Briefe von Walther Huth an seine Eltern und Bekannte , item 18

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...linke Seite

weiteren Vorgehen die Toten von 206, das den Übergang

über den Iserkanal erzwungen hatte. Ein trauriges

Gefecht. Sie lagen schon 5 Tage. Kurz

darauf gingen wir selbst hinüber und begannen den

Sturm auf einen vom Feinde stark besetzten Eisenbahndamm

über ebenes Gelände durchsetzt mit zahlreichen

breiten Wassergräben, die nur durch einige

Leitern zu überschreiten waren. In der Dunkelheit

versuchten wir einen letzten Sturmlauf mit dem Bajonett,

wurden aber auf 300 m mit so furchtbarem

Maschinengewehrkreuzfeuer überschüttet, daß

wir uns an Ort und Stelle einbuddeln mußten.

Meine beiden Nebenleute fielen. Mein armer Kamerad

und Freund Hans Franke ist schon lange tot.

Mein Tornister von Kugeln zerfetzt. In unsern

kalten nassen Gräben saßen wir nun (der Boden ist

wie im Burowfeld) die Nacht und gestern, Regenwetter

gratis dazu. Die anderen Regimenter zogen sich auf

eigene Faust zurück, auch die 1. u. 4. Kompagnie.

Nur die 2. u. 3. und Reg.[iment] 208 blieben liegen auf 3

- 208 zählt noch knapp 200 Mann von 2500 ! -

Seiten von einem überstarken Feinde umgeben, der

nur durch unsere Artillerie, die auch uns ab u. zu

einen Denkzettel gibt [=friendly fire], niedergehalten wird, uns über

den Haufen zu rennen. In der Nacht fragten wir

an, was wir tun sollten u. erhielten die Erlaubnis


...rechte Seite

zurückzugehen. Übermorgen müssen wir sicher auf

dasselbe Feld wiederum vordringen. Zu Essen hatten

wir die letzten 3 Tage nur einige Brotreste u. das,

was wir bei den Toten fanden. Wir sind wieder

mal ziemlich runter. Von unserer Kompagnie sind

mindestens 2/3 tot u. verw.[undet] erreicht haben wir

fast nichts. Da könnt Ihr unsere Oberleitung bewundern.

Am meisten schaden uns die zahlreichen feindlichen

Flieger, durch die wir stets Artilleriefeuer bekommen.

Schputtis Zigarren haben mich über die letzten

Tage hinweggetröstet. Sie waren hochfein, viel

zu schade für einen Schützengraben. Nun liebe Mutter,

sei nicht böse, wenn ich an diesen Jammerbericht

eine dringende Bitte anschließe. Um meine

tägliche Ration zu verbessern möchte ich Dich bitten

mir wöchentlich vielleicht 3 Päckchen 1 mit Schmalz

in doppelte Leinenwand gefüllt, 1 mit schönem Speck

u. 1 mit harter Blut- od. Schlackwurst zu senden.

Aber bitte alles als Feldpostbriefe, da Pakete oft

14 Tage an der Sammelstelle u. dann ebensolange

bei der großen Bagage liegen bleiben. Ich glaube

bis zu einem Pfund [=500 g] sind die Päckchen zulässig.

Wenn ich die mit etwas Kaks [Keks] regelmäßig

bekomme, hoffe ich aus aller Nahrungsmittelnot



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...linke Seite

weiteren Vorgehen die Toten von 206, das den Übergang

über den Iserkanal erzwungen hatte. Ein trauriges

Gefecht. Sie lagen schon 5 Tage. Kurz

darauf gingen wir selbst hinüber und begannen den

Sturm auf einen vom Feinde stark besetzten Eisenbahndamm

über ebenes Gelände durchsetzt mit zahlreichen

breiten Wassergräben, die nur durch einige

Leitern zu überschreiten waren. In der Dunkelheit

versuchten wir einen letzten Sturmlauf mit dem Bajonett,

wurden aber auf 300 m mit so furchtbarem

Maschinengewehrkreuzfeuer überschüttet, daß

wir uns an Ort und Stelle einbuddeln mußten.

Meine beiden Nebenleute fielen. Mein armer Kamerad

und Freund Hans Franke ist schon lange tot.

Mein Tornister von Kugeln zerfetzt. In unsern

kalten nassen Gräben saßen wir nun (der Boden ist

wie im Burowfeld) die Nacht und gestern, Regenwetter

gratis dazu. Die anderen Regimenter zogen sich auf

eigene Faust zurück, auch die 1. u. 4. Kompagnie.

Nur die 2. u. 3. und Reg.[iment] 208 blieben liegen auf 3

- 208 zählt noch knapp 200 Mann von 2500 ! -

Seiten von einem überstarken Feinde umgeben, der

nur durch unsere Artillerie, die auch uns ab u. zu

einen Denkzettel gibt [=friendly fire], niedergehalten wird, uns über

den Haufen zu rennen. In der Nacht fragten wir

an, was wir tun sollten u. erhielten die Erlaubnis


...rechte Seite

zurückzugehen. Übermorgen müssen wir sicher auf

dasselbe Feld wiederum vordringen. Zu Essen hatten

wir die letzten 3 Tage nur einige Brotreste u. das,

was wir bei den Toten fanden. Wir sind wieder

mal ziemlich runter. Von unserer Kompagnie sind

mindestens 2/3 tot u. verw.[undet] erreicht haben wir

fast nichts. Da könnt Ihr unsere Oberleitung bewundern.

Am meisten schaden uns die zahlreichen feindlichen

Flieger, durch die wir stets Artilleriefeuer bekommen.

Schputtis Zigarren haben mich über die letzten

Tage hinweggetröstet. Sie waren hochfein, viel

zu schade für einen Schützengraben. Nun liebe Mutter,

sei nicht böse, wenn ich an diesen Jammerbericht

eine dringende Bitte anschließe. Um meine

tägliche Ration zu verbessern möchte ich Dich bitten

mir wöchentlich vielleicht 3 Päckchen 1 mit Schmalz

in doppelte Leinenwand gefüllt, 1 mit schönem Speck

u. 1 mit harter Blut- od. Schlackwurst zu senden.

Aber bitte alles als Feldpostbriefe, da Pakete oft

14 Tage an der Sammelstelle u. dann ebensolange

bei der großen Bagage liegen bleiben. Ich glaube

bis zu einem Pfund [=500 g] sind die Päckchen zulässig.

Wenn ich die mit etwas Kaks [Keks] regelmäßig

bekomme, hoffe ich aus aller Nahrungsmittelnot




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  • January 17, 2017 22:33:20 Rolf Kranz

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    weiteren Vorgehen die Toten von 206, das den Übergang

    über den Iserkanal erzwungen hatte. Ein trauriges

    Gefecht. Sie lagen schon 5 Tage. Kurz

    darauf gingen wir selbst hinüber und begannen den

    Sturm auf einen vom Feinde stark besetzten Eisenbahndamm

    über ebenes Gelände durchsetzt mit zahlreichen

    breiten Wassergräben, die nur durch einige

    Leitern zu überschreiten waren. In der Dunkelheit

    versuchten wir einen letzten Sturmlauf mit dem Bajonett,

    wurden aber auf 300 m mit so furchtbarem

    Maschinengewehrkreuzfeuer überschüttet, daß

    wir uns an Ort und Stelle einbuddeln mußten.

    Meine beiden Nebenleute fielen. Mein armer Kamerad

    und Freund Hans Franke ist schon lange tot.

    Mein Tornister von Kugeln zerfetzt. In unsern

    kalten nassen Gräben saßen wir nun (der Boden ist

    wie im Burowfeld) die Nacht und gestern, Regenwetter

    gratis dazu. Die anderen Regimenter zogen sich auf

    eigene Faust zurück, auch die 1. u. 4. Kompagnie.

    Nur die 2. u. 3. und Reg.[iment] 208 blieben liegen auf 3

    - 208 zählt noch knapp 200 Mann von 2500 ! -

    Seiten von einem überstarken Feinde umgeben, der

    nur durch unsere Artillerie, die auch uns ab u. zu

    einen Denkzettel gibt [=friendly fire], niedergehalten wird, uns über

    den Haufen zu rennen. In der Nacht fragten wir

    an, was wir tun sollten u. erhielten die Erlaubnis


    ...rechte Seite

    zurückzugehen. Übermorgen müssen wir sicher auf

    dasselbe Feld wiederum vordringen. Zu Essen hatten

    wir die letzten 3 Tage nur einige Brotreste u. das,

    was wir bei den Toten fanden. Wir sind wieder

    mal ziemlich runter. Von unserer Kompagnie sind

    mindestens 2/3 tot u. verw.[undet] erreicht haben wir

    fast nichts. Da könnt Ihr unsere Oberleitung bewundern.

    Am meisten schaden uns die zahlreichen feindlichen

    Flieger, durch die wir stets Artilleriefeuer bekommen.

    Schputtis Zigarren haben mich über die letzten

    Tage hinweggetröstet. Sie waren hochfein, viel

    zu schade für einen Schützengraben. Nun liebe Mutter,

    sei nicht böse, wenn ich an diesen Jammerbericht

    eine dringende Bitte anschließe. Um meine

    tägliche Ration zu verbessern möchte ich Dich bitten

    mir wöchentlich vielleicht 3 Päckchen 1 mit Schmalz

    in doppelte Leinenwand gefüllt, 1 mit schönem Speck

    u. 1 mit harter Blut- od. Schlackwurst zu senden.

    Aber bitte alles als Feldpostbriefe, da Pakete oft

    14 Tage an der Sammelstelle u. dann ebensolange

    bei der großen Bagage liegen bleiben. Ich glaube

    bis zu einem Pfund [=500 g] sind die Päckchen zulässig.

    Wenn ich die mit etwas Kaks [Keks] regelmäßig

    bekomme, hoffe ich aus aller Nahrungsmittelnot



  • January 17, 2017 22:27:53 Rolf Kranz

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    weiteren Vorgehen die Toten von 206, das den Übergang

    über den Iserkanal erzwungen hatte. Ein trauriges

    Gefecht. Sie lagen schon 5 Tage. Kurz

    darauf gingen wir selbst hinüber und begannen den

    Sturm auf einen vom Feinde stark besetzten Eisenbahndamm

    über ebenes Gelände durchsetzt mit zahlreichen

    breiten Wassergräben, die nur durch einige

    Leitern zu überschreiten waren. In der Dunkelheit

    versuchten wir einen letzten Sturmlauf mit dem Bajonett,

    wurden aber auf 300 m mit so furchtbarem

    Maschinengewehrkranzfeuer überschüttet, daß

    wir uns an Ort und Stelle einbuddeln mußten.

    Meine beiden Nebenleute fielen. Mein armer Kamerad

    und Freund Hans Franke ist schon lange tot.

    Mein Tornister von Kugeln zerfetzt. In unsern

    kalten nassen Gräben saßen wir nun (der Boden ist

    wie im Burowfeld) die Nacht und gestern, Regenwetter

    gratis dazu. Die anderen Regimenter zogen sich auf

    eigene Faust zurück, auch die 1. u. 4. Kompagnie.

    Nur die 2. u. 3. und Reg.[iment] 208 blieben liegen auf 3

    - 208 zählt noch knapp 200 Mann von 2500 ! -

    Seiten von einem überstarken Feinde umgeben, der

    nur durch unsere Artillerie, die auch uns ab u. zu

    einen Denkzettel gibt [=friendly fire], niedergehalten wird, uns über

    den Haufen zu rennen. In der Nacht fragten wir

    an, was wir tun sollten u. erhielten die Erlaubnis


    ...rechte Seite

    zurückzugehen. Übermorgen müssen wir sicher auf

    dasselbe Feld wiederum vordringen. Zu Essen hatten

    wir die letzten 3 Tage nur einige Brotreste u. das,

    was wir bei den Toten fanden. Wir sind wieder

    mal ziemlich runter. Von unserer Kompagnie sind

    mindestens 2/3 tot u. verw.[undet] erreicht haben wir

    fast nichts. Da könnt Ihr unsere Oberleitung bewundern.

    Am meisten schaden uns die zahlreichen feindlichen

    Flieger, durch die wir stets Artilleriefeuer bekommen.

    Schputtis Zigarren haben mich über die letzten

    Tage hinweggetröstet. Sie waren hochfein, viel

    zu schade für einen Schützengraben. Nun liebe Mutter,

    swi nicht böse, wenn ich an diesen Jammerbericht

    eine dringende Bitte anschließe. Um meine

    tägliche Ration zu verbessern möchte ich Dich bitten

    mir wöchentlich vielleicht 3 Päckchen 1 mit Schmalz

    in doppelte Leinenwand gefüllt, 1 mit schönem Speck

    u. 1 mit harter Blut- od. Schlackwurst zu senden.

    Aber bitte alles als Feldpostbriefe, da Pakete oft

    14 Tage an der Sammelstelle u. dann ebensolange

    bei der großen Bagage liegen bleiben. Ich glaube

    bis zu einem Pfund [=500 g] sind die Päckchen zulässig.

    Wenn ich die mit etwas Kaks [Keks] regelmäßig

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2656 / 33625
Source
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Contributor
Friedrich-Carl Hoffmann
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http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/


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