Briefe von Walther Huth an seine Eltern und Bekannte , item 16

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...linke Seite

konnten, vollbringen jetzt die 42cm Geschütze. War

nach Ausage unserer Vorgesetzten Wahnsinn, gegen

derartig mit Artillerie gespickte Stellungen 2 km

weit ungedeckt vorzugehen. Das Schrappnellfeuer deckte

uns vollständig ein, niemand konnte ungefährdet

aus dem Schützengraben sehen. Die feindliche Infanterie,

Engländer, Franzosen und Belgier schossen

glücklicherweise viel zu hoch. 60 Stunden lang haben

wir nur von Zwieback gelebt. Kurz wir waren mit

unseren Kräften zu Ende. Ich habe alles gut überstanden

und bin bisher unverletzt, nur mein Kochgeschirr

und der Mantel sind mehrmals von Kugeln

durchlöchert. Auch unsere Waffen sind heute einigermaßen

wieder in Gang gekommen. Ich habe schon

rund 500 Schuß verfeuert und wenn auch z.T. auf

große Entfernungen, glaube ich doch, daß auch unsere

Feinde einige Verluste gehabt haben. Verwundete und

Tote pflegen sie immer mit zu nehmen.

    Die einzige Deckung, die sich bietet, sind Wassergräben,

auf beiden Seiten von Stacheldraht umsäumt,

die die Viehkoppeln auf allen Seiten umgrenzen.

Bei deren Entfernung fiel auch so mancher.

Meine liebsten Kameraden sind hin. Du fehlst

mir an allen Ecken und Kanten ! Nun das


...rechte Seite

Schlimmste: Gestern gings unter feindlichem Granatfeuer

aus unseren vorgeschobenen Stellungen zurück.

Wenn uns auch versichert wurde, es sei kein

Rückzug, so blieb doch ein drückendes Gefühl zurück:

ihr habt es nicht gekonnt ! Na: Haue kriegen sie

doch ! Aufs nächste Mal ! Unser Hauptmann wurde

gleich am 1. Tag am Oberarm und Schulter verletzt,

daß er aus der Front scheiden mußte.

Unser 1. Zug hat mit am stärksten gelitten. Von

rund 70 sind noch 30 Mann nach. Dieses Dixmude

wird noch viel Blut kosten, wenn die Artillerie nicht

ganz anders vorarbeitet wie bisher.

Nun gib mir bitte bald mal Nachricht, wie

Du zu I.R. 95 [Infanterie Regiment 95] kamst, wo Du steckst und was

Du treibst. Wie geht es bei Euch zu Hause ? Wie

gern wäre ich mal wieder einige Tage im traulichen

Ziebigk ! Ich glaube nicht, daß jemand gesund

aus dieser Hölle herauskommt. na wir teilen Gott

sei Dank noch nicht die Meinung der Belgier, die

man hier überall antrifft: La Patrie c`est le portemonnaie !

Kriegsfreiwillige können sie nicht verstehen.

                Andere Länder

       Herzlichen Gruß      Dein Walther

                           Auf Wiedersehen !





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konnten, vollbringen jetzt die 42cm Geschütze. War

nach Ausage unserer Vorgesetzten Wahnsinn, gegen

derartig mit Artillerie gespickte Stellungen 2 km

weit ungedeckt vorzugehen. Das Schrappnellfeuer deckte

uns vollständig ein, niemand konnte ungefährdet

aus dem Schützengraben sehen. Die feindliche Infanterie,

Engländer, Franzosen und Belgier schossen

glücklicherweise viel zu hoch. 60 Stunden lang haben

wir nur von Zwieback gelebt. Kurz wir waren mit

unseren Kräften zu Ende. Ich habe alles gut überstanden

und bin bisher unverletzt, nur mein Kochgeschirr

und der Mantel sind mehrmals von Kugeln

durchlöchert. Auch unsere Waffen sind heute einigermaßen

wieder in Gang gekommen. Ich habe schon

rund 500 Schuß verfeuert und wenn auch z.T. auf

große Entfernungen, glaube ich doch, daß auch unsere

Feinde einige Verluste gehabt haben. Verwundete und

Tote pflegen sie immer mit zu nehmen.

    Die einzige Deckung, die sich bietet, sind Wassergräben,

auf beiden Seiten von Stacheldraht umsäumt,

die die Viehkoppeln auf allen Seiten umgrenzen.

Bei deren Entfernung fiel auch so mancher.

Meine liebsten Kameraden sind hin. Du fehlst

mir an allen Ecken und Kanten ! Nun das


...rechte Seite

Schlimmste: Gestern gings unter feindlichem Granatfeuer

aus unseren vorgeschobenen Stellungen zurück.

Wenn uns auch versichert wurde, es sei kein

Rückzug, so blieb doch ein drückendes Gefühl zurück:

ihr habt es nicht gekonnt ! Na: Haue kriegen sie

doch ! Aufs nächste Mal ! Unser Hauptmann wurde

gleich am 1. Tag am Oberarm und Schulter verletzt,

daß er aus der Front scheiden mußte.

Unser 1. Zug hat mit am stärksten gelitten. Von

rund 70 sind noch 30 Mann nach. Dieses Dixmude

wird noch viel Blut kosten, wenn die Artillerie nicht

ganz anders vorarbeitet wie bisher.

Nun gib mir bitte bald mal Nachricht, wie

Du zu I.R. 95 [Infanterie Regiment 95] kamst, wo Du steckst und was

Du treibst. Wie geht es bei Euch zu Hause ? Wie

gern wäre ich mal wieder einige Tage im traulichen

Ziebigk ! Ich glaube nicht, daß jemand gesund

aus dieser Hölle herauskommt. na wir teilen Gott

sei Dank noch nicht die Meinung der Belgier, die

man hier überall antrifft: La Patrie c`est le portemonnaie !

Kriegsfreiwillige können sie nicht verstehen.

                Andere Länder

       Herzlichen Gruß      Dein Walther

                           Auf Wiedersehen !






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  • January 17, 2017 06:43:44 Rolf Kranz

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    konnten, vollbringen jetzt die 42cm Geschütze. War

    nach Ausage unserer Vorgesetzten Wahnsinn, gegen

    derartig mit Artillerie gespickte Stellungen 2 km

    weit ungedeckt vorzugehen. Das Schrappnellfeuer deckte

    uns vollständig ein, niemand konnte ungefährdet

    aus dem Schützengraben sehen. Die feindliche Infanterie,

    Engländer, Franzosen und Belgier schossen

    glücklicherweise viel zu hoch. 60 Stunden lang haben

    wir nur von Zwieback gelebt. Kurz wir waren mit

    unseren Kräften zu Ende. Ich habe alles gut überstanden

    und bin bisher unverletzt, nur mein Kochgeschirr

    und der Mantel sind mehrmals von Kugeln

    durchlöchert. Auch unsere Waffen sind heute einigermaßen

    wieder in Gang gekommen. Ich habe schon

    rund 500 Schuß verfeuert und wenn auch z.T. auf

    große Entfernungen, glaube ich doch, daß auch unsere

    Feinde einige Verluste gehabt haben. Verwundete und

    Tote pflegen sie immer mit zu nehmen.

        Die einzige Deckung, die sich bietet, sind Wassergräben,

    auf beiden Seiten von Stacheldraht umsäumt,

    die die Viehkoppeln auf allen Seiten umgrenzen.

    Bei deren Entfernung fiel auch so mancher.

    Meine liebsten Kameraden sind hin. Du fehlst

    mir an allen Ecken und Kanten ! Nun das


    ...rechte Seite

    Schlimmste: Gestern gings unter feindlichem Granatfeuer

    aus unseren vorgeschobenen Stellungen zurück.

    Wenn uns auch versichert wurde, es sei kein

    Rückzug, so blieb doch ein drückendes Gefühl zurück:

    ihr habt es nicht gekonnt ! Na: Haue kriegen sie

    doch ! Aufs nächste Mal ! Unser Hauptmann wurde

    gleich am 1. Tag am Oberarm und Schulter verletzt,

    daß er aus der Front scheiden mußte.

    Unser 1. Zug hat mit am stärksten gelitten. Von

    rund 70 sind noch 30 Mann nach. Dieses Dixmude

    wird noch viel Blut kosten, wenn die Artillerie nicht

    ganz anders vorarbeitet wie bisher.

    Nun gib mir bitte bald mal Nachricht, wie

    Du zu I.R. 95 [Infanterie Regiment 95] kamst, wo Du steckst und was

    Du treibst. Wie geht es bei Euch zu Hause ? Wie

    gern wäre ich mal wieder einige Tage im traulichen

    Ziebigk ! Ich glaube nicht, daß jemand gesund

    aus dieser Hölle herauskommt. na wir teilen Gott

    sei Dank noch nicht die Meinung der Belgier, die

    man hier überall antrifft: La Patrie c`est le portemonnaie !

    Kriegsfreiwillige können sie nicht verstehen.

                    Andere Länder

           Herzlichen Gruß      Dein Walther

                               Auf Wiedersehen !





  • January 16, 2017 22:49:16 Rolf Kranz

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    konnten, vollbringen jetzt die 42cm Geschütze. War

    nach Ausage unserer Vorgesetzten Wahnsinn, gegen

    derartig mit Artillerie gespickte Stellungen 2 km

    weit ungedeckt vorzugehen. Das Schrappnellfeuer deckte

    uns vollständig ein, niemand konnte ungefährdet

    aus dem Schützengraben sehen. Die feindliche Infanterie,

    Engländer, Franzosen und Belgier schossen

    glücklicherweise viel zu hoch. 60 Stunden lang haben

    wir nur von Zwieback gelebt. Kurz wir waren mit

    unseren Kräften zu Ende. Ich habe alles gut überstanden

    und bin bisher unverletzt, nur mein Kochgeschirr

    und der Mantel sind mehrmals von Kugeln

    durchlöchert. Auch unsere Waffen sind heute einigermaßen

    wieder in Gang gekommen. Ich habe schon

    rund 500 Schuß verfeuert und wenn auch z.T. auf

    große Entfernungen, glaube ich doch, daß auch unsere

    Feinde einige Verluste gehabt haben. Verwundete und

    Tote pflegen sie immer mit zu nehmen.

        Die einzige Deckung, die sich bietet, sind Wassergräben,

    auf beiden Seiten von Stacheldraht umsäumt,

    die die Viehkoppeln auf allen Seiten umgrenzen.

    Bei deren Entfernung fiel auch so mancher.

    Meine liebsten Kameraden sind hin. Du fehlst

    mir an allen Ecken und Kanten ! Nun das


    ...rechte Seite

    Schlimmste: Gestern gings unter feindlichem Granatfeuer

    aus unseren vorgeschobenen Stellungen zurück.

    Wenn uns auch versichert wurde, es sei kein

    Rückzug, so blieb doch ein drückendes Gefühl zurück:

    ihr habt es nicht gekonnt ! Na: Haue kriegen sie

    doch ! Aufs nächste Mal ! Unser Hauptmann wurde

    gleich am 1. Tag am Oberarm und Schulter verletzt,

    daß er aus der Front scheiden mußte.

    Unser 1. Zug hat mit am stärksten gelitten. Von

    rund 70 sind noch 30 Mann nach. Dieses Dixmude

    wird noch viel Blut kosten, wenn die Artillerie nicht

    ganz anders vorarbeitet wie bisher.

    Nun gib mir bitte bald mal Nachricht, wie

    Du zu I.R. 95 [Infanterie Regiment 95] kamst, wo Du steckst und was

    Du treibst. Wie geht es bei Euch zu Hause ? Wie

    gern wäre ich mal wieder einige Tage im traulichen

    Ziebigk ! Ich glaube nicht, daß jemand gesund

    aus dieser Hölle herauskommt. na wir teilen Gott

    sei Dank noch nicht die Meinung der Belgier, die

    man hier überall antrifft: La Patrie c`est le portmonnaie !

    Kriegsfreiwillige können sie nicht verstehen.

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           Herzlichen Gruß      Dein Walther

                               Auf Wiedersehen !






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    Diksmuide

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    Coswig (bei Dresden)

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2656 / 33623
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http://europeana1914-1918.eu/...
Contributor
Friedrich-Carl Hoffmann
License
http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/


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