Tagebuch von Margarethe Wirringa, item 12
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linke Seite
Als Kea u. Tönni mir am Sonntag abend spät,
wie sie aus dem Kino zurückkamen,
mir von dem Frieden mit Rußland sagten,
war ich überglücklich. Die Soldaten hätten
"Hurra!" gerufen, als auf einmal auf
einem Film aufgeführt sei: der Friede mit
Rußland ist heute 5 Uhr unterzeichnet worden,
(oder so ähnlich). Herr Neddermeyer hätte es uns
auch noch eben in seinem Glücke zurufen wollen,
wir aber waren schon zu Bett als sie zurückkamen.
In Aurich ist am Abend noch bis spät
in die Nacht hinein gefeiert worden - wie
in der Zeitung stand. Und hier war weiter gar
nichts los. Auch hatten die Kinder am anderen
Tage nicht mal schulfrei und der
Kultusminister
hatte auf Befehl des Kaisers - einen schulfreien
Tag - in der ganzen Monarchie -
angeordnet. Geflaggt wurde hier auch,
das war aber alles. - Erwähnt sei noch, daß
in den letzten Kämpfen im Ostern noch
sehr viel Gefangene (auch einige tausend
Offiziere) sowie Geschütze und sonstiges
Kriegsmaterial in unsere deutschen u.
Verbündeten Hand fiel. -
Vor par Tagen hat Tönni wieder einen Flug
im Flugzeug mitgemacht bei 1000 Mtr.
Höhe. Vorgestern, d. 5., ist wieder ein Flugzeug
gestürzt, wobei die beiden Insassen tötlich
verunglückten. Der Eine ist aus der Nähe
Aurichs, namens van Westen, der soll in
seine Heimat überführt werden. Es ist sehr
traurig. Wie mag den Angehörigen zu Mute
gewesen sein, als sie plötzlich die telegraphische
Todesnachricht über ihren Sohn bekamen !
Vater ist heute aus geschäftlichen Gründen
rechte Seite
für die Berliner Firma nach Emden. Er geht
auch öfter nach Norden. Es ist in diesen Tagen
bitterkalt. Manchmal friert es stark. Am
1. III. hatten wir dichten Schneefall. Hoffentl.
wird`s bald anders. - Heute erhielten wir
wieder allerlei Lebensmittel auf Karten:
Marmelade, Sago, Nudeln, Morgenkrantz
u.s.w. Es gehen noch immer Leute nach
dem Festland zu hamstern. Viele nehmen
dann Zucker-Petroleum - u. andere
Lebensmittelkarten mit. Davon bekommen
dann die Bauern oft eine große Menge.
Man hört oft die drolligsten Stücke über
das Hamstern. Zum Beispiel: Als neulich
die Polizei in einem Zuge die Fahrgäste
nach Lebensmittel untersucht hätte,
hätte er bei vielen manches gefunden. Eine
Frau war dabei gewesen, die scheinbar nichts
bei sich hatte, nur in den Armen
hätte sie ein Kindchen geschaukelt. Das
Gelächter der Reisenden sei groß gewesen,
als sich nach dem Aussteigen, das Kind als
ein Säckchen mit Erbsen entpuppte.
So mußte sich ein Jeder zu helfen wissen!
(Sehr schlecht - in Eile geschrieben.)
Freitag, d. 8. März bis Sonnabend, d. 6. April
Vor einiger Zeit war (bei dem Seehospiz
wahrscheinlich) Feuerwerk. Es stiegen alle Farben
Leuchtkugeln in die Luft, die sich dann teilten.
Es war ein schöner Anblick. - In dieser Zeit
sind viele in der Gemeinde gestorben. Das Ehe-
paar G. Eils aus der Kaiserstraße wurde auf
einem Tag zus.[ammen] beerdigt. Par Tage darauf
ist ein Schwager des Eils ebenfalls zur letzten
Ruhe bestattet. Die Beerdigungen, nament.
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Als Kea u. Tönni mir am Sonntag abend spät,
wie sie aus dem Kino zurückkamen,
mir von dem Frieden mit Rußland sagten,
war ich überglücklich. Die Soldaten hätten
"Hurra!" gerufen, als auf einmal auf
einem Film aufgeführt sei: der Friede mit
Rußland ist heute 5 Uhr unterzeichnet worden,
(oder so ähnlich). Herr meyer hätte es uns
auch noch eben in seinem Glücke zurufen wollen,
wir aber waren schon zu Bett als sie zurück-
kamen. In Aurich ist am Abend noch bis spät
in die Nacht hinein gefeiert worden - wie
in der Zeitung stand. Und hier war weiter gar
nichts los. Auch hatten die Kinder am anderen
Tage nicht mal schulfrei und der
Kaiserhatte doch auf BefehlKultusministerhatte auf Befehl des Kaisers - einen schul-
freien Tag - in der ganzen Monarchie -
angeordnet. Geflaggt wurde hier auch,
das war aber alles. - Erwähnt sei noch, daß
in den letzten Kämpfen im Ostern noch
sehr viel Gefangene (auch einige tausend
Offiziere) sowie Geschütze und sonstiges
Kriegsmaterial in unsere deutschen u. Ver-
bündeten Hand fiel. -
Vor zwo Tagen hat Tönni wieder einen Flug
im Flugzeug mitgemacht bei 1000 Mtr.
Höhe. Vorgestern, d. 5. ist wieder ein Flugzeug
gestürzt, wobei die beiden Insassen tötlich
verunglückten. Der Eine ist aus der Nähe
Aurichs, namens van Westen, der soll in
seine Heimat überführt werden. Es ist sehr
traurig. Wie mag den Angehörigen zu Mute
gewesen sein, als sie plötzlich die telegraphi-
sche Todesnachricht über ihren Sohn bekamen!
Vater ist heute aus geschäftlichen Gründen
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für die Berliner Firma nach Emden. Er geht
auch öfter nach Norden. Es ist in diesen Tagen
bitterkalt. Manchmal friert es stark. Am
1. III. hatten wir dichten Schneefall. Hoffentl.
wird es bald anders. - Heute erhielten wir
wieder allerlei Lebensmittel auf Karten:
Marmelade, Sago, Nudeln, Morgenkrantz
u.s.w. Es gehen noch immer Leute nach
dem Festland zu hamstern. Viele nehmen
dann Zucker-Petroleum - u. andere Lebens-
mittelkarten mit. Davon bekommen
dann die Bauern oft eine große Menge.
Man hört oft die drolligsten Stücke über
das Hamstern. Zum Beispiel: Als neulich
die Polizei in einem Zuge die Fahrgäste
nach Lebensmittel untersucht hätte,
hätte er bei vielen manches gefunden. Eine
Frau war dabei gewesen, die scheinbar nichts
bei sich hatte, nur in den Armen
hätte sie ein Kindchen geschaukelt. Das
Gelächter der Reisenden sei groß gewesen,
als sich nach dem Aussteigen, das Kind als
ein Säckchen mit Erbsen entpuppte.
So mußte sich ein Jeder zu helfen wissen!
(Sehr schlecht - in Eile geschrieben.)
Freitag, d. 8. März bis Sonnabend, d. 6. April
Vor einiger Zeit war (bei dem Seehospiz wahr-
scheinlich) Feuerwerk. Es stiegen alle Farben
Leuchtkugeln in die Luft, die sich dann teilten.
Es war ein schöner Anblick. - In dieser Zeit
sind viele in der Gemeinde gestorben. Das Ehe-
paar G. Eils aus der Kaiserstraße wurde auf
einem Tag zus. beerdigt. Par Tage darauf
ist ein Schwager des Eils ebenfalls zur letzten
Ruhe bestattet. Die Beerdigungen, nament.
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wie sie aus dem Kino zurückkamen,
mir von dem Frieden mit Rußland sagten,
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auch noch eben in seinem Glücke zurufen wollen,
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kamen. In Aurich ist am Abend noch bis spät
in die Nacht hinein gefeiert worden - wie
in der Zeitung stand. Und hier war weiter gar
nichts los. Auch hatten die Kinder am anderen
Tage nicht mal schulfrei und der
Kaiserhatte doch auf BefehlKultusministerhatte auf Befehl des Kaisers - einen schul-
freien Tag - in der ganzen Monarchie -
angeordnet. Geflaggt wurde hier auch,
das war aber alles. - Erwähnt sei noch, daß
in den letzten Kämpfen im Ostern noch
sehr viel Gefangene (auch einige tausend
Offiziere) sowie Geschütze und sonstiges
Kriegsmaterial in unsere deutschen u. Ver-
bündeten Hand fiel. -
Vor zwo Tagen hat Tönni wieder einen Flug
im Flugzeug mitgemacht bei 1000 Mtr.
Höhe. Vorgestern, d. 5. ist wieder ein Flugzeug
gestürzt, wobei die beiden Insassen tötlich
verunglückten. Der Eine ist aus der Nähe
Aurichs, namens van Westen, der soll in
seine Heimat überführt werden. Es ist sehr
traurig. Wie mag den Angehörigen zu Mute
gewesen sein, als sie plötzlich die telegraphi-
sche Todesnachricht über ihren Sohn bekamen!
Vater ist heute aus geschäftlichen Gründen
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für die Berliner Firma nach Emden. Er geht
auch öfter nach Norden. Es ist in diesen Tagen
bitterkalt. Manchmal friert es stark. Am
1. III. hatten wir dichten Schneefall. Hoffentl.
wird es bald anders. - Heute erhielten wir
wieder allerlei Lebensmittel auf Karten:
Marmelade, Sago, Nudeln, Morgenkrantz
u.s.w. Es gehen noch immer Leute nach
dem Festland zu hamstern. Viele nehmen
dann Zucker-Petroleum - u. andere Lebens-
mittelkarten mit. Davon bekommen
dann die Bauern oft eine große Menge.
Man hört oft die drolligsten Stücke über
das Hamstern. Zum Beispiel: Als neulich
die Polizei in einem Zuge die Fahrgäste
nach Lebensmittel untersucht hätte,
hätte er bei vielen manches gefunden. Eine
Frau war dabei gewesen, die scheinbar nichts
bei sich hatte, nur in den Armen
hätte sie ein Kindchen geschaukelt. Das
Gelächter der Reisenden sei groß gewesen,
als sich nach dem Aussteigen, das Kind als
ein Säckchen mit Erbsen entpuppte.
So mußte sich ein Jeder zu helfen wissen!
(Sehr schlecht - in Eile geschrieben.)
Freitag, d. 8. März bis Sonnabend, d. 6. April
Vor einiger Zeit war (bei dem Seehospiz wahr-
scheinlich) Feuerwerk. Es stiegen alle Farben
Leuchtkugeln in die Luft, die sich dann teilten.
Es war ein schöner Anblick. - In dieser Zeit
sind viele in der Gemeinde gestorben. Das Ehe-
paar G. Eils aus der Kaiserstraße wurde auf
einem Tag zus. beerdigt. Par Tage darauf
ist ein Schwager des Eils ebenfalls zur letzten
Ruhe bestattet. Die Beerdigungen, nament.
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Als Kea u. Tönni mir am Sonntag abend spät,
wie sie aus dem Kino zurückkamen,
mir von dem Frieden mit Rußland sagten,
war ich überglücklich. Die Soldaten hätten
"Hurra!" gerufen, als auf einmal auf
einem Film aufgeführt sei: der Friede mit
Rußland ist heute 5 Uhr unterzeichnet worden,
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auch noch eben in seinem Glücke zurufen wollen,
wir aber waren schon zu Bett als sie zurück-
kamen. In Aurich ist am Abend noch bis spät
in die Nacht hinein gefeiert worden - wie
in der Zeitung stand. Und hier war weiter gar
nichts los. Auch hatten die Kinder am anderen
Tage nicht mal schulfrei und der
Kaiserhatte doch auf BefehlKultusministerhatte auf Befehl des Kaisers - einen schul-
freien Tag - in der ganzen Monarchie -
angeordnet. Geflaggt wurde hier auch,
das war aber alles. - Erwähnt sei noch, daß
in den letzten Kämpfen im Ostern noch
sehr viel Gefangene (auch einige tausend
Offiziere) sowie Geschütze und sonstiges
Kriegsmaterial in unsere deutschen u. Ver-
bündeten Hand fiel. -
Vor zwo Tagen hat Tönni wieder einen Flug
im Flugzeug mitgemacht bei 1000 Mtr.
Höhe. Vorgestern, d. 5. ist wieder ein Flugzeug
gestürzt, wobei die beiden Insassen tötlich
verunglückten. Der Eine ist aus der Nähe
Aurichs, namens van Westen, der soll in
seine Heimat überführt werden. Es ist sehr
traurig. Wie mag den Angehörigen zu Mute
gewesen sein, als sie plötzlich die telegraphi-
sche Todesnachricht über ihren Sohn bekamen!
Vater ist heute aus geschäftlichen Gründen
right page
für die Berliner Firma nach Emden. Er geht
auch öfter nach Norden. Es ist in diesen Tagen
bitterkalt. Manchmal friert es stark. Am
1. III. hatten wir dichten Schneefall. Hoffentl.
wird es bald anders. - Heute erhielten wir
wieder allerlei Lebensmittel auf Karten:
Marmelade, Sago, Nudeln, Morgenkrantz
u.s.w. Es gehen noch immer Leute nach
dem Festland zu hamstern. Viele nehmen
dann Zucker-Petroleum - u. andere Lebens-
mittelkarten mit. Davon bekommen
dann die Bauern oft eine große Menge.
Man hört oft die drolligsten Stücke über
das Hamstern. Zum Beispiel: Als neulich
die Polizei in einem Zuge die Fahrgäste
nach Lebensmittel untersucht hätte,
hätte er bei vielen manches gefunden. Eine
Frau war dabei gewesen, die scheinbar nichts
bei sich hatte, nur in den Armen
hätte sie ein Kindchen geschaukelt. Das
Gelächter der Reisenden sei groß gewesen,
als sich nach dem Aussteigen, das Kind als
ein Säckchen mit Erbsen entpuppte.
So mußte sich ein Jeder zu helfen wissen!
(Sehr schlecht - in Eile geschrieben.)
Freitag, d. 8. März bis Sonnabend, d. 6. April
Vor einiger Zeit war (bei dem Seehospiz wahr-
scheinlich) Feuerwerk. Es stiegen alle Farben
Leuchtkugeln in die Luft, die sich dann teilten.
Es war ein schöner Anblick. - In dieser Zeit
sind viele in der Gemeinde gestorben. Das Ehe-
paar G. Eils aus der Kaiserstraße wurde auf
einem Tag zus. beerdigt. Par Tage darauf
ist ein Schwager des Eils ebenfalls zur letzten
Ruhe bestattet. Die Beerdigungen, nament.
-
left page
Als Kea u. Tönni mir am Sonntag abend spät,
wie sie aus dem Kino zurückkamen,
mir von dem Frieden mit Rußland sagten,
war ich überglücklich. Die Soldaten hätten
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einem Film aufgeführt sei: der Friede mit
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Norderney
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- 14705 / 160787
- Contributor
- Johanna Senkowski
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