Briefe von Walther Huth an seine Eltern und Bekannte , item 123

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...linke Seite

Sputti, ach ich dachte, ich wäre hier in all den Gräuel u.

all der Not hart, eisenhart geworden, da Sputti, da habe

geheult wie ein Kettenhund, nun stell Dir das mal

vor. Ein Patrouillenführer, der unter schwierigen Umständen

seine Aufgabe zur vollen Zufriedenheit gelöst hat u.

auch sonst mit seinem Leutnant brillant steht, heult bei

einem Brief aus der Heimat. Ihr könnt Euch aber garnicht

denken, was für uns Feldpost bedeutet, alles Angenehme,

was wir irgend haben, bringt uns die Post.

Nachrichten von Hause, Zigarrren, Zigaretten, Schokolade u.s.w.

Kurz wir warten auf die Post, wie die kleinen

Kinder auf Weihnachten. Ja das ist wieder solch wunder

Punkt, der mir jedesmal wehe tut, wenn ich daran

denke, Weihnachten u. nicht zu Haus, was hätten wir

dies Jahr ein schönes Weihnachtsfest feiern können, u.

wie trübe wirds nun bei Euch aussehen, wie ernst !

Einige haben ja die Hoffnung, Weihnachten zu Haus zu

sein, noch nicht aufgegeben, aber ich halte das für ganz

ausgeschlossen. Ihr werdet ja jedenfalls von den überaus

hartnäckigen u. verlustreichen Kämpfen am Yserkanal

um Dixmude gehört haben, alles Kämpfe, die

uns freiwillige Regimenter so gut wie aufgerieben haben.

Unsere Kompagnie war noch 60 Mann stark, wir bekamen

60 Mann Ersatz, alten Landsturm, der bisher in

Döberitz die Gefangenen bewacht hat, jetzt hat die Kompagnie


...rechte Seite

nach dem letzten Sturm wieder nur noch eine Gefechtsstärke

von 10 Unteroffizieren u. 81 Mann ! Wenn

uns nur unser Leutnant erhalten bleibt, er ist unser

Vater bald noch mehr wie Hauptmann Bader u. er

sucht die Komp. noch mehr zu schonen, jagt nach

Möglichkeit nicht blindlings drauf los.

       Kleine Sputti, bevor ichs vergesse, wenn Du wieder

mal an Dein kleines Brüderlein denkst u. mir etwas

zugute kommen lassen willst, dann bitte ich um

Teewürfel. Es ist ein Zuckerpräperat mit Teegehalt,

ich glaube von Kathriner, ich nehme zwar die doppelte

Menge wie angegeben, aber dann schmeckt der Tee auch

ausgezeichnet, sie sind noch weit besser wie der Kaffee.

Und dann schönen Keks, darnach habe ich richtigen Heißhunger !

Frau v. Rauchhaupt schickte mir neulich auch

ein kleines Päckchen, in dem unter anderem Bouillonwürfel

u. als Glanzpunkt eine Tube kondensierter

Milch waren. Diese Milch, die ich gleich aus der Tube

geschleckt habe, war etwas ganz Köstliches, zumal

frische Milch hier nicht mehr oder selten zu haben ist,

weil das Vieh krank wird. Hier sitzen wir nun

in einem Keller, einigermaßen sicher gegen die

einschlagenden Granaten, eben schlägt wieder solch Biest

in unser "Haus", ein Trümmerhaufen mit Keller,

neben mir schläft mein Leutnant oder ist eben aufgewacht.

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...linke Seite

Sputti, ach ich dachte, ich wäre hier in all den Gräuel u.

all der Not hart, eisenhart geworden, da Sputti, da habe

geheult wie ein Kettenhund, nun stell Dir das mal

vor. Ein Patrouillenführer, der unter schwierigen Umständen

seine Aufgabe zur vollen Zufriedenheit gelöst hat u.

auch sonst mit seinem Leutnant brillant steht, heult bei

einem Brief aus der Heimat. Ihr könnt Euch aber garnicht

denken, was für uns Feldpost bedeutet, alles Angenehme,

was wir irgend haben, bringt uns die Post.

Nachrichten von Hause, Zigarrren, Zigaretten, Schokolade u.s.w.

Kurz wir warten auf die Post, wie die kleinen

Kinder auf Weihnachten. Ja das ist wieder solch wunder

Punkt, der mir jedesmal wehe tut, wenn ich daran

denke, Weihnachten u. nicht zu Haus, was hätten wir

dies Jahr ein schönes Weihnachtsfest feiern können, u.

wie trübe wirds nun bei Euch aussehen, wie ernst !

Einige haben ja die Hoffnung, Weihnachten zu Haus zu

sein, noch nicht aufgegeben, aber ich halte das für ganz

ausgeschlossen. Ihr werdet ja jedenfalls von den überaus

hartnäckigen u. verlustreichen Kämpfen am Yserkanal

um Dixmude gehört haben, alles Kämpfe, die

uns freiwillige Regimenter so gut wie aufgerieben haben.

Unsere Kompagnie war noch 60 Mann stark, wir bekamen

60 Mann Ersatz, alten Landsturm, der bisher in

Döberitz die Gefangenen bewacht hat, jetzt hat die Kompagnie


...rechte Seite

nach dem letzten Sturm wieder nur noch eine Gefechtsstärke

von 10 Unteroffizieren u. 81 Mann ! Wenn

uns nur unser Leutnant erhalten bleibt, er ist unser

Vater bald noch mehr wie Hauptmann Bader u. er

sucht die Komp. noch mehr zu schonen, jagt nach

Möglichkeit nicht blindlings drauf los.

       Kleine Sputti, bevor ichs vergesse, wenn Du wieder

mal an Dein kleines Brüderlein denkst u. mir etwas

zugute kommen lassen willst, dann bitte ich um

Teewürfel. Es ist ein Zuckerpräperat mit Teegehalt,

ich glaube von Kathriner, ich nehme zwar die doppelte

Menge wie angegeben, aber dann schmeckt der Tee auch

ausgezeichnet, sie sind noch weit besser wie der Kaffee.

Und dann schönen Keks, darnach habe ich richtigen Heißhunger !

Frau v. Rauchhaupt schickte mir neulich auch

ein kleines Päckchen, in dem unter anderem Bouillonwürfel

u. als Glanzpunkt eine Tube kondensierter

Milch waren. Diese Milch, die ich gleich aus der Tube

geschleckt habe, war etwas ganz Köstliches, zumal

frische Milch hier nicht mehr oder selten zu haben ist,

weil das Vieh krank wird. Hier sitzen wir nun

in einem Keller, einigermaßen sicher gegen die

einschlagenden Granaten, eben schlägt wieder solch Biest

in unser "Haus", ein Trümmerhaufen mit Keller,

neben mir schläft mein Leutnant oder ist eben aufgewacht.


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  • January 23, 2017 22:19:27 Rolf Kranz

    ...linke Seite

    Sputti, ach ich dachte, ich wäre hier in all den Gräuel u.

    all der Not hart, eisenhart geworden, da Sputti, da habe

    geheult wie ein Kettenhund, nun stell Dir das mal

    vor. Ein Patrouillenführer, der unter schwierigen Umständen

    seine Aufgabe zur vollen Zufriedenheit gelöst hat u.

    auch sonst mit seinem Leutnant brillant steht, heult bei

    einem Brief aus der Heimat. Ihr könnt Euch aber garnicht

    denken, was für uns Feldpost bedeutet, alles Angenehme,

    was wir irgend haben, bringt uns die Post.

    Nachrichten von Hause, Zigarrren, Zigaretten, Schokolade u.s.w.

    Kurz wir warten auf die Post, wie die kleinen

    Kinder auf Weihnachten. Ja das ist wieder solch wunder

    Punkt, der mir jedesmal wehe tut, wenn ich daran

    denke, Weihnachten u. nicht zu Haus, was hätten wir

    dies Jahr ein schönes Weihnachtsfest feiern können, u.

    wie trübe wirds nun bei Euch aussehen, wie ernst !

    Einige haben ja die Hoffnung, Weihnachten zu Haus zu

    sein, noch nicht aufgegeben, aber ich halte das für ganz

    ausgeschlossen. Ihr werdet ja jedenfalls von den überaus

    hartnäckigen u. verlustreichen Kämpfen am Yserkanal

    um Dixmude gehört haben, alles Kämpfe, die

    uns freiwillige Regimenter so gut wie aufgerieben haben.

    Unsere Kompagnie war noch 60 Mann stark, wir bekamen

    60 Mann Ersatz, alten Landsturm, der bisher in

    Döberitz die Gefangenen bewacht hat, jetzt hat die Kompagnie


    ...rechte Seite

    nach dem letzten Sturm wieder nur noch eine Gefechtsstärke

    von 10 Unteroffizieren u. 81 Mann ! Wenn

    uns nur unser Leutnant erhalten bleibt, er ist unser

    Vater bald noch mehr wie Hauptmann Bader u. er

    sucht die Komp. noch mehr zu schonen, jagt nach

    Möglichkeit nicht blindlings drauf los.

           Kleine Sputti, bevor ichs vergesse, wenn Du wieder

    mal an Dein kleines Brüderlein denkst u. mir etwas

    zugute kommen lassen willst, dann bitte ich um

    Teewürfel. Es ist ein Zuckerpräperat mit Teegehalt,

    ich glaube von Kathriner, ich nehme zwar die doppelte

    Menge wie angegeben, aber dann schmeckt der Tee auch

    ausgezeichnet, sie sind noch weit besser wie der Kaffee.

    Und dann schönen Keks, darnach habe ich richtigen Heißhunger !

    Frau v. Rauchhaupt schickte mir neulich auch

    ein kleines Päckchen, in dem unter anderem Bouillonwürfel

    u. als Glanzpunkt eine Tube kondensierter

    Milch waren. Diese Milch, die ich gleich aus der Tube

    geschleckt habe, war etwas ganz Köstliches, zumal

    frische Milch hier nicht mehr oder selten zu haben ist,

    weil das Vieh krank wird. Hier sitzen wir nun

    in einem Keller, einigermaßen sicher gegen die

    einschlagenden Granaten, eben schlägt wieder solch Biest

    in unser "Haus", ein Trümmerhaufen mit Keller,

    neben mir schläft mein Leutnant oder ist eben aufgewacht.

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Friedrich-Carl Hoffmann
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http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/


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