Briefe von Walther Huth an seine Eltern und Bekannte , item 101

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...linke Seite

wurde infolgedessen auch ziemlich von den Herren

verhatschelt. Vorgestern nahm mich mein Kompagnieführer

zu einem 2 stünd. Spazierritt mit nach

Chrusty, Radkonize-Duze, Baguscyce, hatte

natürlich nicht gesagt, daß ich nicht reiten kann, ging

aber dank meiner recht guten Beobachtungsgabe

alles tadellos, im besten Galopp, beim Traben

warf mein Schinder ganz unverschämt, u. Schritt

ist viel zu langweilig. Das Vorzimmer der

Kompagnieschreibstube habe ich jetzt als mein Reich mit

Beschlag belegt u. lasse es mir gemütlich einrichten.

Einen Sanitätsgefreiten habe ich noch mit drin, Abiturient,

hat studiert, war erst im Westen 235

(Langemark, Pilken). Wilhelm sah ich gestern bei

der Ablösung auf 2 Sekunden. Das ziemlich dumm,

weil wir uns oft gegenseitig ablösen, außerdem liegt

die 9. in Tatar, 3/4 Stunde zu laufen. Am 16. sind

wir hübsch zusammen spazieren gegangen, haben

uns auf einem Berg geahlt u. von der guten alten

Zeit gesprochen. Mein Putzer ist sehr tüchtig u.

aufmerksam, sind jetzt mit in meinem Unterstand,

Zugführerunterstand, da ich stellvertretender

Zugführer des Reservezuges bin. Beim Exerzieren

unten bekomme ich einen Zug zum

Vorführen, mehr Schliff für mich als für die Leute,


...rechte Seite

da der Oberstleutnant von seinem Fenster aus

die Sache übersehen kann, auch erscheint oft der

Herr Major. In den Ruhetagen wird natürlich

tüchtig in der Ramska gebadet. Waschgelegenheit

gibts auch, also ziemlich alles in Ordnung.

    Ruski hat sich neuerdings Revolverkanonen

angeschafft, die ab u. an nach Rawa pfeffern,

die Geschosse explodieren aber fast nie,

infolgedessen herrscht allgemeine Freude, wenn die

Dingerschen angesummt kommen, sind 4 cm

stark, also recht harmlos.

      Bitte bei Gelegenheit um Zigarrenspitzen

aus Pappe, da so etwas hier nicht zu haben ist.

          Öschen vielen Dank für Briefe !

          Euch allen herzliche Grüße

                                                            Euer Walther.


164.               Karte an Tante Gretchen.

                                                         21. Juni 1915.

L. T. !  Vielen dank für Deine Karte vom 14. Es

tut mir sehr leid, daß Du meine Karte von Lodz

nicht bekommen hast (Ansicht Warschauer Bahnhof).

Wir leben hier recht friedlich, haben eine sehr

ruhige, trockene Stellung. In den Ruhetagen wird

in der Rawka gebadet, also kommt auch die

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wurde infolgedessen auch ziemlich von den Herren

verhatschelt. Vorgestern nahm mich mein Kompagnieführer

zu einem 2 stünd. Spazierritt mit nach

Chrusty, Radkonize-Duze, Baguscyce, hatte

natürlich nicht gesagt, daß ich nicht reiten kann, ging

aber dank meiner recht guten Beobachtungsgabe

alles tadellos, im besten Galopp, beim Traben

warf mein Schinder ganz unverschämt, u. Schritt

ist viel zu langweilig. Das Vorzimmer der

Kompagnieschreibstube habe ich jetzt als mein Reich mit

Beschlag belegt u. lasse es mir gemütlich einrichten.

Einen Sanitätsgefreiten habe ich noch mit drin, Abiturient,

hat studiert, war erst im Westen 235

(Langemark, Pilken). Wilhelm sah ich gestern bei

der Ablösung auf 2 Sekunden. Das ziemlich dumm,

weil wir uns oft gegenseitig ablösen, außerdem liegt

die 9. in Tatar, 3/4 Stunde zu laufen. Am 16. sind

wir hübsch zusammen spazieren gegangen, haben

uns auf einem Berg geahlt u. von der guten alten

Zeit gesprochen. Mein Putzer ist sehr tüchtig u.

aufmerksam, sind jetzt mit in meinem Unterstand,

Zugführerunterstand, da ich stellvertretender

Zugführer des Reservezuges bin. Beim Exerzieren

unten bekomme ich einen Zug zum

Vorführen, mehr Schliff für mich als für die Leute,


...rechte Seite

da der Oberstleutnant von seinem Fenster aus

die Sache übersehen kann, auch erscheint oft der

Herr Major. In den Ruhetagen wird natürlich

tüchtig in der Ramska gebadet. Waschgelegenheit

gibts auch, also ziemlich alles in Ordnung.

    Ruski hat sich neuerdings Revolverkanonen

angeschafft, die ab u. an nach Rawa pfeffern,

die Geschosse explodieren aber fast nie,

infolgedessen herrscht allgemeine Freude, wenn die

Dingerschen angesummt kommen, sind 4 cm

stark, also recht harmlos.

      Bitte bei Gelegenheit um Zigarrenspitzen

aus Pappe, da so etwas hier nicht zu haben ist.

          Öschen vielen Dank für Briefe !

          Euch allen herzliche Grüße

                                                            Euer Walther.


164.               Karte an Tante Gretchen.

                                                         21. Juni 1915.

L. T. !  Vielen dank für Deine Karte vom 14. Es

tut mir sehr leid, daß Du meine Karte von Lodz

nicht bekommen hast (Ansicht Warschauer Bahnhof).

Wir leben hier recht friedlich, haben eine sehr

ruhige, trockene Stellung. In den Ruhetagen wird

in der Rawka gebadet, also kommt auch die


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  • February 7, 2017 19:13:56 Rolf Kranz

    ...linke Seite

    wurde infolgedessen auch ziemlich von den Herren

    verhatschelt. Vorgestern nahm mich mein Kompagnieführer

    zu einem 2 stünd. Spazierritt mit nach

    Chrusty, Radkonize-Duze, Baguscyce, hatte

    natürlich nicht gesagt, daß ich nicht reiten kann, ging

    aber dank meiner recht guten Beobachtungsgabe

    alles tadellos, im besten Galopp, beim Traben

    warf mein Schinder ganz unverschämt, u. Schritt

    ist viel zu langweilig. Das Vorzimmer der

    Kompagnieschreibstube habe ich jetzt als mein Reich mit

    Beschlag belegt u. lasse es mir gemütlich einrichten.

    Einen Sanitätsgefreiten habe ich noch mit drin, Abiturient,

    hat studiert, war erst im Westen 235

    (Langemark, Pilken). Wilhelm sah ich gestern bei

    der Ablösung auf 2 Sekunden. Das ziemlich dumm,

    weil wir uns oft gegenseitig ablösen, außerdem liegt

    die 9. in Tatar, 3/4 Stunde zu laufen. Am 16. sind

    wir hübsch zusammen spazieren gegangen, haben

    uns auf einem Berg geahlt u. von der guten alten

    Zeit gesprochen. Mein Putzer ist sehr tüchtig u.

    aufmerksam, sind jetzt mit in meinem Unterstand,

    Zugführerunterstand, da ich stellvertretender

    Zugführer des Reservezuges bin. Beim Exerzieren

    unten bekomme ich einen Zug zum

    Vorführen, mehr Schliff für mich als für die Leute,


    ...rechte Seite

    da der Oberstleutnant von seinem Fenster aus

    die Sache übersehen kann, auch erscheint oft der

    Herr Major. In den Ruhetagen wird natürlich

    tüchtig in der Ramska gebadet. Waschgelegenheit

    gibts auch, also ziemlich alles in Ordnung.

        Ruski hat sich neuerdings Revolverkanonen

    angeschafft, die ab u. an nach Rawa pfeffern,

    die Geschosse explodieren aber fast nie,

    infolgedessen herrscht allgemeine Freude, wenn die

    Dingerschen angesummt kommen, sind 4 cm

    stark, also recht harmlos.

          Bitte bei Gelegenheit um Zigarrenspitzen

    aus Pappe, da so etwas hier nicht zu haben ist.

              Öschen vielen Dank für Briefe !

              Euch allen herzliche Grüße

                                                                Euer Walther.


    164.               Karte an Tante Gretchen.

                                                             21. Juni 1915.

    L. T. !  Vielen dank für Deine Karte vom 14. Es

    tut mir sehr leid, daß Du meine Karte von Lodz

    nicht bekommen hast (Ansicht Warschauer Bahnhof).

    Wir leben hier recht friedlich, haben eine sehr

    ruhige, trockene Stellung. In den Ruhetagen wird

    in der Rawka gebadet, also kommt auch die

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2656 / 33708
Source
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Friedrich-Carl Hoffmann
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http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/


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