Zeitungen aus der Kriegszeit 1914, item 14
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item 14
Ueber 30 000 Russen in Ostpreußen gefangen.
Der Sieg der Oesterreicher. Der Kampf in der Nordsee. Die Opfer vom
Kreuzer "Magdeburg".
1. Spalte
Wie im Westen, so ist nunmehr auch im Osten die
erste große Schlacht geschlagen worden. Der Unterschied
liegt darin, daß sich die Russen in der Offensivstellung
befanden, während wir den Ansturm abzuwehren hatten.
Aus der Richtung von Niemen, wie von der Narew her,
d. h. aus Süden und aus Osten waren erhebliche russische
Streitkräfte im Anmarsche, die zwischen Insterburg und
Graudenz in deutsches Gebiet einzubrechen versuchten.
Ihr Zweck war offenbar, die deutsche Defensive zu durchbrechen,
ehe die siegreich vordringenden Oesterreicher
Verbindung mit uns erlangt haben. Die Absicht ist an
der Wachsamkeit unserer Heeresleitung und der Tapferkeit
unserer Truppen gescheitert. Die russische Armee,
an Zahl fast der bei Metz geschlagenen französischen Armee
gleich, ist über die Grenze zurückgewichen und wird
von unseren Truppen verfolgt. Durch diesen Sieg ist
die Durchführung des gemeinschaftlichen Vormarsches
unserer und der österreichischen Truppen gegen die
Weichsel erleichtert worden. Es geht auf Warschau los!
Die Meldung über den Sieg lautet kurz und knapp:
WTB. Berlin, 29. August. Unsere Truppen in
Preußen unter der Führung des Generalobersten Hindenburg
haben die von Narew vorgegangene russische Armee
in Stärke von 5 Armeekorps und 3 Kavalleriedivisionen
in dreitägiger Schlacht bei Gilgenburg-Ortelsburg geschlagen
und verfolgen sie jetzt über die Grenze.
Generalquartiermeister von Stein.
Die am Sonnabend verbreitete Meldung von dem
großen deutschen Siege über die Russen in Ostpreußen
wird durch folgende neue erfreuliche Nachricht ergänzt:
WTB. Berlin, 31. August. Bei den großen
Kämpfen, in denen die russische Armee bei Tannenberg,
Hohenstein und Ortelsburg geworfen wurden,
sind nach vorläufiger Schätzung über 30000 Russen
mit vielen hohen Offizieren in Gefangenschaft
geraten.
Eine erfreuliche Ergänzung zu der amtlichen Meldung
über das Ergebnis der Schlacht bilden die folgenden
Mitteilungen, die aus amtlichen Quellen Ostpreußens
stammen:
Der vom Generalquartiermeister in seiner Veröffentlichung
vom 25. August als bevorstehend angekündigte
Entscheidungskampf hat begonnen. Als Einleitung
erfolgte die Besetzung der Grenzstadt Neidenburg durch
starke russische Kräfte. Die Russen plünderten die Stadt
gründlich und bombardierten sie dann von den benachbarten
Höhen. Den meisten Bürgern Neidenburgs,
das etwa 6000 Einwohner hat, war es gelungen, über
Hohenstein und Allenstein zu fliehen. Das 20. Armeekorps
griff energisch in den Kampf gegen den russischen
Gegner ein. Die "Allensteiner Zeitung" kann mit amtlicher
Genehmigung darüber melden: Unser tapferes
20. Armeekorps steht seit 24 Stunden im Feuer mit
einem an Kräften weit überlegenen Gegner. Dank der
Tapferkeit unserer Truppen und Führer ist es den
Russen trotz der gewaltigen Uebermacht nicht gelungen,
unsere Stellungen zu nehmen. Der Kampf hat sich
dann zu einer Riesenschlacht auf der Linie Gilgenburg-
Neidenburg-Ortelsburg entwickelt mit etwa 50 Kilometer
Frontlänge. Hierüber teilt Landrat Hagemann
in Marienburg der "Marienburger Zeitung" mit, daß
zwei russische Armeekorps aufgerieben worden seien.
_____________________________________________________________________________
Kriegsbriefe.
Wie ich verwundet wurde
Von einem Mitkämpfer bei Lüttich.
. . . Mitten in dieses Dorfgefecht (Sturm auf Ft.
Fléron) waren wir hineingerissen. Es blitzte aus allen
Häusern, unablässig rollt der Donner der Geschütze, unablässig
geht der Eisenregen nieder. Stockdunkel . . .
Wie sehnlich wünschen wir den Morgen heran. - Kein
Gegner zu sehen - und doch sinkt Mann neben Mann.
Aus den Mauern der Häuser sind nur winzige Steine
gelöst - ein Flintenlauf ragt durch; in den Fensterladen
ein kleines Loch - der Lauf einer Jagdbüchse
sprüht Flammen heraus - aus den Kellerfenstern, von
den Böden zuckt und flammt und pfeift es . . . Wie
im Hexenkessel . . . Und wir dürfen nicht schießen, um
die Kameraden, die rechts und links vor uns im Gefecht
liegen, nicht zu gefährden . . . Einer neben dem anderen
sinkt - Aechzen und Stöhnen überall. Hinweg über
einen Haufen zuckender Leiber, vorsichtig - um keinem
wehe zu tun - und um uns blitzt und kracht´s. Aus einem
Eckhaus prasselt uns ein Hagel entgegen. -
Zwanzig, fünfzig Läufe heben sich - , da brülle ich:
"Keinen Schuß, Kerls! Wer kommt mit? Beil her!"
Ein kleiner Musketier reicht mir eine Picke . . . Zehn
braune Kerls drängen hinter mir nach. - Dann ein
paar Hiebe mit Beil und Kolben - die Tür kracht ein
- von der Decke her zucken Geschosse nieder . . . "Keiner
die Bodentreppe hinauf! Hierbleiben! Streichhölzer
her!" Und schon habe ich ein paar Strohballen vorgerissen,
- fünf Minuten später züngeln die Flammen
aus allen Fenstern. "So, Jungs, nun vorwärts!" -
Hinein wieder in die Dorfgasse . . . Da treffe ich meinen
Kompagnieführer. "Hierher!" schreit er. "Ueber
die Mauer, mir nach!"
Zwei Kerle heben mich hoch, im Nu haben wir eine
Gartenmauer überstiegen, und stürmen weiter, einer
belgischen Abteilung in den Rücken zu fallen. Mannshohe
Hecken, mit Stacheldraht durchzogen - vier, fünf
- vor uns. "Her, Kerls," rufe ich, "gebt mir die
Drahtschere!" Ein paar wuchtige Jungens treten
den Schlehdorn ein - ich knipse den Draht durch und gehe
ihnen voran, - meine Hose hängt in Fetzen runter.
Die Hecken werden genommen - auf einmal kracht es
auf uns her - nur wenige Sekunden, dann saust eine
Haubitze in den verruchten Giebel - Steine spritzen
umher - das Gemäuer sinkt donnernd zusammen.
Feuer von links! - Da sind die Unsern, sie schießen
auf uns - sie erkennen uns noch immer nicht. Wir
brüllen ihnen die Losung zu: "Der Kaiser! Der Kaiser!"
- Sie hören uns nicht in dem Höllenlärm. "Hornist,"
rufe ich, "blasen Sie Signal!" Der brave Junge - er
war von den vierten Jägern, nimmt das Horn und
schmettert: Das Ganze! - Das Ganze! - Da kommt´s
von drüben zurück. Wir erkennen uns - es sind die
27er - ich drücke dem Hauptmann, den ich seit Jahren
kenne, die Hand. -
Heller Morgen, ¼ 7 Uhr (am 6. August).
Vor uns liegt ein Kohlenbergwerk. Zwei Kohlenhalden
sind einige Meter hoch im Winkel zu einander
aufgeschüttet - da stürmen wir hinauf: Ein Jägerleutnant,
Fortsetzung 2. Spalte Mitte
_______________________________________________________________
2. Spalte
Siegreiches Vordringen der Oesterreicher.
WTB. Wien, 30. August. Der Korrespondent des
Neuen Wiener Tagebl. im Hauptquartier meldet: Die
große Schlacht ist heute, am vierten Tage, in vollem
Gange und steht gut für uns. Die linke Flügelgruppe
rückt gegen Lublin und Zamocs langsam aber sicher vor,
stößt aber immer wieder auf den neuverschanzten Gegner
und anstelle von Frontalangriffen sind zeitraubende Umgehungen
nötig. Drei Zügen des Infanterieregiments
Nr. 72 gelang ein rascher Frontalangriff, bei dem zwei
russische Hauptleute, sechs Subalternoffiziere und 470
Mann gefangen genommen wurden. Die Kräftegruppe
zwischen Bug und Wieprz griff eine russische Division
von drei Seiten mit Erfolg an, sodaß sie nur unter dem
Schutze der Nacht entkamen. Generalstabshauptmann
Roßmann stürzte mit seinem Flugzeug ab und wurde
getötet. Das Armeeverordnungsblatt veröffentlichte gerade
heute eine Auszeichnung Roßmanns für hervorragend
tapferes Verhalten vor dem Feinde.
WTB. Wien, 30. August. (Nicht amtlich.) Soweit
sich bis gestern mittag überblicken ließ, ist das große
Ringen unserer Armee mit den Hauptkräften des russischen
Heeres noch nicht zur Entscheidung herangereift.
Nur die Erfolge der vom General der Kavallerie Viktor
Dankl in der Schlacht bei Krasnik siegreich geführten
Armee sind bereits einigermaßen zu übersehen. In einer
zweiten Schlacht am 27. August, die durch die heldenmütige
Erstürmung einer stark befestigten Stellung auf
den Höhen von Niedrzwiosduca gekrönt war, gelang es,
die bei Krasnik zurückgeworfenen russischen Kräfte und
herangeführten Verstärkungen, im ganzen etwa zehn
Divisionen, durch sechs verschiedene Korps neuerlich zu
schlagen. Eines unserer Korps nahm in dieser zweiten
Schlacht einen General, einen Oberst, drei sonstige
Stabspersonen, vierzig Offiziere und zirka 2000 Mann
gefangen und erbeutete wieder sehr viel Kriegsmaterial.
WTB. Wien, 31. August. Die Schlachten auf dem
östlichen Kriegsschauplatz dauern mit ungeminderter
Heftigkeit fort. Oestlich unserer trotz mehrfacher befestigter
Stellungen des Feindes unaufhaltsam gegen
Lublin vordringenden Armee Dankl haben unsere zwischen
Bug und Wieprz vorgeführten Kräfte am 26. August
den Angriff auf die dem Raume bei Cholm stehenden
starken russischen Kräfte begonnen. Hierbei entwickelten
sich wie bei Krasnik wieder harte, für unsere
angriffsfreudigen Truppen siegreich verlaufende Kämpfe
bei Zamoid sowie nördlich und östlich bei Tomaszow.
In diesen Kämpfen wurden ebenso wie in den Schlachten
bei Krasnik tausende von Gefangenen gemacht.
In Ostgalizien behaupten sich unsere Truppen mit heldenmütiger
Bravour und Zähigkeit gegen sehr starke uns
überlegene feindliche Kräfte. Auf dem südlichen Kriegsschauplatz
haben in letzter Zeit neue Kämpfe stattgefunden.
Der Kampf in der Nordsee.
Der lange erwartete Zusammenstoß unserer Flotte
mit der englischen ist erfolgt. Die Nordsee bei Helgoland
war der Kampfplatz, wo der Seekrieg heftig tobte.
Der Kampf erfolgte bei unsichtigem Wetter und er zog
sich nach Westen, also nach der englischen Küste zu hin.
Mehrere kleine Kreuzer unserer Flotte stießen todesmutig
vor und gerieten dabei in einen Kampf mit einer
überlegenen starken englischen Flotte. Unsere Schiffe
mußten der Uebermacht weichen, haben den Engländern
aber, wie ein englischer Bericht eingesteht, schwere Beschädigungen
beigebracht. Nach dem, was man sonst von
Fortsetzung 3. Spalte oben
________________________________________________________________
Fortsetzung von 1. Spalte Kriegsbriefe
ein Kompagniekamerad von mir, Sch., dann
ein riesiger Adjutant von den 27ern, A., ein tapferer
Junge, der nicht mit der Wimper zuckte - am Wege
unten bleibt H. zurück, der furchtlose Regimentsadjunkt
vom Regiment Louis Ferdinand, und mit ungefähr 10
Mann nimmt der Hauptmann v. B. die Häuser in unserm
Rücken unter Feuer, er selbst hat den Degen abgelegt
und führt das Gewehr . . .
Oben von meiner Kohlenhalde sehe ich ein Gehöft
und zum ersten Male belgische Infanterie - sonst waren
die Kerle gelaufen, als sei der Deibel hinter ihnen.
- Jetzt heben sie die Büchse an die Backe. Ich lasse
das Feuer aufnehmen und beobachte durch das Glas die
Wirkung . . . "Ruhig zielen, Kerls, ihr schießt zu weit"
. . . Zwei schwarze Mäntel sehe ich sich im Sande wälzen.
"Hols der Deibel!" Sie schießen von rechts her -
von der anderen Halde . . . Da steht noch auf unserem
Flügel der lange A. Seine Schärpe flattert, die Quasten
sind schwarz von Kohlenstaub, er schießt auf die Bande
rechts - jetzt knallt´s auch von hintenher aus den
Häusern . . .
Ich setze das Glas ab und sehe mich um. Da links
am Flügel liegt mein Kamerad Sch., hat einem Verwundeten
das Gewehr abgenommen und schießt nach dem
Gehöft . . . Rechts von mir - ja, was ist denn das?
Einer nach dem andern "klappt ab" . . . Der läßt den
Kopf vornüber, der rollt den Abhang hinunter, der
schreit . . . Sie schießen wie besessen auf uns. Nun
liegt nur noch einer rechts von mir, eben fängt auch der
an, sich hin und her zu wälzen, Blut quillt aus dem
Rock hervor, ich werde ihm sein Gewehr abnehmen; ich
richte mich auf . . . Donnerwetter, ich fühle einen
Schlag vor der linken Brust: "Kinder, jetzt hat´s mich
auch." . . .
Ich rutsche den Abhang hinab, das Blut kommt mir
aus dem Munde . . . hinter einem Steinhaufen finde
ich Deckung vor dem mörderischen Feuer. Ich bitte einen
Soldaten: "Mach mir mal die Feldflasche ab - so -
- und den Tornister."Einen langen Schluck. Der gute
Kerl öffnet mir den Waffenrock. Ich lehne mich gegen
den Steinhaufen. Ganz warm quillt das Blut hervor;
wie lange kann´s dauern, dann ist´s vorbei. Aus dem
Rocktäschchen ziehe ich das Verbandszeug, öffne es hastig
und drücke es auf die Wunde. Dann warte ich ab,
minutenlang; auf dem Wege vor mir stehen die braven
Kerle und feuern; da ist auch A. noch mit den schwarzen
Quasten. "Kinder, schickt mir doch einen Arzt." Mir
fängt´s an, vor den Augen zu flimmern. Da kommt das
Soldatengefühl: du mußt Dich [sic] wehren, darfst nicht dich
dumpf in dein Schicksal ergeben. Die Schlacht geht weiter;
hier findet dich keiner . . .
Mit Schmerzen richte ich mich empor - stülpe mir
den Helm auf den Kopf - die Feldbinde, die Pistole -
das Glas schenke ich einem Soldaten, er braucht´s jetzt
nötiger als ich, und dann meinen Degen - den lasse ich
nicht, er braucht sich meiner nicht zu schämen - so
schleppe ich mich an den Weg. Was geht mich das Pfeifen
an, ich habe meinen Teil. Noch immer stehen die
wackeren Kerle und feuern vom Wege gegen die Kohlenhalde
- einen winke ich heran - "Um Gotteswillen,
Herr Leutnant!" . . . "Bringe mich zum Verbandplatz,
mein Junge." . . . Er gibt mir seinen Arm . . . "Mußt
3. Spalte
der englischen Kriegsberichterstattung gewöhnt ist, darf
man ruhig annehmen, daß auch die englischen Schiffe
zum mindesten kampfunfähig geworden sind. Leider
brachte der Kampf den Verlust einiger unserer Schiffe,
aber ohne Kampf kein Sieg. Die Helden der Nordsee
leben bei uns in treuem Angedenken und als leuchtendes
Beispiel deutscher Seemannstreue fort.
Unsere Schiff haben, wie Staatssekretär Tirpitz
sagte, die Aufgabe, die deutsche Küste zu schützen, und
diese Aufgabe haben sie bisher glänzend gelöst. Kein
englisches Schiff hat sich bis jetzt den deutschen Gestaden
nähern dürfen, und auch ferner werden unsere blauen
Jungen so scharf auf der Wacht stehen, daß die Engländer
sich allemal blutige Köpfe holen, wenn sie kommen.
WTB. Berlin, 29. August. Im Laufe des gestrigen
Vormittags sind bei teilweise unsichtigem Wetter mehrere
moderne englische kleine Kreuzer und zwei englische Zerstörerflottillen
(ca. 40 Zerstörer) in der deutschen Bucht
der Nordsee unweit Helgoland aufgetreten. Es kam zu
hartnäckigen Einzelgefechten zwischen ihnen und unsern
leichten Streitkräften. Die deutschen kleinen Kreuzer
drängten lebhaft nach Westen nach und gerieten dabei
infolge der beschränkten Sichtweite ins Gefecht mit
mehreren starken englischen Panzerkreuzern. S. M. S.
"Ariadne" (Kleiner Kreuzer mit 2650 Tonnen Wasser-
verdrängung) sank, von zwei Schlachtschiffkreuzern der
Lion-Klasse auf kurze Entfernung mit schwerer Artillerie
beschossen, nach ehrenvollem Kampfe. Der weitaus größte
Teil der Besatzung, voraussichtlich 250 Köpfe, konnte
gerettet werden.
Auch das Torpedoboot V 187 ging, von einem kleinen
Kreuzer und den Zerstörern aufs heftigste beschossen, bis
zuletzt feuernd, in die Tiefe. Flottillenchef und Kom-
mandant sind gefallen. Ein beträchtlicher Teil der Besatzung
wurde gerettet. Die kleinen Kreuzer Cöln und
Mainz werden vermißt. Sie sind nach einer heutigen
Reutermeldung aus London gleichfalls im Kampfe mit
überlegenen Gegnern gesunken. Ein Teil der Be-
satzung, 2 Offiziere und 81 Mann (?) scheinen durch englische
Schiffe gerettet zu sein. Nach der gleichen Quelle
haben die englischen Schiffe schwere Beschädigungen erlitten.
Heldenmut unserer blauen Jungen.
Ueber die heldenmütige Energie, mit der Torpedo-
boot V 187 sich bis zum letzten Augenblick gegen feindliche
Uebermacht wehrte, gibt der Bericht eines Augenzeugen
Kunde, dem wir folgendes entnehmen:
V 187 sah sich bei dichtem Wetter ganz unerwartet
zunächst von Norden, dann allerseits von Massen englischer
Torpedobootzerstörer und Unterseebooten angegriffen.
V 187 wehrte sich unverzüglich mit allen Kräften,
da setzten zahllose Geschosse, aus nächster Nähe abgegeben,
die Bewegungsfähigkeit herab. Da keine Mög-
lichkeit vorhanden war, sich dem feindlichen Feuer zu entziehen,
drehte V 187 auf die Feinde zu, um ein Passiergefecht
zu gewinnen und bis zum Ende durchzukämpfen.
Als unter dem Geschoßhagel die Bewegungsfähigkeit
verloren gegangen war, wurde schnell im Innern eine
Sprengung vorgenommen, um das Boot nicht in Feindeshand
fallen zu lassen. Jetzt sank es schnell und während
es sank, stand die Mannschaft bis zum letzten
Augenblick an den noch brauchbaren Geschützen und
feuerte. Der Flottillenchef, Korvettenkapitän Wallis,
und der Kommandant, Kapitänleutnant Zechter fanden
den Heldentod. Anzuerkennen ist, daß der Gegner ungeachtet
der eigenen Gefahr Beiboote zur Rettung der
Unsrigen aussetzte. Als sich deutsche
ten,mußte er sich von
denen sie dann die geretteten Deutsche
Wie die "Ariadne" unterging.
Vom Untergang S. M. Schiff "Ariadne" gibt der
gleiche Augenzeuge folgendes Bild.
Vom Kanonendonner gerufen, der ein Gefecht der
Vorposten mit Streitkräften anzeigt, eilt S. M. Schiff
"Ariadne" zu Hilfe. An der Vorpostenkette entdeckt sie,
Fortsetzung item 15. 1. Spalte
_______________________________________________________________
Fortsetzung von 2. Spalte Kriegsbriefe
aber langsam mit mir gehen, kann nicht mehr wie
vorhin."
Um uns pfeift´s und donnert´s . Der gute P. stützt
mich. Wie sagt unser Bismarck? "Kein deutscher Offizier
läßt seinen Soldaten im Stich - kein deutscher
Soldat seinen Offizier." . . . Nein, weiß Gott nicht! -
Auf dem Wege stehen zwei belgische Bauern - die
lauern auf uns. Wehren kann ich mich jetzt nicht.
"Komm, da in die Hecke hab´ ich vorhin ein Loch getreten
- da durch." Ich humple voran - P., das Gewehr
schußbereit, hinterdrein.
Auf der Dorfstraße . . . Die Truppen drängen nach
vorn, uns entgegen - sie weichen mir alle aus, die
Braven . . . Donnerwetter, könnt´ ich noch mit! -
"Kinder, haut sie in die Pfanne!" (Konnt´s nur leise
sagen,aber sie verstehen´s.) "Wenn wir sie nur erst haben,
Herr Leutnant!"
Der belgische Verbandplatz liegt dort. - "Den mag
ich nicht, komm´ bring mich weiter, wir wollen zum
deutschen Lazarett."
So schleppe ich mich weiter - die Straße hinunter,
wo der Tod so gräßliche Ernte gehalten. Wie liegen
sie doch dicht, so starr, so stumm . . . Unter 100 Deutschen
ein Belgier . . . O, diese feige Bande!
Es greift doch an, dieses Humpeln. - "Seht ihr denn
den Verbandplatz noch nicht, Jungens?" - "Er muß
gleich da sein." Tapps - tapps. "Langsam, Kinder,
sonst tut mir´s weh" - ich hänge mich fester an den
guten P. . . .
Da steht der General. Er sieht mich, kommt einen
Schritt auf mich zu: "Na, Herr Leutnant, hoffentlich
wird´s wieder!"
Antworten kann ich nicht - aber, so schwach ich bin,
ich lasse den Arm meines Soldaten frei und lege die
Hand an den Helm. -
Das Rote Kreuz! Gottlob - Ich danke dem guten
P. und drücke ihm die Hand . . . Sie schneiden mir das
Hemd runter, der unermüdliche Stabsarzt verklebt mir
die Wunde.
Der Verbandsplatz ist nur ein kleiner Raum - drin
liegen sechs, sieben Schwerverwundete und stöhnen und
schreien . . . So bleibe ich draußen und lehne mich
sitzend an das Haus . . . Wie viele liegen hier. - Drüben
G., der tapfere Leutnant der Radfahrerkompagnie
- Schuß in den Leib . . . Er streckt sich - kein Laut
des Schmerzes kommt über seine Lippen - sein
Gesicht ist ganz gelb.
Neben mir sitzt ein belgischer Offizier - er hat´s
im Arm und im Bein. - Immer kommen neue. -
Dort sitzt Kurt W., mein Regimentskamerad - Schuß
ins linke Bein - aus einem Kellerfenster raus . . . .
Da bringen sie unseren D. - mit dem ich so manche
Stunde gebechert, gejubelt. - - - Bis an die Grenze
des Forts Fléron hat er seine Kompagnie geführt.
Drauf los wie ein Held - der Tapfersten einer - -
nun mitten in die Brust . . . "Gestern noch auf stolzen
Rossen . . . "
Mich friert. Es ist ein trüber, kalter Morgen, der
Regen säuselt nieder . . . ich habe aber kein Hemd
mehr, nur noch einen Aermel. Sie decken mir meinen
Waffenrock über, der Belgier läßt mir seinen Mantel
umhängen . . .
-
item 14
Ueber 30 000 Russen in Ostpreußen gefangen.
Der Sieg der Oesterreicher. Der Kampf in der Nordsee. Die Opfer vom
Kreuzer "Magdeburg".
1. Spalte
Wie im Westen, so ist nunmehr auch im Osten die
erste große Schlacht geschlagen worden. Der Unterschied
liegt darin, daß sich die Russen in der Offensivstellung
befanden, während wir den Ansturm abzuwehren hatten.
Aus der Richtung von Niemen, wie von der Narew her,
d. h. aus Süden und aus Osten waren erhebliche russische
Streitkräfte im Anmarsche, die zwischen Insterburg und
Graudenz in deutsches Gebiet einzubrechen versuchten.
Ihr Zweck war offenbar, die deutsche Defensive zu durchbrechen,
ehe die siegreich vordringenden Oesterreicher
Verbindung mit uns erlangt haben. Die Absicht ist an
der Wachsamkeit unserer Heeresleitung und der Tapferkeit
unserer Truppen gescheitert. Die russische Armee,
an Zahl fast der bei Metz geschlagenen französischen Armee
gleich, ist über die Grenze zurückgewichen und wird
von unseren Truppen verfolgt. Durch diesen Sieg ist
die Durchführung des gemeinschaftlichen Vormarsches
unserer und der österreichischen Truppen gegen die
Weichsel erleichtert worden. Es geht auf Warschau los!
Die Meldung über den Sieg lautet kurz und knapp:
WTB. Berlin, 29. August. Unsere Truppen in
Preußen unter der Führung des Generalobersten Hindenburg
haben die von Narew vorgegangene russische Armee
in Stärke von 5 Armeekorps und 3 Kavalleriedivisionen
in dreitägiger Schlacht bei Gilgenburg-Ortelsburg geschlagen
und verfolgen sie jetzt über die Grenze.
Generalquartiermeister von Stein.
Die am Sonnabend verbreitete Meldung von dem
großen deutschen Siege über die Russen in Ostpreußen
wird durch folgende neue erfreuliche Nachricht ergänzt:
WTB. Berlin, 31. August. Bei den großen
Kämpfen, in denen die russische Armee bei Tannenberg,
Hohenstein und Ortelsburg geworfen wurden,
sind nach vorläufiger Schätzung über 30000 Russen
mit vielen hohen Offizieren in Gefangenschaft
geraten.
Eine erfreuliche Ergänzung zu der amtlichen Meldung
über das Ergebnis der Schlacht bilden die folgenden
Mitteilungen, die aus amtlichen Quellen Ostpreußens
stammen:
Der vom Generalquartiermeister in seiner Veröffentlichung
vom 25. August als bevorstehend angekündigte
Entscheidungskampf hat begonnen. Als Einleitung
erfolgte die Besetzung der Grenzstadt Neidenburg durch
starke russische Kräfte. Die Russen plünderten die Stadt
gründlich und bombardierten sie dann von den benachbarten
Höhen. Den meisten Bürgern Neidenburgs,
das etwa 6000 Einwohner hat, war es gelungen, über
Hohenstein und Allenstein zu fliehen. Das 20. Armeekorps
griff energisch in den Kampf gegen den russischen
Gegner ein. Die "Allensteiner Zeitung" kann mit amtlicher
Genehmigung darüber melden: Unser tapferes
20. Armeekorps steht seit 24 Stunden im Feuer mit
einem an Kräften weit überlegenen Gegner. Dank der
Tapferkeit unserer Truppen und Führer ist es den
Russen trotz der gewaltigen Uebermacht nicht gelungen,
unsere Stellungen zu nehmen. Der Kampf hat sich
dann zu einer Riesenschlacht auf der Linie Gilgenburg-
Neidenburg-Ortelsburg entwickelt mit etwa 50 Kilometer
Frontlänge. Hierüber teilt Landrat Hagemann
in Marienburg der "Marienburger Zeitung" mit, daß
zwei russische Armeekorps aufgerieben worden seien.
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Kriegsbriefe.
Wie ich verwundet wurde
Von einem Mitkämpfer bei Lüttich.
. . . Mitten in dieses Dorfgefecht (Sturm auf Ft.
Fléron) waren wir hineingerissen. Es blitzte aus allen
Häusern, unablässig rollt der Donner der Geschütze, unablässig
geht der Eisenregen nieder. Stockdunkel . . .
Wie sehnlich wünschen wir den Morgen heran. - Kein
Gegner zu sehen - und doch sinkt Mann neben Mann.
Aus den Mauern der Häuser sind nur winzige Steine
gelöst - ein Flintenlauf ragt durch; in den Fensterladen
ein kleines Loch - der Lauf einer Jagdbüchse
sprüht Flammen heraus - aus den Kellerfenstern, von
den Böden zuckt und flammt und pfeift es . . . Wie
im Hexenkessel . . . Und wir dürfen nicht schießen, um
die Kameraden, die rechts und links vor uns im Gefecht
liegen, nicht zu gefährden . . . Einer neben dem anderen
sinkt - Aechzen und Stöhnen überall. Hinweg über
einen Haufen zuckender Leiber, vorsichtig - um keinem
wehe zu tun - und um uns blitzt und kracht´s. Aus einem
Eckhaus prasselt uns ein Hagel entgegen. -
Zwanzig, fünfzig Läufe heben sich - , da brülle ich:
"Keinen Schuß, Kerls! Wer kommt mit? Beil her!"
Ein kleiner Musketier reicht mir eine Picke . . . Zehn
braune Kerls drängen hinter mir nach. - Dann ein
paar Hiebe mit Beil und Kolben - die Tür kracht ein
- von der Decke her zucken Geschosse nieder . . . "Keiner
die Bodentreppe hinauf! Hierbleiben! Streichhölzer
her!" Und schon habe ich ein paar Strohballen vorgerissen,
- fünf Minuten später züngeln die Flammen
aus allen Fenstern. "So, Jungs, nun vorwärts!" -
Hinein wieder in die Dorfgasse . . . Da treffe ich meinen
Kompagnieführer. "Hierher!" schreit er. "Ueber
die Mauer, mir nach!"
Zwei Kerle heben mich hoch, im Nu haben wir eine
Gartenmauer überstiegen, und stürmen weiter, einer
belgischen Abteilung in den Rücken zu fallen. Mannshohe
Hecken, mit Stacheldraht durchzogen - vier, fünf
- vor uns. "Her, Kerls," rufe ich, "gebt mir die
Drahtschere!" Ein paar wuchtige Jungens treten
den Schlehdorn ein - ich knipse den Draht durch und gehe
ihnen voran, - meine Hose hängt in Fetzen runter.
Die Hecken werden genommen - auf einmal kracht es
auf uns her - nur wenige Sekunden, dann saust eine
Haubitze in den verruchten Giebel - Steine spritzen
umher - das Gemäuer sinkt donnernd zusammen.
Feuer von links! - Da sind die Unsern, sie schießen
auf uns - sie erkennen uns noch immer nicht. Wir
brüllen ihnen die Losung zu: "Der Kaiser! Der Kaiser!"
- Sie hören uns nicht in dem Höllenlärm. "Hornist,"
rufe ich, "blasen Sie Signal!" Der brave Junge - er
war von den vierten Jägern, nimmt das Horn und
schmettert: Das Ganze! - Das Ganze! - Da kommt´s
von drüben zurück. Wir erkennen uns - es sind die
27er - ich drücke dem Hauptmann, den ich seit Jahren
kenne, die Hand. -
Heller Morgen, ¼ 7 Uhr (am 6. August).
Vor uns liegt ein Kohlenbergwerk. Zwei Kohlenhalden
sind einige Meter hoch im Winkel zu einander
aufgeschüttet - da stürmen wir hinauf: Ein Jägerleutnant,
Fortsetzung 2. Spalte Mitte
_______________________________________________________________
2. Spalte
Siegreiches Vordringen der Oesterreicher.
WTB. Wien, 30. August. Der Korrespondent des
Neuen Wiener Tagebl. im Hauptquartier meldet: Die
große Schlacht ist heute, am vierten Tage, in vollem
Gange und steht gut für uns. Die linke Flügelgruppe
rückt gegen Lublin und Zamocs langsam aber sicher vor,
stößt aber immer wieder auf den neuverschanzten Gegner
und anstelle von Frontalangriffen sind zeitraubende Umgehungen
nötig. Drei Zügen des Infanterieregiments
Nr. 72 gelang ein rascher Frontalangriff, bei dem zwei
russische Hauptleute, sechs Subalternoffiziere und 470
Mann gefangen genommen wurden. Die Kräftegruppe
zwischen Bug und Wieprz griff eine russische Division
von drei Seiten mit Erfolg an, sodaß sie nur unter dem
Schutze der Nacht entkamen. Generalstabshauptmann
Roßmann stürzte mit seinem Flugzeug ab und wurde
getötet. Das Armeeverordnungsblatt veröffentlichte gerade
heute eine Auszeichnung Roßmanns für hervorragend
tapferes Verhalten vor dem Feinde.
WTB. Wien, 30. August. (Nicht amtlich.) Soweit
sich bis gestern mittag überblicken ließ, ist das große
Ringen unserer Armee mit den Hauptkräften des russischen
Heeres noch nicht zur Entscheidung herangereift.
Nur die Erfolge der vom General der Kavallerie Viktor
Dankl in der Schlacht bei Krasnik siegreich geführten
Armee sind bereits einigermaßen zu übersehen. In einer
zweiten Schlacht am 27. August, die durch die heldenmütige
Erstürmung einer stark befestigten Stellung auf
den Höhen von Niedrzwiosduca gekrönt war, gelang es,
die bei Krasnik zurückgeworfenen russischen Kräfte und
herangeführten Verstärkungen, im ganzen etwa zehn
Divisionen, durch sechs verschiedene Korps neuerlich zu
schlagen. Eines unserer Korps nahm in dieser zweiten
Schlacht einen General, einen Oberst, drei sonstige
Stabspersonen, vierzig Offiziere und zirka 2000 Mann
gefangen und erbeutete wieder sehr viel Kriegsmaterial.
WTB. Wien, 31. August. Die Schlachten auf dem
östlichen Kriegsschauplatz dauern mit ungeminderter
Heftigkeit fort. Oestlich unserer trotz mehrfacher befestigter
Stellungen des Feindes unaufhaltsam gegen
Lublin vordringenden Armee Dankl haben unsere zwischen
Bug und Wieprz vorgeführten Kräfte am 26. August
den Angriff auf die dem Raume bei Cholm stehenden
starken russischen Kräfte begonnen. Hierbei entwickelten
sich wie bei Krasnik wieder harte, für unsere
angriffsfreudigen Truppen siegreich verlaufende Kämpfe
bei Zamoid sowie nördlich und östlich bei Tomaszow.
In diesen Kämpfen wurden ebenso wie in den Schlachten
bei Krasnik tausende von Gefangenen gemacht.
In Ostgalizien behaupten sich unsere Truppen mit heldenmütiger
Bravour und Zähigkeit gegen sehr starke uns
überlegene feindliche Kräfte. Auf dem südlichen Kriegsschauplatz
haben in letzter Zeit neue Kämpfe stattgefunden.
Der Kampf in der Nordsee.
Der lange erwartete Zusammenstoß unserer Flotte
mit der englischen ist erfolgt. Die Nordsee bei Helgoland
war der Kampfplatz, wo der Seekrieg heftig tobte.
Der Kampf erfolgte bei unsichtigem Wetter und er zog
sich nach Westen, also nach der englischen Küste zu hin.
Mehrere kleine Kreuzer unserer Flotte stießen todesmutig
vor und gerieten dabei in einen Kampf mit einer
überlegenen starken englischen Flotte. Unsere Schiffe
mußten der Uebermacht weichen, haben den Engländern
aber, wie ein englischer Bericht eingesteht, schwere Beschädigungen
beigebracht. Nach dem, was man sonst von
Fortsetzung 3. Spalte oben
________________________________________________________________
Fortsetzung von 1. Spalte Kriegsbriefe
ein Kompagniekamerad von mir, Sch., dann
ein riesiger Adjutant von den 27ern, A., ein tapferer
Junge, der nicht mit der Wimper zuckte - am Wege
unten bleibt H. zurück, der furchtlose Regimentsadjunkt
vom Regiment Louis Ferdinand, und mit ungefähr 10
Mann nimmt der Hauptmann v. B. die Häuser in unserm
Rücken unter Feuer, er selbst hat den Degen abgelegt
und führt das Gewehr . . .
Oben von meiner Kohlenhalde sehe ich ein Gehöft
und zum ersten Male belgische Infanterie - sonst waren
die Kerle gelaufen, als sei der Deibel hinter ihnen.
- Jetzt heben sie die Büchse an die Backe. Ich lasse
das Feuer aufnehmen und beobachte durch das Glas die
Wirkung . . . "Ruhig zielen, Kerls, ihr schießt zu weit"
. . . Zwei schwarze Mäntel sehe ich sich im Sande wälzen.
"Hols der Deibel!" Sie schießen von rechts her -
von der anderen Halde . . . Da steht noch auf unserem
Flügel der lange A. Seine Schärpe flattert, die Quasten
sind schwarz von Kohlenstaub, er schießt auf die Bande
rechts - jetzt knallt´s auch von hintenher aus den
Häusern . . .
Ich setze das Glas ab und sehe mich um. Da links
am Flügel liegt mein Kamerad Sch., hat einem Verwundeten
das Gewehr abgenommen und schießt nach dem
Gehöft . . . Rechts von mir - ja, was ist denn das?
Einer nach dem andern "klappt ab" . . . Der läßt den
Kopf vornüber, der rollt den Abhang hinunter, der
schreit . . . Sie schießen wie besessen auf uns. Nun
liegt nur noch einer rechts von mir, eben fängt auch der
an, sich hin und her zu wälzen, Blut quillt aus dem
Rock hervor, ich werde ihm sein Gewehr abnehmen; ich
richte mich auf . . . Donnerwetter, ich fühle einen
Schlag vor der linken Brust: "Kinder, jetzt hat´s mich
auch." . . .
Ich rutsche den Abhang hinab, das Blut kommt mir
aus dem Munde . . . hinter einem Steinhaufen finde
ich Deckung vor dem mörderischen Feuer. Ich bitte einen
Soldaten: "Mach mir mal die Feldflasche ab - so -
- und den Tornister."Einen langen Schluck. Der gute
Kerl öffnet mir den Waffenrock. Ich lehne mich gegen
den Steinhaufen. Ganz warm quillt das Blut hervor;
wie lange kann´s dauern, dann ist´s vorbei. Aus dem
Rocktäschchen ziehe ich das Verbandszeug, öffne es hastig
und drücke es auf die Wunde. Dann warte ich ab,
minutenlang; auf dem Wege vor mir stehen die braven
Kerle und feuern; da ist auch A. noch mit den schwarzen
Quasten. "Kinder, schickt mir doch einen Arzt." Mir
fängt´s an, vor den Augen zu flimmern. Da kommt das
Soldatengefühl: du mußt Dich [sic] wehren, darfst nicht dich
dumpf in dein Schicksal ergeben. Die Schlacht geht weiter;
hier findet dich keiner . . .
Mit Schmerzen richte ich mich empor - stülpe mir
den Helm auf den Kopf - die Feldbinde, die Pistole -
das Glas schenke ich einem Soldaten, er braucht´s jetzt
nötiger als ich, und dann meinen Degen - den lasse ich
nicht, er braucht sich meiner nicht zu schämen - so
schleppe ich mich an den Weg. Was geht mich das Pfeifen
an, ich habe meinen Teil. Noch immer stehen die
wackeren Kerle und feuern vom Wege gegen die Kohlenhalde
- einen winke ich heran - "Um Gotteswillen,
Herr Leutnant!" . . . "Bringe mich zum Verbandplatz,
mein Junge." . . . Er gibt mir seinen Arm . . . "Mußt
3. Spalte
der englischen Kriegsberichterstattung gewöhnt ist, darf
man ruhig annehmen, daß auch die englischen Schiffe
zum mindesten kampfunfähig geworden sind. Leider
brachte der Kampf den Verlust einiger unserer Schiffe,
aber ohne Kampf kein Sieg. Die Helden der Nordsee
leben bei uns in treuem Angedenken und als leuchtendes
Beispiel deutscher Seemannstreue fort.
Unsere Schiff haben, wie Staatssekretär Tirpitz
sagte, die Aufgabe, die deutsche Küste zu schützen, und
diese Aufgabe haben sie bisher glänzend gelöst. Kein
englisches Schiff hat sich bis jetzt den deutschen Gestaden
nähern dürfen, und auch ferner werden unsere blauen
Jungen so scharf auf der Wacht stehen, daß die Engländer
sich allemal blutige Köpfe holen, wenn sie kommen.
WTB. Berlin, 29. August. Im Laufe des gestrigen
Vormittags sind bei teilweise unsichtigem Wetter mehrere
moderne englische kleine Kreuzer und zwei englische Zerstörerflottillen
(ca. 40 Zerstörer) in der deutschen Bucht
der Nordsee unweit Helgoland aufgetreten. Es kam zu
hartnäckigen Einzelgefechten zwischen ihnen und unsern
leichten Streitkräften. Die deutschen kleinen Kreuzer
drängten lebhaft nach Westen nach und gerieten dabei
infolge der beschränkten Sichtweite ins Gefecht mit
mehreren starken englischen Panzerkreuzern. S. M. S.
"Ariadne" (Kleiner Kreuzer mit 2650 Tonnen Wasser-
verdrängung) sank, von zwei Schlachtschiffkreuzern der
Lion-Klasse auf kurze Entfernung mit schwerer Artillerie
beschossen, nach ehrenvollem Kampfe. Der weitaus größte
Teil der Besatzung, voraussichtlich 250 Köpfe, konnte
gerettet werden.
Auch das Torpedoboot V 187 ging, von einem kleinen
Kreuzer und den Zerstörern aufs heftigste beschossen, bis
zuletzt feuernd, in die Tiefe. Flottillenchef und Kom-
mandant sind gefallen. Ein beträchtlicher Teil der Besatzung
wurde gerettet. Die kleinen Kreuzer Cöln und
Mainz werden vermißt. Sie sind nach einer heutigen
Reutermeldung aus London gleichfalls im Kampfe mit
überlegenen Gegnern gesunken. Ein Teil der Be-
satzung, 2 Offiziere und 81 Mann (?) scheinen durch englische
Schiffe gerettet zu sein. Nach der gleichen Quelle
haben die englischen Schiffe schwere Beschädigungen erlitten.
Heldenmut unserer blauen Jungen.
Ueber die heldenmütige Energie, mit der Torpedo-
boot V 187 sich bis zum letzten Augenblick gegen feindliche
Uebermacht wehrte, gibt der Bericht eines Augenzeugen
Kunde, dem wir folgendes entnehmen:
V 187 sah sich bei dichtem Wetter ganz unerwartet
zunächst von Norden, dann allerseits von Massen englischer
Torpedobootzerstörer und Unterseebooten angegriffen.
V 187 wehrte sich unverzüglich mit allen Kräften,
da setzten zahllose Geschosse, aus nächster Nähe abgegeben,
die Bewegungsfähigkeit herab. Da keine Mög-
lichkeit vorhanden war, sich dem feindlichen Feuer zu entziehen,
drehte V 187 auf die Feinde zu, um ein Passiergefecht
zu gewinnen und bis zum Ende durchzukämpfen.
Als unter dem Geschoßhagel die Bewegungsfähigkeit
verloren gegangen war, wurde schnell im Innern eine
Sprengung vorgenommen, um das Boot nicht in Feindeshand
fallen zu lassen. Jetzt sank es schnell und während
es sank, stand die Mannschaft bis zum letzten
Augenblick an den noch brauchbaren Geschützen und
feuerte. Der Flottillenchef, Korvettenkapitän Wallis,
und der Kommandant, Kapitänleutnant Zechter fanden
den Heldentod. Anzuerkennen ist, daß der Gegner ungeachtet
der eigenen Gefahr Beiboote zur Rettung der
Unsrigen aussetzte. Als sich deutsche
ten,mußte er sich von
denen sie dann die geretteten Deutsche
Wie die "Ariadne" unterging.
Vom Untergang S. M. Schiff "Ariadne" gibt der
gleiche Augenzeuge folgendes Bild.
Vom Kanonendonner gerufen, der ein Gefecht der
Vorposten mit Streitkräften anzeigt, eilt S. M. Schiff
"Ariadne" zu Hilfe. An der Vorpostenkette entdeckt sie,
Fortsetzung item 15. 1. Spalte
_______________________________________________________________
Fortsetzung von 2. Spalte Kriegsbriefe
aber langsam mit mir gehen, kann nicht mehr wie
vorhin."
Um uns pfeift´s und donnert´s . Der gute P. stützt
mich. Wie sagt unser Bismarck? "Kein deutscher Offizier
läßt seinen Soldaten im Stich - kein deutscher
Soldat seinen Offizier." . . . Nein, weiß Gott nicht! -
Auf dem Wege stehen zwei belgische Bauern - die
lauern auf uns. Wehren kann ich mich jetzt nicht.
"Komm, da in die Hecke hab´ ich vorhin ein Loch getreten
- da durch." Ich humple voran - P., das Gewehr
schußbereit, hinterdrein.
Auf der Dorfstraße . . . Die Truppen drängen nach
vorn, uns entgegen - sie weichen mir alle aus, die
Braven . . . Donnerwetter, könnt´ ich noch mit! -
"Kinder, haut sie in die Pfanne!" (Konnt´s nur leise
sagen,aber sie verstehen´s.) "Wenn wir sie nur erst haben,
Herr Leutnant!"
Der belgische Verbandplatz liegt dort. - "Den mag
ich nicht, komm´ bring mich weiter, wir wollen zum
deutschen Lazarett."
So schleppe ich mich weiter - die Straße hinunter,
wo der Tod so gräßliche Ernte gehalten. Wie liegen
sie doch dicht, so starr, so stumm . . . Unter 100 Deutschen
ein Belgier . . . O, diese feige Bande!
Es greift doch an, dieses Humpeln. - "Seht ihr denn
den Verbandplatz noch nicht, Jungens?" - "Er muß
gleich da sein." Tapps - tapps. "Langsam, Kinder,
sonst tut mir´s weh" - ich hänge mich fester an den
guten P. . . .
Da steht der General. Er sieht mich, kommt einen
Schritt auf mich zu: "Na, Herr Leutnant, hoffentlich
wird´s wieder!"
Antworten kann ich nicht - aber, so schwach ich bin,
ich lasse den Arm meines Soldaten frei und lege die
Hand an den Helm. -
Das Rote Kreuz! Gottlob - Ich danke dem guten
P. und drücke ihm die Hand . . . Sie schneiden mir das
Hemd runter, der unermüdliche Stabsarzt verklebt mir
die Wunde.
Der Verbandsplatz ist nur ein kleiner Raum - drin
liegen sechs, sieben Schwerverwundete und stöhnen und
schreien . . . So bleibe ich draußen und lehne mich
sitzend an das Haus . . . Wie viele liegen hier. - Drüben
G., der tapfere Leutnant der Radfahrerkompagnie
- Schuß in den Leib . . . Er streckt sich - kein Laut
des Schmerzes kommt über seine Lippen - sein
Gesicht ist ganz gelb.
Neben mir sitzt ein belgischer Offizier - er hat´s
im Arm und im Bein. - Immer kommen neue. -
Dort sitzt Kurt W., mein Regimentskamerad - Schuß
ins linke Bein - aus einem Kellerfenster raus . . . .
Da bringen sie unseren D. - mit dem ich so manche
Stunde gebechert, gejubelt. - - - Bis an die Grenze
des Forts Fléron hat er seine Kompagnie geführt.
Drauf los wie ein Held - der Tapfersten einer - -
nun mitten in die Brust . . . "Gestern noch auf stolzen
Rossen . . . "
Mich friert. Es ist ein trüber, kalter Morgen, der
Regen säuselt nieder . . . ich habe aber kein Hemd
mehr, nur noch einen Aermel. Sie decken mir meinen
Waffenrock über, der Belgier läßt mir seinen Mantel
umhängen . . .
Fortsetzung item 15
-
item 14
Ueber 30 000 Russen in Ostpreußen gefangen.
Der Sieg der Oesterreicher. Der Kampf in der Nordsee. Die Opfer vom
Kreuzer "Magdeburg".
1. Spalte
Wie im Westen, so ist nunmehr auch im Osten die
erste große Schlacht geschlagen worden. Der Unterschied
liegt darin, daß sich die Russen in der Offensivstellung
befanden, während wir den Ansturm abzuwehren hatten.
Aus der Richtung von Niemen, wie von der Narew her,
d. h. aus Süden und aus Osten waren erhebliche russische
Streitkräfte im Anmarsche, die zwischen Insterburg und
Graudenz in deutsches Gebiet einzubrechen versuchten.
Ihr Zweck war offenbar, die deutsche Defensive zu durchbrechen,
ehe die siegreich vordringenden Oesterreicher
Verbindung mit uns erlangt haben. Die Absicht ist an
der Wachsamkeit unserer Heeresleitung und der Tapferkeit
unserer Truppen gescheitert. Die russische Armee,
an Zahl fast der bei Metz geschlagenen französischen Armee
gleich, ist über die Grenze zurückgewichen und wird
von unseren Truppen verfolgt. Durch diesen Sieg ist
die Durchführung des gemeinschaftlichen Vormarsches
unserer und der österreichischen Truppen gegen die
Weichsel erleichtert worden. Es geht auf Warschau los!
Die Meldung über den Sieg lautet kurz und knapp:
WTB. Berlin, 29. August. Unsere Truppen in
Preußen unter der Führung des Generalobersten Hindenburg
haben die von Narew vorgegangene russische Armee
in Stärke von 5 Armeekorps und 3 Kavalleriedivisionen
in dreitägiger Schlacht bei Gilgenburg-Ortelsburg geschlagen
und verfolgen sie jetzt über die Grenze.
Generalquartiermeister von Stein.
Die am Sonnabend verbreitete Meldung von dem
großen deutschen Siege über die Russen in Ostpreußen
wird durch folgende neue erfreuliche Nachricht ergänzt:
WTB. Berlin, 31. August. Bei den großen
Kämpfen, in denen die russische Armee bei Tannenberg,
Hohenstein und Ortelsburg geworfen wurden,
sind nach vorläufiger Schätzung über 30000 Russen
mit vielen hohen Offizieren in Gefangenschaft
geraten.
Eine erfreuliche Ergänzung zu der amtlichen Meldung
über das Ergebnis der Schlacht bilden die folgenden
Mitteilungen, die aus amtlichen Quellen Ostpreußens
stammen:
Der vom Generalquartiermeister in seiner Veröffentlichung
vom 25. August als bevorstehend angekündigte
Entscheidungskampf hat begonnen. Als Einleitung
erfolgte die Besetzung der Grenzstadt Neidenburg durch
starke russische Kräfte. Die Russen plünderten die Stadt
gründlich und bombardierten sie dann von den benachbarten
Höhen. Den meisten Bürgern Neidenburgs,
das etwa 6000 Einwohner hat, war es gelungen, über
Hohenstein und Allenstein zu fliehen. Das 20. Armeekorps
griff energisch in den Kampf gegen den russischen
Gegner ein. Die "Allensteiner Zeitung" kann mit amtlicher
Genehmigung darüber melden: Unser tapferes
20. Armeekorps steht seit 24 Stunden im Feuer mit
einem an Kräften weit überlegenen Gegner. Dank der
Tapferkeit unserer Truppen und Führer ist es den
Russen trotz der gewaltigen Uebermacht nicht gelungen,
unsere Stellungen zu nehmen. Der Kampf hat sich
dann zu einer Riesenschlacht auf der Linie Gilgenburg-
Neidenburg-Ortelsburg entwickelt mit etwa 50 Kilometer
Frontlänge. Hierüber teilt Landrat Hagemann
in Marienburg der "Marienburger Zeitung" mit, daß
zwei russische Armeekorps aufgerieben worden seien.
_____________________________________________________________________________
Kriegsbriefe.
Wie ich verwundet wurde
Von einem Mitkämpfer bei Lüttich.
. . . Mitten in dieses Dorfgefecht (Sturm auf Ft.
Fléron) waren wir hineingerissen. Es blitzte aus allen
Häusern, unablässig rollt der Donner der Geschütze, unablässig
geht der Eisenregen nieder. Stockdunkel . . .
Wie sehnlich wünschen wir den Morgen heran. - Kein
Gegner zu sehen - und doch sinkt Mann neben Mann.
Aus den Mauern der Häuser sind nur winzige Steine
gelöst - ein Flintenlauf ragt durch; in den Fensterladen
ein kleines Loch - der Lauf einer Jagdbüchse
sprüht Flammen heraus - aus den Kellerfenstern, von
den Böden zuckt und flammt und pfeift es . . . Wie
im Hexenkessel . . . Und wir dürfen nicht schießen, um
die Kameraden, die rechts und links vor uns im Gefecht
liegen, nicht zu gefährden . . . Einer neben dem anderen
sinkt - Aechzen und Stöhnen überall. Hinweg über
einen Haufen zuckender Leiber, vorsichtig - um keinem
wehe zu tun - und um uns blitzt und kracht´s. Aus einem
Eckhaus prasselt uns ein Hagel entgegen. -
Zwanzig, fünfzig Läufe heben sich - , da brülle ich:
"Keinen Schuß, Kerls! Wer kommt mit? Beil her!"
Ein kleiner Musketier reicht mir eine Picke . . . Zehn
braune Kerls drängen hinter mir nach. - Dann ein
paar Hiebe mit Beil und Kolben - die Tür kracht ein
- von der Decke her zucken Geschosse nieder . . . "Keiner
die Bodentreppe hinauf! Hierbleiben! Streichhölzer
her!" Und schon habe ich ein paar Strohballen vorgerissen,
- fünf Minuten später züngeln die Flammen
aus allen Fenstern. "So, Jungs, nun vorwärts!" -
Hinein wieder in die Dorfgasse . . . Da treffe ich meinen
Kompagnieführer. "Hierher!" schreit er. "Ueber
die Mauer, mir nach!"
Zwei Kerle heben mich hoch, im Nu haben wir eine
Gartenmauer überstiegen, und stürmen weiter, einer
belgischen Abteilung in den Rücken zu fallen. Mannshohe
Hecken, mit Stacheldraht durchzogen - vier, fünf
- vor uns. "Her, Kerls," rufe ich, "gebt mir die
Drahtschere!" Ein paar wuchtige Jungens treten
den Schlehdorn ein - ich knipse den Draht durch und gehe
ihnen voran, - meine Hose hängt in Fetzen runter.
Die Hecken werden genommen - auf einmal kracht es
auf uns her - nur wenige Sekunden, dann saust eine
Haubitze in den verruchten Giebel - Steine spritzen
umher - das Gemäuer sinkt donnernd zusammen.
Feuer von links! - Da sind die Unsern, sie schießen
auf uns - sie erkennen uns noch immer nicht. Wir
brüllen ihnen die Losung zu: "Der Kaiser! Der Kaiser!"
- Sie hören uns nicht in dem Höllenlärm. "Hornist,"
rufe ich, "blasen Sie Signal!" Der brave Junge - er
war von den vierten Jägern, nimmt das Horn und
schmettert: Das Ganze! - Das Ganze! - Da kommt´s
von drüben zurück. Wir erkennen uns - es sind die
27er - ich drücke dem Hauptmann, den ich seit Jahren
kenne, die Hand. -
Heller Morgen, ¼ 7 Uhr (am 6. August).
Vor uns liegt ein Kohlenbergwerk. Zwei Kohlenhalden
sind einige Meter hoch im Winkel zu einander
aufgeschüttet - da stürmen wir hinauf: Ein Jägerleutnant,
Fortsetzung 2. Spalte Mitte
_______________________________________________________________
2. Spalte
Siegreiches Vordringen der Oesterreicher.
WTB. Wien, 30. August. Der Korrespondent des
Neuen Wiener Tagebl. im Hauptquartier meldet: Die
große Schlacht ist heute, am vierten Tage, in vollem
Gange und steht gut für uns. Die linke Flügelgruppe
rückt gegen Lublin und Zamocs langsam aber sicher vor,
stößt aber immer wieder auf den neuverschanzten Gegner
und anstelle von Frontalangriffen sind zeitraubende Umgehungen
nötig. Drei Zügen des Infanterieregiments
Nr. 72 gelang ein rascher Frontalangriff, bei dem zwei
russische Hauptleute, sechs Subalternoffiziere und 470
Mann gefangen genommen wurden. Die Kräftegruppe
zwischen Bug und Wieprz griff eine russische Division
von drei Seiten mit Erfolg an, sodaß sie nur unter dem
Schutze der Nacht entkamen. Generalstabshauptmann
Roßmann stürzte mit seinem Flugzeug ab und wurde
getötet. Das Armeeverordnungsblatt veröffentlichte gerade
heute eine Auszeichnung Roßmanns für hervorragend
tapferes Verhalten vor dem Feinde.
WTB. Wien, 30. August. (Nicht amtlich.) Soweit
sich bis gestern mittag überblicken ließ, ist das große
Ringen unserer Armee mit den Hauptkräften des russischen
Heeres noch nicht zur Entscheidung herangereift.
Nur die Erfolge der vom General der Kavallerie Viktor
Dankl in der Schlacht bei Krasnik siegreich geführten
Armee sind bereits einigermaßen zu übersehen. In einer
zweiten Schlacht am 27. August, die durch die heldenmütige
Erstürmung einer stark befestigten Stellung auf
den Höhen von Niedrzwiosduca gekrönt war, gelang es,
die bei Krasnik zurückgeworfenen russischen Kräfte und
herangeführten Verstärkungen, im ganzen etwa zehn
Divisionen, durch sechs verschiedene Korps neuerlich zu
schlagen. Eines unserer Korps nahm in dieser zweiten
Schlacht einen General, einen Oberst, drei sonstige
Stabspersonen, vierzig Offiziere und zirka 2000 Mann
gefangen und erbeutete wieder sehr viel Kriegsmaterial.
WTB. Wien, 31. August. Die Schlachten auf dem
östlichen Kriegsschauplatz dauern mit ungeminderter
Heftigkeit fort. Oestlich unserer trotz mehrfacher befestigter
Stellungen des Feindes unaufhaltsam gegen
Lublin vordringenden Armee Dankl haben unsere zwischen
Bug und Wieprz vorgeführten Kräfte am 26. August
den Angriff auf die dem Raume bei Cholm stehenden
starken russischen Kräfte begonnen. Hierbei entwickelten
sich wie bei Krasnik wieder harte, für unsere
angriffsfreudigen Truppen siegreich verlaufende Kämpfe
bei Zamoid sowie nördlich und östlich bei Tomaszow.
In diesen Kämpfen wurden ebenso wie in den Schlachten
bei Krasnik tausende von Gefangenen gemacht.
In Ostgalizien behaupten sich unsere Truppen mit heldenmütiger
Bravour und Zähigkeit gegen sehr starke uns
überlegene feindliche Kräfte. Auf dem südlichen Kriegsschauplatz
haben in letzter Zeit neue Kämpfe stattgefunden.
Der Kampf in der Nordsee.
Der lange erwartete Zusammenstoß unserer Flotte
mit der englischen ist erfolgt. Die Nordsee bei Helgoland
war der Kampfplatz, wo der Seekrieg heftig tobte.
Der Kampf erfolgte bei unsichtigem Wetter und er zog
sich nach Westen, also nach der englischen Küste zu hin.
Mehrere kleine Kreuzer unserer Flotte stießen todesmutig
vor und gerieten dabei in einen Kampf mit einer
überlegenen starken englischen Flotte. Unsere Schiffe
mußten der Uebermacht weichen, haben den Engländern
aber, wie ein englischer Bericht eingesteht, schwere Beschädigungen
beigebracht. Nach dem, was man sonst von
Fortsetzung 3. Spalte oben
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Fortsetzung von 1. Spalte Kriegsbriefe
ein Kompagniekamerad von mir, Sch., dann
ein riesiger Adjutant von den 27ern, A., ein tapferer
Junge, der nicht mit der Wimper zuckte - am Wege
unten bleibt H. zurück, der furchtlose Regimentsadjunkt
vom Regiment Louis Ferdinand, und mit ungefähr 10
Mann nimmt der Hauptmann v. B. die Häuser in unserm
Rücken unter Feuer, er selbst hat den Degen abgelegt
und führt das Gewehr . . .
Oben von meiner Kohlenhalde sehe ich ein Gehöft
und zum ersten Male belgische Infanterie - sonst waren
die Kerle gelaufen, als sei der Deibel hinter ihnen.
- Jetzt heben sie die Büchse an die Backe. Ich lasse
das Feuer aufnehmen und beobachte durch das Glas die
Wirkung . . . "Ruhig zielen, Kerls, ihr schießt zu weit"
. . . Zwei schwarze Mäntel sehe ich sich im Sande wälzen.
"Hols der Deibel!" Sie schießen von rechts her -
von der anderen Halde . . . Da steht noch auf unserem
Flügel der lange A. Seine Schärpe flattert, die Quasten
sind schwarz von Kohlenstaub, er schießt auf die Bande
rechts - jetzt knallt´s auch von hintenher aus den
Häusern . . .
Ich setze das Glas ab und sehe mich um. Da links
am Flügel liegt mein Kamerad Sch., hat einem Verwundeten
das Gewehr abgenommen und schießt nach dem
Gehöft . . . Rechts von mir - ja, was ist denn das?
Einer nach dem andern "klappt ab" . . . Der läßt den
Kopf vornüber, der rollt den Abhang hinunter, der
schreit . . . Sie schießen wie besessen auf uns. Nun
liegt nur noch einer rechts von mir, eben fängt auch der
an, sich hin und her zu wälzen, Blut quillt aus dem
Rock hervor, ich werde ihm sein Gewehr abnehmen; ich
richte mich auf . . . Donnerwetter, ich fühle einen
Schlag vor der linken Brust: "Kinder, jetzt hat´s mich
auch." . . .
Ich rutsche den Abhang hinab, das Blut kommt mir
aus dem Munde . . . hinter einem Steinhaufen finde
ich Deckung vor dem mörderischen Feuer. Ich bitte einen
Soldaten: "Mach mir mal die Feldflasche ab - so -
- und den Tornister."Einen langen Schluck. Der gute
Kerl öffnet mir den Waffenrock. Ich lehne mich gegen
den Steinhaufen. Ganz warm quillt das Blut hervor;
wie lange kann´s dauern, dann ist´s vorbei. Aus dem
Rocktäschchen ziehe ich das Verbandszeug, öffne es hastig
und drücke es auf die Wunde. Dann warte ich ab,
minutenlang; auf dem Wege vor mir stehen die braven
Kerle und feuern; da ist auch A. noch mit den schwarzen
Quasten. "Kinder, schickt mir doch einen Arzt." Mir
fängt´s an, vor den Augen zu flimmern. Da kommt das
Soldatengefühl: du mußt Dich [sic] wehren, darfst nicht dich
dumpf in dein Schicksal ergeben. Die Schlacht geht weiter;
hier findet dich keiner . . .
Mit Schmerzen richte ich mich empor - stülpe mir
den Helm auf den Kopf - die Feldbinde, die Pistole -
das Glas schenke ich einem Soldaten, er braucht´s jetzt
nötiger als ich, und dann meinen Degen - den lasse ich
nicht, er braucht sich meiner nicht zu schämen - so
schleppe ich mich an den Weg. Was geht mich das Pfeifen
an, ich habe meinen Teil. Noch immer stehen die
wackeren Kerle und feuern vom Wege gegen die Kohlenhalde
- einen winke ich heran - "Um Gotteswillen,
Herr Leutnant!" . . . "Bringe mich zum Verbandplatz,
mein Junge." . . . Er gibt mir seinen Arm . . . "Mußt
3. Spalte
der englischen Kriegsberichterstattung gewöhnt ist, darf
man ruhig annehmen, daß auch die englischen Schiffe
zum mindesten kampfunfähig geworden sind. Leider
brachte der Kampf den Verlust einiger unserer Schiffe,
aber ohne Kampf kein Sieg. Die Helden der Nordsee
leben bei uns in treuem Angedenken und als leuchtendes
Beispiel deutscher Seemannstreue fort.
Unsere Schiff haben, wie Staatssekretär Tirpitz
sagte, die Aufgabe, die deutsche Küste zu schützen, und
diese Aufgabe haben sie bisher glänzend gelöst. Kein
englisches Schiff hat sich bis jetzt den deutschen Gestaden
nähern dürfen, und auch ferner werden unsere blauen
Jungen so scharf auf der Wacht stehen, daß die Englän-
der sich allemal blutige Köpfe holen, wenn sie kommen.
WTB. Berlin, 29. August. Im Laufe des gestrigen
Vormittags sind bei teilweise unsichtigem Wetter mehrere
moderne englische kleine Kreuzer und zwei englische Zer-
störerflottillen (ca. 40 Zerstörer) in der deutschen Bucht
der Nordsee unweit Helgoland aufgetreten. Es kam zu
hartnäckigen Einzelgefechten zwischen ihnen und unsern
leichten Streitkräften. Die deutschen kleinen Kreuzer
drängten lebhaft nach Westen nach und gerieten dabei
infolge der beschränkten Sichtweite ins Gefecht mit
mehreren starken englischen Panzerkreuzern. S. M. S.
"Ariadne" (Kleiner Kreuzer mit 2650 Tonnen Wasser-
verdrängung) sank, von zwei Schlachtschiffkreuzern der
Lion-Klasse auf kurze Entfernung mit schwerer Artillerie
beschossen, nach ehrenvollem Kampfe. Der weitaus größte
Teil der Besatzung, voraussichtlich 250 Köpfe, konnte
gerettet werden.
Auch das Torpedoboot V 187 ging, von einem kleinen
Kreuzer und den Zerstörern aufs heftigste beschossen, bis
zuletzt feuernd, in die Tiefe. Flottillenchef und Kom-
mandant sind gefallen. Ein beträchtlicher Teil der Be-
satzung wurde gerettet. Die kleinen Kreuzer Cöln und
Mainz werden vermißt. Sie sind nach einer heutigen
Reutermeldung aus London gleichfalls im Kampfe mit
überlegenen Gegnern gesunken. Ein Teil der Be-
satzung, 2 Offiziere und 81 Mann (?) scheinen durch eng-
lische Schiffe gerettet zu sein. Nach der gleichen Quelle
haben die englischen Schiffe schwere Beschädigungen er-
litten.
Heldenmut unserer blauen Jungen.
Ueber die heldenmütige Energie, mit der Torpedo-
boot V 187 sich bis zum letzten Augenblick gegen feind-
liche Uebermacht wehrte, gibt der Bericht eines Augen-
zeugen Kunde, dem wir folgendes entnehmen:
V 187 sah sich bei dichtem Wetter ganz unerwartet
zunächst von Norden, dann allerseits von Massen eng-
lischer Torpedobootzerstörer und Unterseebooten ange-
griffen. V 187 wehrte sich unverzüglich mit allen Kräf-
ten, da setzten zahllose Geschosse, aus nächster Nähe ab-
gegeben, die Bewegungsfähigkeit herab. Da keine Mög-
lichkeit vorhanden war, sich dem feindlichen Feuer zu ent-
ziehen, drehte V 187 auf die Feinde zu, um ein Passier-
gefecht zu gewinnen und bis zum Ende durchzukämpfen.
Als unter dem Geschoßhagel die Bewegungsfähigkeit
verloren gegangen war, wurde schnell im Innern eine
Sprengung vorgenommen, um das Boot nicht in Fein-
deshand fallen zu lassen. Jetzt sank es schnell und wäh-
rend es sank, stand die Mannschaft bis zum letzten
Augenblick an den noch brauchbaren Geschützen und
feuerte. Der Flottillenchef, Korvettenkapitän Wallis,
und der Kommandant, Kapitänleutnant Zechter fanden
den Heldentod. Anzuerkennen ist, daß der Gegner un-
geachtet der eigenen Gefahr Beiboote zur Rettung der
Unsrigen aussetzte. Als sich deutsche
ten,mußte er sich von
denen sie dann die geretteten Deutsche
Wie die "Ariadne" unterging.
Vom Untergang S. M. Schiff "Ariadne" gibt der
gleiche Augenzeuge folgendes Bild.
Vom Kanonendonner gerufen, der ein Gefecht der
Vorposten mit Streitkräften anzeigt, eilt S. M. Schiff
"Ariadne" zu Hilfe. An der Vorpostenkette entdeckt sie,
Fortsetzung item 15. 1. Spalte
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Fortsetzung von 2. Spalte Kriegsbriefe
aber langsam mit mir gehen, kann nicht mehr wie
vorhin."
Um uns pfeift´s und donnert´s . Der gute P. stützt
mich. Wie sagt unser Bismarck? "Kein deutscher Offi-
zier läßt seinen Soldaten im Stich - kein deutscher
Soldat seinen Offizier." . . . Nein, weiß Gott nicht! -
Auf dem Wege stehen zwei belgische Bauern - die
lauern auf uns. Wehren kann ich mich jetzt nicht.
"Komm, da in die Hecke hab´ ich vorhin ein Loch getreten
- da durch." Ich humple voran - P., das Gewehr
schußbereit, hinterdrein.
Auf der Dorfstraße . . . Die Truppen drängen nach
vorn, uns entgegen - sie weichen mir alle aus, die
Braven . . . Donnerwetter, könnt´ ich noch mit! -
"Kinder, haut sie in die Pfanne!" (Konnt´s nur leise
sagen,aber sie verstehen´s.) "Wenn wir sie nur erst ha-
ben, Herr Leutnant!"
Der belgische Verbandplatz liegt dort. - "Den mag
ich nicht, komm´ bring mich weiter, wir wollen zum
deutschen Lazarett."
So schleppe ich mich weiter - die Straße hinunter,
wo der Tod so gräßliche Ernte gehalten. Wie liegen
sie doch dicht, so starr, so stumm . . . Unter 100 Deutschen
ein Belgier . . . O, diese feige Bande!
Es greift doch an, dieses Humpeln. - "Seht ihr denn
den Verbandplatz noch nicht, Jungens?" - "Er muß
gleich da sein." Tapps - tapps. "Langsam, Kinder,
sonst tut mir´s weh" - ich hänge mich fester an den
guten P. . . .
Da steht der General. Er sieht mich, kommt einen
Schritt auf mich zu: "Na, Herr Leutnant, hoffentlich
wird´s wieder!"
Antworten kann ich nicht - aber, so schwach ich bin,
ich lasse den Arm meines Soldaten frei und lege die
Hand an den Helm. -
Das Rote Kreuz! Gottlob - Ich danke dem guten
P. und drücke ihm die Hand . . . Sie schneiden mir das
Hemd runter, der unermüdliche Stabsarzt verklebt mir
die Wunde.
Der Verbandsplatz ist nur ein kleiner Raum - drin
liegen sechs, sieben Schwerverwundete und stöhnen und
schreien . . . So bleibe ich draußen und lehne mich
sitzend an das Haus . . . Wie viele liegen hier. - Drü-
ben G., der tapfere Leutnant der Radfahrerkompagnie
- Schuß in den Leib . . . Er streckt sich - kein Laut
des Schmerzes kommt über seine Lippen - sein
Gesicht ist ganz gelb.
Neben mir sitzt ein belgischer Offizier - er hat´s
im Arm und im Bein. - Immer kommen neue. -
Dort sitzt Kurt W., mein Regimentskamerad - Schuß
ins linke Bein - aus einem Kellerfenster raus . . . .
Da bringen sie unseren D. - mit dem ich so manche
Stunde gebechert, gejubelt. - - - Bis an die Grenze
des Forts Fléron hat er seine Kompagnie geführt.
Drauf los wie ein Held - der Tapfersten einer - -
nun mitten in die Brust . . . "Gestern noch auf stolzen
Rossen . . . "
Mich friert. Es ist ein trüber, kalter Morgen, der
Regen säuselt nieder . . . ich habe aber kein Hemd
mehr, nur noch einen Aermel. Sie decken mir meinen
Waffenrock über, der Belgier läßt mir seinen Mantel
umhängen . . .
Fortsetzung item 15
-
item 14
Ueber 30 000 Russen in Ostpreußen gefangen.
Der Sieg der Oesterreicher. Der Kampf in der Nordsee. Die Opfer vom
Kreuzer "Magdeburg".
1. Spalte
Wie im Westen, so ist nunmehr auch im Osten die
erste große Schlacht geschlagen worden. Der Unterschied
liegt darin, daß sich die Russen in der Offensivstellung
befanden, während wir den Ansturm abzuwehren hatten.
Aus der Richtung von Niemen, wie von der Narew her,
d. h. aus Süden und aus Osten waren erhebliche russische
Streitkräfte im Anmarsche, die zwischen Insterburg und
Graudenz in deutsches Gebiet einzubrechen versuchten.
Ihr Zweck war offenbar, die deutsche Defensive zu durch-
brechen, ehe die siegreich vordringenden Oesterreicher
Verbindung mit uns erlangt haben. Die Absicht ist an
der Wachsamkeit unserer Heeresleitung und der Tapfer-
keit unserer Truppen gescheitert. Die russische Armee,
an Zahl fast der bei Metz geschlagenen französischen Ar-
mee gleich, ist über die Grenze zurückgewichen und wird
von unseren Truppen verfolgt. Durch diesen Sieg ist
die Durchführung des gemeinschaftlichen Vormarsches
unserer und der österreichischen Truppen gegen die
Weichsel erleichtert worden. Es geht auf Warschau los!
Die Meldung über den Sieg lautet kurz und knapp:
WTB. Berlin, 29. August. Unsere Truppen in
Preußen unter der Führung des Generalobersten Hinden-
burg haben die von Narew vorgegangene russische Armee
in Stärke von 5 Armeekorps und 3 Kavalleriedivisionen
in dreitägiger Schlacht bei Gilgenburg-Ortelsburg ge-
schlagen und verfolgen sie jetzt über die Grenze.
Generalquartiermeister von Stein.
Die am Sonnabend verbreitete Meldung von dem
großen deutschen Siege über die Russen in Ostpreußen
wird durch folgende neue erfreuliche Nachricht ergänzt:
WTB. Berlin, 31. August. Bei den großen
Kämpfen, in denen die russische Armee bei Tannen-
berg, Hohenstein und Ortelsburg geworfen wurden,
sind nach vorläufiger Schätzung über 30000 Russen
mit vielen hohen Offizieren in Gefangenschaft
geraten.
Eine erfreuliche Ergänzung zu der amtlichen Mel-
dung über das Ergebnis der Schlacht bilden die folgen-
den Mitteilungen, die aus amtlichen Quellen Ost-
preußens stammen:
Der vom Generalquartiermeister in seiner Ver-
öffentlichung vom 25. August als bevorstehend angekün-
digte Entscheidungskampf hat begonnen. Als Einleitung
erfolgte die Besetzung der Grenzstadt Neidenburg durch
starke russische Kräfte. Die Russen plünderten die Stadt
gründlich und bombardierten sie dann von den benach-
barten Höhen. Den meisten Bürgern Neidenburgs,
das etwa 6000 Einwohner hat, war es gelungen, über
Hohenstein und Allenstein zu fliehen. Das 20. Armee-
korps griff energisch in den Kampf gegen den russischen
Gegner ein. Die "Allensteiner Zeitung" kann mit amt-
licher Genehmigung darüber melden: Unser tapferes
20. Armeekorps steht seit 24 Stunden im Feuer mit
einem an Kräften weit überlegenen Gegner. Dank der
Tapferkeit unserer Truppen und Führer ist es den
Russen trotz der gewaltigen Uebermacht nicht gelun-
gen, unsere Stellungen zu nehmen. Der Kampf hat sich
dann zu einer Riesenschlacht auf der Linie Gilgenburg-
Neidenburg-Ortelsburg entwickelt mit etwa 50 Kilo-
meter Frontlänge. Hierüber teilt Landrat Hagemann
in Marienburg der "Marienburger Zeitung" mit, daß
zwei russische Armeekorps aufgerieben worden seien.
_____________________________________________________________________________
Kriegsbriefe.
Wie ich verwundet wurde
Von einem Mitkämpfer bei Lüttich.
. . . Mitten in dieses Dorfgefecht (Sturm auf Ft.
Fléron) waren wir hineingerissen. Es blitzte aus allen
Häusern, unablässig rollt der Donner der Geschütze, un-
ablässig geht der Eisenregen nieder. Stockdunkel . . .
Wie sehnlich wünschen wir den Morgen heran. - Kein
Gegner zu sehen - und doch sinkt Mann neben Mann.
Aus den Mauern der Häuser sind nur winzige Steine
gelöst - ein Flintenlauf ragt durch; in den Fenster-
laden ein kleines Loch - der Lauf einer Jagdbüchse
sprüht Flammen heraus - aus den Kellerfenstern, von
den Böden zuckt und flammt und pfeift es . . . Wie
im Hexenkessel . . . Und wir dürfen nicht schießen, um
die Kameraden, die rechts und links vor uns im Gefecht
liegen, nicht zu gefährden . . . Einer neben dem anderen
sinkt - Aechzen und Stöhnen überall. Hinweg über
einen Haufen zuckender Leiber, vorsichtig - um keinem
wehe zu tun - und um uns blitzt und kracht´s. Aus einem
Eckhaus prasselt uns ein Hagel entgegen. -
Zwanzig, fünfzig Läufe heben sich - , da brülle ich:
"Keinen Schuß, Kerls! Wer kommt mit? Beil her!"
Ein kleiner Musketier reicht mir eine Picke . . . Zehn
braune Kerls drängen hinter mir nach. - Dann ein
paar Hiebe mit Beil und Kolben - die Tür kracht ein
- von der Decke her zucken Geschosse nieder . . . "Keiner
die Bodentreppe hinauf! Hierbleiben! Streichhölzer
her!" Und schon habe ich ein paar Strohballen vorge-
rissen, - fünf Minuten später züngeln die Flammen
aus allen Fenstern. "So, Jungs, nun vorwärts!" -
Hinein wieder in die Dorfgasse . . . Da treffe ich mei-
nen Kompagnieführer. "Hierher!" schreit er. "Ueber
die Mauer, mir nach!"
Zwei Kerle heben mich hoch, im Nu haben wir eine
Gartenmauer überstiegen, und stürmen weiter, einer
belgischen Abteilung in den Rücken zu fallen. Manns-
hohe Hecken, mit Stacheldraht durchzogen - vier, fünf
- vor uns. "Her, Kerls," rufe ich, "gebt mir die
Drahtschere!" Ein paar wuchtige Jungens treten
den Schlehdorn ein - ich knipse den Draht durch und gehe
ihnen voran, - meine Hose hängt in Fetzen runter.
Die Hecken werden genommen - auf einmal kracht es
auf uns her - nur wenige Sekunden, dann saust eine
Haubitze in den verruchten Giebel - Steine spritzen
umher - das Gemäuer sinkt donnernd zusammen.
Feuer von links! - Da sind die Unsern, sie schießen
auf uns - sie erkennen uns noch immer nicht. Wir
brüllen ihnen die Losung zu: "Der Kaiser! Der Kaiser!"
- Sie hören uns nicht in dem Höllenlärm. "Hornist,"
rufe ich, "blasen Sie Signal!" Der brave Junge - er
war von den vierten Jägern, nimmt das Horn und
schmettert: Das Ganze! - Das Ganze! - Da kommt´s
von drüben zurück. Wir erkennen uns - es sind die
27er - ich drücke dem Hauptmann, den ich seit Jahren
kenne, die Hand. -
Heller Morgen, ¼ 7 Uhr (am 6. August).
Vor uns liegt ein Kohlenbergwerk. Zwei Kohlen-
halden sind einige Meter hoch im Winkel zu einander
aufgeschüttet - da stürmen wir hinauf: Ein Jäger-
Fortsetzung 2. Spalte Mitte
_______________________________________________________________
2. Spalte
Siegreiches Vordringen der Oesterreicher.
WTB. Wien, 30. August. Der Korrespondent des
Neuen Wiener Tagebl. im Hauptquartier meldet: Die
große Schlacht ist heute, am vierten Tage, in vollem
Gange und steht gut für uns. Die linke Flügelgruppe
rückt gegen Lublin und Zamocs langsam aber sicher vor,
stößt aber immer wieder auf den neuverschanzten Gegner
und anstelle von Frontalangriffen sind zeitraubende Um-
gehungen nötig. Drei Zügen des Infanterieregiments
Nr. 72 gelang ein rascher Frontalangriff, bei dem zwei
russische Hauptleute, sechs Subalternoffiziere und 470
Mann gefangen genommen wurden. Die Kräftegruppe
zwischen Bug und Wieprz griff eine russische Division
von drei Seiten mit Erfolg an, sodaß sie nur unter dem
Schutze der Nacht entkamen. Generalstabshauptmann
Roßmann stürzte mit seinem Flugzeug ab und wurde
getötet. Das Armeeverordnungsblatt veröffentlichte ge-
rade heute eine Auszeichnung Roßmanns für hervor-
ragend tapferes Verhalten vor dem Feinde.
WTB. Wien, 30. August. (Nicht amtlich.) Soweit
sich bis gestern mittag überblicken ließ, ist das große
Ringen unserer Armee mit den Hauptkräften des russi-
schen Heeres noch nicht zur Entscheidung herangereift.
Nur die Erfolge der vom General der Kavallerie Viktor
Dankl in der Schlacht bei Krasnik siegreich geführten
Armee sind bereits einigermaßen zu übersehen. In ei-
ner zweiten Schlacht am 27. August, die durch die helden-
mütige Erstürmung einer stark befestigten Stellung auf
den Höhen von Niedrzwiosduca gekrönt war, gelang es,
die bei Krasnik zurückgeworfenen russischen Kräfte und
herangeführten Verstärkungen, im ganzen etwa zehn
Divisionen, durch sechs verschiedene Korps neuerlich zu
schlagen. Eines unserer Korps nahm in dieser zweiten
Schlacht einen General, einen Oberst, drei sonstige
Stabspersonen, vierzig Offiziere und zirka 2000 Mann
gefangen und erbeutete wieder sehr viel Kriegsmaterial.
WTB. Wien, 31. August. Die Schlachten auf dem
östlichen Kriegsschauplatz dauern mit ungeminderter
Heftigkeit fort. Oestlich unserer trotz mehrfacher be-
festigter Stellungen des Feindes unaufhaltsam gegen
Lublin vordringenden Armee Dankl haben unsere zwischen
Bug und Wieprz vorgeführten Kräfte am 26. August
den Angriff auf die dem Raume bei Cholm stehen-
den starken russischen Kräfte begonnen. Hierbei ent-
wickelten sich wie bei Krasnik wieder harte, für unsere
angriffsfreudigen Truppen siegreich verlaufende Kämpfe
bei Zamoid sowie nördlich und östlich bei Tomaszow.
In diesen Kämpfen wurden ebenso wie in den Schlach-
ten bei Krasnik tausende von Gefangenen gemacht.
In Ostgalizien behaupten sich unsere Truppen mit helden-
mütiger Bravour und Zähigkeit gegen sehr starke uns
überlegene feindliche Kräfte. Auf dem südlichen Kriegs-
schauplatz haben in letzter Zeit neue Kämpfe statt-
gefunden.
Der Kampf in der Nordsee.
Der lange erwartete Zusammenstoß unserer Flotte
mit der englischen ist erfolgt. Die Nordsee bei Helgo-
land war der Kampfplatz, wo der Seekrieg heftig tobte.
Der Kampf erfolgte bei unsichtigem Wetter und er zog
sich nach Westen, also nach der englischen Küste zu hin.
Mehrere kleine Kreuzer unserer Flotte stießen todes-
mutig vor und gerieten dabei in einen Kampf mit einer
überlegenen starken englischen Flotte. Unsere Schiffe
mußten der Uebermacht weichen, haben den Engländern
aber, wie ein englischer Bericht eingesteht, schwere Be-
schädigungen beigebracht. Nach dem, was man sonst von
Fortsetzung 3. Spalte oben
________________________________________________________________
Fortsetzung von 1. Spalte Kriegsbriefe
leutnant, ein Kompagniekamerad von mir, Sch., dann
ein riesiger Adjutant von den 27ern, A., ein tapferer
Junge, der nicht mit der Wimper zuckte - am Wege
unten bleibt H. zurück, der furchtlose Regimentsadjunkt
vom Regiment Louis Ferdinand, und mit ungefähr 10
Mann nimmt der Hauptmann v. B. die Häuser in un-
serm Rücken unter Feuer, er selbst hat den Degen ab-
gelegt und führt das Gewehr . . .
Oben von meiner Kohlenhalde sehe ich ein Gehöft
und zum ersten Male belgische Infanterie - sonst wa-
ren die Kerle gelaufen, als sei der Deibel hinter ihnen.
- Jetzt heben sie die Büchse an die Backe. Ich lasse
das Feuer aufnehmen und beobachte durch das Glas die
Wirkung . . . "Ruhig zielen, Kerls, ihr schießt zu weit"
. . . Zwei schwarze Mäntel sehe ich sich im Sande wälzen.
"Hols der Deibel!" Sie schießen von rechts her -
von der anderen Halde . . . Da steht noch auf unserem
Flügel der lange A. Seine Schärpe flattert, die Quasten
sind schwarz von Kohlenstaub, er schießt auf die Bande
rechts - jetzt knallt´s auch von hintenher aus den
Häusern . . .
Ich setze das Glas ab und sehe mich um. Da links
am Flügel liegt mein Kamerad Sch., hat einem Ver-
wundeten das Gewehr abgenommen und schießt nach dem
Gehöft . . . Rechts von mir - ja, was ist denn das?
Einer nach dem andern "klappt ab" . . . Der läßt den
Kopf vornüber, der rollt den Abhang hinunter, der
schreit . . . Sie schießen wie besessen auf uns. Nun
liegt nur noch einer rechts von mir, eben fängt auch der
an, sich hin und her zu wälzen, Blut quillt aus dem
Rock hervor, ich werde ihm sein Gewehr abnehmen; ich
richte mich auf . . . Donnerwetter, ich fühle einen
Schlag vor der linken Brust: "Kinder, jetzt hat´s mich
auch." . . .
Ich rutsche den Abhang hinab, das Blut kommt mir
aus dem Munde . . . hinter einem Steinhaufen finde
ich Deckung vor dem mörderischen Feuer. Ich bitte einen
Soldaten: "Mach mir mal die Feldflasche ab - so -
- und den Tornister."Einen langen Schluck. Der gute
Kerl öffnet mir den Waffenrock. Ich lehne mich gegen
den Steinhaufen. Ganz warm quillt das Blut hervor;
wie lange kann´s dauern, dann ist´s vorbei. Aus dem
Rocktäschchen ziehe ich das Verbandszeug, öffne es hastig
und drücke es auf die Wunde. Dann warte ich ab,
minutenlang; auf dem Wege vor mir stehen die braven
Kerle und feuern; da ist auch A. noch mit den schwarzen
Quasten. "Kinder, schickt mir doch einen Arzt." Mir
fängt´s an, vor den Augen zu flimmern. Da kommt das
Soldatengefühl: du mußt Dich [sic] wehren, darfst nicht dich
dumpf in dein Schicksal ergeben. Die Schlacht geht wei-
ter; hier findet dich keiner . . .
Mit Schmerzen richte ich mich empor - stülpe mir
den Helm auf den Kopf - die Feldbinde, die Pistole -
das Glas schenke ich einem Soldaten, er braucht´s jetzt
nötiger als ich, und dann meinen Degen - den lasse ich
nicht, er braucht sich meiner nicht zu schämen - so
schleppe ich mich an den Weg. Was geht mich das Pfei-
fen an, ich habe meinen Teil. Noch immer stehen die
wackeren Kerle und feuern vom Wege gegen die Kohlen-
halde - einen winke ich heran . . . "Um Gotteswillen,
Herr Leutnant!" . . . "Bringe mich zum Verbandplatz,
mein Junge." . . . Er gibt mir seinen Arm . . . "Mußt
3. Spalte
der englischen Kriegsberichterstattung gewöhnt ist, darf
man ruhig annehmen, daß auch die englischen Schiffe
zum mindesten kampfunfähig geworden sind. Leider
brachte der Kampf den Verlust einiger unserer Schiffe,
aber ohne Kampf kein Sieg. Die Helden der Nordsee
leben bei uns in treuem Angedenken und als leuchtendes
Beispiel deutscher Seemannstreue fort.
Unsere Schiff haben, wie Staatssekretär Tirpitz
sagte, die Aufgabe, die deutsche Küste zu schützen, und
diese Aufgabe haben sie bisher glänzend gelöst. Kein
englisches Schiff hat sich bis jetzt den deutschen Gestaden
nähern dürfen, und auch ferner werden unsere blauen
Jungen so scharf auf der Wacht stehen, daß die Englän-
der sich allemal blutige Köpfe holen, wenn sie kommen.
WTB. Berlin, 29. August. Im Laufe des gestrigen
Vormittags sind bei teilweise unsichtigem Wetter mehrere
moderne englische kleine Kreuzer und zwei englische Zer-
störerflottillen (ca. 40 Zerstörer) in der deutschen Bucht
der Nordsee unweit Helgoland aufgetreten. Es kam zu
hartnäckigen Einzelgefechten zwischen ihnen und unsern
leichten Streitkräften. Die deutschen kleinen Kreuzer
drängten lebhaft nach Westen nach und gerieten dabei
infolge der beschränkten Sichtweite ins Gefecht mit
mehreren starken englischen Panzerkreuzern. S. M. S.
"Ariadne" (Kleiner Kreuzer mit 2650 Tonnen Wasser-
verdrängung) sank, von zwei Schlachtschiffkreuzern der
Lion-Klasse auf kurze Entfernung mit schwerer Artillerie
beschossen, nach ehrenvollem Kampfe. Der weitaus größte
Teil der Besatzung, voraussichtlich 250 Köpfe, konnte
gerettet werden.
Auch das Torpedoboot V 187 ging, von einem kleinen
Kreuzer und den Zerstörern aufs heftigste beschossen, bis
zuletzt feuernd, in die Tiefe. Flottillenchef und Kom-
mandant sind gefallen. Ein beträchtlicher Teil der Be-
satzung wurde gerettet. Die kleinen Kreuzer Cöln und
Mainz werden vermißt. Sie sind nach einer heutigen
Reutermeldung aus London gleichfalls im Kampfe mit
überlegenen Gegnern gesunken. Ein Teil der Be-
satzung, 2 Offiziere und 81 Mann (?) scheinen durch eng-
lische Schiffe gerettet zu sein. Nach der gleichen Quelle
haben die englischen Schiffe schwere Beschädigungen er-
litten.
Heldenmut unserer blauen Jungen.
Ueber die heldenmütige Energie, mit der Torpedo-
boot V 187 sich bis zum letzten Augenblick gegen feind-
liche Uebermacht wehrte, gibt der Bericht eines Augen-
zeugen Kunde, dem wir folgendes entnehmen:
V 187 sah sich bei dichtem Wetter ganz unerwartet
zunächst von Norden, dann allerseits von Massen eng-
lischer Torpedobootzerstörer und Unterseebooten ange-
griffen. V 187 wehrte sich unverzüglich mit allen Kräf-
ten, da setzten zahllose Geschosse, aus nächster Nähe ab-
gegeben, die Bewegungsfähigkeit herab. Da keine Mög-
lichkeit vorhanden war, sich dem feindlichen Feuer zu ent-
ziehen, drehte V 187 auf die Feinde zu, um ein Passier-
gefecht zu gewinnen und bis zum Ende durchzukämpfen.
Als unter dem Geschoßhagel die Bewegungsfähigkeit
verloren gegangen war, wurde schnell im Innern eine
Sprengung vorgenommen, um das Boot nicht in Fein-
deshand fallen zu lassen. Jetzt sank es schnell und wäh-
rend es sank, stand die Mannschaft bis zum letzten
Augenblick an den noch brauchbaren Geschützen und
feuerte. Der Flottillenchef, Korvettenkapitän Wallis,
und der Kommandant, Kapitänleutnant Zechter fanden
den Heldentod. Anzuerkennen ist, daß der Gegner un-
geachtet der eigenen Gefahr Beiboote zur Rettung der
Unsrigen aussetzte. Als sich deutsche
ten,mußte er sich von
denen sie dann die geretteten Deutsche
Wie die "Ariadne" unterging.
Vom Untergang S. M. Schiff "Ariadne" gibt der
gleiche Augenzeuge folgendes Bild.
Vom Kanonendonner gerufen, der ein Gefecht der
Vorposten mit Streitkräften anzeigt, eilt S. M. Schiff
"Ariadne" zu Hilfe. An der Vorpostenkette entdeckt sie,
Fortsetzung item 15. 1. Spalte
_______________________________________________________________
Fortsetzung von 2. Spalte Kriegsbriefe
aber langsam mit mir gehen, kann nicht mehr wie
vorhin."
Um uns pfeift´s und donnert´s . Der gute P. stützt
mich. Wie sagt unser Bismarck? "Kein deutscher Offi-
zier läßt seinen Soldaten im Stich - kein deutscher
Soldat seinen Offizier." . . . Nein, weiß Gott nicht! -
Auf dem Wege stehen zwei belgische Bauern - die
lauern auf uns. Wehren kann ich mich jetzt nicht.
"Komm, da in die Hecke hab´ ich vorhin ein Loch getreten
- da durch." Ich humple voran - P., das Gewehr
schußbereit, hinterdrein.
Auf der Dorfstraße . . . Die Truppen drängen nach
vorn, uns entgegen - sie weichen mir alle aus, die
Braven . . . Donnerwetter, könnt´ ich noch mit! -
"Kinder, haut sie in die Pfanne!" (Konnt´s nur leise
sagen,aber sie verstehen´s.) "Wenn wir sie nur erst ha-
ben, Herr Leutnant!"
Der belgische Verbandplatz liegt dort. - "Den mag
ich nicht, komm´ bring mich weiter, wir wollen zum
deutschen Lazarett."
So schleppe ich mich weiter - die Straße hinunter,
wo der Tod so gräßliche Ernte gehalten. Wie liegen
sie doch dicht, so starr, so stumm . . . Unter 100 Deutschen
ein Belgier . . . O, diese feige Bande!
Es greift doch an, dieses Humpeln. - "Seht ihr denn
den Verbandplatz noch nicht, Jungens?" - "Er muß
gleich da sein." Tapps - tapps. "Langsam, Kinder,
sonst tut mir´s weh" - ich hänge mich fester an den
guten P. . . .
Da steht der General. Er sieht mich, kommt einen
Schritt auf mich zu: "Na, Herr Leutnant, hoffentlich
wird´s wieder!"
Antworten kann ich nicht - aber, so schwach ich bin,
ich lasse den Arm meines Soldaten frei und lege die
Hand an den Helm. -
Das Rote Kreuz! Gottlob - Ich danke dem guten
P. und drücke ihm die Hand . . . Sie schneiden mir das
Hemd runter, der unermüdliche Stabsarzt verklebt mir
die Wunde.
Der Verbandsplatz ist nur ein kleiner Raum - drin
liegen sechs, sieben Schwerverwundete und stöhnen und
schreien . . . So bleibe ich draußen und lehne mich
sitzend an das Haus . . . Wie viele liegen hier. - Drü-
ben G., der tapfere Leutnant der Radfahrerkompagnie
- Schuß in den Leib . . . Er streckt sich - kein Laut
des Schmerzes kommt über seine Lippen - sein
Gesicht ist ganz gelb.
Neben mir sitzt ein belgischer Offizier - er hat´s
im Arm und im Bein. - Immer kommen neue. -
Dort sitzt Kurt W., mein Regimentskamerad - Schuß
ins linke Bein - aus einem Kellerfenster raus . . . .
Da bringen sie unseren D. - mit dem ich so manche
Stunde gebechert, gejubelt. - - - Bis an die Grenze
des Forts Fléron hat er seine Kompagnie geführt.
Drauf los wie ein Held - der Tapfersten einer - -
nun mitten in die Brust . . . "Gestern noch auf stolzen
Rossen . . . "
Mich friert. Es ist ein trüber, kalter Morgen, der
Regen säuselt nieder . . . ich habe aber kein Hemd
mehr, nur noch einen Aermel. Sie decken mir meinen
Waffenrock über, der Belgier läßt mir seinen Mantel
umhängen . . .
Fortsetzung item 15
-
item 14
Ueber 30 000 Russen in Ostpreußen gefangen.
Der Sieg der Oesterreicher. Der Kampf in der Nordsee. Die Opfer vom
Kreuzer "Magdeburg".
1. Spalte
Wie im Westen, so ist nunmehr auch im Osten die
erste große Schlacht geschlagen worden. Der Unterschied
liegt darin, daß sich die Russen in der Offensivstellung
befanden, während wir den Ansturm abzuwehren hatten.
Aus der Richtung von Niemen, wie von der Narew her,
d. h. aus Süden und aus Osten waren erhebliche russische
Streitkräfte im Anmarsche, die zwischen Insterburg und
Graudenz in deutsches Gebiet einzubrechen versuchten.
Ihr Zweck war offenbar, die deutsche Defensive zu durch-
brechen, ehe die siegreich vordringenden Oesterreicher
Verbindung mit uns erlangt haben. Die Absicht ist an
der Wachsamkeit unserer Heeresleitung und der Tapfer-
keit unserer Truppen gescheitert. Die russische Armee,
an Zahl fast der bei Metz geschlagenen französischen Ar-
mee gleich, ist über die Grenze zurückgewichen und wird
von unseren Truppen verfolgt. Durch diesen Sieg ist
die Durchführung des gemeinschaftlichen Vormarsches
unserer und der österreichischen Truppen gegen die
Weichsel erleichtert worden. Es geht auf Warschau los!
Die Meldung über den Sieg lautet kurz und knapp:
WTB. Berlin, 29. August. Unsere Truppen in
Preußen unter der Führung des Generalobersten Hinden-
burg haben die von Narew vorgegangene russische Armee
in Stärke von 5 Armeekorps und 3 Kavalleriedivisionen
in dreitägiger Schlacht bei Gilgenburg-Ortelsburg ge-
schlagen und verfolgen sie jetzt über die Grenze.
Generalquartiermeister von Stein.
Die am Sonnabend verbreitete Meldung von dem
großen deutschen Siege über die Russen in Ostpreußen
wird durch folgende neue erfreuliche Nachricht ergänzt:
WTB. Berlin, 31. August. Bei den großen
Kämpfen, in denen die russische Armee bei Tannen-
berg, Hohenstein und Ortelsburg geworfen wurden,
sind nach vorläufiger Schätzung über 30000 Russen
mit vielen hohen Offizieren in Gefangenschaft
geraten.
Eine erfreuliche Ergänzung zu der amtlichen Mel-
dung über das Ergebnis der Schlacht bilden die folgen-
den Mitteilungen, die aus amtlichen Quellen Ost-
preußens stammen:
Der vom Generalquartiermeister in seiner Ver-
öffentlichung vom 25. August als bevorstehend angekün-
digte Entscheidungskampf hat begonnen. Als Einleitung
erfolgte die Besetzung der Grenzstadt Neidenburg durch
starke russische Kräfte. Die Russen plünderten die Stadt
gründlich und bombardierten sie dann von den benach-
barten Höhen. Den meisten Bürgern Neidenburgs,
das etwa 6000 Einwohner hat, war es gelungen, über
Hohenstein und Allenstein zu fliehen. Das 20. Armee-
korps griff energisch in den Kampf gegen den russischen
Gegner ein. Die "Allensteiner Zeitung" kann mit amt-
licher Genehmigung darüber melden: Unser tapferes
20. Armeekorps steht seit 24 Stunden im Feuer mit
einem an Kräften weit überlegenen Gegner. Dank der
Tapferkeit unserer Truppen und Führer ist es den
Russen trotz der gewaltigen Uebermacht nicht gelun-
gen, unsere Stellungen zu nehmen. Der Kampf hat sich
dann zu einer Riesenschlacht auf der Linie Gilgenburg-
Neidenburg-Ortelsburg entwickelt mit etwa 50 Kilo-
meter Frontlänge. Hierüber teilt Landrat Hagemann
in Marienburg der "Marienburger Zeitung" mit, daß
zwei russische Armeekorps aufgerieben worden seien.
_____________________________________________________________________________
Kriegsbriefe.
Wie ich verwundet wurde
Von einem Mitkämpfer bei Lüttich.
. . . Mitten in dieses Dorfgefecht (Sturm auf Ft.
Fléron) waren wir hineingerissen. Es blitzte aus allen
Häusern, unablässig rollt der Donner der Geschütze, un-
ablässig geht der Eisenregen nieder. Stockdunkel . . .
Wie sehnlich wünschen wir den Morgen heran. - Kein
Gegner zu sehen - und doch sinkt Mann neben Mann.
Aus den Mauern der Häuser sind nur winzige Steine
gelöst - ein Flintenlauf ragt durch; in den Fenster-
laden ein kleines Loch - der Lauf einer Jagdbüchse
sprüht Flammen heraus - aus den Kellerfenstern, von
den Böden zuckt und flammt und pfeift es . . . Wie
im Hexenkessel . . . Und wir dürfen nicht schießen, um
die Kameraden, die rechts und links vor uns im Gefecht
liegen, nicht zu gefährden . . . Einer neben dem anderen
sinkt - Aechzen und Stöhnen überall. Hinweg über
einen Haufen zuckender Leiber, vorsichtig - um keinem
wehe zu tun - und um uns blitzt und kracht´s. Aus einem
Eckhaus prasselt uns ein Hagel entgegen. -
Zwanzig, fünfzig Läufe heben sich - , da brülle ich:
"Keinen Schuß, Kerls! Wer kommt mit? Beil her!"
Ein kleiner Musketier reicht mir eine Picke . . . Zehn
braune Kerls drängen hinter mir nach. - Dann ein
paar Hiebe mit Beil und Kolben - die Tür kracht ein
- von der Decke her zucken Geschosse nieder . . . "Keiner
die Bodentreppe hinauf! Hierbleiben! Streichhölzer
her!" Und schon habe ich ein paar Strohballen vorge-
rissen, - fünf Minuten später züngeln die Flammen
aus allen Fenstern. "So, Jungs, nun vorwärts!" -
Hinein wieder in die Dorfgasse . . . Da treffe ich mei-
nen Kompagnieführer. "Hierher!" schreit er. "Ueber
die Mauer, mir nach!"
Zwei Kerle heben mich hoch, im Nu haben wir eine
Gartenmauer überstiegen, und stürmen weiter, einer
belgischen Abteilung in den Rücken zu fallen. Manns-
hohe Hecken, mit Stacheldraht durchzogen - vier, fünf
- vor uns. "Her, Kerls," rufe ich, "gebt mir die
Drahtschere!" Ein paar wuchtige Jungens treten
den Schlehdorn ein - ich knipse den Draht durch und gehe
ihnen voran, - meine Hose hängt in Fetzen runter.
Die Hecken werden genommen - auf einmal kracht es
auf uns her - nur wenige Sekunden, dann saust eine
Haubitze in den verruchten Giebel - Steine spritzen
umher - das Gemäuer sinkt donnernd zusammen.
Feuer von links! - Da sind die Unsern, sie schießen
auf uns - sie erkennen uns noch immer nicht. Wir
brüllen ihnen die Losung zu: "Der Kaiser! Der Kaiser!"
- Sie hören uns nicht in dem Höllenlärm. "Hornist,"
rufe ich, "blasen Sie Signal!" Der brave Junge - er
war von den vierten Jägern, nimmt das Horn und
schmettert: Das Ganze! - Das Ganze! - Da kommt´s
von drüben zurück. Wir erkennen uns - es sind die
27er - ich drücke dem Hauptmann, den ich seit Jahren
kenne, die Hand. -
Heller Morgen, ¼ 7 Uhr (am 6. August).
Vor uns liegt ein Kohlenbergwerk. Zwei Kohlen-
halden sind einige Meter hoch im Winkel zu einander
aufgeschüttet - da stürmen wir hinauf: Ein Jäger-
Fortsetzung 2. Spalte Mitte
_______________________________________________________________
2. Spalte
Siegreiches Vordringen der Oesterreicher.
WTB. Wien, 30. August. Der Korrespondent des
Neuen Wiener Tagebl. im Hauptquartier meldet: Die
große Schlacht ist heute, am vierten Tage, in vollem
Gange und steht gut für uns. Die linke Flügelgruppe
rückt gegen Lublin und Zamocs langsam aber sicher vor,
stößt aber immer wieder auf den neuverschanzten Gegner
und anstelle von Frontalangriffen sind zeitraubende Um-
gehungen nötig. Drei Zügen des Infanterieregiments
Nr. 72 gelang ein rascher Frontalangriff, bei dem zwei
russische Hauptleute, sechs Subalternoffiziere und 470
Mann gefangen genommen wurden. Die Kräftegruppe
zwischen Bug und Wieprz griff eine russische Division
von drei Seiten mit Erfolg an, sodaß sie nur unter dem
Schutze der Nacht entkamen. Generalstabshauptmann
Roßmann stürzte mit seinem Flugzeug ab und wurde
getötet. Das Armeeverordnungsblatt veröffentlichte ge-
rade heute eine Auszeichnung Roßmanns für hervor-
ragend tapferes Verhalten vor dem Feinde.
WTB. Wien, 30. August. (Nicht amtlich.) Soweit
sich bis gestern mittag überblicken ließ, ist das große
Ringen unserer Armee mit den Hauptkräften des russi-
schen Heeres noch nicht zur Entscheidung herangereift.
Nur die Erfolge der vom General der Kavallerie Viktor
Dankl in der Schlacht bei Krasnik siegreich geführten
Armee sind bereits einigermaßen zu übersehen. In ei-
ner zweiten Schlacht am 27. August, die durch die helden-
mütige Erstürmung einer stark befestigten Stellung auf
den Höhen von Niedrzwiosduca gekrönt war, gelang es,
die bei Krasnik zurückgeworfenen russischen Kräfte und
herangeführten Verstärkungen, im ganzen etwa zehn
Divisionen, durch sechs verschiedene Korps neuerlich zu
schlagen. Eines unserer Korps nahm in dieser zweiten
Schlacht einen General, einen Oberst, drei sonstige
Stabspersonen, vierzig Offiziere und zirka 2000 Mann
gefangen und erbeutete wieder sehr viel Kriegsmaterial.
WTB. Wien, 31. August. Die Schlachten auf dem
östlichen Kriegsschauplatz dauern mit ungeminderter
Heftigkeit fort. Oestlich unserer trotz mehrfacher be-
festigter Stellungen des Feindes unaufhaltsam gegen
Lublin vordringenden Armee Dankl haben unsere zwischen
Bug und Wieprz vorgeführten Kräfte am 26. August
den Angriff auf die dem Raume bei Cholm stehen-
den starken russischen Kräfte begonnen. Hierbei ent-
wickelten sich wie bei Krasnik wieder harte, für unsere
angriffsfreudigen Truppen siegreich verlaufende Kämpfe
bei Zamoid sowie nördlich und östlich bei Tomaszow.
In diesen Kämpfen wurden ebenso wie in den Schlach-
ten bei Krasnik tausende von Gefangenen gemacht.
In Ostgalizien behaupten sich unsere Truppen mit helden-
mütiger Bravour und Zähigkeit gegen sehr starke uns
überlegene feindliche Kräfte. Auf dem südlichen Kriegs-
schauplatz haben in letzter Zeit neue Kämpfe statt-
gefunden.
Der Kampf in der Nordsee.
Der lange erwartete Zusammenstoß unserer Flotte
mit der englischen ist erfolgt. Die Nordsee bei Helgo-
land war der Kampfplatz, wo der Seekrieg heftig tobte.
Der Kampf erfolgte bei unsichtigem Wetter und er zog
sich nach Westen, also nach der englischen Küste zu hin.
Mehrere kleine Kreuzer unserer Flotte stießen todes-
mutig vor und gerieten dabei in einen Kampf mit einer
überlegenen starken englischen Flotte. Unsere Schiffe
mußten der Uebermacht weichen, haben den Engländern
aber, wie ein englischer Bericht eingesteht, schwere Be-
schädigungen beigebracht. Nach dem, was man sonst von
Fortsetzung 3. Spalte oben
________________________________________________________________
Fortsetzung von 1. Spalte Kriegsbriefe
leutnant, ein Kompagniekamerad von mir, Sch., dann
ein riesiger Adjutant von den 27ern, A., ein tapferer
Junge, der nicht mit der Wimper zuckte - am Wege
unten bleibt H. zurück, der furchtlose Regimentsadjunkt
vom Regiment Louis Ferdinand, und mit ungefähr 10
Mann nimmt der Hauptmann v. B. die Häuser in un-
serm Rücken unter Feuer, er selbst hat den Degen ab-
gelegt und führt das Gewehr . . .
Oben von meiner Kohlenhalde sehe ich ein Gehöft
und zum ersten Male belgische Infanterie - sonst wa-
ren die Kerle gelaufen, als sei der Deibel hinter ihnen.
- Jetzt heben sie die Büchse an die Backe. Ich lasse
das Feuer aufnehmen und beobachte durch das Glas die
Wirkung . . . "Ruhig zielen, Kerls, ihr schießt zu weit"
. . . Zwei schwarze Mäntel sehe ich sich im Sande wälzen.
"Hols der Deibel!" Sie schießen von rechts her -
von der anderen Halde . . . Da steht noch auf unserem
Flügel der lange A. Seine Schärpe flattert, die Quasten
sind schwarz von Kohlenstaub, er schießt auf die Bande
rechts - jetzt knallt´s auch von hintenher aus den
Häusern . . .
Ich setze das Glas ab und sehe mich um. Da links
am Flügel liegt mein Kamerad Sch., hat einem Ver-
wundeten das Gewehr abgenommen und schießt nach dem
Gehöft . . . Rechts von mir - ja, was ist denn das?
Einer nach dem andern "klappt ab" . . . Der läßt den
Kopf vornüber, der rollt den Abhang hinunter, der
schreit . . . Sie schießen wie besessen auf uns. Nun
liegt nur noch einer rechts von mir, eben fängt auch der
an, sich hin und her zu wälzen, Blut quillt aus dem
Rock hervor, ich werde ihm sein Gewehr abnehmen; ich
richte mich auf . . . Donnerwetter, ich fühle einen
Schlag vor der linken Brust: "Kinder, jetzt hat´s mich
auch." . . .
Ich rutsche den Abhang hinab, das Blut kommt mir
aus dem Munde . . . hinter einem Steinhaufen finde
ich Deckung vor dem mörderischen Feuer. Ich bitte einen
Soldaten: "Mach mir mal die Feldflasche ab - so -
- und den Tornister."Einen langen Schluck. Der gute
Kerl öffnet mir den Waffenrock. Ich lehne mich gegen
den Steinhaufen. Ganz warm quillt das Blut hervor;
wie lange kann´s dauern, dann ist´s vorbei. Aus dem
Rocktäschchen ziehe ich das Verbandszeug, öffne es hastig
und drücke es auf die Wunde. Dann warte ich ab,
minutenlang; auf dem Wege vor mir stehen die braven
Kerle und feuern; da ist auch A. noch mit den schwarzen
Quasten. "Kinder, schickt mir doch einen Arzt." Mir
fängt´s an, vor den Augen zu flimmern. Da kommt das
Soldatengefühl: du mußt Dich [sic] wehren, darfst nicht dich
dumpf in dein Schicksal ergeben. Die Schlacht geht wei-
ter; hier findet dich keiner . . .
Mit Schmerzen richte ich mich empor - stülpe mir
den Helm auf den Kopf - die Feldbinde, die Pistole -
das Glas schenke ich einem Soldaten, er braucht´s jetzt
nötiger als ich, und dann meinen Degen - den lasse ich
nicht, er braucht sich meiner nicht zu schämen - so
schleppe ich mich an den Weg. Was geht mich das Pfei-
fen an, ich habe meinen Teil. Noch immer stehen die
wackeren Kerle und feuern vom Wege gegen die Kohlen-
halde - einen winke ich heran . . . "Um Gotteswillen,
Herr Leutnant!" . . . "Bringe mich zum Verbandplatz,
mein Junge." . . . Er gibt mir seinen Arm . . . "Mußt
3. Spalte
der englischen Kriegsberichterstattung gewöhnt ist, darf
man ruhig annehmen, daß auch die englischen Schiffe
zum mindesten kampfunfähig geworden sind. Leider
brachte der Kampf den Verlust einiger unserer Schiffe,
aber ohne Kampf kein Sieg. Die Helden der Nordsee
leben bei uns in treuem Angedenken und als leuchtendes
Beispiel deutscher Seemannstreue fort.
Unsere Schiff haben, wie Staatssekretär Tirpitz
sagte, die Aufgabe, die deutsche Küste zu schützen, und
diese Aufgabe haben sie bisher glänzend gelöst. Kein
englisches Schiff hat sich bis jetzt den deutschen Gestaden
nähern dürfen, und auch ferner werden unsere blauen
Jungen so scharf auf der Wacht stehen, daß die Englän-
der sich allemal blutige Köpfe holen, wenn sie kommen.
WTB. Berlin, 29. August. Im Laufe des gestrigen
Vormittags sind bei teilweise unsichtigem Wetter mehrere
moderne englische kleine Kreuzer und zwei englische Zer-
störerflottillen (ca. 40 Zerstörer) in der deutschen Bucht
der Nordsee unweit Helgoland aufgetreten. Es kam zu
hartnäckigen Einzelgefechten zwischen ihnen und unsern
leichten Streitkräften. Die deutschen kleinen Kreuzer
drängten lebhaft nach Westen nach und gerieten dabei
infolge der beschränkten Sichtweite ins Gefecht mit
mehreren starken englischen Panzerkreuzern. S. M. S.
"Ariadne" (Kleiner Kreuzer mit 2650 Tonnen Wasser-
verdrängung) sank, von zwei Schlachtschiffkreuzern der
Lion-Klasse auf kurze Entfernung mit schwerer Artillerie
beschossen, nach ehrenvollem Kampfe. Der weitaus größte
Teil der Besatzung, voraussichtlich 250 Köpfe, konnte
gerettet werden.
Auch das Torpedoboot V 187 ging, von einem kleinen
Kreuzer und den Zerstörern aufs heftigste beschossen, bis
zuletzt feuernd, in die Tiefe. Flottillenchef und Kom-
mandant sind gefallen. Ein beträchtlicher Teil der Be-
satzung wurde gerettet. Die kleinen Kreuzer Cöln und
Mainz werden vermißt. Sie sind nach einer heutigen
Reutermeldung aus London gleichfalls im Kampfe mit
überlegenen Gegnern gesunken. Ein Teil der Be-
satzung, 2 Offiziere und 81 Mann (?) scheinen durch eng-
lische Schiffe gerettet zu sein. Nach der gleichen Quelle
haben die englischen Schiffe schwere Beschädigungen er-
litten.
Heldenmut unserer blauen Jungen.
Ueber die heldenmütige Energie, mit der Torpedo-
boot V 187 sich bis zum letzten Augenblick gegen feind-
liche Uebermacht wehrte, gibt der Bericht eines Augen-
zeugen Kunde, dem wir folgendes entnehmen:
V 187 sah sich bei dichtem Wetter ganz unerwartet
zunächst von Norden, dann allerseits von Massen eng-
lischer Torpedobootzerstörer und Unterseebooten ange-
griffen. V 187 wehrte sich unverzüglich mit allen Kräf-
ten, da setzten zahllose Geschosse, aus nächster Nähe ab-
gegeben, die Bewegungsfähigkeit herab. Da keine Mög-
lichkeit vorhanden war, sich dem feindlichen Feuer zu ent-
ziehen, drehte V 187 auf die Feinde zu, um ein Passier-
gefecht zu gewinnen und bis zum Ende durchzukämpfen.
Als unter dem Geschoßhagel die Bewegungsfähigkeit
verloren gegangen war, wurde schnell im Innern eine
Sprengung vorgenommen, um das Boot nicht in Fein-
deshand fallen zu lassen. Jetzt sank es schnell und wäh-
rend es sank, stand die Mannschaft bis zum letzten
Augenblick an den noch brauchbaren Geschützen und
feuerte. Der Flottillenchef, Korvettenkapitän Wallis,
und der Kommandant, Kapitänleutnant Zechter fanden
den Heldentod. Anzuerkennen ist, daß der Gegner un-
geachtet der eigenen Gefahr Beiboote zur Rettung der
Unsrigen aussetzte. Als sich deutsche
ten,mußte er sich von
denen sie dann die geretteten Deutsche
Wie die "Ariadne" unterging.
Vom Untergang S. M. Schiff "Ariadne" gibt der
gleiche Augenzeuge folgendes Bild.
Vom Kanonendonner gerufen, der ein Gefecht der
Vorposten mit Streitkräften anzeigt, eilt S. M. Schiff
"Ariadne" zu Hilfe. An der Vorpostenkette entdeckt sie,
Fortsetzung item 15. 1. Spalte
_______________________________________________________________
Fortsetzung von 2. Spalte Kriegsbriefe
aber langsam mit mir gehen, kann nicht mehr wie
vorhin."
Um uns pfeift´s und donnert´s . Der gute P. stützt
mich. Wie sagt unser Bismarck? "Kein deutscher Offi-
zier läßt seinen Soldaten im Stich - kein deutscher
Soldat seinen Offizier." . . . Nein, weiß Gott nicht! -
Auf dem Wege stehen zwei belgische Bauern - die
lauern auf uns. Wehren kann ich mich jetzt nicht.
"Komm, da in die Hecke hab´ ich vorhin ein Loch getreten
- da durch." Ich humple voran - P., das Gewehr
schußbereit, hinterdrein.
Auf der Dorfstraße . . . Die Truppen drängen nach
vorn, uns entgegen - sie weichen mir alle aus, die
Braven . . . Donnerwetter, könnt´ ich noch mit! -
"Kinder, haut sie in die Pfanne!" (Konnt´s nur leise
sagen,aber sie verstehen´s.) "Wenn wir sie nur erst ha-
ben, Herr Leutnant!"
Der belgische Verbandplatz liegt dort. - "Den mag
ich nicht, komm´ bring mich weiter, wir wollen zum
deutschen Lazarett."
So schleppe ich mich weiter - die Straße hinunter,
wo der Tod so gräßliche Ernte gehalten. Wie liegen
sie doch dicht, so starr, so stumm . . . Unter 100 Deutschen
ein Belgier . . . O, diese feige Bande!
Es greift doch an, dieses Humpeln. - "Seht ihr denn
den Verbandplatz noch nicht, Jungens?" - "Er muß
gleich da sein." Tapps - tapps. "Langsam, Kinder,
sonst tut mir´s weh" - ich hänge mich fester an den
guten P. . . .
Da steht der General. Er sieht mich, kommt einen
Schritt auf mich zu: "Na, Herr Leutnant, hoffentlich
wird´s wieder!"
Antworten kann ich nicht - aber, so schwach ich bin,
ich lasse den Arm meines Soldaten frei und lege die
Hand an den Helm. -
Das Rote Kreuz! Gottlob - Ich danke dem guten
P. und drücke ihm die Hand . . . Sie schneiden mir das
Hemd runter, der unermüdliche Stabsarzt verklebt mir
die Wunde.
Der Verbandsplatz ist nur ein kleiner Raum - drin
liegen sechs, sieben Schwerverwundete und stöhnen und
schreien . . . So bleibe ich draußen und lehne mich
sitzend an das Haus . . . Wie viele liegen hier. - Drü-
ben G., der tapfere Leutnant der Radfahrerkompagnie
- Schuß in den Leib . . . Er streckt sich - kein Laut
des Schmerzes kommt über seine Lippen - sein
Gesicht ist ganz gelb.
Neben mir sitzt ein belgischer Offizier - er hat´s
im Arm und im Bein. - Immer kommen neue. -
Dort sitzt Kurt W., mein Regimentskamerad - Schuß
ins linke Bein - aus einem Kellerfenster raus . . . .
Da bringen sie unseren D. - mit dem ich so manche
Stunde gebechert, gejubelt. - - - Bis an die Grenze
des Forts Fléron hat er seine Kompagnie geführt.
Drauf los wie ein Held - der Tapfersten einer - -
nun mitten in die Brust . . . "Gestern noch auf stolzen
Rossen . . . "
Mich friert. Es ist ein trüber, kalter Morgen, der
Regen säuselt nieder . . . ich habe aber kein Hemd
mehr, nur noch einen Aermel. Sie decken mir meinen
Waffenrock über, der Belgier läßt mir seinen Mantel
umhängen . . .
-
item 14
Ueber 30 000 Russen in Ostpreußen gefangen.
Der Sieg der Oesterreicher. Der Kampf in der Nordsee. Die Opfer vom
Kreuzer "Magdeburg".
1. Spalte
Wie im Westen, so ist nunmehr auch im Osten die
erste große Schlacht geschlagen worden. Der Unterschied
liegt darin, daß sich die Russen in der Offensivstellung
befanden, während wir den Ansturm abzuwehren hatten.
Aus der Richtung von Niemen, wie von der Narew her,
d. h. aus Süden und aus Osten waren erhebliche russische
Streitkräfte im Anmarsche, die zwischen Insterburg und
Graudenz in deutsches Gebiet einzubrechen versuchten.
Ihr Zweck war offenbar, die deutsche Defensive zu durch-
brechen, ehe die siegreich vordringenden Oesterreicher
Verbindung mit uns erlangt haben. Die Absicht ist an
der Wachsamkeit unserer Heeresleitung und der Tapfer-
keit unserer Truppen gescheitert. Die russische Armee,
an Zahl fast der bei Metz geschlagenen französischen Ar-
mee gleich, ist über die Grenze zurückgewichen und wird
von unseren Truppen verfolgt. Durch diesen Sieg ist
die Durchführung des gemeinschaftlichen Vormarsches
unserer und der österreichischen Truppen gegen die
Weichsel erleichtert worden. Es geht auf Warschau los!
Die Meldung über den Sieg lautet kurz und knapp:
WTB. Berlin, 29. August. Unsere Truppen in
Preußen unter der Führung des Generalobersten Hinden-
burg haben die von Narew vorgegangene russische Armee
in Stärke von 5 Armeekorps und 3 Kavalleriedivisionen
in dreitägiger Schlacht bei Gilgenburg-Ortelsburg ge-
schlagen und verfolgen sie jetzt über die Grenze.
Generalquartiermeister von Stein.
Die am Sonnabend verbreitete Meldung von dem
großen deutschen Siege über die Russen in Ostpreußen
wird durch folgende neue erfreuliche Nachricht ergänzt:
WTB. Berlin, 31. August. Bei den großen
Kämpfen, in denen die russische Armee bei Tannen-
berg, Hohenstein und Ortelsburg geworfen wurden,
sind nach vorläufiger Schätzung über 30000 Russen
mit vielen hohen Offizieren in Gefangenschaft
geraten.
Eine erfreuliche Ergänzung zu der amtlichen Mel-
dung über das Ergebnis der Schlacht bilden die folgen-
den Mitteilungen, die aus amtlichen Quellen Ost-
preußens stammen:
Der vom Generalquartiermeister in seiner Ver-
öffentlichung vom 25. August als bevorstehend angekün-
digte Entscheidungskampf hat begonnen. Als Einleitung
erfolgte die Besetzung der Grenzstadt Neidenburg durch
starke russische Kräfte. Die Russen plünderten die Stadt
gründlich und bombardierten sie dann von den benach-
barten Höhen. Den meisten Bürgern Neidenburgs,
das etwa 6000 Einwohner hat, war es gelungen, über
Hohenstein und Allenstein zu fliehen. Das 20. Armee-
korps griff energisch in den Kampf gegen den russischen
Gegner ein. Die "Allensteiner Zeitung" kann mit amt-
licher Genehmigung darüber melden: Unser tapferes
20. Armeekorps steht seit 24 Stunden im Feuer mit
einem an Kräften weit überlegenen Gegner. Dank der
Tapferkeit unserer Truppen und Führer ist es den
Russen trotz der gewaltigen Uebermacht nicht gelun-
gen, unsere Stellungen zu nehmen. Der Kampf hat sich
dann zu einer Riesenschlacht auf der Linie Gilgenburg-
Neidenburg-Ortelsburg entwickelt mit etwa 50 Kilo-
meter Frontlänge. Hierüber teilt Landrat Hagemann
in Marienburg der "Marienburger Zeitung" mit, daß
zwei russische Armeekorps aufgerieben worden seien.
_____________________________________________________________________________
Kriegsbriefe.
Wie ich verwundet wurde
Von einem Mitkämpfer bei Lüttich.
. . . Mitten in dieses Dorfgefecht (Sturm auf Ft.
Fléron) waren wir hineingerissen. Es blitzte aus allen
Häusern, unablässig rollt der Donner der Geschütze, un-
ablässig geht der Eisenregen nieder. Stockdunkel . . .
Wie sehnlich wünschen wir den Morgen heran. - Kein
Gegner zu sehen - und doch sinkt Mann neben Mann.
Aus den Mauern der Häuser sind nur winzige Steine
gelöst - ein Flintenlauf ragt durch; in den Fenster-
laden ein kleines Loch - der Lauf einer Jagdbüchse
sprüht Flammen heraus - aus den Kellerfenstern, von
den Böden zuckt und flammt und pfeift es . . . Wie
im Hexenkessel . . . Und wir dürfen nicht schießen, um
die Kameraden, die rechts und links vor uns im Gefecht
liegen, nicht zu gefährden . . . Einer neben dem anderen
sinkt - Aechzen und Stöhnen überall. Hinweg über
einen Haufen zuckender Leiber, vorsichtig - um keinem
wehe zu tun - und um uns blitzt und kracht´s. Aus einem
Eckhaus prasselt uns ein Hagel entgegen. -
Zwanzig, fünfzig Läufe heben sich - , da brülle ich:
"Keinen Schuß, Kerls! Wer kommt mit? Beil her!"
Ein kleiner Musketier reicht mir eine Picke . . . Zehn
braune Kerls drängen hinter mir nach. - Dann ein
paar Hiebe mit Beil und Kolben - die Tür kracht ein
- von der Decke her zucken Geschosse nieder . . . "Keiner
die Bodentreppe hinauf! Hierbleiben! Streichhölzer
her!" Und schon habe ich ein paar Strohballen vorge-
rissen, - fünf Minuten später züngeln die Flammen
aus allen Fenstern. "So, Jungs, nun vorwärts!" -
Hinein wieder in die Dorfgasse . . . Da treffe ich mei-
nen Kompagnieführer. "Hierher!" schreit er. "Ueber
die Mauer, mir nach!"
Zwei Kerle heben mich hoch, im Nu haben wir eine
Gartenmauer überstiegen, und stürmen weiter, einer
belgischen Abteilung in den Rücken zu fallen. Manns-
hohe Hecken, mit Stacheldraht durchzogen - vier, fünf
- vor uns. "Her, Kerls," rufe ich, "gebt mir die
Drahtschere!" Ein paar wuchtige Jungens treten
den Schlehdorn ein - ich knipse den Draht durch und gehe
ihnen voran, - meine Hose hängt in Fetzen runter.
Die Hecken werden genommen - auf einmal kracht es
auf uns her - nur wenige Sekunden, dann saust eine
Haubitze in den verruchten Giebel - Steine spritzen
umher - das Gemäuer sinkt donnernd zusammen.
Feuer von links! - Da sind die Unsern, sie schießen
auf uns - sie erkennen uns noch immer nicht. Wir
brüllen ihnen die Losung zu: "Der Kaiser! Der Kaiser!"
- Sie hören uns nicht in dem Höllenlärm. "Hornist,"
rufe ich, "blasen Sie Signal!" Der brave Junge - er
war von den vierten Jägern, nimmt das Horn und
schmettert: Das Ganze! - Das Ganze! - Da kommt´s
von drüben zurück. Wir erkennen uns - es sind die
27er - ich drücke dem Hauptmann, den ich seit Jahren
kenne, die Hand. -
Heller Morgen, ¼ 7 Uhr (am 6. August).
Vor uns liegt ein Kohlenbergwerk. Zwei Kohlen-
halden sind einige Meter hoch im Winkel zu einander
aufgeschüttet - da stürmen wir hinauf: Ein Jäger-
Fortsetzung 2. Spalte Mitte
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2. Spalte
Siegreiches Vordringen der Oesterreicher.
WTB. Wien, 30. August. Der Korrespondent des
Neuen Wiener Tagebl. im Hauptquartier meldet: Die
große Schlacht ist heute, am vierten Tage, in vollem
Gange und steht gut für uns. Die linke Flügelgruppe
rückt gegen Lublin und Zamocs langsam aber sicher vor,
stößt aber immer wieder auf den neuverschanzten Gegner
und anstelle von Frontalangriffen sind zeitraubende Um-
gehungen nötig. Drei Zügen des Infanterieregiments
Nr. 72 gelang ein rascher Frontalangriff, bei dem zwei
russische Hauptleute, sechs Subalternoffiziere und 470
Mann gefangen genommen wurden. Die Kräftegruppe
zwischen Bug und Wieprz griff eine russische Division
von drei Seiten mit Erfolg an, sodaß sie nur unter dem
Schutze der Nacht entkamen. Generalstabshauptmann
Roßmann stürzte mit seinem Flugzeug ab und wurde
getötet. Das Armeeverordnungsblatt veröffentlichte ge-
rade heute eine Auszeichnung Roßmanns für hervor-
ragend tapferes Verhalten vor dem Feinde.
WTB. Wien, 30. August. (Nicht amtlich.) Soweit
sich bis gestern mittag überblicken ließ, ist das große
Ringen unserer Armee mit den Hauptkräften des russi-
schen Heeres noch nicht zur Entscheidung herangereift.
Nur die Erfolge der vom General der Kavallerie Viktor
Dankl in der Schlacht bei Krasnik siegreich geführten
Armee sind bereits einigermaßen zu übersehen. In ei-
ner zweiten Schlacht am 27. August, die durch die helden-
mütige Erstürmung einer stark befestigten Stellung auf
den Höhen von Niedrzwiosduca gekrönt war, gelang es,
die bei Krasnik zurückgeworfenen russischen Kräfte und
herangeführten Verstärkungen, im ganzen etwa zehn
Divisionen, durch sechs verschiedene Korps neuerlich zu
schlagen. Eines unserer Korps nahm in dieser zweiten
Schlacht einen General, einen Oberst, drei sonstige
Stabspersonen, vierzig Offiziere und zirka 2000 Mann
gefangen und erbeutete wieder sehr viel Kriegsmaterial.
WTB. Wien, 31. August. Die Schlachten auf dem
östlichen Kriegsschauplatz dauern mit ungeminderter
Heftigkeit fort. Oestlich unserer trotz mehrfacher be-
festigter Stellungen des Feindes unaufhaltsam gegen
Lublin vordringenden Armee Dankl haben unsere zwischen
Bug und Wieprz vorgeführten Kräfte am 26. August
den Angriff auf die dem Raume bei Cholm stehen-
den starken russischen Kräfte begonnen. Hierbei ent-
wickelten sich wie bei Krasnik wieder harte, für unsere
angriffsfreudigen Truppen siegreich verlaufende Kämpfe
bei Zamoid sowie nördlich und östlich bei Tomaszow.
In diesen Kämpfen wurden ebenso wie in den Schlach-
ten bei Krasnik tausende von Gefangenen gemacht.
In Ostgalizien behaupten sich unsere Truppen mit helden-
mütiger Bravour und Zähigkeit gegen sehr starke uns
überlegene feindliche Kräfte. Auf dem südlichen Kriegs-
schauplatz haben in letzter Zeit neue Kämpfe statt-
gefunden.
Der Kampf in der Nordsee.
Der lange erwartete Zusammenstoß unserer Flotte
mit der englischen ist erfolgt. Die Nordsee bei Helgo-
land war der Kampfplatz, wo der Seekrieg heftig tobte.
Der Kampf erfolgte bei unsichtigem Wetter und er zog
sich nach Westen, also nach der englischen Küste zu hin.
Mehrere kleine Kreuzer unserer Flotte stießen todes-
mutig vor und gerieten dabei in einen Kampf mit einer
überlegenen starken englischen Flotte. Unsere Schiffe
mußten der Uebermacht weichen, haben den Engländern
aber, wie ein englischer Bericht eingesteht, schwere Be-
schädigungen beigebracht. Nach dem, was man sonst von
Fortsetzung 3. Spalte oben
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Fortsetzung von 1. Spalte Kriegsbriefe
leutnant, ein Kompagniekamerad von mir, Sch., dann
ein riesiger Adjutant von den 27ern, A., ein tapferer
Junge, der nicht mit der Wimper zuckte - am Wege
unten bleibt H. zurück, der furchtlose Regimentsadjunkt
vom Regiment Louis Ferdinand, und mit ungefähr 10
Mann nimmt der Hauptmann v. B. die Häuser in un-
serm Rücken unter Feuer, er selbst hat den Degen ab-
gelegt und führt das Gewehr . . .
Oben von meiner Kohlenhalde sehe ich ein Gehöft
und zum ersten Male belgische Infanterie - sonst wa-
ren die Kerle gelaufen, als sei der Deibel hinter ihnen.
- Jetzt heben sie die Büchse an die Backe. Ich lasse
das Feuer aufnehmen und beobachte durch das Glas die
Wirkung . . . "Ruhig zielen, Kerls, ihr schießt zu weit"
. . . Zwei schwarze Mäntel sehe ich sich im Sande wälzen.
"Hols der Deibel!" Sie schießen von rechts her -
von der anderen Halde . . . Da steht noch auf unserem
Flügel der lange A. Seine Schärpe flattert, die Quasten
sind schwarz von Kohlenstaub, er schießt auf die Bande
rechts - jetzt knallt´s auch von hintenher aus den
Häusern . . .
Ich setze das Glas ab und sehe mich um. Da links
am Flügel liegt mein Kamerad Sch., hat einem Ver-
wundeten das Gewehr abgenommen und schießt nach dem
Gehöft . . . Rechts von mir - ja, was ist denn das?
Einer nach dem andern "klappt ab" . . . Der läßt den
Kopf vornüber, der rollt den Abhang hinunter, der
schreit . . . Sie schießen wie besessen auf uns. Nun
liegt nur noch einer rechts von mir, eben fängt auch der
an, sich hin und her zu wälzen, Blut quillt aus dem
Rock hervor, ich werde ihm sein Gewehr abnehmen; ich
richte mich auf . . . Donnerwetter, ich fühle einen
Schlag vor der linken Brust: "Kinder, jetzt hat´s mich
auch." . . .
Ich rutsche den Abhang hinab, das Blut kommt mir
aus dem Munde . . . hinter einem Steinhaufen finde
ich Deckung vor dem mörderischen Feuer. Ich bitte einen
Soldaten: "Mach mir mal die Feldflasche ab - so -
- und den Tornister."Einen langen Schluck. Der gute
Kerl öffnet mir den Waffenrock. Ich lehne mich gegen
den Steinhaufen. Ganz warm quillt das Blut hervor;
wie lange kann´s dauern, dann ist´s vorbei. Aus dem
Rocktäschchen ziehe ich das Verbandszeug, öffne es hastig
und drücke es auf die Wunde. Dann warte ich ab,
minutenlang; auf dem Wege vor mir stehen die braven
Kerle und feuern; da ist auch A. noch mit den schwarzen
Quasten. "Kinder, schickt mir doch einen Arzt." Mir
fängt´s an, vor den Augen zu flimmern. Da kommt das
Soldatengefühl: du mußt Dich [sic] wehren, darfst nicht dich
dumpf in dein Schicksal ergeben. Die Schlacht geht wei-
ter; hier findet dich keiner . . .
Mit Schmerzen richte ich mich empor - stülpe mir
den Helm auf den Kopf - die Feldbinde, die Pistole -
das Glas schenke ich einem Soldaten, er braucht´s jetzt
nötiger als ich, und dann meinen Degen - den lasse ich
nicht, er braucht sich meiner nicht zu schämen - so
schleppe ich mich an den Weg. Was geht mich das Pfei-
fen an, ich habe meinen Teil. Noch immer stehen die
wackeren Kerle und feuern vom Wege gegen die Kohlen-
halde - einen winke ich heran . . . "Um Gotteswillen,
Herr Leutnant!" . . . "Bringe mich zum Verbandplatz,
mein Junge." . . . Er gibt mir seinen Arm . . . "Mußt
3. Spalte
der englischen Kriegsberichterstattung gewöhnt ist, darf
man ruhig annehmen, daß auch die englischen Schiffe
zum mindesten kampfunfähig geworden sind. Leider
brachte der Kampf den Verlust einiger unserer Schiffe,
aber ohne Kampf kein Sieg. Die Helden der Nordsee
leben bei uns in treuem Angedenken und als leuchtendes
Beispiel deutscher Seemannstreue fort.
Unsere Schiff haben, wie Staatssekretär Tirpitz
sagte, die Aufgabe, die deutsche Küste zu schützen, und
diese Aufgabe haben sie bisher glänzend gelöst. Kein
englisches Schiff hat sich bis jetzt den deutschen Gestaden
nähern dürfen, und auch ferner werden unsere blauen
Jungen so scharf auf der Wacht stehen, daß die Englän-
der sich allemal blutige Köpfe holen, wenn sie kommen.
WTB. Berlin, 29. August. Im Laufe des gestrigen
Vormittags sind bei teilweise unsichtigem Wetter mehrere
moderne englische kleine Kreuzer und zwei englische Zer-
störerflottillen (ca. 40 Zerstörer) in der deutschen Bucht
der Nordsee unweit Helgoland aufgetreten. Es kam zu
hartnäckigen Einzelgefechten zwischen ihnen und unsern
leichten Streitkräften. Die deutschen kleinen Kreuzer
drängten lebhaft nach Westen nach und gerieten dabei
infolge der beschränkten Sichtweite ins Gefecht mit
mehreren starken englischen Panzerkreuzern. S. M. S.
"Ariadne" (Kleiner Kreuzer mit 2650 Tonnen Wasser-
verdrängung) sank, von zwei Schlachtschiffkreuzern der
Lion-Klasse auf kurze Entfernung mit schwerer Artillerie
beschossen, nach ehrenvollem Kampfe. Der weitaus größte
Teil der Besatzung, voraussichtlich 250 Köpfe, konnte
gerettet werden.
Auch das Torpedoboot V 187 ging, von einem kleinen
Kreuzer und den Zerstörern aufs heftigste beschossen, bis
zuletzt feuernd, in die Tiefe. Flottillenchef und Kom-
mandant sind gefallen. Ein beträchtlicher Teil der Be-
satzung wurde gerettet. Die kleinen Kreuzer Cöln und
Mainz werden vermißt. Sie sind nach einer heutigen
Reutermeldung aus London gleichfalls im Kampfe mit
überlegenen Gegnern gesunken. Ein Teil der Be-
satzung, 2 Offiziere und 81 Mann (?) scheinen durch eng-
lische Schiffe gerettet zu sein. Nach der gleichen Quelle
haben die englischen Schiffe schwere Beschädigungen er-
litten.
Heldenmut unserer blauen Jungen.
Ueber die heldenmütige Energie, mit der Torpedo-
boot V 187 sich bis zum letzten Augenblick gegen feind-
liche Uebermacht wehrte, gibt der Bericht eines Augen-
zeugen Kunde, dem wir folgendes entnehmen:
V 187 sah sich bei dichtem Wetter ganz unerwartet
zunächst von Norden, dann allerseits von Massen eng-
lischer Torpedobootzerstörer und Unterseebooten ange-
griffen. V 187 wehrte sich unverzüglich mit allen Kräf-
ten, da setzten zahllose Geschosse, aus nächster Nähe ab-
gegeben, die Bewegungsfähigkeit herab. Da keine Mög-
lichkeit vorhanden war, sich dem feindlichen Feuer zu ent-
ziehen, drehte V 187 auf die Feinde zu, um ein Passier-
gefecht zu gewinnen und bis zum Ende durchzukämpfen.
Als unter dem Geschoßhagel die Bewegungsfähigkeit
verloren gegangen war, wurde schnell im Innern eine
Sprengung vorgenommen, um das Boot nicht in Fein-
deshand fallen zu lassen. Jetzt sank es schnell und wäh-
rend es sank, stand die Mannschaft bis zum letzten
Augenblick an den noch brauchbaren Geschützen und
feuerte. Der Flottillenchef, Korvettenkapitän Wallis,
und der Kommandant, Kapitänleutnant Zechter fanden
den Heldentod. Anzuerkennen ist, daß der Gegner un-
geachtet der eigenen Gefahr Beiboote zur Rettung der
Unsrigen aussetzte. Als sich deutsche
ten,mußte er sich von
denen sie dann die geretteten Deutsche
Wie die "Ariadne" unterging.
Vom Untergang S. M. Schiff "Ariadne" gibt der
gleiche Augenzeuge folgendes Bild.
Vom Kanonendonner gerufen, der ein Gefecht der
Vorposten mit Streitkräften anzeigt, eilt S. M. Schiff
"Ariadne" zu Hilfe. An der Vorpostenkette entdeckt sie,
_______________________________________________________________
Fortsetzung von 2. Spalte Kriegsbriefe
aber langsam mit mir gehen, kann nicht mehr wie
vorhin."
Um uns pfeift´s und donnert´s . Der gute P. stützt
mich. Wie sagt unser Bismarck? "Kein deutscher Offi-
zier läßt seinen Soldaten im Stich - kein deutscher
Soldat seinen Offizier." . . . Nein, weiß Gott nicht! -
Auf dem Wege stehen zwei belgische Bauern - die
lauern auf uns. Wehren kann ich mich jetzt nicht.
"Komm, da in die Hecke hab´ ich vorhin ein Loch getreten
- da durch." Ich humple voran - P., das Gewehr
schußbereit, hinterdrein.
Auf der Dorfstraße . . . Die Truppen drängen nach
vorn, uns entgegen - sie weichen mir alle aus, die
Braven . . . Donnerwetter, könnt´ ich noch mit! -
"Kinder, haut sie in die Pfanne!" (Konnt´s nur leise
sagen,aber sie verstehen´s.) "Wenn wir sie nur erst ha-
ben, Herr Leutnant!"
Der belgische Verbandplatz liegt dort. - "Den mag
ich nicht, komm´ bring mich weiter, wir wollen zum
deutschen Lazarett."
So schleppe ich mich weiter - die Straße hinunter,
wo der Tod so gräßliche Ernte gehalten. Wie liegen
sie doch dicht, so starr, so stumm . . . Unter 100 Deutschen
ein Belgier . . . O, diese feige Bande!
Es greift doch an, dieses Humpeln. - "Seht ihr denn
den Verbandplatz noch nicht, Jungens?" - "Er muß
gleich da sein." Tapps - tapps. "Langsam, Kinder,
sonst tut mir´s weh" - ich hänge mich fester an den
guten P. . . .
Da steht der General. Er sieht mich, kommt einen
Schritt auf mich zu: "Na, Herr Leutnant, hoffentlich
wird´s wieder!"
Antworten kann ich nicht - aber, so schwach ich bin,
ich lasse den Arm meines Soldaten frei und lege die
Hand an den Helm. -
Das Rote Kreuz! Gottlob - Ich danke dem guten
P. und drücke ihm die Hand . . . Sie schneiden mir das
Hemd runter, der unermüdliche Stabsarzt verklebt mir
die Wunde.
Der Verbandsplatz ist nur ein kleiner Raum - drin
liegen sechs, sieben Schwerverwundete und stöhnen und
schreien . . . So bleibe ich draußen und lehne mich
sitzend an das Haus . . . Wie viele liegen hier. - Drü-
ben G., der tapfere Leutnant der Radfahrerkompagnie
- Schuß in den Leib . . . Er streckt sich - kein Laut
des Schmerzes kommt über seine Lippen - sein
Gesicht ist ganz gelb.
Neben mir sitzt ein belgischer Offizier - er hat´s
im Arm und im Bein. - Immer kommen neue. -
Dort sitzt Kurt W., mein Regimentskamerad - Schuß
ins linke Bein - aus einem Kellerfenster raus . . . .
Da bringen sie unseren D. - mit dem ich so manche
Stunde gebechert, gejubelt. - - - Bis an die Grenze
des Forts Fléron hat er seine Kompagnie geführt.
Drauf los wie ein Held - der Tapfersten einer - -
nun mitten in die Brust . . . "Gestern noch auf stolzen
Rossen . . . "
Mich friert. Es ist ein trüber, kalter Morgen, der
Regen säuselt nieder . . . ich habe aber kein Hemd
mehr, nur noch einen Aermel. Sie decken mir meinen
Waffenrock über, der Belgier läßt mir seinen Mantel
umhängen . . .
-
item 14
Ueber 30 000 Russen in Ostpreußen gefangen.
Der Sieg der Oesterreicher. Der Kampf in der Nordsee. Die Opfer vom
Kreuzer "Magdeburg".
1. Spalte
Wie im Westen, so ist nunmehr auch im Osten die
erste große Schlacht geschlagen worden. Der Unterschied
liegt darin, daß sich die Russen in der Offensivstellung
befanden, während wir den Ansturm abzuwehren hatten.
Aus der Richtung von Niemen, wie von der Narew her,
d. h. aus Süden und aus Osten waren erhebliche russische
Streitkräfte im Anmarsche, die zwischen Insterburg und
Graudenz in deutsches Gebiet einzubrechen versuchten.
Ihr Zweck war offenbar, die deutsche Defensive zu durch-
brechen, ehe die siegreich vordringenden Oesterreicher
Verbindung mit uns erlangt haben. Die Absicht ist an
der Wachsamkeit unserer Heeresleitung und der Tapfer-
keit unserer Truppen gescheitert. Die russische Armee,
an Zahl fast der bei Metz geschlagenen französischen Ar-
mee gleich, ist über die Grenze zurückgewichen und wird
von unseren Truppen verfolgt. Durch diesen Sieg ist
die Durchführung des gemeinschaftlichen Vormarsches
unserer und der österreichischen Truppen gegen die
Weichsel erleichtert worden. Es geht auf Warschau los!
Die Meldung über den Sieg lautet kurz und knapp:
WTB. Berlin, 29. August. Unsere Truppen in
Preußen unter der Führung des Generalobersten Hinden-
burg haben die von Narew vorgegangene russische Armee
in Stärke von 5 Armeekorps und 3 Kavalleriedivisionen
in dreitägiger Schlacht bei Gilgenburg-Ortelsburg ge-
schlagen und verfolgen sie jetzt über die Grenze.
Generalquartiermeister von Stein.
Die am Sonnabend verbreitete Meldung von dem
großen deutschen Siege über die Russen in Ostpreußen
wird durch folgende neue erfreuliche Nachricht ergänzt:
WTB. Berlin, 31. August. Bei den großen
Kämpfen, in denen die russische Armee bei Tannen-
berg, Hohenstein und Ortelsburg geworfen wurden,
sind nach vorläufiger Schätzung über 30000 Russen
mit vielen hohen Offizieren in Gefangenschaft
geraten.
Eine erfreuliche Ergänzung zu der amtlichen Mel-
dung über das Ergebnis der Schlacht bilden die folgen-
den Mitteilungen, die aus amtlichen Quellen Ost-
preußens stammen:
Der vom Generalquartiermeister in seiner Ver-
öffentlichung vom 25. August als bevorstehend angekün-
digte Entscheidungskampf hat begonnen. Als Einleitung
erfolgte die Besetzung der Grenzstadt Neidenburg durch
starke russische Kräfte. Die Russen plünderten die Stadt
gründlich und bombardierten sie dann von den benach-
barten Höhen. Den meisten Bürgern Neidenburgs,
das etwa 6000 Einwohner hat, war es gelungen, über
Hohenstein und Allenstein zu fliehen. Das 20. Armee-
korps griff energisch in den Kampf gegen den russischen
Gegner ein. Die "Allensteiner Zeitung" kann mit amt-
licher Genehmigung darüber melden: Unser tapferes
20. Armeekorps steht seit 24 Stunden im Feuer mit
einem an Kräften weit überlegenen Gegner. Dank der
Tapferkeit unserer Truppen und Führer ist es den
Russen trotz der gewaltigen Uebermacht nicht gelun-
gen, unsere Stellungen zu nehmen. Der Kampf hat sich
dann zu einer Riesenschlacht auf der Linie Gilgenburg-
Neidenburg-Ortelsburg entwickelt mit etwa 50 Kilo-
meter Frontlänge. Hierüber teilt Landrat Hagemann
in Marienburg der "Marienburger Zeitung" mit, daß
zwei russische Armeekorps aufgerieben worden seien.
_____________________________________________________________________________
Kriegsbriefe.
Wie ich verwundet wurde
Von einem Mitkämpfer bei Lüttich.
. . . Mitten in dieses Dorfgefecht (Sturm auf Ft.
Fléron) waren wir hineingerissen. Es blitzte aus allen
Häusern, unablässig rollt der Donner der Geschütze, un-
ablässig geht der Eisenregen nieder. Stockdunkel . . .
Wie sehnlich wünschen wir den Morgen heran. - Kein
Gegner zu sehen - und doch sinkt Mann neben Mann.
Aus den Mauern der Häuser sind nur winzige Steine
gelöst - ein Flintenlauf ragt durch; in den Fenster-
laden ein kleines Loch - der Lauf einer Jagdbüchse
sprüht Flammen heraus - aus den Kellerfenstern, von
den Böden zuckt und flammt und pfeift es . . . Wie
im Hexenkessel . . . Und wir dürfen nicht schießen, um
die Kameraden, die rechts und links vor uns im Gefecht
liegen, nicht zu gefährden . . . Einer neben dem anderen
sinkt - Aechzen und Stöhnen überall. Hinweg über
einen Haufen zuckender Leiber, vorsichtig - um keinem
wehe zu tun - und um uns blitzt und kracht´s. Aus einem
Eckhaus prasselt uns ein Hagel entgegen. -
Zwanzig, fünfzig Läufe heben sich - , da brülle ich:
"Keinen Schuß, Kerls! Wer kommt mit? Beil her!"
Ein kleiner Musketier reicht mir eine Picke . . . Zehn
braune Kerls drängen hinter mir nach. - Dann ein
paar Hiebe mit Beil und Kolben - die Tür kracht ein
- von der Decke her zucken Geschosse nieder . . . "Keiner
die Bodentreppe hinauf! Hierbleiben! Streichhölzer
her!" Und schon habe ich ein paar Strohballen vorge-
rissen, - fünf Minuten später züngeln die Flammen
aus allen Fenstern. "So, Jungs, nun vorwärts!" -
Hinein wieder in die Dorfgasse . . . Da treffe ich mei-
nen Kompagnieführer. "Hierher!" schreit er. "Ueber
die Mauer, mir nach!"
Zwei Kerle heben mich hoch, im Nu haben wir eine
Gartenmauer überstiegen, und stürmen weiter, einer
belgischen Abteilung in den Rücken zu fallen. Manns-
hohe Hecken, mit Stacheldraht durchzogen - vier, fünf
- vor uns. "Her, Kerls," rufe ich, "gebt mir die
Drahtschere!" Ein paar wuchtige Jungens treten
den Schlehdorn ein - ich knipse den Draht durch und gehe
ihnen voran, - meine Hose hängt in Fetzen runter.
Die Hecken werden genommen - auf einmal kracht es
auf uns her - nur wenige Sekunden, dann saust eine
Haubitze in den verruchten Giebel - Steine spritzen
umher - das Gemäuer sinkt donnernd zusammen.
Feuer von links! - Da sind die Unsern, sie schießen
auf uns - sie erkennen uns noch immer nicht. Wir
brüllen ihnen die Losung zu: "Der Kaiser! Der Kaiser!"
- Sie hören uns nicht in dem Höllenlärm. "Hornist,"
rufe ich, "blasen Sie Signal!" Der brave Junge - er
war von den vierten Jägern, nimmt das Horn und
schmettert: Das Ganze! - Das Ganze! - Da kommt´s
von drüben zurück. Wir erkennen uns - es sind die
27er - ich drücke dem Hauptmann, den ich seit Jahren
kenne, die Hand. -
Heller Morgen, ¼ 7 Uhr (am 6. August).
Vor uns liegt ein Kohlenbergwerk. Zwei Kohlen-
halden sind einige Meter hoch im Winkel zu einander
aufgeschüttet - da stürmen wir hinauf: Ein Jäger-
Fortsetzung 2. Spalte Mitte
_______________________________________________________________
2. Spalte
Siegreiches Vordringen der Oesterreicher.
WTB. Wien, 30. August. Der Korrespondent des
Neuen Wiener Tagebl. im Hauptquartier meldet: Die
große Schlacht ist heute, am vierten Tage, in vollem
Gange und steht gut für uns. Die linke Flügelgruppe
rückt gegen Lublin und Zamocs langsam aber sicher vor,
stößt aber immer wieder auf den neuverschanzten Gegner
und anstelle von Frontalangriffen sind zeitraubende Um-
gehungen nötig. Drei Zügen des Infanterieregiments
Nr. 72 gelang ein rascher Frontalangriff, bei dem zwei
russische Hauptleute, sechs Subalternoffiziere und 470
Mann gefangen genommen wurden. Die Kräftegruppe
zwischen Bug und Wieprz griff eine russische Division
von drei Seiten mit Erfolg an, sodaß sie nur unter dem
Schutze der Nacht entkamen. Generalstabshauptmann
Roßmann stürzte mit seinem Flugzeug ab und wurde
getötet. Das Armeeverordnungsblatt veröffentlichte ge-
rade heute eine Auszeichnung Roßmanns für hervor-
ragend tapferes Verhalten vor dem Feinde.
WTB. Wien, 30. August. (Nicht amtlich.) Soweit
sich bis gestern mittag überblicken ließ, ist das große
Ringen unserer Armee mit den Hauptkräften des russi-
schen Heeres noch nicht zur Entscheidung herangereift.
Nur die Erfolge der vom General der Kavallerie Viktor
Dankl in der Schlacht bei Krasnik siegreich geführten
Armee sind bereits einigermaßen zu übersehen. In ei-
ner zweiten Schlacht am 27. August, die durch die helden-
mütige Erstürmung einer stark befestigten Stellung auf
den Höhen von Niedrzwiosduca gekrönt war, gelang es,
die bei Krasnik zurückgeworfenen russischen Kräfte und
herangeführten Verstärkungen, im ganzen etwa zehn
Divisionen, durch sechs verschiedene Korps neuerlich zu
schlagen. Eines unserer Korps nahm in dieser zweiten
Schlacht einen General, einen Oberst, drei sonstige
Stabspersonen, vierzig Offiziere und zirka 2000 Mann
gefangen und erbeutete wieder sehr viel Kriegsmaterial.
WTB. Wien, 31. August. Die Schlachten auf dem
östlichen Kriegsschauplatz dauern mit ungeminderter
Heftigkeit fort. Oestlich unserer trotz mehrfacher be-
festigter Stellungen des Feindes unaufhaltsam gegen
Lublin vordringenden Armee Dankl haben unsere zwischen
Bug und Wieprz vorgeführten Kräfte am 26. August
den Angriff auf die dem Raume bei Cholm stehen-
den starken russischen Kräfte begonnen. Hierbei ent-
wickelten sich wie bei Krasnik wieder harte, für unsere
angriffsfreudigen Truppen siegreich verlaufende Kämpfe
bei Zamoid sowie nördlich und östlich bei Tomaszow.
In diesen Kämpfen wurden ebenso wie in den Schlach-
ten bei Krasnik tausende von Gefangenen gemacht.
In Ostgalizien behaupten sich unsere Truppen mit helden-
mütiger Bravour und Zähigkeit gegen sehr starke uns
überlegene feindliche Kräfte. Auf dem südlichen Kriegs-
schauplatz haben in letzter Zeit neue Kämpfe statt-
gefunden.
Der Kampf in der Nordsee.
Der lange erwartete Zusammenstoß unserer Flotte
mit der englischen ist erfolgt. Die Nordsee bei Helgo-
land war der Kampfplatz, wo der Seekrieg heftig tobte.
Der Kampf erfolgte bei unsichtigem Wetter und er zog
sich nach Westen, also nach der englischen Küste zu hin.
Mehrere kleine Kreuzer unserer Flotte stießen todes-
mutig vor und gerieten dabei in einen Kampf mit einer
überlegenen starken englischen Flotte. Unsere Schiffe
mußten der Uebermacht weichen, haben den Engländern
aber, wie ein englischer Bericht eingesteht, schwere Be-
schädigungen beigebracht. Nach dem, was man sonst von
Fortsetzung 3. Spalte oben
________________________________________________________________
Fortsetzung von 1. Spalte Kriegsbriefe
leutnant, ein Kompagniekamerad von mir, Sch., dann
ein riesiger Adjutant von den 27ern, A., ein tapferer
Junge, der nicht mit der Wimper zuckte - am Wege
unten bleibt H. zurück, der furchtlose Regimentsadjunkt
vom Regiment Louis Ferdinand, und mit ungefähr 10
Mann nimmt der Hauptmann v. B. die Häuser in un-
serm Rücken unter Feuer, er selbst hat den Degen ab-
gelegt und führt das Gewehr . . .
Oben von meiner Kohlenhalde sehe ich ein Gehöft
und zum ersten Male belgische Infanterie - sonst wa-
ren die Kerle gelaufen, als sei der Deibel hinter ihnen.
- Jetzt heben sie die Büchse an die Backe. Ich lasse
das Feuer aufnehmen und beobachte durch das Glas die
Wirkung . . . "Ruhig zielen, Kerls, ihr schießt zu weit"
. . . Zwei schwarze Mäntel sehe ich sich im Sande wälzen.
"Hols der Deibel!" Sie schießen von rechts her -
von der anderen Halde . . . Da steht noch auf unserem
Flügel der lange A. Seine Schärpe flattert, die Quasten
sind schwarz von Kohlenstaub, er schießt auf die Bande
rechts - jetzt knallt´s auch von hintenher aus den
Häusern . . .
Ich setze das Glas ab und sehe mich um. Da links
am Flügel liegt mein Kamerad Sch., hat einem Ver-
wundeten das Gewehr abgenommen und schießt nach dem
Gehöft . . . Rechts von mir - ja, was ist denn das?
Einer nach dem andern "klappt ab" . . . Der läßt den
Kopf vornüber, der rollt den Abhang hinunter, der
schreit . . . Sie schießen wie besessen auf uns. Nun
liegt nur noch einer rechts von mir, eben fängt auch der
an, sich hin und her zu wälzen, Blut quillt aus dem
Rock hervor, ich werde ihm sein Gewehr abnehmen; ich
richte mich auf . . . Donnerwetter, ich fühle einen
Schlag vor der linken Brust: "Kinder, jetzt hat´s mich
auch." . . .
Ich rutsche den Abhang hinab, das Blut kommt mir
aus dem Munde . . . hinter einem Steinhaufen finde
ich Deckung vor dem mörderischen Feuer. Ich bitte einen
Soldaten: "Mach mir mal die Feldflasche ab - so -
- und den Tornister."Einen langen Schluck. Der gute
Kerl öffnet mir den Waffenrock. Ich lehne mich gegen
den Steinhaufen. Ganz warm quillt das Blut hervor;
wie lange kann´s dauern, dann ist´s vorbei. Aus dem
Rocktäschchen ziehe ich das Verbandszeug, öffne es hastig
und drücke es auf die Wunde. Dann warte ich ab,
minutenlang; auf dem Wege vor mir stehen die braven
Kerle und feuern; da ist auch A. noch mit den schwarzen
Quasten. "Kinder, schickt mir doch einen Arzt." Mir
fängt´s an, vor den Augen zu flimmern. Da kommt das
Soldatengefühl: du mußt Dich [sic] wehren, darfst nicht dich
dumpf in dein Schicksal ergeben. Die Schlacht geht wei-
ter; hier findet dich keiner . . .
Mit Schmerzen richte ich mich empor - stülpe mir
den Helm auf den Kopf - die Feldbinde, die Pistole -
das Glas schenke ich einem Soldaten, er braucht´s jetzt
nötiger als ich, und dann meinen Degen - den lasse ich
nicht, er braucht sich meiner nicht zu schämen - so
schleppe ich mich an den Weg. Was geht mich das Pfei-
fen an, ich habe meinen Teil. Noch immer stehen die
wackeren Kerle und feuern vom Wege gegen die Kohlen-
halde - einen winke ich heran . . . "Um Gotteswillen,
Herr Leutnant!" . . . "Bringe mich zum Verbandplatz,
mein Junge." . . . Er gibt mir seinen Arm . . . "Mußt
3. Spalte
der englischen Kriegsberichterstattung gewöhnt ist, darf
man ruhig annehmen, daß auch die englischen Schiffe
zum mindesten kampfunfähig geworden sind. Leider
brachte der Kampf den Verlust einiger unserer Schiffe,
aber ohne Kampf kein Sieg. Die Helden der Nordsee
leben bei uns in treuem Angedenken und als leuchtendes
Beispiel deutscher Seemannstreue fort.
Unsere Schiff haben, wie Staatssekretär Tirpitz
sagte, die Aufgabe, die deutsche Küste zu schützen, und
diese Aufgabe haben sie bisher glänzend gelöst. Kein
englisches Schiff hat sich bis jetzt den deutschen Gestaden
nähern dürfen, und auch ferner werden unsere blauen
Jungen so scharf auf der Wacht stehen, daß die Englän-
der sich allemal blutige Köpfe holen, wenn sie kommen.
WTB. Berlin, 29. August. Im Laufe des gestrigen
Vormittags sind bei teilweise unsichtigem Wetter mehrere
moderne englische kleine Kreuzer und zwei englische Zer-
störerflottillen (ca. 40 Zerstörer) in der deutschen Bucht
der Nordsee unweit Helgoland aufgetreten. Es kam zu
hartnäckigen Einzelgefechten zwischen ihnen und unsern
leichten Streitkräften. Die deutschen kleinen Kreuzer
drängten lebhaft nach Westen nach und gerieten dabei
infolge der beschränkten Sichtweite ins Gefecht mit
mehreren starken englischen Panzerkreuzern. S. M. S.
"Ariadne" (Kleiner Kreuzer mit 2650 Tonnen Wasser-
verdrängung) sank, von zwei Schlachtschiffkreuzern der
Lion-Klasse auf kurze Entfernung mit schwerer Artillerie
beschossen, nach ehrenvollem Kampfe. Der weitaus größte
Teil der Besatzung, voraussichtlich 250 Köpfe, konnte
gerettet werden.
Auch das Torpedoboot V 187 ging, von einem kleinen
Kreuzer und den Zerstörern aufs heftigste beschossen, bis
zuletzt feuernd, in die Tiefe. Flottillenchef und Kom-
mandant sind gefallen. Ein beträchtlicher Teil der Be-
satzung wurde gerettet. Die kleinen Kreuzer Cöln und
Mainz werden vermißt. Sie sind nach einer heutigen
Reutermeldung aus London gleichfalls im Kampfe mit
überlegenen Gegnern gesunken. Ein Teil der Be-
satzung, 2 Offiziere und 81 Mann (?) scheinen durch eng-
lische Schiffe gerettet zu sein. Nach der gleichen Quelle
haben die englischen Schiffe schwere Beschädigungen er-
litten.
Heldenmut unserer blauen Jungen.
Ueber die heldenmütige Energie, mit der Torpedo-
boot V 187 sich bis zum letzten Augenblick gegen feind-
liche Uebermacht wehrte, gibt der Bericht eines Augen-
zeugen Kunde, dem wir folgendes entnehmen:
V 187 sah sich bei dichtem Wetter ganz unerwartet
zunächst von Norden, dann allerseits von Massen eng-
lischer Torpedobootzerstörer und Unterseebooten ange-
griffen. V 187 wehrte sich unverzüglich mit allen Kräf-
ten, da setzten zahllose Geschosse, aus nächster Nähe ab-
gegeben, die Bewegungsfähigkeit herab. Da keine Mög-
lichkeit vorhanden war, sich dem feindlichen Feuer zu ent-
ziehen, drehte V 187 auf die Feinde zu, um ein Passier-
gefecht zu gewinnen und bis zum Ende durchzukämpfen.
Als unter dem Geschoßhagel die Bewegungsfähigkeit
verloren gegangen war, wurde schnell im Innern eine
Sprengung vorgenommen, um das Boot nicht in Fein-
deshand fallen zu lassen. Jetzt sank es schnell und wäh-
rend es sank, stand die Mannschaft bis zum letzten
Augenblick an den noch brauchbaren Geschützen und
feuerte. Der Flottillenchef, Korvettenkapitän Wallis,
und der Kommandant, Kapitänleutnant Zechter fanden
den Heldentod. Anzuerkennen ist, daß der Gegner un-
geachtet der eigenen Gefahr Beiboote zur Rettung der
Unsrigen aussetzte. Als sich deutsche
ten,mußte er sich von
denen sie dann die geretteten Deutsche
Wie die "Ariadne" unterging.
Vom Untergang S. M. Schiff "Ariadne" gibt der
gleiche Augenzeuge folgendes Bild.
Vom Kanonendonner gerufen, der ein Gefecht der
Vorposten mit Streitkräften anzeigt, eilt S. M. Schiff
"Ariadne" zu Hilfe. An der Vorpostenkette entdeckt sie,
_______________________________________________________________
Fortsetzung von 2. Spalte Kriegsbriefe
aber langsam mit mir gehen, kann nicht mehr wie
vorhin."
Um uns pfeift´s und donnert´s . Der gute P. stützt
mich. Wie sagt unser Bismarck? "Kein deutscher Offi-
zier läßt seinen Soldaten im Stich - kein deutscher
Soldat seinen Offizier." . . . Nein, weiß Gott nicht! -
Auf dem Wege stehen zwei belgische Bauern - die
lauern auf uns. Wehren kann ich mich jetzt nicht.
"Komm, da in die Hecke hab´ ich vorhin ein Loch getreten
- da durch." Ich humple voran - P., das Gewehr
schußbereit, hinterdrein.
Auf der Dorfstraße . . . Die Truppen drängen nach
vorn, uns entgegen - sie weichen mir alle aus, die
Braven . . . Donnerwetter, könnt´ ich noch mit! -
"Kinder, haut sie in die Pfanne!" (Konnt´s nur leise
sagen,aber sie verstehen´s.) "Wenn wir sie nur erst ha-
ben, Herr Leutnant!"
Der belgische Verbandplatz liegt dort. - "Den mag
ich nicht, komm´ bring mich weiter, wir wollen zum
deutschen Lazarett."
So schleppe ich mich weiter - die Straße hinunter,
wo der Tod so gräßliche Ernte gehalten. Wie liegen
sie doch dicht, so starr, so stumm . . . Unter 100 Deutschen
ein Belgier . . . O, diese feige Bande!
Es greift doch an, dieses Humpeln. - "Seht ihr denn
den Verbandplatz noch nicht, Jungens?" - "Er muß
gleich da sein." Tapps - tapps. "Langsam, Kinder,
sonst tut mir´s weh" - ich hänge mich fester an den
guten P. . . .
Da steht der General. Er sieht mich, kommt einen
Schritt auf mich zu: "Na, Herr Leutnant, hoffentlich
wird´s wieder!"
Antworten kann ich nicht - aber, so schwach ich bin,
ich lasse den Arm meines Soldaten frei und lege die
Hand an den Helm. -
Das Rote Kreuz! Gottlob - Ich danke dem guten
P. und drücke ihm die Hand . . . Sie schneiden mir das
Hemd runter, der unermüdliche Stabsarzt verklebt mir
die Wunde.
Der Verbandsplatz ist nur ein kleiner Raum - drin
liegen sechs, sieben Schwerverwundete und stöhnen und
schreien . . . So bleibe ich draußen und lehne mich
sitzend an das Haus . . . Wie viele liegen hier. - Drü-
ben G., der tapfere Leutnant der Radfahrerkompagnie
- Schuß in den Leib . . . Er streckt sich - kein Laut
des Schmerzes kommt über seine Lippen - sein
Gesicht ist ganz gelb.
Neben mir sitzt ein belgischer Offizier - er hat´s
im Arm und im Bein. - Immer kommen neue. -
Dort sitzt Kurt W., mein Regimentskamerad - Schuß
ins linke Bein - aus einem Kellerfenster raus . . . .
Da bringen sie unseren D. - mit dem ich so manche
Stunde gebechert, gejubelt. - - - Bis an die Grenze
des Forts Fleron hat er seine Kompagnie geführt.
Drauf los wie ein Held - der Tapfersten einer - -
nun mitten in die Brust . . . "Gestern noch auf stolzen
Rossen . . . "
Mich friert. Es ist ein trüber, kalter Morgen, der
Regen säuselt nieder . . . ich habe aber kein Hemd
mehr, nur noch einen Aermel. Sie decken mir meinen
Waffenrock über, der Belgier läßt mir seinen Mantel
umhängen . . .
-
item 14
Ueber 30 000 Russen in Ostpreußen gefangen.
Der Sieg der Oesterreicher. Der Kampf in der Nordsee. Die Opfer vom
Kreuzer "Magdeburg".
1. Spalte
Wie im Westen, so ist nunmehr auch im Osten die
erste große Schlacht geschlagen worden. Der Unterschied
liegt darin, daß sich die Russen in der Offensivstellung
befanden, während wir den Ansturm abzuwehren hatten.
Aus der Richtung von Niemen, wie von der Narew her,
d. h. aus Süden und aus Osten waren erhebliche russische
Streitkräfte im Anmarsche, die zwischen Insterburg und
Graudenz in deutsches Gebiet einzubrechen versuchten.
Ihr Zweck war offenbar, die deutsche Defensive zu durch-
brechen, ehe die siegreich vordringenden Oesterreicher
Verbindung mit uns erlangt haben. Die Absicht ist an
der Wachsamkeit unserer Heeresleitung und der Tapfer-
keit unserer Truppen gescheitert. Die russische Armee,
an Zahl fast der bei Metz geschlagenen französischen Ar-
mee gleich, ist über die Grenze zurückgewichen und wird
von unseren Truppen verfolgt. Durch diesen Sieg ist
die Durchführung des gemeinschaftlichen Vormarsches
unserer und der österreichischen Truppen gegen die
Weichsel erleichtert worden. Es geht auf Warschau los!
Die Meldung über den Sieg lautet kurz und knapp:
WTB. Berlin, 29. August. Unsere Truppen in
Preußen unter der Führung des Generalobersten Hinden-
burg haben die von Narew vorgegangene russische Armee
in Stärke von 5 Armeekorps und 3 Kavalleriedivisionen
in dreitägiger Schlacht bei Gilgenburg-Ortelsburg ge-
schlagen und verfolgen sie jetzt über die Grenze.
Generalquartiermeister von Stein.
Die am Sonnabend verbreitete Meldung von dem
großen deutschen Siege über die Russen in Ostpreußen
wird durch folgende neue erfreuliche Nachricht ergänzt:
WTB. Berlin, 31. August. Bei den großen
Kämpfen, in denen die russische Armee bei Tannen-
berg, Hohenstein und Ortelsburg geworfen wurden,
sind nach vorläufiger Schätzung über 30000 Russen
mit vielen hohen Offizieren in Gefangenschaft
geraten.
Eine erfreuliche Ergänzung zu der amtlichen Mel-
dung über das Ergebnis der Schlacht bilden die folgen-
den Mitteilungen, die aus amtlichen Quellen Ost-
preußens stammen:
Der vom Generalquartiermeister in seiner Ver-
öffentlichung vom 25. August als bevorstehend angekün-
digte Entscheidungskampf hat begonnen. Als Einleitung
erfolgte die Besetzung der Grenzstadt Neidenburg durch
starke russische Kräfte. Die Russen plünderten die Stadt
gründlich und bombardierten sie dann von den benach-
barten Höhen. Den meisten Bürgern Neidenburgs,
das etwa 6000 Einwohner hat, war es gelungen, über
Hohenstein und Allenstein zu fliehen. Das 20. Armee-
korps griff energisch in den Kampf gegen den russischen
Gegner ein. Die "Allensteiner Zeitung" kann mit amt-
licher Genehmigung darüber melden: Unser tapferes
20. Armeekorps steht seit 24 Stunden im Feuer mit
einem an Kräften weit überlegenen Gegner. Dank der
Tapferkeit unserer Truppen und Führer ist es den
Russen trotz der gewaltigen Uebermacht nicht gelun-
gen, unsere Stellungen zu nehmen. Der Kampf hat sich
dann zu einer Riesenschlacht auf der Linie Gilgenburg-
Neidenburg-Ortelsburg entwickelt mit etwa 50 Kilo-
meter Frontlänge. Hierüber teilt Landrat Hagemann
in Marienburg der "Marienburger Zeitung" mit, daß
zwei russische Armeekorps aufgerieben worden seien.
_____________________________________________________________________________
Kriegsbriefe.
Wie ich verwundet wurde
Von einem Mitkämpfer bei Lüttich.
. . . Mitten in dieses Dorfgefecht (Sturm auf Ft.
Fléron) waren wir hineingerissen. Es blitzte aus allen
Häusern, unablässig rollt der Donner der Geschütze, un-
ablässig geht der Eisenregen nieder. Stockdunkel . . .
Wie sehnlich wünschen wir den Morgen heran. - Kein
Gegner zu sehen - und doch sinkt Mann neben Mann.
Aus den Mauern der Häuser sind nur winzige Steine
gelöst - ein Flintenlauf ragt durch; in den Fenster-
laden ein kleines Loch - der Lauf einer Jagdbüchse
sprüht Flammen heraus - aus den Kellerfenstern, von
den Böden zuckt und flammt und pfeift es . . . Wie
im Hexenkessel . . . Und wir dürfen nicht schießen, um
die Kameraden, die rechts und links vor uns im Gefecht
liegen, nicht zu gefährden . . . Einer neben dem anderen
sinkt - Aechzen und Stöhnen überall. Hinweg über
einen Haufen zuckender Leiber, vorsichtig - um keinem
wehe zu tun - und um uns blitzt und kracht´s. Aus einem
Eckhaus prasselt uns ein Hagel entgegen. -
Zwanzig, fünfzig Läufe heben sich - , da brülle ich:
"Keinen Schuß, Kerls! Wer kommt mit? Beil her!"
Ein kleiner Musketier reicht mir eine Picke . . . Zehn
braune Kerls drängen hinter mir nach. - Dann ein
paar Hiebe mit Beil und Kolben - die Tür kracht ein
- von der Decke her zucken Geschosse nieder . . . "Keiner
die Bodentreppe hinauf! Hierbleiben! Streichhölzer
her!" Und schon habe ich ein paar Strohballen vorge-
rissen, - fünf Minuten später züngeln die Flammen
aus allen Fenstern. "So, Jungs, nun vorwärts!" -
Hinein wieder in die Dorfgasse . . . Da treffe ich mei-
nen Kompagnieführer. "Hierher!" schreit er. "Ueber
die Mauer, mir nach!"
Zwei Kerle heben mich hoch, im Nu haben wir eine
Gartenmauer überstiegen, und stürmen weiter, einer
belgischen Abteilung in den Rücken zu fallen. Manns-
hohe Hecken, mit Stacheldraht durchzogen - vier, fünf
- vor uns. "Her, Kerls," rufe ich, "gebt mir die
Drahtschere!" Ein paar wuchtige Jungens treten
den Schlehdorn ein - ich knipse den Draht durch und gehe
ihnen voran, - meine Hose hängt in Fetzen runter.
Die Hecken werden genommen - auf einmal kracht es
auf uns her - nur wenige Sekunden, dann saust eine
Haubitze in den verruchten Giebel - Steine spritzen
umher - das Gemäuer sinkt donnernd zusammen.
Feuer von links! - Da sind die Unsern, sie schießen
auf uns - sie erkennen uns noch immer nicht. Wir
brüllen ihnen die Losung zu: "Der Kaiser! Der Kaiser!"
- Sie hören uns nicht in dem Höllenlärm. "Hornist,"
rufe ich, "blasen Sie Signal!" Der brave Junge - er
war von den vierten Jägern, nimmt das Horn und
schmettert: Das Ganze! - Das Ganze! - Da kommt´s
von drüben zurück. Wir erkennen uns - es sind die
27er - ich drücke dem Hauptmann, den ich seit Jahren
kenne, die Hand. -
Heller Morgen, ¼ 7 Uhr (am 6. August).
Vor uns liegt ein Kohlenbergwerk. Zwei Kohlen-
halden sind einige Meter hoch im Winkel zu einander
aufgeschüttet - da stürmen wir hinauf: Ein Jäger-
Fortsetzung 2. Spalte Mitte
_______________________________________________________________
2. Spalte
Siegreiches Vordringen der Oesterreicher.
WTB. Wien, 30. August. Der Korrespondent des
Neuen Wiener Tagebl. im Hauptquartier meldet: Die
große Schlacht ist heute, am vierten Tage, in vollem
Gange und steht gut für uns. Die linke Flügelgruppe
rückt gegen Lublin und Zamocs langsam aber sicher vor,
stößt aber immer wieder auf den neuverschanzten Gegner
und anstelle von Frontalangriffen sind zeitraubende Um-
gehungen nötig. Drei Zügen des Infanterieregiments
Nr. 72 gelang ein rascher Frontalangriff, bei dem zwei
russische Hauptleute, sechs Subalternoffiziere und 470
Mann gefangen genommen wurden. Die Kräftegruppe
zwischen Bug und Wieprz griff eine russische Division
von drei Seiten mit Erfolg an, sodaß sie nur unter dem
Schutze der Nacht entkamen. Generalstabshauptmann
Roßmann stürzte mit seinem Flugzeug ab und wurde
getötet. Das Armeeverordnungsblatt veröffentlichte ge-
rade heute eine Auszeichnung Roßmanns für hervor-
ragend tapferes Verhalten vor dem Feinde.
WTB. Wien, 30. August. (Nicht amtlich.) Soweit
sich bis gestern mittag überblicken ließ, ist das große
Ringen unserer Armee mit den Hauptkräften des russi-
schen Heeres noch nicht zur Entscheidung herangereift.
Nur die Erfolge der vom General der Kavallerie Viktor
Dankl in der Schlacht bei Krasnik siegreich geführten
Armee sind bereits einigermaßen zu übersehen. In ei-
ner zweiten Schlacht am 27. August, die durch die helden-
mütige Erstürmung einer stark befestigten Stellung auf
den Höhen von Niedrzwiosduca gekrönt war, gelang es,
die bei Krasnik zurückgeworfenen russischen Kräfte und
herangeführten Verstärkungen, im ganzen etwa zehn
Divisionen, durch sechs verschiedene Korps neuerlich zu
schlagen. Eines unserer Korps nahm in dieser zweiten
Schlacht einen General, einen Oberst, drei sonstige
Stabspersonen, vierzig Offiziere und zirka 2000 Mann
gefangen und erbeutete wieder sehr viel Kriegsmaterial.
WTB. Wien, 31. August. Die Schlachten auf dem
östlichen Kriegsschauplatz dauern mit ungeminderter
Heftigkeit fort. Oestlich unserer trotz mehrfacher be-
festigter Stellungen des Feindes unaufhaltsam gegen
Lublin vordringenden Armee Dankl haben unsere zwischen
Bug und Wieprz vorgeführten Kräfte am 26. August
den Angriff auf die dem Raume bei Cholm stehen-
den starken russischen Kräfte begonnen. Hierbei ent-
wickelten sich wie bei Krasnik wieder harte, für unsere
angriffsfreudigen Truppen siegreich verlaufende Kämpfe
bei Zamoid sowie nördlich und östlich bei Tomaszow.
In diesen Kämpfen wurden ebenso wie in den Schlach-
ten bei Krasnik tausende von Gefangenen gemacht.
In Ostgalizien behaupten sich unsere Truppen mit helden-
mütiger Bravour und Zähigkeit gegen sehr starke uns
überlegene feindliche Kräfte. Auf dem südlichen Kriegs-
schauplatz haben in letzter Zeit neue Kämpfe statt-
gefunden.
Der Kampf in der Nordsee.
Der lange erwartete Zusammenstoß unserer Flotte
mit der englischen ist erfolgt. Die Nordsee bei Helgo-
land war der Kampfplatz, wo der Seekrieg heftig tobte.
Der Kampf erfolgte bei unsichtigem Wetter und er zog
sich nach Westen, also nach der englischen Küste zu hin.
Mehrere kleine Kreuzer unserer Flotte stießen todes-
mutig vor und gerieten dabei in einen Kampf mit einer
überlegenen starken englischen Flotte. Unsere Schiffe
mußten der Uebermacht weichen, haben den Engländern
aber, wie ein englischer Bericht eingesteht, schwere Be-
schädigungen beigebracht. Nach dem, was man sonst von
Fortsetzung 3. Spalte oben
________________________________________________________________
Fortsetzung von 1. Spalte Kriegsbriefe
leutnant, ein Kompagniekamerad von mir, Sch., dann
ein riesiger Adjutant von den 27ern, A., ein tapferer
Junge, der nicht mit der Wimper zuckte - am Wege
unten bleibt H. zurück, der furchtlose Regimentsadjunkt
vom Regiment Louis Ferdinand, und mit ungefähr 10
Mann nimmt der Hauptmann v. B. die Häuser in un-
serm Rücken unter Feuer, er selbst hat den Degen ab-
gelegt und führt das Gewehr . . .
Oben von meiner Kohlenhalde sehe ich ein Gehöft
und zum ersten Male belgische Infanterie - sonst wa-
ren die Kerle gelaufen, als sei der Deibel hinter ihnen.
- Jetzt heben sie die Büchse an die Backe. Ich lasse
das Feuer aufnehmen und beobachte durch das Glas die
Wirkung . . . "Ruhig zielen, Kerls, ihr schießt zu weit"
. . . Zwei schwarze Mäntel sehe ich sich im Sande wälzen.
"Hols der Deibel!" Sie schießen von rechts her -
von der anderen Halde . . . Da steht noch auf unserem
Flügel der lange A. Seine Schärpe flattert, die Quasten
sind schwarz von Kohlenstaub, er schießt auf die Bande
rechts - jetzt knallt´s auch von hintenher aus den
Häusern . . .
Ich setze das Glas ab und sehe mich um. Da links
am Flügel liegt mein Kamerad Sch., hat einem Ver-
wundeten das Gewehr abgenommen und schießt nach dem
Gehöft . . . Rechts von mir - ja, was ist denn das?
Einer nach dem andern "klappt ab" . . . Der läßt den
Kopf vornüber, der rollt den Abhang hinunter, der
schreit . . . Sie schießen wie besessen auf uns. Nun
liegt nur noch einer rechts von mir, eben fängt auch der
an, sich hin und her zu wälzen, Blut quillt aus dem
Rock hervor, ich werde ihm sein Gewehr abnehmen; ich
richte mich auf . . . Donnerwetter, ich fühle einen
Schlag vor der linken Brust: "Kinder, jetzt hat´s mich
auch." . . .
Ich rutsche den Abhang hinab, das Blut kommt mir
aus dem Munde . . . hinter einem Steinhaufen finde
ich Deckung vor dem mörderischen Feuer. Ich bitte einen
Soldaten: "Mach mir mal die Feldflasche ab - so -
- und den Tornister."Einen langen Schluck. Der gute
Kerl öffnet mir den Waffenrock. Ich lehne mich gegen
den Steinhaufen. Ganz warm quillt das Blut hervor;
wie lange kann´s dauern, dann ist´s vorbei. Aus dem
Rocktäschchen ziehe ich das Verbandszeug, öffne es hastig
und drücke es auf die Wunde. Dann warte ich ab,
minutenlang; auf dem Wege vor mir stehen die braven
Kerle und feuern; da ist auch A. noch mit den schwarzen
Quasten. "Kinder, schickt mir doch einen Arzt." Mir
fängt´s an, vor den Augen zu flimmern. Da kommt das
Soldatengefühl: du mußt Dich [sic] wehren, darfst nicht dich
dumpf in dein Schicksal ergeben. Die Schlacht geht wei-
ter; hier findet dich keiner . . .
Mit Schmerzen richte ich mich empor - stülpe mir
den Helm auf den Kopf - die Feldbinde, die Pistole -
das Glas schenke ich einem Soldaten, er braucht´s jetzt
nötiger als ich, und dann meinen Degen - den lasse ich
nicht, er braucht sich meiner nicht zu schämen - so
schleppe ich mich an den Weg. Was geht mich das Pfei-
fen an, ich habe meinen Teil. Noch immer stehen die
wackeren Kerle und feuern vom Wege gegen die Kohlen-
halde - einen winke ich heran . . . "Um Gotteswillen,
Herr Leutnant!" . . . "Bringe mich zum Verbandplatz,
mein Junge." . . . Er gibt mir seinen Arm . . . "Mußt
3. Spalte
der englischen Kriegsberichterstattung gewöhnt ist, darf
man ruhig annehmen, daß auch die englischen Schiffe
zum mindesten kampfunfähig geworden sind. Leider
brachte der Kampf den Verlust einiger unserer Schiffe,
aber ohne Kampf kein Sieg. Die Helden der Nordsee
leben bei uns in treuem Angedenken und als leuchtendes
Beispiel deutscher Seemannstreue fort.
Unsere Schiff haben, wie Staatssekretär Tirpitz
sagte, die Aufgabe, die deutsche Küste zu schützen, und
diese Aufgabe haben sie bisher glänzend gelöst. Kein
englisches Schiff hat sich bis jetzt den deutschen Gestaden
nähern dürfen, und auch ferner werden unsere blauen
Jungen so scharf auf der Wacht stehen, daß die Englän-
der sich allemal blutige Köpfe holen, wenn sie kommen.
WTB. Berlin, 29. August. Im Laufe des gestrigen
Vormittags sind bei teilweise unsichtigem Wetter mehrere
moderne englische kleine Kreuzer und zwei englische Zer-
störerflottillen (ca. 40 Zerstörer) in der deutschen Bucht
der Nordsee unweit Helgoland aufgetreten. Es kam zu
hartnäckigen Einzelgefechten zwischen ihnen und unsern
leichten Streitkräften. Die deutschen kleinen Kreuzer
drängten lebhaft nach Westen nach und gerieten dabei
infolge der beschränkten Sichtweite ins Gefecht mit
mehreren starken englischen Panzerkreuzern. S. M. S.
"Ariadne" (Kleiner Kreuzer mit 2650 Tonnen Wasser-
verdrängung) sank, von zwei Schlachtschiffkreuzern der
Lion-Klasse auf kurze Entfernung mit schwerer Artillerie
beschossen, nach ehrenvollem Kampfe. Der weitaus größte
Teil der Besatzung, voraussichtlich 250 Köpfe, konnte
gerettet werden.
Auch das Torpedoboot V 187 ging, von einem kleinen
Kreuzer und den Zerstörern aufs heftigste beschossen, bis
zuletzt feuernd, in die Tiefe. Flottillenchef und Kom-
mandant sind gefallen. Ein beträchtlicher Teil der Be-
satzung wurde gerettet. Die kleinen Kreuzer Cöln und
Mainz werden vermißt. Sie sind nach einer heutigen
Reutermeldung aus London gleichfalls im Kampfe mit
überlegenen Gegnern gesunken. Ein Teil der Be-
satzung, 2 Offiziere und 81 Mann (?) scheinen durch eng-
lische Schiffe gerettet zu sein. Nach der gleichen Quelle
haben die englischen Schiffe schwere Beschädigungen er-
litten.
Heldenmut unserer blauen Jungen.
Ueber die heldenmütige Energie, mit der Torpedo-
boot V 187 sich bis zum letzten Augenblick gegen feind-
liche Uebermacht wehrte, gibt der Bericht eines Augen-
zeugen Kunde, dem wir folgendes entnehmen:
V 187 sah sich bei dichtem Wetter ganz unerwartet
zunächst von Norden, dann allerseits von Massen eng-
lischer Torpedobootzerstörer und Unterseebooten ange-
griffen. V 187 wehrte sich unverzüglich mit allen Kräf-
ten, da setzten zahllose Geschosse, aus nächster Nähe ab-
gegeben, die Bewegungsfähigkeit herab. Da keine Mög-
lichkeit vorhanden war, sich dem feindlichen Feuer zu ent-
ziehen, drehte V 187 auf die Feinde zu, um ein Passier-
gefecht zu gewinnen und bis zum Ende durchzukämpfen.
Als unter dem Geschoßhagel die Bewegungsfähigkeit
verloren gegangen war, wurde schnell im Innern eine
Sprengung vorgenommen, um das Boot nicht in Fein-
deshand fallen zu lassen. Jetzt sank es schnell und wäh-
rend es sank, stand die Mannschaft bis zum letzten
Augenblick an den noch brauchbaren Geschützen und
feuerte. Der Flottillenchef, Korvettenkapitän Wallis,
und der Kommandant, Kapitänleutnant Zechter fanden
den Heldentod. Anzuerkennen ist, daß der Gegner un-
geachtet der eigenen Gefahr Beiboote zur Rettung der
Unsrigen aussetzte. Als sich deutsche
ten,mußte er sich von
denen sie dann die geretteten Deutsche
Wie die "Ariadne" unterging.
Vom Untergang S. M. Schiff "Ariadne" gibt der
gleiche Augenzeuge folgendes Bild.
Vom Kanonendonner gerufen, der ein Gefecht der
Vorposten mit Streitkräften anzeigt, eilt S. M. Schiff
"Ariadne" zu Hilfe. An der Vorpostenkette entdeckt sie,
_______________________________________________________________
Fortsetzung von 2. Spalte Kriegsbriefe
aber langsam mit mir gehen, kann nicht mehr wie
vorhin."
Um uns pfeift´s und donnert´s . Der gute P. stützt
mich. Wie sagt unser Bismarck? "Kein deutscher Offi-
zier läßt seinen Soldaten im Stich - kein deutscher
Soldat seinen Offizier." . . . Nein, weiß Gott nicht! -
Auf dem Wege stehen zwei belgische Bauern - die
lauern auf uns. Wehren kann ich mich jetzt nicht.
"Komm, da in die Hecke hab´ ich vorhin ein Loch getreten
- da durch." Ich humple voran - P., das Gewehr
schußbereit, hintendrein.
Auf der Dorfstraße . . . Die Truppen drängen nach
vorn, uns entgegen - sie weichen mir alle aus, die
Braven . . . Donnerwetter, könnt´ ich noch mit! -
"Kinder, haut sie in die Pfanne!" (Konnt´s nur leise
sagen,aber sie verstehen´s.) "Wenn wir sie nur erst ha-
ben, Herr Leutnant!"
Der belgische Verbandplatz liegt dort. - "Den mag
ich nicht, komm´ bring mich weiter, wir wollen zum
deutschen Lazarett."
So schleppe ich mich weiter - die Straße hinunter,
wo der Tod so gräßliche Ernte gehalten. Wie liegen
sue doch dicht, so starr, so stumm . . . Unter 100 Deutschen
ein Belgier . . . O, diese feige Bande!
Es greift doch an, dieses Humpeln. - "Seht ihr denn
den Verbandplatz noch nicht, Jungens?" - "Er muß
gleich da sein." Tapps - tapps. "Langsam, Kinder,
sonst tut mir´s weh" - ich hänge mich fester an den
guten P. . . .
Da steht der General. Er sieht mich, kommt einen
Schritt auf mich zu: "Na, Herr Leutnant, hoffentlich
wird´s wieder!"
Antworten kann ich nicht - aber, so schwach ich bin,
ich lasse den Arm meines Soldaten frei und lege die
Hand an den Helm. -
Das Rote Kreuz! Gottlob - Ich danke dem guten
P. und drücke ihm die Hand . . . Sie schneiden mir das
Hemd runter, der unermüdliche Stabsarzt verklebt mir
die Wunde.
Der Verbandsplatz ist nur ein kleiner Raum - drin
liegen sechs, sieben Schwerverwundete und stöhnen und
schreien . . . So bleibe ich draußen und lehne mich
sitzend an das Haus . . . Wie viele liegen hier. - Drü-
ben G., der tapfere Leutnant der Radfahrerkompagnie
- Schuß in den Leib . . . Er streckt sich - kein Laut
des Schmerzes kommt über seine Lippen - sein
Gesicht ist ganz gelb.
Neben mir sitzt ein belgischer Offizier - er hat´s
im Arm und im Bein. - Immer kommen neue. -
Dort sitzt Kurt W., mein Regimentskamerad - Schuß
ins linke Bein - aus einem Kellerfenster raus . . . .
Da bringen sie unseren D. - mit dem ich so manche
Stunde gebechert, gejubelt. - - - Bis an die Grenze
des Forts Fleron hat er seine Kompagnie geführt.
Drauf los wie ein Held - der Tapfersten einer - -
nun mitten in die Brust . . . "Gestern noch auf stolzen
Rossen . . . "
Mich friert. Es ist ein trüber, kalter Morgen, der
Regen säuselt nieder . . . ich habe aber kein Hemd
mehr, nur noch einen Aermel. Sie decken mir meinen
Waffenrock über, der Belgier läßt mir seinen Mantel
umhängen . . .
-
item 14
Ueber 30 000 Russen in Ostpreußen gefangen.
Der Sieg der Oesterreicher. Der Kampf in der Nordsee. Die Opfer vom
Kreuzer "Magdeburg".
1. Spalte
Wie im Westen, so ist nunmehr auch im Osten die
erste große Schlacht geschlagen worden. Der Unterschied
liegt darin, daß sich die Russen in der Offensivstellung
befanden, während wir den Ansturm abzuwehren hatten.
Aus der Richtung von Niemen, wie von der Narew her,
d. h. aus Süden und aus Osten waren erhebliche russische
Streitkräfte im Anmarsche, die zwischen Insterburg und
Graudenz in deutsches Gebiet einzubrechen versuchten.
Ihr Zweck war offenbar, die deutsche Defensive zu durch-
brechen, ehe die siegreich vordringenden Oesterreicher
Verbindung mit uns erlangt haben. Die Absicht ist an
der Wachsamkeit unserer Heeresleitung und der Tapfer-
keit unserer Truppen gescheitert. Die russische Armee,
an Zahl fast der bei Metz geschlagenen französischen Ar-
mee gleich, ist über die Grenze zurückgewichen und wird
von unseren Truppen verfolgt. Durch diesen Sieg ist
die Durchführung des gemeinschaftlichen Vormarsches
unserer und der österreichischen Truppen gegen die
Weichsel erleichtert worden. Es geht auf Warschau los!
Die Meldung über den Sieg lautet kurz und knapp:
WTB. Berlin, 29. August. Unsere Truppen in
Preußen unter der Führung des Generalobersten Hinden-
burg haben die von Narew vorgegangene russische Armee
in Stärke von 5 Armeekorps und 3 Kavalleriedivisionen
in dreitägiger Schlacht bei Gilgenburg-Ortelsburg ge-
schlagen und verfolgen sie jetzt über die Grenze.
Generalquartiermeister von Stein.
Die am Sonnabend verbreitete Meldung von dem
großen deutschen Siege über die Russen in Ostpreußen
wird durch folgende neue erfreuliche Nachricht ergänzt:
WTB. Berlin, 31. August. Bei den großen
Kämpfen, in denen die russische Armee bei Tannen-
berg, Hohenstein und Ortelsburg geworfen wurden,
sind nach vorläufiger Schätzung über 30000 Russen
mit vielen hohen Offizieren in Gefangenschaft
geraten.
Eine erfreuliche Ergänzung zu der amtlichen Mel-
dung über das Ergebnis der Schlacht bilden die folgen-
den Mitteilungen, die aus amtlichen Quellen Ost-
preußens stammen:
Der vom Generalquartiermeister in seiner Ver-
öffentlichung vom 25. August als bevorstehend angekün-
digte Entscheidungskampf hat begonnen. Als Einleitung
erfolgte die Besetzung der Grenzstadt Neidenburg durch
starke russische Kräfte. Die Russen plünderten die Stadt
gründlich und bombardierten sie dann von den benach-
barten Höhen. Den meisten Bürgern Neidenburgs,
das etwa 6000 Einwohner hat, war es gelungen, über
Hohenstein und Allenstein zu fliehen. Das 20. Armee-
korps griff energisch in den Kampf gegen den russischen
Gegner ein. Die "Allensteiner Zeitung" kann mit amt-
licher Genehmigung darüber melden: Unser tapferes
20. Armeekorps steht seit 24 Stunden im Feuer mit
einem an Kräften weit überlegenen Gegner. Dank der
Tapferkeit unserer Truppen und Führer ist es den
Russen trotz der gewaltigen Uebermacht nicht gelun-
gen, unsere Stellungen zu nehmen. Der Kampf hat sich
dann zu einer Riesenschlacht auf der Linie Gilgenburg-
Neidenburg-Ortelsburg entwickelt mit etwa 50 Kilo-
meter Frontlänge. Hierüber teilt Landrat Hagemann
in Marienburg der "Marienburger Zeitung" mit, daß
zwei russische Armeekorps aufgerieben worden seien.
_____________________________________________________________________________
Kriegsbriefe.
Wie ich verwundet wurde
Von einem Mitkämpfer bei Lüttich.
. . . Mitten in dieses Dorfgefecht (Sturm auf Ft.
Fléron) waren wir hineingerissen. Es blitzte aus allen
Häusern, unablässig rollt der Donner der Geschütze, un-
ablässig geht der Eisenregen nieder. Stockdunkel . . .
Wie sehnlich wünschen wir den Morgen heran. - Kein
Gegner zu sehen - und doch sinkt Mann neben Mann.
Aus den Mauern der Häuser sind nur winzige Steine
gelöst - ein Flintenlauf ragt durch; in den Fenster-
laden ein kleines Loch - der Lauf einer Jagdbüchse
sprüht Flammen heraus - aus den Kellerfenstern, von
den Böden zuckt und flammt und pfeift es . . . Wie
im Hexenkessel . . . Und wir dürfen nicht schießen, um
die Kameraden, die rechts und links vor uns im Gefecht
liegen, nicht zu gefährden . . . Einer neben dem anderen
sinkt - Aechzen und Stöhnen überall. Hinweg über
einen Haufen zuckender Leiber, vorsichtig - um keinem
wehe zu tun - und um uns blitzt und kracht´s. Aus einem
Eckhaus prasselt uns ein Hagel entgegen. -
Zwanzig, fünfzig Läufe heben sich - , da brülle ich:
"Keinen Schuß, Kerls! Wer kommt mit? Beil her!"
Ein kleiner Musketier reicht mir eine Picke . . . Zehn
braune Kerls drängen hinter mir nach. - Dann ein
paar Hiebe mit Beil und Kolben - die Tür kracht ein
- von der Decke her zucken Geschosse nieder . . . "Keiner
die Bodentreppe hinauf! Hierbleiben! Streichhölzer
her!" Und schon habe ich ein paar Strohballen vorge-
rissen, - fünf Minuten später züngeln die Flammen
aus allen Fenstern. "So, Jungs, nun vorwärts!" -
Hinein wieder in die Dorfgasse . . . Da treffe ich mei-
nen Kompagnieführer. "Hierher!" schreit er. "Ueber
die Mauer, mir nach!"
Zwei Kerle heben mich hoch, im Nu haben wir eine
Gartenmauer überstiegen, und stürmen weiter, einer
belgischen Abteilung in den Rücken zu fallen. Manns-
hohe Hecken, mit Stacheldraht durchzogen - vier, fünf
- vor uns. "Her, Kerls," rufe ich, "gebt mir die
Drahtschere!" Ein paar wuchtige Jungens treten
den Schlehdorn ein - ich knipse den Draht durch und gehe
ihnen voran, - meine Hose hängt in Fetzen runter.
Die Hecken werden genommen - auf einmal kracht es
auf uns her - nur wenige Sekunden, dann saust eine
Haubitze in den verruchten Giebel - Steine spritzen
umher - das Gemäuer sinkt donnernd zusammen.
Feuer von links! - Da sind die Unsern, sie schießen
auf uns - sie erkennen uns noch immer nicht. Wir
brüllen ihnen die Losung zu: "Der Kaiser! Der Kaiser!"
- Sie hören uns nicht in dem Höllenlärm. "Hornist,"
rufe ich, "blasen Sie Signal!" Der brave Junge - er
war von den vierten Jägern, nimmt das Horn und
schmettert: Das Ganze! - Das Ganze! - Da kommt´s
von drüben zurück. Wir erkennen uns - es sind die
27er - ich drücke dem Hauptmann, den ich seit Jahren
kenne, die Hand. -
Heller Morgen, ¼ 7 Uhr (am 6. August).
Vor uns liegt ein Kohlenbergwerk. Zwei Kohlen-
halden sind einige Meter hoch im Winkel zu einander
aufgeschüttet - da stürmen wir hinauf: Ein Jäger-
Fortsetzung 2. Spalte Mitte
_______________________________________________________________
2. Spalte
Siegreiches Vordringen der Oesterreicher.
WTB. Wien, 30. August. Der Korrespondent des
Neuen Wiener Tagebl. im Hauptquartier meldet: Die
große Schlacht ist heute, am vierten Tage, in vollem
Gange und steht gut für uns. Die linke Flügelgruppe
rückt gegen Lublin und Zamocs langsam aber sicher vor,
stößt aber immer wieder auf den neuverschanzten Gegner
und anstelle von Frontalangriffen sind zeitraubende Um-
gehungen nötig. Drei Zügen des Infanterieregiments
Nr. 72 gelang ein rascher Frontalangriff, bei dem zwei
russische Hauptleute, sechs Subalternoffiziere und 470
Mann gefangen genommen wurden. Die Kräftegruppe
zwischen Bug und Wieprz griff eine russische Division
von drei Seiten mit Erfolg an, sodaß sie nur unter dem
Schutze der Nacht entkamen. Generalstabshauptmann
Roßmann stürzte mit seinem Flugzeug ab und wurde
getötet. Das Armeeverordnungsblatt veröffentlichte ge-
rade heute eine Auszeichnung Roßmanns für hervor-
ragend tapferes Verhalten vor dem Feinde.
WTB. Wien, 30. August. (Nicht amtlich.) Soweit
sich bis gestern mittag überblicken ließ, ist das große
Ringen unserer Armee mit den Hauptkräften des russi-
schen Heeres noch nicht zur Entscheidung herangereift.
Nur die Erfolge der vom General der Kavallerie Viktor
Dankl in der Schlacht bei Krasnik siegreich geführten
Armee sind bereits einigermaßen zu übersehen. In ei-
ner zweiten Schlacht am 27. August, die durch die helden-
mütige Erstürmung einer stark befestigten Stellung auf
den Höhen von Niedrzwiosduca gekrönt war, gelang es,
die bei Krasnik zurückgeworfenen russischen Kräfte und
herangeführten Verstärkungen, im ganzen etwa zehn
Divisionen, durch sechs verschiedene Korps neuerlich zu
schlagen. Eines unserer Korps nahm in dieser zweiten
Schlacht einen General, einen Oberst, drei sonstige
Stabspersonen, vierzig Offiziere und zirka 2000 Mann
gefangen und erbeutete wieder sehr viel Kriegsmaterial.
WTB. Wien, 31. August. Die Schlachten auf dem
östlichen Kriegsschauplatz dauern mit ungeminderter
Heftigkeit fort. Oestlich unserer trotz mehrfacher be-
festigter Stellungen des Feindes unaufhaltsam gegen
Lublin vordringenden Armee Dankl haben unsere zwischen
Bug und Wieprz vorgeführten Kräfte am 26. August
den Angriff auf die dem Raume bei Cholm stehen-
den starken russischen Kräfte begonnen. Hierbei ent-
wickelten sich wie bei Krasnik wieder harte, für unsere
angriffsfreudigen Truppen siegreich verlaufende Kämpfe
bei Zamoid sowie nördlich und östlich bei Tomaszow.
In diesen Kämpfen wurden ebenso wie in den Schlach-
ten bei Krasnik tausende von Gefangenen gemacht.
In Ostgalizien behaupten sich unsere Truppen mit helden-
mütiger Bravour und Zähigkeit gegen sehr starke uns
überlegene feindliche Kräfte. Auf dem südlichen Kriegs-
schauplatz haben in letzter Zeit neue Kämpfe statt-
gefunden.
Der Kampf in der Nordsee.
Der lange erwartete Zusammenstoß unserer Flotte
mit der englischen ist erfolgt. Die Nordsee bei Helgo-
land war der Kampfplatz, wo der Seekrieg heftig tobte.
Der Kampf erfolgte bei unsichtigem Wetter und er zog
sich nach Westen, also nach der englischen Küste zu hin.
Mehrere kleine Kreuzer unserer Flotte stießen todes-
mutig vor und gerieten dabei in einen Kampf mit einer
überlegenen starken englischen Flotte. Unsere Schiffe
mußten der Uebermacht weichen, haben den Engländern
aber, wie ein englischer Bericht eingesteht, schwere Be-
schädigungen beigebracht. Nach dem, was man sonst von
Fortsetzung 3. Spalte oben
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Fortsetzung von 1. Spalte Kriegsbriefe
leutnant, ein Kompagniekamerad von mir, Sch., dann
ein riesiger Adjutant von den 27ern, A., ein tapferer
Junge, der nicht mit der Wimper zuckte - am Wege
unten bleibt H. zurück, der furchtlose Regimentsadjunkt
vom Regiment Louis Ferdinand, und mit ungefähr 10
Mann nimmt der Hauptmann v. B. die Häuser in un-
serm Rücken unter Feuer, er selbst hat den Degen ab-
gelegt und führt das Gewehr . . .
Oben von meiner Kohlenhalde sehe ich ein Gehöft
und zum ersten Male belgische Infanterie - sonst wa-
ren die Kerle gelaufen, als sei der Deibel hinter ihnen.
- Jetzt heben sie die Büchse an die Backe. Ich lasse
das Feuer aufnehmen und beobachte durch das Glas die
Wirkung . . . "Ruhig zielen, Kerls, ihr schießt zu weit"
. . . Zwei schwarze Mäntel sehe ich sich im Sande wälzen.
"Hols der Deibel!" Sie schießen von rechts her -
von der anderen Halde . . . Da steht noch auf unserem
Flügel der lange A. Seine Schärpe flattert, die Quasten
sind schwarz von Kohlenstaub, er schießt auf die Bande
rechts - jetzt knallt´s auch von hintenher aus den
Häusern . . .
Ich setze das Glas ab und sehe mich um. Da links
am Flügel liegt mein Kamerad Sch., hat einem Ver-
wundeten das Gewehr abgenommen und schießt nach dem
Gehöft . . . Rechts von mir - ja, was ist denn das?
Einer nach dem andern "klappt ab" . . . Der läßt den
Kopf vornüber, der rollt den Abhang hinunter, der
schreit . . . Sie schießen wie besessen auf uns. Nun
liegt nur noch einer rechts von mir, eben fängt auch der
an, sich hin und her zu wälzen, Blut quillt aus dem
Rock hervor, ich werde ihm sein Gewehr abnehmen; ich
richte mich auf . . . Donnerwetter, ich fühle einen
Schlag vor der linken Brust: "Kinder, jetzt hat´s mich
auch." . . .
Ich rutsche den Abhang hinab, das Blut kommt mir
aus dem Munde . . . hinter einem Steinhaufen finde
ich Deckung vor dem mörderischen Feuer. Ich bitte einen
Soldaten: "Mach mir mal die Feldflasche ab - so -
- und den Tornister."Einen langen Schluck. Der gute
Kerl öffnet mir den Waffenrock. Ich lehne mich gegen
den Steinhaufen. Ganz warm quillt das Blut hervor;
wie lange kann´s dauern, dann ist´s vorbei. Aus dem
Rocktäschchen ziehe ich das Verbandszeug, öffne es hastig
und drücke es auf die Wunde. Dann warte ich ab,
minutenlang; auf dem Wege vor mir stehen die braven
Kerle und feuern; da ist auch A. noch mit den schwarzen
Quasten. "Kinder, schickt mir doch einen Arzt." Mir
fängt´s an, vor den Augen zu flimmern. Da kommt das
Soldatengefühl: du mußt Dich [sic] wehren, darfst nicht dich
dumpf in dein Schicksal ergeben. Die Schlacht geht wei-
ter; hier findet dich keiner . . .
Mit Schmerzen richte ich mich empor - stülpe mir
den Helm auf den Kopf - die Feldbinde, die Pistole -
das Glas schenke ich einem Soldaten, er braucht´s jetzt
nötiger als ich, und dann meinen Degen - den lasse ich
nicht, er braucht sich meiner nicht zu schämen - so
schleppe ich mich an den Weg. Was geht mich das Pfei-
fen an, ich habe meinen Teil. Noch immer stehen die
wackeren Kerle und feuern vom Wege gegen die Kohlen-
halde - einen winke ich heran . . . "Um Gotteswillen,
Herr Leutnant!" . . . "Bringe mich zum Verbandplatz,
mein Junge." . . . Er gibt mir seinen Arm . . . "Mußt
3. Spalte
der englischen Kriegsberichterstattung gewöhnt ist, darf
man ruhig annehmen, daß auch die englischen Schiffe
zum mindesten kampfunfähig geworden sind. Leider
brachte der Kampf den Verlust einiger unserer Schiffe,
aber ohne Kampf kein Sieg. Die Helden der Nordsee
leben bei uns in treuem Angedenken und als leuchtendes
Beispiel deutscher Seemannstreue fort.
Unsere Schiff haben, wie Staatssekretär Tirpitz
sagte, die Aufgabe, die deutsche Küste zu schützen, und
diese Aufgabe haben sie bisher glänzend gelöst. Kein
englisches Schiff hat sich bis jetzt den deutschen Gestaden
nähern dürfen, und auch ferner werden unsere blauen
Jungen so scharf auf der Wacht stehen, daß die Englän-
der sich allemal blutige Köpfe holen, wenn sie kommen.
WTB. Berlin, 29. August. Im Laufe des gestrigen
Vormittags sind bei teilweise unsichtigem Wetter mehrere
moderne englische kleine Kreuzer und zwei englische Zer-
störerflottillen (ca. 40 Zerstörer) in der deutschen Bucht
der Nordsee unweit Helgoland aufgetreten. Es kam zu
hartnäckigen Einzelgefechten zwischen ihnen und unsern
leichten Streitkräften. Die deutschen kleinen Kreuzer
drängten lebhaft nach Westen nach und gerieten dabei
infolge der beschränkten Sichtweite ins Gefecht mit
mehreren starken englischen Panzerkreuzern. S. M. S.
"Ariadne" (Kleiner Kreuzer mit 2650 Tonnen Wasser-
verdrängung) sank, von zwei Schlachtschiffkreuzern der
Lion-Klasse auf kurze Entfernung mit schwerer Artillerie
beschossen, nach ehrenvollem Kampfe. Der weitaus größte
Teil der Besatzung, voraussichtlich 250 Köpfe, konnte
gerettet werden.
Auch das Torpedoboot V 187 ging, von einem kleinen
Kreuzer und den Zerstörern aufs heftigste beschossen, bis
zuletzt feuernd, in die Tiefe. Flottillenchef und Kom-
mandant sind gefallen. Ein beträchtlicher Teil der Be-
satzung wurde gerettet. Die kleinen Kreuzer Cöln und
Mainz werden vermißt. Sie sind nach einer heutigen
Reutermeldung aus London gleichfalls im Kampfe mit
überlegenen Gegnern gesunken. Ein Teil der Be-
satzung, 2 Offiziere und 81 Mann (?) scheinen durch eng-
lische Schiffe gerettet zu sein. Nach der gleichen Quelle
haben die englischen Schiffe schwere Beschädigungen er-
litten.
Heldenmut unserer blauen Jungen.
Ueber die heldenmütige Energie, mit der Torpedo-
boot V 187 sich bis zum letzten Augenblick gegen feind-
liche Uebermacht wehrte, gibt der Bericht eines Augen-
zeugen Kunde, dem wir folgendes entnehmen:
V 187 sah sich bei dichtem Wetter ganz unerwartet
zunächst von Norden, dann allerseits von Massen eng-
lischer Torpedobootzerstörer und Unterseebooten ange-
griffen. V 187 wehrte sich unverzüglich mit allen Kräf-
ten, da setzten zahllose Geschosse, aus nächster Nähe ab-
gegeben, die Bewegungsfähigkeit herab. Da keine Mög-
lichkeit vorhanden war, sich dem feindlichen Feuer zu ent-
ziehen, drehte V 187 auf die Feinde zu, um ein Passier-
gefecht zu gewinnen und bis zum Ende durchzukämpfen.
Als unter dem Geschoßhagel die Bewegungsfähigkeit
verloren gegangen war, wurde schnell im Innern eine
Sprengung vorgenommen, um das Boot nicht in Fein-
deshand fallen zu lassen. Jetzt sank es schnell und wäh-
rend es sank, stand die Mannschaft bis zum letzten
Augenblick an den noch brauchbaren Geschützen und
feuerte. Der Flottillenchef, Korvettenkapitän Wallis,
und der Kommandant, Kapitänleutnant Zechter fanden
den Heldentod. Anzuerkennen ist, daß der Gegner un-
geachtet der eigenen Gefahr Beiboote zur Rettung der
Unsrigen aussetzte. Als sich deutsche
ten,mußte er sich von
denen sie dann die geretteten Deutsche
Wie die "Ariadne" unterging.
Vom Untergang S. M. Schiff "Ariadne" gibt der
gleiche Augenzeuge folgendes Bild.
Vom Kanonendonner gerufen, der ein Gefecht der
Vorposten mit Streitkräften anzeigt, eilt S. M. Schiff
"Ariadne" zu Hilfe. An der Vorpostenkette entdeckt sie,
_______________________________________________________________
Fortsetzung von 2. Spalte Kriegsbriefe
-
item 14
Ueber 30 000 Russen in Ostpreußen gefangen.
Der Sieg der Oesterreicher. Der Kampf in der Nordsee. Die Opfer vom
Kreuzer "Magdeburg".
1. Spalte
Wie im Westen, so ist nunmehr auch im Osten die
erste große Schlacht geschlagen worden. Der Unterschied
liegt darin, daß sich die Russen in der Offensivstellung
befanden, während wir den Ansturm abzuwehren hatten.
Aus der Richtung von Niemen, wie von der Narew her,
d. h. aus Süden und aus Osten waren erhebliche russische
Streitkräfte im Anmarsche, die zwischen Insterburg und
Graudenz in deutsches Gebiet einzubrechen versuchten.
Ihr Zweck war offenbar, die deutsche Defensive zu durch-
brechen, ehe die siegreich vordringenden Oesterreicher
Verbindung mit uns erlangt haben. Die Absicht ist an
der Wachsamkeit unserer Heeresleitung und der Tapfer-
keit unserer Truppen gescheitert. Die russische Armee,
an Zahl fast der bei Metz geschlagenen französischen Ar-
mee gleich, ist über die Grenze zurückgewichen und wird
von unseren Truppen verfolgt. Durch diesen Sieg ist
die Durchführung des gemeinschaftlichen Vormarsches
unserer und der österreichischen Truppen gegen die
Weichsel erleichtert worden. Es geht auf Warschau los!
Die Meldung über den Sieg lautet kurz und knapp:
WTB. Berlin, 29. August. Unsere Truppen in
Preußen unter der Führung des Generalobersten Hinden-
burg haben die von Narew vorgegangene russische Armee
in Stärke von 5 Armeekorps und 3 Kavalleriedivisionen
in dreitägiger Schlacht bei Gilgenburg-Ortelsburg ge-
schlagen und verfolgen sie jetzt über die Grenze.
Generalquartiermeister von Stein.
Die am Sonnabend verbreitete Meldung von dem
großen deutschen Siege über die Russen in Ostpreußen
wird durch folgende neue erfreuliche Nachricht ergänzt:
WTB. Berlin, 31. August. Bei den großen
Kämpfen, in denen die russische Armee bei Tannen-
berg, Hohenstein und Ortelsburg geworfen wurden,
sind nach vorläufiger Schätzung über 30000 Russen
mit vielen hohen Offizieren in Gefangenschaft
geraten.
Eine erfreuliche Ergänzung zu der amtlichen Mel-
dung über das Ergebnis der Schlacht bilden die folgen-
den Mitteilungen, die aus amtlichen Quellen Ost-
preußens stammen:
Der vom Generalquartiermeister in seiner Ver-
öffentlichung vom 25. August als bevorstehend angekün-
digte Entscheidungskampf hat begonnen. Als Einleitung
erfolgte die Besetzung der Grenzstadt Neidenburg durch
starke russische Kräfte. Die Russen plünderten die Stadt
gründlich und bombardierten sie dann von den benach-
barten Höhen. Den meisten Bürgern Neidenburgs,
das etwa 6000 Einwohner hat, war es gelungen, über
Hohenstein und Allenstein zu fliehen. Das 20. Armee-
korps griff energisch in den Kampf gegen den russischen
Gegner ein. Die "Allensteiner Zeitung" kann mit amt-
licher Genehmigung darüber melden: Unser tapferes
20. Armeekorps steht seit 24 Stunden im Feuer mit
einem an Kräften weit überlegenen Gegner. Dank der
Tapferkeit unserer Truppen und Führer ist es den
Russen trotz der gewaltigen Uebermacht nicht gelun-
gen, unsere Stellungen zu nehmen. Der Kampf hat sich
dann zu einer Riesenschlacht auf der Linie Gilgenburg-
Neidenburg-Ortelsburg entwickelt mit etwa 50 Kilo-
meter Frontlänge. Hierüber teilt Landrat Hagemann
in Marienburg der "Marienburger Zeitung" mit, daß
zwei russische Armeekorps aufgerieben worden seien.
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Kriegsbriefe.
Wie ich verwundet wurde
Von einem Mitkämpfer bei Lüttich.
. . . Mitten in dieses Dorfgefecht (Sturm auf Ft.
Fléron) waren wir hineingerissen. Es blitzte aus allen
Häusern, unablässig rollt der Donner der Geschütze, un-
ablässig geht der Eisenregen nieder. Stockdunkel . . .
Wie sehnlich wünschen wir den Morgen heran. - Kein
Gegner zu sehen - und doch sinkt Mann neben Mann.
Aus den Mauern der Häuser sind nur winzige Steine
gelöst - ein Flintenlauf ragt durch; in den Fenster-
laden ein kleines Loch - der Lauf einer Jagdbüchse
sprüht Flammen heraus - aus den Kellerfenstern, von
den Böden zuckt und flammt und pfeift es . . . Wie
im Hexenkessel . . . Und wir dürfen nicht schießen, um
die Kameraden, die rechts und links vor uns im Gefecht
liegen, nicht zu gefährden . . . Einer neben dem anderen
sinkt - Aechzen und Stöhnen überall. Hinweg über
einen Haufen zuckender Leiber, vorsichtig - um keinem
wehe zu tun - und um uns blitzt und kracht´s. Aus einem
Eckhaus prasselt uns ein Hagel entgegen. -
Zwanzig, fünfzig Läufe heben sich - , da brülle ich:
"Keinen Schuß, Kerls! Wer kommt mit? Beil her!"
Ein kleiner Musketier reicht mir eine Picke . . . Zehn
braune Kerls drängen hinter mir nach. - Dann ein
paar Hiebe mit Beil und Kolben - die Tür kracht ein
- von der Decke her zucken Geschosse nieder . . . "Keiner
die Bodentreppe hinauf! Hierbleiben! Streichhölzer
her!" Und schon habe ich ein paar Strohballen vorge-
rissen, - fünf Minuten später züngeln die Flammen
aus allen Fenstern. "So, Jungs, nun vorwärts!" -
Hinein wieder in die Dorfgasse . . . Da treffe ich mei-
nen Kompagnieführer. "Hierher!" schreit er. "Ueber
die Mauer, mir nach!"
Zwei Kerle heben mich hoch, im Nu haben wir eine
Gartenmauer überstiegen, und stürmen weiter, einer
belgischen Abteilung in den Rücken zu fallen. Manns-
hohe Hecken, mit Stacheldraht durchzogen - vier, fünf
- vor uns. "Her, Kerls," rufe ich, "gebt mir die
Drahtschere!" Ein paar wuchtige Jungens treten
den Schlehdorn ein - ich knipse den Draht durch und gehe
ihnen voran, - meine Hose hängt in Fetzen runter.
Die Hecken werden genommen - auf einmal kracht es
auf uns her - nur wenige Sekunden, dann saust eine
Haubitze in den verruchten Giebel - Steine spritzen
umher - das Gemäuer sinkt donnernd zusammen.
Feuer von links! - Da sind die Unsern, sie schießen
auf uns - sie erkennen uns noch immer nicht. Wir
brüllen ihnen die Losung zu: "Der Kaiser! Der Kaiser!"
- Sie hören uns nicht in dem Höllenlärm. "Hornist,"
rufe ich, "blasen Sie Signal!" Der brave Junge - er
war von den vierten Jägern, nimmt das Horn und
schmettert: Das Ganze! - Das Ganze! - Da kommt´s
von drüben zurück. Wir erkennen uns - es sind die
27er - ich drücke dem Hauptmann, den ich seit Jahren
kenne, die Hand. -
Heller Morgen, ¼ 7 Uhr (am 6. August).
Vor uns liegt ein Kohlenbergwerk. Zwei Kohlen-
halden sind einige Meter hoch im Winkel zu einander
aufgeschüttet - da stürmen wir hinauf: Ein Jäger-
Fortsetzung 2. Spalte Mitte
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2. Spalte
Siegreiches Vordringen der Oesterreicher.
WTB. Wien, 30. August. Der Korrespondent des
Neuen Wiener Tagebl. im Hauptquartier meldet: Die
große Schlacht ist heute, am vierten Tage, in vollem
Gange und steht gut für uns. Die linke Flügelgruppe
rückt gegen Lublin und Zamocs langsam aber sicher vor,
stößt aber immer wieder auf den neuverschanzten Gegner
und anstelle von Frontalangriffen sind zeitraubende Um-
gehungen nötig. Drei Zügen des Infanterieregiments
Nr. 72 gelang ein rascher Frontalangriff, bei dem zwei
russische Hauptleute, sechs Subalternoffiziere und 470
Mann gefangen genommen wurden. Die Kräftegruppe
zwischen Bug und Wieprz griff eine russische Division
von drei Seiten mit Erfolg an, sodaß sie nur unter dem
Schutze der Nacht entkamen. Generalstabshauptmann
Roßmann stürzte mit seinem Flugzeug ab und wurde
getötet. Das Armeeverordnungsblatt veröffentlichte ge-
rade heute eine Auszeichnung Roßmanns für hervor-
ragend tapferes Verhalten vor dem Feinde.
WTB. Wien, 30. August. (Nicht amtlich.) Soweit
sich bis gestern mittag überblicken ließ, ist das große
Ringen unserer Armee mit den Hauptkräften des russi-
schen Heeres noch nicht zur Entscheidung herangereift.
Nur die Erfolge der vom General der Kavallerie Viktor
Dankl in der Schlacht bei Krasnik siegreich geführten
Armee sind bereits einigermaßen zu übersehen. In ei-
ner zweiten Schlacht am 27. August, die durch die helden-
mütige Erstürmung einer stark befestigten Stellung auf
den Höhen von Niedrzwiosduca gekrönt war, gelang es,
die bei Krasnik zurückgeworfenen russischen Kräfte und
herangeführten Verstärkungen, im ganzen etwa zehn
Divisionen, durch sechs verschiedene Korps neuerlich zu
schlagen. Eines unserer Korps nahm in dieser zweiten
Schlacht einen General, einen Oberst, drei sonstige
Stabspersonen, vierzig Offiziere und zirka 2000 Mann
gefangen und erbeutete wieder sehr viel Kriegsmaterial.
WTB. Wien, 31. August. Die Schlachten auf dem
östlichen Kriegsschauplatz dauern mit ungeminderter
Heftigkeit fort. Oestlich unserer trotz mehrfacher be-
festigter Stellungen des Feindes unaufhaltsam gegen
Lublin vordringenden Armee Dankl haben unsere zwischen
Bug und Wieprz vorgeführten Kräfte am 26. August
den Angriff auf die dem Raume bei Cholm stehen-
den starken russischen Kräfte begonnen. Hierbei ent-
wickelten sich wie bei Krasnik wieder harte, für unsere
angriffsfreudigen Truppen siegreich verlaufende Kämpfe
bei Zamoid sowie nördlich und östlich bei Tomaszow.
In diesen Kämpfen wurden ebenso wie in den Schlach-
ten bei Krasnik tausende von Gefangenen gemacht.
In Ostgalizien behaupten sich unsere Truppen mit helden-
mütiger Bravour und Zähigkeit gegen sehr starke uns
überlegene feindliche Kräfte. Auf dem südlichen Kriegs-
schauplatz haben in letzter Zeit neue Kämpfe statt-
gefunden.
Der Kampf in der Nordsee.
Der lange erwartete Zusammenstoß unserer Flotte
mit der englischen ist erfolgt. Die Nordsee bei Helgo-
land war der Kampfplatz, wo der Seekrieg heftig tobte.
Der Kampf erfolgte bei unsichtigem Wetter und er zog
sich nach Westen, also nach der englischen Küste zu hin.
Mehrere kleine Kreuzer unserer Flotte stießen todes-
mutig vor und gerieten dabei in einen Kampf mit einer
überlegenen starken englischen Flotte. Unsere Schiffe
mußten der Uebermacht weichen, haben den Engländern
aber, wie ein englischer Bericht eingesteht, schwere Be-
schädigungen beigebracht. Nach dem, was man sonst von
Fortsetzung 3. Spalte oben
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Fortsetzung von 1. Spalte Kriegsbriefe
leutnant, ein Kompagniekamerad von mir, Sch., dann
ein riesiger Adjutant von den 27ern, A., ein tapferer
Junge, der nicht mit der Wimper zuckte - am Wege
unten bleibt H. zurück, der furchtlose Regimentsadjunkt
vom Regiment Louis Ferdinand, und mit ungefähr 10
Mann nimmt der Hauptmann v. B. die Häuser in un-
serm Rücken unter Feuer, er selbst hat den Degen ab-
gelegt und führt das Gewehr . . .
Oben von meiner Kohlenhalde sehe ich ein Gehöft
und zum ersten Male belgische Infanterie - sonst wa-
ren die Kerle gelaufen, als sei der Deibel hinter ihnen.
- Jetzt heben sie die Büchse an die Backe. Ich lasse
das Feuer aufnehmen und beobachte durch das Glas die
Wirkung . . . "Ruhig zielen, Kerls, ihr schießt zu weit"
. . . Zwei schwarze Mäntel sehe ich sich im Sande wälzen.
"Hols der Deibel!" Sie schießen von rechts her -
von der anderen Halde . . . Da steht noch auf unserem
Flügel der lange A. Seine Schärpe flattert, die Quasten
sind schwarz von Kohlenstaub, er schießt auf die Bande
rechts - jetzt knallt´s auch von hintenher aus den
Häusern . . .
Ich setze das Glas ab und sehe mich um. Da links
am Flügel liegt mein Kamerad Sch., hat einem Ver-
wundeten das Gewehr abgenommen und schießt nach dem
Gehöft . . . Rechts von mir - ja, was ist denn das?
Einer nach dem andern "klappt ab" . . . Der läßt den
Kopf vornüber, der rollt den Abhang hinunter, der
schreit . . . Sie schießen wie besessen auf uns. Nun
liegt nur noch einer rechts von mir, eben fängt auch der
an, sich hin und her zu wälzen, Blut quillt aus dem
Rock hervor, ich werde ihm sein Gewehr abnehmen; ich
richte mich auf . . . Donnerwetter, ich fühle einen
Schlag vor der linken Brust: "Kinder, jetzt hat´s mich
auch." . . .
Ich rutsche den Abhang hinab, das Blut kommt mir
aus dem Munde . . . hinter einem Steinhaufen finde
ich Deckung vor dem mörderischen Feuer. Ich bitte einen
Soldaten: "Mach mir mal die Feldflasche ab - so -
- und den Tornister."Einen langen Schluck. Der gute
Kerl öffnet mir den Waffenrock. Ich lehne mich gegen
den Steinhaufen. Ganz warm quillt das Blut hervor;
wie lange kann´s dauern, dann ist´s vorbei. Aus dem
Rocktäschchen ziehe ich das Verbandszeug, öffne es hastig
und drücke es auf die Wunde. Dann warte ich ab,
minutenlang; auf dem Wege vor mir stehen die braven
Kerle und feuern; da ist auch A. noch mit den schwarzen
Quasten. "Kinder, schickt mir doch einen Arzt." Mir
fängt´s an, vor den Augen zu flimmern. Da kommt das
Soldatengefühl: du mußt Dich [sic] wehren, darfst nicht dich
dumpf in dein Schicksal ergeben. Die Schlacht geht wei-
ter; hier findet dich keiner . . .
Mit Schmerzen richte ich mich empor - stülpe mir
den Helm auf den Kopf - die Feldbinde, die Pistole -
das Glas schenke ich einem Soldaten, er braucht´s jetzt
nötiger als ich, und dann meinen Degen - den lasse ich
nicht, er braucht sich meiner nicht zu schämen - so
schleppe ich mich an den Weg. Was geht mich das Pfei-
fen an, ich habe meinen Teil. Noch immer stehen die
wackeren Kerle und feuern vom Wege gegen die Kohlen-
halde - einen winke ich heran . . . "Um Gotteswillen,
Herr Leutnant!" . . . "Bringe mich zum Verbandplatz,
mein Junge." . . . Er gibt mir seinen Arm . . . "Mußt
3. Spalte
der englischen Kriegsberichterstattung gewöhnt ist, darf
man ruhig annehmen, daß auch die englischen Schiffe
zum mindesten kampfunfähig geworden sind. Leider
brachte der Kampf den Verlust einiger unserer Schiffe,
aber ohne Kampf kein Sieg. Die Helden der Nordsee
leben bei uns in treuem Angedenken und als leuchtendes
Beispiel deutscher Seemannstreue fort.
Unsere Schiff haben, wie Staatssekretär Tirpitz
sagte, die Aufgabe, die deutsche Küste zu schützen, und
diese Aufgabe haben sie bisher glänzend gelöst. Kein
englisches Schiff hat sich bis jetzt den deutschen Gestaden
nähern dürfen, und auch ferner werden unsere blauen
Jungen so scharf auf der Wacht stehen, daß die Englän-
der sich allemal blutige Köpfe holen, wenn sie kommen.
WTB. Berlin, 29. August. Im Laufe des gestrigen
Vormittags sind bei teilweise unsichtigem Wetter mehrere
moderne englische kleine Kreuzer und zwei englische Zer-
störerflottillen (ca. 40 Zerstörer) in der deutschen Bucht
der Nordsee unweit Helgoland aufgetreten. Es kam zu
hartnäckigen Einzelgefechten zwischen ihnen und unsern
leichten Streitkräften. Die deutschen kleinen Kreuzer
drängten lebhaft nach Westen nach und gerieten dabei
infolge der beschränkten Sichtweite ins Gefecht mit
mehreren starken englischen Panzerkreuzern. S. M. S.
"Ariadne" (Kleiner Kreuzer mit 2650 Tonnen Wasser-
verdrängung) sank, von zwei Schlachtschiffkreuzern der
Lion-Klasse auf kurze Entfernung mit schwerer Artillerie
beschossen, nach ehrenvollem Kampfe. Der weitaus größte
Teil der Besatzung, voraussichtlich 250 Köpfe, konnte
gerettet werden.
Auch das Torpedoboot V 187 ging, von einem kleinen
Kreuzer und den Zerstörern aufs heftigste beschossen, bis
zuletzt feuernd, in die Tiefe. Flottillenchef und Kom-
mandant sind gefallen. Ein beträchtlicher Teil der Be-
satzung wurde gerettet. Die kleinen Kreuzer Cöln und
Mainz werden vermißt. Sie sind nach einer heutigen
Reutermeldung aus London gleichfalls im Kampfe mit
überlegenen Gegnern gesunken. Ein Teil der Be-
satzung, 2 Offiziere und 81 Mann (?) scheinen durch eng-
lische Schiffe gerettet zu sein. Nach der gleichen Quelle
haben die englischen Schiffe schwere Beschädigungen er-
litten.
Heldenmut unserer blauen Jungen.
Ueber die heldenmütige Energie, mit der Torpedo-
boot V 187 sich bis zum letzten Augenblick gegen feind-
liche Uebermacht wehrte, gibt der Bericht eines Augen-
zeugen Kunde, dem wir folgendes entnehmen:
V 187 sah sich bei dichtem Wetter ganz unerwartet
zunächst von Norden, dann allerseits von Massen eng-
lischer Torpedobootzerstörer und Unterseebooten ange-
griffen. V 187 wehrte sich unverzüglich mit allen Kräf-
ten, da setzten zahllose Geschosse, aus nächster Nähe ab-
gegeben, die Bewegungsfähigkeit herab. Da keine Mög-
lichkeit vorhanden war, sich dem feindlichen Feuer zu ent-
ziehen, drehte V 187 auf die Feinde zu, um ein Passier-
gefecht zu gewinnen und bis zum Ende durchzukämpfen.
Als unter dem Geschoßhagel die Bewegungsfähigkeit
verloren gegangen war, wurde schnell im Innern eine
Sprengung vorgenommen, um das Boot nicht in Fein-
deshand fallen zu lassen. Jetzt sank es schnell und wäh-
rend es sank, stand die Mannschaft bis zum letzten
Augenblick an den noch brauchbaren Geschützen und
feuerte. Der Flottillenchef, Korvettenkapitän Wallis,
und der Kommandant, Kapitänleutnant Zechter fanden
den Heldentod. Anzuerkennen ist, daß der Gegner un-
geachtet der eigenen Gefahr Beiboote zur Rettung der
Unsrigen aussetzte. Als sich deutsche
ten,mußte er sich von
denen sie dann die geretteten Deutsche
Wie die "Ariadne" unterging.
Vom Untergang S. M. Schiff "Ariadne" gibt der
gleiche Augenzeuge folgendes Bild.
Vom Kanonendonner gerufen, der ein Gefecht der
Vorposten mit Streitkräften anzeigt, eilt S. M. Schiff
"Ariadne" zu Hilfe. An der Vorpostenkette entdeckt sie,
-
item 14
Ueber 30 000 Russen in Ostpreußen gefangen.
Der Sieg der Oesterreicher. Der Kampf in der Nordsee. Die Opfer vom
Kreuzer "Magdeburg".
1. Spalte
Wie im Westen, so ist nunmehr auch im Osten die
erste große Schlacht geschlagen worden. Der Unterschied
liegt darin, daß sich die Russen in der Offensivstellung
befanden, während wir den Ansturm abzuwehren hatten.
Aus der Richtung von Niemen, wie von der Narew her,
d. h. aus Süden und aus Osten waren erhebliche russische
Streitkräfte im Anmarsche, die zwischen Insterburg und
Graudenz in deutsches Gebiet einzubrechen versuchten.
Ihr Zweck war offenbar, die deutsche Defensive zu durch-
brechen, ehe die siegreich vordringenden Oesterreicher
Verbindung mit uns erlangt haben. Die Absicht ist an
der Wachsamkeit unserer Heeresleitung und der Tapfer-
keit unserer Truppen gescheitert. Die russische Armee,
an Zahl fast der bei Metz geschlagenen französischen Ar-
mee gleich, ist über die Grenze zurückgewichen und wird
von unseren Truppen verfolgt. Durch diesen Sieg ist
die Durchführung des gemeinschaftlichen Vormarsches
unserer und der österreichischen Truppen gegen die
Weichsel erleichtert worden. Es geht auf Warschau los!
Die Meldung über den Sieg lautet kurz und knapp:
WTB. Berlin, 29. August. Unsere Truppen in
Preußen unter der Führung des Generalobersten Hinden-
burg haben die von Narew vorgegangene russische Armee
in Stärke von 5 Armeekorps und 3 Kavalleriedivisionen
in dreitägiger Schlacht bei Gilgenburg-Ortelsburg ge-
schlagen und verfolgen sie jetzt über die Grenze.
Generalquartiermeister von Stein.
Die am Sonnabend verbreitete Meldung von dem
großen deutschen Siege über die Russen in Ostpreußen
wird durch folgende neue erfreuliche Nachricht ergänzt:
WTB. Berlin, 31. August. Bei den großen
Kämpfen, in denen die russische Armee bei Tannen-
berg, Hohenstein und Ortelsburg geworfen wurden,
sind nach vorläufiger Schätzung über 30000 Russen
mit vielen hohen Offizieren in Gefangenschaft
geraten.
Eine erfreuliche Ergänzung zu der amtlichen Mel-
dung über das Ergebnis der Schlacht bilden die folgen-
den Mitteilungen, die aus amtlichen Quellen Ost-
preußens stammen:
Der vom Generalquartiermeister in seiner Ver-
öffentlichung vom 25. August als bevorstehend angekün-
digte Entscheidungskampf hat begonnen. Als Einleitung
erfolgte die Besetzung der Grenzstadt Neidenburg durch
starke russische Kräfte. Die Russen plünderten die Stadt
gründlich und bombardierten sie dann von den benach-
barten Höhen. Den meisten Bürgern Neidenburgs,
das etwa 6000 Einwohner hat, war es gelungen, über
Hohenstein und Allenstein zu fliehen. Das 20. Armee-
korps griff energisch in den Kampf gegen den russischen
Gegner ein. Die "Allensteiner Zeitung" kann mit amt-
licher Genehmigung darüber melden: Unser tapferes
20. Armeekorps steht seit 24 Stunden im Feuer mit
einem an Kräften weit überlegenen Gegner. Dank der
Tapferkeit unserer Truppen und Führer ist es den
Russen trotz der gewaltigen Uebermacht nicht gelun-
gen, unsere Stellungen zu nehmen. Der Kampf hat sich
dann zu einer Riesenschlacht auf der Linie Gilgenburg-
Neidenburg-Ortelsburg entwickelt mit etwa 50 Kilo-
meter Frontlänge. Hierüber teilt Landrat Hagemann
in Marienburg der "Marienburger Zeitung" mit, daß
zwei russische Armeekorps aufgerieben worden seien.
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Kriegsbriefe.
Wie ich verwundet wurde
Von einem Mitkämpfer bei Lüttich.
. . . Mitten in dieses Dorfgefecht (Sturm auf Ft.
Fléron) waren wir hineingerissen. Es blitzte aus allen
Häusern, unablässig rollt der Donner der Geschütze, un-
ablässig geht der Eisenregen nieder. Stockdunkel . . .
Wie sehnlich wünschen wir den Morgen heran. - Kein
Gegner zu sehen - und doch sinkt Mann neben Mann.
Aus den Mauern der Häuser sind nur winzige Steine
gelöst - ein Flintenlauf ragt durch; in den Fenster-
laden ein kleines Loch - der Lauf einer Jagdbüchse
sprüht Flammen heraus - aus den Kellerfenstern, von
den Böden zuckt und flammt und pfeift es . . . Wie
im Hexenkessel . . . Und wir dürfen nicht schießen, um
die Kameraden, die rechts und links vor uns im Gefecht
liegen, nicht zu gefährden . . . Einer neben dem anderen
sinkt - Aechzen und Stöhnen überall. Hinweg über
einen Haufen zuckender Leiber, vorsichtig - um keinem
wehe zu tun - und um uns blitzt und kracht´s. Aus einem
Eckhaus prasselt uns ein Hagel entgegen. -
Zwanzig, fünfzig Läufe heben sich - , da brülle ich:
"Keinen Schuß, Kerls! Wer kommt mit? Beil her!"
Ein kleiner Musketier reicht mir eine Picke . . . Zehn
braune Kerls drängen hinter mir nach. - Dann ein
paar Hiebe mit Beil und Kolben - die Tür kracht ein
- von der Decke her zucken Geschosse nieder . . . "Keiner
die Bodentreppe hinauf! Hierbleiben! Streichhölzer
her!" Und schon habe ich ein paar Strohballen vorge-
rissen, - fünf Minuten später züngeln die Flammen
aus allen Fenstern. "So, Jungs, nun vorwärts!" -
Hinein wieder in die Dorfgasse . . . Da treffe ich mei-
nen Kompagnieführer. "Hierher!" schreit er. "Ueber
die Mauer, mir nach!"
Zwei Kerle heben mich hoch, im Nu haben wir eine
Gartenmauer überstiegen, und stürmen weiter, einer
belgischen Abteilung in den Rücken zu fallen. Manns-
hohe Hecken, mit Stacheldraht durchzogen - vier, fünf
- vor uns. "Her, Kerls," rufe ich, "gebt mir die
Drahtschere!" Ein paar wuchtige Jungens treten
den Schlehdorn ein - ich knipse den Draht durch und gehe
ihnen voran, - meine Hose hängt in Fetzen runter.
Die Hecken werden genommen - auf einmal kracht es
auf uns her - nur wenige Sekunden, dann saust eine
Haubitze in den verruchten Giebel - Steine spritzen
umher - das Gemäuer sinkt donnernd zusammen.
Feuer von links! - Da sind die Unsern, sie schießen
auf uns - sie erkennen uns noch immer nicht. Wir
brüllen ihnen die Losung zu: "Der Kaiser! Der Kaiser!"
- Sie hören uns nicht in dem Höllenlärm. "Hornist,"
rufe ich, "blasen Sie Signal!" Der brave Junge - er
war von den vierten Jägern, nimmt das Horn und
schmettert: Das Ganze! - Das Ganze! - Da kommt´s
von drüben zurück. Wir erkennen uns - es sind die
27er - ich drücke dem Hauptmann, den ich seit Jahren
kenne, die Hand. -
Heller Morgen, ¼ 7 Uhr (am 6. August).
Vor uns liegt ein Kohlenbergwerk. Zwei Kohlen-
halden sind einige Meter hoch im Winkel zu einander
aufgeschüttet - da stürmen wir hinauf: Ein Jäger-
Fortsetzung 2. Spalte Mitte
2. Spalte
Siegreiches Vordringen der Oesterreicher.
WTB. Wien, 30. August. Der Korrespondent des
Neuen Wiener Tagebl. im Hauptquartier meldet: Die
große Schlacht ist heute, am vierten Tage, in vollem
Gange und steht gut für uns. Die linke Flügelgruppe
rückt gegen Lublin und Zamocs langsam aber sicher vor,
stößt aber immer wieder auf den neuverschanzten Gegner
und anstelle von Frontalangriffen sind zeitraubende Um-
gehungen nötig. Drei Zügen des Infanterieregiments
Nr. 72 gelang ein rascher Frontalangriff, bei dem zwei
russische Hauptleute, sechs Subalternoffiziere und 470
Mann gefangen genommen wurden. Die Kräftegruppe
zwischen Bug und Wieprz griff eine russische Division
von drei Seiten mit Erfolg an, sodaß sie nur unter dem
Schutze der Nacht entkamen. Generalstabshauptmann
Roßmann stürzte mit seinem Flugzeug ab und wurde
getötet. Das Armeeverordnungsblatt veröffentlichte ge-
rade heute eine Auszeichnung Roßmanns für hervor-
ragend tapferes Verhalten vor dem Feinde.
WTB. Wien, 30. August. (Nicht amtlich.) Soweit
sich bis gestern mittag überblicken ließ, ist das große
Ringen unserer Armee mit den Hauptkräften des russi-
schen Heeres noch nicht zur Entscheidung herangereift.
Nur die Erfolge der vom General der Kavallerie Viktor
Dankl in der Schlacht bei Krasnik siegreich geführten
Armee sind bereits einigermaßen zu übersehen. In ei-
ner zweiten Schlacht am 27. August, die durch die helden-
mütige Erstürmung einer stark befestigten Stellung auf
den Höhen von Niedrzwiosduca gekrönt war, gelang es,
die bei Krasnik zurückgeworfenen russischen Kräfte und
herangeführten Verstärkungen, im ganzen etwa zehn
Divisionen, durch sechs verschiedene Korps neuerlich zu
schlagen. Eines unserer Korps nahm in dieser zweiten
Schlacht einen General, einen Oberst, drei sonstige
Stabspersonen, vierzig Offiziere und zirka 2000 Mann
gefangen und erbeutete wieder sehr viel Kriegsmaterial.
WTB. Wien, 31. August. Die Schlachten auf dem
östlichen Kriegsschauplatz dauern mit ungeminderter
Heftigkeit fort. Oestlich unserer trotz mehrfacher be-
festigter Stellungen des Feindes unaufhaltsam gegen
Lublin vordringenden Armee Dankl haben unsere zwischen
Bug und Wieprz vorgeführten Kräfte am 26. August
den Angriff auf die dem Raume bei Cholm stehen-
den starken russischen Kräfte begonnen. Hierbei ent-
wickelten sich wie bei Krasnik wieder harte, für unsere
angriffsfreudigen Truppen siegreich verlaufende Kämpfe
bei Zamoid sowie nördlich und östlich bei Tomaszow.
In diesen Kämpfen wurden ebenso wie in den Schlach-
ten bei Krasnik tausende von Gefangenen gemacht.
In Ostgalizien behaupten sich unsere Truppen mit helden-
mütiger Bravour und Zähigkeit gegen sehr starke uns
überlegene feindliche Kräfte. Auf dem südlichen Kriegs-
schauplatz haben in letzter Zeit neue Kämpfe statt-
gefunden.
Der Kampf in der Nordsee.
Der lange erwartete Zusammenstoß unserer Flotte
mit der englischen ist erfolgt. Die Nordsee bei Helgo-
land war der Kampfplatz, wo der Seekrieg heftig tobte.
Der Kampf erfolgte bei unsichtigem Wetter und er zog
sich nach Westen, also nach der englischen Küste zu hin.
Mehrere kleine Kreuzer unserer Flotte stießen todes-
mutig vor und gerieten dabei in einen Kampf mit einer
überlegenen starken englischen Flotte. Unsere Schiffe
mußten der Uebermacht weichen, haben den Engländern
aber, wie ein englischer Bericht eingesteht, schwere Be-
schädigungen beigebracht. Nach dem, was man sonst von
Fortsetzung 3. Spalte oben
Fortsetzung von 1. Spalte Kriegsbriefe
leutnant, ein Kompagniekamerad von mir, Sch., dann
ein riesiger Adjutant von den 27ern, A., ein tapferer
Junge, der nicht mit der Wimper zuckte - am Wege
unten bleibt H. zurück, der furchtlose Regimentsadjunkt
vom Regiment Louis Ferdinand, und mit ungefähr 10
Mann nimmt der Hauptmann v. B. die Häuser in un-
serm Rücken unter Feuer, er selbst hat den Degen ab-
gelegt und führt das Gewehr . . .
Oben von meiner Kohlenhalde sehe ich ein Gehöft
und zum ersten Male belgische Infanterie - sonst wa-
ren die Kerle gelaufen, als sei der Deibel hinter ihnen.
- Jetzt heben sie die Büchse an die Backe. Ich lasse
das Feuer aufnehmen und beobachte durch das Glas die
Wirkung . . . "Ruhig zielen, Kerls, ihr schießt zu weit"
. . . Zwei schwarze Mäntel sehe ich sich im Sande wälzen.
"Hols der Deibel!" Sie schießen von rechts her -
von der anderen Halde . . . Da steht noch auf unserem
Flügel der lange A. Seine Schärpe flattert, die Quasten
sind schwarz von Kohlenstaub, er schießt auf die Bande
rechts - jetzt knallt´s auch von hintenher aus den
Häusern . . .
Ich setze das Glas ab und sehe mich um. Da links
am Flügel liegt mein Kamerad Sch., hat einem Ver-
wundeten das Gewehr abgenommen und schießt nach dem
Gehöft . . . Rechts von mir - ja, was ist denn das?
Einer nach dem andern "klappt ab" . . . Der läßt den
Kopf vornüber, der rollt den Abhang hinunter, der
schreit . . . Sie schießen wie besessen auf uns. Nun
liegt nur noch einer rechts von mir, eben fängt auch der
an, sich hin und her zu wälzen, Blut quillt aus dem
Rock hervor, ich werde ihm sein Gewehr abnehmen; ich
richte mich auf . . . Donnerwetter, ich fühle einen
Schlag vor der linken Brust: "Kinder, jetzt hat´s mich
auch." . . .
Ich rutsche den Abhang hinab, das Blut kommt mir
aus dem Munde . . . hinter einem Steinhaufen finde
ich Deckung vor dem mörderischen Feuer. Ich bitte einen
Soldaten: "Mach mir mal die Feldflasche ab - so -
- und den Tornister."Einen langen Schluck. Der gute
Kerl öffnet mir den Waffenrock. Ich lehne mich gegen
den Steinhaufen. Ganz warm quillt das Blut hervor;
wie lange kann´s dauern, dann ist´s vorbei. Aus dem
Rocktäschchen ziehe ich das Verbandszeug, öffne es hastig
und drücke es auf die Wunde. Dann warte ich ab,
minutenlang; auf dem Wege vor mir stehen die braven
Kerle und feuern; da ist auch A. noch mit den schwarzen
Quasten. "Kinder, schickt mir doch einen Arzt." Mir
fängt´s an, vor den Augen zu flimmern. Da kommt das
Soldatengefühl: du mußt Dich [sic] wehren, darfst nicht dich
dumpf in dein Schicksal ergeben. Die Schlacht geht wei-
ter; hier findet dich keiner . . .
Mit Schmerzen richte ich mich empor - stülpe mir
den Helm auf den Kopf - die Feldbinde, die Pistole -
das Glas schenke ich einem Soldaten, er braucht´s jetzt
nötiger als ich, und dann meinen Degen - den lasse ich
nicht, er braucht sich meiner nicht zu schämen - so
schleppe ich mich an den Weg. Was geht mich das Pfei-
fen an, ich habe meinen Teil. Noch immer stehen die
wackeren Kerle und feuern vom Wege gegen die Kohlen-
halde - einen winke ich heran . . . "Um Gotteswillen,
Herr Leutnant!" . . . "Bringe mich zum Verbandplatz,
mein Junge." . . . Er gibt mir seinen Arm . . . "Mußt
3. Spalte
der englischen Kriegsberichterstattung gewöhnt ist, darf
man ruhig annehmen, daß auch die englischen Schiffe
zum mindesten kampfunfähig geworden sind. Leider
brachte der Kampf den Verlust einiger unserer Schiffe,
aber ohne Kampf kein Sieg. Die Helden der Nordsee
leben bei uns in treuem Angedenken und als leuchtendes
Beispiel deutscher Seemannstreue fort.
Unsere Schiff haben, wie Staatssekretär Tirpitz
sagte, die Aufgabe, die deutsche Küste zu schützen, und
diese Aufgabe haben sie bisher glänzend gelöst. Kein
englisches Schiff hat sich bis jetzt den deutschen Gestaden
nähern dürfen, und auch ferner werden unsere blauen
Jungen so scharf auf der Wacht stehen, daß die Englän-
der sich allemal blutige Köpfe holen, wenn sie kommen.
WTB. Berlin, 29. August. Im Laufe des gestrigen
Vormittags sind bei teilweise unsichtigem Wetter mehrere
moderne englische kleine Kreuzer und zwei englische Zer-
störerflottillen (ca. 40 Zerstörer) in der deutschen Bucht
der Nordsee unweit Helgoland aufgetreten. Es kam zu
hartnäckigen Einzelgefechten zwischen ihnen und unsern
leichten Streitkräften. Die deutschen kleinen Kreuzer
drängten lebhaft nach Westen nach und gerieten dabei
infolge der beschränkten Sichtweite ins Gefecht mit
mehreren starken englischen Panzerkreuzern. S. M. S.
"Ariadne" (Kleiner Kreuzer mit 2650 Tonnen Wasser-
verdrängung) sank, von zwei Schlachtschiffkreuzern der
Lion-Klasse auf kurze Entfernung mit schwerer Artillerie
beschossen, nach ehrenvollem Kampfe. Der weitaus größte
Teil der Besatzung, voraussichtlich 250 Köpfe, konnte
gerettet werden.
Auch das Torpedoboot V 187 ging, von einem kleinen
Kreuzer und den Zerstörern aufs heftigste beschossen, bis
zuletzt feuernd, in die Tiefe. Flottillenchef und Kom-
mandant sind gefallen. Ein beträchtlicher Teil der Be-
satzung wurde gerettet. Die kleinen Kreuzer Cöln und
Mainz werden vermißt. Sie sind nach einer heutigen
Reutermeldung aus London gleichfalls im Kampfe mit
überlegenen Gegnern gesunken. Ein Teil der Be-
satzung, 2 Offiziere und 81 Mann (?) scheinen durch eng-
lische Schiffe gerettet zu sein. Nach der gleichen Quelle
haben die englischen Schiffe schwere Beschädigungen er-
litten.
Heldenmut unserer blauen Jungen.
Ueber die heldenmütige Energie, mit der Torpedo-
boot V 187 sich bis zum letzten Augenblick gegen feind-
liche Uebermacht wehrte, gibt der Bericht eines Augen-
zeugen Kunde, dem wir folgendes entnehmen:
V 187 sah sich bei dichtem Wetter ganz unerwartet
zunächst von Norden, dann allerseits von Massen eng-
lischer Torpedobootzerstörer und Unterseebooten ange-
griffen. V 187 wehrte sich unverzüglich mit allen Kräf-
ten, da setzten zahllose Geschosse, aus nächster Nähe ab-
gegeben, die Bewegungsfähigkeit herab. Da keine Mög-
lichkeit vorhanden war, sich dem feindlichen Feuer zu ent-
ziehen, drehte V 187 auf die Feinde zu, um ein Passier-
gefecht zu gewinnen und bis zum Ende durchzukämpfen.
Als unter dem Geschoßhagel die Bewegungsfähigkeit
verloren gegangen war, wurde schnell im Innern eine
Sprengung vorgenommen, um das Boot nicht in Fein-
deshand fallen zu lassen. Jetzt sank es schnell und wäh-
rend es sank, stand die Mannschaft bis zum letzten
Augenblick an den noch brauchbaren Geschützen und
feuerte. Der Flottillenchef, Korvettenkapitän Wallis,
und der Kommandant, Kapitänleutnant Zechter fanden
den Heldentod. Anzuerkennen ist, daß der Gegner un-
geachtet der eigenen Gefahr Beiboote zur Rettung der
Unsrigen aussetzte. Als sich deutsche
ten,mußte er sich von
denen sie dann die geretteten Deutsche
Wie die "Ariadne" unterging.
Vom Untergang S. M. Schiff "Ariadne" gibt der
gleiche Augenzeuge folgendes Bild.
Vom Kanonendonner gerufen, der ein Gefecht der
Vorposten mit Streitkräften anzeigt, eilt S. M. Schiff
"Ariadne" zu Hilfe. An der Vorpostenkette entdeckt sie,
-
item 14
Ueber 30 000 Russen in Ostpreußen gefangen.
Der Sieg der Oesterreicher. Der Kampf in der Nordsee. Die Opfer vom
Kreuzer "Magdeburg".
1. Spalte
Wie im Westen, so ist nunmehr auch im Osten die
erste große Schlacht geschlagen worden. Der Unterschied
liegt darin, daß sich die Russen in der Offensivstellung
befanden, während wir den Ansturm abzuwehren hatten.
Aus der Richtung von Niemen, wie von der Narew her,
d. h. aus Süden und aus Osten waren erhebliche russische
Streitkräfte im Anmarsche, die zwischen Insterburg und
Graudenz in deutsches Gebiet einzubrechen versuchten.
Ihr Zweck war offenbar, die deutsche Defensive zu durch-
brechen, ehe die siegreich vordringenden Oesterreicher
Verbindung mit uns erlangt haben. Die Absicht ist an
der Wachsamkeit unserer Heeresleitung und der Tapfer-
keit unserer Truppen gescheitert. Die russische Armee,
an Zahl fast der bei Metz geschlagenen französischen Ar-
mee gleich, ist über die Grenze zurückgewichen und wird
von unseren Truppen verfolgt. Durch diesen Sieg ist
die Durchführung des gemeinschaftlichen Vormarsches
unserer und der österreichischen Truppen gegen die
Weichsel erleichtert worden. Es geht auf Warschau los!
Die Meldung über den Sieg lautet kurz und knapp:
WTB. Berlin, 29. August. Unsere Truppen in
Preußen unter der Führung des Generalobersten Hinden-
burg haben die von Narew vorgegangene russische Armee
in Stärke von 5 Armeekorps und 3 Kavalleriedivisionen
in dreitägiger Schlacht bei Gilgenburg-Ortelsburg ge-
schlagen und verfolgen sie jetzt über die Grenze.
Generalquartiermeister von Stein.
Die am Sonnabend verbreitete Meldung von dem
großen deutschen Siege über die Russen in Ostpreußen
wird durch folgende neue erfreuliche Nachricht ergänzt:
WTB. Berlin, 31. August. Bei den großen
Kämpfen, in denen die russische Armee bei Tannen-
berg, Hohenstein und Ortelsburg geworfen wurden,
sind nach vorläufiger Schätzung über 30000 Russen
mit vielen hohen Offizieren in Gefangenschaft
geraten.
Eine erfreuliche Ergänzung zu der amtlichen Mel-
dung über das Ergebnis der Schlacht bilden die folgen-
den Mitteilungen, die aus amtlichen Quellen Ost-
preußens stammen:
Der vom Generalquartiermeister in seiner Ver-
öffentlichung vom 25. August als bevorstehend angekün-
digte Entscheidungskampf hat begonnen. Als Einleitung
erfolgte die Besetzung der Grenzstadt Neidenburg durch
starke russische Kräfte. Die Russen plünderten die Stadt
gründlich und bombardierten sie dann von den benach-
barten Höhen. Den meisten Bürgern Neidenburgs,
das etwa 6000 Einwohner hat, war es gelungen, über
Hohenstein und Allenstein zu fliehen. Das 20. Armee-
korps griff energisch in den Kampf gegen den russischen
Gegner ein. Die "Allensteiner Zeitung" kann mit amt-
licher Genehmigung darüber melden: Unser tapferes
20. Armeekorps steht seit 24 Stunden im Feuer mit
einem an Kräften weit überlegenen Gegner. Dank der
Tapferkeit unserer Truppen und Führer ist es den
Russen trotz der gewaltigen Uebermacht nicht gelun-
gen, unsere Stellungen zu nehmen. Der Kampf hat sich
dann zu einer Riesenschlacht auf der Linie Gilgenburg-
Neidenburg-Ortelsburg entwickelt mit etwa 50 Kilo-
meter Frontlänge. Hierüber teilt Landrat Hagemann
in Marienburg der "Marienburger Zeitung" mit, daß
zwei russische Armeekorps aufgerieben worden seien.
Kriegsbriefe.
Wie ich verwundet wurde
Von einem Mitkämpfer bei Lüttich.
. . . Mitten in dieses Dorfgefecht (Sturm auf Ft.
Fléron) waren wir hineingerissen. Es blitzte aus allen
Häusern, unablässig rollt der Donner der Geschütze, un-
ablässig geht der Eisenregen nieder. Stockdunkel . . .
Wie sehnlich wünschen wir den Morgen heran. - Kein
Gegner zu sehen - und doch sinkt Mann neben Mann.
Aus den Mauern der Häuser sind nur winzige Steine
gelöst - ein Flintenlauf ragt durch; in den Fenster-
laden ein kleines Loch - der Lauf einer Jagdbüchse
sprüht Flammen heraus - aus den Kellerfenstern, von
den Böden zuckt und flammt und pfeift es . . . Wie
im Hexenkessel . . . Und wir dürfen nicht schießen, um
die Kameraden, die rechts und links vor uns im Gefecht
liegen, nicht zu gefährden . . . Einer neben dem anderen
sinkt - Aechzen und Stöhnen überall. Hinweg über
einen Haufen zuckender Leiber, vorsichtig - um keinem
wehe zu tun - und um uns blitzt und kracht´s. Aus einem
Eckhaus prasselt uns ein Hagel entgegen. -
Zwanzig, fünfzig Läufe heben sich - , da brülle ich:
"Keinen Schuß, Kerls! Wer kommt mit? Beil her!"
Ein kleiner Musketier reicht mir eine Picke . . . Zehn
braune Kerls drängen hinter mir nach. - Dann ein
paar Hiebe mit Beil und Kolben - die Tür kracht ein
- von der Decke her zucken Geschosse nieder . . . "Keiner
die Bodentreppe hinauf! Hierbleiben! Streichhölzer
her!" Und schon habe ich ein paar Strohballen vorge-
rissen, - fünf Minuten später züngeln die Flammen
aus allen Fenstern. "So, Jungs, nun vorwärts!" -
Hinein wieder in die Dorfgasse . . . Da treffe ich mei-
nen Kompagnieführer. "Hierher!" schreit er. "Ueber
die Mauer, mir nach!"
Zwei Kerle heben mich hoch, im Nu haben wir eine
Gartenmauer überstiegen, und stürmen weiter, einer
belgischen Abteilung in den Rücken zu fallen. Manns-
hohe Hecken, mit Stacheldraht durchzogen - vier, fünf
- vor uns. "Her, Kerls," rufe ich, "gebt mir die
Drahtschere!" Ein paar wuchtige Jungens treten
den Schlehdorn ein - ich knipse den Draht durch und gehe
ihnen voran, - meine Hose hängt in Fetzen runter.
Die Hecken werden genommen - auf einmal kracht es
auf uns her - nur wenige Sekunden, dann saust eine
Haubitze in den verruchten Giebel - Steine spritzen
umher - das Gemäuer sinkt donnernd zusammen.
Feuer von links! - Da sind die Unsern, sie schießen
auf uns - sie erkennen uns noch immer nicht. Wir
brüllen ihnen die Losung zu: "Der Kaiser! Der Kaiser!"
- Sie hören uns nicht in dem Höllenlärm. "Hornist,"
rufe ich, "blasen Sie Signal!" Der brave Junge - er
war von den vierten Jägern, nimmt das Horn und
schmettert: Das Ganze! - Das Ganze! - Da kommt´s
von drüben zurück. Wir erkennen uns - es sind die
27er - ich drücke dem Hauptmann, den ich seit Jahren
kenne, die Hand. -
Heller Morgen, ¼ 7 Uhr (am 6. August).
Vor uns liegt ein Kohlenbergwerk. Zwei Kohlen-
halden sind einige Meter hoch im Winkel zu einander
aufgeschüttet - da stürmen wir hinauf: Ein Jäger-
Fortsetzung 2. Spalte Mitte
2. Spalte
Siegreiches Vordringen der Oesterreicher.
WTB. Wien, 30. August. Der Korrespondent des
Neuen Wiener Tagebl. im Hauptquartier meldet: Die
große Schlacht ist heute, am vierten Tage, in vollem
Gange und steht gut für uns. Die linke Flügelgruppe
rückt gegen Lublin und Zamocs langsam aber sicher vor,
stößt aber immer wieder auf den neuverschanzten Gegner
und anstelle von Frontalangriffen sind zeitraubende Um-
gehungen nötig. Drei Zügen des Infanterieregiments
Nr. 72 gelang ein rascher Frontalangriff, bei dem zwei
russische Hauptleute, sechs Subalternoffiziere und 470
Mann gefangen genommen wurden. Die Kräftegruppe
zwischen Bug und Wieprz griff eine russische Division
von drei Seiten mit Erfolg an, sodaß sie nur unter dem
Schutze der Nacht entkamen. Generalstabshauptmann
Roßmann stürzte mit seinem Flugzeug ab und wurde
getötet. Das Armeeverordnungsblatt veröffentlichte ge-
rade heute eine Auszeichnung Roßmanns für hervor-
ragend tapferes Verhalten vor dem Feinde.
WTB. Wien, 30. August. (Nicht amtlich.) Soweit
sich bis gestern mittag überblicken ließ, ist das große
Ringen unserer Armee mit den Hauptkräften des russi-
schen Heeres noch nicht zur Entscheidung herangereift.
Nur die Erfolge der vom General der Kavallerie Viktor
Dankl in der Schlacht bei Krasnik siegreich geführten
Armee sind bereits einigermaßen zu übersehen. In ei-
ner zweiten Schlacht am 27. August, die durch die helden-
mütige Erstürmung einer stark befestigten Stellung auf
den Höhen von Niedrzwiosduca gekrönt war, gelang es,
die bei Krasnik zurückgeworfenen russischen Kräfte und
herangeführten Verstärkungen, im ganzen etwa zehn
Divisionen, durch sechs verschiedene Korps neuerlich zu
schlagen. Eines unserer Korps nahm in dieser zweiten
Schlacht einen General, einen Oberst, drei sonstige
Stabspersonen, vierzig Offiziere und zirka 2000 Mann
gefangen und erbeutete wieder sehr viel Kriegsmaterial.
WTB. Wien, 31. August. Die Schlachten auf dem
östlichen Kriegsschauplatz dauern mit ungeminderter
Heftigkeit fort. Oestlich unserer trotz mehrfacher be-
festigter Stellungen des Feindes unaufhaltsam gegen
Lublin vordringenden Armee Dankl haben unsere zwischen
Bug und Wieprz vorgeführten Kräfte am 26. August
den Angriff auf die dem Raume bei Cholm stehen-
den starken russischen Kräfte begonnen. Hierbei ent-
wickelten sich wie bei Krasnik wieder harte, für unsere
angriffsfreudigen Truppen siegreich verlaufende Kämpfe
bei Zamoid sowie nördlich und östlich bei Tomaszow.
In diesen Kämpfen wurden ebenso wie in den Schlach-
ten bei Krasnik tausende von Gefangenen gemacht.
In Ostgalizien behaupten sich unsere Truppen mit helden-
mütiger Bravour und Zähigkeit gegen sehr starke uns
überlegene feindliche Kräfte. Auf dem südlichen Kriegs-
schauplatz haben in letzter Zeit neue Kämpfe statt-
gefunden.
Der Kampf in der Nordsee.
Der lange erwartete Zusammenstoß unserer Flotte
mit der englischen ist erfolgt. Die Nordsee bei Helgo-
land war der Kampfplatz, wo der Seekrieg heftig tobte.
Der Kampf erfolgte bei unsichtigem Wetter und er zog
sich nach Westen, also nach der englischen Küste zu hin.
Mehrere kleine Kreuzer unserer Flotte stießen todes-
mutig vor und gerieten dabei in einen Kampf mit einer
überlegenen starken englischen Flotte. Unsere Schiffe
mußten der Uebermacht weichen, haben den Engländern
aber, wie ein englischer Bericht eingesteht, schwere Be-
schädigungen beigebracht. Nach dem, was man sonst von
Fortsetzung 3. Spalte oben
Fortsetzung von 1. Spalte Kriegsbriefe
leutnant, ein Kompagniekamerad von mir, Sch., dann
ein riesiger Adjutant von den 27ern, A., ein tapferer
Junge, der nicht mit der Wimper zuckte - am Wege
unten bleibt H. zurück, der furchtlose Regimentsadjunkt
vom Regiment Louis Ferdinand, und mit ungefähr 10
Mann nimmt der Hauptmann v. B. die Häuser in un-
serm Rücken unter Feuer, er selbst hat den Degen ab-
gelegt und führt das Gewehr . . .
Oben von meiner Kohlenhalde sehe ich ein Gehöft
und zum ersten Male belgische Infanterie - sonst wa-
ren die Kerle gelaufen, als sei der Deibel hinter ihnen.
- Jetzt heben sie die Büchse an die Backe. Ich lasse
das Feuer aufnehmen und beobachte durch das Glas die
Wirkung . . . "Ruhig zielen, Kerls, ihr schießt zu weit"
. . . Zwei schwarze Mäntel sehe ich sich im Sande wälzen.
"Hols der Deibel!" Sie schießen von rechts her -
von der anderen Halde . . . Da steht noch auf unserem
Flügel der lange A. Seine Schärpe flattert, die Quasten
sind schwarz von Kohlenstaub, er schießt auf die Bande
rechts - jetzt knallt´s auch von hintenher aus den
Häusern . . .
Ich setze das Glas ab und sehe mich um. Da links
am Flügel liegt mein Kamerad Sch., hat einem Ver-
wundeten das Gewehr abgenommen und schießt nach dem
Gehöft . . . Rechts von mir - ja, was ist denn das?
Einer nach dem andern "klappt ab" . . . Der läßt den
Kopf vornüber, der rollt den Abhang hinunter, der
schreit . . . Sie schießen wie besessen auf uns. Nun
liegt nur noch einer rechts von mir, eben fängt auch der
an, sich hin und her zu wälzen, Blut quillt aus dem
Rock hervor, ich werde ihm sein Gewehr abnehmen; ich
richte mich auf . . . Donnerwetter, ich fühle einen
Schlag vor der linken Brust: "Kinder, jetzt hat´s mich
auch." . . .
Ich rutsche den Abhang hinab, das Blut kommt mir
aus dem Munde . . . hinter einem Steinhaufen finde
ich Deckung vor dem mörderischen Feuer. Ich bitte einen
Soldaten: "Mach mir mal die Feldflasche ab - so -
- und den Tornister."Einen langen Schluck. Der gute
Kerl öffnet mir den Waffenrock. Ich lehne mich gegen
den Steinhaufen. Ganz warm quillt das Blut hervor;
wie lange kann´s dauern, dann ist´s vorbei. Aus dem
Rocktäschchen ziehe ich das Verbandszeug, öffne es hastig
und drücke es auf die Wunde. Dann warte ich ab,
minutenlang; auf dem Wege vor mir stehen die braven
Kerle und feuern; da ist auch A. noch mit den schwarzen
Quasten. "Kinder, schickt mir doch einen Arzt." Mir
fängt´s an, vor den Augen zu flimmern. Da kommt das
Soldatengefühl: du mußt Dich [sic] wehren, darfst nicht dich
dumpf in dein Schicksal ergeben. Die Schlacht geht wei-
ter; hier findet dich keiner . . .
Mit Schmerzen richte ich mich empor - stülpe mir
den Helm auf den Kopf - die Feldbinde, die Pistole -
das Glas schenke ich einem Soldaten, er braucht´s jetzt
nötiger als ich, und dann meinen Degen - den lasse ich
nicht, er braucht sich meiner nicht zu schämen - so
schleppe ich mich an den Weg. Was geht mich das Pfei-
fen an, ich habe meinen Teil. Noch immer stehen die
wackeren Kerle und feuern vom Wege gegen die Kohlen-
halde - einen winke ich heran . . . "Um Gotteswillen,
Herr Leutnant!" . . . "Bringe mich zum Verbandplatz,
mein Junge." . . . Er gibt mir seinen Arm . . . "Mußt
3. Spalte
der englischen Kriegsberichterstattung gewöhnt ist, darf
man ruhig annehmen, daß auch die englischen Schiffe
zum mindesten kampfunfähig geworden sind. Leider
brachte der Kampf den Verlust einiger unserer Schiffe,
aber ohne Kampf kein Sieg. Die Helden der Nordsee
leben bei uns in treuem Angedenken und als leuchtendes
Beispiel deutscher Seemannstreue fort.
Unsere Schiff haben, wie Staatssekretär Tirpitz
sagte, die Aufgabe, die deutsche Küste zu schützen, und
diese Aufgabe haben sie bisher glänzend gelöst. Kein
englisches Schiff hat sich bis jetzt den deutschen Gestaden
nähern dürfen, und auch ferner werden unsere blauen
Jungen so scharf auf der Wacht stehen, daß die Englän-
der sich allemal blutige Köpfe holen, wenn sie kommen.
WTB. Berlin, 29. August. Im Laufe des gestrigen
Vormittags sind bei teilweise unsichtigem Wetter mehrere
moderne englische kleine Kreuzer und zwei englische Zer-
störerflottillen (ca. 40 Zerstörer) in der deutschen Bucht
der Nordsee unweit Helgoland aufgetreten. Es kam zu
hartnäckigen Einzelgefechten zwischen ihnen und unsern
leichten Streitkräften. Die deutschen kleinen Kreuzer
drängten lebhaft nach Westen nach und gerieten dabei
infolge der beschränkten Sichtweite ins Gefecht mit
mehreren starken englischen Panzerkreuzern. S. M. S.
"Ariadne" (Kleiner Kreuzer mit 2650 Tonnen Wasser-
verdrängung) sank, von zwei Schlachtschiffkreuzern der
Lion-Klasse auf kurze Entfernung mit schwerer Artillerie
beschossen, nach ehrenvollem Kampfe. Der weitaus größte
Teil der Besatzung, voraussichtlich 250 Köpfe, konnte
gerettet werden.
Auch das Torpedoboot V 187 ging, von einem kleinen
Kreuzer und den Zerstörern aufs heftigste beschossen, bis
zuletzt feuernd, in die Tiefe. Flottillenchef und Kom-
mandant sind gefallen. Ein beträchtlicher Teil der Be-
satzung wurde gerettet. Die kleinen Kreuzer Cöln und
Mainz werden vermißt. Sie sind nach einer heutigen
Reutermeldung aus London gleichfalls im Kampfe mit
überlegenen Gegnern gesunken. Ein Teil der Be-
satzung, 2 Offiziere und 81 Mann (?) scheinen durch eng-
lische Schiffe gerettet zu sein. Nach der gleichen Quelle
haben die englischen Schiffe schwere Beschädigungen er-
litten.
Heldenmut unserer blauen Jungen.
Ueber die heldenmütige Energie, mit der Torpedo-
boot V 187 sich bis zum letzten Augenblick gegen feind-
liche Uebermacht wehrte, gibt der Bericht eines Augen-
zeugen Kunde, dem wir folgendes entnehmen:
V 187 sah sich bei dichtem Wetter ganz unerwartet
zunächst von Norden, dann allerseits von Massen eng-
lischer Torpedobootzerstörer und Unterseebooten ange-
griffen. V 187 wehrte sich unverzüglich mit allen Kräf-
ten, da setzten zahllose Geschosse, aus nächster Nähe ab-
gegeben, die Bewegungsfähigkeit herab. Da keine Mög-
lichkeit vorhanden war, sich dem feindlichen Feuer zu ent-
ziehen, drehte V 187 auf die Feinde zu, um ein Passier-
gefecht zu gewinnen und bis zum Ende durchzukämpfen.
Als unter dem Geschoßhagel die Bewegungsfähigkeit
verloren gegangen war, wurde schnell im Innern eine
Sprengung vorgenommen, um das Boot nicht in Fein-
deshand fallen zu lassen. Jetzt sank es schnell und wäh-
rend es sank, stand die Mannschaft bis zum letzten
Augenblick an den noch brauchbaren Geschützen und
feuerte. Der Flottillenchef, Korvettenkapitän Wallis,
und der Kommandant, Kapitänleutnant Zechter fanden
den Heldentod. Anzuerkennen ist, daß der Gegner un-
geachtet der eigenen Gefahr Beiboote zur Rettung der
Unsrigen aussetzte. Als sich deutsche
ten,mußte er sich von
denen sie dann die geretteten Deutsche
Wie die "Ariadne" unterging.
Vom Untergang S. M. Schiff "Ariadne" gibt der
gleiche Augenzeuge folgendes Bild.
Vom Kanonendonner gerufen, der ein Gefecht der
Vorposten mit Streitkräften anzeigt, eilt S. M. Schiff
"Ariadne" zu Hilfe. An der Vorpostenkette entdeckt sie,
-
item 14
Ueber 30 000 Russen in Ostpreußen gefangen.
Der Sieg der Oesterreicher. Der Kampf in der Nordsee. Die Opfer vom
Kreuzer "Magdeburg".
1. Spalte
Wie im Westen, so ist nunmehr auch im Osten die
erste große Schlacht geschlagen worden. Der Unterschied
liegt darin, daß sich die Russen in der Offensivstellung
befanden, während wir den Ansturm abzuwehren hatten.
Aus der Richtung von Niemen, wie von der Narew her,
d. h. aus Süden und aus Osten waren erhebliche russische
Streitkräfte im Anmarsche, die zwischen Insterburg und
Graudenz in deutsches Gebiet einzubrechen versuchten.
Ihr Zweck war offenbar, die deutsche Defensive zu durch-
brechen, ehe die siegreich vordringenden Oesterreicher
Verbindung mit uns erlangt haben. Die Absicht ist an
der Wachsamkeit unserer Heeresleitung und der Tapfer-
keit unserer Truppen gescheitert. Die russische Armee,
an Zahl fast der bei Metz geschlagenen französischen Ar-
mee gleich, ist über die Grenze zurückgewichen und wird
von unseren Truppen verfolgt. Durch diesen Sieg ist
die Durchführung des gemeinschaftlichen Vormarsches
unserer und der österreichischen Truppen gegen die
Weichsel erleichtert worden. Es geht auf Warschau los!
Die Meldung über den Sieg lautet kurz und knapp:
WTB. Berlin, 29. August. Unsere Truppen in
Preußen unter der Führung des Generalobersten Hinden-
burg haben die von Narew vorgegangene russische Armee
in Stärke von 5 Armeekorps und 3 Kavalleriedivisionen
in dreitägiger Schlacht bei Gilgenburg-Ortelsburg ge-
schlagen und verfolgen sie jetzt über die Grenze.
Generalquartiermeister von Stein.
Die am Sonnabend verbreitete Meldung von dem
großen deutschen Siege über die Russen in Ostpreußen
wird durch folgende neue erfreuliche Nachricht ergänzt:
WTB. Berlin, 31. August. Bei den großen
Kämpfen, in denen die russische Armee bei Tannen-
berg, Hohenstein und Ortelsburg geworfen wurden,
sind nach vorläufiger Schätzung über 30000 Russen
mit vielen hohen Offizieren in Gefangenschaft
geraten.
Eine erfreuliche Ergänzung zu der amtlichen Mel-
dung über das Ergebnis der Schlacht bilden die folgen-
den Mitteilungen, die aus amtlichen Quellen Ost-
preußens stammen:
Der vom Generalquartiermeister in seiner Ver-
öffentlichung vom 25. August als bevorstehend angekün-
digte Entscheidungskampf hat begonnen. Als Einleitung
erfolgte die Besetzung der Grenzstadt Neidenburg durch
starke russische Kräfte. Die Russen plünderten die Stadt
gründlich und bombardierten sie dann von den benach-
barten Höhen. Den meisten Bürgern Neidenburgs,
das etwa 6000 Einwohner hat, war es gelungen, über
Hohenstein und Allenstein zu fliehen. Das 20. Armee-
korps griff energisch in den Kampf gegen den russischen
Gegner ein. Die "Allensteiner Zeitung" kann mit amt-
licher Genehmigung darüber melden: Unser tapferes
20. Armeekorps steht seit 24 Stunden im Feuer mit
einem an Kräften weit überlegenen Gegner. Dank der
Tapferkeit unserer Truppen und Führer ist es den
Russen trotz der gewaltigen Uebermacht nicht gelun-
gen, unsere Stellungen zu nehmen. Der Kampf hat sich
dann zu einer Riesenschlacht auf der Linie Gilgenburg-
Neidenburg-Ortelsburg entwickelt mit etwa 50 Kilo-
meter Frontlänge. Hierüber teilt Landrat Hagemann
in Marienburg der "Marienburger Zeitung" mit, daß
zwei russische Armeekorps aufgerieben worden seien.
Kriegsbriefe.
Wie ich verwundet wurde
Von einem Mitkämpfer bei Lüttich.
. . . Mitten in dieses Dorfgefecht (Sturm auf Ft.
Fléron) waren wir hineingerissen. Es blitzte aus allen
Häusern, unablässig rollt der Donner der Geschütze, un-
ablässig geht der Eisenregen nieder. Stockdunkel . . .
Wie sehnlich wünschen wir den Morgen heran. - Kein
Gegner zu sehen - und doch sinkt Mann neben Mann.
Aus den Mauern der Häuser sind nur winzige Steine
gelöst - ein Flintenlauf ragt durch; in den Fenster-
laden ein kleines Loch - der Lauf einer Jagdbüchse
sprüht Flammen heraus - aus den Kellerfenstern, von
den Böden zuckt und flammt und pfeift es . . . Wie
im Hexenkessel . . . Und wir dürfen nicht schießen, um
die Kameraden, die rechts und links vor uns im Gefecht
liegen, nicht zu gefährden . . . Einer neben dem anderen
sinkt - Aechzen und Stöhnen überall. Hinweg über
einen Haufen zuckender Leiber, vorsichtig - um keinem
wehe zu tun - und um uns blitzt und kracht´s. Aus einem
Eckhaus prasselt uns ein Hagel entgegen. -
Zwanzig, fünfzig Läufe heben sich - , da brülle ich:
"Keinen Schuß, Kerls! Wer kommt mit? Beil her!"
Ein kleiner Musketier reicht mir eine Picke . . . Zehn
braune Kerls drängen hinter mir nach. - Dann ein
paar Hiebe mit Beil und Kolben - die Tür kracht ein
- von der Decke her zucken Geschosse nieder . . . "Keiner
die Bodentreppe hinauf! Hierbleiben! Streichhölzer
her!" Und schon habe ich ein paar Strohballen vorge-
rissen, - fünf Minuten später züngeln die Flammen
aus allen Fenstern. "So, Jungs, nun vorwärts!" -
Hinein wieder in die Dorfgasse . . . Da treffe ich mei-
nen Kompagnieführer. "Hierher!" schreit er. "Ueber
die Mauer, mir nach!"
Zwei Kerle heben mich hoch, im Nu haben wir eine
Gartenmauer überstiegen, und stürmen weiter, einer
belgischen Abteilung in den Rücken zu fallen. Manns-
hohe Hecken, mit Stacheldraht durchzogen - vier, fünf
- vor uns. "Her, Kerls," rufe ich, "gebt mir die
Drahtschere!" Ein paar wuchtige Jungens treten
den Schlehdorn ein - ich knipse den Draht durch und gehe
ihnen voran, - meine Hose hängt in Fetzen runter.
Die Hecken werden genommen - auf einmal kracht es
auf uns her - nur wenige Sekunden, dann saust eine
Haubitze in den verruchten Giebel - Steine spritzen
umher - das Gemäuer sinkt donnernd zusammen.
Feuer von links! - Da sind die Unsern, sie schießen
auf uns - sie erkennen uns noch immer nicht. Wir
brüllen ihnen die Losung zu: "Der Kaiser! Der Kaiser!"
- Sie hören uns nicht in dem Höllenlärm. "Hornist,"
rufe ich, "blasen Sie Signal!" Der brave Junge - er
war von den vierten Jägern, nimmt das Horn und
schmettert: Das Ganze! - Das Ganze! - Da kommt´s
von drüben zurück. Wir erkennen uns - es sind die
27er - ich drücke dem Hauptmann, den ich seit Jahren
kenne, die Hand. -
Heller Morgen, ¼ 7 Uhr (am 6. August).
Vor uns liegt ein Kohlenbergwerk. Zwei Kohlen-
halden sind einige Meter hoch im Winkel zu einander
aufgeschüttet - da stürmen wir hinauf: Ein Jäger-
Fortsetzung 2. Spalte Mitte
2. Spalte
Siegreiches Vordringen der Oesterreicher.
WTB. Wien, 30. August. Der Korrespondent des
Neuen Wiener Tagebl. im Hauptquartier meldet: Die
große Schlacht ist heute, am vierten Tage, in vollem
Gange und steht gut für uns. Die linke Flügelgruppe
rückt gegen Lublin und Zamocs langsam aber sicher vor,
stößt aber immer wieder auf den neuverschanzten Gegner
und anstelle von Frontalangriffen sind zeitraubende Um-
gehungen nötig. Drei Zügen des Infanterieregiments
Nr. 72 gelang ein rascher Frontalangriff, bei dem zwei
russische Hauptleute, sechs Subalternoffiziere und 470
Mann gefangen genommen wurden. Die Kräftegruppe
zwischen Bug und Wieprz griff eine russische Division
von drei Seiten mit Erfolg an, sodaß sie nur unter dem
Schutze der Nacht entkamen. Generalstabshauptmann
Roßmann stürzte mit seinem Flugzeug ab und wurde
getötet. Das Armeeverordnungsblatt veröffentlichte ge-
rade heute eine Auszeichnung Roßmanns für hervor-
ragend tapferes Verhalten vor dem Feinde.
WTB. Wien, 30. August. (Nicht amtlich.) Soweit
sich bis gestern mittag überblicken ließ, ist das große
Ringen unserer Armee mit den Hauptkräften des russi-
schen Heeres noch nicht zur Entscheidung herangereift.
Nur die Erfolge der vom General der Kavallerie Viktor
Dankl in der Schlacht bei Krasnik siegreich geführten
Armee sind bereits einigermaßen zu übersehen. In ei-
ner zweiten Schlacht am 27. August, die durch die helden-
mütige Erstürmung einer stark befestigten Stellung auf
den Höhen von Niedrzwiosduca gekrönt war, gelang es,
die bei Krasnik zurückgeworfenen russischen Kräfte und
herangeführten Verstärkungen, im ganzen etwa zehn
Divisionen, durch sechs verschiedene Korps neuerlich zu
schlagen. Eines unserer Korps nahm in dieser zweiten
Schlacht einen General, einen Oberst, drei sonstige
Stabspersonen, vierzig Offiziere und zirka 2000 Mann
gefangen und erbeutete wieder sehr viel Kriegsmaterial.
WTB. Wien, 31. August. Die Schlachten auf dem
östlichen Kriegsschauplatz dauern mit ungeminderter
Heftigkeit fort. Oestlich unserer trotz mehrfacher be-
festigter Stellungen des Feindes unaufhaltsam gegen
Lublin vordringenden Armee Dankl haben unsere zwischen
Bug und Wieprz vorgeführten Kräfte am 26. August
den Angriff auf die dem Raume bei Cholm stehen-
den starken russischen Kräfte begonnen. Hierbei ent-
wickelten sich wie bei Krasnik wieder harte, für unsere
angriffsfreudigen Truppen siegreich verlaufende Kämpfe
bei Zamoid sowie nördlich und östlich bei Tomaszow.
In diesen Kämpfen wurden ebenso wie in den Schlach-
ten bei Krasnik tausende von Gefangenen gemacht.
In Ostgalizien behaupten sich unsere Truppen mit helden-
mütiger Bravour und Zähigkeit gegen sehr starke uns
überlegene feindliche Kräfte. Auf dem südlichen Kriegs-
schauplatz haben in letzter Zeit neue Kämpfe statt-
gefunden.
Der Kampf in der Nordsee.
Der lange erwartete Zusammenstoß unserer Flotte
mit der englischen ist erfolgt. Die Nordsee bei Helgo-
land war der Kampfplatz, wo der Seekrieg heftig tobte.
Der Kampf erfolgte bei unsichtigem Wetter und er zog
sich nach Westen, also nach der englischen Küste zu hin.
Mehrere kleine Kreuzer unserer Flotte stießen todes-
mutig vor und gerieten dabei in einen Kampf mit einer
überlegenen starken englischen Flotte. Unsere Schiffe
mußten der Uebermacht weichen, haben den Engländern
aber, wie ein englischer Bericht eingesteht, schwere Be-
schädigungen beigebracht. Nach dem, was man sonst von
Fortsetzung 3. Spalte oben
Fortsetzung von 1. Spalte Kriegsbriefe
leutnant, ein Kompagniekamerad von mir, Sch., dann
ein riesiger Adjutant von den 27ern, A., ein tapferer
Junge, der nicht mit der Wimper zuckte - am Wege
unten bleibt H. zurück, der furchtlose Regimentsadjunkt
vom Regiment Louis Ferdinand, und mit ungefähr 10
Mann nimmt der Hauptmann v. B. die Häuser in un-
serm Rücken unter Feuer, er selbst hat den Degen ab-
gelegt und führt das Gewehr . . .
Oben von meiner Kohlenhalde sehe ich ein Gehöft
und zum ersten Male belgische Infanterie - sonst wa-
ren die Kerle gelaufen, als sei der Deibel hinter ihnen.
- Jetzt heben sie die Büchse an die Backe. Ich lasse
das Feuer aufnehmen und beobachte durch das Glas die
Wirkung . . . "Ruhig zielen, Kerls, ihr schießt zu weit"
. . . Zwei schwarze Mäntel sehe ich sich im Sande wälzen.
"Hols der Deibel!" Sie schießen von rechts her -
von der anderen Halde . . . Da steht noch auf unserem
Flügel der lange A. Seine Schärpe flattert, die Quasten
sind schwarz von Kohlenstaub, er schießt auf die Bande
rechts - jetzt knallt´s auch von hintenher aus den
Häusern . . .
Ich setze das Glas ab und sehe mich um. Da links
am Flügel liegt mein Kamerad Sch., hat einem Ver-
wundeten das Gewehr abgenommen und schießt nach dem
Gehöft . . . Rechts von mir - ja, was ist denn das?
Einer nach dem andern "klappt ab" . . . Der läßt den
Kopf vornüber, der rollt den Abhang hinunter, der
schreit . . . Sie schießen wie besessen auf uns. Nun
liegt nur noch einer rechts von mir, eben fängt auch der
an, sich hin und her zu wälzen, Blut quillt aus dem
Rock hervor, ich werde ihm sein Gewehr abnehmen; ich
richte mich auf . . . Donnerwetter, ich fühle einen
Schlag vor der linken Brust: "Kinder, jetzt hat´s mich
auch." . . .
Ich rutsche den Abhang hinab, das Blut kommt mir
aus dem Munde . . . hinter einem Steinhaufen finde
ich Deckung vor dem mörderischen Feuer. Ich bitte einen
Soldaten: "Mach mir mal die Feldflasche ab - so -
- und den Tornister."Einen langen Schluck. Der gute
Kerl öffnet mir den Waffenrock. Ich lehne mich gegen
den Steinhaufen. Ganz warm quillt das Blut hervor;
wie lange kann´s dauern, dann ist´s vorbei. Aus dem
Rocktäschchen ziehe ich das Verbandszeug, öffne es hastig
und drücke es auf die Wunde. Dann warte ich ab,
minutenlang; auf dem Wege vor mir stehen die braven
Kerle und feuern; da ist auch A. noch mit den schwarzen
Quasten. "Kinder, schickt mir doch einen Arzt." Mir
fängt´s an, vor den Augen zu flimmern. Da kommt das
Soldatengefühl: du mußt Dich [sic] wehren, darfst nicht dich
dumpf in dein Schicksal ergeben. Die Schlacht geht wei-
ter; hier findet dich keiner . . .
Mit Schmerzen richte ich mich empor - stülpe mir
den Helm auf den Kopf - die Feldbinde, die Pistole -
das Glas schenke ich einem Soldaten, er braucht´s jetzt
nötiger als ich, und dann meinen Degen - den lasse ich
nicht, er braucht sich meiner nicht zu schämen - so
schleppe ich mich an den Weg. Was geht mich das Pfei-
fen an, ich habe meinen Teil. Noch immer stehen die
wackeren Kerle und feuern vom Wege gegen die Kohlen-
halde - einen winke ich heran . . . "Um Gotteswillen,
Herr Leutnant!" . . . "Bringe mich zum Verbandplatz,
mein Junge." . . . Er gibt mir seinen Arm . . . "Mußt
3. Spalte
der englischen Kriegsberichterstattung gewöhnt ist, darf
man ruhig annehmen, daß auch die englischen Schiffe
zum mindesten kampfunfähig geworden sind. Leider
brachte der Kampf den Verlust einiger unserer Schiffe,
aber ohne Kampf kein Sieg. Die Helden der Nordsee
leben bei uns in treuem Angedenken und als leuchtendes
Beispiel deutscher Seemannstreue fort.
Unsere Schiff haben, wie Staatssekretär Tirpitz
sagte, die Aufgabe, die deutsche Küste zu schützen, und
diese Aufgabe haben sie bisher glänzend gelöst. Kein
englisches Schiff hat sich bis jetzt den deutschen Gestaden
nähern dürfen, und auch ferner werden unsere blauen
Jungen so scharf auf der Wacht stehen, daß die Englän-
der sich allemal blutige Köpfe holen, wenn sie kommen.
WTB. Berlin, 29. August. Im Laufe des gestrigen
Vormittags sind bei teilweise unsichtigem Wetter mehrere
moderne englische kleine Kreuzer und zwei englische Zer-
störerflottillen (ca. 40 Zerstörer) in der deutschen Bucht
der Nordsee unweit Helgoland aufgetreten. Es kam zu
hartnäckigen Einzelgefechten zwischen ihnen und unsern
leichten Streitkräften. Die deutschen kleinen Kreuzer
drängten lebhaft nach Westen nach und gerieten dabei
infolge der beschränkten Sichtweite ins Gefecht mit
mehreren starken englischen Panzerkreuzern. S. M. S.
"Ariadne" (Kleiner Kreuzer mit 2650 Tonnen Wasser-
verdrängung) sank, von zwei Schlachtschiffkreuzern der
Lion-Klasse auf kurze Entfernung mit schwerer Artillerie
beschossen, nach ehrenvollem Kampfe. Der weitaus größte
Teil der Besatzung, voraussichtlich 250 Köpfe, konnte
gerettet werden.
Auch das Torpedoboot V 187 ging, von einem kleinen
Kreuzer und den Zerstörern aufs heftigste beschossen, bis
zuletzt feuernd, in die Tiefe. Flottillenchef und Kom-
mandant sind gefallen. Ein beträchtlicher Teil der Be-
satzung wurde gerettet. Die kleinen Kreuzer Cöln und
Mainz werden vermißt. Sie sind nach einer heutigen
Reutermeldung aus London gleichfalls im Kampfe mit
überlegenen Gegnern gesunken. Ein Teil der Be-
satzung, 2 Offiziere und 81 Mann (?) scheinen durch eng-
lische Schiffe gerettet zu sein. Nach der gleichen Quelle
haben die englischen Schiffe schwere Beschädigungen er-
litten.
Heldenmut unserer blauen Jungen.
Ueber die heldenmütige Energie, mit der Torpedo-
boot V 187 sich bis zum letzten Augenblick gegen feind-
liche Uebermacht wehrte, gibt der Bericht eines Augen-
zeugen Kunde, dem wir folgendes entnehmen:
V 187 sah sich bei dichtem Wetter ganz unerwartet
zunächst von Norden, dann allerseits von Massen eng-
lischer Torpedobootzerstörer und Unterseebooten ange-
griffen. V 187 wehrte ich unverzüglich mit allen Kräf-
ten, da setzten zahllose Geschosse, aus nächster Nähe ab-
gegeben, die Bewegungsfähigkeit herab. Da keine Mög-
lichkeit vorhanden war, sich dem feindlichen Feuer zu ent-
ziehen, drehte V 187 auf die Feinde zu, um ein Passier-
gefecht zu gewinnen und bis zum Ende durchzukämpfen.
Als unter dem Geschoßhagel die Bewegungsfähigkeit
verloren gegangen war, wurde schnell im Innern eine
Sprengung vorgenommen, um das Boot nicht in Fein-
deshand fallen zu lassen. Jetzt sank es schnell und wäh-
rend es sank, stand die Mannschaft bis zum letzten
Augenblick an den noch brauchbaren Geschützen und
feuerte. Der Flottillenchef, Korvettenkapitän Wallis,
und der Kommandant, Kapitänleutnant Zechter fanden
den Heldentod. Anzuerkennen ist, daß der Gegner un-
geachtet der eigenen Gefahr Beiboote zur Rettung der
Unsrigen aussetzte. Als sich deutsche
ten,mußte er sich von
denen sie dann die geretteten Deutsche
Wie die "Ariadne" unterging.
Vom Untergang S. M. Schiff "Ariadne" gibt er
gleiche Augenzeuge folgendes Bild.
Vom Kanonendonner gerufen, der ein Gefecht der
Vorposten mit Streitkräften anzeigt, eilt S. M. Schiff
"Ariadne" zu Hilfe. An der Vorpostenkette entdeckt sie,
-
item 14
Ueber 30 000 Russen in Ostpreußen gefangen.
Der Sieg der Oesterreicher. Der Kampf in der Nordsee. Die Opfer vom
Kreuzer "Magdeburg".
1. Spalte
Wie im Westen, so ist nunmehr auch im Osten die
erste große Schlacht geschlagen worden. Der Unterschied
liegt darin, daß sich die Russen in der Offensivstellung
befanden, während wir den Ansturm abzuwehren hatten.
Aus der Richtung von Niemen, wie von der Narew her,
d. h. aus Süden und aus Osten waren erhebliche russische
Streitkräfte im Anmarsche, die zwischen Insterburg und
Graudenz in deutsches Gebiet einzubrechen versuchten.
Ihr Zweck war offenbar, die deutsche Defensive zu durch-
brechen, ehe die siegreich vordringenden Oesterreicher
Verbindung mit uns erlangt haben. Die Absicht ist an
der Wachsamkeit unserer Heeresleitung und der Tapfer-
keit unserer Truppen gescheitert. Die russische Armee,
an Zahl fast der bei Metz geschlagenen französischen Ar-
mee gleich, ist über die Grenze zurückgewichen und wird
von unseren Truppen verfolgt. Durch diesen Sieg ist
die Durchführung des gemeinschaftlichen Vormarsches
unserer und der österreichischen Truppen gegen die
Weichsel erleichtert worden. Es geht auf Warschau los!
Die Meldung über den Sieg lautet kurz und knapp:
WTB. Berlin, 29. August. Unsere Truppen in
Preußen unter der Führung des Generalobersten Hinden-
burg haben die von Narew vorgegangene russische Armee
in Stärke von 5 Armeekorps und 3 Kavalleriedivisionen
in dreitägiger Schlacht bei Gilgenburg-Ortelsburg ge-
schlagen und verfolgen sie jetzt über die Grenze.
Generalquartiermeister von Stein.
Die am Sonnabend verbreitete Meldung von dem
großen deutschen Siege über die Russen in Ostpreußen
wird durch folgende neue erfreuliche Nachricht ergänzt:
WTB. Berlin, 31. August. Bei den großen
Kämpfen, in denen die russische Armee bei Tannen-
berg, Hohenstein und Ortelsburg geworfen wurden,
sind nach vorläufiger Schätzung über 30000 Russen
mit vielen hohen Offizieren in Gefangenschaft
geraten.
Eine erfreuliche Ergänzung zu der amtlichen Mel-
dung über das Ergebnis der Schlacht bilden die folgen-
den Mitteilungen, die aus amtlichen Quellen Ost-
preußens stammen:
Der vom Generalquartiermeister in seiner Ver-
öffentlichung vom 25. August als bevorstehend angekün-
digte Entscheidungskampf hat begonnen. Als Einleitung
erfolgte die Besetzung der Grenzstadt Neidenburg durch
starke russische Kräfte. Die Russen plünderten die Stadt
gründlich und bombardierten sie dann von den benach-
barten Höhen. Den meisten Bürgern Neidenburgs,
das etwa 6000 Einwohner hat, war es gelungen, über
Hohenstein und Allenstein zu fliehen. Das 20. Armee-
korps griff energisch in den Kampf gegen den russischen
Gegner ein. Die "Allensteiner Zeitung" kann mit amt-
licher Genehmigung darüber melden: Unser tapferes
20. Armeekorps steht seit 24 Stunden im Feuer mit
einem an Kräften weit überlegenen Gegner. Dank der
Tapferkeit unserer Truppen und Führer ist es den
Russen trotz der gewaltigen Uebermacht nicht gelun-
gen, unsere Stellungen zu nehmen. Der Kampf hat sich
dann zu einer Riesenschlacht auf der Linie Gilgenburg-
Neidenburg-Ortelsburg entwickelt mit etwa 50 Kilo-
meter Frontlänge. Hierüber teilt Landrat Hagemann
in Marienburg der "Marienburger Zeitung" mit, daß
zwei russische Armeekorps aufgerieben worden seien.
Kriegsbriefe.
Wie ich verwundet wurde
Von einem Mitkämpfer bei Lüttich.
. . . Mitten in dieses Dorfgefecht (Sturm auf Ft.
Fléron) waren wir hineingerissen. Es blitzte aus allen
Häusern, unablässig rollt der Donner der Geschütze, un-
ablässig geht der Eisenregen nieder. Stockdunkel . . .
Wie sehnlich wünschen wir den Morgen heran. - Kein
Gegner zu sehen - und doch sinkt Mann neben Mann.
Aus den Mauern der Häuser sind nur winzige Steine
gelöst - ein Flintenlauf ragt durch; in den Fenster-
laden ein kleines Loch - der Lauf einer Jagdbüchse
sprüht Flammen heraus - aus den Kellerfenstern, von
den Böden zuckt und flammt und pfeift es . . . Wie
im Hexenkessel . . . Und wir dürfen nicht schießen, um
die Kameraden, die rechts und links vor uns im Gefecht
liegen, nicht zu gefährden . . . Einer neben dem anderen
sinkt - Aechzen und Stöhnen überall. Hinweg über
einen Haufen zuckender Leiber, vorsichtig - um keinem
wehe zu tun - und um uns blitzt und kracht´s. Aus einem
Eckhaus prasselt uns ein Hagel entgegen. -
Zwanzig, fünfzig Läufe heben sich - , da brülle ich:
"Keinen Schuß, Kerls! Wer kommt mit? Beil her!"
Ein kleiner Musketier reicht mir eine Picke . . . Zehn
braune Kerls drängen hinter mir nach. - Dann ein
paar Hiebe mit Beil und Kolben - die Tür kracht ein
- von der Decke her zucken Geschosse nieder . . . "Keiner
die Bodentreppe hinauf! Hierbleiben! Streichhölzer
her!" Und schon habe ich ein paar Strohballen vorge-
rissen, - fünf Minuten später züngeln die Flammen
aus allen Fenstern. "So, Jungs, nun vorwärts!" -
Hinein wieder in die Dorfgasse . . . Da treffe ich mei-
nen Kompagnieführer. "Hierher!" schreit er. "Ueber
die Mauer, mir nach!"
Zwei Kerle heben mich hoch, im Nu haben wir eine
Gartenmauer überstiegen, und stürmen weiter, einer
belgischen Abteilung in den Rücken zu fallen. Manns-
hohe Hecken, mit Stacheldraht durchzogen - vier, fünf
- vor uns. "Her, Kerls," rufe ich, "gebt mir die
Drahtschere!" Ein paar wuchtige Jungens treten
den Schlehdorn ein - ich knipse den Draht durch und gehe
ihnen voran, - meine Hose hängt in Fetzen runter.
Die Hecken werden genommen - auf einmal kracht es
auf uns her - nur wenige Sekunden, dann saust eine
Haubitze in den verruchten Giebel - Steine spritzen
umher - das Gemäuer sinkt donnernd zusammen.
Feuer von links! - Da sind die Unsern, sie schießen
auf uns - sie erkennen uns noch immer nicht. Wir
brüllen ihnen die Losung zu: "Der Kaiser! Der Kaiser!"
- Sie hören uns nicht in dem Höllenlärm. "Hornist,"
rufe ich, "blasen Sie Signal!" Der brave Junge - er
war von den vierten Jägern, nimmt das Horn und
schmettert: Das Ganze! - Das Ganze! - Da kommt´s
von drüben zurück. Wir erkennen uns - es sind die
27er - ich drücke dem Hauptmann, den ich seit Jahren
kenne, die Hand. -
Heller Morgen, ¼ 7 Uhr (am 6. August).
Vor uns liegt ein Kohlenbergwerk. Zwei Kohlen-
halden sind einige Meter hoch im Winkel zu einander
aufgeschüttet - da stürmen wir hinauf: Ein Jäger-
Fortsetzung 2. Spalte Mitte
2. Spalte
Siegreiches Vordringen der Oesterreicher.
WTB. Wien, 30. August. Der Korrespondent des
Neuen Wiener Tagebl. im Hauptquartier meldet: Die
große Schlacht ist heute, am vierten Tage, in vollem
Gange und steht gut für uns. Die linke Flügelgruppe
rückt gegen Lublin und Zamocs langsam aber sicher vor,
stößt aber immer wieder auf den neuverschanzten Gegner
und anstelle von Frontalangriffen sind zeitraubende Um-
gehungen nötig. Drei Zügen des Infanterieregiments
Nr. 72 gelang ein rascher Frontalangriff, bei dem zwei
russische Hauptleute, sechs Subalternoffiziere und 470
Mann gefangen genommen wurden. Die Kräftegruppe
zwischen Bug und Wieprz griff eine russische Division
von drei Seiten mit Erfolg an, sodaß sie nur unter dem
Schutze der Nacht entkamen. Generalstabshauptmann
Roßmann stürzte mit seinem Flugzeug ab und wurde
getötet. Das Armeeverordnungsblatt veröffentlichte ge-
rade heute eine Auszeichnung Roßmanns für hervor-
ragend tapferes Verhalten vor dem Feinde.
WTB. Wien, 30. August. (Nicht amtlich.) Soweit
sich bis gestern mittag überblicken ließ, ist das große
Ringen unserer Armee mit den Hauptkräften des russi-
schen Heeres noch nicht zur Entscheidung herangereift.
Nur die Erfolge der vom General der Kavallerie Viktor
Dankl in der Schlacht bei Krasnik siegreich geführten
Armee sind bereits einigermaßen zu übersehen. In ei-
ner zweiten Schlacht am 27. August, die durch die helden-
mütige Erstürmung einer stark befestigten Stellung auf
den Höhen von Niedrzwiosduca gekrönt war, gelang es,
die bei Krasnik zurückgeworfenen russischen Kräfte und
herangeführten Verstärkungen, im ganzen etwa zehn
Divisionen, durch sechs verschiedene Korps neuerlich zu
schlagen. Eines unserer Korps nahm in dieser zweiten
Schlacht einen General, einen Oberst, drei sonstige
Stabspersonen, vierzig Offiziere und zirka 2000 Mann
gefangen und erbeutete wieder sehr viel Kriegsmaterial.
WTB. Wien, 31. August. Die Schlachten auf dem
östlichen Kriegsschauplatz dauern mit ungeminderter
Heftigkeit fort. Oestlich unserer trotz mehrfacher be-
festigter Stellungen des Feindes unaufhaltsam gegen
Lublin vordringenden Armee Dankl haben unsere zwischen
Bug und Wieprz vorgeführten Kräfte am 26. August
den Angriff auf die dem Raume bei Cholm stehen-
den starken russischen Kräfte begonnen. Hierbei ent-
wickelten sich wie bei Krasnik wieder harte, für unsere
angriffsfreudigen Truppen siegreich verlaufende Kämpfe
bei Zamoid sowie nördlich und östlich bei Tomaszow.
In diesen Kämpfen wurden ebenso wie in den Schlach-
ten bei Krasnik tausende von Gefangenen gemacht.
In Ostgalizien behaupten sich unsere Truppen mit helden-
mütiger Bravour und Zähigkeit gegen sehr starke uns
überlegene feindliche Kräfte. Auf dem südlichen Kriegs-
schauplatz haben in letzter Zeit neue Kämpfe statt-
gefunden.
Der Kampf in der Nordsee.
Der lange erwartete Zusammenstoß unserer Flotte
mit der englischen ist erfolgt. Die Nordsee bei Helgo-
land war der Kampfplatz, wo der Seekrieg heftig tobte.
Der Kampf erfolgte bei unsichtigem Wetter und er zog
sich nach Westen, also nach der englischen Küste zu hin.
Mehrere kleine Kreuzer unserer Flotte stießen todes-
mutig vor und gerieten dabei in einen Kampf mit einer
überlegenen starken englischen Flotte. Unsere Schiffe
mußten der Uebermacht weichen, haben den Engländern
aber, wie ein englischer Bericht eingesteht, schwere Be-
schädigungen beigebracht. Nach dem, was man sonst von
Fortsetzung 3. Spalte oben
Fortsetzung von 1. Spalte Kriegsbriefe
leutnant, ein Kompagniekamerad von mir, Sch., dann
ein riesiger Adjutant von den 27ern, A., ein tapferer
Junge, der nicht mit der Wimper zuckte - am Wege
unten bleibt H. zurück, der furchtlose Regimentsadjunkt
vom Regiment Louis Ferdinand, und mit ungefähr 10
Mann nimmt der Hauptmann v. B. die Häuser in un-
serm Rücken unter Feuer, er selbst hat den Degen ab-
gelegt und führt das Gewehr . . .
Oben von meiner Kohlenhalde sehe ich ein Gehöft
und zum ersten Male belgische Infanterie - sonst wa-
ren die Kerle gelaufen, als sei der Deibel hinter ihnen.
- Jetzt heben sie die Büchse an die Backe. Ich lasse
das Feuer aufnehmen und beobachte durch das Glas die
Wirkung . . . "Ruhig zielen, Kerls, ihr schießt zu weit"
. . . Zwei schwarze Mäntel sehe ich sich im Sande wälzen.
"Hols der Deibel!" Sie schießen von rechts her -
von der anderen Halde . . . Da steht noch auf unserem
Flügel der lange A. Seine Schärpe flattert, die Quasten
sind schwarz von Kohlenstaub, er schießt auf die Bande
rechts - jetzt knallt´s auch von hintenher aus den
Häusern . . .
Ich setze das Glas ab und sehe mich um. Da links
am Flügel liegt mein Kamerad Sch., hat einem Ver-
wundeten das Gewehr abgenommen und schießt nach dem
Gehöft . . . Rechts von mir - ja, was ist denn das?
Einer nach dem andern "klappt ab" . . . Der läßt den
Kopf vornüber, der rollt den Abhang hinunter, der
schreit . . . Sie schießen wie besessen auf uns. Nun
liegt nur noch einer rechts von mir, eben fängt auch der
an, sich hin und her zu wälzen, Blut quillt aus dem
Rock hervor, ich werde ihm sein Gewehr abnehmen; ich
richte mich auf . . . Donnerwetter, ich fühle einen
Schlag vor der linken Brust: "Kinder, jetzt hat´s mich
auch." . . .
Ich rutsche den Abhang hinab, das Blut kommt mir
aus dem Munde . . . hinter einem Steinhaufen finde
ich Deckung vor dem mörderischen Feuer. Ich bitte einen
Soldaten: "Mach mir mal die Feldflasche ab - so -
- und den Tornister."Einen langen Schluck. Der gute
Kerl öffnet mir den Waffenrock. Ich lehne mich gegen
den Steinhaufen. Ganz warm quillt das Blut hervor;
wie lange kann´s dauern, dann ist´s vorbei. Aus dem
Rocktäschchen ziehe ich das Verbandszeug, öffne es hastig
und drücke es auf die Wunde. Dann warte ich ab,
minutenlang; auf dem Wege vor mir stehen die braven
Kerle und feuern; da ist auch A. noch mit den schwarzen
Quasten. "Kinder, schickt mir doch einen Arzt." Mir
fängt´s an, vor den Augen zu flimmern. Da kommt das
Soldatengefühl: du mußt Dich [sic] wehren, darfst nicht dich
dumpf in dein Schicksal ergeben. Die Schlacht geht wei-
ter; hier findet dich keiner . . .
Mit Schmerzen richte ich mich empor - stülpe mir
den Helm auf den Kopf - die Feldbinde, die Pistole -
das Glas schenke ich einem Soldaten, er braucht´s jetzt
nötiger als ich, und dann meinen Degen - den lasse ich
nicht, er braucht sich meiner nicht zu schämen - so
schleppe ich mich an den Weg. Was geht mich das Pfei-
fen an, ich habe meinen Teil. Noch immer stehen die
wackeren Kerle und feuern vom Wege gegen die Kohlen-
halde - einen winke ich heran . . . "Um Gotteswillen,
Herr Leutnant!" . . . "Bringe mich zum Verbandplatz,
mein Junge." . . . Er gibt mir seinen Arm . . . "Mußt
3. Spalte
der englischen Kriegsberichterstattung gewöhnt ist, darf
man ruhig annehmen, daß auch die englischen Schiffe
zum mindesten kampfunfähig geworden sind. Leider
brachte der Kampf den Verlust einiger unserer Schiffe,
aber ohne Kampf kein Sieg. Die Helden der Nordsee
leben bei uns in treuem Angedenken und als leuchtendes
Beispiel deutscher Seemannstreue fort.
Unsere Schiff haben, wie Staatssekretär Tirpitz
sagte, die Aufgabe, die deutsche Küste zu schützen, und
diese Aufgabe haben sie bisher glänzend gelöst. Kein
englisches Schiff hat sich bis jetzt den deutschen Gestaden
nähern dürfen, und auch ferner werden unsere blauen
Jungen so scharf auf der Wacht stehen, daß die Englän-
der sich allemal blutige Köpfe holen, wenn sie kommen.
WTB. Berlin, 29. August. Im Laufe des gestrigen
Vormittags sind bei teilweise unsichtigem Wetter mehrere
moderne englische kleine Kreuzer und zwei englische Zer-
störerflottillen (ca. 40 Zerstörer) in der deutschen Bucht
der Nordsee unweit Helgoland aufgetreten. Es kam zu
hartnäckigen Einzelgefechten zwischen ihnen und unsern
leichten Streitkräften. Die deutschen kleinen Kreuzer
drängten lebhaft nach Westen nach und gerieten dabei
infolge der beschränkten Sichtweite ins Gefecht mit
mehreren starken englischen Panzerkreuzern. S. M. S.
"Ariadne" (Kleiner Kreuzer mit 2650 Tonnen Wasser-
verdrängung) sank, von zwei Schlachtschiffkreuzern der
Lion-Klasse auf kurze Entfernung mit schwerer Artillerie
beschossen, nach ehrenvollem Kampfe. Der weitaus größte
Teil der Besatzung, voraussichtlich 250 Köpfe, konnte
gerettet werden.
Auch das Torpedoboot V 187 ging, von einem kleinen
Kreuzer und den Zerstörern aufs heftigste beschossen, bis
zuletzt feuernd, in die Tiefe. Flottillenchef und Kom-
mandant sind gefallen. Ein beträchtlicher Teil der Be-
satzung wurde gerettet. Die kleinen Kreuzer Cöln und
Mainz werden vermißt. Sie sind nach einer heutigen
Reutermeldung aus London gleichfalls im Kampfe mit
überlegenen Gegnern gesunken. Ein Teil der Be-
satzung, 2 Offiziere und 81 Mann (?) scheinen durch eng-
lische Schiffe gerettet zu sein. Nach der gleichen Quelle
haben die englischen Schiffe schwere Beschädigungen er-
litten.
Heldenmut unserer blauen Jungen.
Ueber die heldenmütige Energie, mit der Torpedo-
boot V 187 sich bis zum letzten Augenblick gegen feind-
liche Uebermacht wehrte, gibt der Bericht eines Augen-
zeugen Kunde, dem wir folgendes entnehmen:
V 187 sah sich bei dichtem Wetter ganz unerwartet
zunächst von Norden, dann allerseits von Massen eng-
lischer Torpedobootzerstörer und Unterseebooten ange-
griffen. V 187 wehrte ich unverzüglich mit allen Kräf-
ten, da setzten zahllose Geschosse, aus nächster Nähe ab-
gegeben, die Bewegungsfähigkeit herab. Da keine Mög-
lichkeit vorhanden war, sich dem feindlichen Feuer zu ent-
ziehen, drehte V 187 auf die Feinde zu, um ein Passier-
gefecht zu gewinnen und bis zum Ende durchzukämpfen.
Als unter dem Geschoßhagel die Bewegungsfähigkeit
verloren gegangen war, wurde schnell im Innern eine
Sprengung vorgenommen, um das Boot nicht in Fein-
deshand fallen zu lassen. Jetzt sank es schnell und wäh-
rend es sank, stand die Mannschaft bis zum letzten
Augenblick an den noch brauchbaren Geschützen und
feuerte. Der Flottillenchef, Korvettenkapitän Wallis,
und der Kommandant, Kapitänleutnant Zechter fanden
den Heldentod. Anzuerkennen ist, daß der Gegner un-
geachtet der eigenen Gefahr Beiboote zur Rettung der
Unsrigen aussetzte. Als sich deutsche
ten,mußte er sich von
denen sie dann geretteten Deutsche
-
item 14
Ueber 30 000 Russen in Ostpreußen gefangen.
Der Sieg der Oesterreicher. Der Kampf in der Nordsee. Die Opfer vom
Kreuzer "Magdeburg".
1. Spalte
Wie im Westen, so ist nunmehr auch im Osten die
erste große Schlacht geschlagen worden. Der Unterschied
liegt darin, daß sich die Russen in der Offensivstellung
befanden, während wir den Ansturm abzuwehren hatten.
Aus der Richtung von Niemen, wie von der Narew her,
d. h. aus Süden und aus Osten waren erhebliche russische
Streitkräfte im Anmarsche, die zwischen Insterburg und
Graudenz in deutsches Gebiet einzubrechen versuchten.
Ihr Zweck war offenbar, die deutsche Defensive zu durch-
brechen, ehe die siegreich vordringenden Oesterreicher
Verbindung mit uns erlangt haben. Die Absicht ist an
der Wachsamkeit unserer Heeresleitung und der Tapfer-
keit unserer Truppen gescheitert. Die russische Armee,
an Zahl fast der bei Metz geschlagenen französischen Ar-
mee gleich, ist über die Grenze zurückgewichen und wird
von unseren Truppen verfolgt. Durch diesen Sieg ist
die Durchführung des gemeinschaftlichen Vormarsches
unserer und der österreichischen Truppen gegen die
Weichsel erleichtert worden. Es geht auf Warschau los!
Die Meldung über den Sieg lautet kurz und knapp:
WTB. Berlin, 29. August. Unsere Truppen in
Preußen unter der Führung des Generalobersten Hinden-
burg haben die von Narew vorgegangene russische Armee
in Stärke von 5 Armeekorps und 3 Kavalleriedivisionen
in dreitägiger Schlacht bei Gilgenburg-Ortelsburg ge-
schlagen und verfolgen sie jetzt über die Grenze.
Generalquartiermeister von Stein.
Die am Sonnabend verbreitete Meldung von dem
großen deutschen Siege über die Russen in Ostpreußen
wird durch folgende neue erfreuliche Nachricht ergänzt:
WTB. Berlin, 31. August. Bei den großen
Kämpfen, in denen die russische Armee bei Tannen-
berg, Hohenstein und Ortelsburg geworfen wurden,
sind nach vorläufiger Schätzung über 30000 Russen
mit vielen hohen Offizieren in Gefangenschaft
geraten.
Eine erfreuliche Ergänzung zu der amtlichen Mel-
dung über das Ergebnis der Schlacht bilden die folgen-
den Mitteilungen, die aus amtlichen Quellen Ost-
preußens stammen:
Der vom Generalquartiermeister in seiner Ver-
öffentlichung vom 25. August als bevorstehend angekün-
digte Entscheidungskampf hat begonnen. Als Einleitung
erfolgte die Besetzung der Grenzstadt Neidenburg durch
starke russische Kräfte. Die Russen plünderten die Stadt
gründlich und bombardierten sie dann von den benach-
barten Höhen. Den meisten Bürgern Neidenburgs,
das etwa 6000 Einwohner hat, war es gelungen, über
Hohenstein und Allenstein zu fliehen. Das 20. Armee-
korps griff energisch in den Kampf gegen den russischen
Gegner ein. Die "Allensteiner Zeitung" kann mit amt-
licher Genehmigung darüber melden: Unser tapferes
20. Armeekorps steht seit 24 Stunden im Feuer mit
einem an Kräften weit überlegenen Gegner. Dank der
Tapferkeit unserer Truppen und Führer ist es den
Russen trotz der gewaltigen Uebermacht nicht gelun-
gen, unsere Stellungen zu nehmen. Der Kampf hat sich
dann zu einer Riesenschlacht auf der Linie Gilgenburg-
Neidenburg-Ortelsburg entwickelt mit etwa 50 Kilo-
meter Frontlänge. Hierüber teilt Landrat Hagemann
in Marienburg der "Marienburger Zeitung" mit, daß
zwei russische Armeekorps aufgerieben worden seien.
Kriegsbriefe.
Wie ich verwundet wurde
Von einem Mitkämpfer bei Lüttich.
. . . Mitten in dieses Dorfgefecht (Sturm auf Ft.
Fléron) waren wir hineingerissen. Es blitzte aus allen
Häusern, unablässig rollt der Donner der Geschütze, un-
ablässig geht der Eisenregen nieder. Stockdunkel . . .
Wie sehnlich wünschen wir den Morgen heran. - Kein
Gegner zu sehen - und doch sinkt Mann neben Mann.
Aus den Mauern der Häuser sind nur winzige Steine
gelöst - ein Flintenlauf ragt durch; in den Fenster-
laden ein kleines Loch - der Lauf einer Jagdbüchse
sprüht Flammen heraus - aus den Kellerfenstern, von
den Böden zuckt und flammt und pfeift es . . . Wie
im Hexenkessel . . . Und wir dürfen nicht schießen, um
die Kameraden, die rechts und links vor uns im Gefecht
liegen, nicht zu gefährden . . . Einer neben dem anderen
sinkt - Aechzen und Stöhnen überall. Hinweg über
einen Haufen zuckender Leiber, vorsichtig - um keinem
wehe zu tun - und um uns blitzt und kracht´s. Aus einem
Eckhaus prasselt uns ein Hagel entgegen. -
Zwanzig, fünfzig Läufe heben sich - , da brülle ich:
"Keinen Schuß, Kerls! Wer kommt mit? Beil her!"
Ein kleiner Musketier reicht mir eine Picke . . . Zehn
braune Kerls drängen hinter mir nach. - Dann ein
paar Hiebe mit Beil und Kolben - die Tür kracht ein
- von der Decke her zucken Geschosse nieder . . . "Keiner
die Bodentreppe hinauf! Hierbleiben! Streichhölzer
her!" Und schon habe ich ein paar Strohballen vorge-
rissen, - fünf Minuten später züngeln die Flammen
aus allen Fenstern. "So, Jungs, nun vorwärts!" -
Hinein wieder in die Dorfgasse . . . Da treffe ich mei-
nen Kompagnieführer. "Hierher!" schreit er. "Ueber
die Mauer, mir nach!"
Zwei Kerle heben mich hoch, im Nu haben wir eine
Gartenmauer überstiegen, und stürmen weiter, einer
belgischen Abteilung in den Rücken zu fallen. Manns-
hohe Hecken, mit Stacheldraht durchzogen - vier, fünf
- vor uns. "Her, Kerls," rufe ich, "gebt mir die
Drahtschere!" Ein paar wuchtige Jungens treten
den Schlehdorn ein - ich knipse den Draht durch und gehe
ihnen voran, - meine Hose hängt in Fetzen runter.
Die Hecken werden genommen - auf einmal kracht es
auf uns her - nur wenige Sekunden, dann saust eine
Haubitze in den verruchten Giebel - Steine spritzen
umher - das Gemäuer sinkt donnernd zusammen.
Feuer von links! - Da sind die Unsern, sie schießen
auf uns - sie erkennen uns noch immer nicht. Wir
brüllen ihnen die Losung zu: "Der Kaiser! Der Kaiser!"
- Sie hören uns nicht in dem Höllenlärm. "Hornist,"
rufe ich, "blasen Sie Signal!" Der brave Junge - er
war von den vierten Jägern, nimmt das Horn und
schmettert: Das Ganze! - Das Ganze! - Da kommt´s
von drüben zurück. Wir erkennen uns - es sind die
27er - ich drücke dem Hauptmann, den ich seit Jahren
kenne, die Hand. -
Heller Morgen, ¼ 7 Uhr (am 6. August).
Vor uns liegt ein Kohlenbergwerk. Zwei Kohlen-
halden sind einige Meter hoch im Winkel zu einander
aufgeschüttet - da stürmen wir hinauf: Ein Jäger-
Fortsetzung 2. Spalte Mitte
2. Spalte
Siegreiches Vordringen der Oesterreicher.
WTB. Wien, 30. August. Der Korrespondent des
Neuen Wiener Tagebl. im Hauptquartier meldet: Die
große Schlacht ist heute, am vierten Tage, in vollem
Gange und steht gut für uns. Die linke Flügelgruppe
rückt gegen Lublin und Zamocs langsam aber sicher vor,
stößt aber immer wieder auf den neuverschanzten Gegner
und anstelle von Frontalangriffen sind zeitraubende Um-
gehungen nötig. Drei Zügen des Infanterieregiments
Nr. 72 gelang ein rascher Frontalangriff, bei dem zwei
russische Hauptleute, sechs Subalternoffiziere und 470
Mann gefangen genommen wurden. Die Kräftegruppe
zwischen Bug und Wieprz griff eine russische Division
von drei Seiten mit Erfolg an, sodaß sie nur unter dem
Schutze der Nacht entkamen. Generalstabshauptmann
Roßmann stürzte mit seinem Flugzeug ab und wurde
getötet. Das Armeeverordnungsblatt veröffentlichte ge-
rade heute eine Auszeichnung Roßmanns für hervor-
ragend tapferes Verhalten vor dem Feinde.
WTB. Wien, 30. August. (Nicht amtlich.) Soweit
sich bis gestern mittag überblicken ließ, ist das große
Ringen unserer Armee mit den Hauptkräften des russi-
schen Heeres noch nicht zur Entscheidung herangereift.
Nur die Erfolge der vom General der Kavallerie Viktor
Dankl in der Schlacht bei Krasnik siegreich geführten
Armee sind bereits einigermaßen zu übersehen. In ei-
ner zweiten Schlacht am 27. August, die durch die helden-
mütige Erstürmung einer stark befestigten Stellung auf
den Höhen von Niedrzwiosduca gekrönt war, gelang es,
die bei Krasnik zurückgeworfenen russischen Kräfte und
herangeführten Verstärkungen, im ganzen etwa zehn
Divisionen, durch sechs verschiedene Korps neuerlich zu
schlagen. Eines unserer Korps nahm in dieser zweiten
Schlacht einen General, einen Oberst, drei sonstige
Stabspersonen, vierzig Offiziere und zirka 2000 Mann
gefangen und erbeutete wieder sehr viel Kriegsmaterial.
WTB. Wien, 31. August. Die Schlachten auf dem
östlichen Kriegsschauplatz dauern mit ungeminderter
Heftigkeit fort. Oestlich unserer trotz mehrfacher be-
festigter Stellungen des Feindes unaufhaltsam gegen
Lublin vordringenden Armee Dankl haben unsere zwischen
Bug und Wieprz vorgeführten Kräfte am 26. August
den Angriff auf die dem Raume bei Cholm stehen-
den starken russischen Kräfte begonnen. Hierbei ent-
wickelten sich wie bei Krasnik wieder harte, für unsere
angriffsfreudigen Truppen siegreich verlaufende Kämpfe
bei Zamoid sowie nördlich und östlich bei Tomaszow.
In diesen Kämpfen wurden ebenso wie in den Schlach-
ten bei Krasnik tausende von Gefangenen gemacht.
In Ostgalizien behaupten sich unsere Truppen mit helden-
mütiger Bravour und Zähigkeit gegen sehr starke uns
überlegene feindliche Kräfte. Auf dem südlichen Kriegs-
schauplatz haben in letzter Zeit neue Kämpfe statt-
gefunden.
Der Kampf in der Nordsee.
Der lange erwartete Zusammenstoß unserer Flotte
mit der englischen ist erfolgt. Die Nordsee bei Helgo-
land war der Kampfplatz, wo der Seekrieg heftig tobte.
Der Kampf erfolgte bei unsichtigem Wetter und er zog
sich nach Westen, also nach der englischen Küste zu hin.
Mehrere kleine Kreuzer unserer Flotte stießen todes-
mutig vor und gerieten dabei in einen Kampf mit einer
überlegenen starken englischen Flotte. Unsere Schiffe
mußten der Uebermacht weichen, haben den Engländern
aber, wie ein englischer Bericht eingesteht, schwere Be-
schädigungen beigebracht. Nach dem, was man sonst von
Fortsetzung 3. Spalte oben
Fortsetzung von 1. Spalte Kriegsbriefe
leutnant, ein Kompagniekamerad von mir, Sch., dann
ein riesiger Adjutant von den 27ern, A., ein tapferer
Junge, der nicht mit der Wimper zuckte - am Wege
unten bleibt H. zurück, der furchtlose Regimentsadjunkt
vom Regiment Louis Ferdinand, und mit ungefähr 10
Mann nimmt der Hauptmann v. B. die Häuser in un-
serm Rücken unter Feuer, er selbst hat den Degen ab-
gelegt und führt das Gewehr . . .
Oben von meiner Kohlenhalde sehe ich ein Gehöft
und zum ersten Male belgische Infanterie - sonst wa-
ren die Kerle gelaufen, als sei der Deibel hinter ihnen.
- Jetzt heben sie die Büchse an die Backe. Ich lasse
das Feuer aufnehmen und beobachte durch das Glas die
Wirkung . . . "Ruhig zielen, Kerls, ihr schießt zu weit"
. . . Zwei schwarze Mäntel sehe ich sich im Sande wälzen.
"Hols der Deibel!" Sie schießen von rechts her -
von der anderen Halde . . . Da steht noch auf unserem
Flügel der lange A. Seine Schärpe flattert, die Quasten
sind schwarz von Kohlenstaub, er schießt auf die Bande
rechts - jetzt knallt´s auch von hintenher aus den
Häusern . . .
Ich setze das Glas ab und sehe mich um. Da links
am Flügel liegt mein Kamerad Sch., hat einem Ver-
wundeten das Gewehr abgenommen und schießt nach dem
Gehöft . . . Rechts von mir - ja, was ist denn das?
Einer nach dem andern "klappt ab" . . . Der läßt den
Kopf vornüber, der rollt den Abhang hinunter, der
schreit . . . Sie schießen wie besessen auf uns. Nun
liegt nur noch einer rechts von mir, eben fängt auch der
an, sich hin und her zu wälzen, Blut quillt aus dem
Rock hervor, ich werde ihm sein Gewehr abnehmen; ich
richte mich auf . . . Donnerwetter, ich fühle einen
Schlag vor der linken Brust: "Kinder, jetzt hat´s mich
auch." . . .
Ich rutsche den Abhang hinab, das Blut kommt mir
aus dem Munde . . . hinter einem Steinhaufen finde
ich Deckung vor dem mörderischen Feuer. Ich bitte einen
Soldaten: "Mach mir mal die Feldflasche ab - so -
- und den Tornister."Einen langen Schluck. Der gute
Kerl öffnet mir den Waffenrock. Ich lehne mich gegen
den Steinhaufen. Ganz warm quillt das Blut hervor;
wie lange kann´s dauern, dann ist´s vorbei. Aus dem
Rocktäschchen ziehe ich das Verbandszeug, öffne es hastig
und drücke es auf die Wunde. Dann warte ich ab,
minutenlang; auf dem Wege vor mir stehen die braven
Kerle und feuern; da ist auch A. noch mit den schwarzen
Quasten. "Kinder, schickt mir doch einen Arzt." Mir
fängt´s an, vor den Augen zu flimmern. Da kommt das
Soldatengefühl: du mußt Dich [sic] wehren, darfst nicht dich
dumpf in dein Schicksal ergeben. Die Schlacht geht wei-
ter; hier findet dich keiner . . .
Mit Schmerzen richte ich mich empor - stülpe mir
den Helm auf den Kopf - die Feldbinde, die Pistole -
das Glas schenke ich einem Soldaten, er braucht´s jetzt
nötiger als ich, und dann meinen Degen - den lasse ich
nicht, er braucht sich meiner nicht zu schämen - so
schleppe ich mich an den Weg. Was geht mich das Pfei-
fen an, ich habe meinen Teil. Noch immer stehen die
wackeren Kerle und feuern vom Wege gegen die Kohlen-
halde - einen winke ich heran . . . "Um Gotteswillen,
Herr Leutnant!" . . . "Bringe mich zum Verbandplatz,
mein Junge." . . . Er gibt mir seinen Arm . . . "Mußt
3. Spalte
der englischen Kriegsberichterstattung gewöhnt ist, darf
man ruhig annehmen, daß auch die englischen Schiffe
zum mindesten kampfunfähig geworden sind. Leider
brachte der Kampf den Verlust einiger unserer Schiffe,
aber ohne Kampf kein Sieg. Die Helden der Nordsee
leben bei uns in treuem Angedenken und als leuchtendes
Beispiel deutscher Seemannstreue fort.
Unsere Schiff haben, wie Staatssekretär Tirpitz
sagte, die Aufgabe, die deutsche Küste zu schützen, und
diese Aufgabe haben sie bisher glänzend gelöst. Kein
englisches Schiff hat sich bis jetzt den deutschen Gestaden
nähern dürfen, und auch ferner werden unsere blauen
Jungen so scharf auf der Wacht stehen, daß die Englän-
der sich allemal blutige Köpfe holen, wenn sie kommen.
WTB. Berlin, 29. August. Im Laufe des gestrigen
Vormittags sind bei teilweise unsichtigem Wetter mehrere
moderne englische kleine Kreuzer und zwei englische Zer-
störerflottillen (ca. 40 Zerstörer) in der deutschen Bucht
der Nordsee unweit Helgoland aufgetreten. Es kam zu
hartnäckigen Einzelgefechten zwischen ihnen und unsern
leichten Streitkräften. Die deutschen kleinen Kreuzer
drängten lebhaft nach Westen nach und gerieten dabei
infolge der beschränkten Sichtweite ins Gefecht mit
mehreren starken englischen Panzerkreuzern. S. M. S.
"Ariadne" (Kleiner Kreuzer mit 2650 Tonnen Wasser-
verdrängung) sank, von zwei Schlachtschiffkreuzern der
Lion-Klasse auf kurze Entfernung mit schwerer Artillerie
beschossen, nach ehrenvollem Kampfe. Der weitaus größte
Teil der Besatzung, voraussichtlich 250 Köpfe, konnte
gerettet werden.
Auch das Torpedoboot V 187 ging, von einem kleinen
Kreuzer und den Zerstörern aufs heftigste beschossen, bis
zuletzt feuernd, in die Tiefe. Flottillenchef und Kom-
mandant sind gefallen. Ein beträchtlicher Teil der Be-
satzung wurde gerettet. Die kleinen Kreuzer Cöln und
Mainz werden vermißt. Sie sind nach einer heutigen
Reutermeldung aus London gleichfalls im Kampfe mit
überlegenen Gegnern gesunken. Ein Teil der Be-
satzung, 2 Offiziere und 81 Mann (?) scheinen durch eng-
lische Schiffe gerettet zu sein. Nach der gleichen Quelle
haben die englischen Schiffe schwere Beschädigungen er-
litten.
Heldenmut unserer blauen Jungen.
Ueber die heldenmütige Energie, mit der Torpedo-
boot V 187 sich bis zum letzten Augenblick gegen feind-
liche Uebermacht wehrte, gibt der Bericht eines Augen-
zeugen Kunde, dem wir folgendes entnehmen:
V 187 sah sich bei dichtem Wetter ganz unerwartet
zunächst von Norden, dann allerseits von Massen eng-
lischer Torpedobootzerstörer und Unterseebooten ange-
griffen. V 187 wehrte ich unverzüglich mit allen Kräf-
ten, da setzten zahllose Geschosse, aus nächster Nähe ab-
gegeben, die Bewegungsfähigkeit herab. Da keine Mög-
lichkeit vorhanden war, sich dem feindlichen Feuer zu ent-
ziehen, drehte V 187 auf die Feinde zu, um ein Passier-
gefecht zu gewinnen und bis zum Ende durchzukämpfen.
Als unter dem Geschoßhagel die Bewegungsfähigkeit
verloren gegangen war, wurde schnell im Innern eine
Sprengung vorgenommen, um das Boot nicht in Fein-
deshand fallen zu lassen. Jetzt sank es schnell und wäh-
rend es sank, stand die Mannschaft bis zum letzten
Augenblick an den noch brauchbaren Geschützen und
feuerte. Der Flottillenchef, Korvettenkapitän Wallis,
und der Kommandant, Kapitänleutnant Zechter fanden
den Heldentod. Anzuerkennen ist, daß der Gegner un-
geachtet der eigenen Gefahr Beiboote zur Rettung der
Unsrigen aussetzte. Als sich deutsche
ten,mußte er sich von
denen sie dann gerettet
-
item 14
Ueber 30 000 Russen in Ostpreußen gefangen.
Der Sieg der Oesterreicher. Der Kampf in der Nordsee. Die Opfer vom
Kreuzer "Magdeburg".
1. Spalte
Wie im Westen, so ist nunmehr auch im Osten die
erste große Schlacht geschlagen worden. Der Unterschied
liegt darin, daß sich die Russen in der Offensivstellung
befanden, während wir den Ansturm abzuwehren hatten.
Aus der Richtung von Niemen, wie von der Narew her,
d. h. aus Süden und aus Osten waren erhebliche russische
Streitkräfte im Anmarsche, die zwischen Insterburg und
Graudenz in deutsches Gebiet einzubrechen versuchten.
Ihr Zweck war offenbar, die deutsche Defensive zu durch-
brechen, ehe die siegreich vordringenden Oesterreicher
Verbindung mit uns erlangt haben. Die Absicht ist an
der Wachsamkeit unserer Heeresleitung und der Tapfer-
keit unserer Truppen gescheitert. Die russische Armee,
an Zahl fast der bei Metz geschlagenen französischen Ar-
mee gleich, ist über die Grenze zurückgewichen und wird
von unseren Truppen verfolgt. Durch diesen Sieg ist
die Durchführung des gemeinschaftlichen Vormarsches
unserer und der österreichischen Truppen gegen die
Weichsel erleichtert worden. Es geht auf Warschau los!
Die Meldung über den Sieg lautet kurz und knapp:
WTB. Berlin, 29. August. Unsere Truppen in
Preußen unter der Führung des Generalobersten Hinden-
burg haben die von Narew vorgegangene russische Armee
in Stärke von 5 Armeekorps und 3 Kavalleriedivisionen
in dreitägiger Schlacht bei Gilgenburg-Ortelsburg ge-
schlagen und verfolgen sie jetzt über die Grenze.
Generalquartiermeister von Stein.
Die am Sonnabend verbreitete Meldung von dem
großen deutschen Siege über die Russen in Ostpreußen
wird durch folgende neue erfreuliche Nachricht ergänzt:
WTB. Berlin, 31. August. Bei den großen
Kämpfen, in denen die russische Armee bei Tannen-
berg, Hohenstein und Ortelsburg geworfen wurden,
sind nach vorläufiger Schätzung über 30000 Russen
mit vielen hohen Offizieren in Gefangenschaft
geraten.
Eine erfreuliche Ergänzung zu der amtlichen Mel-
dung über das Ergebnis der Schlacht bilden die folgen-
den Mitteilungen, die aus amtlichen Quellen Ost-
preußens stammen:
Der vom Generalquartiermeister in seiner Ver-
öffentlichung vom 25. August als bevorstehend angekün-
digte Entscheidungskampf hat begonnen. Als Einleitung
erfolgte die Besetzung der Grenzstadt Neidenburg durch
starke russische Kräfte. Die Russen plünderten die Stadt
gründlich und bombardierten sie dann von den benach-
barten Höhen. Den meisten Bürgern Neidenburgs,
das etwa 6000 Einwohner hat, war es gelungen, über
Hohenstein und Allenstein zu fliehen. Das 20. Armee-
korps griff energisch in den Kampf gegen den russischen
Gegner ein. Die "Allensteiner Zeitung" kann mit amt-
licher Genehmigung darüber melden: Unser tapferes
20. Armeekorps steht seit 24 Stunden im Feuer mit
einem an Kräften weit überlegenen Gegner. Dank der
Tapferkeit unserer Truppen und Führer ist es den
Russen trotz der gewaltigen Uebermacht nicht gelun-
gen, unsere Stellungen zu nehmen. Der Kampf hat sich
dann zu einer Riesenschlacht auf der Linie Gilgenburg-
Neidenburg-Ortelsburg entwickelt mit etwa 50 Kilo-
meter Frontlänge. Hierüber teilt Landrat Hagemann
in Marienburg der "Marienburger Zeitung" mit, daß
zwei russische Armeekorps aufgerieben worden seien.
Kriegsbriefe.
Wie ich verwundet wurde
Von einem Mitkämpfer bei Lüttich.
. . . Mitten in dieses Dorfgefecht (Sturm auf Ft.
Fléron) waren wir hineingerissen. Es blitzte aus allen
Häusern, unablässig rollt der Donner der Geschütze, un-
ablässig geht der Eisenregen nieder. Stockdunkel . . .
Wie sehnlich wünschen wir den Morgen heran. - Kein
Gegner zu sehen - und doch sinkt Mann neben Mann.
Aus den Mauern der Häuser sind nur winzige Steine
gelöst - ein Flintenlauf ragt durch; in den Fenster-
laden ein kleines Loch - der Lauf einer Jagdbüchse
sprüht Flammen heraus - aus den Kellerfenstern, von
den Böden zuckt und flammt und pfeift es . . . Wie
im Hexenkessel . . . Und wir dürfen nicht schießen, um
die Kameraden, die rechts und links vor uns im Gefecht
liegen, nicht zu gefährden . . . Einer neben dem anderen
sinkt - Aechzen und Stöhnen überall. Hinweg über
einen Haufen zuckender Leiber, vorsichtig - um keinem
wehe zu tun - und um uns blitzt und kracht´s. Aus einem
Eckhaus prasselt uns ein Hagel entgegen. -
Zwanzig, fünfzig Läufe heben sich - , da brülle ich:
"Keinen Schuß, Kerls! Wer kommt mit? Beil her!"
Ein kleiner Musketier reicht mir eine Picke . . . Zehn
braune Kerls drängen hinter mir nach. - Dann ein
paar Hiebe mit Beil und Kolben - die Tür kracht ein
- von der Decke her zucken Geschosse nieder . . . "Keiner
die Bodentreppe hinauf! Hierbleiben! Streichhölzer
her!" Und schon habe ich ein paar Strohballen vorge-
rissen, - fünf Minuten später züngeln die Flammen
aus allen Fenstern. "So, Jungs, nun vorwärts!" -
Hinein wieder in die Dorfgasse . . . Da treffe ich mei-
nen Kompagnieführer. "Hierher!" schreit er. "Ueber
die Mauer, mir nach!"
Zwei Kerle heben mich hoch, im Nu haben wir eine
Gartenmauer überstiegen, und stürmen weiter, einer
belgischen Abteilung in den Rücken zu fallen. Manns-
hohe Hecken, mit Stacheldraht durchzogen - vier, fünf
- vor uns. "Her, Kerls," rufe ich, "gebt mir die
Drahtschere!" Ein paar wuchtige Jungens treten
den Schlehdorn ein - ich knipse den Draht durch und gehe
ihnen voran, - meine Hose hängt in Fetzen runter.
Die Hecken werden genommen - auf einmal kracht es
auf uns her - nur wenige Sekunden, dann saust eine
Haubitze in den verruchten Giebel - Steine spritzen
umher - das Gemäuer sinkt donnernd zusammen.
Feuer von links! - Da sind die Unsern, sie schießen
auf uns - sie erkennen uns noch immer nicht. Wir
brüllen ihnen die Losung zu: "Der Kaiser! Der Kaiser!"
- Sie hören uns nicht in dem Höllenlärm. "Hornist,"
rufe ich, "blasen Sie Signal!" Der brave Junge - er
war von den vierten Jägern, nimmt das Horn und
schmettert: Das Ganze! - Das Ganze! - Da kommt´s
von drüben zurück. Wir erkennen uns - es sind die
27er - ich drücke dem Hauptmann, den ich seit Jahren
kenne, die Hand. -
Heller Morgen, ¼ 7 Uhr (am 6. August).
Vor uns liegt ein Kohlenbergwerk. Zwei Kohlen-
halden sind einige Meter hoch im Winkel zu einander
aufgeschüttet - da stürmen wir hinauf: Ein Jäger-
Fortsetzung 2. Spalte Mitte
2. Spalte
Siegreiches Vordringen der Oesterreicher.
WTB. Wien, 30. August. Der Korrespondent des
Neuen Wiener Tagebl. im Hauptquartier meldet: Die
große Schlacht ist heute, am vierten Tage, in vollem
Gange und steht gut für uns. Die linke Flügelgruppe
rückt gegen Lublin und Zamocs langsam aber sicher vor,
stößt aber immer wieder auf den neuverschanzten Gegner
und anstelle von Frontalangriffen sind zeitraubende Um-
gehungen nötig. Drei Zügen des Infanterieregiments
Nr. 72 gelang ein rascher Frontalangriff, bei dem zwei
russische Hauptleute, sechs Subalternoffiziere und 470
Mann gefangen genommen wurden. Die Kräftegruppe
zwischen Bug und Wieprz griff eine russische Division
von drei Seiten mit Erfolg an, sodaß sie nur unter dem
Schutze der Nacht entkamen. Generalstabshauptmann
Roßmann stürzte mit seinem Flugzeug ab und wurde
getötet. Das Armeeverordnungsblatt veröffentlichte ge-
rade heute eine Auszeichnung Roßmanns für hervor-
ragend tapferes Verhalten vor dem Feinde.
WTB. Wien, 30. August. (Nicht amtlich.) Soweit
sich bis gestern mittag überblicken ließ, ist das große
Ringen unserer Armee mit den Hauptkräften des russi-
schen Heeres noch nicht zur Entscheidung herangereift.
Nur die Erfolge der vom General der Kavallerie Viktor
Dankl in der Schlacht bei Krasnik siegreich geführten
Armee sind bereits einigermaßen zu übersehen. In ei-
ner zweiten Schlacht am 27. August, die durch die helden-
mütige Erstürmung einer stark befestigten Stellung auf
den Höhen von Niedrzwiosduca gekrönt war, gelang es,
die bei Krasnik zurückgeworfenen russischen Kräfte und
herangeführten Verstärkungen, im ganzen etwa zehn
Divisionen, durch sechs verschiedene Korps neuerlich zu
schlagen. Eines unserer Korps nahm in dieser zweiten
Schlacht einen General, einen Oberst, drei sonstige
Stabspersonen, vierzig Offiziere und zirka 2000 Mann
gefangen und erbeutete wieder sehr viel Kriegsmaterial.
WTB. Wien, 31. August. Die Schlachten auf dem
östlichen Kriegsschauplatz dauern mit ungeminderter
Heftigkeit fort. Oestlich unserer trotz mehrfacher be-
festigter Stellungen des Feindes unaufhaltsam gegen
Lublin vordringenden Armee Dankl haben unsere zwischen
Bug und Wieprz vorgeführten Kräfte am 26. August
den Angriff auf die dem Raume bei Cholm stehen-
den starken russischen Kräfte begonnen. Hierbei ent-
wickelten sich wie bei Krasnik wieder harte, für unsere
angriffsfreudigen Truppen siegreich verlaufende Kämpfe
bei Zamoid sowie nördlich und östlich bei Tomaszow.
In diesen Kämpfen wurden ebenso wie in den Schlach-
ten bei Krasnik tausende von Gefangenen gemacht.
In Ostgalizien behaupten sich unsere Truppen mit helden-
mütiger Bravour und Zähigkeit gegen sehr starke uns
überlegene feindliche Kräfte. Auf dem südlichen Kriegs-
schauplatz haben in letzter Zeit neue Kämpfe statt-
gefunden.
Der Kampf in der Nordsee.
Der lange erwartete Zusammenstoß unserer Flotte
mit der englischen ist erfolgt. Die Nordsee bei Helgo-
land war der Kampfplatz, wo der Seekrieg heftig tobte.
Der Kampf erfolgte bei unsichtigem Wetter und er zog
sich nach Westen, also nach der englischen Küste zu hin.
Mehrere kleine Kreuzer unserer Flotte stießen todes-
mutig vor und gerieten dabei in einen Kampf mit einer
überlegenen starken englischen Flotte. Unsere Schiffe
mußten der Uebermacht weichen, haben den Engländern
aber, wie ein englischer Bericht eingesteht, schwere Be-
schädigungen beigebracht. Nach dem, was man sonst von
Fortsetzung 3. Spalte oben
Fortsetzung von 1. Spalte Kriegsbriefe
leutnant, ein Kompagniekamerad von mir, Sch., dann
ein riesiger Adjutant von den 27ern, A., ein tapferer
Junge, der nicht mit der Wimper zuckte - am Wege
unten bleibt H. zurück, der furchtlose Regimentsadjunkt
vom Regiment Louis Ferdinand, und mit ungefähr 10
Mann nimmt der Hauptmann v. B. die Häuser in un-
serm Rücken unter Feuer, er selbst hat den Degen ab-
gelegt und führt das Gewehr . . .
Oben von meiner Kohlenhalde sehe ich ein Gehöft
und zum ersten Male belgische Infanterie - sonst wa-
ren die Kerle gelaufen, als sei der Deibel hinter ihnen.
- Jetzt heben sie die Büchse an die Backe. Ich lasse
das Feuer aufnehmen und beobachte durch das Glas die
Wirkung . . . "Ruhig zielen, Kerls, ihr schießt zu weit"
. . . Zwei schwarze Mäntel sehe ich sich im Sande wälzen.
"Hols der Deibel!" Sie schießen von rechts her -
von der anderen Halde . . . Da steht noch auf unserem
Flügel der lange A. Seine Schärpe flattert, die Quasten
sind schwarz von Kohlenstaub, er schießt auf die Bande
rechts - jetzt knallt´s auch von hintenher aus den
Häusern . . .
Ich setze das Glas ab und sehe mich um. Da links
am Flügel liegt mein Kamerad Sch., hat einem Ver-
wundeten das Gewehr abgenommen und schießt nach dem
Gehöft . . . Rechts von mir - ja, was ist denn das?
Einer nach dem andern "klappt ab" . . . Der läßt den
Kopf vornüber, der rollt den Abhang hinunter, der
schreit . . . Sie schießen wie besessen auf uns. Nun
liegt nur noch einer rechts von mir, eben fängt auch der
an, sich hin und her zu wälzen, Blut quillt aus dem
Rock hervor, ich werde ihm sein Gewehr abnehmen; ich
richte mich auf . . . Donnerwetter, ich fühle einen
Schlag vor der linken Brust: "Kinder, jetzt hat´s mich
auch." . . .
Ich rutsche den Abhang hinab, das Blut kommt mir
aus dem Munde . . . hinter einem Steinhaufen finde
ich Deckung vor dem mörderischen Feuer. Ich bitte einen
Soldaten: "Mach mir mal die Feldflasche ab - so -
- und den Tornister."Einen langen Schluck. Der gute
Kerl öffnet mir den Waffenrock. Ich lehne mich gegen
den Steinhaufen. Ganz warm quillt das Blut hervor;
wie lange kann´s dauern, dann ist´s vorbei. Aus dem
Rocktäschchen ziehe ich das Verbandszeug, öffne es hastig
und drücke es auf die Wunde. Dann warte ich ab,
minutenlang; auf dem Wege vor mir stehen die braven
Kerle und feuern; da ist auch A. noch mit den schwarzen
Quasten. "Kinder, schickt mir doch einen Arzt." Mir
fängt´s an, vor den Augen zu flimmern. Da kommt das
Soldatengefühl: du mußt Dich [sic] wehren, darfst nicht dich
dumpf in dein Schicksal ergeben. Die Schlacht geht wei-
ter; hier findet dich keiner . . .
Mit Schmerzen richte ich mich empor - stülpe mir
den Helm auf den Kopf - die Feldbinde, die Pistole -
das Glas schenke ich einem Soldaten, er braucht´s jetzt
nötiger als ich, und dann meinen Degen - den lasse ich
nicht, er braucht sich meiner nicht zu schämen - so
schleppe ich mich an den Weg. Was geht mich das Pfei-
fen an, ich habe meinen Teil. Noch immer stehen die
wackeren Kerle und feuern vom Wege gegen die Kohlen-
halde - einen winke ich heran . . . "Um Gotteswillen,
Herr Leutnant!" . . . "Bringe mich zum Verbandplatz,
mein Junge." . . . Er gibt mir seinen Arm . . . "Mußt
3. Spalte
der englischen Kriegsberichterstattung gewöhnt ist, darf
man ruhig annehmen, daß auch die englischen Schiffe
zum mindesten kampfunfähig geworden sind. Leider
brachte der Kampf den Verlust einiger unserer Schiffe,
aber ohne Kampf kein Sieg. Die Helden der Nordsee
leben bei uns in treuem Angedenken und als leuchtendes
Beispiel deutscher Seemannstreue fort.
Unsere Schiff haben, wie Staatssekretär Tirpitz
sagte, die Aufgabe, die deutsche Küste zu schützen, und
diese Aufgabe haben sie bisher glänzend gelöst. Kein
englisches Schiff hat sich bis jetzt den deutschen Gestaden
nähern dürfen, und auch ferner werden unsere blauen
Jungen so scharf auf der Wacht stehen, daß die Englän-
der sich allemal blutige Köpfe holen, wenn sie kommen.
WTB. Berlin, 29. August. Im Laufe des gestrigen
Vormittags sind bei teilweise unsichtigem Wetter mehrere
moderne englische kleine Kreuzer und zwei englische Zer-
störerflottillen (ca. 40 Zerstörer) in der deutschen Bucht
der Nordsee unweit Helgoland aufgetreten. Es kam zu
hartnäckigen Einzelgefechten zwischen ihnen und unsern
leichten Streitkräften. Die deutschen kleinen Kreuzer
drängten lebhaft nach Westen nach und gerieten dabei
infolge der beschränkten Sichtweite ins Gefecht mit
mehreren starken englischen Panzerkreuzern. S. M. S.
"Ariadne" (Kleiner Kreuzer mit 2650 Tonnen Wasser-
verdrängung) sank, von zwei Schlachtschiffkreuzern der
Lion-Klasse auf kurze Entfernung mit schwerer Artillerie
beschossen, nach ehrenvollem Kampfe. Der weitaus größte
Teil der Besatzung, voraussichtlich 250 Köpfe, konnte
gerettet werden.
Auch das Torpedoboot V 187 ging, von einem kleinen
Kreuzer und den Zerstörern aufs heftigste beschossen, bis
zuletzt feuernd, in die Tiefe. Flottillenchef und Kom-
mandant sind gefallen. Ein beträchtlicher Teil der Be-
satzung wurde gerettet. Die kleinen Kreuzer Cöln und
Mainz werden vermißt. Sie sind nach einer heutigen
Reutermeldung aus London gleichfalls im Kampfe mit
überlegenen Gegnern gesunken. Ein Teil der Be-
satzung, 2 Offiziere und 81 Mann (?) scheinen durch eng-
lische Schiffe gerettet zu sein. Nach der gleichen Quelle
haben die englischen Schiffe schwere Beschädigungen er-
litten.
-
item 14
Ueber 30 000 Russen in Ostpreußen gefangen.
Der Sieg der Oesterreicher. Der Kampf in der Nordsee. Die Opfer vom
Kreuzer "Magdeburg".
1. Spalte
Wie im Westen, so ist nunmehr auch im Osten die
erste große Schlacht geschlagen worden. Der Unterschied
liegt darin, daß sich die Russen in der Offensivstellung
befanden, während wir den Ansturm abzuwehren hatten.
Aus der Richtung von Niemen, wie von der Narew her,
d. h. aus Süden und aus Osten waren erhebliche russische
Streitkräfte im Anmarsche, die zwischen Insterburg und
Graudenz in deutsches Gebiet einzubrechen versuchten.
Ihr Zweck war offenbar, die deutsche Defensive zu durch-
brechen, ehe die siegreich vordringenden Oesterreicher
Verbindung mit uns erlangt haben. Die Absicht ist an
der Wachsamkeit unserer Heeresleitung und der Tapfer-
keit unserer Truppen gescheitert. Die russische Armee,
an Zahl fast der bei Metz geschlagenen französischen Ar-
mee gleich, ist über die Grenze zurückgewichen und wird
von unseren Truppen verfolgt. Durch diesen Sieg ist
die Durchführung des gemeinschaftlichen Vormarsches
unserer und der österreichischen Truppen gegen die
Weichsel erleichtert worden. Es geht auf Warschau los!
Die Meldung über den Sieg lautet kurz und knapp:
WTB. Berlin, 29. August. Unsere Truppen in
Preußen unter der Führung des Generalobersten Hinden-
burg haben die von Narew vorgegangene russische Armee
in Stärke von 5 Armeekorps und 3 Kavalleriedivisionen
in dreitägiger Schlacht bei Gilgenburg-Ortelsburg ge-
schlagen und verfolgen sie jetzt über die Grenze.
Generalquartiermeister von Stein.
Die am Sonnabend verbreitete Meldung von dem
großen deutschen Siege über die Russen in Ostpreußen
wird durch folgende neue erfreuliche Nachricht ergänzt:
WTB. Berlin, 31. August. Bei den großen
Kämpfen, in denen die russische Armee bei Tannen-
berg, Hohenstein und Ortelsburg geworfen wurden,
sind nach vorläufiger Schätzung über 30000 Russen
mit vielen hohen Offizieren in Gefangenschaft
geraten.
Eine erfreuliche Ergänzung zu der amtlichen Mel-
dung über das Ergebnis der Schlacht bilden die folgen-
den Mitteilungen, die aus amtlichen Quellen Ost-
preußens stammen:
Der vom Generalquartiermeister in seiner Ver-
öffentlichung vom 25. August als bevorstehend angekün-
digte Entscheidungskampf hat begonnen. Als Einleitung
erfolgte die Besetzung der Grenzstadt Neidenburg durch
starke russische Kräfte. Die Russen plünderten die Stadt
gründlich und bombardierten sie dann von den benach-
barten Höhen. Den meisten Bürgern Neidenburgs,
das etwa 6000 Einwohner hat, war es gelungen, über
Hohenstein und Allenstein zu fliehen. Das 20. Armee-
korps griff energisch in den Kampf gegen den russischen
Gegner ein. Die "Allensteiner Zeitung" kann mit amt-
licher Genehmigung darüber melden: Unser tapferes
20. Armeekorps steht seit 24 Stunden im Feuer mit
einem an Kräften weit überlegenen Gegner. Dank der
Tapferkeit unserer Truppen und Führer ist es den
Russen trotz der gewaltigen Uebermacht nicht gelun-
gen, unsere Stellungen zu nehmen. Der Kampf hat sich
dann zu einer Riesenschlacht auf der Linie Gilgenburg-
Neidenburg-Ortelsburg entwickelt mit etwa 50 Kilo-
meter Frontlänge. Hierüber teilt Landrat Hagemann
in Marienburg der "Marienburger Zeitung" mit, daß
zwei russische Armeekorps aufgerieben worden seien.
Kriegsbriefe.
Wie ich verwundet wurde
Von einem Mitkämpfer bei Lüttich.
. . . Mitten in dieses Dorfgefecht (Sturm auf Ft.
Fléron) waren wir hineingerissen. Es blitzte aus allen
Häusern, unablässig rollt der Donner der Geschütze, un-
ablässig geht der Eisenregen nieder. Stockdunkel . . .
Wie sehnlich wünschen wir den Morgen heran. - Kein
Gegner zu sehen - und doch sinkt Mann neben Mann.
Aus den Mauern der Häuser sind nur winzige Steine
gelöst - ein Flintenlauf ragt durch; in den Fenster-
laden ein kleines Loch - der Lauf einer Jagdbüchse
sprüht Flammen heraus - aus den Kellerfenstern, von
den Böden zuckt und flammt und pfeift es . . . Wie
im Hexenkessel . . . Und wir dürfen nicht schießen, um
die Kameraden, die rechts und links vor uns im Gefecht
liegen, nicht zu gefährden . . . Einer neben dem anderen
sinkt - Aechzen und Stöhnen überall. Hinweg über
einen Haufen zuckender Leiber, vorsichtig - um keinem
wehe zu tun - und um uns blitzt und kracht´s. Aus einem
Eckhaus prasselt uns ein Hagel entgegen. -
Zwanzig, fünfzig Läufe heben sich - , da brülle ich:
"Keinen Schuß, Kerls! Wer kommt mit? Beil her!"
Ein kleiner Musketier reicht mir eine Picke . . . Zehn
braune Kerls drängen hinter mir nach. - Dann ein
paar Hiebe mit Beil und Kolben - die Tür kracht ein
- von der Decke her zucken Geschosse nieder . . . "Keiner
die Bodentreppe hinauf! Hierbleiben! Streichhölzer
her!" Und schon habe ich ein paar Strohballen vorge-
rissen, - fünf Minuten später züngeln die Flammen
aus allen Fenstern. "So, Jungs, nun vorwärts!" -
Hinein wieder in die Dorfgasse . . . Da treffe ich mei-
nen Kompagnieführer. "Hierher!" schreit er. "Ueber
die Mauer, mir nach!"
Zwei Kerle heben mich hoch, im Nu haben wir eine
Gartenmauer überstiegen, und stürmen weiter, einer
belgischen Abteilung in den Rücken zu fallen. Manns-
hohe Hecken, mit Stacheldraht durchzogen - vier, fünf
- vor uns. "Her, Kerls," rufe ich, "gebt mir die
Drahtschere!" Ein paar wuchtige Jungens treten
den Schlehdorn ein - ich knipse den Draht durch und gehe
ihnen voran, - meine Hose hängt in Fetzen runter.
Die Hecken werden genommen - auf einmal kracht es
auf uns her - nur wenige Sekunden, dann saust eine
Haubitze in den verruchten Giebel - Steine spritzen
umher - das Gemäuer sinkt donnernd zusammen.
Feuer von links! - Da sind die Unsern, sie schießen
auf uns - sie erkennen uns noch immer nicht. Wir
brüllen ihnen die Losung zu: "Der Kaiser! Der Kaiser!"
- Sie hören uns nicht in dem Höllenlärm. "Hornist,"
rufe ich, "blasen Sie Signal!" Der brave Junge - er
war von den vierten Jägern, nimmt das Horn und
schmettert: Das Ganze! - Das Ganze! - Da kommt´s
von drüben zurück. Wir erkennen uns - es sind die
27er - ich drücke dem Hauptmann, den ich seit Jahren
kenne, die Hand. -
Heller Morgen, ¼ 7 Uhr (am 6. August).
Vor uns liegt ein Kohlenbergwerk. Zwei Kohlen-
halden sind einige Meter hoch im Winkel zu einander
aufgeschüttet - da stürmen wir hinauf: Ein Jäger-
Fortsetzung 2. Spalte Mitte
2. Spalte
Siegreiches Vordringen der Oesterreicher.
WTB. Wien, 30. August. Der Korrespondent des
Neuen Wiener Tagebl. im Hauptquartier meldet: Die
große Schlacht ist heute, am vierten Tage, in vollem
Gange und steht gut für uns. Die linke Flügelgruppe
rückt gegen Lublin und Zamocs langsam aber sicher vor,
stößt aber immer wieder auf den neuverschanzten Gegner
und anstelle von Frontalangriffen sind zeitraubende Um-
gehungen nötig. Drei Zügen des Infanterieregiments
Nr. 72 gelang ein rascher Frontalangriff, bei dem zwei
russische Hauptleute, sechs Subalternoffiziere und 470
Mann gefangen genommen wurden. Die Kräftegruppe
zwischen Bug und Wieprz griff eine russische Division
von drei Seiten mit Erfolg an, sodaß sie nur unter dem
Schutze der Nacht entkamen. Generalstabshauptmann
Roßmann stürzte mit seinem Flugzeug ab und wurde
getötet. Das Armeeverordnungsblatt veröffentlichte ge-
rade heute eine Auszeichnung Roßmanns für hervor-
ragend tapferes Verhalten vor dem Feinde.
WTB. Wien, 30. August. (Nicht amtlich.) Soweit
sich bis gestern mittag überblicken ließ, ist das große
Ringen unserer Armee mit den Hauptkräften des russi-
schen Heeres noch nicht zur Entscheidung herangereift.
Nur die Erfolge der vom General der Kavallerie Viktor
Dankl in der Schlacht bei Krasnik siegreich geführten
Armee sind bereits einigermaßen zu übersehen. In ei-
ner zweiten Schlacht am 27. August, die durch die helden-
mütige Erstürmung einer stark befestigten Stellung auf
den Höhen von Niedrzwiosduca gekrönt war, gelang es,
die bei Krasnik zurückgeworfenen russischen Kräfte und
herangeführten Verstärkungen, im ganzen etwa zehn
Divisionen, durch sechs verschiedene Korps neuerlich zu
schlagen. Eines unserer Korps nahm in dieser zweiten
Schlacht einen General, einen Oberst, drei sonstige
Stabspersonen, vierzig Offiziere und zirka 2000 Mann
gefangen und erbeutete wieder sehr viel Kriegsmaterial.
WTB. Wien, 31. August. Die Schlachten auf dem
östlichen Kriegsschauplatz dauern mit ungeminderter
Heftigkeit fort. Oestlich unserer trotz mehrfacher be-
festigter Stellungen des Feindes unaufhaltsam gegen
Lublin vordringenden Armee Dankl haben unsere zwischen
Bug und Wieprz vorgeführten Kräfte am 26. August
den Angriff auf die dem Raume bei Cholm stehen-
den starken russischen Kräfte begonnen. Hierbei ent-
wickelten sich wie bei Krasnik wieder harte, für unsere
angriffsfreudigen Truppen siegreich verlaufende Kämpfe
bei Zamoid sowie nördlich und östlich bei Tomaszow.
In diesen Kämpfen wurden ebenso wie in den Schlach-
ten bei Krasnik tausende von Gefangenen gemacht.
In Ostgalizien behaupten sich unsere Truppen mit helden-
mütiger Bravour und Zähigkeit gegen sehr starke uns
überlegene feindliche Kräfte. Auf dem südlichen Kriegs-
schauplatz haben in letzter Zeit neue Kämpfe statt-
gefunden.
Der Kampf in der Nordsee.
Der lange erwartete Zusammenstoß unserer Flotte
mit der englischen ist erfolgt. Die Nordsee bei Helgo-
land war der Kampfplatz, wo der Seekrieg heftig tobte.
Der Kampf erfolgte bei unsichtigem Wetter und er zog
sich nach Westen, also nach der englischen Küste zu hin.
Mehrere kleine Kreuzer unserer Flotte stießen todes-
mutig vor und gerieten dabei in einen Kampf mit einer
überlegenen starken englischen Flotte. Unsere Schiffe
mußten der Uebermacht weichen, haben den Engländern
aber, wie ein englischer Bericht eingesteht, schwere Be-
schädigungen beigebracht. Nach dem, was man sonst von
Fortsetzung 3. Spalte oben
Fortsetzung von 1. Spalte Kriegsbriefe
leutnant, ein Kompagniekamerad von mir, Sch., dann
ein riesiger Adjutant von den 27ern, A., ein tapferer
Junge, der nicht mit der Wimper zuckte - am Wege
unten bleibt H. zurück, der furchtlose Regimentsadjunkt
vom Regiment Louis Ferdinand, und mit ungefähr 10
Mann nimmt der Hauptmann v. B. die Häuser in un-
serm Rücken unter Feuer, er selbst hat den Degen ab-
gelegt und führt das Gewehr . . .
Oben von meiner Kohlenhalde sehe ich ein Gehöft
und zum ersten Male belgische Infanterie - sonst wa-
ren die Kerle gelaufen, als sei der Deibel hinter ihnen.
- Jetzt heben sie die Büchse an die Backe. Ich lasse
das Feuer aufnehmen und beobachte durch das Glas die
Wirkung . . . "Ruhig zielen, Kerls, ihr schießt zu weit"
. . . Zwei schwarze Mäntel sehe ich sich im Sande wälzen.
"Hols der Deibel!" Sie schießen von rechts her -
von der anderen Halde . . . Da steht noch auf unserem
Flügel der lange A. Seine Schärpe flattert, die Quasten
sind schwarz von Kohlenstaub, er schießt auf die Bande
rechts - jetzt knallt´s auch von hintenher aus den
Häusern . . .
Ich setze das Glas ab und sehe mich um. Da links
am Flügel liegt mein Kamerad Sch., hat einem Ver-
wundeten das Gewehr abgenommen und schießt nach dem
Gehöft . . . Rechts von mir - ja, was ist denn das?
Einer nach dem andern "klappt ab" . . . Der läßt den
Kopf vornüber, der rollt den Abhang hinunter, der
schreit . . . Sie schießen wie besessen auf uns. Nun
liegt nur noch einer rechts von mir, eben fängt auch der
an, sich hin und her zu wälzen, Blut quillt aus dem
Rock hervor, ich werde ihm sein Gewehr abnehmen; ich
richte mich auf . . . Donnerwetter, ich fühle einen
Schlag vor der linken Brust: "Kinder, jetzt hat´s mich
auch." . . .
Ich rutsche den Abhang hinab, das Blut kommt mir
aus dem Munde . . . hinter einem Steinhaufen finde
ich Deckung vor dem mörderischen Feuer. Ich bitte einen
Soldaten: "Mach mir mal die Feldflasche ab - so -
- und den Tornister."Einen langen Schluck. Der gute
Kerl öffnet mir den Waffenrock. Ich lehne mich gegen
den Steinhaufen. Ganz warm quillt das Blut hervor;
wie lange kann´s dauern, dann ist´s vorbei. Aus dem
Rocktäschchen ziehe ich das Verbandszeug, öffne es hastig
und drücke es auf die Wunde. Dann warte ich ab,
minutenlang; auf dem Wege vor mir stehen die braven
Kerle und feuern; da ist auch A. noch mit den schwarzen
Quasten. "Kinder, schickt mir doch einen Arzt." Mir
fängt´s an, vor den Augen zu flimmern. Da kommt das
Soldatengefühl: du mußt Dich [sic] wehren, darfst nicht dich
dumpf in dein Schicksal ergeben. Die Schlacht geht wei-
ter; hier findet dich keiner . . .
Mit Schmerzen richte ich mich empor - stülpe mir
den Helm auf den Kopf - die Feldbinde, die Pistole -
das Glas schenke ich einem Soldaten, er braucht´s jetzt
nötiger als ich, und dann meinen Degen - den lasse ich
nicht, er braucht sich meiner nicht zu schämen - so
schleppe ich mich an den Weg. Was geht mich das Pfei-
fen an, ich habe meinen Teil. Noch immer stehen die
wackeren Kerle und feuern vom Wege gegen die Kohlen-
halde - einen winke ich heran . . . "Um Gotteswillen,
Herr Leutnant!" . . . "Bringe mich zum Verbandplatz,
mein Junge." . . . Er gibt mir seinen Arm . . . "Mußt
3. Spalte
der englischen Kriegsberichterstattung gewöhnt ist, darf
man ruhig annehmen, daß auch die englischen Schiffe
zum mindesten kampfunfähig geworden sind. Leider
brachte der Kampf den Verlust einiger unserer Schiffe,
aber ohne Kampf kein Sieg. Die Helden der Nordsee
leben bei uns in treuem Angedenken und als leuchtendes
Beispiel deutscher Seemannstreue fort.
Unsere Schiff haben, wie Staatssekretär Tirpitz
sagte, die Aufgabe, die deutsche Küste zu schützen, und
diese Aufgabe haben sie bisher glänzend gelöst. Kein
englisches Schiff hat sich bis jetzt den deutschen Gestaden
nähern dürfen, und auch ferner werden unsere blauen
Jungen so scharf auf der Wacht stehen, daß die Englän-
der sich allemal blutige Köpfe holen, wenn sie kommen.
WTB. Berlin, 29. August. Im Laufe des gestrigen
Vormittags sind bei teilweise unsichtigem Wetter mehrere
moderne englische kleine Kreuzer und zwei englische Zer-
störerflottillen (ca. 40 Zerstörer) in der deutschen Bucht
der Nordsee unweit Helgoland aufgetreten. Es kam zu
hartnäckigen Einzelgefechten zwischen ihnen und unsern
leichten Streitkräften. Die deutschen kleinen Kreuzer
drängten lebhaft nach Westen nach und gerieten dabei
infolge der beschränkten Sichtweite ins Gefecht mit
mehreren starken englischen Panzerkreuzern. S. M. S.
"Ariadne" (Kleiner Kreuzer mit 2650 Tonnen Wasser-
verdrängung) sank, von zwei Schlachtschiffkreuzern der
Lion-Klasse auf kurze Entfernung mit schwerer Artillerie
beschossen, nach ehrenvollem Kampfe. Der weitaus größte
Teil der Besatzung, voraussichtlich 250 Köpfe, konnte
gerettet werden.
-
item 14
Ueber 30 000 Russen in Ostpreußen gefangen.
Der Sieg der Oesterreicher. Der Kampf in der Nordsee. Die Opfer vom
Kreuzer "Magdeburg".
1. Spalte
Wie im Westen, so ist nunmehr auch im Osten die
erste große Schlacht geschlagen worden. Der Unterschied
liegt darin, daß sich die Russen in der Offensivstellung
befanden, während wir den Ansturm abzuwehren hatten.
Aus der Richtung von Niemen, wie von der Narew her,
d. h. aus Süden und aus Osten waren erhebliche russische
Streitkräfte im Anmarsche, die zwischen Insterburg und
Graudenz in deutsches Gebiet einzubrechen versuchten.
Ihr Zweck war offenbar, die deutsche Defensive zu durch-
brechen, ehe die siegreich vordringenden Oesterreicher
Verbindung mit uns erlangt haben. Die Absicht ist an
der Wachsamkeit unserer Heeresleitung und der Tapfer-
keit unserer Truppen gescheitert. Die russische Armee,
an Zahl fast der bei Metz geschlagenen französischen Ar-
mee gleich, ist über die Grenze zurückgewichen und wird
von unseren Truppen verfolgt. Durch diesen Sieg ist
die Durchführung des gemeinschaftlichen Vormarsches
unserer und der österreichischen Truppen gegen die
Weichsel erleichtert worden. Es geht auf Warschau los!
Die Meldung über den Sieg lautet kurz und knapp:
WTB. Berlin, 29. August. Unsere Truppen in
Preußen unter der Führung des Generalobersten Hinden-
burg haben die von Narew vorgegangene russische Armee
in Stärke von 5 Armeekorps und 3 Kavalleriedivisionen
in dreitägiger Schlacht bei Gilgenburg-Ortelsburg ge-
schlagen und verfolgen sie jetzt über die Grenze.
Generalquartiermeister von Stein.
Die am Sonnabend verbreitete Meldung von dem
großen deutschen Siege über die Russen in Ostpreußen
wird durch folgende neue erfreuliche Nachricht ergänzt:
WTB. Berlin, 31. August. Bei den großen
Kämpfen, in denen die russische Armee bei Tannen-
berg, Hohenstein und Ortelsburg geworfen wurden,
sind nach vorläufiger Schätzung über 30000 Russen
mit vielen hohen Offizieren in Gefangenschaft
geraten.
Eine erfreuliche Ergänzung zu der amtlichen Mel-
dung über das Ergebnis der Schlacht bilden die folgen-
den Mitteilungen, die aus amtlichen Quellen Ost-
preußens stammen:
Der vom Generalquartiermeister in seiner Ver-
öffentlichung vom 25. August als bevorstehend angekün-
digte Entscheidungskampf hat begonnen. Als Einleitung
erfolgte die Besetzung der Grenzstadt Neidenburg durch
starke russische Kräfte. Die Russen plünderten die Stadt
gründlich und bombardierten sie dann von den benach-
barten Höhen. Den meisten Bürgern Neidenburgs,
das etwa 6000 Einwohner hat, war es gelungen, über
Hohenstein und Allenstein zu fliehen. Das 20. Armee-
korps griff energisch in den Kampf gegen den russischen
Gegner ein. Die "Allensteiner Zeitung" kann mit amt-
licher Genehmigung darüber melden: Unser tapferes
20. Armeekorps steht seit 24 Stunden im Feuer mit
einem an Kräften weit überlegenen Gegner. Dank der
Tapferkeit unserer Truppen und Führer ist es den
Russen trotz der gewaltigen Uebermacht nicht gelun-
gen, unsere Stellungen zu nehmen. Der Kampf hat sich
dann zu einer Riesenschlacht auf der Linie Gilgenburg-
Neidenburg-Ortelsburg entwickelt mit etwa 50 Kilo-
meter Frontlänge. Hierüber teilt Landrat Hagemann
in Marienburg der "Marienburger Zeitung" mit, daß
zwei russische Armeekorps aufgerieben worden seien.
Kriegsbriefe.
Wie ich verwundet wurde
Von einem Mitkämpfer bei Lüttich.
. . . Mitten in dieses Dorfgefecht (Sturm auf Ft.
Fléron) waren wir hineingerissen. Es blitzte aus allen
Häusern, unablässig rollt der Donner der Geschütze, un-
ablässig geht der Eisenregen nieder. Stockdunkel . . .
Wie sehnlich wünschen wir den Morgen heran. - Kein
Gegner zu sehen - und doch sinkt Mann neben Mann.
Aus den Mauern der Häuser sind nur winzige Steine
gelöst - ein Flintenlauf ragt durch; in den Fenster-
laden ein kleines Loch - der Lauf einer Jagdbüchse
sprüht Flammen heraus - aus den Kellerfenstern, von
den Böden zuckt und flammt und pfeift es . . . Wie
im Hexenkessel . . . Und wir dürfen nicht schießen, um
die Kameraden, die rechts und links vor uns im Gefecht
liegen, nicht zu gefährden . . . Einer neben dem anderen
sinkt - Aechzen und Stöhnen überall. Hinweg über
einen Haufen zuckender Leiber, vorsichtig - um keinem
wehe zu tun - und um uns blitzt und kracht´s. Aus einem
Eckhaus prasselt uns ein Hagel entgegen. -
Zwanzig, fünfzig Läufe heben sich - , da brülle ich:
"Keinen Schuß, Kerls! Wer kommt mit? Beil her!"
Ein kleiner Musketier reicht mir eine Picke . . . Zehn
braune Kerls drängen hinter mir nach. - Dann ein
paar Hiebe mit Beil und Kolben - die Tür kracht ein
- von der Decke her zucken Geschosse nieder . . . "Keiner
die Bodentreppe hinauf! Hierbleiben! Streichhölzer
her!" Und schon habe ich ein paar Strohballen vorge-
rissen, - fünf Minuten später züngeln die Flammen
aus allen Fenstern. "So, Jungs, nun vorwärts!" -
Hinein wieder in die Dorfgasse . . . Da treffe ich mei-
nen Kompagnieführer. "Hierher!" schreit er. "Ueber
die Mauer, mir nach!"
Zwei Kerle heben mich hoch, im Nu haben wir eine
Gartenmauer überstiegen, und stürmen weiter, einer
belgischen Abteilung in den Rücken zu fallen. Manns-
hohe Hecken, mit Stacheldraht durchzogen - vier, fünf
- vor uns. "Her, Kerls," rufe ich, "gebt mir die
Drahtschere!" Ein paar wuchtige Jungens treten
den Schlehdorn ein - ich knipse den Draht durch und gehe
ihnen voran, - meine Hose hängt in Fetzen runter.
Die Hecken werden genommen - auf einmal kracht es
auf uns her - nur wenige Sekunden, dann saust eine
Haubitze in den verruchten Giebel - Steine spritzen
umher - das Gemäuer sinkt donnernd zusammen.
Feuer von links! - Da sind die Unsern, sie schießen
auf uns - sie erkennen uns noch immer nicht. Wir
brüllen ihnen die Losung zu: "Der Kaiser! Der Kaiser!"
- Sie hören uns nicht in dem Höllenlärm. "Hornist,"
rufe ich, "blasen Sie Signal!" Der brave Junge - er
war von den vierten Jägern, nimmt das Horn und
schmettert: Das Ganze! - Das Ganze! - Da kommt´s
von drüben zurück. Wir erkennen uns - es sind die
27er - ich drücke dem Hauptmann, den ich seit Jahren
kenne, die Hand. -
Heller Morgen, ¼ 7 Uhr (am 6. August).
Vor uns liegt ein Kohlenbergwerk. Zwei Kohlen-
halden sind einige Meter hoch im Winkel zu einander
aufgeschüttet - da stürmen wir hinauf: Ein Jäger-
Fortsetzung 2. Spalte Mitte
2. Spalte
Siegreiches Vordringen der Oesterreicher.
WTB. Wien, 30. August. Der Korrespondent des
Neuen Wiener Tagebl. im Hauptquartier meldet: Die
große Schlacht ist heute, am vierten Tage, in vollem
Gange und steht gut für uns. Die linke Flügelgruppe
rückt gegen Lublin und Zamocs langsam aber sicher vor,
stößt aber immer wieder auf den neuverschanzten Gegner
und anstelle von Frontalangriffen sind zeitraubende Um-
gehungen nötig. Drei Zügen des Infanterieregiments
Nr. 72 gelang ein rascher Frontalangriff, bei dem zwei
russische Hauptleute, sechs Subalternoffiziere und 470
Mann gefangen genommen wurden. Die Kräftegruppe
zwischen Bug und Wieprz griff eine russische Division
von drei Seiten mit Erfolg an, sodaß sie nur unter dem
Schutze der Nacht entkamen. Generalstabshauptmann
Roßmann stürzte mit seinem Flugzeug ab und wurde
getötet. Das Armeeverordnungsblatt veröffentlichte ge-
rade heute eine Auszeichnung Roßmanns für hervor-
ragend tapferes Verhalten vor dem Feinde.
WTB. Wien, 30. August. (Nicht amtlich.) Soweit
sich bis gestern mittag überblicken ließ, ist das große
Ringen unserer Armee mit den Hauptkräften des russi-
schen Heeres noch nicht zur Entscheidung herangereift.
Nur die Erfolge der vom General der Kavallerie Viktor
Dankl in der Schlacht bei Krasnik siegreich geführten
Armee sind bereits einigermaßen zu übersehen. In ei-
ner zweiten Schlacht am 27. August, die durch die helden-
mütige Erstürmung einer stark befestigten Stellung auf
den Höhen von Niedrzwiosduca gekrönt war, gelang es,
die bei Krasnik zurückgeworfenen russischen Kräfte und
herangeführten Verstärkungen, im ganzen etwa zehn
Divisionen, durch sechs verschiedene Korps neuerlich zu
schlagen. Eines unserer Korps nahm in dieser zweiten
Schlacht einen General, einen Oberst, drei sonstige
Stabspersonen, vierzig Offiziere und zirka 2000 Mann
gefangen und erbeutete wieder sehr viel Kriegsmaterial.
WTB. Wien, 31. August. Die Schlachten auf dem
östlichen Kriegsschauplatz dauern mit ungeminderter
Heftigkeit fort. Oestlich unserer trotz mehrfacher be-
festigter Stellungen des Feindes unaufhaltsam gegen
Lublin vordringenden Armee Dankl haben unsere zwischen
Bug und Wieprz vorgeführten Kräfte am 26. August
den Angriff auf die dem Raume bei Cholm stehen-
den starken russischen Kräfte begonnen. Hierbei ent-
wickelten sich wie bei Krasnik wieder harte, für unsere
angriffsfreudigen Truppen siegreich verlaufende Kämpfe
bei Zamoid sowie nördlich und östlich bei Tomaszow.
In diesen Kämpfen wurden ebenso wie in den Schlach-
ten bei Krasnik tausende von Gefangenen gemacht.
In Ostgalizien behaupten sich unsere Truppen mit helden-
mütiger Bravour und Zähigkeit gegen sehr starke uns
überlegene feindliche Kräfte. Auf dem südlichen Kriegs-
schauplatz haben in letzter Zeit neue Kämpfe statt-
gefunden.
Der Kampf in der Nordsee.
Der lange erwartete Zusammenstoß unserer Flotte
mit der englischen ist erfolgt. Die Nordsee bei Helgo-
land war der Kampfplatz, wo der Seekrieg heftig tobte.
Der Kampf erfolgte bei unsichtigem Wetter und er zog
sich nach Westen, also nach der englischen Küste zu hin.
Mehrere kleine Kreuzer unserer Flotte stießen todes-
mutig vor und gerieten dabei in einen Kampf mit einer
überlegenen starken englischen Flotte. Unsere Schiffe
mußten der Uebermacht weichen, haben den Engländern
aber, wie ein englischer Bericht eingesteht, schwere Be-
schädigungen beigebracht. Nach dem, was man sonst von
Fortsetzung 3. Spalte oben
Fortsetzung von 1. Spalte Kriegsbriefe
leutnant, ein Kompagniekamerad von mir, Sch., dann
ein riesiger Adjutant von den 27ern, A., ein tapferer
Junge, der nicht mit der Wimper zuckte - am Wege
unten bleibt H. zurück, der furchtlose Regimentsadjunkt
vom Regiment Louis Ferdinand, und mit ungefähr 10
Mann nimmt der Hauptmann v. B. die Häuser in un-
serm Rücken unter Feuer, er selbst hat den Degen ab-
gelegt und führt das Gewehr . . .
Oben von meiner Kohlenhalde sehe ich ein Gehöft
und zum ersten Male belgische Infanterie - sonst wa-
ren die Kerle gelaufen, als sei der Deibel hinter ihnen.
- Jetzt heben sie die Büchse an die Backe. Ich lasse
das Feuer aufnehmen und beobachte durch das Glas die
Wirkung . . . "Ruhig zielen, Kerls, ihr schießt zu weit"
. . . Zwei schwarze Mäntel sehe ich sich im Sande wälzen.
"Hols der Deibel!" Sie schießen von rechts her -
von der anderen Halde . . . Da steht noch auf unserem
Flügel der lange A. Seine Schärpe flattert, die Quasten
sind schwarz von Kohlenstaub, er schießt auf die Bande
rechts - jetzt knallt´s auch von hintenher aus den
Häusern . . .
Ich setze das Glas ab und sehe mich um. Da links
am Flügel liegt mein Kamerad Sch., hat einem Ver-
wundeten das Gewehr abgenommen und schießt nach dem
Gehöft . . . Rechts von mir - ja, was ist denn das?
Einer nach dem andern "klappt ab" . . . Der läßt den
Kopf vornüber, der rollt den Abhang hinunter, der
schreit . . . Sie schießen wie besessen auf uns. Nun
liegt nur noch einer rechts von mir, eben fängt auch der
an, sich hin und her zu wälzen, Blut quillt aus dem
Rock hervor, ich werde ihm sein Gewehr abnehmen; ich
richte mich auf . . . Donnerwetter, ich fühle einen
Schlag vor der linken Brust: "Kinder, jetzt hat´s mich
auch." . . .
Ich rutsche den Abhang hinab, das Blut kommt mir
aus dem Munde . . . hinter einem Steinhaufen finde
ich Deckung vor dem mörderischen Feuer. Ich bitte einen
Soldaten: "Mach mir mal die Feldflasche ab - so -
- und den Tornister."Einen langen Schluck. Der gute
Kerl öffnet mir den Waffenrock. Ich lehne mich gegen
den Steinhaufen. Ganz warm quillt das Blut hervor;
wie lange kann´s dauern, dann ist´s vorbei. Aus dem
Rocktäschchen ziehe ich das Verbandszeug, öffne es hastig
und drücke es auf die Wunde. Dann warte ich ab,
minutenlang; auf dem Wege vor mir stehen die braven
Kerle und feuern; da ist auch A. noch mit den schwarzen
Quasten. "Kinder, schickt mir doch einen Arzt." Mir
fängt´s an, vor den Augen zu flimmern. Da kommt das
Soldatengefühl: du mußt Dich [sic] wehren, darfst nicht dich
dumpf in dein Schicksal ergeben. Die Schlacht geht wei-
ter; hier findet dich keiner . . .
Mit Schmerzen richte ich mich empor - stülpe mir
den Helm auf den Kopf - die Feldbinde, die Pistole -
das Glas schenke ich einem Soldaten, er braucht´s jetzt
nötiger als ich, und dann meinen Degen - den lasse ich
nicht, er braucht sich meiner nicht zu schämen - so
schleppe ich mich an den Weg. Was geht mich das Pfei-
fen an, ich habe meinen Teil. Noch immer stehen die
wackeren Kerle und feuern vom Wege gegen die Kohlen-
halde - einen winke ich heran . . . "Um Gotteswillen,
Herr Leutnant!" . . . "Bringe mich zum Verbandplatz,
mein Junge." . . . Er gibt mir seinen Arm . . . "Mußt
3. Spalte
der englischen Kriegsberichterstattung gewöhnt ist, darf
man ruhig annehmen, daß auch die englischen Schiffe
zum mindesten kampfunfähig geworden sind. Leider
brachte der Kampf den Verlust einiger unserer Schiffe,
aber ohne Kampf kein Sieg. Die Helden der Nordsee
leben bei uns in treuem Angedenken und als leuchtendes
Beispiel deutscher Seemannstreue fort.
Unsere Schiff haben, wie Staatssekretär Tirpitz
sagte, die Aufgabe, die deutsche Küste zu schützen, und
diese Aufgabe haben sie bisher glänzend gelöst. Kein
englisches Schiff hat sich bis jetzt den deutschen Gestaden
nähern dürfen, und auch ferner werden unsere blauen
Jungen so scharf auf der Wacht stehen, daß die Englän-
der sich allemal blutige Köpfe holen, wenn sie kommen.
-
item 14
Ueber 30 000 Russen in Ostpreußen gefangen.
Der Sieg der Oesterreicher. Der Kampf in der Nordsee. Die Opfer vom
Kreuzer "Magdeburg".
1. Spalte
Wie im Westen, so ist nunmehr auch im Osten die
erste große Schlacht geschlagen worden. Der Unterschied
liegt darin, daß sich die Russen in der Offensivstellung
befanden, während wir den Ansturm abzuwehren hatten.
Aus der Richtung von Niemen, wie von der Narew her,
d. h. aus Süden und aus Osten waren erhebliche russische
Streitkräfte im Anmarsche, die zwischen Insterburg und
Graudenz in deutsches Gebiet einzubrechen versuchten.
Ihr Zweck war offenbar, die deutsche Defensive zu durch-
brechen, ehe die siegreich vordringenden Oesterreicher
Verbindung mit uns erlangt haben. Die Absicht ist an
der Wachsamkeit unserer Heeresleitung und der Tapfer-
keit unserer Truppen gescheitert. Die russische Armee,
an Zahl fast der bei Metz geschlagenen französischen Ar-
mee gleich, ist über die Grenze zurückgewichen und wird
von unseren Truppen verfolgt. Durch diesen Sieg ist
die Durchführung des gemeinschaftlichen Vormarsches
unserer und der österreichischen Truppen gegen die
Weichsel erleichtert worden. Es geht auf Warschau los!
Die Meldung über den Sieg lautet kurz und knapp:
WTB. Berlin, 29. August. Unsere Truppen in
Preußen unter der Führung des Generalobersten Hinden-
burg haben die von Narew vorgegangene russische Armee
in Stärke von 5 Armeekorps und 3 Kavalleriedivisionen
in dreitägiger Schlacht bei Gilgenburg-Ortelsburg ge-
schlagen und verfolgen sie jetzt über die Grenze.
Generalquartiermeister von Stein.
Die am Sonnabend verbreitete Meldung von dem
großen deutschen Siege über die Russen in Ostpreußen
wird durch folgende neue erfreuliche Nachricht ergänzt:
WTB. Berlin, 31. August. Bei den großen
Kämpfen, in denen die russische Armee bei Tannen-
berg, Hohenstein und Ortelsburg geworfen wurden,
sind nach vorläufiger Schätzung über 30000 Russen
mit vielen hohen Offizieren in Gefangenschaft
geraten.
Eine erfreuliche Ergänzung zu der amtlichen Mel-
dung über das Ergebnis der Schlacht bilden die folgen-
den Mitteilungen, die aus amtlichen Quellen Ost-
preußens stammen:
Der vom Generalquartiermeister in seiner Ver-
öffentlichung vom 25. August als bevorstehend angekün-
digte Entscheidungskampf hat begonnen. Als Einleitung
erfolgte die Besetzung der Grenzstadt Neidenburg durch
starke russische Kräfte. Die Russen plünderten die Stadt
gründlich und bombardierten sie dann von den benach-
barten Höhen. Den meisten Bürgern Neidenburgs,
das etwa 6000 Einwohner hat, war es gelungen, über
Hohenstein und Allenstein zu fliehen. Das 20. Armee-
korps griff energisch in den Kampf gegen den russischen
Gegner ein. Die "Allensteiner Zeitung" kann mit amt-
licher Genehmigung darüber melden: Unser tapferes
20. Armeekorps steht seit 24 Stunden im Feuer mit
einem an Kräften weit überlegenen Gegner. Dank der
Tapferkeit unserer Truppen und Führer ist es den
Russen trotz der gewaltigen Uebermacht nicht gelun-
gen, unsere Stellungen zu nehmen. Der Kampf hat sich
dann zu einer Riesenschlacht auf der Linie Gilgenburg-
Neidenburg-Ortelsburg entwickelt mit etwa 50 Kilo-
meter Frontlänge. Hierüber teilt Landrat Hagemann
in Marienburg der "Marienburger Zeitung" mit, daß
zwei russische Armeekorps aufgerieben worden seien.
Kriegsbriefe.
Wie ich verwundet wurde
Von einem Mitkämpfer bei Lüttich.
. . . Mitten in dieses Dorfgefecht (Sturm auf Ft.
Fléron) waren wir hineingerissen. Es blitzte aus allen
Häusern, unablässig rollt der Donner der Geschütze, un-
ablässig geht der Eisenregen nieder. Stockdunkel . . .
Wie sehnlich wünschen wir den Morgen heran. - Kein
Gegner zu sehen - und doch sinkt Mann neben Mann.
Aus den Mauern der Häuser sind nur winzige Steine
gelöst - ein Flintenlauf ragt durch; in den Fenster-
laden ein kleines Loch - der Lauf einer Jagdbüchse
sprüht Flammen heraus - aus den Kellerfenstern, von
den Böden zuckt und flammt und pfeift es . . . Wie
im Hexenkessel . . . Und wir dürfen nicht schießen, um
die Kameraden, die rechts und links vor uns im Gefecht
liegen, nicht zu gefährden . . . Einer neben dem anderen
sinkt - Aechzen und Stöhnen überall. Hinweg über
einen Haufen zuckender Leiber, vorsichtig - um keinem
wehe zu tun - und um uns blitzt und kracht´s. Aus einem
Eckhaus prasselt uns ein Hagel entgegen. -
Zwanzig, fünfzig Läufe heben sich - , da brülle ich:
"Keinen Schuß, Kerls! Wer kommt mit? Beil her!"
Ein kleiner Musketier reicht mir eine Picke . . . Zehn
braune Kerls drängen hinter mir nach. - Dann ein
paar Hiebe mit Beil und Kolben - die Tür kracht ein
- von der Decke her zucken Geschosse nieder . . . "Keiner
die Bodentreppe hinauf! Hierbleiben! Streichhölzer
her!" Und schon habe ich ein paar Strohballen vorge-
rissen, - fünf Minuten später züngeln die Flammen
aus allen Fenstern. "So, Jungs, nun vorwärts!" -
Hinein wieder in die Dorfgasse . . . Da treffe ich mei-
nen Kompagnieführer. "Hierher!" schreit er. "Ueber
die Mauer, mir nach!"
Zwei Kerle heben mich hoch, im Nu haben wir eine
Gartenmauer überstiegen, und stürmen weiter, einer
belgischen Abteilung in den Rücken zu fallen. Manns-
hohe Hecken, mit Stacheldraht durchzogen - vier, fünf
- vor uns. "Her, Kerls," rufe ich, "gebt mir die
Drahtschere!" Ein paar wuchtige Jungens treten
den Schlehdorn ein - ich knipse den Draht durch und gehe
ihnen voran, - meine Hose hängt in Fetzen runter.
Die Hecken werden genommen - auf einmal kracht es
auf uns her - nur wenige Sekunden, dann saust eine
Haubitze in den verruchten Giebel - Steine spritzen
umher - das Gemäuer sinkt donnernd zusammen.
Feuer von links! - Da sind die Unsern, sie schießen
auf uns - sie erkennen uns noch immer nicht. Wir
brüllen ihnen die Losung zu: "Der Kaiser! Der Kaiser!"
- Sie hören uns nicht in dem Höllenlärm. "Hornist,"
rufe ich, "blasen Sie Signal!" Der brave Junge - er
war von den vierten Jägern, nimmt das Horn und
schmettert: Das Ganze! - Das Ganze! - Da kommt´s
von drüben zurück. Wir erkennen uns - es sind die
27er - ich drücke dem Hauptmann, den ich seit Jahren
kenne, die Hand. -
Heller Morgen, ¼ 7 Uhr (am 6. August).
Vor uns liegt ein Kohlenbergwerk. Zwei Kohlen-
halden sind einige Meter hoch im Winkel zu einander
aufgeschüttet - da stürmen wir hinauf: Ein Jäger-
Fortsetzung 2. Spalte Mitte
2. Spalte
Siegreiches Vordringen der Oesterreicher.
WTB. Wien, 30. August. Der Korrespondent des
Neuen Wiener Tagebl. im Hauptquartier meldet: Die
große Schlacht ist heute, am vierten Tage, in vollem
Gange und steht gut für uns. Die linke Flügelgruppe
rückt gegen Lublin und Zamocs langsam aber sicher vor,
stößt aber immer wieder auf den neuverschanzten Gegner
und anstelle von Frontalangriffen sind zeitraubende Um-
gehungen nötig. Drei Zügen des Infanterieregiments
Nr. 72 gelang ein rascher Frontalangriff, bei dem zwei
russische Hauptleute, sechs Subalternoffiziere und 470
Mann gefangen genommen wurden. Die Kräftegruppe
zwischen Bug und Wieprz griff eine russische Division
von drei Seiten mit Erfolg an, sodaß sie nur unter dem
Schutze der Nacht entkamen. Generalstabshauptmann
Roßmann stürzte mit seinem Flugzeug ab und wurde
getötet. Das Armeeverordnungsblatt veröffentlichte ge-
rade heute eine Auszeichnung Roßmanns für hervor-
ragend tapferes Verhalten vor dem Feinde.
WTB. Wien, 30. August. (Nicht amtlich.) Soweit
sich bis gestern mittag überblicken ließ, ist das große
Ringen unserer Armee mit den Hauptkräften des russi-
schen Heeres noch nicht zur Entscheidung herangereift.
Nur die Erfolge der vom General der Kavallerie Viktor
Dankl in der Schlacht bei Krasnik siegreich geführten
Armee sind bereits einigermaßen zu übersehen. In ei-
ner zweiten Schlacht am 27. August, die durch die helden-
mütige Erstürmung einer stark befestigten Stellung auf
den Höhen von Niedrzwiosduca gekrönt war, gelang es,
die bei Krasnik zurückgeworfenen russischen Kräfte und
herangeführten Verstärkungen, im ganzen etwa zehn
Divisionen, durch sechs verschiedene Korps neuerlich zu
schlagen. Eines unserer Korps nahm in dieser zweiten
Schlacht einen General, einen Oberst, drei sonstige
Stabspersonen, vierzig Offiziere und zirka 2000 Mann
gefangen und erbeutete wieder sehr viel Kriegsmaterial.
WTB. Wien, 31. August. Die Schlachten auf dem
östlichen Kriegsschauplatz dauern mit ungeminderter
Heftigkeit fort. Oestlich unserer trotz mehrfacher be-
festigter Stellungen des Feindes unaufhaltsam gegen
Lublin vordringenden Armee Dankl haben unsere zwischen
Bug und Wieprz vorgeführten Kräfte am 26. August
den Angriff auf die dem Raume bei Cholm stehen-
den starken russischen Kräfte begonnen. Hierbei ent-
wickelten sich wie bei Krasnik wieder harte, für unsere
angriffsfreudigen Truppen siegreich verlaufende Kämpfe
bei Zamoid sowie nördlich und östlich bei Tomaszow.
In diesen Kämpfen wurden ebenso wie in den Schlach-
ten bei Krasnik tausende von Gefangenen gemacht.
In Ostgalizien behaupten sich unsere Truppen mit helden-
mütiger Bravour und Zähigkeit gegen sehr starke uns
überlegene feindliche Kräfte. Auf dem südlichen Kriegs-
schauplatz haben in letzter Zeit neue Kämpfe statt-
gefunden.
Der Kampf in der Nordsee.
Der lange erwartete Zusammenstoß unserer Flotte
mit der englischen ist erfolgt. Die Nordsee bei Helgo-
land war der Kampfplatz, wo der Seekrieg heftig tobte.
Der Kampf erfolgte bei unsichtigem Wetter und er zog
sich nach Westen, also nach der englischen Küste zu hin.
Mehrere kleine Kreuzer unserer Flotte stießen todes-
mutig vor und gerieten dabei in einen Kampf mit einer
überlegenen starken englischen Flotte. Unsere Schiffe
mußten der Uebermacht weichen, haben den Engländern
aber, wie ein englischer Bericht eingesteht, schwere Be-
schädigungen beigebracht. Nach dem, was man sonst von
Fortsetzung 3. Spalte oben
Fortsetzung von 1. Spalte Kriegsbriefe
leutnant, ein Kompagniekamerad von mir, Sch., dann
ein riesiger Adjutant von den 27ern, A., ein tapferer
Junge, der nicht mit der Wimper zuckte - am Wege
unten bleibt H. zurück, der furchtlose Regimentsadjunkt
vom Regiment Louis Ferdinand, und mit ungefähr 10
Mann nimmt der Hauptmann v. B. die Häuser in un-
serm Rücken unter Feuer, er selbst hat den Degen ab-
gelegt und führt das Gewehr . . .
Oben von meiner Kohlenhalde sehe ich ein Gehöft
und zum ersten Male belgische Infanterie - sonst wa-
ren die Kerle gelaufen, als sei der Deibel hinter ihnen.
- Jetzt heben sie die Büchse an die Backe. Ich lasse
das Feuer aufnehmen und beobachte durch das Glas die
Wirkung . . . "Ruhig zielen, Kerls, ihr schießt zu weit"
. . . Zwei schwarze Mäntel sehe ich sich im Sande wälzen.
"Hols der Deibel!" Sie schießen von rechts her -
von der anderen Halde . . . Da steht noch auf unserem
Flügel der lange A. Seine Schärpe flattert, die Quasten
sind schwarz von Kohlenstaub, er schießt auf die Bande
rechts - jetzt knallt´s auch von hintenher aus den
Häusern . . .
Ich setze das Glas ab und sehe mich um. Da links
am Flügel liegt mein Kamerad Sch., hat einem Ver-
wundeten das Gewehr abgenommen und schießt nach dem
Gehöft . . . Rechts von mir - ja, was ist denn das?
Einer nach dem andern "klappt ab" . . . Der läßt den
Kopf vornüber, der rollt den Abhang hinunter, der
schreit . . . Sie schießen wie besessen auf uns. Nun
liegt nur noch einer rechts von mir, eben fängt auch der
an, sich hin und her zu wälzen, Blut quillt aus dem
Rock hervor, ich werde ihm sein Gewehr abnehmen; ich
richte mich auf . . . Donnerwetter, ich fühle einen
Schlag vor der linken Brust: "Kinder, jetzt hat´s mich
auch." . . .
Ich rutsche den Abhang hinab, das Blut kommt mir
aus dem Munde . . . hinter einem Steinhaufen finde
ich Deckung vor dem mörderischen Feuer. Ich bitte einen
Soldaten: "Mach mir mal die Feldflasche ab - so -
- und den Tornister."Einen langen Schluck. Der gute
Kerl öffnet mir den Waffenrock. Ich lehne mich gegen
den Steinhaufen. Ganz warm quillt das Blut hervor;
wie lange kann´s dauern, dann ist´s vorbei. Aus dem
Rocktäschchen ziehe ich das Verbandszeug, öffne es hastig
und drücke es auf die Wunde. Dann warte ich ab,
minutenlang; auf dem Wege vor mir stehen die braven
Kerle und feuern; da ist auch A. noch mit den schwarzen
Quasten. "Kinder, schickt mir doch einen Arzt." Mir
fängt´s an, vor den Augen zu flimmern. Da kommt das
Soldatengefühl: du mußt Dich [sic] wehren, darfst nicht dich
dumpf in dein Schicksal ergeben. Die Schlacht geht wei-
ter; hier findet dich keiner . . .
Mit Schmerzen richte ich mich empor - stülpe mir
den Helm auf den Kopf - die Feldbinde, die Pistole -
das Glas schenke ich einem Soldaten, er braucht´s jetzt
nötiger als ich, und dann meinen Degen - den lasse ich
nicht, er braucht sich meiner nicht zu schämen - so
schleppe ich mich an den Weg. Was geht mich das Pfei-
fen an, ich habe meinen Teil. Noch immer stehen die
wackeren Kerle und feuern vom Wege gegen die Kohlen-
halde - einen winke ich heran . . . "Um Gotteswillen,
Herr Leutnant!" . . . "Bringe mich zum Verbandplatz,
mein Junge." . . . Er gibt mir seinen Arm . . . "Mußt
3. Spalte
der englischen Kriegsberichterstattung gewöhnt ist, darf
man ruhig annehmen, daß auch die englischen Schiffe
zum mindesten kampfunfähig geworden sind. Leider
brachte der Kampf den Verlust einiger unserer Schiffe,
aber ohne Kampf kein Sieg. Die Helden der Nordsee
leben bei uns in treuem Angedenken und als leuchtendes
Beispiel deutscher Seemannstreue fort.
-
item 14
Ueber 30 000 Russen in Ostpreußen gefangen.
Der Sieg der Oesterreicher. Der Kampf in der Nordsee. Die Opfer vom
Kreuzer "Magdeburg".
1. Spalte
Wie im Westen, so ist nunmehr auch im Osten die
erste große Schlacht geschlagen worden. Der Unterschied
liegt darin, daß sich die Russen in der Offensivstellung
befanden, während wir den Ansturm abzuwehren hatten.
Aus der Richtung von Niemen, wie von der Narew her,
d. h. aus Süden und aus Osten waren erhebliche russische
Streitkräfte im Anmarsche, die zwischen Insterburg und
Graudenz in deutsches Gebiet einzubrechen versuchten.
Ihr Zweck war offenbar, die deutsche Defensive zu durch-
brechen, ehe die siegreich vordringenden Oesterreicher
Verbindung mit uns erlangt haben. Die Absicht ist an
der Wachsamkeit unserer Heeresleitung und der Tapfer-
keit unserer Truppen gescheitert. Die russische Armee,
an Zahl fast der bei Metz geschlagenen französischen Ar-
mee gleich, ist über die Grenze zurückgewichen und wird
von unseren Truppen verfolgt. Durch diesen Sieg ist
die Durchführung des gemeinschaftlichen Vormarsches
unserer und der österreichischen Truppen gegen die
Weichsel erleichtert worden. Es geht auf Warschau los!
Die Meldung über den Sieg lautet kurz und knapp:
WTB. Berlin, 29. August. Unsere Truppen in
Preußen unter der Führung des Generalobersten Hinden-
burg haben die von Narew vorgegangene russische Armee
in Stärke von 5 Armeekorps und 3 Kavalleriedivisionen
in dreitägiger Schlacht bei Gilgenburg-Ortelsburg ge-
schlagen und verfolgen sie jetzt über die Grenze.
Generalquartiermeister von Stein.
Die am Sonnabend verbreitete Meldung von dem
großen deutschen Siege über die Russen in Ostpreußen
wird durch folgende neue erfreuliche Nachricht ergänzt:
WTB. Berlin, 31. August. Bei den großen
Kämpfen, in denen die russische Armee bei Tannen-
berg, Hohenstein und Ortelsburg geworfen wurden,
sind nach vorläufiger Schätzung über 30000 Russen
mit vielen hohen Offizieren in Gefangenschaft
geraten.
Eine erfreuliche Ergänzung zu der amtlichen Mel-
dung über das Ergebnis der Schlacht bilden die folgen-
den Mitteilungen, die aus amtlichen Quellen Ost-
preußens stammen:
Der vom Generalquartiermeister in seiner Ver-
öffentlichung vom 25. August als bevorstehend angekün-
digte Entscheidungskampf hat begonnen. Als Einleitung
erfolgte die Besetzung der Grenzstadt Neidenburg durch
starke russische Kräfte. Die Russen plünderten die Stadt
gründlich und bombardierten sie dann von den benach-
barten Höhen. Den meisten Bürgern Neidenburgs,
das etwa 6000 Einwohner hat, war es gelungen, über
Hohenstein und Allenstein zu fliehen. Das 20. Armee-
korps griff energisch in den Kampf gegen den russischen
Gegner ein. Die "Allensteiner Zeitung" kann mit amt-
licher Genehmigung darüber melden: Unser tapferes
20. Armeekorps steht seit 24 Stunden im Feuer mit
einem an Kräften weit überlegenen Gegner. Dank der
Tapferkeit unserer Truppen und Führer ist es den
Russen trotz der gewaltigen Uebermacht nicht gelun-
gen, unsere Stellungen zu nehmen. Der Kampf hat sich
dann zu einer Riesenschlacht auf der Linie Gilgenburg-
Neidenburg-Ortelsburg entwickelt mit etwa 50 Kilo-
meter Frontlänge. Hierüber teilt Landrat Hagemann
in Marienburg der "Marienburger Zeitung" mit, daß
zwei russische Armeekorps aufgerieben worden seien.
Kriegsbriefe.
Wie ich verwundet wurde
Von einem Mitkämpfer bei Lüttich.
. . . Mitten in dieses Dorfgefecht (Sturm auf Ft.
Fléron) waren wir hineingerissen. Es blitzte aus allen
Häusern, unablässig rollt der Donner der Geschütze, un-
ablässig geht der Eisenregen nieder. Stockdunkel . . .
Wie sehnlich wünschen wir den Morgen heran. - Kein
Gegner zu sehen - und doch sinkt Mann neben Mann.
Aus den Mauern der Häuser sind nur winzige Steine
gelöst - ein Flintenlauf ragt durch; in den Fenster-
laden ein kleines Loch - der Lauf einer Jagdbüchse
sprüht Flammen heraus - aus den Kellerfenstern, von
den Böden zuckt und flammt und pfeift es . . . Wie
im Hexenkessel . . . Und wir dürfen nicht schießen, um
die Kameraden, die rechts und links vor uns im Gefecht
liegen, nicht zu gefährden . . . Einer neben dem anderen
sinkt - Aechzen und Stöhnen überall. Hinweg über
einen Haufen zuckender Leiber, vorsichtig - um keinem
wehe zu tun - und um uns blitzt und kracht´s. Aus einem
Eckhaus prasselt uns ein Hagel entgegen. -
Zwanzig, fünfzig Läufe heben sich - , da brülle ich:
"Keinen Schuß, Kerls! Wer kommt mit? Beil her!"
Ein kleiner Musketier reicht mir eine Picke . . . Zehn
braune Kerls drängen hinter mir nach. - Dann ein
paar Hiebe mit Beil und Kolben - die Tür kracht ein
- von der Decke her zucken Geschosse nieder . . . "Keiner
die Bodentreppe hinauf! Hierbleiben! Streichhölzer
her!" Und schon habe ich ein paar Strohballen vorge-
rissen, - fünf Minuten später züngeln die Flammen
aus allen Fenstern. "So, Jungs, nun vorwärts!" -
Hinein wieder in die Dorfgasse . . . Da treffe ich mei-
nen Kompagnieführer. "Hierher!" schreit er. "Ueber
die Mauer, mir nach!"
Zwei Kerle heben mich hoch, im Nu haben wir eine
Gartenmauer überstiegen, und stürmen weiter, einer
belgischen Abteilung in den Rücken zu fallen. Manns-
hohe Hecken, mit Stacheldraht durchzogen - vier, fünf
- vor uns. "Her, Kerls," rufe ich, "gebt mir die
Drahtschere!" Ein paar wuchtige Jungens treten
den Schlehdorn ein - ich knipse den Draht durch und gehe
ihnen voran, - meine Hose hängt in Fetzen runter.
Die Hecken werden genommen - auf einmal kracht es
auf uns her - nur wenige Sekunden, dann saust eine
Haubitze in den verruchten Giebel - Steine spritzen
umher - das Gemäuer sinkt donnernd zusammen.
Feuer von links! - Da sind die Unsern, sie schießen
auf uns - sie erkennen uns noch immer nicht. Wir
brüllen ihnen die Losung zu: "Der Kaiser! Der Kaiser!"
- Sie hören uns nicht in dem Höllenlärm. "Hornist,"
rufe ich, "blasen Sie Signal!" Der brave Junge - er
war von den vierten Jägern, nimmt das Horn und
schmettert: Das Ganze! - Das Ganze! - Da kommt´s
von drüben zurück. Wir erkennen uns - es sind die
27er - ich drücke dem Hauptmann, den ich seit Jahren
kenne, die Hand. -
Heller Morgen, ¼ 7 Uhr (am 6. August).
Vor uns liegt ein Kohlenbergwerk. Zwei Kohlen-
halden sind einige Meter hoch im Winkel zu einander
aufgeschüttet - da stürmen wir hinauf: Ein Jäger-
Fortsetzung 2. Spalte Mitte
2. Spalte
Siegreiches Vordringen der Oesterreicher.
WTB. Wien, 30. August. Der Korrespondent des
Neuen Wiener Tagebl. im Hauptquartier meldet: Die
große Schlacht ist heute, am vierten Tage, in vollem
Gange und steht gut für uns. Die linke Flügelgruppe
rückt gegen Lublin und Zamocs langsam aber sicher vor,
stößt aber immer wieder auf den neuverschanzten Gegner
und anstelle von Frontalangriffen sind zeitraubende Um-
gehungen nötig. Drei Zügen des Infanterieregiments
Nr. 72 gelang ein rascher Frontalangriff, bei dem zwei
russische Hauptleute, sechs Subalternoffiziere und 470
Mann gefangen genommen wurden. Die Kräftegruppe
zwischen Bug und Wieprz griff eine russische Division
von drei Seiten mit Erfolg an, sodaß sie nur unter dem
Schutze der Nacht entkamen. Generalstabshauptmann
Roßmann stürzte mit seinem Flugzeug ab und wurde
getötet. Das Armeeverordnungsblatt veröffentlichte ge-
rade heute eine Auszeichnung Roßmanns für hervor-
ragend tapferes Verhalten vor dem Feinde.
WTB. Wien, 30. August. (Nicht amtlich.) Soweit
sich bis gestern mittag überblicken ließ, ist das große
Ringen unserer Armee mit den Hauptkräften des russi-
schen Heeres noch nicht zur Entscheidung herangereift.
Nur die Erfolge der vom General der Kavallerie Viktor
Dankl in der Schlacht bei Krasnik siegreich geführten
Armee sind bereits einigermaßen zu übersehen. In ei-
ner zweiten Schlacht am 27. August, die durch die helden-
mütige Erstürmung einer stark befestigten Stellung auf
den Höhen von Niedrzwiosduca gekrönt war, gelang es,
die bei Krasnik zurückgeworfenen russischen Kräfte und
herangeführten Verstärkungen, im ganzen etwa zehn
Divisionen, durch sechs verschiedene Korps neuerlich zu
schlagen. Eines unserer Korps nahm in dieser zweiten
Schlacht einen General, einen Oberst, drei sonstige
Stabspersonen, vierzig Offiziere und zirka 2000 Mann
gefangen und erbeutete wieder sehr viel Kriegsmaterial.
WTB. Wien, 31. August. Die Schlachten auf dem
östlichen Kriegsschauplatz dauern mit ungeminderter
Heftigkeit fort. Oestlich unserer trotz mehrfacher be-
festigter Stellungen des Feindes unaufhaltsam gegen
Lublin vordringenden Armee Dankl haben unsere zwischen
Bug und Wieprz vorgeführten Kräfte am 26. August
den Angriff auf die dem Raume bei Cholm stehen-
den starken russischen Kräfte begonnen. Hierbei ent-
wickelten sich wie bei Krasnik wieder harte, für unsere
angriffsfreudigen Truppen siegreich verlaufende Kämpfe
bei Zamoid sowie nördlich und östlich bei Tomaszow.
In diesen Kämpfen wurden ebenso wie in den Schlach-
ten bei Krasnik tausende von Gefangenen gemacht.
In Ostgalizien behaupten sich unsere Truppen mit helden-
mütiger Bravour und Zähigkeit gegen sehr starke uns
überlegene feindliche Kräfte. Auf dem südlichen Kriegs-
schauplatz haben in letzter Zeit neue Kämpfe statt-
gefunden.
Der Kampf in der Nordsee.
Der lange erwartete Zusammenstoß unserer Flotte
mit der englischen ist erfolgt. Die Nordsee bei Helgo-
land war der Kampfplatz, wo der Seekrieg heftig tobte.
Der Kampf erfolgte bei unsichtigem Wetter und er zog
sich nach Westen, also nach der englischen Küste zu hin.
Mehrere kleine Kreuzer unserer Flotte stießen todes-
mutig vor und gerieten dabei in einen Kampf mit einer
überlegenen starken englischen Flotte. Unsere Schiffe
mußten der Uebermacht weichen, haben den Engländern
aber, wie ein englischer Bericht eingesteht, schwere Be-
schädigungen beigebracht. Nach dem, was man sonst von
Fortsetzung 3. Spalte oben
Fortsetzung von 1. Spalte Kriegsbriefe
leutnant, ein Kompagniekamerad von mir, Sch., dann
ein riesiger Adjutant von den 27ern, A., ein tapferer
Junge, der nicht mit der Wimper zuckte - am Wege
unten bleibt H. zurück, der furchtlose Regimentsadjunkt
vom Regiment Louis Ferdinand, und mit ungefähr 10
Mann nimmt der Hauptmann v. B. die Häuser in un-
serm Rücken unter Feuer, er selbst hat den Degen ab-
gelegt und führt das Gewehr . . .
Oben von meiner Kohlenhalde sehe ich ein Gehöft
und zum ersten Male belgische Infanterie - sonst wa-
ren die Kerle gelaufen, als sei der Deibel hinter ihnen.
- Jetzt heben sie die Büchse an die Backe. Ich lasse
das Feuer aufnehmen und beobachte durch das Glas die
Wirkung . . . "Ruhig zielen, Kerls, ihr schießt zu weit"
. . . Zwei schwarze Mäntel sehe ich sich im Sande wälzen.
"Hols der Deibel!" Sie schießen von rechts her -
von der anderen Halde . . . Da steht noch auf unserem
Flügel der lange A. Seine Schärpe flattert, die Quasten
sind schwarz von Kohlenstaub, er schießt auf die Bande
rechts - jetzt knallt´s auch von hintenher aus den
Häusern . . .
Ich setze das Glas ab und sehe mich um. Da links
am Flügel liegt mein Kamerad Sch., hat einem Ver-
wundeten das Gewehr abgenommen und schießt nach dem
Gehöft . . . Rechts von mir - ja, was ist denn das?
Einer nach dem andern "klappt ab" . . . Der läßt den
Kopf vornüber, der rollt den Abhang hinunter, der
schreit . . . Sie schießen wie besessen auf uns. Nun
liegt nur noch einer rechts von mir, eben fängt auch der
an, sich hin und her zu wälzen, Blut quillt aus dem
Rock hervor, ich werde ihm sein Gewehr abnehmen; ich
richte mich auf . . . Donnerwetter, ich fühle einen
Schlag vor der linken Brust: "Kinder, jetzt hat´s mich
auch." . . .
Ich rutsche den Abhang hinab, das Blut kommt mir
aus dem Munde . . . hinter einem Steinhaufen finde
ich Deckung vor dem mörderischen Feuer. Ich bitte einen
Soldaten: "Mach mir mal die Feldflasche ab - so -
- und den Tornister."Einen langen Schluck. Der gute
Kerl öffnet mir den Waffenrock. Ich lehne mich gegen
den Steinhaufen. Ganz warm quillt das Blut hervor;
wie lange kann´s dauern, dann ist´s vorbei. Aus dem
Rocktäschchen ziehe ich das Verbandszeug, öffne es hastig
und drücke es auf die Wunde. Dann warte ich ab,
minutenlang; auf dem Wege vor mir stehen die braven
Kerle und feuern; da ist auch A. noch mit den schwarzen
Quasten. "Kinder, schickt mir doch einen Arzt." Mir
fängt´s an, vor den Augen zu flimmern. Da kommt das
Soldatengefühl: du mußt Dich [sic] wehren, darfst nicht dich
dumpf in dein Schicksal ergeben. Die Schlacht geht wei-
ter; hier findet dich keiner . . .
Mit Schmerzen richte ich mich empor - stülpe mir
den Helm auf den Kopf - die Feldbinde, die Pistole -
das Glas schenke ich einem Soldaten, er braucht´s jetzt
nötiger als ich, und dann meinen Degen - den lasse ich
nicht, er braucht sich meiner nicht zu schämen - so
schleppe ich mich an den Weg. Was geht mich das Pfei-
fen an, ich habe meinen Teil. Noch immer stehen die
wackeren Kerle und feuern vom Wege gegen die Kohlen-
halde - einen winke ich heran . . . "Um Gotteswillen,
Herr Leutnant!" . . . "Bringe mich zum Verbandplatz,
mein Junge." . . . Er gibt mir seinen Arm . . . "Mußt
-
item 14
Ueber 30 000 Russen in Ostpreußen gefangen.
Der Sieg der Oesterreicher. Der Kampf in der Nordsee. Die Opfer vom
Kreuzer "Magdeburg".
1. Spalte
Wie im Westen, so ist nunmehr auch im Osten die
erste große Schlacht geschlagen worden. Der Unterschied
liegt darin, daß sich die Russen in der Offensivstellung
befanden, während wir den Ansturm abzuwehren hatten.
Aus der Richtung von Niemen, wie von der Narew her,
d. h. aus Süden und aus Osten waren erhebliche russische
Streitkräfte im Anmarsche, die zwischen Insterburg und
Graudenz in deutsches Gebiet einzubrechen versuchten.
Ihr Zweck war offenbar, die deutsche Defensive zu durch-
brechen, ehe die siegreich vordringenden Oesterreicher
Verbindung mit uns erlangt haben. Die Absicht ist an
der Wachsamkeit unserer Heeresleitung und der Tapfer-
keit unserer Truppen gescheitert. Die russische Armee,
an Zahl fast der bei Metz geschlagenen französischen Ar-
mee gleich, ist über die Grenze zurückgewichen und wird
von unseren Truppen verfolgt. Durch diesen Sieg ist
die Durchführung des gemeinschaftlichen Vormarsches
unserer und der österreichischen Truppen gegen die
Weichsel erleichtert worden. Es geht auf Warschau los!
Die Meldung über den Sieg lautet kurz und knapp:
WTB. Berlin, 29. August. Unsere Truppen in
Preußen unter der Führung des Generalobersten Hinden-
burg haben die von Narew vorgegangene russische Armee
in Stärke von 5 Armeekorps und 3 Kavalleriedivisionen
in dreitägiger Schlacht bei Gilgenburg-Ortelsburg ge-
schlagen und verfolgen sie jetzt über die Grenze.
Generalquartiermeister von Stein.
Die am Sonnabend verbreitete Meldung von dem
großen deutschen Siege über die Russen in Ostpreußen
wird durch folgende neue erfreuliche Nachricht ergänzt:
WTB. Berlin, 31. August. Bei den großen
Kämpfen, in denen die russische Armee bei Tannen-
berg, Hohenstein und Ortelsburg geworfen wurden,
sind nach vorläufiger Schätzung über 30000 Russen
mit vielen hohen Offizieren in Gefangenschaft
geraten.
Eine erfreuliche Ergänzung zu der amtlichen Mel-
dung über das Ergebnis der Schlacht bilden die folgen-
den Mitteilungen, die aus amtlichen Quellen Ost-
preußens stammen:
Der vom Generalquartiermeister in seiner Ver-
öffentlichung vom 25. August als bevorstehend angekün-
digte Entscheidungskampf hat begonnen. Als Einleitung
erfolgte die Besetzung der Grenzstadt Neidenburg durch
starke russische Kräfte. Die Russen plünderten die Stadt
gründlich und bombardierten sie dann von den benach-
barten Höhen. Den meisten Bürgern Neidenburgs,
das etwa 6000 Einwohner hat, war es gelungen, über
Hohenstein und Allenstein zu fliehen. Das 20. Armee-
korps griff energisch in den Kampf gegen den russischen
Gegner ein. Die "Allensteiner Zeitung" kann mit amt-
licher Genehmigung darüber melden: Unser tapferes
20. Armeekorps steht seit 24 Stunden im Feuer mit
einem an Kräften weit überlegenen Gegner. Dank der
Tapferkeit unserer Truppen und Führer ist es den
Russen trotz der gewaltigen Uebermacht nicht gelun-
gen, unsere Stellungen zu nehmen. Der Kampf hat sich
dann zu einer Riesenschlacht auf der Linie Gilgenburg-
Neidenburg-Ortelsburg entwickelt mit etwa 50 Kilo-
meter Frontlänge. Hierüber teilt Landrat Hagemann
in Marienburg der "Marienburger Zeitung" mit, daß
zwei russische Armeekorps aufgerieben worden seien.
Kriegsbriefe.
Wie ich verwundet wurde
Von einem Mitkämpfer bei Lüttich.
. . . Mitten in dieses Dorfgefecht (Sturm auf Ft.
Fléron) waren wir hineingerissen. Es blitzte aus allen
Häusern, unablässig rollt der Donner der Geschütze, un-
ablässig geht der Eisenregen nieder. Stockdunkel . . .
Wie sehnlich wünschen wir den Morgen heran. - Kein
Gegner zu sehen - und doch sinkt Mann neben Mann.
Aus den Mauern der Häuser sind nur winzige Steine
gelöst - ein Flintenlauf ragt durch; in den Fenster-
laden ein kleines Loch - der Lauf einer Jagdbüchse
sprüht Flammen heraus - aus den Kellerfenstern, von
den Böden zuckt und flammt und pfeift es . . . Wie
im Hexenkessel . . . Und wir dürfen nicht schießen, um
die Kameraden, die rechts und links vor uns im Gefecht
liegen, nicht zu gefährden . . . Einer neben dem anderen
sinkt - Aechzen und Stöhnen überall. Hinweg über
einen Haufen zuckender Leiber, vorsichtig - um keinem
wehe zu tun - und um uns blitzt und kracht´s. Aus einem
Eckhaus prasselt uns ein Hagel entgegen. -
Zwanzig, fünfzig Läufe heben sich - , da brülle ich:
"Keinen Schuß, Kerls! Wer kommt mit? Beil her!"
Ein kleiner Musketier reicht mir eine Picke . . . Zehn
braune Kerls drängen hinter mir nach. - Dann ein
paar Hiebe mit Beil und Kolben - die Tür kracht ein
- von der Decke her zucken Geschosse nieder . . . "Keiner
die Bodentreppe hinauf! Hierbleiben! Streichhölzer
her!" Und schon habe ich ein paar Strohballen vorge-
rissen, - fünf Minuten später züngeln die Flammen
aus allen Fenstern. "So, Jungs, nun vorwärts!" -
Hinein wieder in die Dorfgasse . . . Da treffe ich mei-
nen Kompagnieführer. "Hierher!" schreit er. "Ueber
die Mauer, mir nach!"
Zwei Kerle heben mich hoch, im Nu haben wir eine
Gartenmauer überstiegen, und stürmen weiter, einer
belgischen Abteilung in den Rücken zu fallen. Manns-
hohe Hecken, mit Stacheldraht durchzogen - vier, fünf
- vor uns. "Her, Kerls," rufe ich, "gebt mir die
Drahtschere!" Ein paar wuchtige Jungens treten
den Schlehdorn ein - ich knipse den Draht durch und gehe
ihnen voran, - meine Hose hängt in Fetzen runter.
Die Hecken werden genommen - auf einmal kracht es
auf uns her - nur wenige Sekunden, dann saust eine
Haubitze in den verruchten Giebel - Steine spritzen
umher - das Gemäuer sinkt donnernd zusammen.
Feuer von links! - Da sind die Unsern, sie schießen
auf uns - sie erkennen uns noch immer nicht. Wir
brüllen ihnen die Losung zu: "Der Kaiser! Der Kaiser!"
- Sie hören uns nicht in dem Höllenlärm. "Hornist,"
rufe ich, "blasen Sie Signal!" Der brave Junge - er
war von den vierten Jägern, nimmt das Horn und
schmettert: Das Ganze! - Das Ganze! - Da kommt´s
von drüben zurück. Wir erkennen uns - es sind die
27er - ich drücke dem Hauptmann, den ich seit Jahren
kenne, die Hand. -
Heller Morgen, ¼ 7 Uhr (am 6. August).
Vor uns liegt ein Kohlenbergwerk. Zwei Kohlen-
halden sind einige Meter hoch im Winkel zu einander
aufgeschüttet - da stürmen wir hinauf: Ein Jäger-
Fortsetzung 2. Spalte Mitte
2. Spalte
Siegreiches Vordringen der Oesterreicher.
WTB. Wien, 30. August. Der Korrespondent des
Neuen Wiener Tagebl. im Hauptquartier meldet: Die
große Schlacht ist heute, am vierten Tage, in vollem
Gange und steht gut für uns. Die linke Flügelgruppe
rückt gegen Lublin und Zamocs langsam aber sicher vor,
stößt aber immer wieder auf den neuverschanzten Gegner
und anstelle von Frontalangriffen sind zeitraubende Um-
gehungen nötig. Drei Zügen des Infanterieregiments
Nr. 72 gelang ein rascher Frontalangriff, bei dem zwei
russische Hauptleute, sechs Subalternoffiziere und 470
Mann gefangen genommen wurden. Die Kräftegruppe
zwischen Bug und Wieprz griff eine russische Division
von drei Seiten mit Erfolg an, sodaß sie nur unter dem
Schutze der Nacht entkamen. Generalstabshauptmann
Roßmann stürzte mit seinem Flugzeug ab und wurde
getötet. Das Armeeverordnungsblatt veröffentlichte ge-
rade heute eine Auszeichnung Roßmanns für hervor-
ragend tapferes Verhalten vor dem Feinde.
WTB. Wien, 30. August. (Nicht amtlich.) Soweit
sich bis gestern mittag überblicken ließ, ist das große
Ringen unserer Armee mit den Hauptkräften des russi-
schen Heeres noch nicht zur Entscheidung herangereift.
Nur die Erfolge der vom General der Kavallerie Viktor
Dankl in der Schlacht bei Krasnik siegreich geführten
Armee sind bereits einigermaßen zu übersehen. In ei-
ner zweiten Schlacht am 27. August, die durch die helden-
mütige Erstürmung einer stark befestigten Stellung auf
den Höhen von Niedrzwiosduca gekrönt war, gelang es,
die bei Krasnik zurückgeworfenen russischen Kräfte und
herangeführten Verstärkungen, im ganzen etwa zehn
Divisionen, durch sechs verschiedene Korps neuerlich zu
schlagen. Eines unserer Korps nahm in dieser zweiten
Schlacht einen General, einen Oberst, drei sonstige
Stabspersonen, vierzig Offiziere und zirka 2000 Mann
gefangen und erbeutete wieder sehr viel Kriegsmaterial.
WTB. Wien, 31. August. Die Schlachten auf dem
östlichen Kriegsschauplatz dauern mit ungeminderter
Heftigkeit fort. Oestlich unserer trotz mehrfacher be-
festigter Stellungen des Feindes unaufhaltsam gegen
Lublin vordringenden Armee Dankl haben unsere zwischen
Bug und Wieprz vorgeführten Kräfte am 26. August
den Angriff auf die dem Raume bei Cholm stehen-
den starken russischen Kräfte begonnen. Hierbei ent-
wickelten sich wie bei Krasnik wieder harte, für unsere
angriffsfreudigen Truppen siegreich verlaufende Kämpfe
bei Zamoid sowie nördlich und östlich bei Tomaszow.
In diesen Kämpfen wurden ebenso wie in den Schlach-
ten bei Krasnik tausende von Gefangenen gemacht.
In Ostgalizien behaupten sich unsere Truppen mit helden-
mütiger Bravour und Zähigkeit gegen sehr starke uns
überlegene feindliche Kräfte. Auf dem südlichen Kriegs-
schauplatz haben in letzter Zeit neue Kämpfe statt-
gefunden.
Der Kampf in der Nordsee.
Der lange erwartete Zusammenstoß unserer Flotte
mit der englischen ist erfolgt. Die Nordsee bei Helgo-
land war der Kampfplatz, wo der Seekrieg heftig tobte.
Der Kampf erfolgte bei unsichtigem Wetter und er zog
sich nach Westen, also nach der englischen Küste zu hin.
Mehrere kleine Kreuzer unserer Flotte stießen todes-
mutig vor und gerieten dabei in einen Kampf mit einer
überlegenen starken englischen Flotte. Unsere Schiffe
mußten der Uebermacht weichen, haben den Engländern
aber, wie ein englischer Bericht eingesteht, schwere Be-
schädigungen beigebracht. Nach dem, was man sonst von
Fortsetzung 3. Spalte oben
Fortsetzung von 1. Spalte Kriegsbriefe
leutnant, ein Kompagniekamerad von mir, Sch., dann
ein riesiger Adjutant von den 27ern, A., ein tapferer
Junge, der nicht mit der Wimper zuckte - am Wege
unten bleibt H. zurück, der furchtlose Regimentsadjunkt
vom Regiment Louis Ferdinand, und mit ungefähr 10
Mann nimmt der Hauptmann v. B. die Häuser in un-
serm Rücken unter Feuer, er selbst hat den Degen ab-
gelegt und führt das Gewehr . . .
Oben von meiner Kohlenhalde sehe ich ein Gehöft
und zum ersten Male belgische Infanterie - sonst wa-
ren die Kerle gelaufen, als sei der Deibel hinter ihnen.
- Jetzt heben sie die Büchse an die Backe. Ich lasse
das Feuer aufnehmen und beobachte durch das Glas die
Wirkung . . . "Ruhig zielen, Kerls, ihr schießt zu weit"
. . . Zwei schwarze Mäntel sehe ich sich im Sande wälzen.
"Hols der Deibel!" Sie schießen von rechts her -
von der anderen Halde . . . Da steht noch auf unserem
Flügel der lange A. Seine Schärpe flattert, die Quasten
sind schwarz von Kohlenstaub, er schießt auf die Bande
rechts - jetzt knallt´s auch von hintenher aus den
Häusern . . .
Ich setze das Glas ab und sehe mich um. Da links
am Flügel liegt mein Kamerad Sch., hat einem Ver-
wundeten das Gewehr abgenommen und schießt nach dem
Gehöft . . . Rechts von mir - ja, was ist denn das?
Einer nach dem andern "klappt ab" . . . Der läßt den
Kopf vornüber, der rollt den Abhang hinunter, der
schreit . . . Sie schießen wie besessen auf uns. Nun
liegt nur noch einer rechts von mir, eben fängt auch der
an, sich hin und her zu wälzen, Blut quillt aus dem
Rock hervor, ich werde ihm sein Gewehr abnehmen; ich
richte mich auf . . . Donnerwetter, ich fühle einen
Schlag vor der linken Brust: "Kinder, jetzt hat´s mich
auch." . . .
Ich rutsche den Abhang hinab, das Blut kommt mir
aus dem Munde . . . hinter einem Steinhaufen finde
ich Deckung vor dem mörderischen Feuer. Ich bitte einen
Soldaten: "Mach mir mal die Feldflasche ab - so -
- und den Tornister."Einen langen Schluck. Der gute
Kerl öffnet mir den Waffenrock. Ich lehne mich gegen
den Steinhaufen. Ganz warm quillt das Blut hervor;
wie lange kann´s dauern, dann ist´s vorbei. Aus dem
Rocktäschchen ziehe ich das Verbandszeug, öffne es hastig
und drücke es auf die Wunde. Dann warte ich ab,
minutenlang; auf dem Wege vor mir stehen die braven
Kerle und feuern; da ist auch A. noch mit den schwarzen
Quasten. "Kinder, schickt mir doch einen Arzt." Mir
fängt´s an, vor den Augen zu flimmern. Da kommt das
Soldatengefühl: du mußt Dich wehren, darfst nicht dich
dumpf in dein Schicksal ergeben. Die Schlacht geht wei-
ter; hier findet dich keiner . . .
Mit Schmerzen richte ich mich empor - stülpe mir
den Helm auf den Kopf - die Feldbinde, die Pistole -
das Glas schenke ich einem Soldaten, er braucht´s jetzt
nötiger als ich, und dann meinen Degen - den lasse ich
nicht, er braucht sich meiner nicht zu schämen - so
schleppe ich mich an den Weg. Was geht mich das Pfei-
fen an, ich habe meinen Teil. Noch immer stehen die
wackeren Kerle und feuern vom Wege gegen die Kohlen-
halde - einen winke ich heran . . . "Um Gotteswillen,
Herr Leutnant!" . . . "Bringe mich zum Verbandplatz,
mein Junge." . . . Er gibt mir seinen Arm . . . "Mußt
-
item 14
Ueber 30 000 Russen in Ostpreußen gefangen.
Der Sieg der Oesterreicher. Der Kampf in der Nordsee. Die Opfer vom
Kreuzer "Magdeburg".
1. Spalte
Wie im Westen, so ist nunmehr auch im Osten die
erste große Schlacht geschlagen worden. Der Unterschied
liegt darin, daß sich die Russen in der Offensivstellung
befanden, während wir den Ansturm abzuwehren hatten.
Aus der Richtung von Niemen, wie von der Narew her,
d. h. aus Süden und aus Osten waren erhebliche russische
Streitkräfte im Anmarsche, die zwischen Insterburg und
Graudenz in deutsches Gebiet einzubrechen versuchten.
Ihr Zweck war offenbar, die deutsche Defensive zu durch-
brechen, ehe die siegreich vordringenden Oesterreicher
Verbindung mit uns erlangt haben. Die Absicht ist an
der Wachsamkeit unserer Heeresleitung und der Tapfer-
keit unserer Truppen gescheitert. Die russische Armee,
an Zahl fast der bei Metz geschlagenen französischen Ar-
mee gleich, ist über die Grenze zurückgewichen und wird
von unseren Truppen verfolgt. Durch diesen Sieg ist
die Durchführung des gemeinschaftlichen Vormarsches
unserer und der österreichischen Truppen gegen die
Weichsel erleichtert worden. Es geht auf Warschau los!
Die Meldung über den Sieg lautet kurz und knapp:
WTB. Berlin, 29. August. Unsere Truppen in
Preußen unter der Führung des Generalobersten Hinden-
burg haben die von Narew vorgegangene russische Armee
in Stärke von 5 Armeekorps und 3 Kavalleriedivisionen
in dreitägiger Schlacht bei Gilgenburg-Ortelsburg ge-
schlagen und verfolgen sie jetzt über die Grenze.
Generalquartiermeister von Stein.
Die am Sonnabend verbreitete Meldung von dem
großen deutschen Siege über die Russen in Ostpreußen
wird durch folgende neue erfreuliche Nachricht ergänzt:
WTB. Berlin, 31. August. Bei den großen
Kämpfen, in denen die russische Armee bei Tannen-
berg, Hohenstein und Ortelsburg geworfen wurden,
sind nach vorläufiger Schätzung über 30000 Russen
mit vielen hohen Offizieren in Gefangenschaft
geraten.
Eine erfreuliche Ergänzung zu der amtlichen Mel-
dung über das Ergebnis der Schlacht bilden die folgen-
den Mitteilungen, die aus amtlichen Quellen Ost-
preußens stammen:
Der vom Generalquartiermeister in seiner Ver-
öffentlichung vom 25. August als bevorstehend angekün-
digte Entscheidungskampf hat begonnen. Als Einleitung
erfolgte die Besetzung der Grenzstadt Neidenburg durch
starke russische Kräfte. Die Russen plünderten die Stadt
gründlich und bombardierten sie dann von den benach-
barten Höhen. Den meisten Bürgern Neidenburgs,
das etwa 6000 Einwohner hat, war es gelungen, über
Hohenstein und Allenstein zu fliehen. Das 20. Armee-
korps griff energisch in den Kampf gegen den russischen
Gegner ein. Die "Allensteiner Zeitung" kann mit amt-
licher Genehmigung darüber melden: Unser tapferes
20. Armeekorps steht seit 24 Stunden im Feuer mit
einem an Kräften weit überlegenen Gegner. Dank der
Tapferkeit unserer Truppen und Führer ist es den
Russen trotz der gewaltigen Uebermacht nicht gelun-
gen, unsere Stellungen zu nehmen. Der Kampf hat sich
dann zu einer Riesenschlacht auf der Linie Gilgenburg-
Neidenburg-Ortelsburg entwickelt mit etwa 50 Kilo-
meter Frontlänge. Hierüber teilt Landrat Hagemann
in Marienburg der "Marienburger Zeitung" mit, daß
zwei russische Armeekorps aufgerieben worden seien.
Kriegsbriefe.
Wie ich verwundet wurde
Von einem Mitkämpfer bei Lüttich.
. . . Mitten in dieses Dorfgefecht (Sturm auf Ft.
Fléron) waren wir hineingerissen. Es blitzte aus allen
Häusern, unablässig rollt der Donner der Geschütze, un-
ablässig geht der Eisenregen nieder. Stockdunkel . . .
Wie sehnlich wünschen wir den Morgen heran. - Kein
Gegner zu sehen - und doch sinkt Mann neben Mann.
Aus den Mauern der Häuser sind nur winzige Steine
gelöst - ein Flintenlauf ragt durch; in den Fenster-
laden ein kleines Loch - der Lauf einer Jagdbüchse
sprüht Flammen heraus - aus den Kellerfenstern, von
den Böden zuckt und flammt und pfeift es . . . Wie
im Hexenkessel . . . Und wir dürfen nicht schießen, um
die Kameraden, die rechts und links vor uns im Gefecht
liegen, nicht zu gefährden . . . Einer neben dem anderen
sinkt - Aechzen und Stöhnen überall. Hinweg über
einen Haufen zuckender Leiber, vorsichtig - um keinem
wehe zu tun - und um uns blitzt und kracht´s. Aus einem
Eckhaus prasselt uns ein Hagel entgegen. -
Zwanzig, fünfzig Läufe heben sich - , da brülle ich:
"Keinen Schuß, Kerls! Wer kommt mit? Beil her!"
Ein kleiner Musketier reicht mir eine Picke . . . Zehn
braune Kerls drängen hinter mir nach. - Dann ein
paar Hiebe mit Beil und Kolben - die Tür kracht ein
- von der Decke her zucken Geschosse nieder . . . "Keiner
die Bodentreppe hinauf! Hierbleiben! Streichhölzer
her!" Und schon habe ich ein paar Strohballen vorge-
rissen, - fünf Minuten später züngeln die Flammen
aus allen Fenstern. "So, Jungs, nun vorwärts!" -
Hinein wieder in die Dorfgasse . . . Da treffe ich mei-
nen Kompagnieführer. "Hierher!" schreit er. "Ueber
die Mauer, mir nach!"
Zwei Kerle heben mich hoch, im Nu haben wir eine
Gartenmauer überstiegen, und stürmen weiter, einer
belgischen Abteilung in den Rücken zu fallen. Manns-
hohe Hecken, mit Stacheldraht durchzogen - vier, fünf
- vor uns. "Her, Kerls," rufe ich, "gebt mir die
Drahtschere!" Ein paar wuchtige Jungens treten
den Schlehdorn ein - ich knipse den Draht durch und gehe
ihnen voran, - meine Hose hängt in Fetzen runter.
Die Hecken werden genommen - auf einmal kracht es
auf uns her - nur wenige Sekunden, dann saust eine
Haubitze in den verruchten Giebel - Steine spritzen
umher - das Gemäuer sinkt donnernd zusammen.
Feuer von links! - Da sind die Unsern, sie schießen
auf uns - sie erkennen uns noch immer nicht. Wir
brüllen ihnen die Losung zu: "Der Kaiser! Der Kaiser!"
- Sie hören uns nicht in dem Höllenlärm. "Hornist,"
rufe ich, "blasen Sie Signal!" Der brave Junge - er
war von den vierten Jägern, nimmt das Horn und
schmettert: Das Ganze! - Das Ganze! - Da kommt´s
von drüben zurück. Wir erkennen uns - es sind die
27er - ich drücke dem Hauptmann, den ich seit Jahren
kenne, die Hand. -
Heller Morgen, ¼ 7 Uhr (am 6. August).
Vor uns liegt ein Kohlenbergwerk. Zwei Kohlen-
halden sind einige Meter hoch im Winkel zu einander
aufgeschüttet - da stürmen wir hinauf: Ein Jäger-
Fortsetzung 2. Spalte Mitte
2. Spalte
Siegreiches Vordringen der Oesterreicher.
WTB. Wien, 30. August. Der Korrespondent des
Neuen Wiener Tagebl. im Hauptquartier meldet: Die
große Schlacht ist heute, am vierten Tage, in vollem
Gange und steht gut für uns. Die linke Flügelgruppe
rückt gegen Lublin und Zamocs langsam aber sicher vor,
stößt aber immer wieder auf den neuverschanzten Gegner
und anstelle von Frontalangriffen sind zeitraubende Um-
gehungen nötig. Drei Zügen des Infanterieregiments
Nr. 72 gelang ein rascher Frontalangriff, bei dem zwei
russische Hauptleute, sechs Subalternoffiziere und 470
Mann gefangen genommen wurden. Die Kräftegruppe
zwischen Bug und Wieprz griff eine russische Division
von drei Seiten mit Erfolg an, sodaß sie nur unter dem
Schutze der Nacht entkamen. Generalstabshauptmann
Roßmann stürzte mit seinem Flugzeug ab und wurde
getötet. Das Armeeverordnungsblatt veröffentlichte ge-
rade heute eine Auszeichnung Roßmanns für hervor-
ragend tapferes Verhalten vor dem Feinde.
WTB. Wien, 30. August. (Nicht amtlich.) Soweit
sich bis gestern mittag überblicken ließ, ist das große
Ringen unserer Armee mit den Hauptkräften des russi-
schen Heeres noch nicht zur Entscheidung herangereift.
Nur die Erfolge der vom General der Kavallerie Viktor
Dankl in der Schlacht bei Krasnik siegreich geführten
Armee sind bereits einigermaßen zu übersehen. In ei-
ner zweiten Schlacht am 27. August, die durch die helden-
mütige Erstürmung einer stark befestigten Stellung auf
den Höhen von Niedrzwiosduca gekrönt war, gelang es,
die bei Krasnik zurückgeworfenen russischen Kräfte und
herangeführten Verstärkungen, im ganzen etwa zehn
Divisionen, durch sechs verschiedene Korps neuerlich zu
schlagen. Eines unserer Korps nahm in dieser zweiten
Schlacht einen General, einen Oberst, drei sonstige
Stabspersonen, vierzig Offiziere und zirka 2000 Mann
gefangen und erbeutete wieder sehr viel Kriegsmaterial.
WTB. Wien, 31. August. Die Schlachten auf dem
östlichen Kriegsschauplatz dauern mit ungeminderter
Heftigkeit fort. Oestlich unserer trotz mehrfacher be-
festigter Stellungen des Feindes unaufhaltsam gegen
Lublin vordringenden Armee Dankl haben unsere zwischen
Bug und Wieprz vorgeführten Kräfte am 26. August
den Angriff auf die dem Raume bei Cholm stehen-
den starken russischen Kräfte begonnen. Hierbei ent-
wickelten sich wie bei Krasnik wieder harte, für unsere
angriffsfreudigen Truppen siegreich verlaufende Kämpfe
bei Zamoid sowie nördlich und östlich bei Tomaszow.
In diesen Kämpfen wurden ebenso wie in den Schlach-
ten bei Krasnik tausende von Gefangenen gemacht.
In Ostgalizien behaupten sich unsere Truppen mit helden-
mütiger Bravour und Zähigkeit gegen sehr starke uns
überlegene feindliche Kräfte. Auf dem südlichen Kriegs-
schauplatz haben in letzter Zeit neue Kämpfe statt-
gefunden.
Der Kampf in der Nordsee.
Der lange erwartete Zusammenstoß unserer Flotte
mit der englischen ist erfolgt. Die Nordsee bei Helgo-
land war der Kampfplatz, wo der Seekrieg heftig tobte.
Der Kampf erfolgte bei unsichtigem Wetter und er zog
sich nach Westen, also nach der englischen Küste zu hin.
Mehrere kleine Kreuzer unserer Flotte stießen todes-
mutig vor und gerieten dabei in einen Kampf mit einer
überlegenen starken englischen Flotte. Unsere Schiffe
mußten der Uebermacht weichen, haben den Engländern
aber, wie ein englischer Bericht eingesteht, schwere Be-
schädigungen beigebracht. Nach dem, was man sonst von
Fortsetzung 3. Spalte oben
Fortsetzung von 1. Spalte Kriegsbriefe
leutnant, ein Kompagniekamerad von mir, Sch., dann
ein riesiger Adjutant von den 27ern, A., ein tapferer
Junge, der nicht mit der Wimper zuckte - am Wege
unten bleibt H. zurück, der furchtlose Regimentsadjunkt
vom Regiment Louis Ferdinand, und mit ungefähr 10
Mann nimmt der Hauptmann v. B. die Häuser in un-
serm Rücken unter Feuer, er selbst hat den Degen ab-
gelegt und führt das Gewehr . . .
Oben von meiner Kohlenhalde sehe ich ein Gehöft
und zum ersten Male belgische Infanterie - sonst wa-
ren die Kerle gelaufen, als sei der Deibel hinter ihnen.
- Jetzt heben sie die Büchse an die Backe. Ich lasse
das Feuer aufnehmen und beobachte durch das Glas die
Wirkung . . . "Ruhig zielen, Kerls, ihr schießt zu weit"
. . . Zwei schwarze Mäntel sehe ich sich im Sande wälzen.
"Hols der Deibel!" Sie schießen von rechts her -
von der anderen Halde . . . Da steht noch auf unserem
Flügel der lange A. Seine Schärpe flattert, die Quasten
sind schwarz von Kohlenstaub, er schießt auf die Bande
rechts - jetzt knallt´s auch von hintenher aus den
Häusern . . .
Ich setze das Glas ab und sehe mich um. Da links
am Flügel liegt mein Kamerad Sch., hat einem Ver-
wundeten das Gewehr abgenommen und schießt nach dem
Gehöft . . . Rechts von mir - ja, was ist denn das?
Einer nach dem andern "klappt ab" . . . Der läßt den
Kopf vornüber, der rollt den Abhang hinunter, der
schreit . . . Sie schießen wie besessen auf uns. Nun
liegt nur noch einer rechts von mir, eben fängt auch der
an, sich hin und her zu wälzen, Blut quillt aus dem
Rock hervor, ich werde ihm sein Gewehr abnehmen; ich
richte mich auf . . . Donnerwetter, ich fühle einen
Schlag vor der linken Brust: "Kinder, jetzt hat´s mich
auch." . . .
Ich rutsche den Abhang hinab, das Blut kommt mir
aus dem Munde . . . hinter einem Steinhaufen finde
ich Deckung vor dem mörderischen Feuer. Ich bitte einen
Soldaten: "Mach mir mal die Feldflasche ab - so -
- und den Tornister."Einen langen Schluck. Der gute
Kerl öffnet mir den Waffenrock. Ich lehne mich gegen
den Steinhaufen. Ganz warm quillt das Blut hervor;
wie lange kann´s dauern, dann ist´s vorbei. Aus dem
Rocktäschchen ziehe ich das Verbandszeug, öffne es hastig
und drücke es auf die Wunde. Dann warte ich ab,
minutenlang; auf dem Wege vor mir stehen die braven
Kerle und feuern; da ist auch A. noch mit den schwarzen
Quasten. "Kinder, schickt mir doch einen Arzt." Mir
fängt´s an, vor den Augen zu flimmern. Da kommt das
Soldatengefühl: du mußt Dich wehren, darfst nicht dich
dumpf in dein Schicksal ergeben. Die Schlacht geht wei-
ter; hier findet dich keiner . . .
-
item 14
Ueber 30 000 Russen in Ostpreußen gefangen.
Der Sieg der Oesterreicher. Der Kampf in der Nordsee. Die Opfer vom
Kreuzer "Magdeburg".
1. Spalte
Wie im Westen, so ist nunmehr auch im Osten die
erste große Schlacht geschlagen worden. Der Unterschied
liegt darin, daß sich die Russen in der Offensivstellung
befanden, während wir den Ansturm abzuwehren hatten.
Aus der Richtung von Niemen, wie von der Narew her,
d. h. aus Süden und aus Osten waren erhebliche russische
Streitkräfte im Anmarsche, die zwischen Insterburg und
Graudenz in deutsches Gebiet einzubrechen versuchten.
Ihr Zweck war offenbar, die deutsche Defensive zu durch-
brechen, ehe die siegreich vordringenden Oesterreicher
Verbindung mit uns erlangt haben. Die Absicht ist an
der Wachsamkeit unserer Heeresleitung und der Tapfer-
keit unserer Truppen gescheitert. Die russische Armee,
an Zahl fast der bei Metz geschlagenen französischen Ar-
mee gleich, ist über die Grenze zurückgewichen und wird
von unseren Truppen verfolgt. Durch diesen Sieg ist
die Durchführung des gemeinschaftlichen Vormarsches
unserer und der österreichischen Truppen gegen die
Weichsel erleichtert worden. Es geht auf Warschau los!
Die Meldung über den Sieg lautet kurz und knapp:
WTB. Berlin, 29. August. Unsere Truppen in
Preußen unter der Führung des Generalobersten Hinden-
burg haben die von Narew vorgegangene russische Armee
in Stärke von 5 Armeekorps und 3 Kavalleriedivisionen
in dreitägiger Schlacht bei Gilgenburg-Ortelsburg ge-
schlagen und verfolgen sie jetzt über die Grenze.
Generalquartiermeister von Stein.
Die am Sonnabend verbreitete Meldung von dem
großen deutschen Siege über die Russen in Ostpreußen
wird durch folgende neue erfreuliche Nachricht ergänzt:
WTB. Berlin, 31. August. Bei den großen
Kämpfen, in denen die russische Armee bei Tannen-
berg, Hohenstein und Ortelsburg geworfen wurden,
sind nach vorläufiger Schätzung über 30000 Russen
mit vielen hohen Offizieren in Gefangenschaft
geraten.
Eine erfreuliche Ergänzung zu der amtlichen Mel-
dung über das Ergebnis der Schlacht bilden die folgen-
den Mitteilungen, die aus amtlichen Quellen Ost-
preußens stammen:
Der vom Generalquartiermeister in seiner Ver-
öffentlichung vom 25. August als bevorstehend angekün-
digte Entscheidungskampf hat begonnen. Als Einleitung
erfolgte die Besetzung der Grenzstadt Neidenburg durch
starke russische Kräfte. Die Russen plünderten die Stadt
gründlich und bombardierten sie dann von den benach-
barten Höhen. Den meisten Bürgern Neidenburgs,
das etwa 6000 Einwohner hat, war es gelungen, über
Hohenstein und Allenstein zu fliehen. Das 20. Armee-
korps griff energisch in den Kampf gegen den russischen
Gegner ein. Die "Allensteiner Zeitung" kann mit amt-
licher Genehmigung darüber melden: Unser tapferes
20. Armeekorps steht seit 24 Stunden im Feuer mit
einem an Kräften weit überlegenen Gegner. Dank der
Tapferkeit unserer Truppen und Führer ist es den
Russen trotz der gewaltigen Uebermacht nicht gelun-
gen, unsere Stellungen zu nehmen. Der Kampf hat sich
dann zu einer Riesenschlacht auf der Linie Gilgenburg-
Neidenburg-Ortelsburg entwickelt mit etwa 50 Kilo-
meter Frontlänge. Hierüber teilt Landrat Hagemann
in Marienburg der "Marienburger Zeitung" mit, daß
zwei russische Armeekorps aufgerieben worden seien.
Kriegsbriefe.
Wie ich verwundet wurde
Von einem Mitkämpfer bei Lüttich.
. . . Mitten in dieses Dorfgefecht (Sturm auf Ft.
Fléron) waren wir hineingerissen. Es blitzte aus allen
Häusern, unablässig rollt der Donner der Geschütze, un-
ablässig geht der Eisenregen nieder. Stockdunkel . . .
Wie sehnlich wünschen wir den Morgen heran. - Kein
Gegner zu sehen - und doch sinkt Mann neben Mann.
Aus den Mauern der Häuser sind nur winzige Steine
gelöst - ein Flintenlauf ragt durch; in den Fenster-
laden ein kleines Loch - der Lauf einer Jagdbüchse
sprüht Flammen heraus - aus den Kellerfenstern, von
den Böden zuckt und flammt und pfeift es . . . Wie
im Hexenkessel . . . Und wir dürfen nicht schießen, um
die Kameraden, die rechts und links vor uns im Gefecht
liegen, nicht zu gefährden . . . Einer neben dem anderen
sinkt - Aechzen und Stöhnen überall. Hinweg über
einen Haufen zuckender Leiber, vorsichtig - um keinem
wehe zu tun - und um uns blitzt und kracht´s. Aus einem
Eckhaus prasselt uns ein Hagel entgegen. -
Zwanzig, fünfzig Läufe heben sich - , da brülle ich:
"Keinen Schuß, Kerls! Wer kommt mit? Beil her!"
Ein kleiner Musketier reicht mir eine Picke . . . Zehn
braune Kerls drängen hinter mir nach. - Dann ein
paar Hiebe mit Beil und Kolben - die Tür kracht ein
- von der Decke her zucken Geschosse nieder . . . "Keiner
die Bodentreppe hinauf! Hierbleiben! Streichhölzer
her!" Und schon habe ich ein paar Strohballen vorge-
rissen, - fünf Minuten später züngeln die Flammen
aus allen Fenstern. "So, Jungs, nun vorwärts!" -
Hinein wieder in die Dorfgasse . . . Da treffe ich mei-
nen Kompagnieführer. "Hierher!" schreit er. "Ueber
die Mauer, mir nach!"
Zwei Kerle heben mich hoch, im Nu haben wir eine
Gartenmauer überstiegen, und stürmen weiter, einer
belgischen Abteilung in den Rücken zu fallen. Manns-
hohe Hecken, mit Stacheldraht durchzogen - vier, fünf
- vor uns. "Her, Kerls," rufe ich, "gebt mir die
Drahtschere!" Ein paar wuchtige Jungens treten
den Schlehdorn ein - ich knipse den Draht durch und gehe
ihnen voran, - meine Hose hängt in Fetzen runter.
Die Hecken werden genommen - auf einmal kracht es
auf uns her - nur wenige Sekunden, dann saust eine
Haubitze in den verruchten Giebel - Steine spritzen
umher - das Gemäuer sinkt donnernd zusammen.
Feuer von links! - Da sind die Unsern, sie schießen
auf uns - sie erkennen uns noch immer nicht. Wir
brüllen ihnen die Losung zu: "Der Kaiser! Der Kaiser!"
- Sie hören uns nicht in dem Höllenlärm. "Hornist,"
rufe ich, "blasen Sie Signal!" Der brave Junge - er
war von den vierten Jägern, nimmt das Horn und
schmettert: Das Ganze! - Das Ganze! - Da kommt´s
von drüben zurück. Wir erkennen uns - es sind die
27er - ich drücke dem Hauptmann, den ich seit Jahren
kenne, die Hand. -
Heller Morgen, ¼ 7 Uhr (am 6. August).
Vor uns liegt ein Kohlenbergwerk. Zwei Kohlen-
halden sind einige Meter hoch im Winkel zu einander
aufgeschüttet - da stürmen wir hinauf: Ein Jäger-
Fortsetzung 2. Spalte Mitte
2. Spalte
Siegreiches Vordringen der Oesterreicher.
WTB. Wien, 30. August. Der Korrespondent des
Neuen Wiener Tagebl. im Hauptquartier meldet: Die
große Schlacht ist heute, am vierten Tage, in vollem
Gange und steht gut für uns. Die linke Flügelgruppe
rückt gegen Lublin und Zamocs langsam aber sicher vor,
stößt aber immer wieder auf den neuverschanzten Gegner
und anstelle von Frontalangriffen sind zeitraubende Um-
gehungen nötig. Drei Zügen des Infanterieregiments
Nr. 72 gelang ein rascher Frontalangriff, bei dem zwei
russische Hauptleute, sechs Subalternoffiziere und 470
Mann gefangen genommen wurden. Die Kräftegruppe
zwischen Bug und Wieprz griff eine russische Division
von drei Seiten mit Erfolg an, sodaß sie nur unter dem
Schutze der Nacht entkamen. Generalstabshauptmann
Roßmann stürzte mit seinem Flugzeug ab und wurde
getötet. Das Armeeverordnungsblatt veröffentlichte ge-
rade heute eine Auszeichnung Roßmanns für hervor-
ragend tapferes Verhalten vor dem Feinde.
WTB. Wien, 30. August. (Nicht amtlich.) Soweit
sich bis gestern mittag überblicken ließ, ist das große
Ringen unserer Armee mit den Hauptkräften des russi-
schen Heeres noch nicht zur Entscheidung herangereift.
Nur die Erfolge der vom General der Kavallerie Viktor
Dankl in der Schlacht bei Krasnik siegreich geführten
Armee sind bereits einigermaßen zu übersehen. In ei-
ner zweiten Schlacht am 27. August, die durch die helden-
mütige Erstürmung einer stark befestigten Stellung auf
den Höhen von Niedrzwiosduca gekrönt war, gelang es,
die bei Krasnik zurückgeworfenen russischen Kräfte und
herangeführten Verstärkungen, im ganzen etwa zehn
Divisionen, durch sechs verschiedene Korps neuerlich zu
schlagen. Eines unserer Korps nahm in dieser zweiten
Schlacht einen General, einen Oberst, drei sonstige
Stabspersonen, vierzig Offiziere und zirka 2000 Mann
gefangen und erbeutete wieder sehr viel Kriegsmaterial.
WTB. Wien, 31. August. Die Schlachten auf dem
östlichen Kriegsschauplatz dauern mit ungeminderter
Heftigkeit fort. Oestlich unserer trotz mehrfacher be-
festigter Stellungen des Feindes unaufhaltsam gegen
Lublin vordringenden Armee Dankl haben unsere zwischen
Bug und Wieprz vorgeführten Kräfte am 26. August
den Angriff auf die dem Raume bei Cholm stehen-
den starken russischen Kräfte begonnen. Hierbei ent-
wickelten sich wie bei Krasnik wieder harte, für unsere
angriffsfreudigen Truppen siegreich verlaufende Kämpfe
bei Zamoid sowie nördlich und östlich bei Tomaszow.
In diesen Kämpfen wurden ebenso wie in den Schlach-
ten bei Krasnik tausende von Gefangenen gemacht.
In Ostgalizien behaupten sich unsere Truppen mit helden-
mütiger Bravour und Zähigkeit gegen sehr starke uns
überlegene feindliche Kräfte. Auf dem südlichen Kriegs-
schauplatz haben in letzter Zeit neue Kämpfe statt-
gefunden.
Der Kampf in der Nordsee.
Der lange erwartete Zusammenstoß unserer Flotte
mit der englischen ist erfolgt. Die Nordsee bei Helgo-
land war der Kampfplatz, wo der Seekrieg heftig tobte.
Der Kampf erfolgte bei unsichtigem Wetter und er zog
sich nach Westen, also nach der englischen Küste zu hin.
Mehrere kleine Kreuzer unserer Flotte stießen todes-
mutig vor und gerieten dabei in einen Kampf mit einer
überlegenen starken englischen Flotte. Unsere Schiffe
mußten der Uebermacht weichen, haben den Engländern
aber, wie ein englischer Bericht eingesteht, schwere Be-
schädigungen beigebracht. Nach dem, was man sonst von
Fortsetzung 3. Spalte oben
Fortsetzung von 1. Spalte Kriegsbriefe
leutnant, ein Kompagniekamerad von mir, Sch., dann
ein riesiger Adjutant von den 27ern, A., ein tapferer
Junge, der nicht mit der Wimper zuckte - am Wege
unten bleibt H. zurück, der furchtlose Regimentsadjunkt
vom Regiment Louis Ferdinand, und mit ungefähr 10
Mann nimmt der Hauptmann v. B. die Häuser in un-
serm Rücken unter Feuer, er selbst hat den Degen ab-
gelegt und führt das Gewehr . . .
Oben von meiner Kohlenhalde sehe ich ein Gehöft
und zum ersten Male belgische Infanterie - sonst wa-
ren die Kerle gelaufen, als sei der Deibel hinter ihnen.
- Jetzt heben sie die Büchse an die Backe. Ich lasse
das Feuer aufnehmen und beobachte durch das Glas die
Wirkung . . . "Ruhig zielen, Kerls, ihr schießt zu weit"
. . . Zwei schwarze Mäntel sehe ich sich im Sande wälzen.
"Hols der Deibel!" Sie schießen von rechts her -
von der anderen Halde . . . Da steht noch auf unserem
Flügel der lange A. Seine Schärpe flattert, die Quasten
sind schwarz von Kohlenstaub, er schießt auf die Bande
rechts - jetzt knallt´s auch von hintenher aus den
Häusern . . .
Ich setze das Glas ab und sehe mich um. Da links
am Flügel liegt mein Kamerad Sch., hat einem Ver-
wundeten das Gewehr abgenommen und schießt nach dem
Gehöft . . . Rechts von mir - ja, was ist denn das?
Einer nach dem andern "klappt ab" . . . Der läßt den
Kopf vornüber, der rollt den Abhang hinunter, der
schreit . . . Sie schießen wie besessen auf uns. Nun
liegt nur noch einer rechts von mir, eben fängt auch der
an, sich hin und her zu wälzen, Blut quillt aus dem
Rock hervor, ich werde ihm sein Gewehr abnehmen; ich
richte mich auf . . . Donnerwetter, ich fühle einen
Schlag vor der linken Brust: "Kinder, jetzt hat´s mich
auch." . . .
Ich rutsche den Abhang hinab, das Blut kommt mir
aus dem Munde . . . hinter einem Steinhaufen finde
ich Deckung vor dem mörderischen Feuer. Ich bitte einen
Soldaten: "Mach mir mal die Feldflasche ab - so -
- und den Tornister."Einen langen Schluck. Der gute
Kerl öffnet mir den Waffenrock. Ich lehne mich gegen
den Steinhaufen. Ganz warm quillt das Blut hervor;
wie lange kann´s dauern, dann ist´s vorbei. Aus dem
Rocktäschchen ziehe ich das Verbandszeug, öffne es hastig
und drücke es auf die Wunde. Dann warte ich ab,
minutenlang; auf dem Wege vor mir stehen die braven
Kerle und feuern; da ist auch A. noch mit den schwarzen
Quasten. "Kinder, schickt mir doch einen Arzt." Mir
fängt´s an, vor den Augen zu flimmern. Da kommt das
Soldaggengefühl: du mußt Dich wehren, darfst nicht dich
dumpf in ein Schicksal ergeben. Die Schlacht geht wei-
ter; hier findet dich keiner . . .
-
item 14
Ueber 30 000 Russen in Ostpreußen gefangen.
Der Sieg der Oesterreicher. Der Kampf in der Nordsee. Die Opfer vom
Kreuzer "Magdeburg".
1. Spalte
Wie im Westen, so ist nunmehr auch im Osten die
erste große Schlacht geschlagen worden. Der Unterschied
liegt darin, daß sich die Russen in der Offensivstellung
befanden, während wir den Ansturm abzuwehren hatten.
Aus der Richtung von Niemen, wie von der Narew her,
d. h. aus Süden und aus Osten waren erhebliche russische
Streitkräfte im Anmarsche, die zwischen Insterburg und
Graudenz in deutsches Gebiet einzubrechen versuchten.
Ihr Zweck war offenbar, die deutsche Defensive zu durch-
brechen, ehe die siegreich vordringenden Oesterreicher
Verbindung mit uns erlangt haben. Die Absicht ist an
der Wachsamkeit unserer Heeresleitung und der Tapfer-
keit unserer Truppen gescheitert. Die russische Armee,
an Zahl fast der bei Metz geschlagenen französischen Ar-
mee gleich, ist über die Grenze zurückgewichen und wird
von unseren Truppen verfolgt. Durch diesen Sieg ist
die Durchführung des gemeinschaftlichen Vormarsches
unserer und der österreichischen Truppen gegen die
Weichsel erleichtert worden. Es geht auf Warschau los!
Die Meldung über den Sieg lautet kurz und knapp:
WTB. Berlin, 29. August. Unsere Truppen in
Preußen unter der Führung des Generalobersten Hinden-
burg haben die von Narew vorgegangene russische Armee
in Stärke von 5 Armeekorps und 3 Kavalleriedivisionen
in dreitägiger Schlacht bei Gilgenburg-Ortelsburg ge-
schlagen und verfolgen sie jetzt über die Grenze.
Generalquartiermeister von Stein.
Die am Sonnabend verbreitete Meldung von dem
großen deutschen Siege über die Russen in Ostpreußen
wird durch folgende neue erfreuliche Nachricht ergänzt:
WTB. Berlin, 31. August. Bei den großen
Kämpfen, in denen die russische Armee bei Tannen-
berg, Hohenstein und Ortelsburg geworfen wurden,
sind nach vorläufiger Schätzung über 30000 Russen
mit vielen hohen Offizieren in Gefangenschaft
geraten.
Eine erfreuliche Ergänzung zu der amtlichen Mel-
dung über das Ergebnis der Schlacht bilden die folgen-
den Mitteilungen, die aus amtlichen Quellen Ost-
preußens stammen:
Der vom Generalquartiermeister in seiner Ver-
öffentlichung vom 25. August als bevorstehend angekün-
digte Entscheidungskampf hat begonnen. Als Einleitung
erfolgte die Besetzung der Grenzstadt Neidenburg durch
starke russische Kräfte. Die Russen plünderten die Stadt
gründlich und bombardierten sie dann von den benach-
barten Höhen. Den meisten Bürgern Neidenburgs,
das etwa 6000 Einwohner hat, war es gelungen, über
Hohenstein und Allenstein zu fliehen. Das 20. Armee-
korps griff energisch in den Kampf gegen den russischen
Gegner ein. Die "Allensteiner Zeitung" kann mit amt-
licher Genehmigung darüber melden: Unser tapferes
20. Armeekorps steht seit 24 Stunden im Feuer mit
einem an Kräften weit überlegenen Gegner. Dank der
Tapferkeit unserer Truppen und Führer ist es den
Russen trotz der gewaltigen Uebermacht nicht gelun-
gen, unsere Stellungen zu nehmen. Der Kampf hat sich
dann zu einer Riesenschlacht auf der Linie Gilgenburg-
Neidenburg-Ortelsburg entwickelt mit etwa 50 Kilo-
meter Frontlänge. Hierüber teilt Landrat Hagemann
in Marienburg der "Marienburger Zeitung" mit, daß
zwei russische Armeekorps aufgerieben worden seien.
Kriegsbriefe.
Wie ich verwundet wurde
Von einem Mitkämpfer bei Lüttich.
. . . Mitten in dieses Dorfgefecht (Sturm auf Ft.
Fléron) waren wir hineingerissen. Es blitzte aus allen
Häusern, unablässig rollt der Donner der Geschütze, un-
ablässig geht der Eisenregen nieder. Stockdunkel . . .
Wie sehnlich wünschen wir den Morgen heran. - Kein
Gegner zu sehen - und doch sinkt Mann neben Mann.
Aus den Mauern der Häuser sind nur winzige Steine
gelöst - ein Flintenlauf ragt durch; in den Fenster-
laden ein kleines Loch - der Lauf einer Jagdbüchse
sprüht Flammen heraus - aus den Kellerfenstern, von
den Böden zuckt und flammt und pfeift es . . . Wie
im Hexenkessel . . . Und wir dürfen nicht schießen, um
die Kameraden, die rechts und links vor uns im Gefecht
liegen, nicht zu gefährden . . . Einer neben dem anderen
sinkt - Aechzen und Stöhnen überall. Hinweg über
einen Haufen zuckender Leiber, vorsichtig - um keinem
wehe zu tun - und um uns blitzt und kracht´s. Aus einem
Eckhaus prasselt uns ein Hagel entgegen. -
Zwanzig, fünfzig Läufe heben sich - , da brülle ich:
"Keinen Schuß, Kerls! Wer kommt mit? Beil her!"
Ein kleiner Musketier reicht mir eine Picke . . . Zehn
braune Kerls drängen hinter mir nach. - Dann ein
paar Hiebe mit Beil und Kolben - die Tür kracht ein
- von der Decke her zucken Geschosse nieder . . . "Keiner
die Bodentreppe hinauf! Hierbleiben! Streichhölzer
her!" Und schon habe ich ein paar Strohballen vorge-
rissen, - fünf Minuten später züngeln die Flammen
aus allen Fenstern. "So, Jungs, nun vorwärts!" -
Hinein wieder in die Dorfgasse . . . Da treffe ich mei-
nen Kompagnieführer. "Hierher!" schreit er. "Ueber
die Mauer, mir nach!"
Zwei Kerle heben mich hoch, im Nu haben wir eine
Gartenmauer überstiegen, und stürmen weiter, einer
belgischen Abteilung in den Rücken zu fallen. Manns-
hohe Hecken, mit Stacheldraht durchzogen - vier, fünf
- vor uns. "Her, Kerls," rufe ich, "gebt mir die
Drahtschere!" Ein paar wuchtige Jungens treten
den Schlehdorn ein - ich knipse den Draht durch und gehe
ihnen voran, - meine Hose hängt in Fetzen runter.
Die Hecken werden genommen - auf einmal kracht es
auf uns her - nur wenige Sekunden, dann saust eine
Haubitze in den verruchten Giebel - Steine spritzen
umher - das Gemäuer sinkt donnernd zusammen.
Feuer von links! - Da sind die Unsern, sie schießen
auf uns - sie erkennen uns noch immer nicht. Wir
brüllen ihnen die Losung zu: "Der Kaiser! Der Kaiser!"
- Sie hören uns nicht in dem Höllenlärm. "Hornist,"
rufe ich, "blasen Sie Signal!" Der brave Junge - er
war von den vierten Jägern, nimmt das Horn und
schmettert: Das Ganze! - Das Ganze! - Da kommt´s
von drüben zurück. Wir erkennen uns - es sind die
27er - ich drücke dem Hauptmann, den ich seit Jahren
kenne, die Hand. -
Heller Morgen, ¼ 7 Uhr (am 6. August).
Vor uns liegt ein Kohlenbergwerk. Zwei Kohlen-
halden sind einige Meter hoch im Winkel zu einander
aufgeschüttet - da stürmen wir hinauf: Ein Jäger-
Fortsetzung 2. Spalte Mitte
2. Spalte
Siegreiches Vordringen der Oesterreicher.
WTB. Wien, 30. August. Der Korrespondent des
Neuen Wiener Tagebl. im Hauptquartier meldet: Die
große Schlacht ist heute, am vierten Tage, in vollem
Gange und steht gut für uns. Die linke Flügelgruppe
rückt gegen Lublin und Zamocs langsam aber sicher vor,
stößt aber immer wieder auf den neuverschanzten Gegner
und anstelle von Frontalangriffen sind zeitraubende Um-
gehungen nötig. Drei Zügen des Infanterieregiments
Nr. 72 gelang ein rascher Frontalangriff, bei dem zwei
russische Hauptleute, sechs Subalternoffiziere und 470
Mann gefangen genommen wurden. Die Kräftegruppe
zwischen Bug und Wieprz griff eine russische Division
von drei Seiten mit Erfolg an, sodaß sie nur unter dem
Schutze der Nacht entkamen. Generalstabshauptmann
Roßmann stürzte mit seinem Flugzeug ab und wurde
getötet. Das Armeeverordnungsblatt veröffentlichte ge-
rade heute eine Auszeichnung Roßmanns für hervor-
ragend tapferes Verhalten vor dem Feinde.
WTB. Wien, 30. August. (Nicht amtlich.) Soweit
sich bis gestern mittag überblicken ließ, ist das große
Ringen unserer Armee mit den Hauptkräften des russi-
schen Heeres noch nicht zur Entscheidung herangereift.
Nur die Erfolge der vom General der Kavallerie Viktor
Dankl in der Schlacht bei Krasnik siegreich geführten
Armee sind bereits einigermaßen zu übersehen. In ei-
ner zweiten Schlacht am 27. August, die durch die helden-
mütige Erstürmung einer stark befestigten Stellung auf
den Höhen von Niedrzwiosduca gekrönt war, gelang es,
die bei Krasnik zurückgeworfenen russischen Kräfte und
herangeführten Verstärkungen, im ganzen etwa zehn
Divisionen, durch sechs verschiedene Korps neuerlich zu
schlagen. Eines unserer Korps nahm in dieser zweiten
Schlacht einen General, einen Oberst, drei sonstige
Stabspersonen, vierzig Offiziere und zirka 2000 Mann
gefangen und erbeutete wieder sehr viel Kriegsmaterial.
WTB. Wien, 31. August. Die Schlachten auf dem
östlichen Kriegsschauplatz dauern mit ungeminderter
Heftigkeit fort. Oestlich unserer trotz mehrfacher be-
festigter Stellungen des Feindes unaufhaltsam gegen
Lublin vordringenden Armee Dankl haben unsere zwischen
Bug und Wieprz vorgeführten Kräfte am 26. August
den Angriff auf die dem Raume bei Cholm stehen-
den starken russischen Kräfte begonnen. Hierbei ent-
wickelten sich wie bei Krasnik wieder harte, für unsere
angriffsfreudigen Truppen siegreich verlaufende Kämpfe
bei Zamoid sowie nördlich und östlich bei Tomaszow.
In diesen Kämpfen wurden ebenso wie in den Schlach-
ten bei Krasnik tausende von Gefangenen gemacht.
In Ostgalizien behaupten sich unsere Truppen mit helden-
mütiger Bravour und Zähigkeit gegen sehr starke uns
überlegene feindliche Kräfte. Auf dem südlichen Kriegs-
schauplatz haben in letzter Zeit neue Kämpfe statt-
gefunden.
Der Kampf in der Nordsee.
Der lange erwartete Zusammenstoß unserer Flotte
mit der englischen ist erfolgt. Die Nordsee bei Helgo-
land war der Kampfplatz, wo der Seekrieg heftig tobte.
Der Kampf erfolgte bei unsichtigem Wetter und er zog
sich nach Westen, also nach der englischen Küste zu hin.
Mehrere kleine Kreuzer unserer Flotte stießen todes-
mutig vor und gerieten dabei in einen Kampf mit einer
überlegenen starken englischen Flotte. Unsere Schiffe
mußten der Uebermacht weichen, haben den Engländern
aber, wie ein englischer Bericht eingesteht, schwere Be-
schädigungen beigebracht. Nach dem, was man sonst von
Fortsetzung 3. Spalte oben
Fortsetzung von 1. Spalte Kriegsbriefe
leutnant, ein Kompagniekamerad von mir, Sch., dann
ein riesiger Adjutant von den 27ern, A., ein tapferer
Junge, der nicht mit der Wimper zuckte - am Wege
unten bleibt H. zurück, der furchtlose Regimentsadjunkt
vom Regiment Louis Ferdinand, und mit ungefähr 10
Mann nimmt der Hauptmann v. B. die Häuser in un-
serm Rücken unter Feuer, er selbst hat den Degen ab-
gelegt und führt das Gewehr . . .
Oben von meiner Kohlenhalde sehe ich ein Gehöft
und zum ersten Male belgische Infanterie - sonst wa-
ren die Kerle gelaufen, als sei der Deibel hinter ihnen.
- Jetzt heben sie die Büchse an die Backe. Ich lasse
das Feuer aufnehmen und beobachte durch das Glas die
Wirkung . . . "Ruhig zielen, Kerls, ihr schießt zu weit"
. . . Zwei schwarze Mäntel sehe ich sich im Sande wälzen.
"Hols der Deibel!" Sie schießen von rechts her -
von der anderen Halde . . . Da steht noch auf unserem
Flügel der lange A. Seine Schärpe flattert, die Quasten
sind schwarz von Kohlenstaub, er schießt auf die Bande
rechts - jetzt knallt´s auch von hintenher aus den
Häusern . . .
Ich setze das Glas ab und sehe mich um. Da links
am Flügel liegt mein Kamerad Sch., hat einem Ver-
wundeten das Gewehr abgenommen und schießt nach dem
Gehöft . . . Rechts von mir - ja, was ist denn das?
Einer nach dem andern "klappt ab" . . . Der läßt den
Kopf vornüber, der rollt den Abhang hinunter, der
schreit . . . Sie schießen wie besessen auf uns. Nun
liegt nur noch einer rechts von mir, eben fängt auch der
an, sich hin und her zu wälzen, Blut quillt aus dem
Rock hervor, ich werde ihm sein Gewehr abnehmen; ich
richte mich auf . . . Donnerwetter, ich fühle einen
Schlag vor der linken Brust: "Kinder, jetzt hat´s mich
auch." . . .
-
item 14
Ueber 30 000 Russen in Ostpreußen gefangen.
Der Sieg der Oesterreicher. Der Kampf in der Nordsee. Die Opfer vom
Kreuzer "Magdeburg".
1. Spalte
Wie im Westen, so ist nunmehr auch im Osten die
erste große Schlacht geschlagen worden. Der Unterschied
liegt darin, daß sich die Russen in der Offensivstellung
befanden, während wir den Ansturm abzuwehren hatten.
Aus der Richtung von Niemen, wie von der Narew her,
d. h. aus Süden und aus Osten waren erhebliche russische
Streitkräfte im Anmarsche, die zwischen Insterburg und
Graudenz in deutsches Gebiet einzubrechen versuchten.
Ihr Zweck war offenbar, die deutsche Defensive zu durch-
brechen, ehe die siegreich vordringenden Oesterreicher
Verbindung mit uns erlangt haben. Die Absicht ist an
der Wachsamkeit unserer Heeresleitung und der Tapfer-
keit unserer Truppen gescheitert. Die russische Armee,
an Zahl fast der bei Metz geschlagenen französischen Ar-
mee gleich, ist über die Grenze zurückgewichen und wird
von unseren Truppen verfolgt. Durch diesen Sieg ist
die Durchführung des gemeinschaftlichen Vormarsches
unserer und der österreichischen Truppen gegen die
Weichsel erleichtert worden. Es geht auf Warschau los!
Die Meldung über den Sieg lautet kurz und knapp:
WTB. Berlin, 29. August. Unsere Truppen in
Preußen unter der Führung des Generalobersten Hinden-
burg haben die von Narew vorgegangene russische Armee
in Stärke von 5 Armeekorps und 3 Kavalleriedivisionen
in dreitägiger Schlacht bei Gilgenburg-Ortelsburg ge-
schlagen und verfolgen sie jetzt über die Grenze.
Generalquartiermeister von Stein.
Die am Sonnabend verbreitete Meldung von dem
großen deutschen Siege über die Russen in Ostpreußen
wird durch folgende neue erfreuliche Nachricht ergänzt:
WTB. Berlin, 31. August. Bei den großen
Kämpfen, in denen die russische Armee bei Tannen-
berg, Hohenstein und Ortelsburg geworfen wurden,
sind nach vorläufiger Schätzung über 30000 Russen
mit vielen hohen Offizieren in Gefangenschaft
geraten.
Eine erfreuliche Ergänzung zu der amtlichen Mel-
dung über das Ergebnis der Schlacht bilden die folgen-
den Mitteilungen, die aus amtlichen Quellen Ost-
preußens stammen:
Der vom Generalquartiermeister in seiner Ver-
öffentlichung vom 25. August als bevorstehend angekün-
digte Entscheidungskampf hat begonnen. Als Einleitung
erfolgte die Besetzung der Grenzstadt Neidenburg durch
starke russische Kräfte. Die Russen plünderten die Stadt
gründlich und bombardierten sie dann von den benach-
barten Höhen. Den meisten Bürgern Neidenburgs,
das etwa 6000 Einwohner hat, war es gelungen, über
Hohenstein und Allenstein zu fliehen. Das 20. Armee-
korps griff energisch in den Kampf gegen den russischen
Gegner ein. Die "Allensteiner Zeitung" kann mit amt-
licher Genehmigung darüber melden: Unser tapferes
20. Armeekorps steht seit 24 Stunden im Feuer mit
einem an Kräften weit überlegenen Gegner. Dank der
Tapferkeit unserer Truppen und Führer ist es den
Russen trotz der gewaltigen Uebermacht nicht gelun-
gen, unsere Stellungen zu nehmen. Der Kampf hat sich
dann zu einer Riesenschlacht auf der Linie Gilgenburg-
Neidenburg-Ortelsburg entwickelt mit etwa 50 Kilo-
meter Frontlänge. Hierüber teilt Landrat Hagemann
in Marienburg der "Marienburger Zeitung" mit, daß
zwei russische Armeekorps aufgerieben worden seien.
Kriegsbriefe.
Wie ich verwundet wurde
Von einem Mitkämpfer bei Lüttich.
. . . Mitten in dieses Dorfgefecht (Sturm auf Ft.
Fléron) waren wir hineingerissen. Es blitzte aus allen
Häusern, unablässig rollt der Donner der Geschütze, un-
ablässig geht der Eisenregen nieder. Stockdunkel . . .
Wie sehnlich wünschen wir den Morgen heran. - Kein
Gegner zu sehen - und doch sinkt Mann neben Mann.
Aus den Mauern der Häuser sind nur winzige Steine
gelöst - ein Flintenlauf ragt durch; in den Fenster-
laden ein kleines Loch - der Lauf einer Jagdbüchse
sprüht Flammen heraus - aus den Kellerfenstern, von
den Böden zuckt und flammt und pfeift es . . . Wie
im Hexenkessel . . . Und wir dürfen nicht schießen, um
die Kameraden, die rechts und links vor uns im Gefecht
liegen, nicht zu gefährden . . . Einer neben dem anderen
sinkt - Aechzen und Stöhnen überall. Hinweg über
einen Haufen zuckender Leiber, vorsichtig - um keinem
wehe zu tun - und um uns blitzt und kracht´s. Aus einem
Eckhaus prasselt uns ein Hagel entgegen. -
Zwanzig, fünfzig Läufe heben sich - , da brülle ich:
"Keinen Schuß, Kerls! Wer kommt mit? Beil her!"
Ein kleiner Musketier reicht mir eine Picke . . . Zehn
braune Kerls drängen hinter mir nach. - Dann ein
paar Hiebe mit Beil und Kolben - die Tür kracht ein
- von der Decke her zucken Geschosse nieder . . . "Keiner
die Bodentreppe hinauf! Hierbleiben! Streichhölzer
her!" Und schon habe ich ein paar Strohballen vorge-
rissen, - fünf Minuten später züngeln die Flammen
aus allen Fenstern. "So, Jungs, nun vorwärts!" -
Hinein wieder in die Dorfgasse . . . Da treffe ich mei-
nen Kompagnieführer. "Hierher!" schreit er. "Ueber
die Mauer, mir nach!"
Zwei Kerle heben mich hoch, im Nu haben wir eine
Gartenmauer überstiegen, und stürmen weiter, einer
belgischen Abteilung in den Rücken zu fallen. Manns-
hohe Hecken, mit Stacheldraht durchzogen - vier, fünf
- vor uns. "Her, Kerls," rufe ich, "gebt mir die
Drahtschere!" Ein paar wuchtige Jungens treten
den Schlehdorn ein - ich knipse den Draht durch und gehe
ihnen voran, - meine Hose hängt in Fetzen runter.
Die Hecken werden genommen - auf einmal kracht es
auf uns her - nur wenige Sekunden, dann saust eine
Haubitze in den verruchten Giebel - Steine spritzen
umher - das Gemäuer sinkt donnernd zusammen.
Feuer von links! - Da sind die Unsern, sie schießen
auf uns - sie erkennen uns noch immer nicht. Wir
brüllen ihnen die Losung zu: "Der Kaiser! Der Kaiser!"
- Sie hören uns nicht in dem Höllenlärm. "Hornist,"
rufe ich, "blasen Sie Signal!" Der brave Junge - er
war von den vierten Jägern, nimmt das Horn und
schmettert: Das Ganze! - Das Ganze! - Da kommt´s
von drüben zurück. Wir erkennen uns - es sind die
27er - ich drücke dem Hauptmann, den ich seit Jahren
kenne, die Hand. -
Heller Morgen, ¼ 7 Uhr (am 6. August).
Vor uns liegt ein Kohlenbergwerk. Zwei Kohlen-
halden sind einige Meter hoch im Winkel zu einander
aufgeschüttet - da stürmen wir hinauf: Ein Jäger-
Fortsetzung 2. Spalte Mitte
2. Spalte
Siegreiches Vordringen der Oesterreicher.
WTB. Wien, 30. August. Der Korrespondent des
Neuen Wiener Tagebl. im Hauptquartier meldet: Die
große Schlacht ist heute, am vierten Tage, in vollem
Gange und steht gut für uns. Die linke Flügelgruppe
rückt gegen Lublin und Zamocs langsam aber sicher vor,
stößt aber immer wieder auf den neuverschanzten Gegner
und anstelle von Frontalangriffen sind zeitraubende Um-
gehungen nötig. Drei Zügen des Infanterieregiments
Nr. 72 gelang ein rascher Frontalangriff, bei dem zwei
russische Hauptleute, sechs Subalternoffiziere und 470
Mann gefangen genommen wurden. Die Kräftegruppe
zwischen Bug und Wieprz griff eine russische Division
von drei Seiten mit Erfolg an, sodaß sie nur unter dem
Schutze der Nacht entkamen. Generalstabshauptmann
Roßmann stürzte mit seinem Flugzeug ab und wurde
getötet. Das Armeeverordnungsblatt veröffentlichte ge-
rade heute eine Auszeichnung Roßmanns für hervor-
ragend tapferes Verhalten vor dem Feinde.
WTB. Wien, 30. August. (Nicht amtlich.) Soweit
sich bis gestern mittag überblicken ließ, ist das große
Ringen unserer Armee mit den Hauptkräften des russi-
schen Heeres noch nicht zur Entscheidung herangereift.
Nur die Erfolge der vom General der Kavallerie Viktor
Dankl in der Schlacht bei Krasnik siegreich geführten
Armee sind bereits einigermaßen zu übersehen. In ei-
ner zweiten Schlacht am 27. August, die durch die helden-
mütige Erstürmung einer stark befestigten Stellung auf
den Höhen von Niedrzwiosduca gekrönt war, gelang es,
die bei Krasnik zurückgeworfenen russischen Kräfte und
herangeführten Verstärkungen, im ganzen etwa zehn
Divisionen, durch sechs verschiedene Korps neuerlich zu
schlagen. Eines unserer Korps nahm in dieser zweiten
Schlacht einen General, einen Oberst, drei sonstige
Stabspersonen, vierzig Offiziere und zirka 2000 Mann
gefangen und erbeutete wieder sehr viel Kriegsmaterial.
WTB. Wien, 31. August. Die Schlachten auf dem
östlichen Kriegsschauplatz dauern mit ungeminderter
Heftigkeit fort. Oestlich unserer trotz mehrfacher be-
festigter Stellungen des Feindes unaufhaltsam gegen
Lublin vordringenden Armee Dankl haben unsere zwischen
Bug und Wieprz vorgeführten Kräfte am 26. August
den Angriff auf die dem Raume bei Cholm stehen-
den starken russischen Kräfte begonnen. Hierbei ent-
wickelten sich wie bei Krasnik wieder harte, für unsere
angriffsfreudigen Truppen siegreich verlaufende Kämpfe
bei Zamoid sowie nördlich und östlich bei Tomaszow.
In diesen Kämpfen wurden ebenso wie in den Schlach-
ten bei Krasnik tausende von Gefangenen gemacht.
In Ostgalizien behaupten sich unsere Truppen mit helden-
mütiger Bravour und Zähigkeit gegen sehr starke uns
überlegene feindliche Kräfte. Auf dem südlichen Kriegs-
schauplatz haben in letzter Zeit neue Kämpfe statt-
gefunden.
Der Kampf in der Nordsee.
Der lange erwartete Zusammenstoß unserer Flotte
mit der englischen ist erfolgt. Die Nordsee bei Helgo-
land war der Kampfplatz, wo der Seekrieg heftig tobte.
Der Kampf erfolgte bei unsichtigem Wetter und er zog
sich nach Westen, also nach der englischen Küste zu hin.
Mehrere kleine Kreuzer unserer Flotte stießen todes-
mutig vor und gerieten dabei in einen Kampf mit einer
überlegenen starken englischen Flotte. Unsere Schiffe
mußten der Uebermacht weichen, haben den Engländern
aber, wie ein englischer Bericht eingesteht, schwere Be-
schädigungen beigebracht. Nach dem, was man sonst von
Fortsetzung 3. Spalte oben
Fortsetzung von 1. Spalte
leutnant, ein Kompagniekamerad von mir, Sch., dann
ein riesiger Adjutant von den 27ern, A., ein tapferer
Junge, der nicht mit der Wimper zuckte - am Wege
unten bleibt H. zurück, der furchtlose Regimentsadjunkt
vom Regiment Louis Ferdinand, und mit ungefähr 10
Mann nimmt der Hauptmann v. B. die Häuser in un-
serm Rücken unter Feuer, er selbst hat den Degen ab-
gelegt und führt das Gewehr . . .
Oben von meiner Kohlenhalde sehe ich ein Gehöft
und zum ersten Male belgische Infanterie - sonst wa-
ren die Kerle gelaufen, als sei der Deibel hinter ihnen.
- Jetzt heben sie die Büchse an die Backe. Ich lasse
das Feuer aufnehmen und beobachte durch das Glas die
Wirkung . . . "Ruhig zielen, Kerls, ihr schießt zu weit"
. . . Zwei schwarze Mäntel sehe ich sich im Sande wälzen.
"Hols der Deibel!" Sie schießen von rechts her -
von der anderen Halde . . . Da steht noch auf unserem
Flügel der lange A. Seine Schärpe flattert, die Quasten
sind schwarz von Kohlenstaub, er schießt auf die Bande
rechts - jetzt knallt´s auch von hintenher aus den
Häusern . . .
-
item 14
Ueber 30 000 Russen in Ostpreußen gefangen.
Der Sieg der Oesterreicher. Der Kampf in der Nordsee. Die Opfer vom
Kreuzer "Magdeburg".
1. Spalte
Wie im Westen, so ist nunmehr auch im Osten die
erste große Schlacht geschlagen worden. Der Unterschied
liegt darin, daß sich die Russen in der Offensivstellung
befanden, während wir den Ansturm abzuwehren hatten.
Aus der Richtung von Niemen, wie von der Narew her,
d. h. aus Süden und aus Osten waren erhebliche russische
Streitkräfte im Anmarsche, die zwischen Insterburg und
Graudenz in deutsches Gebiet einzubrechen versuchten.
Ihr Zweck war offenbar, die deutsche Defensive zu durch-
brechen, ehe die siegreich vordringenden Oesterreicher
Verbindung mit uns erlangt haben. Die Absicht ist an
der Wachsamkeit unserer Heeresleitung und der Tapfer-
keit unserer Truppen gescheitert. Die russische Armee,
an Zahl fast der bei Metz geschlagenen französischen Ar-
mee gleich, ist über die Grenze zurückgewichen und wird
von unseren Truppen verfolgt. Durch diesen Sieg ist
die Durchführung des gemeinschaftlichen Vormarsches
unserer und der österreichischen Truppen gegen die
Weichsel erleichtert worden. Es geht auf Warschau los!
Die Meldung über den Sieg lautet kurz und knapp:
WTB. Berlin, 29. August. Unsere Truppen in
Preußen unter der Führung des Generalobersten Hinden-
burg haben die von Narew vorgegangene russische Armee
in Stärke von 5 Armeekorps und 3 Kavalleriedivisionen
in dreitägiger Schlacht bei Gilgenburg-Ortelsburg ge-
schlagen und verfolgen sie jetzt über die Grenze.
Generalquartiermeister von Stein.
Die am Sonnabend verbreitete Meldung von dem
großen deutschen Siege über die Russen in Ostpreußen
wird durch folgende neue erfreuliche Nachricht ergänzt:
WTB. Berlin, 31. August. Bei den großen
Kämpfen, in denen die russische Armee bei Tannen-
berg, Hohenstein und Ortelsburg geworfen wurden,
sind nach vorläufiger Schätzung über 30000 Russen
mit vielen hohen Offizieren in Gefangenschaft
geraten.
Eine erfreuliche Ergänzung zu der amtlichen Mel-
dung über das Ergebnis der Schlacht bilden die folgen-
den Mitteilungen, die aus amtlichen Quellen Ost-
preußens stammen:
Der vom Generalquartiermeister in seiner Ver-
öffentlichung vom 25. August als bevorstehend angekün-
digte Entscheidungskampf hat begonnen. Als Einleitung
erfolgte die Besetzung der Grenzstadt Neidenburg durch
starke russische Kräfte. Die Russen plünderten die Stadt
gründlich und bombardierten sie dann von den benach-
barten Höhen. Den meisten Bürgern Neidenburgs,
das etwa 6000 Einwohner hat, war es gelungen, über
Hohenstein und Allenstein zu fliehen. Das 20. Armee-
korps griff energisch in den Kampf gegen den russischen
Gegner ein. Die "Allensteiner Zeitung" kann mit amt-
licher Genehmigung darüber melden: Unser tapferes
20. Armeekorps steht seit 24 Stunden im Feuer mit
einem an Kräften weit überlegenen Gegner. Dank der
Tapferkeit unserer Truppen und Führer ist es den
Russen trotz der gewaltigen Uebermacht nicht gelun-
gen, unsere Stellungen zu nehmen. Der Kampf hat sich
dann zu einer Riesenschlacht auf der Linie Gilgenburg-
Neidenburg-Ortelsburg entwickelt mit etwa 50 Kilo-
meter Frontlänge. Hierüber teilt Landrat Hagemann
in Marienburg der "Marienburger Zeitung" mit, daß
zwei russische Armeekorps aufgerieben worden seien.
Kriegsbriefe.
Wie ich verwundet wurde
Von einem Mitkämpfer bei Lüttich.
. . . Mitten in dieses Dorfgefecht (Sturm auf Ft.
Fléron) waren wir hineingerissen. Es blitzte aus allen
Häusern, unablässig rollt der Donner der Geschütze, un-
ablässig geht der Eisenregen nieder. Stockdunkel . . .
Wie sehnlich wünschen wir den Morgen heran. - Kein
Gegner zu sehen - und doch sinkt Mann neben Mann.
Aus den Mauern der Häuser sind nur winzige Steine
gelöst - ein Flintenlauf ragt durch; in den Fenster-
laden ein kleines Loch - der Lauf einer Jagdbüchse
sprüht Flammen heraus - aus den Kellerfenstern, von
den Böden zuckt und flammt und pfeift es . . . Wie
im Hexenkessel . . . Und wir dürfen nicht schießen, um
die Kameraden, die rechts und links vor uns im Gefecht
liegen, nicht zu gefährden . . . Einer neben dem anderen
sinkt - Aechzen und Stöhnen überall. Hinweg über
einen Haufen zuckender Leiber, vorsichtig - um keinem
wehe zu tun - und um uns blitzt und kracht´s. Aus einem
Eckhaus prasselt uns ein Hagel entgegen. -
Zwanzig, fünfzig Läufe heben sich - , da brülle ich:
"Keinen Schuß, Kerls! Wer kommt mit? Beil her!"
Ein kleiner Musketier reicht mir eine Picke . . . Zehn
braune Kerls drängen hinter mir nach. - Dann ein
paar Hiebe mit Beil und Kolben - die Tür kracht ein
- von der Decke her zucken Geschosse nieder . . . "Keiner
die Bodentreppe hinauf! Hierbleiben! Streichhölzer
her!" Und schon habe ich ein paar Strohballen vorge-
rissen, - fünf Minuten später züngeln die Flammen
aus allen Fenstern. "So, Jungs, nun vorwärts!" -
Hinein wieder in die Dorfgasse . . . Da treffe ich mei-
nen Kompagnieführer. "Hierher!" schreit er. "Ueber
die Mauer, mir nach!"
Zwei Kerle heben mich hoch, im Nu haben wir eine
Gartenmauer überstiegen, und stürmen weiter, einer
belgischen Abteilung in den Rücken zu fallen. Manns-
hohe Hecken, mit Stacheldraht durchzogen - vier, fünf
- vor uns. "Her, Kerls," rufe ich, "gebt mir die
Drahtschere!" Ein paar wuchtige Jungens treten
den Schlehdorn ein - ich knipse den Draht durch und gehe
ihnen voran, - meine Hose hängt in Fetzen runter.
Die Hecken werden genommen - auf einmal kracht es
auf uns her - nur wenige Sekunden, dann saust eine
Haubitze in den verruchten Giebel - Steine spritzen
umher - das Gemäuer sinkt donnernd zusammen.
Feuer von links! - Da sind die Unsern, sie schießen
auf uns - sie erkennen uns noch immer nicht. Wir
brüllen ihnen die Losung zu: "Der Kaiser! Der Kaiser!"
- Sie hören uns nicht in dem Höllenlärm. "Hornist,"
rufe ich, "blasen Sie Signal!" Der brave Junge - er
war von den vierten Jägern, nimmt das Horn und
schmettert: Das Ganze! - Das Ganze! - Da kommt´s
von drüben zurück. Wir erkennen uns - es sind die
27er - ich drücke dem Hauptmann, den ich seit Jahren
kenne, die Hand. -
Heller Morgen, ¼ 7 Uhr (am 6. August).
Vor uns liegt ein Kohlenbergwerk. Zwei Kohlen-
halden sind einige Meter hoch im Winkel zu einander
aufgeschüttet - da stürmen wir hinauf: Ein Jäger-
Fortsetzung 2. Spalte Mitte
2. Spalte
Siegreiches Vordringen der Oesterreicher.
WTB. Wien, 30. August. Der Korrespondent des
Neuen Wiener Tagebl. im Hauptquartier meldet: Die
große Schlacht ist heute, am vierten Tage, in vollem
Gange und steht gut für uns. Die linke Flügelgruppe
rückt gegen Lublin und Zamocs langsam aber sicher vor,
stößt aber immer wieder auf den neuverschanzten Gegner
und anstelle von Frontalangriffen sind zeitraubende Um-
gehungen nötig. Drei Zügen des Infanterieregiments
Nr. 72 gelang ein rascher Frontalangriff, bei dem zwei
russische Hauptleute, sechs Subalternoffiziere und 470
Mann gefangen genommen wurden. Die Kräftegruppe
zwischen Bug und Wieprz griff eine russische Division
von drei Seiten mit Erfolg an, sodaß sie nur unter dem
Schutze der Nacht entkamen. Generalstabshauptmann
Roßmann stürzte mit seinem Flugzeug ab und wurde
getötet. Das Armeeverordnungsblatt veröffentlichte ge-
rade heute eine Auszeichnung Roßmanns für hervor-
ragend tapferes Verhalten vor dem Feinde.
WTB. Wien, 30. August. (Nicht amtlich.) Soweit
sich bis gestern mittag überblicken ließ, ist das große
Ringen unserer Armee mit den Hauptkräften des russi-
schen Heeres noch nicht zur Entscheidung herangereift.
Nur die Erfolge der vom General der Kavallerie Viktor
Dankl in der Schlacht bei Krasnik siegreich geführten
Armee sind bereits einigermaßen zu übersehen. In ei-
ner zweiten Schlacht am 27. August, die durch die helden-
mütige Erstürmung einer stark befestigten Stellung auf
den Höhen von Niedrzwiosduca gekrönt war, gelang es,
die bei Krasnik zurückgeworfenen russischen Kräfte und
herangeführten Verstärkungen, im ganzen etwa zehn
Divisionen, durch sechs verschiedene Korps neuerlich zu
schlagen. Eines unserer Korps nahm in dieser zweiten
Schlacht einen General, einen Oberst, drei sonstige
Stabspersonen, vierzig Offiziere und zirka 2000 Mann
gefangen und erbeutete wieder sehr viel Kriegsmaterial.
WTB. Wien, 31. August. Die Schlachten auf dem
östlichen Kriegsschauplatz dauern mit ungeminderter
Heftigkeit fort. Oestlich unserer trotz mehrfacher be-
festigter Stellungen des Feindes unaufhaltsam gegen
Lublin vordringenden Armee Dankl haben unsere zwischen
Bug und Wieprz vorgeführten Kräfte am 26. August
den Angriff auf die dem Raume bei Cholm stehen-
den starken russischen Kräfte begonnen. Hierbei ent-
wickelten sich wie bei Krasnik wieder harte, für unsere
angriffsfreudigen Truppen siegreich verlaufende Kämpfe
bei Zamoid sowie nördlich und östlich bei Tomaszow.
In diesen Kämpfen wurden ebenso wie in den Schlach-
ten bei Krasnik tausende von Gefangenen gemacht.
In Ostgalizien behaupten sich unsere Truppen mit helden-
mütiger Bravour und Zähigkeit gegen sehr starke uns
überlegene feindliche Kräfte. Auf dem südlichen Kriegs-
schauplatz haben in letzter Zeit neue Kämpfe statt-
gefunden.
Der Kampf in der Nordsee.
Der lange erwartete Zusammenstoß unserer Flotte
mit der englischen ist erfolgt. Die Nordsee bei Helgo-
land war der Kampfplatz, wo der Seekrieg heftig tobte.
Der Kampf erfolgte bei unsichtigem Wetter und er zog
sich nach Westen, also nach der englischen Küste zu hin.
Mehrere kleine Kreuzer unserer Flotte stießen todes-
mutig vor und gerieten dabei in einen Kampf mit einer
überlegenen starken englischen Flotte. Unsere Schiffe
mußten der Uebermacht weichen, haben den Engländern
aber, wie ein englischer Bericht eingesteht, schwere Be-
schädigungen beigebracht. Nach dem, was man sonst von
Fortsetzung 3. Spalte oben
-
item 14
Ueber 30 000 Russen in Ostpreußen gefangen.
Der Sieg der Oesterreicher. Der Kampf in der Nordsee. Die Opfer vom
Kreuzer "Magdeburg".
1. Spalte
Wie im Westen, so ist nunmehr auch im Osten die
erste große Schlacht geschlagen worden. Der Unterschied
liegt darin, daß sich die Russen in der Offensivstellung
befanden, während wir den Ansturm abzuwehren hatten.
Aus der Richtung von Niemen, wie von der Narew her,
d. h. aus Süden und aus Osten waren erhebliche russische
Streitkräfte im Anmarsche, die zwischen Insterburg und
Graudenz in deutsches Gebiet einzubrechen versuchten.
Ihr Zweck war offenbar, die deutsche Defensive zu durch-
brechen, ehe die siegreich vordringenden Oesterreicher
Verbindung mit uns erlangt haben. Die Absicht ist an
der Wachsamkeit unserer Heeresleitung und der Tapfer-
keit unserer Truppen gescheitert. Die russische Armee,
an Zahl fast der bei Metz geschlagenen französischen Ar-
mee gleich, ist über die Grenze zurückgewichen und wird
von unseren Truppen verfolgt. Durch diesen Sieg ist
die Durchführung des gemeinschaftlichen Vormarsches
unserer und der österreichischen Truppen gegen die
Weichsel erleichtert worden. Es geht auf Warschau los!
Die Meldung über den Sieg lautet kurz und knapp:
WTB. Berlin, 29. August. Unsere Truppen in
Preußen unter der Führung des Generalobersten Hinden-
burg haben die von Narew vorgegangene russische Armee
in Stärke von 5 Armeekorps und 3 Kavalleriedivisionen
in dreitägiger Schlacht bei Gilgenburg-Ortelsburg ge-
schlagen und verfolgen sie jetzt über die Grenze.
Generalquartiermeister von Stein.
Die am Sonnabend verbreitete Meldung von dem
großen deutschen Siege über die Russen in Ostpreußen
wird durch folgende neue erfreuliche Nachricht ergänzt:
WTB. Berlin, 31. August. Bei den großen
Kämpfen, in denen die russische Armee bei Tannen-
berg, Hohenstein und Ortelsburg geworfen wurden,
sind nach vorläufiger Schätzung über 30000 Russen
mit vielen hohen Offizieren in Gefangenschaft
geraten.
Eine erfreuliche Ergänzung zu der amtlichen Mel-
dung über das Ergebnis der Schlacht bilden die folgen-
den Mitteilungen, die aus amtlichen Quellen Ost-
preußens stammen:
Der vom Generalquartiermeister in seiner Ver-
öffentlichung vom 25. August als bevorstehend angekün-
digte Entscheidungskampf hat begonnen. Als Einleitung
erfolgte die Besetzung der Grenzstadt Neidenburg durch
starke russische Kräfte. Die Russen plünderten die Stadt
gründlich und bombardierten sie dann von den benach-
barten Höhen. Den meisten Bürgern Neidenburgs,
das etwa 6000 Einwohner hat, war es gelungen, über
Hohenstein und Allenstein zu fliehen. Das 20. Armee-
korps griff energisch in den Kampf gegen den russischen
Gegner ein. Die "Allensteiner Zeitung" kann mit amt-
licher Genehmigung darüber melden: Unser tapferes
20. Armeekorps steht seit 24 Stunden im Feuer mit
einem an Kräften weit überlegenen Gegner. Dank der
Tapferkeit unserer Truppen und Führer ist es den
Russen trotz der gewaltigen Uebermacht nicht gelun-
gen, unsere Stellungen zu nehmen. Der Kampf hat sich
dann zu einer Riesenschlacht auf der Linie Gilgenburg-
Neidenburg-Ortelsburg entwickelt mit etwa 50 Kilo-
meter Frontlänge. Hierüber teilt Landrat Hagemann
in Marienburg der "Marienburger Zeitung" mit, daß
zwei russische Armeekorps aufgerieben worden seien.
Kriegsbriefe.
Wie ich verwundet wurde
Von einem Mitkämpfer bei Lüttich.
. . . Mitten in dieses Dorfgefecht (Sturm auf Ft.
Fléron) waren wir hineingerissen. Es blitzte aus allen
Häusern, unablässig rollt der Donner der Geschütze, un-
ablässig geht der Eisenregen nieder. Stockdunkel . . .
Wie sehnlich wünschen wir den Morgen heran. - Kein
Gegner zu sehen - und doch sinkt Mann neben Mann.
Aus den Mauern der Häuser sind nur winzige Steine
gelöst - ein Flintenlauf ragt durch; in den Fenster-
laden ein kleines Loch - der Lauf einer Jagdbüchse
sprüht Flammen heraus - aus den Kellerfenstern, von
den Böden zuckt und flammt und pfeift es . . . Wie
im Hexenkessel . . . Und wir dürfen nicht schießen, um
die Kameraden, die rechts und links vor uns im Gefecht
liegen, nicht zu gefährden . . . Einer neben dem anderen
sinkt - Aechzen und Stöhnen überall. Hinweg über
einen Haufen zuckender Leiber, vorsichtig - um keinem
wehe zu tun - und um uns blitzt und kracht´s. Aus einem
Eckhaus prasselt uns ein Hagel entgegen. -
Zwanzig, fünfzig Läufe heben sich - , da brülle ich:
"Keinen Schuß, Kerls! Wer kommt mit? Beil her!"
Ein kleiner Musketier reicht mir eine Picke . . . Zehn
braune Kerls drängen hinter mir nach. - Dann ein
paar Hiebe mit Beil und Kolben - die Tür kracht ein
- von der Decke her zucken Geschosse nieder . . . "Keiner
die Bodentreppe hinauf! Hierbleiben! Streichhölzer
her!" Und schon habe ich ein paar Strohballen vorge-
rissen, - fünf Minuten später züngeln die Flammen
aus allen Fenstern. "So, Jungs, nun vorwärts!" -
Hinein wieder in die Dorfgasse . . . Da treffe ich mei-
nen Kompagnieführer. "Hierher!" schreit er. "Ueber
die Mauer, mir nach!"
Zwei Kerle heben mich hoch, im Nu haben wir eine
Gartenmauer überstiegen, und stürmen weiter, einer
belgischen Abteilung in den Rücken zu fallen. Manns-
hohe Hecken, mit Stacheldraht durchzogen - vier, fünf
- vor uns. "Her, Kerls," rufe ich, "gebt mir die
Drahtschere!" Ein paar wuchtige Jungens treten
den Schlehdorn ein - ich knipse den Draht durch und gehe
ihnen voran, - meine Hose hängt in Fetzen runter.
Die Hecken werden genommen - auf einmal kracht es
auf uns her - nur wenige Sekunden, dann saust eine
Haubitze in den verruchten Giebel - Steine spritzen
umher - das Gemäuer sinkt donnernd zusammen.
Feuer von links! - Da sind die Unsern, sie schießen
auf uns - sie erkennen uns noch immer nicht. Wir
brüllen ihnen die Losung zu: "Der Kaiser! Der Kaiser!"
- Sie hören uns nicht in dem Höllenlärm. "Hornist,"
rufe ich, "blasen Sie Signal!" Der brave Junge - er
war von den vierten Jägern, nimmt das Horn und
schmettert: Das Ganze! - Das Ganze! - Da kommt´s
von drüben zurück. Wir erkennen uns - es sind die
27er - ich drücke dem Hauptmann, den ich seit Jahren
kenne, die Hand. -
Heller Morgen, ¼ 7 Uhr (am 6. August).
Vor uns liegt ein Kohlenbergwerk. Zwei Kohlen-
halden sind einige Meter hoch im Winkel zu einander
aufgeschüttet - da stürmen wir hinauf: Ein Jäger-
Fortsetzung 2. Spalte Mitte
2. Spalte
Siegreiches Vordringen der Oesterreicher.
WTB. Wien, 30. August. Der Korrespondent des
Neuen Wiener Tagebl. im Hauptquartier meldet: Die
große Schlacht ist heute, am vierten Tage, in vollem
Gange und steht gut für uns. Die linke Flügelgruppe
rückt gegen Lublin und Zamocs langsam aber sicher vor,
stößt aber immer wieder auf den neuverschanzten Gegner
und anstelle von Frontalangriffen sind zeitraubende Um-
gehungen nötig. Drei Zügen des Infanterieregiments
Nr. 72 gelang ein rascher Frontalangriff, bei dem zwei
russische Hauptleute, sechs Subalternoffiziere und 470
Mann gefangen genommen wurden. Die Kräftegruppe
zwischen Bug und Wieprz griff eine russische Division
von drei Seiten mit Erfolg an, sodaß sie nur unter dem
Schutze der Nacht entkamen. Generalstabshauptmann
Roßmann stürzte mit seinem Flugzeug ab und wurde
getötet. Das Armeeverordnungsblatt veröffentlichte ge-
rade heute eine Auszeichnung Roßmanns für hervor-
ragend tapferes Verhalten vor dem Feinde.
WTB. Wien, 30. August. (Nicht amtlich.) Soweit
sich bis gestern mittag überblicken ließ, ist das große
Ringen unserer Armee mit den Hauptkräften des russi-
schen Heeres noch nicht zur Entscheidung herangereift.
Nur die Erfolge der vom General der Kavallerie Viktor
Dankl in der Schlacht bei Krasnik siegreich geführten
Armee sind bereits einigermaßen zu übersehen. In ei-
ner zweiten Schlacht am 27. August, die durch die helden-
mütige Erstürmung einer stark befestigten Stellung auf
den Höhen von Niedrzwiosduca gekrönt war, gelang es,
die bei Krasnik zurückgeworfenen russischen Kräfte und
herangeführten Verstärkungen, im ganzen etwa zehn
Divisionen, durch sechs verschiedene Korps neuerlich zu
schlagen. Eines unserer Korps nahm in dieser zweiten
Schlacht einen General, einen Oberst, drei sonstige
Stabspersonen, vierzig Offiziere und zirka 2000 Mann
gefangen und erbeutete wieder sehr viel Kriegsmaterial.
WTB. Wien, 31. August. Die Schlachten auf dem
östlichen Kriegsschauplatz dauern mit ungeminderter
Heftigkeit fort. Oestlich unserer trotz mehrfacher be-
festigter Stellungen des Feindes unaufhaltsam gegen
Lublin vordringenden Armee Dankl haben unsere zwischen
Bug und Wieprz vorgeführten Kräfte am 26. August
den Angriff auf die dem Raume bei Cholm stehen-
den starken russischen Kräfte begonnen. Hierbei ent-
wickelten sich wie bei Krasnik wieder harte, für unsere
angriffsfreudigen Truppen siegreich verlaufende Kämpfe
bei Zamoid sowie nördlich und östlich bei Tomaszow.
In diesen Kämpfen wurden ebenso wie in den Schlach-
ten bei Krasnik tausende von Gefangenen gemacht.
In Ostgalizien behaupten sich unsere Truppen mit helden-
mütiger Bravour und Zähigkeit gegen sehr starke uns
überlegene feindliche Kräfte. Auf dem südlichen Kriegs-
schauplatz haben in letzter Zeit neue Kämpfe statt-
gefunden.
Der Kampf in der Nordsee.
Der lange erwartete Zusammenstoß unserer Flotte
mit der englischen ist erfolgt. Die Nordsee bei Helgo-
land war der Kampfplatz, wo der Seekrieg heftig tobte.
Der Kampf erfolgte bei unsichtigem Wetter und er zog
sich nach Westen, also nach der englischen Küste zu hin.
Mehrere kleine Kreuzer unserer Flotte stießen todes-
mutig vor und gerieten dabei in einen Kampf mit einer
überlegenen starken englischen Flotte. Unsere Schiffe
mußten der Uebermacht weichen, haben den Engländern
aber, wie ein englischer Bericht eingesteht, schwere Be-
schädigungen beigebracht. Nach dem, was man sonst von
Fortsetzung 3. Spalte oben
-
item 14
Ueber 30 000 Russen in Ostpreußen gefangen.
Der Sieg der Oesterreicher. Der Kampf in der Nordsee. Die Opfer vom
Kreuzer "Magdeburg".
1. Spalte
Wie im Westen, so ist nunmehr auch im Osten die
erste große Schlacht geschlagen worden. Der Unterschied
liegt darin, daß sich die Russen in der Offensivstellung
befanden, während wir den Ansturm abzuwehren hatten.
Aus der Richtung von Niemen, wie von der Narew her,
d. h. aus Süden und aus Osten waren erhebliche russische
Streitkräfte im Anmarsche, die zwischen Insterburg und
Graudenz in deutsches Gebiet einzubrechen versuchten.
Ihr Zweck war offenbar, die deutsche Defensive zu durch-
brechen, ehe die siegreich vordringenden Oesterreicher
Verbindung mit uns erlangt haben. Die Absicht ist an
der Wachsamkeit unserer Heeresleitung und der Tapfer-
keit unserer Truppen gescheitert. Die russische Armee,
an Zahl fast der bei Metz geschlagenen französischen Ar-
mee gleich, ist über die Grenze zurückgewichen und wird
von unseren Truppen verfolgt. Durch diesen Sieg ist
die Durchführung des gemeinschaftlichen Vormarsches
unserer und der österreichischen Truppen gegen die
Weichsel erleichtert worden. Es geht auf Warschau los!
Die Meldung über den Sieg lautet kurz und knapp:
WTB. Berlin, 29. August. Unsere Truppen in
Preußen unter der Führung des Generalobersten Hinden-
burg haben die von Narew vorgegangene russische Armee
in Stärke von 5 Armeekorps und 3 Kavalleriedivisionen
in dreitägiger Schlacht bei Gilgenburg-Ortelsburg ge-
schlagen und verfolgen sie jetzt über die Grenze.
Generalquartiermeister von Stein.
Die am Sonnabend verbreitete Meldung von dem
großen deutschen Siege über die Russen in Ostpreußen
wird durch folgende neue erfreuliche Nachricht ergänzt:
WTB. Berlin, 31. August. Bei den großen
Kämpfen, in denen die russische Armee bei Tannen-
berg, Hohenstein und Ortelsburg geworfen wurden,
sind nach vorläufiger Schätzung über 30000 Russen
mit vielen hohen Offizieren in Gefangenschaft
geraten.
Eine erfreuliche Ergänzung zu der amtlichen Mel-
dung über das Ergebnis der Schlacht bilden die folgen-
den Mitteilungen, die aus amtlichen Quellen Ost-
preußens stammen:
Der vom Generalquartiermeister in seiner Ver-
öffentlichung vom 25. August als bevorstehend angekün-
digte Entscheidungskampf hat begonnen. Als Einleitung
erfolgte die Besetzung der Grenzstadt Neidenburg durch
starke russische Kräfte. Die Russen plünderten die Stadt
gründlich und bombardierten sie dann von den benach-
barten Höhen. Den meisten Bürgern Neidenburgs,
das etwa 6000 Einwohner hat, war es gelungen, über
Hohenstein und Allenstein zu fliehen. Das 20. Armee-
korps griff energisch in den Kampf gegen den russischen
Gegner ein. Die "Allensteiner Zeitung" kann mit amt-
licher Genehmigung darüber melden: Unser tapferes
20. Armeekorps steht seit 24 Stunden im Feuer mit
einem an Kräften weit überlegenen Gegner. Dank der
Tapferkeit unserer Truppen und Führer ist es den
Russen trotz der gewaltigen Uebermacht nicht gelun-
gen, unsere Stellungen zu nehmen. Der Kampf hat sich
dann zu einer Riesenschlacht auf der Linie Gilgenburg-
Neidenburg-Ortelsburg entwickelt mit etwa 50 Kilo-
meter Frontlänge. Hierüber teilt Landrat Hagemann
in Marienburg der "Marienburger Zeitung" mit, daß
zwei russische Armeekorps aufgerieben worden seien.
Kriegsbriefe.
Wie ich verwundet wurde
Von einem Mitkämpfer bei Lüttich.
. . . Mitten in dieses Dorfgefecht (Sturm auf Ft.
Fléron) waren wir hineingerissen. Es blitzte aus allen
Häusern, unablässig rollt der Donner der Geschütze, un-
ablässig geht der Eisenregen nieder. Stockdunkel . . .
Wie sehnlich wünschen wir den Morgen heran. - Kein
Gegner zu sehen - und doch sinkt Mann neben Mann.
Aus den Mauern der Häuser sind nur winzige Steine
gelöst - ein Flintenlauf ragt durch; in den Fenster-
laden ein kleines Loch - der Lauf einer Jagdbüchse
sprüht Flammen heraus - aus den Kellerfenstern, von
den Böden zuckt und flammt und pfeift es . . . Wie
im Hexenkessel . . . Und wir dürfen nicht schießen, um
die Kameraden, die rechts und links vor uns im Gefecht
liegen, nicht zu gefährden . . . Einer neben dem anderen
sinkt - Aechzen und Stöhnen überall. Hinweg über
einen Haufen zuckender Leiber, vorsichtig - um keinem
wehe zu tun - und um uns blitzt und kracht´s. Aus einem
Eckhaus prasselt uns ein Hagel entgegen. -
Zwanzig, fünfzig Läufe heben sich - , da brülle ich:
"Keinen Schuß, Kerls! Wer kommt mit? Beil her!"
Ein kleiner Musketier reicht mir eine Picke . . . Zehn
braune Kerls drängen hinter mir nach. - Dann ein
paar Hiebe mit Beil und Kolben - die Tür kracht ein
- von der Decke her zucken Geschosse nieder . . . "Keiner
die Bodentreppe hinauf! Hierbleiben! Streichhölzer
her!" Und schon habe ich ein paar Strohballen vorge-
rissen, - fünf Minuten später züngeln die Flammen
aus allen Fenstern. "So, Jungs, nun vorwärts!" -
Hinein wieder in die Dorfgasse . . . Da treffe ich mei-
nen Kompagnieführer. "Hierher!" schreit er. "Ueber
die Mauer, mir nach!"
Zwei Kerle heben mich hoch, im Nu haben wir eine
Gartenmauer überstiegen, und stürmen weiter, einer
belgischen Abteilung in den Rücken zu fallen. Manns-
hohe Hecken, mit Stacheldraht durchzogen - vier, fünf
- vor uns. "Her, Kerls," rufe ich, "gebt mir die
Drahtschere!" Ein paar wuchtige Jungens treten
den Schlehdorn ein - ich knipse den Draht durch und gehe
ihnen voran, - meine Hose hängt in Fetzen runter.
Die Hecken werden genommen - auf einmal kracht es
auf uns her - nur wenige Sekunden, dann saust eine
Haubitze in den verruchten Giebel - Steine spritzen
umher - das Gemäuer sinkt donnernd zusammen.
Feuer von links! - Da sind die Unsern, sie schießen
auf uns - sie erkennen uns noch immer nicht. Wir
brüllen ihnen die Losung zu: "Der Kaiser! Der Kaiser!"
- Sie hören uns nicht in dem Höllenlärm. "Hornist,"
rufe ich, "blasen Sie Signal!" Der brave Junge - er
war von den vierten Jägern, nimmt das Horn und
schmettert: Das Ganze! - Das Ganze! - Da kommt´s
von drüben zurück. Wir erkennen uns - es sind die
27er - ich drücke dem Hauptmann, den ich seit Jahren
kenne, die Hand. -
Heller Morgen, ¼ 7 Uhr (am 6. August).
Vor uns liegt ein Kohlenbergwerk. Zwei Kohlen-
halden sind einige Meter hoch im Winkel zu einander
aufgeschüttet - da stürmen wir hinauf: Ein Jäger-
Fortsetzung 2. Spalte Mitte
2. Spalte
Siegreiches Vordringen der Oesterreicher.
WTB. Wien, 30. August. Der Korrespondent des
Neuen Wiener Tagebl. im Hauptquartier meldet: Die
große Schlacht ist heute, am vierten Tage, in vollem
Gange und steht gut für uns. Die linke Flügelgruppe
rückt gegen Lublin und Zamocs langsam aber sicher vor,
stößt aber immer wieder auf den neuverschanzten Gegner
und anstelle von Frontalangriffen sind zeitraubende Um-
gehungen nötig. Drei Zügen des Infanterieregiments
Nr. 72 gelang ein rascher Frontalangriff, bei dem zwei
russische Hauptleute, sechs Subalternoffiziere und 470
Mann gefangen genommen wurden. Die Kräftegruppe
zwischen Bug und Wieprz griff eine russische Division
von drei Seiten mit Erfolg an, sodaß sie nur unter dem
Schutze der Nacht entkamen. Generalstabshauptmann
Roßmann stürzte mit seinem Flugzeug ab und wurde
getötet. Das Armeeverordnungsblatt veröffentlichte ge-
rade heute eine Auszeichnung Roßmanns für hervor-
ragend tapferes Verhalten vor dem Feinde.
WTB. Wien, 30. August. (Nicht amtlich.) Soweit
sich bis gestern mittag überblicken ließ, ist das große
Ringen unserer Armee mit den Hauptkräften des russi-
schen Heeres noch nicht zur Entscheidung herangereift.
Nur die Erfolge der vom General der Kavallerie Viktor
Dankl in der Schlacht bei Krasnik siegreich geführten
Armee sind bereits einigermaßen zu übersehen. In ei-
ner zweiten Schlacht am 27. August, die durch die helden-
mütige Erstürmung einer stark befestigten Stellung auf
den Höhen von Niedrzwiosduca gekrönt war, gelang es,
die bei Krasnik zurückgeworfenen russischen Kräfte und
herangeführten Verstärkungen, im ganzen etwa zehn
Divisionen, durch sechs verschiedene Korps neuerlich zu
schlagen. Eines unserer Korps nahm in dieser zweiten
Schlacht einen General, einen Oberst, drei sonstige
Stabspersonen, vierzig Offiziere und zirka 2000 Mann
gefangen und erbeutete wieder sehr viel Kriegsmaterial.
WTB. Wien, 31. August. Die Schlachten auf dem
östlichen Kriegsschauplatz dauern mit ungeminderter
Heftigkeit fort. Oestlich unserer trotz mehrfacher be-
festigter Stellungen des Feindes unaufhaltsam gegen
Lublin vordringenden Armee Dankl haben unsere zwischen
Bug und Wieprz vorgeführten Kräfte am 26. August
den Angriff auf die dem Raume bei Cholm stehen-
den starken russischen Kräfte begonnen. Hierbei ent-
wickelten sich wie bei Krasnik wieder harte, für unsere
angriffsfreudigen Truppen siegreich verlaufende Kämpfe
bei Zamoid sowie nördlich und östlich bei Tomaszow.
In diesen Kämpfen wurden ebenso wie in den Schlach-
ten bei Krasnik tausende von Gefangenen gemacht.
In Ostgalizien behaupten sich unsere Truppen mit helden-
mütiger Bravour und Zähigkeit gegen sehr starke uns
überlegene feindliche Kräfte. Auf dem südlichen Kriegs-
schauplatz haben in letzter Zeit neue Kämpfe statt-
gefunden.
-
item 14
Ueber 30 000 Russen in Ostpreußen gefangen.
Der Sieg der Oesterreicher. Der Kampf in der Nordsee. Die Opfer vom
Kreuzer "Magdeburg".
1. Spalte
Wie im Westen, so ist nunmehr auch im Osten die
erste große Schlacht geschlagen worden. Der Unterschied
liegt darin, daß sich die Russen in der Offensivstellung
befanden, während wir den Ansturm abzuwehren hatten.
Aus der Richtung von Niemen, wie von der Narew her,
d. h. aus Süden und aus Osten waren erhebliche russische
Streitkräfte im Anmarsche, die zwischen Insterburg und
Graudenz in deutsches Gebiet einzubrechen versuchten.
Ihr Zweck war offenbar, die deutsche Defensive zu durch-
brechen, ehe die siegreich vordringenden Oesterreicher
Verbindung mit uns erlangt haben. Die Absicht ist an
der Wachsamkeit unserer Heeresleitung und der Tapfer-
keit unserer Truppen gescheitert. Die russische Armee,
an Zahl fast der bei Metz geschlagenen französischen Ar-
mee gleich, ist über die Grenze zurückgewichen und wird
von unseren Truppen verfolgt. Durch diesen Sieg ist
die Durchführung des gemeinschaftlichen Vormarsches
unserer und der österreichischen Truppen gegen die
Weichsel erleichtert worden. Es geht auf Warschau los!
Die Meldung über den Sieg lautet kurz und knapp:
WTB. Berlin, 29. August. Unsere Truppen in
Preußen unter der Führung des Generalobersten Hinden-
burg haben die von Narew vorgegangene russische Armee
in Stärke von 5 Armeekorps und 3 Kavalleriedivisionen
in dreitägiger Schlacht bei Gilgenburg-Ortelsburg ge-
schlagen und verfolgen sie jetzt über die Grenze.
Generalquartiermeister von Stein.
Die am Sonnabend verbreitete Meldung von dem
großen deutschen Siege über die Russen in Ostpreußen
wird durch folgende neue erfreuliche Nachricht ergänzt:
WTB. Berlin, 31. August. Bei den großen
Kämpfen, in denen die russische Armee bei Tannen-
berg, Hohenstein und Ortelsburg geworfen wurden,
sind nach vorläufiger Schätzung über 30000 Russen
mit vielen hohen Offizieren in Gefangenschaft
geraten.
Eine erfreuliche Ergänzung zu der amtlichen Mel-
dung über das Ergebnis der Schlacht bilden die folgen-
den Mitteilungen, die aus amtlichen Quellen Ost-
preußens stammen:
Der vom Generalquartiermeister in seiner Ver-
öffentlichung vom 25. August als bevorstehend angekün-
digte Entscheidungskampf hat begonnen. Als Einleitung
erfolgte die Besetzung der Grenzstadt Neidenburg durch
starke russische Kräfte. Die Russen plünderten die Stadt
gründlich und bombardierten sie dann von den benach-
barten Höhen. Den meisten Bürgern Neidenburgs,
das etwa 6000 Einwohner hat, war es gelungen, über
Hohenstein und Allenstein zu fliehen. Das 20. Armee-
korps griff energisch in den Kampf gegen den russischen
Gegner ein. Die "Allensteiner Zeitung" kann mit amt-
licher Genehmigung darüber melden: Unser tapferes
20. Armeekorps steht seit 24 Stunden im Feuer mit
einem an Kräften weit überlegenen Gegner. Dank der
Tapferkeit unserer Truppen und Führer ist es den
Russen trotz der gewaltigen Uebermacht nicht gelun-
gen, unsere Stellungen zu nehmen. Der Kampf hat sich
dann zu einer Riesenschlacht auf der Linie Gilgenburg-
Neidenburg-Ortelsburg entwickelt mit etwa 50 Kilo-
meter Frontlänge. Hierüber teilt Landrat Hagemann
in Marienburg der "Marienburger Zeitung" mit, daß
zwei russische Armeekorps aufgerieben worden seien.
Kriegsbriefe.
Wie ich verwundet wurde
Von einem Mitkämpfer bei Lüttich.
. . . Mitten in dieses Dorfgefecht (Sturm auf Ft.
Fléron) waren wir hineingerissen. Es blitzte aus allen
Häusern, unablässig rollt der Donner der Geschütze, un-
ablässig geht der Eisenregen nieder. Stockdunkel . . .
Wie sehnlich wünschen wir den Morgen heran. - Kein
Gegner zu sehen - und doch sinkt Mann neben Mann.
Aus den Mauern der Häuser sind nur winzige Steine
gelöst - ein Flintenlauf ragt durch; in den Fenster-
laden ein kleines Loch - der Lauf einer Jagdbüchse
sprüht Flammen heraus - aus den Kellerfenstern, von
den Böden zuckt und flammt und pfeift es . . . Wie
im Hexenkessel . . . Und wir dürfen nicht schießen, um
die Kameraden, die rechts und links vor uns im Gefecht
liegen, nicht zu gefährden . . . Einer neben dem anderen
sinkt - Aechzen und Stöhnen überall. Hinweg über
einen Haufen zuckender Leiber, vorsichtig - um keinem
wehe zu tun - und um uns blitzt und kracht´s. Aus einem
Eckhaus prasselt uns ein Hagel entgegen. -
Zwanzig, fünfzig Läufe heben sich - , da brülle ich:
"Keinen Schuß, Kerls! Wer kommt mit? Beil her!"
Ein kleiner Musketier reicht mir eine Picke . . . Zehn
braune Kerls drängen hinter mir nach. - Dann ein
paar Hiebe mit Beil und Kolben - die Tür kracht ein
- von der Decke her zucken Geschosse nieder . . . "Keiner
die Bodentreppe hinauf! Hierbleiben! Streichhölzer
her!" Und schon habe ich ein paar Strohballen vorge-
rissen, - fünf Minuten später züngeln die Flammen
aus allen Fenstern. "So, Jungs, nun vorwärts!" -
Hinein wieder in die Dorfgasse . . . Da treffe ich mei-
nen Kompagnieführer. "Hierher!" schreit er. "Ueber
die Mauer, mir nach!"
Zwei Kerle heben mich hoch, im Nu haben wir eine
Gartenmauer überstiegen, und stürmen weiter, einer
belgischen Abteilung in den Rücken zu fallen. Manns-
hohe Hecken, mit Stacheldraht durchzogen - vier, fünf
- vor uns. "Her, Kerls," rufe ich, "gebt mir die
Drahtschere!" Ein paar wuchtige Jungens treten
den Schlehdorn ein - ich knipse den Draht durch und gehe
ihnen voran, - meine Hose hängt in Fetzen runter.
Die Hecken werden genommen - auf einmal kracht es
auf uns her - nur wenige Sekunden, dann saust eine
Haubitze in den verruchten Giebel - Steine spritzen
umher - das Gemäuer sinkt donnernd zusammen.
Feuer von links! - Da sind die Unsern, sie schießen
auf uns - sie erkennen uns noch immer nicht. Wir
brüllen ihnen die Losung zu: "Der Kaiser! Der Kaiser!"
- Sie hören uns nicht in dem Höllenlärm. "Hornist,"
rufe ich, "blasen Sie Signal!" Der brave Junge - er
war von den vierten Jägern, nimmt das Horn und
schmettert: Das Ganze! - Das Ganze! - Da kommt´s
von drüben zurück. Wir erkennen uns - es sind die
27er - ich drücke dem Hauptmann, den ich seit Jahren
kenne, die Hand. -
Heller Morgen, ¼ 7 Uhr (am 6. August).
Vor uns liegt ein Kohlenbergwerk. Zwei Kohlen-
halden sind einige Meter hoch im Winkel zu einander
aufgeschüttet - da stürmen wir hinauf: Ein Jäger-
Fortsetzung 2. Spalte Mitte
2. Spalte
Siegreiches Vordringen der Oesterreicher.
WTB. Wien, 30. August. Der Korrespondent des
Neuen Wiener Tagebl. im Hauptquartier meldet: Die
große Schlacht ist heute, am vierten Tage, in vollem
Gange und steht gut für uns. Die linke Flügelgruppe
rückt gegen Lublin und Zamocs langsam aber sicher vor,
stößt aber immer wieder auf den neuverschanzten Gegner
und anstelle von Frontalangriffen sind zeitraubende Um-
gehungen nötig. Drei Zügen des Infanterieregiments
Nr. 72 gelang ein rascher Frontalangriff, bei dem zwei
russische Hauptleute, sechs Subalternoffiziere und 470
Mann gefangen genommen wurden. Die Kräftegruppe
zwischen Bug und Wieprz griff eine russische Division
von drei Seiten mit Erfolg an, sodaß sie nur unter dem
Schutze der Nacht entkamen. Generalstabshauptmann
Roßmann stürzte mit seinem Flugzeug ab und wurde
getötet. Das Armeeverordnungsblatt veröffentlichte ge-
rade heute eine Auszeichnung Roßmanns für hervor-
ragend tapferes Verhalten vor dem Feinde.
WTB. Wien, 30. August. (Nicht amtlich.) Soweit
sich bis gestern mittag überblicken ließ, ist das große
Ringen unserer Armee mit den Hauptkräften des russi-
schen Heeres noch nicht zur Entscheidung herangereift.
Nur die Erfolge der vom General der Kavallerie Viktor
Dankl in der Schlacht bei Krasnik siegreich geführten
Armee sind bereits einigermaßen zu übersehen. In ei-
ner zweiten Schlacht am 27. August, die durch die helden-
mütige Erstürmung einer stark befestigten Stellung auf
den Höhen von Niedrzwiosduca gekrönt war, gelang es,
die bei Krasnik zurückgeworfenen russischen Kräfte und
herangeführten Verstärkungen, im ganzen etwa zehn
Divisionen, durch sechs verschiedene Korps neuerlich zu
schlagen. Eines unserer Korps nahm in dieser zweiten
Schlacht einen General, einen Oberst, drei sonstige
Stabspersonen, vierzig Offiziere und zirka 2000 Mann
gefangen und erbeutete wieder sehr viel Kriegsmaterial.
WTB. Wien, 31. August. Die Schlachten auf dem
östlichen Kriegsschauplatz dauern mit ungeminderter
Heftigkeit fort. Oestlich unserer trotz mehrfacher be-
festigter Stellungen des Feindes unaufhaltsam gegen
Lublin vordringenden Armee Dankl haben unsere zwischen
Bug und Wieprz vorgeführten Kräfte am 26. August
den Angriff auf die dem Raume bei Cholm stehen-
den starken russischen Kräfte begonnen. Hierbei ent-
wickelten sich wie bei Krasnik wieder harte, für unsere
angriffsfreudigen Truppen siegreich verlaufende Kämpfe
bei Zamoid sowie nördlich und östlich bei Tomaszow.
In diesen Kämpfen wurden ebenso wie in den Schlach-
ten bei Krasnnik tausende von Gefangenen gemacht.
In Ostgalizien behaupten sich unsere Truppen mit helden-
mütiger Bravour und Zähigkeit gegen sehr starke uns
überlegene feindliche Kräfte. Auf dem südlichen Kriegs-
schauplatz haben in letzter Zeit neue Kämpfe statt-
gefunden.
-
item 14
Ueber 30 000 Russen in Ostpreußen gefangen.
Der Sieg der Oesterreicher. Der Kampf in der Nordsee. Die Opfer vom
Kreuzer "Magdeburg".
1. Spalte
Wie im Westen, so ist nunmehr auch im Osten die
erste große Schlacht geschlagen worden. Der Unterschied
liegt darin, daß sich die Russen in der Offensivstellung
befanden, während wir den Ansturm abzuwehren hatten.
Aus der Richtung von Niemen, wie von der Narew her,
d. h. aus Süden und aus Osten waren erhebliche russische
Streitkräfte im Anmarsche, die zwischen Insterburg und
Graudenz in deutsches Gebiet einzubrechen versuchten.
Ihr Zweck war offenbar, die deutsche Defensive zu durch-
brechen, ehe die siegreich vordringenden Oesterreicher
Verbindung mit uns erlangt haben. Die Absicht ist an
der Wachsamkeit unserer Heeresleitung und der Tapfer-
keit unserer Truppen gescheitert. Die russische Armee,
an Zahl fast der bei Metz geschlagenen französischen Ar-
mee gleich, ist über die Grenze zurückgewichen und wird
von unseren Truppen verfolgt. Durch diesen Sieg ist
die Durchführung des gemeinschaftlichen Vormarsches
unserer und der österreichischen Truppen gegen die
Weichsel erleichtert worden. Es geht auf Warschau los!
Die Meldung über den Sieg lautet kurz und knapp:
WTB. Berlin, 29. August. Unsere Truppen in
Preußen unter der Führung des Generalobersten Hinden-
burg haben die von Narew vorgegangene russische Armee
in Stärke von 5 Armeekorps und 3 Kavalleriedivisionen
in dreitägiger Schlacht bei Gilgenburg-Ortelsburg ge-
schlagen und verfolgen sie jetzt über die Grenze.
Generalquartiermeister von Stein.
Die am Sonnabend verbreitete Meldung von dem
großen deutschen Siege über die Russen in Ostpreußen
wird durch folgende neue erfreuliche Nachricht ergänzt:
WTB. Berlin, 31. August. Bei den großen
Kämpfen, in denen die russische Armee bei Tannen-
berg, Hohenstein und Ortelsburg geworfen wurden,
sind nach vorläufiger Schätzung über 30000 Russen
mit vielen hohen Offizieren in Gefangenschaft
geraten.
Eine erfreuliche Ergänzung zu der amtlichen Mel-
dung über das Ergebnis der Schlacht bilden die folgen-
den Mitteilungen, die aus amtlichen Quellen Ost-
preußens stammen:
Der vom Generalquartiermeister in seiner Ver-
öffentlichung vom 25. August als bevorstehend angekün-
digte Entscheidungskampf hat begonnen. Als Einleitung
erfolgte die Besetzung der Grenzstadt Neidenburg durch
starke russische Kräfte. Die Russen plünderten die Stadt
gründlich und bombardierten sie dann von den benach-
barten Höhen. Den meisten Bürgern Neidenburgs,
das etwa 6000 Einwohner hat, war es gelungen, über
Hohenstein und Allenstein zu fliehen. Das 20. Armee-
korps griff energisch in den Kampf gegen den russischen
Gegner ein. Die "Allensteiner Zeitung" kann mit amt-
licher Genehmigung darüber melden: Unser tapferes
20. Armeekorps steht seit 24 Stunden im Feuer mit
einem an Kräften weit überlegenen Gegner. Dank der
Tapferkeit unserer Truppen und Führer ist es den
Russen trotz der gewaltigen Uebermacht nicht gelun-
gen, unsere Stellungen zu nehmen. Der Kampf hat sich
dann zu einer Riesenschlacht auf der Linie Gilgenburg-
Neidenburg-Ortelsburg entwickelt mit etwa 50 Kilo-
meter Frontlänge. Hierüber teilt Landrat Hagemann
in Marienburg der "Marienburger Zeitung" mit, daß
zwei russische Armeekorps aufgerieben worden seien.
Kriegsbriefe.
Wie ich verwundet wurde
Von einem Mitkämpfer bei Lüttich.
. . . Mitten in dieses Dorfgefecht (Sturm auf Ft.
Fléron) waren wir hineingerissen. Es blitzte aus allen
Häusern, unablässig rollt der Donner der Geschütze, un-
ablässig geht der Eisenregen nieder. Stockdunkel . . .
Wie sehnlich wünschen wir den Morgen heran. - Kein
Gegner zu sehen - und doch sinkt Mann neben Mann.
Aus den Mauern der Häuser sind nur winzige Steine
gelöst - ein Flintenlauf ragt durch; in den Fenster-
laden ein kleines Loch - der Lauf einer Jagdbüchse
sprüht Flammen heraus - aus den Kellerfenstern, von
den Böden zuckt und flammt und pfeift es . . . Wie
im Hexenkessel . . . Und wir dürfen nicht schießen, um
die Kameraden, die rechts und links vor uns im Gefecht
liegen, nicht zu gefährden . . . Einer neben dem anderen
sinkt - Aechzen und Stöhnen überall. Hinweg über
einen Haufen zuckender Leiber, vorsichtig - um keinem
wehe zu tun - und um uns blitzt und kracht´s. Aus einem
Eckhaus prasselt uns ein Hagel entgegen. -
Zwanzig, fünfzig Läufe heben sich - , da brülle ich:
"Keinen Schuß, Kerls! Wer kommt mit? Beil her!"
Ein kleiner Musketier reicht mir eine Picke . . . Zehn
braune Kerls drängen hinter mir nach. - Dann ein
paar Hiebe mit Beil und Kolben - die Tür kracht ein
- von der Decke her zucken Geschosse nieder . . . "Keiner
die Bodentreppe hinauf! Hierbleiben! Streichhölzer
her!" Und schon habe ich ein paar Strohballen vorge-
rissen, - fünf Minuten später züngeln die Flammen
aus allen Fenstern. "So, Jungs, nun vorwärts!" -
Hinein wieder in die Dorfgasse . . . Da treffe ich mei-
nen Kompagnieführer. "Hierher!" schreit er. "Ueber
die Mauer, mir nach!"
Zwei Kerle heben mich hoch, im Nu haben wir eine
Gartenmauer überstiegen, und stürmen weiter, einer
belgischen Abteilung in den Rücken zu fallen. Manns-
hohe Hecken, mit Stacheldraht durchzogen - vier, fünf
- vor uns. "Her, Kerls," rufe ich, "gebt mir die
Drahtschere!" Ein paar wuchtige Jungens treten
den Schlehdorn ein - ich knipse den Draht durch und gehe
ihnen voran, - meine Hose hängt in Fetzen runter.
Die Hecken werden genommen - auf einmal kracht es
auf uns her - nur wenige Sekunden, dann saust eine
Haubitze in den verruchten Giebel - Steine spritzen
umher - das Gemäuer sinkt donnernd zusammen.
Feuer von links! - Da sind die Unsern, sie schießen
auf uns - sie erkennen uns noch immer nicht. Wir
brüllen ihnen die Losung zu: "Der Kaiser! Der Kaiser!"
- Sie hören uns nicht in dem Höllenlärm. "Hornist,"
rufe ich, "blasen Sie Signal!" Der brave Junge - er
war von den vierten Jägern, nimmt das Horn und
schmettert: Das Ganze! - Das Ganze! - Da kommt´s
von drüben zurück. Wir erkennen uns - es sind die
27er - ich drücke dem Hauptmann, den ich seit Jahren
kenne, die Hand. -
Heller Morgen, ¼ 7 Uhr (am 6. August).
Vor uns liegt ein Kohlenbergwerk. Zwei Kohlen-
halden sind einige Meter hoch im Winkel zu einander
aufgeschüttet - da stürmen wir hinauf: Ein Jäger-
Fortsetzung 2. Spalte Mitte
2. Spalte
Siegreiches Vordringen der Oesterreicher.
WTB. Wien, 30. August. Der Korrespondent des
Neuen Wiener Tagebl. im Hauptquartier meldet: Die
große Schlacht ist heute, am vierten Tage, in vollem
Gange und steht gut für uns. Die linke Flügelgruppe
rückt gegen Lublin und Zamocs langsam aber sicher vor,
stößt aber immer wieder auf den neuverschanzten Gegner
und anstelle von Frontalangriffen sind zeitraubende Um-
gehungen nötig. Drei Zügen des Infanterieregiments
Nr. 72 gelang ein rascher Frontalangriff, bei dem zwei
russische Hauptleute, sechs Subalternoffiziere und 470
Mann gefangen genommen wurden. Die Kräftegruppe
zwischen Bug und Wieprz griff eine russische Division
von drei Seiten mit Erfolg an, sodaß sie nur unter dem
Schutze der Nacht entkamen. Generalstabshauptmann
Roßmann stürzte mit seinem Flugzeug ab und wurde
getötet. Das Armeeverordnungsblatt veröffentlichte ge-
rade heute eine Auszeichnung Roßmanns für hervor-
ragend tapferes Verhalten vor dem Feinde.
WTB. Wien, 30. August. (Nicht amtlich.) Soweit
sich bis gestern mittag überblicken ließ, ist das große
Ringen unserer Armee mit den Hauptkräften des russi-
schen Heeres noch nicht zur Entscheidung herangereift.
Nur die Erfolge der vom General der Kavallerie Viktor
Dankl in der Schlacht bei Krasnik siegreich geführten
Armee sind bereits einigermaßen zu übersehen. In ei-
ner zweiten Schlacht am 27. August, die durch die helden-
mütige Erstürmung einer stark befestigten Stellung auf
den Höhen von Niedrzwiosduca gekrönt war, gelang es,
die bei Krasnik zurückgeworfenen russischen Kräfte und
herangeführten Verstärkungen, im ganzen etwa zehn
Divisionen, durch sechs verschiedene Korps neuerlich zu
schlagen. Eines unserer Korps nahm in dieser zweiten
Schlact einen General, einen Ob erst, drei sonstige
Stabspersonen, vierzig Offiziere und zirka 2000 Mann
gefangen und erbeutete wieder sehr viel Kriegsmaterial.
-
item 14
Ueber 30 000 Russen in Ostpreußen gefangen.
Der Sieg der Oesterreicher. Der Kampf in der Nordsee. Die Opfer vom
Kreuzer "Magdeburg".
1. Spalte
Wie im Westen, so ist nunmehr auch im Osten die
erste große Schlacht geschlagen worden. Der Unterschied
liegt darin, daß sich die Russen in der Offensivstellung
befanden, während wir den Ansturm abzuwehren hatten.
Aus der Richtung von Niemen, wie von der Narew her,
d. h. aus Süden und aus Osten waren erhebliche russische
Streitkräfte im Anmarsche, die zwischen Insterburg und
Graudenz in deutsches Gebiet einzubrechen versuchten.
Ihr Zweck war offenbar, die deutsche Defensive zu durch-
brechen, ehe die siegreich vordringenden Oesterreicher
Verbindung mit uns erlangt haben. Die Absicht ist an
der Wachsamkeit unserer Heeresleitung und der Tapfer-
keit unserer Truppen gescheitert. Die russische Armee,
an Zahl fast der bei Metz geschlagenen französischen Ar-
mee gleich, ist über die Grenze zurückgewichen und wird
von unseren Truppen verfolgt. Durch diesen Sieg ist
die Durchführung des gemeinschaftlichen Vormarsches
unserer und der österreichischen Truppen gegen die
Weichsel erleichtert worden. Es geht auf Warschau los!
Die Meldung über den Sieg lautet kurz und knapp:
WTB. Berlin, 29. August. Unsere Truppen in
Preußen unter der Führung des Generalobersten Hinden-
burg haben die von Narew vorgegangene russische Armee
in Stärke von 5 Armeekorps und 3 Kavalleriedivisionen
in dreitägiger Schlacht bei Gilgenburg-Ortelsburg ge-
schlagen und verfolgen sie jetzt über die Grenze.
Generalquartiermeister von Stein.
Die am Sonnabend verbreitete Meldung von dem
großen deutschen Siege über die Russen in Ostpreußen
wird durch folgende neue erfreuliche Nachricht ergänzt:
WTB. Berlin, 31. August. Bei den großen
Kämpfen, in denen die russische Armee bei Tannen-
berg, Hohenstein und Ortelsburg geworfen wurden,
sind nach vorläufiger Schätzung über 30000 Russen
mit vielen hohen Offizieren in Gefangenschaft
geraten.
Eine erfreuliche Ergänzung zu der amtlichen Mel-
dung über das Ergebnis der Schlacht bilden die folgen-
den Mitteilungen, die aus amtlichen Quellen Ost-
preußens stammen:
Der vom Generalquartiermeister in seiner Ver-
öffentlichung vom 25. August als bevorstehend angekün-
digte Entscheidungskampf hat begonnen. Als Einleitung
erfolgte die Besetzung der Grenzstadt Neidenburg durch
starke russische Kräfte. Die Russen plünderten die Stadt
gründlich und bombardierten sie dann von den benach-
barten Höhen. Den meisten Bürgern Neidenburgs,
das etwa 6000 Einwohner hat, war es gelungen, über
Hohenstein und Allenstein zu fliehen. Das 20. Armee-
korps griff energisch in den Kampf gegen den russischen
Gegner ein. Die "Allensteiner Zeitung" kann mit amt-
licher Genehmigung darüber melden: Unser tapferes
20. Armeekorps steht seit 24 Stunden im Feuer mit
einem an Kräften weit überlegenen Gegner. Dank der
Tapferkeit unserer Truppen und Führer ist es den
Russen trotz der gewaltigen Uebermacht nicht gelun-
gen, unsere Stellungen zu nehmen. Der Kampf hat sich
dann zu einer Riesenschlacht auf der Linie Gilgenburg-
Neidenburg-Ortelsburg entwickelt mit etwa 50 Kilo-
meter Frontlänge. Hierüber teilt Landrat Hagemann
in Marienburg der "Marienburger Zeitung" mit, daß
zwei russische Armeekorps aufgerieben worden seien.
Kriegsbriefe.
Wie ich verwundet wurde
Von einem Mitkämpfer bei Lüttich.
. . . Mitten in dieses Dorfgefecht (Sturm auf Ft.
Fléron) waren wir hineingerissen. Es blitzte aus allen
Häusern, unablässig rollt der Donner der Geschütze, un-
ablässig geht der Eisenregen nieder. Stockdunkel . . .
Wie sehnlich wünschen wir den Morgen heran. - Kein
Gegner zu sehen - und doch sinkt Mann neben Mann.
Aus den Mauern der Häuser sind nur winzige Steine
gelöst - ein Flintenlauf ragt durch; in den Fenster-
laden ein kleines Loch - der Lauf einer Jagdbüchse
sprüht Flammen heraus - aus den Kellerfenstern, von
den Böden zuckt und flammt und pfeift es . . . Wie
im Hexenkessel . . . Und wir dürfen nicht schießen, um
die Kameraden, die rechts und links vor uns im Gefecht
liegen, nicht zu gefährden . . . Einer neben dem anderen
sinkt - Aechzen und Stöhnen überall. Hinweg über
einen Haufen zuckender Leiber, vorsichtig - um keinem
wehe zu tun - und um uns blitzt und kracht´s. Aus einem
Eckhaus prasselt uns ein Hagel entgegen. -
Zwanzig, fünfzig Läufe heben sich - , da brülle ich:
"Keinen Schuß, Kerls! Wer kommt mit? Beil her!"
Ein kleiner Musketier reicht mir eine Picke . . . Zehn
braune Kerls drängen hinter mir nach. - Dann ein
paar Hiebe mit Beil und Kolben - die Tür kracht ein
- von der Decke her zucken Geschosse nieder . . . "Keiner
die Bodentreppe hinauf! Hierbleiben! Streichhölzer
her!" Und schon habe ich ein paar Strohballen vorge-
rissen, - fünf Minuten später züngeln die Flammen
aus allen Fenstern. "So, Jungs, nun vorwärts!" -
Hinein wieder in die Dorfgasse . . . Da treffe ich mei-
nen Kompagnieführer. "Hierher!" schreit er. "Ueber
die Mauer, mir nach!"
Zwei Kerle heben mich hoch, im Nu haben wir eine
Gartenmauer überstiegen, und stürmen weiter, einer
belgischen Abteilung in den Rücken zu fallen. Manns-
hohe Hecken, mit Stacheldraht durchzogen - vier, fünf
- vor uns. "Her, Kerls," rufe ich, "gebt mir die
Drahtschere!" Ein paar wuchtige Jungens treten
den Schlehdorn ein - ich knipse den Draht durch und gehe
ihnen voran, - meine Hose hängt in Fetzen runter.
Die Hecken werden genommen - auf einmal kracht es
auf uns her - nur wenige Sekunden, dann saust eine
Haubitze in den verruchten Giebel - Steine spritzen
umher - das Gemäuer sinkt donnernd zusammen.
Feuer von links! - Da sind die Unsern, sie schießen
auf uns - sie erkennen uns noch immer nicht. Wir
brüllen ihnen die Losung zu: "Der Kaiser! Der Kaiser!"
- Sie hören uns nicht in dem Höllenlärm. "Hornist,"
rufe ich, "blasen Sie Signal!" Der brave Junge - er
war von den vierten Jägern, nimmt das Horn und
schmettert: Das Ganze! - Das Ganze! - Da kommt´s
von drüben zurück. Wir erkennen uns - es sind die
27er - ich drücke dem Hauptmann, den ich seit Jahren
kenne, die Hand. -
Heller Morgen, ¼ 7 Uhr (am 6. August).
Vor uns liegt ein Kohlenbergwerk. Zwei Kohlen-
halden sind einige Meter hoch im Winkel zu einander
aufgeschüttet - da stürmen wir hinauf: Ein Jäger-
Fortsetzung 2. Spalte Mitte
2. Spalte
Siegreiches Vordringen der Oesterreicher.
WTB. Wien, 30. August. Der Korrespondent des
Neuen Wiener Tagebl. im Hauptquartier meldet: Die
große Schlacht ist heute, am vierten Tage, in vollem
Gange und steht gut für uns. Die linke Flügelgruppe
rückt gegen Lublin und Zamocs langsam aber sicher vor,
stößt aber immer wieder auf den neuverschanzten Gegner
und anstelle von Frontalangriffen sind zeitraubende Un-
gehungen nötig. Drei Zügen des Infanterieregiments
Nr. 72 gelang ein rascher Frontalangriff, bei dem zwei
russische Hauptleute, sechs Subalternoffiziere und 470
Mann gefangen genommen wurden. Die Kräftegruppe
zwischen Bug und Wieprz griff eine russische Division
von drei Seiten mit ERfolg an, sodaß sie nur uner dem
Schutze der Nacht entkamen. Generalstabshauptmann
Roßmann stürzte mit seinem Flugzeug ab und wurde
getötet. Das Armeeverordnungsblatt verröffentlichte ge-
rade heute eine auszeichnung Roßmanns für hervor-
ragend tapferes Verhalten vor dem Feinde.
-
item 14
Ueber 30 000 Russen in Ostpreußen gefangen.
Der Sieg der Oesterreicher. Der Kampf in der Nordsee. Die Opfer vom
Kreuzer "Magdeburg".
1. Spalte
Wie im Westen, so ist nunmehr auch im Osten die
erste große Schlacht geschlagen worden. Der Unterschied
liegt darin, daß sich die Russen in der Offensivstellung
befanden, während wir den Ansturm abzuwehren hatten.
Aus der Richtung von Niemen, wie von der Narew her,
d. h. aus Süden und aus Osten waren erhebliche russische
Streitkräfte im Anmarsche, die zwischen Insterburg und
Graudenz in deutsches Gebiet einzubrechen versuchten.
Ihr Zweck war offenbar, die deutsche Defensive zu durch-
brechen, ehe die siegreich vordringenden Oesterreicher
Verbindung mit uns erlangt haben. Die Absicht ist an
der Wachsamkeit unserer Heeresleitung und der Tapfer-
keit unserer Truppen gescheitert. Die russische Armee,
an Zahl fast der bei Metz geschlagenen französischen Ar-
mee gleich, ist über die Grenze zurückgewichen und wird
von unseren Truppen verfolgt. Durch diesen Sieg ist
die Durchführung des gemeinschaftlichen Vormarsches
unserer und der österreichischen Truppen gegen die
Weichsel erleichtert worden. Es geht auf Warschau los!
Die Meldung über den Sieg lautet kurz und knapp:
WTB. Berlin, 29. August. Unsere Truppen in
Preußen unter der Führung des Generalobersten Hinden-
burg haben die von Narew vorgegangene russische Armee
in Stärke von 5 Armeekorps und 3 Kavalleriedivisionen
in dreitägiger Schlacht bei Gilgenburg-Ortelsburg ge-
schlagen und verfolgen sie jetzt über die Grenze.
Generalquartiermeister von Stein.
Die am Sonnabend verbreitete Meldung von dem
großen deutschen Siege über die Russen in Ostpreußen
wird durch folgende neue erfreuliche Nachricht ergänzt:
WTB. Berlin, 31. August. Bei den großen
Kämpfen, in denen die russische Armee bei Tannen-
berg, Hohenstein und Ortelsburg geworfen wurden,
sind nach vorläufiger Schätzung über 30000 Russen
mit vielen hohen Offizieren in Gefangenschaft
geraten.
Eine erfreuliche Ergänzung zu der amtlichen Mel-
dung über das Ergebnis der Schlacht bilden die folgen-
den Mitteilungen, die aus amtlichen Quellen Ost-
preußens stammen:
Der vom Generalquartiermeister in seiner Ver-
öffentlichung vom 25. August als bevorstehend angekün-
digte Entscheidungskampf hat begonnen. Als Einleitung
erfolgte die Besetzung der Grenzstadt Neidenburg durch
starke russische Kräfte. Die Russen plünderten die Stadt
gründlich und bombardierten sie dann von den benach-
barten Höhen. Den meisten Bürgern Neidenburgs,
das etwa 6000 Einwohner hat, war es gelungen, über
Hohenstein und Allenstein zu fliehen. Das 20. Armee-
korps griff energisch in den Kampf gegen den russischen
Gegner ein. Die "Allensteiner Zeitung" kann mit amt-
licher Genehmigung darüber melden: Unser tapferes
20. Armeekorps steht seit 24 Stunden im Feuer mit
einem an Kräften weit überlegenen Gegner. Dank der
Tapferkeit unserer Truppen und Führer ist es den
Russen trotz der gewaltigen Uebermacht nicht gelun-
gen, unsere Stellungen zu nehmen. Der Kampf hat sich
dann zu einer Riesenschlacht auf der Linie Gilgenburg-
Neidenburg-Ortelsburg entwickelt mit etwa 50 Kilo-
meter Frontlänge. Hierüber teilt Landrat Hagemann
in Marienburg der "Marienburger Zeitung" mit, daß
zwei russische Armeekorps aufgerieben worden seien.
Kriegsbriefe.
Wie ich verwundet wurde
Von einem Mitkämpfer bei Lüttich.
. . . Mitten in dieses Dorfgefecht (Sturm auf Ft.
Fléron) waren wir hineingerissen. Es blitzte aus allen
Häusern, unablässig rollt der Donner der Geschütze, un-
ablässig geht der Eisenregen nieder. Stockdunkel . . .
Wie sehnlich wünschen wir den Morgen heran. - Kein
Gegner zu sehen - und doch sinkt Mann neben Mann.
Aus den Mauern der Häuser sind nur winzige Steine
gelöst - ein Flintenlauf ragt durch; in den Fenster-
laden ein kleines Loch - der Lauf einer Jagdbüchse
sprüht Flammen heraus - aus den Kellerfenstern, von
den Böden zuckt und flammt und pfeift es . . . Wie
im Hexenkessel . . . Und wir dürfen nicht schießen, um
die Kameraden, die rechts und links vor uns im Gefecht
liegen, nicht zu gefährden . . . Einer neben dem anderen
sinkt - Aechzen und Stöhnen überall. Hinweg über
einen Haufen zuckender Leiber, vorsichtig - um keinem
wehe zu tun - und um uns blitzt und kracht´s. Aus einem
Eckhaus prasselt uns ein Hagel entgegen. -
Zwanzig, fünfzig Läufe heben sich - , da brülle ich:
"Keinen Schuß, Kerls! Wer kommt mit? Beil her!"
Ein kleiner Musketier reicht mir eine Picke . . . Zehn
braune Kerls drängen hinter mir nach. - Dann ein
paar Hiebe mit Beil und Kolben - die Tür kracht ein
- von der Decke her zucken Geschosse nieder . . . "Keiner
die Bodentreppe hinauf! Hierbleiben! Streichhölzer
her!" Und schon habe ich ein paar Strohballen vorge-
rissen, - fünf Minuten später züngeln die Flammen
aus allen Fenstern. "So, Jungs, nun vorwärts!" -
Hinein wieder in die Dorfgasse . . . Da treffe ich mei-
nen Kompagnieführer. "Hierher!" schreit er. "Ueber
die Mauer, mir nach!"
Zwei Kerle heben mich hoch, im Nu haben wir eine
Gartenmauer überstiegen, und stürmen weiter, einer
belgischen Abteilung in den Rücken zu fallen. Manns-
hohe Hecken, mit Stacheldraht durchzogen - vier, fünf
- vor uns. "Her, Kerls," rufe ich, "gebt mir die
Drahtschere!" Ein paar wuchtige Jungens treten
den Schlehdorn ein - ich knipse den Draht durch und gehe
ihnen voran, - meine Hose hängt in Fetzen runter.
Die Hecken werden genommen - auf einmal kracht es
auf uns her - nur wenige Sekunden, dann saust eine
Haubitze in den verruchten Giebel - Steine spritzen
umher - das Gemäuer sinkt donnernd zusammen.
Feuer von links! - Da sind die Unsern, sie schießen
auf uns - sie erkennen uns noch immer nicht. Wir
brüllen ihnen die Losung zu: "Der Kaiser! Der Kaiser!"
- Sie hören uns nicht in dem Höllenlärm. "Hornist,"
rufe ich, "blasen Sie Signal!" Der brave Junge - er
war von den vierten Jägern, nimmt das Horn und
schmettert: Das Ganze! - Das Ganze! - Da kommt´s
von drüben zurück. Wir erkennen uns - es sind die
27er - ich drücke dem Hauptmann, den ich seit Jahren
kenne, die Hand. -
Heller Morgen, ¼ 7 Uhr (am 6. August).
Vor uns liegt ein Kohlenbergwerk. Zwei Kohlen-
halden sind einige Meter hoch im Winkel zu einander
aufgeschüttet - da stürmen wir hinauf: Ein Jäger-
Fortsetzung 2. Spalte Mitte
-
item 14
Ueber 30 000 Russen in Ostpreußen gefangen.
Der Sieg der Oesterreicher. Der Kampf in der Nordsee. Die Opfer vom
Kreuzer "Magdeburg".
1. Spalte
Wie im Westen, so ist nunmehr auch im Osten die
erste große Schlacht geschlagen worden. Der Unterschied
liegt darin, daß sich die Russen in der Offensivstellung
befanden, während wir den Ansturm abzuwehren hatten.
Aus der Richtung von Niemen, wie von der Narew her,
d. h. aus Süden und aus Osten waren erhebliche russische
Streitkräfte im Anmarsche, die zwischen Insterburg und
Graudenz in deutsches Gebiet einzubrechen versuchten.
Ihr Zweck war offenbar, die deutsche Defensive zu durch-
brechen, ehe die siegreich vordringenden Oesterreicher
Verbindung mit uns erlangt haben. Die Absicht ist an
der Wachsamkeit unserer Heeresleitung und der Tapfer-
keit unserer Truppen gescheitert. Die russische Armee,
an Zahl fast der bei Metz geschlagenen französischen Ar-
mee gleich, ist über die Grenze zurückgewichen und wird
von unseren Truppen verfolgt. Durch diesen Sieg ist
die Durchführung des gemeinschaftlichen Vormarsches
unserer und der österreichischen Truppen gegen die
Weichsel erleichtert worden. Es geht auf Warschau los!
Die Meldung über den Sieg lautet kurz und knapp:
WTB. Berlin, 29. August. Unsere Truppen in
Preußen unter der Führung des Generalobersten Hinden-
burg haben die von Narew vorgegangene russische Armee
in Stärke von 5 Armeekorps und 3 Kavalleriedivisionen
in dreitägiger Schlacht bei Gilgenburg-Ortelsburg ge-
schlagen und verfolgen sie jetzt über die Grenze.
Generalquartiermeister von Stein.
Die am Sonnabend verbreitete Meldung von dem
großen deutschen Siege über die Russen in Ostpreußen
wird durch folgende neue erfreuliche Nachricht ergänzt:
WTB. Berlin, 31. August. Bei den großen
Kämpfen, in denen die russische Armee bei Tannen-
berg, Hohenstein und Ortelsburg geworfen wurden,
sind nach vorläufiger Schätzung über 30000 Russen
mit vielen hohen Offizieren in Gefangenschaft
geraten.
Eine erfreuliche Ergänzung zu der amtlichen Mel-
dung über das Ergebnis der Schlacht bilden die folgen-
den Mitteilungen, die aus amtlichen Quellen Ost-
preußens stammen:
Der vom Generalquartiermeister in seiner Ver-
öffentlichung vom 25. August als bevorstehend angekün-
digte Entscheidungskampf hat begonnen. Als Einleitung
erfolgte die Besetzung der Grenzstadt Neidenburg durch
starke russische Kräfte. Die Russen plünderten die Stadt
gründlich und bombardierten sie dann von den benach-
barten Höhen. Den meisten Bürgern Neidenburgs,
das etwa 6000 Einwohner hat, war es gelungen, über
Hohenstein und Allenstein zu fliehen. Das 20. Armee-
korps griff energisch in den Kampf gegen den russischen
Gegner ein. Die "Allensteiner Zeitung" kann mit amt-
licher Genehmigung darüber melden: Unser tapferes
20. Armeekorps steht seit 24 Stunden im Feuer mit
einem an Kräften weit überlegenen Gegner. Dank der
Tapferkeit unserer Truppen und Führer ist es den
Russen trotz der gewaltigen Uebermacht nicht gelun-
gen, unsere Stellungen zu nehmen. Der Kampf hat sich
dann zu einer Riesenschlacht auf der Linie Gilgenburg-
Neidenburg-Ortelsburg entwickelt mit etwa 50 Kilo-
meter Frontlänge. Hierüber teilt Landrat Hagemann
in Marienburg der "Marienburger Zeitung" mit, daß
zwei russische Armeekorps aufgerieben worden seien.
Kriegsbriefe.
Wie ich verwundet wurde
Von einem Mitkämpfer bei Lüttich.
. . . Mitten in dieses Dorfgefecht (Sturm auf Ft.
Fléron) waren wir hineingerissen. Es blitzte aus allen
Häusern, unablässig rollt der Donner der Geschütze, un-
ablässig geht der Eisenregen nieder. Stockdunkel . . .
Wie sehnlich wünschen wir den Morgen heran. - Kein
Gegner zu sehen - und doch sinkt Mann neben Mann.
Aus den Mauern der Häuser sind nur winzige Steine
gelöst - ein Flintenlauf ragt durch; in den Fenster-
laden ein kleines Loch - der Lauf einer Jagdbüchse
sprüht Flammen heraus - aus den Kellerfenstern, von
den Böden zuckt und flammt und pfeift es . . . Wie
im Hexenkessel . . . Und wir dürfen nicht schießen, um
die Kameraden, die rechts und links vor uns im Gefecht
liegen, nicht zu gefährden . . . Einer neben dem anderen
sinkt - Aechzen und Stöhnen überall. Hinweg über
einen Haufen zuckender Leiber, vorsichtig - um keinem
wehe zu tun - und um uns blitzt und kracht´s. Aus einem
Eckhaus prasselt uns ein Hagel entgegen. -
Zwanzig, fünfzig Läufe heben sich - , da brülle ich:
"Keinen Schuß, Kerls! Wer kommt mit? Beil her!"
Ein kleiner Musketier reicht mir eine Picke . . . Zehn
braune Kerls drängen hinter mir nach. - Dann ein
paar Hiebe mit Beil und Kolben - die Tür kracht ein
- von der Decke her zucken Geschosse nieder . . . "Keiner
die Bodentreppe hinauf! Hierbleiben! Streichhölzer
her!" Und schon habe ich ein paar Strohballen vorge-
rissen, - fünf Minuten später züngeln die Flammen
aus allen Fenstern. "So, Jungs, nun vorwärts!" -
Hinein wieder in die Dorfgasse . . . Da treffe ich mei-
nen Kompagnieführer. "Hierher!" schreit er. "Ueber
die Mauer, mir nach!"
Zwei Kerle heben mich hoch, im Nu haben wir eine
Gartenmauer überstiegen, und stürmen weiter, einer
belgischen Abteilung in den Rücken zu fallen. Manns-
hohe Hecken, mit Stacheldraht durchzogen - vier, fünf
- vor uns. "Her, Kerls," rufe ich, "gebt mir die
Drahtschere!" Ein paar wuchtige Jungens treten
den Schlehdorn ein - ich knipse den Draht durch und gehe
ihnen voran, - meine Hose hängt in Fetzen runter.
Die Hecken werden genommen - auf einmal kracht es
auf uns her - nur wenige Sekunden, dann saust eine
Haubitze in den verruchten Giebel - Steine spritzen
umher - das Gemäuer sinkt donnernd zusammen.
Feuer von links! - Da sind die Unsern, sie schießen
auf uns - sie erkennen uns noch immer nicht. Wir
brüllen ihnen die Losung zu: "Der Kaiser! Der Kaiser!"
- Sie hören uns nicht in dem Höllenlärm. "Hornist,"
rufe ich, "blasen Sie Signal!" Der brave Junge - er
war von den vierten Jägern, nimmt das Horn und
schmettert: Das Ganze! - Das Ganze! - Da kommt´s
von drüben zurück. Wir erkennen uns - es sind die
27er - ich drücke dem Hauptmann, den ich seit Jahren
kenne, die Hand. -
Heller Morgen, 1/4 7 Uhr (am 6. August).
Vor uns liegt ein Kohlenbergwerk. Zwei Kohlen-
halden sind einige Meter hoch im Winkel zu einander
aufgeschüttet - da stürmen wir hinauf: Ein Jäger-
Fortsetzung 2. Spalte Mitte
-
item 14
Ueber 30 000 Russen in Ostpreußen gefangen.
Der Sieg der Oesterreicher. Der Kampf in der Nordsee. Die Opfer vom
Kreuzer "Magdeburg".
1. Spalte
Wie im Westen, so ist nunmehr auch im Osten die
erste große Schlacht geschlagen worden. Der Unterschied
liegt darin, daß sich die Russen in der Offensivstellung
befanden, während wir den Ansturm abzuwehren hatten.
Aus der Richtung von Niemen, wie von der Narew her,
d. h. aus Süden und aus Osten waren erhebliche russische
Streitkräfte im Anmarsche, die zwischen Insterburg und
Graudenz in deutsches Gebiet einzubrechen versuchten.
Ihr Zweck war offenbar, die deutsche Defensive zu durch-
brechen, ehe die siegreich vordringenden Oesterreicher
Verbindung mit uns erlangt haben. Die Absicht ist an
der Wachsamkeit unserer Heeresleitung und der Tapfer-
keit unserer Truppen gescheitert. Die russische Armee,
an Zahl fast der bei Metz geschlagenen französischen Ar-
mee gleich, ist über die Grenze zurückgewichen und wird
von unseren Truppen verfolgt. Durch diesen Sieg ist
die Durchführung des gemeinschaftlichen Vormarsches
unserer und der österreichischen Truppen gegen die
Weichsel erleichtert worden. Es geht auf Warschau los!
Die Meldung über den Sieg lautet kurz und knapp:
WTB. Berlin, 29. August. Unsere Truppen in
Preußen unter der Führung des Generalobersten Hinden-
burg haben die von Narew vorgegangene russische Armee
in Stärke von 5 Armeekorps und 3 Kavalleriedivisionen
in dreitägiger Schlacht bei Gilgenburg-Ortelsburg ge-
schlagen und verfolgen sie jetzt über die Grenze.
Generalquartiermeister von Stein.
Die am Sonnabend verbreitete Meldung von dem
großen deutschen Siege über die Russen in Ostpreußen
wird durch folgende neue erfreuliche Nachricht ergänzt:
WTB. Berlin, 31. August. Bei den großen
Kämpfen, in denen die russische Armee bei Tannen-
berg, Hohenstein und Ortelsburg geworfen wurden,
sind nach vorläufiger Schätzung über 30000 Russen
mit vielen hohen Offizieren in Gefangenschaft
geraten.
Eine erfreuliche Ergänzung zu der amtlichen Mel-
dung über das Ergebnis der Schlacht bilden die folgen-
den Mitteilungen, die aus amtlichen Quellen Ost-
preußens stammen:
Der vom Generalquartiermeister in seiner Ver-
öffentlichung vom 25. August als bevorstehend angekün-
digte Entscheidungskampf hat begonnen. Als Einleitung
erfolgte die Besetzung der Grenzstadt Neidenburg durch
starke russische Kräfte. Die Russen plünderten die Stadt
gründlich und bombardierten sie dann von den benach-
barten Höhen. Den meisten Bürgern Neidenburgs,
das etwa 6000 Einwohner hat, war es gelungen, über
Hohenstein und Allenstein zu fliehen. Das 20. Armee-
korps griff energisch in den Kampf gegen den russischen
Gegner ein. Die "Allensteiner Zeitung" kann mit amt-
licher Genehmigung darüber melden: Unser tapferes
20. Armeekorps steht seit 24 Stunden im Feuer mit
einem an Kräften weit überlegenen Gegner. Dank der
Tapferkeit unserer Truppen und Führer ist es den
Russen trotz der gewaltigen Uebermacht nicht gelun-
gen, unsere Stellungen zu nehmen. Der Kampf hat sich
dann zu einer Riesenschlacht auf der Linie Gilgenburg-
Neidenburg-Ortelsburg entwickelt mit etwa 50 Kilo-
meter Frontlänge. Hierüber teilt Landrat Hagemann
in Marienburg der "Marienburger Zeitung" mit, daß
zwei russische Armeekorps aufgerieben worden seien.
Kriegsbriefe.
Wie ich verwundet wurde
Von einem Mitkämpfer bei Lüttich.
. . . Mitten in dieses Dorfgefecht (Sturm auf Ft.
Fléron) waren wir hineingerissen. Es blitzte aus allen
Häusern, unablässig rollt der Donner der Geschütze, un-
ablässig geht der Eisenregen nieder. Stockdunkel . . .
Wie sehnlich wünschen wir den Morgen heran. - Kein
Gegner zu sehen - und doch sinkt Mann neben Mann.
Aus den Mauern der Häuser sind nur winzige Steine
gelöst - ein Flintenlauf ragt durch; in den Fenster-
laden ein kleines Loch - der Lauf einer Jagdbüchse
sprüht Flammen heraus - aus den Kellerfenstern, von
den Böden zuckt und flammt und pfeift es . . . Wie
im Hexenkessel . . . Und wir dürfen nicht schießen, um
die Kameraden, die rechts und links vor uns im Gefecht
liegen, nicht zu gefährden . . . Einer neben dem anderen
sinkt - Aechzen und Stöhnen überall. Hinweg über
einen Haufen zuckender Leiber, vorsichtig - um keinem
wehe zu tun - und um uns blitzt und kracht´s. Aus einem
Eckhaus prasselt uns ein Hagel entgegen. -
Zwanzig, fünfzig Läufe heben sich - , da brülle ich:
"Keinen Schuß, Kerls! Wer kommt mit? Beil her!"
Ein kleiner Musketier reicht mir eine Picke . . . Zehn
braune Kerls drängen hinter mir nach. - Dann ein
paar Hiebe mit Beil und Kolben - die Tür kracht ein
- von der Decke her zucken Geschosse nieder . . . "Keiner
die Bodentreppe hinauf! Hierbleiben! Streichhölzer
her!" Und schon habe ich ein paar Strohballen vorge-
rissen, - fünf Minuten später züngeln die Flammen
aus allen Fenstern. "So, Jungs, nun vorwärts!" -
Hinein wieder in die Dorfgasse . . . Da treffe ich mei-
nen Kompagnieführer. "Hierher!" schreit er. "Ueber
die Mauer, mir nach!"
Zwei Kerle heben mich hoch, im Nu haben wir eine
Gartenmauer überstiegen, und stürmen weiter, einer
belgischen Abteilung in den Rücken zu fallen. Manns-
hohe Hecken, mit Stacheldraht durchzogen - vier, fünf
- vor uns. "Her, Kerls," rufe ich, "gebt mir die
Drahtschere!" Ein paar wuchtige Jungens treten
den Schlehdorn ein - ich knipse den Draht durch und gehe
ihnen voran, - meine Hose hängt in Fetzen runter.
Die Hecken werden genommen - auf einmal kracht es
auf uns her - nur wenige Sekunden, dann saust eine
Haubitze in den verruchten Giebel - Steine spritzen
umher - das Gemäuer sinkt donnernd zusammen.
Feuer von links! - Da sind die Unsern, sie schießen
auf uns - sie erkennen uns noch immer nicht. Wir
brüllen ihnen die Losung zu: "Der Kaiser! Der Kaiser!"
- Sie hören uns nicht in dem Höllenlärm. "Hornist,"
rufe ich, "blasen Sie Signal!" Der brave Junge - er
war von den vierten Jägern, nimmt das Horn und
schmettert: Das Ganze! - Das Ganze! - Da kommt´s
von drüben zurück. Wir erkennen uns - es sind die
27er - ich drücke dem Hauptmann, den ich seit Jahren
kenne, die Hand. -
Heller Morgen, 1/4 7 Uhr (am 6. August).
Vor uns liegt ein Kohlenbergwerk. Zwei Kohlen-
halden sind einige Meter hoch im Winkel zu einander
aufgeschüttet - da stürmen wir hinauf: Ein Jäger-
-
item 14
Ueber 30 000 Russen in Ostpreußen gefangen.
Der Sieg der Oesterreicher. Der Kampf in der Nordsee. Die Opfer vom
Kreuzer "Magdeburg".
1. Spalte
Wie im Westen, so ist nunmehr auch im Osten die
erste große Schlacht geschlagen worden. Der Unterschied
liegt darin, daß sich die Russen in der Offensivstellung
befanden, während wir den Ansturm abzuwehren hatten.
Aus der Richtung von Niemen, wie von der Narew her,
d. h. aus Süden und aus Osten waren erhebliche russische
Streitkräfte im Anmarsche, die zwischen Insterburg und
Graudenz in deutsches Gebiet einzubrechen versuchten.
Ihr Zweck war offenbar, die deutsche Defensive zu durch-
brechen, ehe die siegreich vordringenden Oesterreicher
Verbindung mit uns erlangt haben. Die Absicht ist an
der Wachsamkeit unserer Heeresleitung und der Tapfer-
keit unserer Truppen gescheitert. Die russische Armee,
an Zahl fast der bei Metz geschlagenen französischen Ar-
mee gleich, ist über die Grenze zurückgewichen und wird
von unseren Truppen verfolgt. Durch diesen Sieg ist
die Durchführung des gemeinschaftlichen Vormarsches
unserer und der österreichischen Truppen gegen die
Weichsel erleichtert worden. Es geht auf Warschau los!
Die Meldung über den Sieg lautet kurz und knapp:
WTB. Berlin, 29. August. Unsere Truppen in
Preußen unter der Führung des Generalobersten Hinden-
burg haben die von Narew vorgegangene russische Armee
in Stärke von 5 Armeekorps und 3 Kavalleriedivisionen
in dreitägiger Schlacht bei Gilgenburg-Ortelsburg ge-
schlagen und verfolgen sie jetzt über die Grenze.
Generalquartiermeister von Stein.
Die am Sonnabend verbreitete Meldung von dem
großen deutschen Siege über die Russen in Ostpreußen
wird durch folgende neue erfreuliche Nachricht ergänzt:
WTB. Berlin, 31. August. Bei den großen
Kämpfen, in denen die russische Armee bei Tannen-
berg, Hohenstein und Ortelsburg geworfen wurden,
sind nach vorläufiger Schätzung über 30000 Russen
mit vielen hohen Offizieren in Gefangenschaft
geraten.
Eine erfreuliche Ergänzung zu der amtlichen Mel-
dung über das Ergebnis der Schlacht bilden die folgen-
den Mitteilungen, die aus amtlichen Quellen Ost-
preußens stammen:
Der vom Generalquartiermeister in seiner Ver-
öffentlichung vom 25. August als bevorstehend angekün-
digte Entscheidungskampf hat begonnen. Als Einleitung
erfolgte die Besetzung der Grenzstadt Neidenburg durch
starke russische Kräfte. Die Russen plünderten die Stadt
gründlich und bombardierten sie dann von den benach-
barten Höhen. Den meisten Bürgern Neidenburgs,
das etwa 6000 Einwohner hat, war es gelungen, über
Hohenstein und Allenstein zu fliehen. Das 20. Armee-
korps griff energisch in den Kampf gegen den russischen
Gegner ein. Die "Allensteiner Zeitung" kann mit amt-
licher Genehmigung darüber melden: Unser tapferes
20. Armeekorps steht seit 24 Stunden im Feuer mit
einem an Kräften weit überlegenen Gegner. Dank der
Tapferkeit unserer Truppen und Führer ist es den
Russen trotz der gewaltigen Uebermacht nicht gelun-
gen, unsere Stellungen zu nehmen. Der Kampf hat sich
dann zu einer Riesenschlacht auf der Linie Gilgenburg-
Neidenburg-Ortelsburg entwickelt mit etwa 50 Kilo-
meter Frontlänge. Hierüber teilt Landrat Hagemann
in Marienburg der "Marienburger Zeitung" mit, daß
zwei russische Armeekorps aufgerieben worden seien.
Kriegsbriefe.
Wie ich verwundet wurde
Von einem Mitkämpfer bei Lüttich.
. . . Mitten in dieses Dorfgefecht (Sturm auf Ft.
Fléron) waren wir hineingerissen. Es blitzte aus allen
Häusern, unablässig rollt der Donner der Geschütze, un-
ablässig geht der Eisenregen nieder. Stockdunkel . . .
Wie sehnlich wünschen wir den Morgen heran. - Kein
Gegner zu sehen - und doch sinkt Mann neben Mann.
Aus den Mauern der Häuser sind nur winzige Steine
gelöst - ein Flintenlauf ragt durch; in den Fenster-
laden ein kleines Loch - der Lauf einer Jagdbüchse
sprüht Flammen heraus - aus den Kellerfenstern, von
den Böden zuckt und flammt und pfeift es . . . Wie
im Hexenkessel . . . Und wir dürfen nicht schießen, um
die Kameraden, die rechts und links vor uns im Gefecht
liegen, nicht zu gefährden . . . Einer neben dem anderen
sinkt - Aechzen und Stöhnen überall. Hinweg über
einen Haufen zuckender Leiber, vorsichtig - um keinem
wehe zu tun - und um uns blitzt und kracht´s. Aus einem
Eckhaus prasselt uns ein Hagel entgegen. -
Zwanzig, fünfzig Läufe heben sich - , da brülle ich:
"Keinen Schuß, Kerls! Wer kommt mit? Beil her!"
Ein kleiner Musketier reicht mir eine Picke . . . Zehn
braune Kerls drängen hinter mir nach. - Dann ein
paar Hiebe mit Beil und Kolben - die Tür kracht ein
- von der Decke her zucken Geschosse nieder . . . "Keiner
die Bodentreppe hinauf! Hierbleiben! Streichhölzer
her!" Und schon habe ich ein paar Strohballen vorge-
rissen, - fünf Minuten später züngeln die Flammen
aus allen Fenstern. "So, Jungs, nun vorwärts!" -
Hinein wieder in die Dorfgasse . . . Da treffe ich mei-
nen Kompagnieführer. "Hierher!" schreit er. "Ueber
die Mauer, mir nach!"
Zwei Kerle heben mich hoch, im Nu haben wir eine
Gartenmauer überstiegen, und stürmen weiter, einer
belgischen Abteilung in den Rücken zu fallen. Manns-
hohe Hecken, mit Stacheldraht durchzogen - vier, fünf
- vor uns. "Her, Kerls," rufe ich, "gebt mir die
Drahtschere!" Ein paar wuchtige Jungens treten
den Schlehdorn ein - ich knipse den Draht durch und gehe
ihnen voran, - meine Hose hängt in Fetzen runter.
Die Hecken werden genommen - auf einmal kracht es
auf uns her - nur wenige Sekunden, dann saust eine
Haubitze in den verruchten Giebel - Steine spritzen
umher - das Gemäuer sinkt donnernd zusammen.
Feuer von links! - Da sind die Unsern, sie schießen
auf uns - sie erkennen uns noch immer nicht. Wir
brüllen ihnen die Losung zu: "Der Kaiser! Der Kaiser!"
- Sie hören uns nicht in dem Höllenlärm. "Hornist,"
rufe ich, "blasen Sie Signal!" Der brave Junge - er
war von den vierten Jägern, nimmt das Horn und
schmettert: Das Ganze! - Das Ganze! - Da kommt´s
von drüben zurück. Wir erkennen uns - es sind die
27er - ich drücke dem Hauptmann, den ich seit Jahren
kenne, die Hand. -
-
item 14
Ueber 30 000 Russen in Ostpreußen gefangen.
Der Sieg der Oesterreicher. Der Kampf in der Nordsee. Die Opfer vom
Kreuzer "Magdeburg".
1. Spalte
Wie im Westen, so ist nunmehr auch im Osten die
erste große Schlacht geschlagen worden. Der Unterschied
liegt darin, daß sich die Russen in der Offensivstellung
befanden, während wir den Ansturm abzuwehren hatten.
Aus der Richtung von Niemen, wie von der Narew her,
d. h. aus Süden und aus Osten waren erhebliche russische
Streitkräfte im Anmarsche, die zwischen Insterburg und
Graudenz in deutsches Gebiet einzubrechen versuchten.
Ihr Zweck war offenbar, die deutsche Defensive zu durch-
brechen, ehe die siegreich vordringenden Oesterreicher
Verbindung mit uns erlangt haben. Die Absicht ist an
der Wachsamkeit unserer Heeresleitung und der Tapfer-
keit unserer Truppen gescheitert. Die russische Armee,
an Zahl fast der bei Metz geschlagenen französischen Ar-
mee gleich, ist über die Grenze zurückgewichen und wird
von unseren Truppen verfolgt. Durch diesen Sieg ist
die Durchführung des gemeinschaftlichen Vormarsches
unserer und der österreichischen Truppen gegen die
Weichsel erleichtert worden. Es geht auf Warschau los!
Die Meldung über den Sieg lautet kurz und knapp:
WTB. Berlin, 29. August. Unsere Truppen in
Preußen unter der Führung des Generalobersten Hinden-
burg haben die von Narew vorgegangene russische Armee
in Stärke von 5 Armeekorps und 3 Kavalleriedivisionen
in dreitägiger Schlacht bei Gilgenburg-Ortelsburg ge-
schlagen und verfolgen sie jetzt über die Grenze.
Generalquartiermeister von Stein.
Die am Sonnabend verbreitete Meldung von dem
großen deutschen Siege über die Russen in Ostpreußen
wird durch folgende neue erfreuliche Nachricht ergänzt:
WTB. Berlin, 31. August. Bei den großen
Kämpfen, in denen die russische Armee bei Tannen-
berg, Hohenstein und Ortelsburg geworfen wurden,
sind nach vorläufiger Schätzung über 30000 Russen
mit vielen hohen Offizieren in Gefangenschaft
geraten.
Eine erfreuliche Ergänzung zu der amtlichen Mel-
dung über das Ergebnis der Schlacht bilden die folgen-
den Mitteilungen, die aus amtlichen Quellen Ost-
preußens stammen:
Der vom Generalquartiermeister in seiner Ver-
öffentlichung vom 25. August als bevorstehend angekün-
digte Entscheidungskampf hat begonnen. Als Einleitung
erfolgte die Besetzung der Grenzstadt Neidenburg durch
starke russische Kräfte. Die Russen plünderten die Stadt
gründlich und bombardierten sie dann von den benach-
barten Höhen. Den meisten Bürgern Neidenburgs,
das etwa 6000 Einwohner hat, war es gelungen, über
Hohenstein und Allenstein zu fliehen. Das 20. Armee-
korps griff energisch in den Kampf gegen den russischen
Gegner ein. Die "Allensteiner Zeitung" kann mit amt-
licher Genehmigung darüber melden: Unser tapferes
20. Armeekorps steht seit 24 Stunden im Feuer mit
einem an Kräften weit überlegenen Gegner. Dank der
Tapferkeit unserer Truppen und Führer ist es den
Russen trotz der gewaltigen Uebermacht nicht gelun-
gen, unsere Stellungen zu nehmen. Der Kampf hat sich
dann zu einer Riesenschlacht auf der Linie Gilgenburg-
Neidenburg-Ortelsburg entwickelt mit etwa 50 Kilo-
meter Frontlänge. Hierüber teilt Landrat Hagemann
in Marienburg der "Marienburger Zeitung" mit, daß
zwei russische Armeekorps aufgerieben worden seien.
Kriegsbriefe.
Wie ich verwundet wurde
Von einem Mitkämpfer bei Lüttich.
. . . Mitten in dieses Dorfgefecht (Sturm auf Ft.
Fléron) waren wir hineingerissen. Es blitzte aus allen
Häusern, unablässig rollt der Donner der Geschütze, un-
ablässig geht der Eisenregen nieder. Stockdunkel . . .
Wie sehnlich wünschen wir den Morgen heran. - Kein
Gegner zu sehen - und doch sinkt Mann neben Mann.
Aus den Mauern der Häuser sind nur winzige Steine
gelöst - ein Flintenlauf ragt durch; in den Fenster-
laden ein kleines Loch - der Lauf einer Jagdbüchse
sprüht Flammen heraus - aus den Kellerfenstern, von
den Böden zuckt und flammt und pfeift es . . . Wie
im Hexenkessel . . . Und wir dürfen nicht schießen, um
die Kameraden, die rechts und links vor uns im Gefecht
liegen, nicht zu gefährden . . . Einer neben dem anderen
sinkt - Aechzen und Stöhnen überall. Hinweg über
einen Haufen zuckender Leiber, vorsichtig - um keinem
wehe zu tun - und um uns blitzt und kracht´s. Aus einem
Eckhaus prasselt uns ein Hagel entgegen. -
Zwanzig, fünfzig Läufe heben sich - , da brülle ich:
"Keinen Schuß, Kerls! Wer kommt mit? Beil her!"
Ein kleiner Musketier reicht mir eine Picke . . . Zehn
braune Kerls drängen hinter mir nach. - Dann ein
paar Hiebe mit Beil und Kolben - die Tür kracht ein
- von der Decke her zucken Geschosse nieder . . . "Keiner
die Bodentreppe hinauf! Hierbleiben! Streichhölzer
her!" Und schon habe ich ein paar Strohballen vorge-
rissen, - fünf Minuten später züngeln die Flammen
aus allen Fenstern. "So, Jungs, nun vorwärts!" -
Hinein wieder in die Dorfgasse . . . Da treffe ich mei-
nen Kompagnieführer. "Hierher!" schreit er. "Ueber
die Mauer, mir nach!"
-
item 14
Ueber 30 000 Russen in Ostpreußen gefangen.
Der Sieg der Oesterreicher. Der Kampf in der Nordsee. Die Opfer vom
Kreuzer "Magdeburg".
1. Spalte
Wie im Westen, so ist nunmehr auch im Osten die
erste große Schlacht geschlagen worden. Der Unterschied
liegt darin, daß sich die Russen in der Offensivstellung
befanden, während wir den Ansturm abzuwehren hatten.
Aus der Richtung von Niemen, wie von der Narew her,
d. h. aus Süden und aus Osten waren erhebliche russische
Streitkräfte im Anmarsche, die zwischen Insterburg und
Graudenz in deutsches Gebiet einzubrechen versuchten.
Ihr Zweck war offenbar, die deutsche Defensive zu durch-
brechen, ehe die siegreich vordringenden Oesterreicher
Verbindung mit uns erlangt haben. Die Absicht ist an
der Wachsamkeit unserer Heeresleitung und der Tapfer-
keit unserer Truppen gescheitert. Die russische Armee,
an Zahl fast der bei Metz geschlagenen französischen Ar-
mee gleich, ist über die Grenze zurückgewichen und wird
von unseren Truppen verfolgt. Durch diesen Sieg ist
die Durchführung des gemeinschaftlichen Vormarsches
unserer und der österreichischen Truppen gegen die
Weichsel erleichtert worden. Es geht auf Warschau los!
Die Meldung über den Sieg lautet kurz und knapp:
WTB. Berlin, 29. August. Unsere Truppen in
Preußen unter der Führung des Generalobersten Hinden-
burg haben die von Narew vorgegangene russische Armee
in Stärke von 5 Armeekorps und 3 Kavalleriedivisionen
in dreitägiger Schlacht bei Gilgenburg-Ortelsburg ge-
schlagen und verfolgen sie jetzt über die Grenze.
Generalquartiermeister von Stein.
Die am Sonnabend verbreitete Meldung von dem
großen deutschen Siege über die Russen in Ostpreußen
wird durch folgende neue erfreuliche Nachricht ergänzt:
WTB. Berlin, 31. August. Bei den großen
Kämpfen, in denen die russische Armee bei Tannen-
berg, Hohenstein und Ortelsburg geworfen wurden,
sind nach vorläufiger Schätzung über 30000 Russen
mit vielen hohen Offizieren in Gefangenschaft
geraten.
Eine erfreuliche Ergänzung zu der amtlichen Mel-
dung über das Ergebnis der Schlacht bilden die folgen-
den Mitteilungen, die aus amtlichen Quellen Ost-
preußens stammen:
Der vom Generalquartiermeister in seiner Ver-
öffentlichung vom 25. August als bevorstehend angekün-
digte Entscheidungskampf hat begonnen. Als Einleitung
erfolgte die Besetzung der Grenzstadt Neidenburg durch
starke russische Kräfte. Die Russen plünderten die Stadt
gründlich und bombardierten sie dann von den benach-
barten Höhen. Den meisten Bürgern Neidenburgs,
das etwa 6000 Einwohner hat, war es gelungen, über
Hohenstein und Allenstein zu fliehen. Das 20. Armee-
korps griff energisch in den Kampf gegen den russischen
Gegner ein. Die "Allensteiner Zeitung" kann mit amt-
licher Genehmigung darüber melden: Unser tapferes
20. Armeekorps steht seit 24 Stunden im Feuer mit
einem an Kräften weit überlegenen Gegner. Dank der
Tapferkeit unserer Truppen und Führer ist es den
Russen trotz der gewaltigen Uebermacht nicht gelun-
gen, unsere Stellungen zu nehmen. Der Kampf hat sich
dann zu einer Riesenschlacht auf der Linie Gilgenburg-
Neidenburg-Ortelsburg entwickelt mit etwa 50 Kilo-
meter Frontlänge. Hierüber teilt Landrat Hagemann
in Marienburg der "Marienburger Zeitung" mit, daß
zwei russische Armeekorps aufgerieben worden seien.
Kriegsbriefe.
Wie ich verwundet wurde
Von einem Mitkämpfer bei Lüttich.
. . . Mitten in dieses Dorfgefecht (Sturm auf Ft.
Fléron) waren wir hineingerissen. Es blitzte aus allen
Häusern, unablässig rollt der Donner der Geschütze, un-
ablässig geht der Eisenregen nieder. Stockdunkel . . .
-
item 14
Ueber 30 000 Russen in Ostpreußen gefangen.
Der Sieg der Oesterreicher. Der Kampf in der Nordsee. Die Opfer vom
Kreuzer "Magdeburg".
1. Spalte
Wie im Westen, so ist nunmehr auch im Osten die
erste große Schlacht geschlagen worden. Der Unterschied
liegt darin, daß sich die Russen in der Offensivstellung
befanden, während wir den Ansturm abzuwehren hatten.
Aus der Richtung von Niemen, wie von der Narew her,
d. h. aus Süden und aus Osten waren erhebliche russische
Streitkräfte im Anmarsche, die zwischen Insterburg und
Graudenz in deutsches Gebiet einzubrechen versuchten.
Ihr Zweck war offenbar, die deutsche Defensive zu durch-
brechen, ehe die siegreich vordringenden Oesterreicher
Verbindung mit uns erlangt haben. Die Absicht ist an
der Wachsamkeit unserer Heeresleitung und der Tapfer-
keit unserer Truppen gescheitert. Die russische Armee,
an Zahl fast der bei Metz geschlagenen französischen Ar-
mee gleich, ist über die Grenze zurückgewichen und wird
von unseren Truppen verfolgt. Durch diesen Sieg ist
die Durchführung des gemeinschaftlichen Vormarsches
unserer und der österreichischen Truppen gegen die
Weichsel erleichtert worden. Es geht auf Warschau los!
Die Meldung über den Sieg lautet kurz und knapp:
WTB. Berlin, 29. August. Unsere Truppen in
Preußen unter der Führung des Generalobersten Hinden-
burg haben die von Narew vorgegangene russische Armee
in Stärke von 5 Armeekorps und 3 Kavalleriedivisionen
in dreitägiger Schlacht bei Gilgenburg-Ortelsburg ge-
schlagen und verfolgen sie jetzt über die Grenze.
Generalquartiermeister von Stein.
Die am Sonnabend verbreitete Meldung von dem
großen deutschen Siege über die Russen in Ostpreußen
wird durch folgende neue erfreuliche Nachricht ergänzt:
WTB. Berlin, 31. August. Bei den großen
Kämpfen, in denen die russische Armee bei Tannen-
berg, Hohenstein und Ortelsburg geworfen wurden,
sind nach vorläufiger Schätzung über 30000 Russen
mit vielen hohen Offizieren in Gefangenschaft
geraten.
Eine erfreuliche Ergänzung zu der amtlichen Mel-
dung über das Ergebnis der Schlacht bilden die folgen-
den Mitteilungen, die aus amtlichen Quellen Ost-
preußens stammen:
Der vom Generalquartiermeister in seiner Ver-
öffentlichung vom 25. August als bevorstehend angekün-
digte Entscheidungskampf hat begonnen. Als Einleitung
erfolgte die Besetzung der Grenzstadt Neidenburg durch
starke russische Kräfte. Die Russen plünderten die Stadt
gründlich und bombardierten sie dann von den benach-
barten Höhen. Den meisten Bürgern Neidenburgs,
das etwa 6000 Einwohner hat, war es gelungen, über
Hohenstein und Allenstein zu fliehen. Das 20. Armee-
korps griff energisch in den Kampf gegen den russischen
Gegner ein. Die "Allensteiner Zeitung" kann mit amt-
licher Genehmigung darüber melden: Unser tapferes
20. Armeekorps steht seit 24 Stunden im Feuer mit
einem an Kräften weit überlegenen Gegner. Dank der
Tapferkeit unserer Truppen und Führer ist es den
Russen trotz der gewaltigen Uebermacht nicht gelun-
gen, unsere Stellungen zu nehmen. Der Kampf hat sich
dann zu einer Riesenschlacht auf der Linie Gilgenburg-
Neidenburg-Ortelsburg entwickelt mit etwa 50 Kilo-
meter Frontlänge. Hierüber teilt Landrat Hagemann
in Marienburg der "Marienburger Zeitung" mit, daß
zwei russische Armeekorps aufgerieben worden seien.
Kriegsbriefe.
Wie ich verwundet wurde
Von einem Mitkämpfer bei Lüttich.
. . . Mitten in dieses Dorfgefecht (Sturm auf Ft.
Fleron) waren wir hineingerissen. Es blitzte aus allen
Häusern, unablässig rollt der Donner der Geschütze, un-
ablässig geht der Eisenregen nieder. Stockdunkel . . .
-
item 14
Ueber 30 000 Russen in Ostpreußen gefangen.
Der Sieg der Oesterreicher. Der Kampf in der Nordsee. Die Opfer vom
Kreuzer "Magdeburg".
1. Spalte
Wie im Westen, so ist nunmehr auch im Osten die
erste große Schlacht geschlagen worden. Der Unterschied
liegt darin, daß sich die Russen in der Offensivstellung
befanden, während wir den Ansturm abzuwehren hatten.
Aus der Richtung von Niemen, wie von der Narew her,
d. h. aus Süden und aus Osten waren erhebliche russische
Streitkräfte im Anmarsche, die zwischen Insterburg und
Graudenz in deutsches Gebiet einzubrechen versuchten.
Ihr Zweck war offenbar, die deutsche Defensive zu durch-
brechen, ehe die siegreich vordringenden Oesterreicher
Verbindung mit uns erlangt haben. Die Absicht ist an
der Wachsamkeit unserer Heeresleitung und der Tapfer-
keit unserer Truppen gescheitert. Die russische Armee,
an Zahl fast der bei Metz geschlagenen französischen Ar-
mee gleich, ist über die Grenze zurückgewichen und wird
von unseren Truppen verfolgt. Durch diesen Sieg ist
die Durchführung des gemeinschaftlichen Vormarsches
unserer und der österreichischen Truppen gegen die
Weichsel erleichtert worden. Es geht auf Warschau los!
Die Meldung über den Sieg lautet kurz und knapp:
WTB. Berlin, 29. August. Unsere Truppen in
Preußen unter der Führung des Generalobersten Hinden-
burg haben die von Narew vorgegangene russische Armee
in Stärke von 5 Armeekorps und 3 Kavalleriedivisionen
in dreitägiger Schlacht bei Gilgenburg-Ortelsburg ge-
schlagen und verfolgen sie jetzt über die Grenze.
Generalquartiermeister von Stein.
Die am Sonnabend verbreitete Meldung von dem
großen deutschen Siege über die Russen in Ostpreußen
wird durch folgende neue erfreuliche Nachricht ergänzt:
WTB. Berlin, 31. August. Bei den großen
Kämpfen, in denen die russische Armee bei Tannen-
berg, Hohenstein und Ortelsburg geworfen wurden,
sind nach vorläufiger Schätzung über 30000 Russen
mit vielen hohen Offizieren in Gefangenschaft
geraten.
Eine erfreuliche Ergänzung zu der amtlichen Mel-
dung über das Ergebnis der Schlacht bilden die folgen-
den Mitteilungen, die aus amtlichen Quellen Ost-
preußens stammen:
Der vom Generalquartiermeister in seiner Ver-
öffentlichung vom 25. August als bevorstehend angekün-
digte Entscheidungskampf hat begonnen. Als Einleitung
erfolgte die Besetzung der Grenzstadt Neidenburg durch
starke russische Kräfte. Die Russen plünderten die Stadt
gründlich und bombardierten sie dann von den benach-
barten Höhen. Den meisten Bürgern Neidenburgs,
das etwa 6000 Einwohner hat, war es gelungen, über
Hohenstein und Allenstein zu fliehen. Das 20. Armee-
korps griff energisch in den Kampf gegen den russischen
Gegner ein. Die "Allensteiner Zeitung" kann mit amt-
licher Genehmigung darüber melden: Unser tapferes
20. Armeekorps steht seit 24 Stunden im Feuer mit
einem an Kräften weit überlegenen Gegner. Dank der
Tapferkeit unserer Truppen und Führer ist es den
Russen trotz der gewaltigen Uebermacht nicht gelun-
gen, unsere Stellungen zu nehmen. Der Kampf hat sich
dann zu einer Riesenschlacht auf der Linie Gilgenburg-
Neidenburg-Ortelsburg entwickelt mit etwa 50 Kilo-
meter Frontlänge. Hierüber teilt Landrat Hagemann
in Marienburg der "Marienburger Zeitung" mit, daß
zwei russische Armeekorps aufgerieben worden seien.
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item 14
Ueber 30 000 Russen in Ostpreußen gefangen.
Der Sieg der Oesterreicher. Der Kampf in der Nordsee. Die Opfer vom
Kreuzer "Magdeburg".
1. Spalte
Wie im Westen, so ist nunmehr auch im Osten die
erste große Schlacht geschlagen worden. Der Unterschied
liegt darin, daß sich die Russen in der Offensivstellung
befanden, während wir den Ansturm abzuwehren hatten.
Aus der Richtung von Niemen, wie von der Narew her,
d. h. aus Süden und aus Osten waren erhebliche russische
Streitkräfte im Anmarsche, die zwischen Insterburg und
Graudenz in deutsches Gebiet einzubrechen versuchten.
Ihr Zweck war offenbar, die deutsche Defensive zu durch-
brechen, ehe die siegreich vordringenden Oesterreicher
Verbindung mit uns erlangt haben. Die Absicht ist an
der Wachsamkeit unserer Heeresleitung und der Tapfer-
keit unserer Truppen gescheitert. Die russische Armee,
an Zahl fast der bei Metz geschlagenen französischen Ar-
mee gleich, ist über die Grenze zurückgewichen und wird
von unseren Truppen verfolgt. Durch diesen Sieg ist
die Durchführung des gemeinschaftlichen Vormarsches
unserer und der österreichischen Truppen gegen die
Weichsel erleichtert worden. Es geht auf Warschau los!
Die Meldung über den Sieg lautet kurz und knapp:
WTB. Berlin, 29. August. Unsere Truppen in
Preußen unter der Führung des Generalobersten Hinden-
burg haben die von Narew vorgegangene russische Armee
in Stärke von 5 Armeekorps und 3 Kavalleriedivisionen
in dreitägiger Schlacht bei Gilgenburg-Ortelsburg ge-
schlagen und verfolgen sie jetzt über die Grenze.
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item 14
Ueber 30 000 Russen in Ostpreußen gefangen.
Der Sieg der Oesterreicher. Der Kampf in der Nordsee. Die Opfer vom
Kreuzer "Magdeburg".
1. Spalte
Wie im Westen, so ist nunmehr auch im Osten die
erste große Schlacht geschlagen worden. Der Unterschied
liegt darin, daß sich die Russen in der Offensivstellung
befanden, während wir den Ansturm abzuwehren hatten.
Aus der Richtung von Niemen, wie von der Narew her,
d. h. aus Süden und aus Osten waren erhebliche russische
Streitkräfte im Anmarsche, die zwischen Insterburg und
Graudenz in deutsches Gebiet einzubrechen versuchten.
Ihr Zweck war offenbar, die deutsche Defensive zu durch-
brechen, ehe die siegreich vordringenden Oesterreicher
Verbindung mit uns erlangt haben. Die Absicht ist an
der Wachsamkeit unserer Heeresleitung und der Tapfer-
keit unserer Truppen gescheitert. Die russische Armee,
an Zahl fast der bei Metz geschlagenen französischen Ar-
mee gleich, ist über die Grenze zurückgewichen und wird
von unseren Truppen verfolgt. Durch diesen Sieg ist
die Durchführung des gemeinschaftlichen Vormarsches
unserer und der österreichischen Truppen gegen die
Weichsel erleichtert worden. Es geht auf Warschau los!
-
item 14
Ueber 30 000 Russen in Ostpreußen gefangen.
Der Sieg der Oesterreicher. Der Kampf in der Nordsee. Die Opfer vom
Kreuzer "Magdeburg".
1. Spalte
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item 14
Ueber 30 000 Russen in Ostpreußen gefangen.
Der Sieg der Oesterreicher. Der Kampf in der Nordsee. die Opfer vom
Kreuzer "Magdeburg".
1. Spalte
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item 14
Ueber 30 000 Russen in Ostpreußen gefangen.
Der Sieg der Oesterreicher. Der Kampf in der Nordsee. die Opfer vom
Kreuzer "Magdeburg".
Description
Save description- 52.5201126||13.404510699999946||||1
Berlin, Saalfeld, Leipzig
Location(s)
Story location Berlin, Saalfeld, Leipzig
- ID
- 15725 / 166524
- Contributor
- Karl Döbling
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