Briefe von Walther Huth an seine Eltern und Bekannte , item 117

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...linke Seite

erst ordentlich mit Artillerie belerdern müssen, wie bei

Grudusk, oder am Narew. Mir geht es nach wie vor

ausgezeichnet.            Mit vielen Grüßen

                                                       Dein Neffe Walther.


191.                Brief an Elli.

                             Westl. Dombrowa bei Komorawa,

                                                                 2. August 1915.

         Liebe Elli !

     Zuerst vielen Dank für Deine Fluadesendung !

Du fragtest mich vor den Ferien nach den Adressen

einiger Kerls, nun, jetzt habe ich einige kennen gelernt,

die es wert sind u. von Hause wenig bekommen.

Zuerst mein Putzer, Musketier Hermann Meissner. Er

meldete sich wiederholt freiwillig zu Patrouillengängen

unter meiner Führung, dabei benahm er sich mutig u.

äußerst geschickt im Schleichen, gutes Schießen, sein ganzes

Gebaren zeigte eine große Vertrautheit mit der Schußwaffe,

daß ich ihm schließlich den Wilderer auf den Kopf zusagte.

Vor einigen Tagen bekam er Nachricht von dem

Tode seiner 2 Brüder, der eine Förster, Oberj.[äger] 1. Bayr.[isches]

Jäg.[er] Bat.[aillon], beide im Westen gef.[allen]. Da packte er mir

gegenüber aus. Als 17jähriger erschoß er aus Eifersucht einen

Förster u. sah sich, steckbrieflich verfolgt, gezwungen, verborgen

zu leben. Da ernährte er sich vom Wildern. Sein


...rechte Seite

Vater besitzt eine Alm in Oberbayern, sie leben von Viehzucht.

Der Grenze nahe, wurde es ihn leicht, ein Jahr lang

umherzustrolchen. 1908 wurde er auf ein Jahr festgesetzt.

Sein Vater hatte jede Verbindung mit ihm abgebrochen. Da

wanderte er nach Thüringen u. Harz, wo er als Schweizer

arbeitete. Er hat sich kurz vor dem Krieg verlobt.

Vor 1/4 Jahr bat er seinen Vater um Verzeihung u. erhielt

die Erlaubnis, zurückzukommen. Ich schätze ihn als festen,

treuen, unerschrockenen Kerl. Ihn erfreut Ihr am meisten

mit allerlei Knabberei, Strümpfen u. vor allem

mit Pfeifentabak.

    Dann kommt ein kleiner, drolliger Putzel, Musk.[etier]

Roeder, der solange zu allem anstellig ist, solange er

"Stäbchen" hat, das sind Zigaretten, brauchen natürlich

keine zu 5 [Pfennig je Stück] zu sein.

    Wir liegen hier in einem wunderbaren Kiefernwald,

die Stellungen am Waldrand, Ruski 200 m

weiter. Herrliches Wetter, aber sehr viel Arbeit, da

Stellung noch nicht ausgebaut, kostet daher allerlei

Verwundungen durch Zufallstreffer. Gestern meldet sich

einer bei mir von Patrouille zurück, strahlend, macht

vorschriftsmäßig seine Meldung u. erklärt dann

strahlend, er hätte einen Heimatschuß, Fleischschuß,

linker Oberarm, glücklich grinsend schob er ab.

                 Herzlichen Gruß                         Walther.

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erst ordentlich mit Artillerie belerdern müssen, wie bei

Grudusk, oder am Narew. Mir geht es nach wie vor

ausgezeichnet.            Mit vielen Grüßen

                                                       Dein Neffe Walther.


191.                Brief an Elli.

                             Westl. Dombrowa bei Komorawa,

                                                                 2. August 1915.

         Liebe Elli !

     Zuerst vielen Dank für Deine Fluadesendung !

Du fragtest mich vor den Ferien nach den Adressen

einiger Kerls, nun, jetzt habe ich einige kennen gelernt,

die es wert sind u. von Hause wenig bekommen.

Zuerst mein Putzer, Musketier Hermann Meissner. Er

meldete sich wiederholt freiwillig zu Patrouillengängen

unter meiner Führung, dabei benahm er sich mutig u.

äußerst geschickt im Schleichen, gutes Schießen, sein ganzes

Gebaren zeigte eine große Vertrautheit mit der Schußwaffe,

daß ich ihm schließlich den Wilderer auf den Kopf zusagte.

Vor einigen Tagen bekam er Nachricht von dem

Tode seiner 2 Brüder, der eine Förster, Oberj.[äger] 1. Bayr.[isches]

Jäg.[er] Bat.[aillon], beide im Westen gef.[allen]. Da packte er mir

gegenüber aus. Als 17jähriger erschoß er aus Eifersucht einen

Förster u. sah sich, steckbrieflich verfolgt, gezwungen, verborgen

zu leben. Da ernährte er sich vom Wildern. Sein


...rechte Seite

Vater besitzt eine Alm in Oberbayern, sie leben von Viehzucht.

Der Grenze nahe, wurde es ihn leicht, ein Jahr lang

umherzustrolchen. 1908 wurde er auf ein Jahr festgesetzt.

Sein Vater hatte jede Verbindung mit ihm abgebrochen. Da

wanderte er nach Thüringen u. Harz, wo er als Schweizer

arbeitete. Er hat sich kurz vor dem Krieg verlobt.

Vor 1/4 Jahr bat er seinen Vater um Verzeihung u. erhielt

die Erlaubnis, zurückzukommen. Ich schätze ihn als festen,

treuen, unerschrockenen Kerl. Ihn erfreut Ihr am meisten

mit allerlei Knabberei, Strümpfen u. vor allem

mit Pfeifentabak.

    Dann kommt ein kleiner, drolliger Putzel, Musk.[etier]

Roeder, der solange zu allem anstellig ist, solange er

"Stäbchen" hat, das sind Zigaretten, brauchen natürlich

keine zu 5 [Pfennig je Stück] zu sein.

    Wir liegen hier in einem wunderbaren Kiefernwald,

die Stellungen am Waldrand, Ruski 200 m

weiter. Herrliches Wetter, aber sehr viel Arbeit, da

Stellung noch nicht ausgebaut, kostet daher allerlei

Verwundungen durch Zufallstreffer. Gestern meldet sich

einer bei mir von Patrouille zurück, strahlend, macht

vorschriftsmäßig seine Meldung u. erklärt dann

strahlend, er hätte einen Heimatschuß, Fleischschuß,

linker Oberarm, glücklich grinsend schob er ab.

                 Herzlichen Gruß                         Walther.


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  • February 11, 2017 15:48:12 Rolf Kranz

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    erst ordentlich mit Artillerie belerdern müssen, wie bei

    Grudusk, oder am Narew. Mir geht es nach wie vor

    ausgezeichnet.            Mit vielen Grüßen

                                                           Dein Neffe Walther.


    191.                Brief an Elli.

                                 Westl. Dombrowa bei Komorawa,

                                                                     2. August 1915.

             Liebe Elli !

         Zuerst vielen Dank für Deine Fluadesendung !

    Du fragtest mich vor den Ferien nach den Adressen

    einiger Kerls, nun, jetzt habe ich einige kennen gelernt,

    die es wert sind u. von Hause wenig bekommen.

    Zuerst mein Putzer, Musketier Hermann Meissner. Er

    meldete sich wiederholt freiwillig zu Patrouillengängen

    unter meiner Führung, dabei benahm er sich mutig u.

    äußerst geschickt im Schleichen, gutes Schießen, sein ganzes

    Gebaren zeigte eine große Vertrautheit mit der Schußwaffe,

    daß ich ihm schließlich den Wilderer auf den Kopf zusagte.

    Vor einigen Tagen bekam er Nachricht von dem

    Tode seiner 2 Brüder, der eine Förster, Oberj.[äger] 1. Bayr.[isches]

    Jäg.[er] Bat.[aillon], beide im Westen gef.[allen]. Da packte er mir

    gegenüber aus. Als 17jähriger erschoß er aus Eifersucht einen

    Förster u. sah sich, steckbrieflich verfolgt, gezwungen, verborgen

    zu leben. Da ernährte er sich vom Wildern. Sein


    ...rechte Seite

    Vater besitzt eine Alm in Oberbayern, sie leben von Viehzucht.

    Der Grenze nahe, wurde es ihn leicht, ein Jahr lang

    umherzustrolchen. 1908 wurde er auf ein Jahr festgesetzt.

    Sein Vater hatte jede Verbindung mit ihm abgebrochen. Da

    wanderte er nach Thüringen u. Harz, wo er als Schweizer

    arbeitete. Er hat sich kurz vor dem Krieg verlobt.

    Vor 1/4 Jahr bat er seinen Vater um Verzeihung u. erhielt

    die Erlaubnis, zurückzukommen. Ich schätze ihn als festen,

    treuen, unerschrockenen Kerl. Ihn erfreut Ihr am meisten

    mit allerlei Knabberei, Strümpfen u. vor allem

    mit Pfeifentabak.

        Dann kommt ein kleiner, drolliger Putzel, Musk.[etier]

    Roeder, der solange zu allem anstellig ist, solange er

    "Stäbchen" hat, das sind Zigaretten, brauchen natürlich

    keine zu 5 [Pfennig je Stück] zu sein.

        Wir liegen hier in einem wunderbaren Kiefernwald,

    die Stellungen am Waldrand, Ruski 200 m

    weiter. Herrliches Wetter, aber sehr viel Arbeit, da

    Stellung noch nicht ausgebaut, kostet daher allerlei

    Verwundungen durch Zufallstreffer. Gestern meldet sich

    einer bei mir von Patrouille zurück, strahlend, macht

    vorschriftsmäßig seine Meldung u. erklärt dann

    strahlend, er hätte einen Heimatschuß, Fleischschuß,

    linker Oberarm, glücklich grinsend schob er ab.

                     Herzlichen Gruß                         Walther.

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  • 52.8292296||21.8471878||

    Komorowo

  • 51.13054289999999||13.577913399999943||

    Coswig (bei Dresden)

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  • Story location Coswig (bei Dresden)
  • Document location Komorowo
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2656 / 33724
Source
http://europeana1914-1918.eu/...
Contributor
Friedrich-Carl Hoffmann
License
http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/


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