Briefe von Walther Huth an seine Eltern und Bekannte , item 84

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...linke Seite

(Landsturm), zwei sind nur noch bei der Kompagnie,

die anderen haben sich gedrückt, zusammen in einem

kl. Zimmer. Wir liegen nicht dick, da wir nur 120

Köpfe, die aktiven fast 300, in d. Komp. haben.

Wasser ist nicht trinkbar, muß immer abgekocht werden.

        Hätte gern mal richtiges Kakaopulver u. schönes

Schmalz. Den Tabak bekam ich gestern, meine Pfeife

wird garnicht mehr kalt.

         Man redet viel von einem Abtransport nach den

Karpathen, 203 u. 204 sollen schon hin sein, glaube

es aber noch nicht recht. Nicht Genaues weiß mer nicht.

Schreibt bitte recht viel, wie es zuhause aussieht.

           Euch allen viele Grüße

                                                    Euer Walther.


127.              Brief an die Eltern.

                                         Polygonwald, 14. IV. 1915.

      Liebe Eltern !

Gestern abend erhielt ich Mutters fieberhaft

erwarteten Brief. Der Anmarsch nach unserer Stellung

ist oberfaul, Straße nach Ypern, dann

durch einen Park ohne Laufgraben direkt rin

in den Graben. Wir hatten Schwein und schafftens

ohne Verluste. Ich habe einen schönen Unterstand mit


...rechte Seite

eis.[ernem] Ofen u. einem Lager aus Sandsäcken. Geschlafen wird

natürlich nur tagsüber einige Stunden.

Nun zur Offiziersgeschichte: Bei 202 ist für uns absolut

keine Aussicht auf Fortkommen. Man gibt uns keine

klare Auskunft, wir sollen uns gedulden, wir sind

nicht einmal zu Fähnrichen ernannt worden, während

des Unterrichts hat man sich fast ausschließlich um die

Res. Offasp. [Reserve Offiziersaspiranten] bemüht.

Jetzt nach deren Beförderung (15 Mann)

fällt der Unterricht regelmäßig aus. Die nach

Berlin, besser Warthelager Posen, kommandierten sind

als Leutnants zurückgekehrt, auch 17. Deswegen schrieb

ich an Wilhelm, ob eine Übersiedelung möglich sei. Mein

Abiturzeugnis liegt auf dem Regimentsbureau unter

den Akten, mußten es damals mit x Lebensläufen

zusammen abgeben. Ich möchte also möglichst bald

hier weg, trotzdem es mir in einer Art schwerfällt,

ich hab doch so allerlei bei 202 durchgemacht.

    In Koelenberg müßtet Ihr sehen, mit welcher Liebe

u. Sorgfalt dort die "Barbaren" Gärten angelegt u.

Obstbäume, sowie Blumen u. Ziersträucher gepflanzt

haben. Der Deutsche muß eben etwas haben, daß er

unter seiner Pflege wachsen u. gedeihen sieht, diese Anlagen

sind nicht etwa auf Befehl, sondern aus eigenem

Antrieb entstanden. Auch ein sehr hübsch gepflegter

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...linke Seite

(Landsturm), zwei sind nur noch bei der Kompagnie,

die anderen haben sich gedrückt, zusammen in einem

kl. Zimmer. Wir liegen nicht dick, da wir nur 120

Köpfe, die aktiven fast 300, in d. Komp. haben.

Wasser ist nicht trinkbar, muß immer abgekocht werden.

        Hätte gern mal richtiges Kakaopulver u. schönes

Schmalz. Den Tabak bekam ich gestern, meine Pfeife

wird garnicht mehr kalt.

         Man redet viel von einem Abtransport nach den

Karpathen, 203 u. 204 sollen schon hin sein, glaube

es aber noch nicht recht. Nicht Genaues weiß mer nicht.

Schreibt bitte recht viel, wie es zuhause aussieht.

           Euch allen viele Grüße

                                                    Euer Walther.


127.              Brief an die Eltern.

                                         Polygonwald, 14. IV. 1915.

      Liebe Eltern !

Gestern abend erhielt ich Mutters fieberhaft

erwarteten Brief. Der Anmarsch nach unserer Stellung

ist oberfaul, Straße nach Ypern, dann

durch einen Park ohne Laufgraben direkt rin

in den Graben. Wir hatten Schwein und schafftens

ohne Verluste. Ich habe einen schönen Unterstand mit


...rechte Seite

eis.[ernem] Ofen u. einem Lager aus Sandsäcken. Geschlafen wird

natürlich nur tagsüber einige Stunden.

Nun zur Offiziersgeschichte: Bei 202 ist für uns absolut

keine Aussicht auf Fortkommen. Man gibt uns keine

klare Auskunft, wir sollen uns gedulden, wir sind

nicht einmal zu Fähnrichen ernannt worden, während

des Unterrichts hat man sich fast ausschließlich um die

Res. Offasp. [Reserve Offiziersaspiranten] bemüht.

Jetzt nach deren Beförderung (15 Mann)

fällt der Unterricht regelmäßig aus. Die nach

Berlin, besser Warthelager Posen, kommandierten sind

als Leutnants zurückgekehrt, auch 17. Deswegen schrieb

ich an Wilhelm, ob eine Übersiedelung möglich sei. Mein

Abiturzeugnis liegt auf dem Regimentsbureau unter

den Akten, mußten es damals mit x Lebensläufen

zusammen abgeben. Ich möchte also möglichst bald

hier weg, trotzdem es mir in einer Art schwerfällt,

ich hab doch so allerlei bei 202 durchgemacht.

    In Koelenberg müßtet Ihr sehen, mit welcher Liebe

u. Sorgfalt dort die "Barbaren" Gärten angelegt u.

Obstbäume, sowie Blumen u. Ziersträucher gepflanzt

haben. Der Deutsche muß eben etwas haben, daß er

unter seiner Pflege wachsen u. gedeihen sieht, diese Anlagen

sind nicht etwa auf Befehl, sondern aus eigenem

Antrieb entstanden. Auch ein sehr hübsch gepflegter


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  • February 4, 2017 20:12:48 Rolf Kranz

    ...linke Seite

    (Landsturm), zwei sind nur noch bei der Kompagnie,

    die anderen haben sich gedrückt, zusammen in einem

    kl. Zimmer. Wir liegen nicht dick, da wir nur 120

    Köpfe, die aktiven fast 300, in d. Komp. haben.

    Wasser ist nicht trinkbar, muß immer abgekocht werden.

            Hätte gern mal richtiges Kakaopulver u. schönes

    Schmalz. Den Tabak bekam ich gestern, meine Pfeife

    wird garnicht mehr kalt.

             Man redet viel von einem Abtransport nach den

    Karpathen, 203 u. 204 sollen schon hin sein, glaube

    es aber noch nicht recht. Nicht Genaues weiß mer nicht.

    Schreibt bitte recht viel, wie es zuhause aussieht.

               Euch allen viele Grüße

                                                        Euer Walther.


    127.              Brief an die Eltern.

                                             Polygonwald, 14. IV. 1915.

          Liebe Eltern !

    Gestern abend erhielt ich Mutters fieberhaft

    erwarteten Brief. Der Anmarsch nach unserer Stellung

    ist oberfaul, Straße nach Ypern, dann

    durch einen Park ohne Laufgraben direkt rin

    in den Graben. Wir hatten Schwein und schafftens

    ohne Verluste. Ich habe einen schönen Unterstand mit


    ...rechte Seite

    eis.[ernem] Ofen u. einem Lager aus Sandsäcken. Geschlafen wird

    natürlich nur tagsüber einige Stunden.

    Nun zur Offiziersgeschichte: Bei 202 ist für uns absolut

    keine Aussicht auf Fortkommen. Man gibt uns keine

    klare Auskunft, wir sollen uns gedulden, wir sind

    nicht einmal zu Fähnrichen ernannt worden, während

    des Unterrichts hat man sich fast ausschließlich um die

    Res. Offasp. [Reserve Offiziersaspiranten] bemüht.

    Jetzt nach deren Beförderung (15 Mann)

    fällt der Unterricht regelmäßig aus. Die nach

    Berlin, besser Warthelager Posen, kommandierten sind

    als Leutnants zurückgekehrt, auch 17. Deswegen schrieb

    ich an Wilhelm, ob eine Übersiedelung möglich sei. Mein

    Abiturzeugnis liegt auf dem Regimentsbureau unter

    den Akten, mußten es damals mit x Lebensläufen

    zusammen abgeben. Ich möchte also möglichst bald

    hier weg, trotzdem es mir in einer Art schwerfällt,

    ich hab doch so allerlei bei 202 durchgemacht.

        In Koelenberg müßtet Ihr sehen, mit welcher Liebe

    u. Sorgfalt dort die "Barbaren" Gärten angelegt u.

    Obstbäume, sowie Blumen u. Ziersträucher gepflanzt

    haben. Der Deutsche muß eben etwas haben, daß er

    unter seiner Pflege wachsen u. gedeihen sieht, diese Anlagen

    sind nicht etwa auf Befehl, sondern aus eigenem

    Antrieb entstanden. Auch ein sehr hübsch gepflegter

Description

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  • 50.85235184565799||2.987223307934528||

    Polygonwald

  • 51.13054289999999||13.577913399999943||

    Coswig (bei Dresden)

    ||1
Location(s)
  • Story location Coswig (bei Dresden)
  • Document location Polygonwald
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ID
2656 / 33691
Source
http://europeana1914-1918.eu/...
Contributor
Friedrich-Carl Hoffmann
License
http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/


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