Briefe von Walther Huth an seine Eltern und Bekannte , item 108

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...linke Seite

       Und macht unsere freudige Stimmung zunichte,

       Durch Schwarzseherei und Gekreine ?

                    Das sind die Etappenschweine !

4.    Und doch Ihr Wänster und Milchgesichter,

        Ihr aufgeblasenes schlappes Gelichter,

        Wir möchten für Euer belämmertes Leben

        Nicht eine der stolzen Erinnerungen geben,

        Uns wecken Ruhm, Liebe und Treue,

                       Ihr bleibt die Etappensäue !

                              In alter Frische ein Frontschwein.

Nun schüttelst Du jedenfalls den Kopf u. fragst, wie ist

so etwas möglich, aber es ist vielleicht ganz wertvoll,

daß Euch mal über die Verhältnisse zwischen Front u. Etappe

die Augen geöffnet werden. Also folgendermaßen trug sich

die Vorgeschichte dieses Gedichts zu: Ein Leutnant, Eisernes I.,

von Anfang an ohne Unterbrechung im Feldzug, hat ein

Kommando nach Lille. Er kommt sich vor wie ein Herrgott

u. läßt die Genüsse der Großstadt über sich ergehen,

natürlich hat er stolz seine alte Kluft auf dem Leibe. Er

kommt in der Nähe der Hauptwache an ein herrliches

Gebäude, geschmückt mit der Inschrift: "Offizierskasino".

Dort denkt er recht gut zu essen u. geht hinein. Dort glotzt

ihn ein Schild entgegen: "Nur für die Herren der Etappe."

Na er geht rein u. läßt sichs schmecken. Kurz darauf kommt

ein anderer Herr rein, blickt ihn wütend an u. setzt sich


...rechte Seite

ohne Begrüßung u. Vorstellung an einen anderen Tisch,

einige andere folgen, sie stecken die Köpfe zusammen,

schließlich steht einer auf u. geht zu dem Herrn ran: "Ach

Sie verzeihen, hier haben nur die Herren der Etappe Zutritt !

Er sagt ihnen die Wahrheit u. verschwindet, am

nächsten Tag sieht man allenthalben das Gedicht, das in

der Front allgemein Freude hervorruft, der Dichter

wird voller Wut kriegsgerichtlich gesucht, in der Front

kennt ihn jeder, aber verraten tuts natürlich keiner.

         Noch ein Zusatz zu der kleinen Geschichte: Leutnant

von Auloc, Führer der 4/95 ist auf 5 Tage in Lodz.

Dort kommt er in eine Liebesgabenzentrale und entdeckt

dort eine Menge Liebesgaben an Matratzen u. weißer

Bettwäsche. Ganz formlos erkundigt er sich, für wen sie

sei. Ja für die Offiziere ! Bisher hatten sich die herren

der Etappe damit behaglich eingerichtet. Er schlägt einen

Mordskrach, warum so etwas bei dem andauernden

Stellungskrieg nicht an die Front kommt, ja da könnte

doch etwas davon verloren gehen ! Kurz er hat die

größten Schwierigkeiten 4 vollständige Garnituren

mitnehmen zu können. Doch immerhin bezeichnend.

    Empfehlung an Frau von Lattorf.

                     Innigen Gruß

                                              Dein Walther.

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       Und macht unsere freudige Stimmung zunichte,

       Durch Schwarzseherei und Gekreine ?

                    Das sind die Etappenschweine !

4.    Und doch Ihr Wänster und Milchgesichter,

        Ihr aufgeblasenes schlappes Gelichter,

        Wir möchten für Euer belämmertes Leben

        Nicht eine der stolzen Erinnerungen geben,

        Uns wecken Ruhm, Liebe und Treue,

                       Ihr bleibt die Etappensäue !

                              In alter Frische ein Frontschwein.

Nun schüttelst Du jedenfalls den Kopf u. fragst, wie ist

so etwas möglich, aber es ist vielleicht ganz wertvoll,

daß Euch mal über die Verhältnisse zwischen Front u. Etappe

die Augen geöffnet werden. Also folgendermaßen trug sich

die Vorgeschichte dieses Gedichts zu: Ein Leutnant, Eisernes I.,

von Anfang an ohne Unterbrechung im Feldzug, hat ein

Kommando nach Lille. Er kommt sich vor wie ein Herrgott

u. läßt die Genüsse der Großstadt über sich ergehen,

natürlich hat er stolz seine alte Kluft auf dem Leibe. Er

kommt in der Nähe der Hauptwache an ein herrliches

Gebäude, geschmückt mit der Inschrift: "Offizierskasino".

Dort denkt er recht gut zu essen u. geht hinein. Dort glotzt

ihn ein Schild entgegen: "Nur für die Herren der Etappe."

Na er geht rein u. läßt sichs schmecken. Kurz darauf kommt

ein anderer Herr rein, blickt ihn wütend an u. setzt sich


...rechte Seite

ohne Begrüßung u. Vorstellung an einen anderen Tisch,

einige andere folgen, sie stecken die Köpfe zusammen,

schließlich steht einer auf u. geht zu dem Herrn ran: "Ach

Sie verzeihen, hier haben nur die Herren der Etappe Zutritt !

Er sagt ihnen die Wahrheit u. verschwindet, am

nächsten Tag sieht man allenthalben das Gedicht, das in

der Front allgemein Freude hervorruft, der Dichter

wird voller Wut kriegsgerichtlich gesucht, in der Front

kennt ihn jeder, aber verraten tuts natürlich keiner.

         Noch ein Zusatz zu der kleinen Geschichte: Leutnant

von Auloc, Führer der 4/95 ist auf 5 Tage in Lodz.

Dort kommt er in eine Liebesgabenzentrale und entdeckt

dort eine Menge Liebesgaben an Matratzen u. weißer

Bettwäsche. Ganz formlos erkundigt er sich, für wen sie

sei. Ja für die Offiziere ! Bisher hatten sich die herren

der Etappe damit behaglich eingerichtet. Er schlägt einen

Mordskrach, warum so etwas bei dem andauernden

Stellungskrieg nicht an die Front kommt, ja da könnte

doch etwas davon verloren gehen ! Kurz er hat die

größten Schwierigkeiten 4 vollständige Garnituren

mitnehmen zu können. Doch immerhin bezeichnend.

    Empfehlung an Frau von Lattorf.

                     Innigen Gruß

                                              Dein Walther.


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  • February 8, 2017 22:54:35 Rolf Kranz

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           Und macht unsere freudige Stimmung zunichte,

           Durch Schwarzseherei und Gekreine ?

                        Das sind die Etappenschweine !

    4.    Und doch Ihr Wänster und Milchgesichter,

            Ihr aufgeblasenes schlappes Gelichter,

            Wir möchten für Euer belämmertes Leben

            Nicht eine der stolzen Erinnerungen geben,

            Uns wecken Ruhm, Liebe und Treue,

                           Ihr bleibt die Etappensäue !

                                  In alter Frische ein Frontschwein.

    Nun schüttelst Du jedenfalls den Kopf u. fragst, wie ist

    so etwas möglich, aber es ist vielleicht ganz wertvoll,

    daß Euch mal über die Verhältnisse zwischen Front u. Etappe

    die Augen geöffnet werden. Also folgendermaßen trug sich

    die Vorgeschichte dieses Gedichts zu: Ein Leutnant, Eisernes I.,

    von Anfang an ohne Unterbrechung im Feldzug, hat ein

    Kommando nach Lille. Er kommt sich vor wie ein Herrgott

    u. läßt die Genüsse der Großstadt über sich ergehen,

    natürlich hat er stolz seine alte Kluft auf dem Leibe. Er

    kommt in der Nähe der Hauptwache an ein herrliches

    Gebäude, geschmückt mit der Inschrift: "Offizierskasino".

    Dort denkt er recht gut zu essen u. geht hinein. Dort glotzt

    ihn ein Schild entgegen: "Nur für die Herren der Etappe."

    Na er geht rein u. läßt sichs schmecken. Kurz darauf kommt

    ein anderer Herr rein, blickt ihn wütend an u. setzt sich


    ...rechte Seite

    ohne Begrüßung u. Vorstellung an einen anderen Tisch,

    einige andere folgen, sie stecken die Köpfe zusammen,

    schließlich steht einer auf u. geht zu dem Herrn ran: "Ach

    Sie verzeihen, hier haben nur die Herren der Etappe Zutritt !

    Er sagt ihnen die Wahrheit u. verschwindet, am

    nächsten Tag sieht man allenthalben das Gedicht, das in

    der Front allgemein Freude hervorruft, der Dichter

    wird voller Wut kriegsgerichtlich gesucht, in der Front

    kennt ihn jeder, aber verraten tuts natürlich keiner.

             Noch ein Zusatz zu der kleinen Geschichte: Leutnant

    von Auloc, Führer der 4/95 ist auf 5 Tage in Lodz.

    Dort kommt er in eine Liebesgabenzentrale und entdeckt

    dort eine Menge Liebesgaben an Matratzen u. weißer

    Bettwäsche. Ganz formlos erkundigt er sich, für wen sie

    sei. Ja für die Offiziere ! Bisher hatten sich die herren

    der Etappe damit behaglich eingerichtet. Er schlägt einen

    Mordskrach, warum so etwas bei dem andauernden

    Stellungskrieg nicht an die Front kommt, ja da könnte

    doch etwas davon verloren gehen ! Kurz er hat die

    größten Schwierigkeiten 4 vollständige Garnituren

    mitnehmen zu können. Doch immerhin bezeichnend.

        Empfehlung an Frau von Lattorf.

                         Innigen Gruß

                                                  Dein Walther.

  • February 8, 2017 19:43:47 Rolf Kranz

    ...linke Seite

           Und macht unsere freudige Stimmung zunichte,

           Durch Schwarzseherei und Gekreine ?

                        Das sind die Etappenschweine !

    4.    Und doch Ihr Wänster und Milchgesichter,

            Ihr aufgeblasenes schlappes Gelichter,

            Wir möchten für Euer belämmertes Leben

            Nicht eine der stolzen Erinnerungen geben,

            Uns wecken Ruhm, Liebe und Treue,

                           Ihr bleibt die Etappensäue !

                                  In alter Frische ein Frontschwein.

    Nun schüttelst Du jedenfalls den Kopf u. fragst, wie ist

    so etwas möglich, aber es ist vielleicht ganz wertvoll,

    daß Euch mal über die Verhältnisse zwischen Front u. Etappe

    die Augen geöffnet werden. Also folgendermaßen trug sich

    die Vorgeschichte dieses Gedichts zu: Ein Leutnant, Eisernes I.,

    von Anfang an ohne Unterbrechung im Feldzug, hat ein

    Kommando nach Lille. Er kommt sich vor wie ein Herrgott

    u. läßt die Genüsse der Großstadt über sich ergehen,

    natürlich hat er stolz seine alte Kluft auf dem Leibe. Er

    kommt in der Nähe der Hauptwache an ein herrliches

    Gebäude, geschmückt mit der Inschrift: "Offizierskasino".

    Dort denkt er recht gut zu essen u. geht hinein. Dort glotzt

    ihn ein Schild entgegen: "Nur für die Herren der Etappe."

    Na er geht rein u. läßt sichs schmecken. Kurz darauf kommt

    ein anderer Herr rein, blickt ihn wütend an u. setzt sich


    ...rechte Seite

    ohne Begrüßung u. Vorstellung an einen anderen Tisch,

    einige andere folgen, sie stecken die Köpfe zusammen,

    schließlich steht einer auf u. geht zu dem Herrn ran: "Ach

    Sie verzeihen, hier haben nur die Herren der Etappe Zutritt !

    Er sagt ihnen die Wahrheit u. verschwindet, am

    nächsten Tag sieht man allenthalben das Gedicht, das in

    der Front allgemein Freude hervorruft, der Dichter

    wird voller Wut kriegsgerichtlich gesucht, in der Front

    kennt ihn jeder, aber verraten tuts natürlich keiner.

             Noch ein Zusatz zu der kleinen Geschichte: Leutnant

    von Auloc, Führer der 4/95 ist auf 5 Tage in Lodz.

    Dort kommt er in eine Liebesgabenzentrale und entdeckt

    dort eine Menge Liebesgaben an Matratzen u. weißer

    Bettwäsche. Ganz formlos erkundigt er sich, für wen sie

    sei. Ja für die Offiziere !  


Description

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  • 51.7592485||19.4559833||

    Lodz

  • 51.13054289999999||13.577913399999943||

    Coswig (bei Dresden)

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  • Story location Coswig (bei Dresden)
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2656 / 33715
Source
http://europeana1914-1918.eu/...
Contributor
Friedrich-Carl Hoffmann
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http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/


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