Hört manschon den Anmarsch unserer Bataillone? Wir dür-
fen den kommenden Ereignissen ohne Bangen ent-
gegensehen . Nicht großsprecherisch und nicht über-
mütig wollen wir sein; aber wer vielleicht draußen
in der Welt glaubt, schreibt die "Nat. Ztg." daß
das deutsche Volk vom Schauder blasser Furcht ge-
schüttelt werde, wie es bei den Leuten jenseits der
Grenzen bereits der Fall ist, so gibt man sich einer
regen Täuschung hin. Das Volk steht auf,
der Sturm bricht los. Die Herren an der
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die Gesamtauflage 50 Pf. bei vierseitigen, 30 Pf. bei zweiseitigen Beilagen, für die Stadtauflage
40 beziehungsweise 22 Pf.
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hochoffiziöse Kundgebung verlautbart, vom rus-
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Ein fürchterliches, der Generation von heute bis-
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weilen, haben solchen Kriegszustand in deutschen
Landen selbst erlebt. Kriegszustand ist noch nichtKrieg, hört man da und dort. Eine Tröstung, die
nur geringen Glauben finden mag. Wenn nicht in
Petersburg und in Paris die Erleuchtung wie ein
Wunder herniedersteigt, dann darf die Menschheit
alle Hoffnung schwinden lassen. Der Kaiser,unser Friedenskaiser , ist, wie eine offenbar
hochoffiziöse Kundgebung verlautbart, vom rus-
sichen Zaren schmählich betrogen
worden. Das Verhalten der russischen Krone
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gegensehen . Nicht großsprecherisch und nicht über-
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in der Welt glaubt, schreibt die "Nat. Ztg." daß
das deutsche Volk vom Schauder blasser Furcht ge-
schüttelt werde, wie es bei den Leuten jenseits der
Grenzen bereits der Fall ist, so gibt man sich einer
regen Täuschung hin. Das Volk steht auf,
der Sturm bricht los. Die Herren an der
Newa wollen eine blutige Tragödie inszenieren, ihre
Freunde an der Seine wollen oder können sie daran
nicht hindern: Wohlan! Das Spiel kann
beginnen!
Ultimatum an Rußland.
-
Eisenacher Zeitung
verbunden mit
Tageblatt und Anzeiger für den Eisenacher Kreis
Druck und Verlag :
Hofbuchdruckerei Eisenach, H. Kahle,
Inhaber:
Paul Kahle und Karl Kahle.
Die "Eisenacher Zeitung", verbunden mit "Tageblatt und Anzeiger für den Eisenacher
Kreis", erscheint mit Ausnahme der Feiertage wöchentlich sechsmal, mit "Illustriertem Unter-
haltungsblatt", Fahrplan und Kalender. Bezugspreis für Eisenach, einschließlich Bringerlohn ,
monatlich 70 Pf. in Vorauszahlung; durch die Post vierteljährlich 2,10 M. frei ins Haus, bei
Abholung am Postschalter 1,68 M. Alle Postanstalten sowie die Landbriefträger und unsere Ver-
treter nehmen Bestellungen entgegen. Einzelne Nummer 10 Pf.
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Nr. 178 Geschäftsstelle: Sonnabend, den 1. August 1914. Geschäftszeit: 48. Jahrg.
Eisenach, Sophienstraße 55/%7. Fernsprecher 47. 7 Uhr vormittags bis 6 Uhr nachmittags.Vor der Entscheidung über den Weltkrieg.
Ein fürchterliches, der Generation von heute bis-
her fremd gewesenes Wort! Man hat davon in
alten Geschichtsbüchern bisher gelesen; nur eine
Minderzahl von denen, die heute noch unter uns
weilen, haben solchen Kriegszustand in deutschen
Landen selbst erlebt. Kriegszustand ist noch nichtKrieg, hört man da und dort. Eine Tröstung, die
nur geringen Glauben finden mag. Wenn nicht in
Petersburg und in Paris die Erleuchtung wie ein
Wunder herniedersteigt, dann darf die Menschheit
alle Hoffnung schwinden lassen. Der Kaiser,unser Friedenskaiser , ist, wie eine offenbar
hochoffiziöse Kundgebung verlautbart, vom rus-
sichen Zaren schmählich betrogen
worden. Das Verhalten der russchischen Krone
schlägt jeder Loyalität ins Gesicht. Nun soll
Rußland erfahren, heißt es in jener offi-ziösen Auslassung, daß dieser Abkomme Friedrichs
des Großen ein Kriegsfürst sein wird! Hört manschon den Anmarsch unserer Bataillone? Wir dür-
fen den kommenden Ereignissen ohne Bangen ent-
gegensehen . Nicht großsprecherisch und nicht über-
mütig wollen wir sein; aber wer vielleicht draußen
in der Welt glaubt, schreibt die "Nat. Ztg." daß
das deutsche Volk vom Schauder blasser Furcht ge-
schüttelt werde, wie es bei den Leuten jenseits der
Grenzen bereits der Fall ist, so gibt man sich einer
regen Täuschung hin. Das Volk steht auf,
der Sturm bricht los. Die Herren an der
Newa wollen eine blutige Tragödie inszenieren, ihre
Freunde an der Seine wollen oder können sie daran
nicht hindern: Wohlan! Das Spiel kann
beginnen!
Ultimatum an Rußland.
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Ein fürchterliches, der Generation von heute bis-
her fremd gewesenes Wort! Man hat davon in
alten Geschichtsbüchern bisher gelesen; nur eine
Minderzahl von denen, die heute noch unter uns
weilen, haben solchen Kriegszustand in deutschen
Landen selbst erlebt. Kriegszustand ist noch nichtKrieg, hört man da und dort. Eine Tröstung, die
nur geringen Glauben finden mag. Wenn nicht in
Petersburg und in Paris die Erleuchtung wie ein
Wunder herniedersteigt, dann darf die Menschheit
alle Hoffnung schwinden lassen. Der Kaiser,unser Friedenskaiser , ist, wie eine offenbar
hochoffiziöse Kundgebung verlautbart, vom rus-
sichen Zaren schmählich betrogen
worden. Das Verhalten der russchischen Krone
schlägt jeder Loyalität ins Gesicht. Nun soll
Rußland erfahren, heißt es in jener offi-ziösen Auslassung, daß dieser Abkomme Friedrichs
des Großen ein Kriegsfürst sein wird! Hört manschon den Anmarsch unserer Bataillone? Wir dür-
fen den kommenden Ereignissen ohne Bangen ent-
gegensehen . Nicht großsprecherisch und nicht über-
mütig wollen wir sein; aber wer vielleicht draußen
in der Welt glaubt, schreibt die "Nat. Ztg." daß
das deutsche Volk vom Schauder blasser Furcht ge-
schüttelt werde, wie es bei den Leuten jenseits der
Grenzen bereits der Fall ist, so gibt man sich einer
regen Täuschung hin. Das Volk steht auf,
der Sturm bricht los. Die Herren an der
Newa wollen eine blutige Tragödie inszenieren, ihre
Freunde an der Seine wollen oder können sie daran
nicht hindern: Wohlan! Das Spiel kann
beginnen!
Ultimatum an Rußland.
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Ein fürchterliches, der generation von heute bis-
her fremd gewesenes Wort! Man hat davon in
alten Gedichtsbüchern bisher gelesen; nur eine
Minderzahl von denen, die heute noch unter uns
weilen, haben solchen Kriegsaufwand in deutschen
landen selbst erlebt. Kriegsaufwand ist noch nicht
Krieg, hört man da und dort. Eine Tröstung, dienur geringen Glauben finden mag. Wenn nicht in
Petersburg und in paris die Erleuchtung wie ein
Wunder herniedersteigt, dann darf die Menschheit
alle Hoffnung schwinden lassen. Der Kaiser,unser ... , ist, wie eine offenbar
hochoffiziöse Kundgebung ... , vom rus-
sichen Zaren schmählich betrogen
worden. Das Verhalten der russchischen Krone
schlägt jeder Loyalität ins Gesicht. Nun soll
Rußland erfahren, heißt es in jener offi-ziösen Auslassung, daß dieser ... Friedrichs
... ein Kriegsfürst sein wird! Hört manschon den Anmarsch unserer Bataillone? Wir dür-
fen den kommenden Ereignissen ohne Bangen ent-
gegenleben . Nicht großprederige und nicht über-
mütig wollen wir sein; aber wer vielleicht draußen
in der Welt glaubt, schreibt die ... , daß
das deutsche ... vom ... blasser Furcht ge-
schüttlet werdem wie es bei den Leuten jenseits der
... bereit der Fall ist. So gibt man ... einer
... ... ... . Das ... ... auf,
der Sturm bricht los. Die Herren an der
Rewa wollen eine blutige Tragödie inszenieren, ihre
freunde an der Seine wollen aber können sie daran
nicht hindern: Wohlan! Das Spiel kann
beginnen!
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Ein fürchterliches, der generation von heute bis-
her fremd gewesenes Wort! Man hat davon in
alten Gedichtsbüchern bisher gelesen; nur eine
Minderzahl von denen, die heute noch unter uns
weilen, haben solchen Kriegsaufwand in deutschen
landen selbst erlebt. Kriegsaufwand ist noch nicht
Krieg, hört man da und dort. Eine Tröstung, dienur geringen Glauben finden mag. Wenn nicht in
Petersburg und in paris die Erleuchtung wie ein
Wunder herniedersteigt, dann darf die Menschheit
alle Hoffnung schwinden lassen. Der Kaiser,unser ... , ist, wie eine offenbar
hochoffiziöse Kundgebung ... , vom rus-
sichen Zaren schmählich betrogen
worden. Das Verhalten der russchischen Krone
schlägt jeder Loyalität ins Gesicht. Nun soll
Rußland erfahren, heißt es in jener offi-ziösen Auslassung, daß dieser ... Friedrichs
... ein Kriegsfürst sein wird! Hört manschon den Anmarsch unserer Bataillone? Wir dür-
fen den kommenden Ereignissen ohne Bangen ent-
gegenleben . Nicht
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Ein fürchterliches, der generation von heute bis-
her fremd gewesenes Wort! Man hat davon in
alten Gedichtsbüchern bisher gelesen; nur eine
Minderzahl von denen, die heute noch unter uns
weilen, haben solchen Kriegsaufwand in deutschen
landen selbst erlebt. Kriegsaufwand ist noch nicht
Krieg, hört man da und dort. Eine Tröstung, dienur geringen Glauben finden mag. Wenn nicht in
Petersburg und in paris die Erleuchtung wie ein
Wunder herniedersteigt, dann darf die Menschheit
alle Hoffnung schwinden lassen. Der Kaiser,unser ... , ist, wie eine offenbar
hochoffiziöse Kundgebung ... , vom rus-
sichen Zaren schmählich betrogen
worden. Das Verhalten der russchischen Krone
schlägt jeder Loyalität ins Gesicht.
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Ein fürchterliches, der generation von heute bis-
her fremd gewesenes Wort! Man hat davon in
alten Gedichtsbüchern bisher gelesen; nur eine
Minderzahl von denen, die heute noch unter uns
weilen, haben solchen Kriegsaufwand in deutschen
landen selbst erlebt. Kriegsaufwand ist noch nicht
Krieg, hört man da und dort. Eine
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- Karl Döbling
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