Briefe von Walther Huth an seine Eltern und Bekannte , item 30

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...linke Seite

Unsere Verpflegung haben wir durch

Kochen aufgebessert, wobei ich es zu ziemlicher

Kunstfertigkeit gebracht habe, Puddings vor allem.

Die Sachen dazu liefert uns die zertrümmerte Stadt,

in der jetzt allerdings kaum noch was zu holen

ist. Heute werden wir jedenfalls noch abgelöst.

                     Hzl. Gruß

                                     Dein Neffe.


40.                  Brief an die Eltern.

                                                 Eessen  21. XI. 14.

         Liebe Eltern !

Nun ist inzwischen der 28. u. der Brief ist immer

noch nicht fort. Bereits am 24. 8 Uhr hieß es:

"Ade Dixmude !" Vorläufig nach Eessen unter den

wildesten Gerüchten, was mit uns werden sollte.

Dort gabs nochmal Verpflegung aus der Gulaschkanone,

dann warteten wir von 9 Uhr ab auf

hartgefrorenem Acker auf weitere Befehle. Ich war

glücklicherweise so gescheit und holte mir einige

Bund Stroh. Da saß ich dann leidlich, bis schließlich

3/4 1 Uhr der Befehl zum Abmarsch kam. Es hieß:

"Wir haben 3 Stunden Marsch ungefähr 14 km !"

Na schön, solchem Kram trauen wir schon lange


...rechte Seite

nicht mehr. Inzwischen fing es unterwegs an zu regnen,

Die Straßen waren durch weiches Wetter am Tage

vorher grundlos, oft bis über die Knöchel im Schlamm

auf fürchterlichem Pflaster. Fortwährend mußten

wir halten, einmal 1 !/2 Stunden in tiefem Schlamm

seitwärts der Straße, während fortwährend endlose

Munitions- und Infanteriekolonnen vorbeikamen,

auch Bagage. Wir marschierten zuerst östlich nach

Zarren, dann südwestl. über Clercken, Nachtigall,

Aschoop nach Merckem. Dort kamen wir früh

10 Uhr an. In der Luftlinie allerdings nur

etwa 15 km südlich Dixmuden. In einem netten

Haus nisteten wir uns ein, beschafften viele weiche

Matratzen u. man konnte schlafen. Ich schreibe

"man", denn ich kam immer nur auf eine 1/4 Stunde

dazu. Auch Post wurde geholt, kurz wir fühlten

uns dort sauwohl. In der Nacht darauf hieß es

mal um 1/2 3 (ich war um 11 zu Bett gekommen),

"Fertigmachen!" Um 5 Uhr endlich ging es ein

Stück zurück in eine zugige Scheune, die schon

fast ganz mit Artilleriepferden belegt war. Dort

hatten wir dann bis gestern abend leidliche

Ruhe. Das sind 3 Ruhetage hinter der Front !

Gestern abend sollten wir vor mit Proviant für


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...linke Seite

Unsere Verpflegung haben wir durch

Kochen aufgebessert, wobei ich es zu ziemlicher

Kunstfertigkeit gebracht habe, Puddings vor allem.

Die Sachen dazu liefert uns die zertrümmerte Stadt,

in der jetzt allerdings kaum noch was zu holen

ist. Heute werden wir jedenfalls noch abgelöst.

                     Hzl. Gruß

                                     Dein Neffe.


40.                  Brief an die Eltern.

                                                 Eessen  21. XI. 14.

         Liebe Eltern !

Nun ist inzwischen der 28. u. der Brief ist immer

noch nicht fort. Bereits am 24. 8 Uhr hieß es:

"Ade Dixmude !" Vorläufig nach Eessen unter den

wildesten Gerüchten, was mit uns werden sollte.

Dort gabs nochmal Verpflegung aus der Gulaschkanone,

dann warteten wir von 9 Uhr ab auf

hartgefrorenem Acker auf weitere Befehle. Ich war

glücklicherweise so gescheit und holte mir einige

Bund Stroh. Da saß ich dann leidlich, bis schließlich

3/4 1 Uhr der Befehl zum Abmarsch kam. Es hieß:

"Wir haben 3 Stunden Marsch ungefähr 14 km !"

Na schön, solchem Kram trauen wir schon lange


...rechte Seite

nicht mehr. Inzwischen fing es unterwegs an zu regnen,

Die Straßen waren durch weiches Wetter am Tage

vorher grundlos, oft bis über die Knöchel im Schlamm

auf fürchterlichem Pflaster. Fortwährend mußten

wir halten, einmal 1 !/2 Stunden in tiefem Schlamm

seitwärts der Straße, während fortwährend endlose

Munitions- und Infanteriekolonnen vorbeikamen,

auch Bagage. Wir marschierten zuerst östlich nach

Zarren, dann südwestl. über Clercken, Nachtigall,

Aschoop nach Merckem. Dort kamen wir früh

10 Uhr an. In der Luftlinie allerdings nur

etwa 15 km südlich Dixmuden. In einem netten

Haus nisteten wir uns ein, beschafften viele weiche

Matratzen u. man konnte schlafen. Ich schreibe

"man", denn ich kam immer nur auf eine 1/4 Stunde

dazu. Auch Post wurde geholt, kurz wir fühlten

uns dort sauwohl. In der Nacht darauf hieß es

mal um 1/2 3 (ich war um 11 zu Bett gekommen),

"Fertigmachen!" Um 5 Uhr endlich ging es ein

Stück zurück in eine zugige Scheune, die schon

fast ganz mit Artilleriepferden belegt war. Dort

hatten wir dann bis gestern abend leidliche

Ruhe. Das sind 3 Ruhetage hinter der Front !

Gestern abend sollten wir vor mit Proviant für



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  • January 21, 2017 21:11:47 Rolf Kranz

    ...linke Seite

    Unsere Verpflegung haben wir durch

    Kochen aufgebessert, wobei ich es zu ziemlicher

    Kunstfertigkeit gebracht habe, Puddings vor allem.

    Die Sachen dazu liefert uns die zertrümmerte Stadt,

    in der jetzt allerdings kaum noch was zu holen

    ist. Heute werden wir jedenfalls noch abgelöst.

                         Hzl. Gruß

                                         Dein Neffe.


    40.                  Brief an die Eltern.

                                                     Eessen  21. XI. 14.

             Liebe Eltern !

    Nun ist inzwischen der 28. u. der Brief ist immer

    noch nicht fort. Bereits am 24. 8 Uhr hieß es:

    "Ade Dixmude !" Vorläufig nach Eessen unter den

    wildesten Gerüchten, was mit uns werden sollte.

    Dort gabs nochmal Verpflegung aus der Gulaschkanone,

    dann warteten wir von 9 Uhr ab auf

    hartgefrorenem Acker auf weitere Befehle. Ich war

    glücklicherweise so gescheit und holte mir einige

    Bund Stroh. Da saß ich dann leidlich, bis schließlich

    3/4 1 Uhr der Befehl zum Abmarsch kam. Es hieß:

    "Wir haben 3 Stunden Marsch ungefähr 14 km !"

    Na schön, solchem Kram trauen wir schon lange


    ...rechte Seite

    nicht mehr. Inzwischen fing es unterwegs an zu regnen,

    Die Straßen waren durch weiches Wetter am Tage

    vorher grundlos, oft bis über die Knöchel im Schlamm

    auf fürchterlichem Pflaster. Fortwährend mußten

    wir halten, einmal 1 !/2 Stunden in tiefem Schlamm

    seitwärts der Straße, während fortwährend endlose

    Munitions- und Infanteriekolonnen vorbeikamen,

    auch Bagage. Wir marschierten zuerst östlich nach

    Zarren, dann südwestl. über Clercken, Nachtigall,

    Aschoop nach Merckem. Dort kamen wir früh

    10 Uhr an. In der Luftlinie allerdings nur

    etwa 15 km südlich Dixmuden. In einem netten

    Haus nisteten wir uns ein, beschafften viele weiche

    Matratzen u. man konnte schlafen. Ich schreibe

    "man", denn ich kam immer nur auf eine 1/4 Stunde

    dazu. Auch Post wurde geholt, kurz wir fühlten

    uns dort sauwohl. In der Nacht darauf hieß es

    mal um 1/2 3 (ich war um 11 zu Bett gekommen),

    "Fertigmachen!" Um 5 Uhr endlich ging es ein

    Stück zurück in eine zugige Scheune, die schon

    fast ganz mit Artilleriepferden belegt war. Dort

    hatten wir dann bis gestern abend leidliche

    Ruhe. Das sind 3 Ruhetage hinter der Front !

    Gestern abend sollten wir vor mit Proviant für


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    Coswig (bei Dresden)

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2656 / 33637
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http://europeana1914-1918.eu/...
Contributor
Friedrich-Carl Hoffmann
License
http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/


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