Zeitungen aus der Kriegszeit 1914, item 14

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 item 14


 Ueber 30 000 Russen in Ostpreußen gefangen.

Der Sieg der Oesterreicher. Der Kampf in der Nordsee. Die Opfer vom

                            Kreuzer "Magdeburg".


 1. Spalte 

    Wie im Westen, so ist nunmehr auch im Osten die

erste große Schlacht geschlagen worden. Der Unterschied

liegt darin, daß sich die Russen in der Offensivstellung

befanden, während wir den Ansturm abzuwehren hatten.

Aus der Richtung von Niemen, wie von der Narew her,

d. h. aus Süden und aus Osten waren erhebliche russische

Streitkräfte im Anmarsche, die zwischen Insterburg und

Graudenz in deutsches Gebiet einzubrechen versuchten.

Ihr Zweck war offenbar, die deutsche Defensive zu durchbrechen,

ehe die siegreich vordringenden Oesterreicher

Verbindung mit uns erlangt haben. Die Absicht ist an

der Wachsamkeit unserer Heeresleitung und der Tapferkeit

unserer Truppen gescheitert. Die russische Armee,

an Zahl fast der bei Metz geschlagenen französischen Armee

gleich,  ist über die Grenze zurückgewichen und wird

von unseren Truppen verfolgt. Durch diesen Sieg ist

die Durchführung des gemeinschaftlichen Vormarsches

unserer und der österreichischen Truppen gegen die

Weichsel erleichtert worden. Es geht auf Warschau los!

    Die  Meldung über den Sieg lautet kurz und knapp:

    WTB. Berlin, 29. August.  Unsere Truppen in

Preußen unter der Führung des Generalobersten Hindenburg

haben die von Narew vorgegangene russische Armee

in Stärke von 5 Armeekorps und 3 Kavalleriedivisionen

in dreitägiger Schlacht bei Gilgenburg-Ortelsburg geschlagen

und verfolgen sie jetzt über die Grenze.

                                         Generalquartiermeister von Stein.

    Die am Sonnabend verbreitete Meldung von dem

großen deutschen Siege über die Russen in Ostpreußen

wird durch folgende neue erfreuliche Nachricht ergänzt:

    WTB. Berlin, 31. August.   Bei den großen

Kämpfen, in denen die russische Armee bei Tannenberg,

Hohenstein und Ortelsburg geworfen wurden,

sind nach vorläufiger Schätzung über 30000 Russen

mit vielen hohen Offizieren in Gefangenschaft

geraten.

    Eine erfreuliche Ergänzung zu der amtlichen Meldung

über das Ergebnis der Schlacht bilden die folgenden

Mitteilungen, die aus amtlichen Quellen Ostpreußens

stammen:

    Der vom Generalquartiermeister in seiner Veröffentlichung

vom 25. August als bevorstehend angekündigte

Entscheidungskampf  hat begonnen. Als Einleitung

erfolgte die Besetzung der Grenzstadt Neidenburg durch

starke russische Kräfte. Die Russen plünderten die Stadt

gründlich und bombardierten sie dann von den benachbarten

Höhen. Den meisten Bürgern Neidenburgs,

das etwa 6000 Einwohner hat, war es gelungen, über

Hohenstein und Allenstein zu fliehen. Das 20. Armeekorps

griff energisch in den Kampf gegen den russischen 

Gegner ein. Die "Allensteiner Zeitung" kann mit amtlicher

Genehmigung darüber melden: Unser tapferes

20. Armeekorps steht seit 24 Stunden im Feuer mit

einem an  Kräften weit überlegenen Gegner. Dank der

Tapferkeit unserer Truppen und Führer ist es den

Russen trotz der gewaltigen Uebermacht nicht gelungen,

unsere Stellungen zu nehmen. Der Kampf hat sich

dann zu einer Riesenschlacht auf der Linie Gilgenburg-

Neidenburg-Ortelsburg entwickelt mit etwa 50 Kilometer

Frontlänge. Hierüber teilt Landrat Hagemann

in Marienburg der "Marienburger Zeitung" mit, daß

zwei russische Armeekorps aufgerieben worden seien.

_____________________________________________________________________________

                                         Kriegsbriefe.

                            Wie ich verwundet wurde

                     Von einem Mitkämpfer bei Lüttich.

. . .  Mitten in dieses Dorfgefecht (Sturm auf Ft.

Fléron) waren wir hineingerissen. Es blitzte aus allen

Häusern, unablässig rollt der Donner der Geschütze, unablässig

geht der Eisenregen nieder. Stockdunkel . . . 

Wie sehnlich wünschen wir den Morgen heran. - Kein

Gegner zu sehen - und doch sinkt Mann neben Mann.

Aus den Mauern der Häuser sind nur winzige Steine

gelöst - ein Flintenlauf ragt durch; in den Fensterladen

ein kleines Loch - der Lauf einer Jagdbüchse

sprüht Flammen heraus - aus den Kellerfenstern, von

den Böden zuckt und flammt und pfeift es . . . Wie

im Hexenkessel . . . Und wir dürfen nicht schießen, um

die Kameraden, die rechts und links vor uns im Gefecht

liegen, nicht zu gefährden . . . Einer neben dem anderen 

sinkt - Aechzen und Stöhnen überall. Hinweg über

einen Haufen zuckender Leiber, vorsichtig - um keinem

wehe zu tun - und um uns blitzt und kracht´s. Aus einem

Eckhaus prasselt uns ein Hagel entgegen. -

Zwanzig, fünfzig Läufe heben sich - , da brülle ich:

"Keinen Schuß, Kerls! Wer kommt mit? Beil her!"

Ein kleiner Musketier reicht mir eine Picke . . . Zehn

braune Kerls drängen hinter mir nach. - Dann ein

paar Hiebe mit Beil und Kolben - die Tür kracht ein

 - von der Decke her zucken Geschosse nieder . . . "Keiner

die Bodentreppe hinauf! Hierbleiben! Streichhölzer

her!" Und schon habe ich ein paar Strohballen vorgerissen,

- fünf Minuten später züngeln die Flammen

aus allen Fenstern. "So, Jungs, nun vorwärts!" -

Hinein wieder in die Dorfgasse . . . Da treffe ich meinen

Kompagnieführer. "Hierher!" schreit er. "Ueber

die Mauer, mir nach!"

    Zwei Kerle heben mich hoch, im Nu haben wir eine

Gartenmauer überstiegen, und stürmen weiter, einer

belgischen Abteilung in den Rücken zu fallen. Mannshohe

Hecken, mit Stacheldraht durchzogen -  vier, fünf

 -  vor uns.  "Her, Kerls," rufe ich, "gebt mir die

Drahtschere!" Ein paar wuchtige Jungens treten

den Schlehdorn ein - ich knipse den Draht durch und gehe

ihnen voran, - meine Hose hängt in Fetzen runter.

Die Hecken werden genommen - auf einmal kracht es

auf uns her - nur wenige Sekunden, dann saust eine

Haubitze in den verruchten  Giebel - Steine spritzen

umher -  das Gemäuer sinkt donnernd zusammen.

Feuer von links! - Da sind die Unsern, sie schießen 

auf uns - sie erkennen uns noch immer nicht. Wir

brüllen ihnen die Losung zu: "Der Kaiser! Der Kaiser!"

 - Sie hören uns nicht in dem Höllenlärm. "Hornist,"

rufe ich, "blasen Sie Signal!" Der brave Junge - er

war von den vierten Jägern, nimmt das Horn und

schmettert: Das Ganze! - Das Ganze! - Da kommt´s

von drüben zurück. Wir erkennen uns - es sind die

27er - ich drücke dem Hauptmann, den ich seit Jahren

kenne, die Hand. - 

                         Heller Morgen, ¼ 7 Uhr (am 6. August).

    Vor uns liegt ein Kohlenbergwerk. Zwei Kohlenhalden

sind einige Meter hoch im Winkel zu einander

aufgeschüttet - da stürmen wir hinauf: Ein Jägerleutnant,

Fortsetzung 2. Spalte Mitte 

_______________________________________________________________

 2. Spalte 

Siegreiches Vordringen der Oesterreicher.

    WTB. Wien, 30. August.  Der Korrespondent des

Neuen Wiener Tagebl. im Hauptquartier meldet: Die

große Schlacht ist heute, am vierten Tage, in vollem

Gange und steht gut für uns. Die linke Flügelgruppe

rückt gegen Lublin und Zamocs langsam aber sicher vor,

stößt aber immer wieder auf den neuverschanzten Gegner

und anstelle von Frontalangriffen sind zeitraubende Umgehungen

nötig. Drei Zügen des Infanterieregiments

Nr. 72 gelang ein rascher Frontalangriff,  bei dem zwei

russische Hauptleute, sechs Subalternoffiziere und 470

Mann gefangen genommen wurden.  Die Kräftegruppe

zwischen Bug und Wieprz griff eine russische Division

von drei Seiten mit Erfolg an, sodaß sie nur unter dem

Schutze der Nacht entkamen. Generalstabshauptmann

Roßmann stürzte mit seinem Flugzeug ab und wurde

getötet. Das Armeeverordnungsblatt veröffentlichte gerade

heute eine Auszeichnung Roßmanns für hervorragend

tapferes Verhalten vor dem Feinde.

    WTB. Wien, 30. August. (Nicht amtlich.)  Soweit

sich bis gestern mittag überblicken ließ, ist das große

Ringen unserer Armee mit den Hauptkräften des russischen

Heeres noch nicht zur Entscheidung herangereift.

Nur die Erfolge der vom General der Kavallerie Viktor

Dankl in der Schlacht bei Krasnik siegreich geführten

Armee sind bereits einigermaßen zu übersehen. In einer

zweiten Schlacht am 27. August, die durch die heldenmütige

Erstürmung einer stark befestigten Stellung auf

den Höhen von  Niedrzwiosduca  gekrönt war, gelang es,

die bei Krasnik zurückgeworfenen russischen Kräfte und

herangeführten Verstärkungen, im ganzen etwa zehn

Divisionen, durch sechs verschiedene Korps neuerlich zu

schlagen. Eines unserer Korps nahm in dieser zweiten

Schlacht einen General, einen Oberst, drei sonstige

Stabspersonen, vierzig Offiziere und zirka 2000 Mann

gefangen und erbeutete wieder sehr viel Kriegsmaterial.

    WTB. Wien, 31. August. Die Schlachten auf dem

östlichen Kriegsschauplatz dauern mit ungeminderter

Heftigkeit fort. Oestlich unserer trotz mehrfacher befestigter

Stellungen des Feindes unaufhaltsam gegen

Lublin vordringenden Armee Dankl haben unsere zwischen

Bug und Wieprz vorgeführten Kräfte am 26. August

den Angriff auf die dem Raume bei Cholm stehenden

starken russischen Kräfte begonnen. Hierbei entwickelten

sich wie bei Krasnik wieder harte, für unsere

angriffsfreudigen Truppen siegreich verlaufende Kämpfe

bei  Zamoid  sowie nördlich und östlich bei Tomaszow.

In diesen Kämpfen wurden ebenso wie in den Schlachten

bei Krasnik tausende von Gefangenen gemacht. 

In Ostgalizien behaupten sich unsere Truppen mit heldenmütiger

Bravour und Zähigkeit gegen sehr starke uns

überlegene feindliche Kräfte. Auf dem südlichen Kriegsschauplatz

haben in letzter Zeit neue Kämpfe stattgefunden. 

                       Der Kampf in der Nordsee.

   Der lange erwartete Zusammenstoß unserer Flotte

mit der englischen ist erfolgt. Die Nordsee bei Helgoland

war der Kampfplatz, wo der Seekrieg heftig tobte.

Der Kampf erfolgte bei unsichtigem Wetter und er zog

sich nach Westen, also nach der englischen Küste zu hin.

Mehrere kleine Kreuzer unserer Flotte stießen todesmutig

vor und gerieten dabei in einen Kampf mit einer

überlegenen starken englischen Flotte. Unsere Schiffe

mußten der Uebermacht weichen, haben den Engländern

aber, wie ein englischer Bericht eingesteht, schwere Beschädigungen

beigebracht. Nach dem, was man sonst von


 Fortsetzung  3. Spalte oben 

________________________________________________________________ 

  Fortsetzung von  1. Spalte  Kriegsbriefe 

ein Kompagniekamerad von mir, Sch., dann

ein riesiger Adjutant von den 27ern, A., ein tapferer

Junge, der nicht mit der Wimper zuckte -  am  Wege

unten bleibt H. zurück, der furchtlose Regimentsadjunkt

vom Regiment Louis Ferdinand, und mit ungefähr 10

Mann nimmt der Hauptmann v. B. die Häuser in unserm

Rücken unter Feuer, er selbst hat den Degen abgelegt

und führt das Gewehr . . .

    Oben von meiner Kohlenhalde sehe ich ein Gehöft

und zum ersten Male belgische Infanterie - sonst waren

die Kerle gelaufen, als sei der Deibel hinter ihnen.

 - Jetzt heben sie die Büchse an die Backe. Ich lasse

das Feuer aufnehmen und beobachte durch das Glas die

Wirkung . . . "Ruhig zielen, Kerls, ihr schießt zu weit"

. . . Zwei schwarze Mäntel sehe ich sich im Sande wälzen.

     "Hols der Deibel!" Sie schießen von rechts her - 

von der anderen Halde . . .  Da steht noch auf unserem

Flügel der lange A. Seine Schärpe flattert, die Quasten

sind schwarz von Kohlenstaub, er schießt auf die Bande

rechts - jetzt knallt´s auch von hintenher aus den

Häusern . . .

    Ich setze das Glas ab und sehe mich um. Da links

am Flügel liegt mein Kamerad Sch., hat einem Verwundeten

das Gewehr abgenommen und schießt nach dem

Gehöft . . .  Rechts von mir - ja, was ist denn das?

Einer nach dem andern "klappt ab" . . . Der läßt den

Kopf vornüber, der rollt den Abhang hinunter, der

schreit . . . Sie schießen wie besessen auf uns. Nun

liegt nur noch einer rechts von mir, eben fängt auch der

an, sich hin und her zu wälzen, Blut quillt aus dem

Rock hervor, ich werde ihm sein Gewehr abnehmen; ich

richte mich auf . . . Donnerwetter, ich fühle einen

Schlag vor der linken Brust: "Kinder, jetzt hat´s mich

auch." . . .

    Ich rutsche den Abhang hinab, das Blut kommt mir

aus dem Munde . . .  hinter einem Steinhaufen finde

ich Deckung vor dem mörderischen Feuer. Ich bitte einen

Soldaten: "Mach mir mal die Feldflasche ab - so -

 - und den Tornister."Einen langen Schluck. Der gute

Kerl öffnet mir den Waffenrock. Ich lehne mich gegen

den Steinhaufen. Ganz warm quillt das Blut hervor;

wie lange kann´s dauern, dann ist´s vorbei. Aus dem

Rocktäschchen ziehe ich das Verbandszeug, öffne es hastig

und drücke es auf die Wunde. Dann warte ich ab,

minutenlang; auf dem Wege vor mir stehen die braven

Kerle und feuern; da ist auch A. noch mit den schwarzen

Quasten. "Kinder, schickt mir doch einen Arzt." Mir

fängt´s an, vor den Augen zu flimmern. Da kommt das

Soldatengefühl: du mußt Dich [sic] wehren, darfst  nicht dich

dumpf in dein Schicksal ergeben. Die Schlacht geht weiter;

hier findet dich keiner . . .

    Mit Schmerzen richte ich mich empor - stülpe mir

den Helm auf den Kopf - die Feldbinde, die Pistole -

das Glas schenke ich einem Soldaten, er braucht´s jetzt

nötiger als ich, und dann meinen Degen - den lasse ich

nicht, er braucht sich meiner nicht zu schämen - so

schleppe ich mich an den Weg. Was geht mich das Pfeifen

an, ich habe meinen Teil. Noch immer stehen die

wackeren Kerle und feuern vom Wege gegen die Kohlenhalde

 - einen winke ich heran -  "Um Gotteswillen,

Herr Leutnant!" . . . "Bringe mich zum Verbandplatz, 

mein Junge." . . . Er gibt mir seinen Arm . . . "Mußt


 3. Spalte 

der englischen Kriegsberichterstattung gewöhnt ist, darf

man ruhig annehmen, daß auch die englischen Schiffe

zum mindesten kampfunfähig geworden sind. Leider

brachte der Kampf den Verlust einiger unserer Schiffe, 

aber ohne Kampf kein Sieg. Die Helden der Nordsee

leben bei uns in treuem Angedenken und als leuchtendes

Beispiel deutscher Seemannstreue fort.

    Unsere Schiff haben, wie Staatssekretär Tirpitz

sagte, die Aufgabe, die deutsche Küste zu schützen, und

diese Aufgabe haben sie bisher glänzend gelöst. Kein

englisches Schiff hat sich bis jetzt den deutschen Gestaden

nähern dürfen, und auch ferner werden unsere blauen

Jungen so scharf auf der Wacht stehen, daß die Engländer

sich allemal blutige Köpfe holen, wenn sie kommen.

    WTB. Berlin, 29. August. Im Laufe des gestrigen

Vormittags sind bei teilweise unsichtigem Wetter mehrere

moderne englische kleine Kreuzer und zwei englische Zerstörerflottillen

(ca. 40 Zerstörer) in der deutschen Bucht

der Nordsee unweit Helgoland aufgetreten. Es kam zu

hartnäckigen Einzelgefechten zwischen ihnen und unsern

leichten Streitkräften. Die deutschen kleinen Kreuzer

drängten lebhaft nach Westen nach und gerieten dabei

infolge der beschränkten Sichtweite ins Gefecht mit

mehreren starken englischen Panzerkreuzern. S. M. S.

"Ariadne" (Kleiner Kreuzer mit 2650 Tonnen Wasser-

verdrängung) sank, von zwei Schlachtschiffkreuzern der

Lion-Klasse auf kurze Entfernung mit schwerer Artillerie

beschossen, nach ehrenvollem Kampfe. Der weitaus größte

Teil der Besatzung, voraussichtlich 250 Köpfe, konnte

gerettet werden.

    Auch das Torpedoboot V 187 ging, von einem kleinen

Kreuzer und den Zerstörern aufs heftigste beschossen, bis

zuletzt feuernd, in die Tiefe. Flottillenchef und Kom-

mandant sind gefallen. Ein beträchtlicher Teil der Besatzung

wurde gerettet. Die kleinen Kreuzer Cöln und

Mainz werden vermißt. Sie sind nach einer heutigen

Reutermeldung aus London gleichfalls im Kampfe mit

überlegenen Gegnern gesunken. Ein Teil  der Be-

satzung, 2 Offiziere und 81 Mann (?) scheinen durch englische

Schiffe gerettet zu sein. Nach der gleichen Quelle

haben die englischen Schiffe schwere Beschädigungen erlitten.

                   Heldenmut unserer blauen Jungen.

    Ueber die heldenmütige Energie, mit der  Torpedo-

boot V 187 sich bis zum letzten Augenblick gegen feindliche

Uebermacht wehrte, gibt der Bericht eines Augenzeugen

Kunde, dem wir folgendes entnehmen:

    V 187 sah sich bei dichtem Wetter ganz unerwartet

zunächst von Norden, dann allerseits von Massen englischer

Torpedobootzerstörer und Unterseebooten angegriffen.

V 187 wehrte sich unverzüglich mit allen Kräften,

da setzten zahllose Geschosse, aus nächster Nähe abgegeben,

die Bewegungsfähigkeit herab. Da keine Mög-

lichkeit vorhanden war, sich dem feindlichen Feuer zu entziehen,

drehte V 187 auf die Feinde zu, um ein Passiergefecht

zu gewinnen und bis zum Ende durchzukämpfen.

Als unter dem Geschoßhagel die Bewegungsfähigkeit

verloren gegangen war, wurde schnell im Innern eine

Sprengung vorgenommen, um das Boot nicht in Feindeshand

fallen zu lassen. Jetzt sank es schnell und während

es sank, stand die Mannschaft bis zum letzten

Augenblick an den noch brauchbaren Geschützen und

feuerte. Der Flottillenchef, Korvettenkapitän Wallis,

und der Kommandant, Kapitänleutnant Zechter fanden

den Heldentod.  Anzuerkennen ist, daß der Gegner ungeachtet

der eigenen Gefahr Beiboote zur Rettung der

Unsrigen aussetzte. Als sich deutsche missing

ten,mußte er sich von missing

denen sie dann die geretteten Deutsche missing

                          Wie die "Ariadne" unterging.

    Vom Untergang S. M. Schiff "Ariadne" gibt der

gleiche Augenzeuge folgendes Bild.

    Vom Kanonendonner gerufen, der ein Gefecht der

Vorposten mit Streitkräften anzeigt, eilt S. M. Schiff 

"Ariadne" zu Hilfe. An der Vorpostenkette entdeckt sie,


 Fortsetzung item 15. 1. Spalte 

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 Fortsetzung von 2. Spalte Kriegsbriefe 

aber langsam mit mir gehen, kann nicht mehr wie

vorhin."

    Um uns pfeift´s und donnert´s . Der gute P. stützt

mich. Wie sagt unser Bismarck?   "Kein deutscher Offizier

läßt seinen Soldaten im Stich - kein deutscher

Soldat seinen Offizier." . . . Nein, weiß Gott nicht! - 

    Auf dem Wege stehen zwei belgische Bauern -  die

lauern auf uns. Wehren kann ich mich jetzt nicht.

"Komm, da in die Hecke hab´ ich vorhin ein Loch getreten

 -  da durch." Ich humple voran - P., das Gewehr

schußbereit, hinterdrein.

    Auf der Dorfstraße . . .  Die Truppen drängen nach

vorn, uns entgegen - sie weichen mir alle aus, die

Braven . . .  Donnerwetter, könnt´ ich noch mit! - 

"Kinder, haut sie in die Pfanne!" (Konnt´s nur leise

sagen,aber sie verstehen´s.)  "Wenn wir sie nur erst haben,

Herr Leutnant!"

    Der belgische Verbandplatz liegt dort. - "Den mag

ich nicht, komm´ bring mich weiter, wir wollen zum

deutschen Lazarett."

    So schleppe ich mich weiter - die Straße hinunter,

wo der Tod so gräßliche Ernte gehalten. Wie liegen

sie doch dicht, so starr, so stumm . . .  Unter 100 Deutschen

ein Belgier . . .  O, diese feige Bande!

    Es greift doch an, dieses Humpeln. - "Seht ihr denn

den Verbandplatz noch nicht, Jungens?"  -  "Er muß

gleich da sein." Tapps - tapps.  "Langsam, Kinder,

sonst tut mir´s weh" - ich hänge mich fester an den

guten P. . . .

    Da steht der General. Er sieht mich, kommt einen

Schritt auf mich zu: "Na, Herr Leutnant, hoffentlich

wird´s wieder!"

    Antworten kann ich nicht - aber, so schwach ich bin,

ich lasse den Arm meines Soldaten frei und lege die

Hand an den Helm. - 

    Das Rote Kreuz! Gottlob - Ich danke dem guten

P. und drücke ihm die Hand . . .  Sie schneiden mir das

Hemd runter, der unermüdliche Stabsarzt verklebt mir

die Wunde.

    Der Verbandsplatz ist nur ein kleiner Raum - drin

liegen sechs, sieben Schwerverwundete und stöhnen und

schreien . . .  So bleibe ich draußen und lehne mich

sitzend an das Haus . . . Wie viele liegen hier. - Drüben

G., der tapfere Leutnant der Radfahrerkompagnie

 - Schuß in den Leib . . .  Er streckt sich - kein Laut

des Schmerzes kommt über seine Lippen - sein

Gesicht ist ganz gelb.

   Neben mir sitzt ein belgischer Offizier -  er hat´s

im Arm und im Bein. -  Immer kommen neue. -

Dort sitzt Kurt W., mein Regimentskamerad - Schuß

ins linke Bein -  aus einem Kellerfenster raus . . . .

    Da bringen sie unseren D. - mit dem ich so manche

Stunde gebechert, gejubelt. - - -  Bis an die Grenze

des Forts Fléron hat er seine Kompagnie geführt.

Drauf los wie ein Held  - der Tapfersten einer - -

nun mitten in die Brust . . . "Gestern noch auf stolzen

Rossen . . . "

     Mich friert. Es ist ein trüber, kalter Morgen, der

Regen säuselt nieder . . .  ich habe aber kein Hemd

mehr, nur noch einen Aermel. Sie decken mir meinen

Waffenrock über, der Belgier läßt mir seinen Mantel

umhängen . . .

 

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 item 14


 Ueber 30 000 Russen in Ostpreußen gefangen.

Der Sieg der Oesterreicher. Der Kampf in der Nordsee. Die Opfer vom

                            Kreuzer "Magdeburg".


 1. Spalte 

    Wie im Westen, so ist nunmehr auch im Osten die

erste große Schlacht geschlagen worden. Der Unterschied

liegt darin, daß sich die Russen in der Offensivstellung

befanden, während wir den Ansturm abzuwehren hatten.

Aus der Richtung von Niemen, wie von der Narew her,

d. h. aus Süden und aus Osten waren erhebliche russische

Streitkräfte im Anmarsche, die zwischen Insterburg und

Graudenz in deutsches Gebiet einzubrechen versuchten.

Ihr Zweck war offenbar, die deutsche Defensive zu durchbrechen,

ehe die siegreich vordringenden Oesterreicher

Verbindung mit uns erlangt haben. Die Absicht ist an

der Wachsamkeit unserer Heeresleitung und der Tapferkeit

unserer Truppen gescheitert. Die russische Armee,

an Zahl fast der bei Metz geschlagenen französischen Armee

gleich,  ist über die Grenze zurückgewichen und wird

von unseren Truppen verfolgt. Durch diesen Sieg ist

die Durchführung des gemeinschaftlichen Vormarsches

unserer und der österreichischen Truppen gegen die

Weichsel erleichtert worden. Es geht auf Warschau los!

    Die  Meldung über den Sieg lautet kurz und knapp:

    WTB. Berlin, 29. August.  Unsere Truppen in

Preußen unter der Führung des Generalobersten Hindenburg

haben die von Narew vorgegangene russische Armee

in Stärke von 5 Armeekorps und 3 Kavalleriedivisionen

in dreitägiger Schlacht bei Gilgenburg-Ortelsburg geschlagen

und verfolgen sie jetzt über die Grenze.

                                         Generalquartiermeister von Stein.

    Die am Sonnabend verbreitete Meldung von dem

großen deutschen Siege über die Russen in Ostpreußen

wird durch folgende neue erfreuliche Nachricht ergänzt:

    WTB. Berlin, 31. August.   Bei den großen

Kämpfen, in denen die russische Armee bei Tannenberg,

Hohenstein und Ortelsburg geworfen wurden,

sind nach vorläufiger Schätzung über 30000 Russen

mit vielen hohen Offizieren in Gefangenschaft

geraten.

    Eine erfreuliche Ergänzung zu der amtlichen Meldung

über das Ergebnis der Schlacht bilden die folgenden

Mitteilungen, die aus amtlichen Quellen Ostpreußens

stammen:

    Der vom Generalquartiermeister in seiner Veröffentlichung

vom 25. August als bevorstehend angekündigte

Entscheidungskampf  hat begonnen. Als Einleitung

erfolgte die Besetzung der Grenzstadt Neidenburg durch

starke russische Kräfte. Die Russen plünderten die Stadt

gründlich und bombardierten sie dann von den benachbarten

Höhen. Den meisten Bürgern Neidenburgs,

das etwa 6000 Einwohner hat, war es gelungen, über

Hohenstein und Allenstein zu fliehen. Das 20. Armeekorps

griff energisch in den Kampf gegen den russischen 

Gegner ein. Die "Allensteiner Zeitung" kann mit amtlicher

Genehmigung darüber melden: Unser tapferes

20. Armeekorps steht seit 24 Stunden im Feuer mit

einem an  Kräften weit überlegenen Gegner. Dank der

Tapferkeit unserer Truppen und Führer ist es den

Russen trotz der gewaltigen Uebermacht nicht gelungen,

unsere Stellungen zu nehmen. Der Kampf hat sich

dann zu einer Riesenschlacht auf der Linie Gilgenburg-

Neidenburg-Ortelsburg entwickelt mit etwa 50 Kilometer

Frontlänge. Hierüber teilt Landrat Hagemann

in Marienburg der "Marienburger Zeitung" mit, daß

zwei russische Armeekorps aufgerieben worden seien.

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                                         Kriegsbriefe.

                            Wie ich verwundet wurde

                     Von einem Mitkämpfer bei Lüttich.

. . .  Mitten in dieses Dorfgefecht (Sturm auf Ft.

Fléron) waren wir hineingerissen. Es blitzte aus allen

Häusern, unablässig rollt der Donner der Geschütze, unablässig

geht der Eisenregen nieder. Stockdunkel . . . 

Wie sehnlich wünschen wir den Morgen heran. - Kein

Gegner zu sehen - und doch sinkt Mann neben Mann.

Aus den Mauern der Häuser sind nur winzige Steine

gelöst - ein Flintenlauf ragt durch; in den Fensterladen

ein kleines Loch - der Lauf einer Jagdbüchse

sprüht Flammen heraus - aus den Kellerfenstern, von

den Böden zuckt und flammt und pfeift es . . . Wie

im Hexenkessel . . . Und wir dürfen nicht schießen, um

die Kameraden, die rechts und links vor uns im Gefecht

liegen, nicht zu gefährden . . . Einer neben dem anderen 

sinkt - Aechzen und Stöhnen überall. Hinweg über

einen Haufen zuckender Leiber, vorsichtig - um keinem

wehe zu tun - und um uns blitzt und kracht´s. Aus einem

Eckhaus prasselt uns ein Hagel entgegen. -

Zwanzig, fünfzig Läufe heben sich - , da brülle ich:

"Keinen Schuß, Kerls! Wer kommt mit? Beil her!"

Ein kleiner Musketier reicht mir eine Picke . . . Zehn

braune Kerls drängen hinter mir nach. - Dann ein

paar Hiebe mit Beil und Kolben - die Tür kracht ein

 - von der Decke her zucken Geschosse nieder . . . "Keiner

die Bodentreppe hinauf! Hierbleiben! Streichhölzer

her!" Und schon habe ich ein paar Strohballen vorgerissen,

- fünf Minuten später züngeln die Flammen

aus allen Fenstern. "So, Jungs, nun vorwärts!" -

Hinein wieder in die Dorfgasse . . . Da treffe ich meinen

Kompagnieführer. "Hierher!" schreit er. "Ueber

die Mauer, mir nach!"

    Zwei Kerle heben mich hoch, im Nu haben wir eine

Gartenmauer überstiegen, und stürmen weiter, einer

belgischen Abteilung in den Rücken zu fallen. Mannshohe

Hecken, mit Stacheldraht durchzogen -  vier, fünf

 -  vor uns.  "Her, Kerls," rufe ich, "gebt mir die

Drahtschere!" Ein paar wuchtige Jungens treten

den Schlehdorn ein - ich knipse den Draht durch und gehe

ihnen voran, - meine Hose hängt in Fetzen runter.

Die Hecken werden genommen - auf einmal kracht es

auf uns her - nur wenige Sekunden, dann saust eine

Haubitze in den verruchten  Giebel - Steine spritzen

umher -  das Gemäuer sinkt donnernd zusammen.

Feuer von links! - Da sind die Unsern, sie schießen 

auf uns - sie erkennen uns noch immer nicht. Wir

brüllen ihnen die Losung zu: "Der Kaiser! Der Kaiser!"

 - Sie hören uns nicht in dem Höllenlärm. "Hornist,"

rufe ich, "blasen Sie Signal!" Der brave Junge - er

war von den vierten Jägern, nimmt das Horn und

schmettert: Das Ganze! - Das Ganze! - Da kommt´s

von drüben zurück. Wir erkennen uns - es sind die

27er - ich drücke dem Hauptmann, den ich seit Jahren

kenne, die Hand. - 

                         Heller Morgen, ¼ 7 Uhr (am 6. August).

    Vor uns liegt ein Kohlenbergwerk. Zwei Kohlenhalden

sind einige Meter hoch im Winkel zu einander

aufgeschüttet - da stürmen wir hinauf: Ein Jägerleutnant,

Fortsetzung 2. Spalte Mitte 

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 2. Spalte 

Siegreiches Vordringen der Oesterreicher.

    WTB. Wien, 30. August.  Der Korrespondent des

Neuen Wiener Tagebl. im Hauptquartier meldet: Die

große Schlacht ist heute, am vierten Tage, in vollem

Gange und steht gut für uns. Die linke Flügelgruppe

rückt gegen Lublin und Zamocs langsam aber sicher vor,

stößt aber immer wieder auf den neuverschanzten Gegner

und anstelle von Frontalangriffen sind zeitraubende Umgehungen

nötig. Drei Zügen des Infanterieregiments

Nr. 72 gelang ein rascher Frontalangriff,  bei dem zwei

russische Hauptleute, sechs Subalternoffiziere und 470

Mann gefangen genommen wurden.  Die Kräftegruppe

zwischen Bug und Wieprz griff eine russische Division

von drei Seiten mit Erfolg an, sodaß sie nur unter dem

Schutze der Nacht entkamen. Generalstabshauptmann

Roßmann stürzte mit seinem Flugzeug ab und wurde

getötet. Das Armeeverordnungsblatt veröffentlichte gerade

heute eine Auszeichnung Roßmanns für hervorragend

tapferes Verhalten vor dem Feinde.

    WTB. Wien, 30. August. (Nicht amtlich.)  Soweit

sich bis gestern mittag überblicken ließ, ist das große

Ringen unserer Armee mit den Hauptkräften des russischen

Heeres noch nicht zur Entscheidung herangereift.

Nur die Erfolge der vom General der Kavallerie Viktor

Dankl in der Schlacht bei Krasnik siegreich geführten

Armee sind bereits einigermaßen zu übersehen. In einer

zweiten Schlacht am 27. August, die durch die heldenmütige

Erstürmung einer stark befestigten Stellung auf

den Höhen von  Niedrzwiosduca  gekrönt war, gelang es,

die bei Krasnik zurückgeworfenen russischen Kräfte und

herangeführten Verstärkungen, im ganzen etwa zehn

Divisionen, durch sechs verschiedene Korps neuerlich zu

schlagen. Eines unserer Korps nahm in dieser zweiten

Schlacht einen General, einen Oberst, drei sonstige

Stabspersonen, vierzig Offiziere und zirka 2000 Mann

gefangen und erbeutete wieder sehr viel Kriegsmaterial.

    WTB. Wien, 31. August. Die Schlachten auf dem

östlichen Kriegsschauplatz dauern mit ungeminderter

Heftigkeit fort. Oestlich unserer trotz mehrfacher befestigter

Stellungen des Feindes unaufhaltsam gegen

Lublin vordringenden Armee Dankl haben unsere zwischen

Bug und Wieprz vorgeführten Kräfte am 26. August

den Angriff auf die dem Raume bei Cholm stehenden

starken russischen Kräfte begonnen. Hierbei entwickelten

sich wie bei Krasnik wieder harte, für unsere

angriffsfreudigen Truppen siegreich verlaufende Kämpfe

bei  Zamoid  sowie nördlich und östlich bei Tomaszow.

In diesen Kämpfen wurden ebenso wie in den Schlachten

bei Krasnik tausende von Gefangenen gemacht. 

In Ostgalizien behaupten sich unsere Truppen mit heldenmütiger

Bravour und Zähigkeit gegen sehr starke uns

überlegene feindliche Kräfte. Auf dem südlichen Kriegsschauplatz

haben in letzter Zeit neue Kämpfe stattgefunden. 

                       Der Kampf in der Nordsee.

   Der lange erwartete Zusammenstoß unserer Flotte

mit der englischen ist erfolgt. Die Nordsee bei Helgoland

war der Kampfplatz, wo der Seekrieg heftig tobte.

Der Kampf erfolgte bei unsichtigem Wetter und er zog

sich nach Westen, also nach der englischen Küste zu hin.

Mehrere kleine Kreuzer unserer Flotte stießen todesmutig

vor und gerieten dabei in einen Kampf mit einer

überlegenen starken englischen Flotte. Unsere Schiffe

mußten der Uebermacht weichen, haben den Engländern

aber, wie ein englischer Bericht eingesteht, schwere Beschädigungen

beigebracht. Nach dem, was man sonst von


 Fortsetzung  3. Spalte oben 

________________________________________________________________ 

  Fortsetzung von  1. Spalte  Kriegsbriefe 

ein Kompagniekamerad von mir, Sch., dann

ein riesiger Adjutant von den 27ern, A., ein tapferer

Junge, der nicht mit der Wimper zuckte -  am  Wege

unten bleibt H. zurück, der furchtlose Regimentsadjunkt

vom Regiment Louis Ferdinand, und mit ungefähr 10

Mann nimmt der Hauptmann v. B. die Häuser in unserm

Rücken unter Feuer, er selbst hat den Degen abgelegt

und führt das Gewehr . . .

    Oben von meiner Kohlenhalde sehe ich ein Gehöft

und zum ersten Male belgische Infanterie - sonst waren

die Kerle gelaufen, als sei der Deibel hinter ihnen.

 - Jetzt heben sie die Büchse an die Backe. Ich lasse

das Feuer aufnehmen und beobachte durch das Glas die

Wirkung . . . "Ruhig zielen, Kerls, ihr schießt zu weit"

. . . Zwei schwarze Mäntel sehe ich sich im Sande wälzen.

     "Hols der Deibel!" Sie schießen von rechts her - 

von der anderen Halde . . .  Da steht noch auf unserem

Flügel der lange A. Seine Schärpe flattert, die Quasten

sind schwarz von Kohlenstaub, er schießt auf die Bande

rechts - jetzt knallt´s auch von hintenher aus den

Häusern . . .

    Ich setze das Glas ab und sehe mich um. Da links

am Flügel liegt mein Kamerad Sch., hat einem Verwundeten

das Gewehr abgenommen und schießt nach dem

Gehöft . . .  Rechts von mir - ja, was ist denn das?

Einer nach dem andern "klappt ab" . . . Der läßt den

Kopf vornüber, der rollt den Abhang hinunter, der

schreit . . . Sie schießen wie besessen auf uns. Nun

liegt nur noch einer rechts von mir, eben fängt auch der

an, sich hin und her zu wälzen, Blut quillt aus dem

Rock hervor, ich werde ihm sein Gewehr abnehmen; ich

richte mich auf . . . Donnerwetter, ich fühle einen

Schlag vor der linken Brust: "Kinder, jetzt hat´s mich

auch." . . .

    Ich rutsche den Abhang hinab, das Blut kommt mir

aus dem Munde . . .  hinter einem Steinhaufen finde

ich Deckung vor dem mörderischen Feuer. Ich bitte einen

Soldaten: "Mach mir mal die Feldflasche ab - so -

 - und den Tornister."Einen langen Schluck. Der gute

Kerl öffnet mir den Waffenrock. Ich lehne mich gegen

den Steinhaufen. Ganz warm quillt das Blut hervor;

wie lange kann´s dauern, dann ist´s vorbei. Aus dem

Rocktäschchen ziehe ich das Verbandszeug, öffne es hastig

und drücke es auf die Wunde. Dann warte ich ab,

minutenlang; auf dem Wege vor mir stehen die braven

Kerle und feuern; da ist auch A. noch mit den schwarzen

Quasten. "Kinder, schickt mir doch einen Arzt." Mir

fängt´s an, vor den Augen zu flimmern. Da kommt das

Soldatengefühl: du mußt Dich [sic] wehren, darfst  nicht dich

dumpf in dein Schicksal ergeben. Die Schlacht geht weiter;

hier findet dich keiner . . .

    Mit Schmerzen richte ich mich empor - stülpe mir

den Helm auf den Kopf - die Feldbinde, die Pistole -

das Glas schenke ich einem Soldaten, er braucht´s jetzt

nötiger als ich, und dann meinen Degen - den lasse ich

nicht, er braucht sich meiner nicht zu schämen - so

schleppe ich mich an den Weg. Was geht mich das Pfeifen

an, ich habe meinen Teil. Noch immer stehen die

wackeren Kerle und feuern vom Wege gegen die Kohlenhalde

 - einen winke ich heran -  "Um Gotteswillen,

Herr Leutnant!" . . . "Bringe mich zum Verbandplatz, 

mein Junge." . . . Er gibt mir seinen Arm . . . "Mußt


 3. Spalte 

der englischen Kriegsberichterstattung gewöhnt ist, darf

man ruhig annehmen, daß auch die englischen Schiffe

zum mindesten kampfunfähig geworden sind. Leider

brachte der Kampf den Verlust einiger unserer Schiffe, 

aber ohne Kampf kein Sieg. Die Helden der Nordsee

leben bei uns in treuem Angedenken und als leuchtendes

Beispiel deutscher Seemannstreue fort.

    Unsere Schiff haben, wie Staatssekretär Tirpitz

sagte, die Aufgabe, die deutsche Küste zu schützen, und

diese Aufgabe haben sie bisher glänzend gelöst. Kein

englisches Schiff hat sich bis jetzt den deutschen Gestaden

nähern dürfen, und auch ferner werden unsere blauen

Jungen so scharf auf der Wacht stehen, daß die Engländer

sich allemal blutige Köpfe holen, wenn sie kommen.

    WTB. Berlin, 29. August. Im Laufe des gestrigen

Vormittags sind bei teilweise unsichtigem Wetter mehrere

moderne englische kleine Kreuzer und zwei englische Zerstörerflottillen

(ca. 40 Zerstörer) in der deutschen Bucht

der Nordsee unweit Helgoland aufgetreten. Es kam zu

hartnäckigen Einzelgefechten zwischen ihnen und unsern

leichten Streitkräften. Die deutschen kleinen Kreuzer

drängten lebhaft nach Westen nach und gerieten dabei

infolge der beschränkten Sichtweite ins Gefecht mit

mehreren starken englischen Panzerkreuzern. S. M. S.

"Ariadne" (Kleiner Kreuzer mit 2650 Tonnen Wasser-

verdrängung) sank, von zwei Schlachtschiffkreuzern der

Lion-Klasse auf kurze Entfernung mit schwerer Artillerie

beschossen, nach ehrenvollem Kampfe. Der weitaus größte

Teil der Besatzung, voraussichtlich 250 Köpfe, konnte

gerettet werden.

    Auch das Torpedoboot V 187 ging, von einem kleinen

Kreuzer und den Zerstörern aufs heftigste beschossen, bis

zuletzt feuernd, in die Tiefe. Flottillenchef und Kom-

mandant sind gefallen. Ein beträchtlicher Teil der Besatzung

wurde gerettet. Die kleinen Kreuzer Cöln und

Mainz werden vermißt. Sie sind nach einer heutigen

Reutermeldung aus London gleichfalls im Kampfe mit

überlegenen Gegnern gesunken. Ein Teil  der Be-

satzung, 2 Offiziere und 81 Mann (?) scheinen durch englische

Schiffe gerettet zu sein. Nach der gleichen Quelle

haben die englischen Schiffe schwere Beschädigungen erlitten.

                   Heldenmut unserer blauen Jungen.

    Ueber die heldenmütige Energie, mit der  Torpedo-

boot V 187 sich bis zum letzten Augenblick gegen feindliche

Uebermacht wehrte, gibt der Bericht eines Augenzeugen

Kunde, dem wir folgendes entnehmen:

    V 187 sah sich bei dichtem Wetter ganz unerwartet

zunächst von Norden, dann allerseits von Massen englischer

Torpedobootzerstörer und Unterseebooten angegriffen.

V 187 wehrte sich unverzüglich mit allen Kräften,

da setzten zahllose Geschosse, aus nächster Nähe abgegeben,

die Bewegungsfähigkeit herab. Da keine Mög-

lichkeit vorhanden war, sich dem feindlichen Feuer zu entziehen,

drehte V 187 auf die Feinde zu, um ein Passiergefecht

zu gewinnen und bis zum Ende durchzukämpfen.

Als unter dem Geschoßhagel die Bewegungsfähigkeit

verloren gegangen war, wurde schnell im Innern eine

Sprengung vorgenommen, um das Boot nicht in Feindeshand

fallen zu lassen. Jetzt sank es schnell und während

es sank, stand die Mannschaft bis zum letzten

Augenblick an den noch brauchbaren Geschützen und

feuerte. Der Flottillenchef, Korvettenkapitän Wallis,

und der Kommandant, Kapitänleutnant Zechter fanden

den Heldentod.  Anzuerkennen ist, daß der Gegner ungeachtet

der eigenen Gefahr Beiboote zur Rettung der

Unsrigen aussetzte. Als sich deutsche missing

ten,mußte er sich von missing

denen sie dann die geretteten Deutsche missing

                          Wie die "Ariadne" unterging.

    Vom Untergang S. M. Schiff "Ariadne" gibt der

gleiche Augenzeuge folgendes Bild.

    Vom Kanonendonner gerufen, der ein Gefecht der

Vorposten mit Streitkräften anzeigt, eilt S. M. Schiff 

"Ariadne" zu Hilfe. An der Vorpostenkette entdeckt sie,


 Fortsetzung item 15. 1. Spalte 

_______________________________________________________________

 Fortsetzung von 2. Spalte Kriegsbriefe 

aber langsam mit mir gehen, kann nicht mehr wie

vorhin."

    Um uns pfeift´s und donnert´s . Der gute P. stützt

mich. Wie sagt unser Bismarck?   "Kein deutscher Offizier

läßt seinen Soldaten im Stich - kein deutscher

Soldat seinen Offizier." . . . Nein, weiß Gott nicht! - 

    Auf dem Wege stehen zwei belgische Bauern -  die

lauern auf uns. Wehren kann ich mich jetzt nicht.

"Komm, da in die Hecke hab´ ich vorhin ein Loch getreten

 -  da durch." Ich humple voran - P., das Gewehr

schußbereit, hinterdrein.

    Auf der Dorfstraße . . .  Die Truppen drängen nach

vorn, uns entgegen - sie weichen mir alle aus, die

Braven . . .  Donnerwetter, könnt´ ich noch mit! - 

"Kinder, haut sie in die Pfanne!" (Konnt´s nur leise

sagen,aber sie verstehen´s.)  "Wenn wir sie nur erst haben,

Herr Leutnant!"

    Der belgische Verbandplatz liegt dort. - "Den mag

ich nicht, komm´ bring mich weiter, wir wollen zum

deutschen Lazarett."

    So schleppe ich mich weiter - die Straße hinunter,

wo der Tod so gräßliche Ernte gehalten. Wie liegen

sie doch dicht, so starr, so stumm . . .  Unter 100 Deutschen

ein Belgier . . .  O, diese feige Bande!

    Es greift doch an, dieses Humpeln. - "Seht ihr denn

den Verbandplatz noch nicht, Jungens?"  -  "Er muß

gleich da sein." Tapps - tapps.  "Langsam, Kinder,

sonst tut mir´s weh" - ich hänge mich fester an den

guten P. . . .

    Da steht der General. Er sieht mich, kommt einen

Schritt auf mich zu: "Na, Herr Leutnant, hoffentlich

wird´s wieder!"

    Antworten kann ich nicht - aber, so schwach ich bin,

ich lasse den Arm meines Soldaten frei und lege die

Hand an den Helm. - 

    Das Rote Kreuz! Gottlob - Ich danke dem guten

P. und drücke ihm die Hand . . .  Sie schneiden mir das

Hemd runter, der unermüdliche Stabsarzt verklebt mir

die Wunde.

    Der Verbandsplatz ist nur ein kleiner Raum - drin

liegen sechs, sieben Schwerverwundete und stöhnen und

schreien . . .  So bleibe ich draußen und lehne mich

sitzend an das Haus . . . Wie viele liegen hier. - Drüben

G., der tapfere Leutnant der Radfahrerkompagnie

 - Schuß in den Leib . . .  Er streckt sich - kein Laut

des Schmerzes kommt über seine Lippen - sein

Gesicht ist ganz gelb.

   Neben mir sitzt ein belgischer Offizier -  er hat´s

im Arm und im Bein. -  Immer kommen neue. -

Dort sitzt Kurt W., mein Regimentskamerad - Schuß

ins linke Bein -  aus einem Kellerfenster raus . . . .

    Da bringen sie unseren D. - mit dem ich so manche

Stunde gebechert, gejubelt. - - -  Bis an die Grenze

des Forts Fléron hat er seine Kompagnie geführt.

Drauf los wie ein Held  - der Tapfersten einer - -

nun mitten in die Brust . . . "Gestern noch auf stolzen

Rossen . . . "

     Mich friert. Es ist ein trüber, kalter Morgen, der

Regen säuselt nieder . . .  ich habe aber kein Hemd

mehr, nur noch einen Aermel. Sie decken mir meinen

Waffenrock über, der Belgier läßt mir seinen Mantel

umhängen . . .

 


Transcription history
  • September 8, 2017 19:45:52 Beate Jochem

     item 14


     Ueber 30 000 Russen in Ostpreußen gefangen.

    Der Sieg der Oesterreicher. Der Kampf in der Nordsee. Die Opfer vom

                                Kreuzer "Magdeburg".


     1. Spalte 

        Wie im Westen, so ist nunmehr auch im Osten die

    erste große Schlacht geschlagen worden. Der Unterschied

    liegt darin, daß sich die Russen in der Offensivstellung

    befanden, während wir den Ansturm abzuwehren hatten.

    Aus der Richtung von Niemen, wie von der Narew her,

    d. h. aus Süden und aus Osten waren erhebliche russische

    Streitkräfte im Anmarsche, die zwischen Insterburg und

    Graudenz in deutsches Gebiet einzubrechen versuchten.

    Ihr Zweck war offenbar, die deutsche Defensive zu durchbrechen,

    ehe die siegreich vordringenden Oesterreicher

    Verbindung mit uns erlangt haben. Die Absicht ist an

    der Wachsamkeit unserer Heeresleitung und der Tapferkeit

    unserer Truppen gescheitert. Die russische Armee,

    an Zahl fast der bei Metz geschlagenen französischen Armee

    gleich,  ist über die Grenze zurückgewichen und wird

    von unseren Truppen verfolgt. Durch diesen Sieg ist

    die Durchführung des gemeinschaftlichen Vormarsches

    unserer und der österreichischen Truppen gegen die

    Weichsel erleichtert worden. Es geht auf Warschau los!

        Die  Meldung über den Sieg lautet kurz und knapp:

        WTB. Berlin, 29. August.  Unsere Truppen in

    Preußen unter der Führung des Generalobersten Hindenburg

    haben die von Narew vorgegangene russische Armee

    in Stärke von 5 Armeekorps und 3 Kavalleriedivisionen

    in dreitägiger Schlacht bei Gilgenburg-Ortelsburg geschlagen

    und verfolgen sie jetzt über die Grenze.

                                             Generalquartiermeister von Stein.

        Die am Sonnabend verbreitete Meldung von dem

    großen deutschen Siege über die Russen in Ostpreußen

    wird durch folgende neue erfreuliche Nachricht ergänzt:

        WTB. Berlin, 31. August.   Bei den großen

    Kämpfen, in denen die russische Armee bei Tannenberg,

    Hohenstein und Ortelsburg geworfen wurden,

    sind nach vorläufiger Schätzung über 30000 Russen

    mit vielen hohen Offizieren in Gefangenschaft

    geraten.

        Eine erfreuliche Ergänzung zu der amtlichen Meldung

    über das Ergebnis der Schlacht bilden die folgenden

    Mitteilungen, die aus amtlichen Quellen Ostpreußens

    stammen:

        Der vom Generalquartiermeister in seiner Veröffentlichung

    vom 25. August als bevorstehend angekündigte

    Entscheidungskampf  hat begonnen. Als Einleitung

    erfolgte die Besetzung der Grenzstadt Neidenburg durch

    starke russische Kräfte. Die Russen plünderten die Stadt

    gründlich und bombardierten sie dann von den benachbarten

    Höhen. Den meisten Bürgern Neidenburgs,

    das etwa 6000 Einwohner hat, war es gelungen, über

    Hohenstein und Allenstein zu fliehen. Das 20. Armeekorps

    griff energisch in den Kampf gegen den russischen 

    Gegner ein. Die "Allensteiner Zeitung" kann mit amtlicher

    Genehmigung darüber melden: Unser tapferes

    20. Armeekorps steht seit 24 Stunden im Feuer mit

    einem an  Kräften weit überlegenen Gegner. Dank der

    Tapferkeit unserer Truppen und Führer ist es den

    Russen trotz der gewaltigen Uebermacht nicht gelungen,

    unsere Stellungen zu nehmen. Der Kampf hat sich

    dann zu einer Riesenschlacht auf der Linie Gilgenburg-

    Neidenburg-Ortelsburg entwickelt mit etwa 50 Kilometer

    Frontlänge. Hierüber teilt Landrat Hagemann

    in Marienburg der "Marienburger Zeitung" mit, daß

    zwei russische Armeekorps aufgerieben worden seien.

    _____________________________________________________________________________

                                             Kriegsbriefe.

                                Wie ich verwundet wurde

                         Von einem Mitkämpfer bei Lüttich.

    . . .  Mitten in dieses Dorfgefecht (Sturm auf Ft.

    Fléron) waren wir hineingerissen. Es blitzte aus allen

    Häusern, unablässig rollt der Donner der Geschütze, unablässig

    geht der Eisenregen nieder. Stockdunkel . . . 

    Wie sehnlich wünschen wir den Morgen heran. - Kein

    Gegner zu sehen - und doch sinkt Mann neben Mann.

    Aus den Mauern der Häuser sind nur winzige Steine

    gelöst - ein Flintenlauf ragt durch; in den Fensterladen

    ein kleines Loch - der Lauf einer Jagdbüchse

    sprüht Flammen heraus - aus den Kellerfenstern, von

    den Böden zuckt und flammt und pfeift es . . . Wie

    im Hexenkessel . . . Und wir dürfen nicht schießen, um

    die Kameraden, die rechts und links vor uns im Gefecht

    liegen, nicht zu gefährden . . . Einer neben dem anderen 

    sinkt - Aechzen und Stöhnen überall. Hinweg über

    einen Haufen zuckender Leiber, vorsichtig - um keinem

    wehe zu tun - und um uns blitzt und kracht´s. Aus einem

    Eckhaus prasselt uns ein Hagel entgegen. -

    Zwanzig, fünfzig Läufe heben sich - , da brülle ich:

    "Keinen Schuß, Kerls! Wer kommt mit? Beil her!"

    Ein kleiner Musketier reicht mir eine Picke . . . Zehn

    braune Kerls drängen hinter mir nach. - Dann ein

    paar Hiebe mit Beil und Kolben - die Tür kracht ein

     - von der Decke her zucken Geschosse nieder . . . "Keiner

    die Bodentreppe hinauf! Hierbleiben! Streichhölzer

    her!" Und schon habe ich ein paar Strohballen vorgerissen,

    - fünf Minuten später züngeln die Flammen

    aus allen Fenstern. "So, Jungs, nun vorwärts!" -

    Hinein wieder in die Dorfgasse . . . Da treffe ich meinen

    Kompagnieführer. "Hierher!" schreit er. "Ueber

    die Mauer, mir nach!"

        Zwei Kerle heben mich hoch, im Nu haben wir eine

    Gartenmauer überstiegen, und stürmen weiter, einer

    belgischen Abteilung in den Rücken zu fallen. Mannshohe

    Hecken, mit Stacheldraht durchzogen -  vier, fünf

     -  vor uns.  "Her, Kerls," rufe ich, "gebt mir die

    Drahtschere!" Ein paar wuchtige Jungens treten

    den Schlehdorn ein - ich knipse den Draht durch und gehe

    ihnen voran, - meine Hose hängt in Fetzen runter.

    Die Hecken werden genommen - auf einmal kracht es

    auf uns her - nur wenige Sekunden, dann saust eine

    Haubitze in den verruchten  Giebel - Steine spritzen

    umher -  das Gemäuer sinkt donnernd zusammen.

    Feuer von links! - Da sind die Unsern, sie schießen 

    auf uns - sie erkennen uns noch immer nicht. Wir

    brüllen ihnen die Losung zu: "Der Kaiser! Der Kaiser!"

     - Sie hören uns nicht in dem Höllenlärm. "Hornist,"

    rufe ich, "blasen Sie Signal!" Der brave Junge - er

    war von den vierten Jägern, nimmt das Horn und

    schmettert: Das Ganze! - Das Ganze! - Da kommt´s

    von drüben zurück. Wir erkennen uns - es sind die

    27er - ich drücke dem Hauptmann, den ich seit Jahren

    kenne, die Hand. - 

                             Heller Morgen, ¼ 7 Uhr (am 6. August).

        Vor uns liegt ein Kohlenbergwerk. Zwei Kohlenhalden

    sind einige Meter hoch im Winkel zu einander

    aufgeschüttet - da stürmen wir hinauf: Ein Jägerleutnant,

    Fortsetzung 2. Spalte Mitte 

    _______________________________________________________________

     2. Spalte 

    Siegreiches Vordringen der Oesterreicher.

        WTB. Wien, 30. August.  Der Korrespondent des

    Neuen Wiener Tagebl. im Hauptquartier meldet: Die

    große Schlacht ist heute, am vierten Tage, in vollem

    Gange und steht gut für uns. Die linke Flügelgruppe

    rückt gegen Lublin und Zamocs langsam aber sicher vor,

    stößt aber immer wieder auf den neuverschanzten Gegner

    und anstelle von Frontalangriffen sind zeitraubende Umgehungen

    nötig. Drei Zügen des Infanterieregiments

    Nr. 72 gelang ein rascher Frontalangriff,  bei dem zwei

    russische Hauptleute, sechs Subalternoffiziere und 470

    Mann gefangen genommen wurden.  Die Kräftegruppe

    zwischen Bug und Wieprz griff eine russische Division

    von drei Seiten mit Erfolg an, sodaß sie nur unter dem

    Schutze der Nacht entkamen. Generalstabshauptmann

    Roßmann stürzte mit seinem Flugzeug ab und wurde

    getötet. Das Armeeverordnungsblatt veröffentlichte gerade

    heute eine Auszeichnung Roßmanns für hervorragend

    tapferes Verhalten vor dem Feinde.

        WTB. Wien, 30. August. (Nicht amtlich.)  Soweit

    sich bis gestern mittag überblicken ließ, ist das große

    Ringen unserer Armee mit den Hauptkräften des russischen

    Heeres noch nicht zur Entscheidung herangereift.

    Nur die Erfolge der vom General der Kavallerie Viktor

    Dankl in der Schlacht bei Krasnik siegreich geführten

    Armee sind bereits einigermaßen zu übersehen. In einer

    zweiten Schlacht am 27. August, die durch die heldenmütige

    Erstürmung einer stark befestigten Stellung auf

    den Höhen von  Niedrzwiosduca  gekrönt war, gelang es,

    die bei Krasnik zurückgeworfenen russischen Kräfte und

    herangeführten Verstärkungen, im ganzen etwa zehn

    Divisionen, durch sechs verschiedene Korps neuerlich zu

    schlagen. Eines unserer Korps nahm in dieser zweiten

    Schlacht einen General, einen Oberst, drei sonstige

    Stabspersonen, vierzig Offiziere und zirka 2000 Mann

    gefangen und erbeutete wieder sehr viel Kriegsmaterial.

        WTB. Wien, 31. August. Die Schlachten auf dem

    östlichen Kriegsschauplatz dauern mit ungeminderter

    Heftigkeit fort. Oestlich unserer trotz mehrfacher befestigter

    Stellungen des Feindes unaufhaltsam gegen

    Lublin vordringenden Armee Dankl haben unsere zwischen

    Bug und Wieprz vorgeführten Kräfte am 26. August

    den Angriff auf die dem Raume bei Cholm stehenden

    starken russischen Kräfte begonnen. Hierbei entwickelten

    sich wie bei Krasnik wieder harte, für unsere

    angriffsfreudigen Truppen siegreich verlaufende Kämpfe

    bei  Zamoid  sowie nördlich und östlich bei Tomaszow.

    In diesen Kämpfen wurden ebenso wie in den Schlachten

    bei Krasnik tausende von Gefangenen gemacht. 

    In Ostgalizien behaupten sich unsere Truppen mit heldenmütiger

    Bravour und Zähigkeit gegen sehr starke uns

    überlegene feindliche Kräfte. Auf dem südlichen Kriegsschauplatz

    haben in letzter Zeit neue Kämpfe stattgefunden. 

                           Der Kampf in der Nordsee.

       Der lange erwartete Zusammenstoß unserer Flotte

    mit der englischen ist erfolgt. Die Nordsee bei Helgoland

    war der Kampfplatz, wo der Seekrieg heftig tobte.

    Der Kampf erfolgte bei unsichtigem Wetter und er zog

    sich nach Westen, also nach der englischen Küste zu hin.

    Mehrere kleine Kreuzer unserer Flotte stießen todesmutig

    vor und gerieten dabei in einen Kampf mit einer

    überlegenen starken englischen Flotte. Unsere Schiffe

    mußten der Uebermacht weichen, haben den Engländern

    aber, wie ein englischer Bericht eingesteht, schwere Beschädigungen

    beigebracht. Nach dem, was man sonst von


     Fortsetzung  3. Spalte oben 

    ________________________________________________________________ 

      Fortsetzung von  1. Spalte  Kriegsbriefe 

    ein Kompagniekamerad von mir, Sch., dann

    ein riesiger Adjutant von den 27ern, A., ein tapferer

    Junge, der nicht mit der Wimper zuckte -  am  Wege

    unten bleibt H. zurück, der furchtlose Regimentsadjunkt

    vom Regiment Louis Ferdinand, und mit ungefähr 10

    Mann nimmt der Hauptmann v. B. die Häuser in unserm

    Rücken unter Feuer, er selbst hat den Degen abgelegt

    und führt das Gewehr . . .

        Oben von meiner Kohlenhalde sehe ich ein Gehöft

    und zum ersten Male belgische Infanterie - sonst waren

    die Kerle gelaufen, als sei der Deibel hinter ihnen.

     - Jetzt heben sie die Büchse an die Backe. Ich lasse

    das Feuer aufnehmen und beobachte durch das Glas die

    Wirkung . . . "Ruhig zielen, Kerls, ihr schießt zu weit"

    . . . Zwei schwarze Mäntel sehe ich sich im Sande wälzen.

         "Hols der Deibel!" Sie schießen von rechts her - 

    von der anderen Halde . . .  Da steht noch auf unserem

    Flügel der lange A. Seine Schärpe flattert, die Quasten

    sind schwarz von Kohlenstaub, er schießt auf die Bande

    rechts - jetzt knallt´s auch von hintenher aus den

    Häusern . . .

        Ich setze das Glas ab und sehe mich um. Da links

    am Flügel liegt mein Kamerad Sch., hat einem Verwundeten

    das Gewehr abgenommen und schießt nach dem

    Gehöft . . .  Rechts von mir - ja, was ist denn das?

    Einer nach dem andern "klappt ab" . . . Der läßt den

    Kopf vornüber, der rollt den Abhang hinunter, der

    schreit . . . Sie schießen wie besessen auf uns. Nun

    liegt nur noch einer rechts von mir, eben fängt auch der

    an, sich hin und her zu wälzen, Blut quillt aus dem

    Rock hervor, ich werde ihm sein Gewehr abnehmen; ich

    richte mich auf . . . Donnerwetter, ich fühle einen

    Schlag vor der linken Brust: "Kinder, jetzt hat´s mich

    auch." . . .

        Ich rutsche den Abhang hinab, das Blut kommt mir

    aus dem Munde . . .  hinter einem Steinhaufen finde

    ich Deckung vor dem mörderischen Feuer. Ich bitte einen

    Soldaten: "Mach mir mal die Feldflasche ab - so -

     - und den Tornister."Einen langen Schluck. Der gute

    Kerl öffnet mir den Waffenrock. Ich lehne mich gegen

    den Steinhaufen. Ganz warm quillt das Blut hervor;

    wie lange kann´s dauern, dann ist´s vorbei. Aus dem

    Rocktäschchen ziehe ich das Verbandszeug, öffne es hastig

    und drücke es auf die Wunde. Dann warte ich ab,

    minutenlang; auf dem Wege vor mir stehen die braven

    Kerle und feuern; da ist auch A. noch mit den schwarzen

    Quasten. "Kinder, schickt mir doch einen Arzt." Mir

    fängt´s an, vor den Augen zu flimmern. Da kommt das

    Soldatengefühl: du mußt Dich [sic] wehren, darfst  nicht dich

    dumpf in dein Schicksal ergeben. Die Schlacht geht weiter;

    hier findet dich keiner . . .

        Mit Schmerzen richte ich mich empor - stülpe mir

    den Helm auf den Kopf - die Feldbinde, die Pistole -

    das Glas schenke ich einem Soldaten, er braucht´s jetzt

    nötiger als ich, und dann meinen Degen - den lasse ich

    nicht, er braucht sich meiner nicht zu schämen - so

    schleppe ich mich an den Weg. Was geht mich das Pfeifen

    an, ich habe meinen Teil. Noch immer stehen die

    wackeren Kerle und feuern vom Wege gegen die Kohlenhalde

     - einen winke ich heran -  "Um Gotteswillen,

    Herr Leutnant!" . . . "Bringe mich zum Verbandplatz, 

    mein Junge." . . . Er gibt mir seinen Arm . . . "Mußt


     3. Spalte 

    der englischen Kriegsberichterstattung gewöhnt ist, darf

    man ruhig annehmen, daß auch die englischen Schiffe

    zum mindesten kampfunfähig geworden sind. Leider

    brachte der Kampf den Verlust einiger unserer Schiffe, 

    aber ohne Kampf kein Sieg. Die Helden der Nordsee

    leben bei uns in treuem Angedenken und als leuchtendes

    Beispiel deutscher Seemannstreue fort.

        Unsere Schiff haben, wie Staatssekretär Tirpitz

    sagte, die Aufgabe, die deutsche Küste zu schützen, und

    diese Aufgabe haben sie bisher glänzend gelöst. Kein

    englisches Schiff hat sich bis jetzt den deutschen Gestaden

    nähern dürfen, und auch ferner werden unsere blauen

    Jungen so scharf auf der Wacht stehen, daß die Engländer

    sich allemal blutige Köpfe holen, wenn sie kommen.

        WTB. Berlin, 29. August. Im Laufe des gestrigen

    Vormittags sind bei teilweise unsichtigem Wetter mehrere

    moderne englische kleine Kreuzer und zwei englische Zerstörerflottillen

    (ca. 40 Zerstörer) in der deutschen Bucht

    der Nordsee unweit Helgoland aufgetreten. Es kam zu

    hartnäckigen Einzelgefechten zwischen ihnen und unsern

    leichten Streitkräften. Die deutschen kleinen Kreuzer

    drängten lebhaft nach Westen nach und gerieten dabei

    infolge der beschränkten Sichtweite ins Gefecht mit

    mehreren starken englischen Panzerkreuzern. S. M. S.

    "Ariadne" (Kleiner Kreuzer mit 2650 Tonnen Wasser-

    verdrängung) sank, von zwei Schlachtschiffkreuzern der

    Lion-Klasse auf kurze Entfernung mit schwerer Artillerie

    beschossen, nach ehrenvollem Kampfe. Der weitaus größte

    Teil der Besatzung, voraussichtlich 250 Köpfe, konnte

    gerettet werden.

        Auch das Torpedoboot V 187 ging, von einem kleinen

    Kreuzer und den Zerstörern aufs heftigste beschossen, bis

    zuletzt feuernd, in die Tiefe. Flottillenchef und Kom-

    mandant sind gefallen. Ein beträchtlicher Teil der Besatzung

    wurde gerettet. Die kleinen Kreuzer Cöln und

    Mainz werden vermißt. Sie sind nach einer heutigen

    Reutermeldung aus London gleichfalls im Kampfe mit

    überlegenen Gegnern gesunken. Ein Teil  der Be-

    satzung, 2 Offiziere und 81 Mann (?) scheinen durch englische

    Schiffe gerettet zu sein. Nach der gleichen Quelle

    haben die englischen Schiffe schwere Beschädigungen erlitten.

                       Heldenmut unserer blauen Jungen.

        Ueber die heldenmütige Energie, mit der  Torpedo-

    boot V 187 sich bis zum letzten Augenblick gegen feindliche

    Uebermacht wehrte, gibt der Bericht eines Augenzeugen

    Kunde, dem wir folgendes entnehmen:

        V 187 sah sich bei dichtem Wetter ganz unerwartet

    zunächst von Norden, dann allerseits von Massen englischer

    Torpedobootzerstörer und Unterseebooten angegriffen.

    V 187 wehrte sich unverzüglich mit allen Kräften,

    da setzten zahllose Geschosse, aus nächster Nähe abgegeben,

    die Bewegungsfähigkeit herab. Da keine Mög-

    lichkeit vorhanden war, sich dem feindlichen Feuer zu entziehen,

    drehte V 187 auf die Feinde zu, um ein Passiergefecht

    zu gewinnen und bis zum Ende durchzukämpfen.

    Als unter dem Geschoßhagel die Bewegungsfähigkeit

    verloren gegangen war, wurde schnell im Innern eine

    Sprengung vorgenommen, um das Boot nicht in Feindeshand

    fallen zu lassen. Jetzt sank es schnell und während

    es sank, stand die Mannschaft bis zum letzten

    Augenblick an den noch brauchbaren Geschützen und

    feuerte. Der Flottillenchef, Korvettenkapitän Wallis,

    und der Kommandant, Kapitänleutnant Zechter fanden

    den Heldentod.  Anzuerkennen ist, daß der Gegner ungeachtet

    der eigenen Gefahr Beiboote zur Rettung der

    Unsrigen aussetzte. Als sich deutsche missing

    ten,mußte er sich von missing

    denen sie dann die geretteten Deutsche missing

                              Wie die "Ariadne" unterging.

        Vom Untergang S. M. Schiff "Ariadne" gibt der

    gleiche Augenzeuge folgendes Bild.

        Vom Kanonendonner gerufen, der ein Gefecht der

    Vorposten mit Streitkräften anzeigt, eilt S. M. Schiff 

    "Ariadne" zu Hilfe. An der Vorpostenkette entdeckt sie,


     Fortsetzung item 15. 1. Spalte 

    _______________________________________________________________

     Fortsetzung von 2. Spalte Kriegsbriefe 

    aber langsam mit mir gehen, kann nicht mehr wie

    vorhin."

        Um uns pfeift´s und donnert´s . Der gute P. stützt

    mich. Wie sagt unser Bismarck?   "Kein deutscher Offizier

    läßt seinen Soldaten im Stich - kein deutscher

    Soldat seinen Offizier." . . . Nein, weiß Gott nicht! - 

        Auf dem Wege stehen zwei belgische Bauern -  die

    lauern auf uns. Wehren kann ich mich jetzt nicht.

    "Komm, da in die Hecke hab´ ich vorhin ein Loch getreten

     -  da durch." Ich humple voran - P., das Gewehr

    schußbereit, hinterdrein.

        Auf der Dorfstraße . . .  Die Truppen drängen nach

    vorn, uns entgegen - sie weichen mir alle aus, die

    Braven . . .  Donnerwetter, könnt´ ich noch mit! - 

    "Kinder, haut sie in die Pfanne!" (Konnt´s nur leise

    sagen,aber sie verstehen´s.)  "Wenn wir sie nur erst haben,

    Herr Leutnant!"

        Der belgische Verbandplatz liegt dort. - "Den mag

    ich nicht, komm´ bring mich weiter, wir wollen zum

    deutschen Lazarett."

        So schleppe ich mich weiter - die Straße hinunter,

    wo der Tod so gräßliche Ernte gehalten. Wie liegen

    sie doch dicht, so starr, so stumm . . .  Unter 100 Deutschen

    ein Belgier . . .  O, diese feige Bande!

        Es greift doch an, dieses Humpeln. - "Seht ihr denn

    den Verbandplatz noch nicht, Jungens?"  -  "Er muß

    gleich da sein." Tapps - tapps.  "Langsam, Kinder,

    sonst tut mir´s weh" - ich hänge mich fester an den

    guten P. . . .

        Da steht der General. Er sieht mich, kommt einen

    Schritt auf mich zu: "Na, Herr Leutnant, hoffentlich

    wird´s wieder!"

        Antworten kann ich nicht - aber, so schwach ich bin,

    ich lasse den Arm meines Soldaten frei und lege die

    Hand an den Helm. - 

        Das Rote Kreuz! Gottlob - Ich danke dem guten

    P. und drücke ihm die Hand . . .  Sie schneiden mir das

    Hemd runter, der unermüdliche Stabsarzt verklebt mir

    die Wunde.

        Der Verbandsplatz ist nur ein kleiner Raum - drin

    liegen sechs, sieben Schwerverwundete und stöhnen und

    schreien . . .  So bleibe ich draußen und lehne mich

    sitzend an das Haus . . . Wie viele liegen hier. - Drüben

    G., der tapfere Leutnant der Radfahrerkompagnie

     - Schuß in den Leib . . .  Er streckt sich - kein Laut

    des Schmerzes kommt über seine Lippen - sein

    Gesicht ist ganz gelb.

       Neben mir sitzt ein belgischer Offizier -  er hat´s

    im Arm und im Bein. -  Immer kommen neue. -

    Dort sitzt Kurt W., mein Regimentskamerad - Schuß

    ins linke Bein -  aus einem Kellerfenster raus . . . .

        Da bringen sie unseren D. - mit dem ich so manche

    Stunde gebechert, gejubelt. - - -  Bis an die Grenze

    des Forts Fléron hat er seine Kompagnie geführt.

    Drauf los wie ein Held  - der Tapfersten einer - -

    nun mitten in die Brust . . . "Gestern noch auf stolzen

    Rossen . . . "

         Mich friert. Es ist ein trüber, kalter Morgen, der

    Regen säuselt nieder . . .  ich habe aber kein Hemd

    mehr, nur noch einen Aermel. Sie decken mir meinen

    Waffenrock über, der Belgier läßt mir seinen Mantel

    umhängen . . .

     

  • September 8, 2017 19:44:13 Beate Jochem

     item 14


     Ueber 30 000 Russen in Ostpreußen gefangen.

    Der Sieg der Oesterreicher. Der Kampf in der Nordsee. Die Opfer vom

                                Kreuzer "Magdeburg".


     1. Spalte 

        Wie im Westen, so ist nunmehr auch im Osten die

    erste große Schlacht geschlagen worden. Der Unterschied

    liegt darin, daß sich die Russen in der Offensivstellung

    befanden, während wir den Ansturm abzuwehren hatten.

    Aus der Richtung von Niemen, wie von der Narew her,

    d. h. aus Süden und aus Osten waren erhebliche russische

    Streitkräfte im Anmarsche, die zwischen Insterburg und

    Graudenz in deutsches Gebiet einzubrechen versuchten.

    Ihr Zweck war offenbar, die deutsche Defensive zu durchbrechen,

    ehe die siegreich vordringenden Oesterreicher

    Verbindung mit uns erlangt haben. Die Absicht ist an

    der Wachsamkeit unserer Heeresleitung und der Tapferkeit

    unserer Truppen gescheitert. Die russische Armee,

    an Zahl fast der bei Metz geschlagenen französischen Armee

    gleich,  ist über die Grenze zurückgewichen und wird

    von unseren Truppen verfolgt. Durch diesen Sieg ist

    die Durchführung des gemeinschaftlichen Vormarsches

    unserer und der österreichischen Truppen gegen die

    Weichsel erleichtert worden. Es geht auf Warschau los!

        Die  Meldung über den Sieg lautet kurz und knapp:

        WTB. Berlin, 29. August.  Unsere Truppen in

    Preußen unter der Führung des Generalobersten Hindenburg

    haben die von Narew vorgegangene russische Armee

    in Stärke von 5 Armeekorps und 3 Kavalleriedivisionen

    in dreitägiger Schlacht bei Gilgenburg-Ortelsburg geschlagen

    und verfolgen sie jetzt über die Grenze.

                                             Generalquartiermeister von Stein.

        Die am Sonnabend verbreitete Meldung von dem

    großen deutschen Siege über die Russen in Ostpreußen

    wird durch folgende neue erfreuliche Nachricht ergänzt:

        WTB. Berlin, 31. August.   Bei den großen

    Kämpfen, in denen die russische Armee bei Tannenberg,

    Hohenstein und Ortelsburg geworfen wurden,

    sind nach vorläufiger Schätzung über 30000 Russen

    mit vielen hohen Offizieren in Gefangenschaft

    geraten.

        Eine erfreuliche Ergänzung zu der amtlichen Meldung

    über das Ergebnis der Schlacht bilden die folgenden

    Mitteilungen, die aus amtlichen Quellen Ostpreußens

    stammen:

        Der vom Generalquartiermeister in seiner Veröffentlichung

    vom 25. August als bevorstehend angekündigte

    Entscheidungskampf  hat begonnen. Als Einleitung

    erfolgte die Besetzung der Grenzstadt Neidenburg durch

    starke russische Kräfte. Die Russen plünderten die Stadt

    gründlich und bombardierten sie dann von den benachbarten

    Höhen. Den meisten Bürgern Neidenburgs,

    das etwa 6000 Einwohner hat, war es gelungen, über

    Hohenstein und Allenstein zu fliehen. Das 20. Armeekorps

    griff energisch in den Kampf gegen den russischen 

    Gegner ein. Die "Allensteiner Zeitung" kann mit amtlicher

    Genehmigung darüber melden: Unser tapferes

    20. Armeekorps steht seit 24 Stunden im Feuer mit

    einem an  Kräften weit überlegenen Gegner. Dank der

    Tapferkeit unserer Truppen und Führer ist es den

    Russen trotz der gewaltigen Uebermacht nicht gelungen,

    unsere Stellungen zu nehmen. Der Kampf hat sich

    dann zu einer Riesenschlacht auf der Linie Gilgenburg-

    Neidenburg-Ortelsburg entwickelt mit etwa 50 Kilometer

    Frontlänge. Hierüber teilt Landrat Hagemann

    in Marienburg der "Marienburger Zeitung" mit, daß

    zwei russische Armeekorps aufgerieben worden seien.

    _____________________________________________________________________________

                                             Kriegsbriefe.

                                Wie ich verwundet wurde

                         Von einem Mitkämpfer bei Lüttich.

    . . .  Mitten in dieses Dorfgefecht (Sturm auf Ft.

    Fléron) waren wir hineingerissen. Es blitzte aus allen

    Häusern, unablässig rollt der Donner der Geschütze, unablässig

    geht der Eisenregen nieder. Stockdunkel . . . 

    Wie sehnlich wünschen wir den Morgen heran. - Kein

    Gegner zu sehen - und doch sinkt Mann neben Mann.

    Aus den Mauern der Häuser sind nur winzige Steine

    gelöst - ein Flintenlauf ragt durch; in den Fensterladen

    ein kleines Loch - der Lauf einer Jagdbüchse

    sprüht Flammen heraus - aus den Kellerfenstern, von

    den Böden zuckt und flammt und pfeift es . . . Wie

    im Hexenkessel . . . Und wir dürfen nicht schießen, um

    die Kameraden, die rechts und links vor uns im Gefecht

    liegen, nicht zu gefährden . . . Einer neben dem anderen 

    sinkt - Aechzen und Stöhnen überall. Hinweg über

    einen Haufen zuckender Leiber, vorsichtig - um keinem

    wehe zu tun - und um uns blitzt und kracht´s. Aus einem

    Eckhaus prasselt uns ein Hagel entgegen. -

    Zwanzig, fünfzig Läufe heben sich - , da brülle ich:

    "Keinen Schuß, Kerls! Wer kommt mit? Beil her!"

    Ein kleiner Musketier reicht mir eine Picke . . . Zehn

    braune Kerls drängen hinter mir nach. - Dann ein

    paar Hiebe mit Beil und Kolben - die Tür kracht ein

     - von der Decke her zucken Geschosse nieder . . . "Keiner

    die Bodentreppe hinauf! Hierbleiben! Streichhölzer

    her!" Und schon habe ich ein paar Strohballen vorgerissen,

    - fünf Minuten später züngeln die Flammen

    aus allen Fenstern. "So, Jungs, nun vorwärts!" -

    Hinein wieder in die Dorfgasse . . . Da treffe ich meinen

    Kompagnieführer. "Hierher!" schreit er. "Ueber

    die Mauer, mir nach!"

        Zwei Kerle heben mich hoch, im Nu haben wir eine

    Gartenmauer überstiegen, und stürmen weiter, einer

    belgischen Abteilung in den Rücken zu fallen. Mannshohe

    Hecken, mit Stacheldraht durchzogen -  vier, fünf

     -  vor uns.  "Her, Kerls," rufe ich, "gebt mir die

    Drahtschere!" Ein paar wuchtige Jungens treten

    den Schlehdorn ein - ich knipse den Draht durch und gehe

    ihnen voran, - meine Hose hängt in Fetzen runter.

    Die Hecken werden genommen - auf einmal kracht es

    auf uns her - nur wenige Sekunden, dann saust eine

    Haubitze in den verruchten  Giebel - Steine spritzen

    umher -  das Gemäuer sinkt donnernd zusammen.

    Feuer von links! - Da sind die Unsern, sie schießen 

    auf uns - sie erkennen uns noch immer nicht. Wir

    brüllen ihnen die Losung zu: "Der Kaiser! Der Kaiser!"

     - Sie hören uns nicht in dem Höllenlärm. "Hornist,"

    rufe ich, "blasen Sie Signal!" Der brave Junge - er

    war von den vierten Jägern, nimmt das Horn und

    schmettert: Das Ganze! - Das Ganze! - Da kommt´s

    von drüben zurück. Wir erkennen uns - es sind die

    27er - ich drücke dem Hauptmann, den ich seit Jahren

    kenne, die Hand. - 

                             Heller Morgen, ¼ 7 Uhr (am 6. August).

        Vor uns liegt ein Kohlenbergwerk. Zwei Kohlenhalden

    sind einige Meter hoch im Winkel zu einander

    aufgeschüttet - da stürmen wir hinauf: Ein Jägerleutnant,

    Fortsetzung 2. Spalte Mitte 

    _______________________________________________________________

     2. Spalte 

    Siegreiches Vordringen der Oesterreicher.

        WTB. Wien, 30. August.  Der Korrespondent des

    Neuen Wiener Tagebl. im Hauptquartier meldet: Die

    große Schlacht ist heute, am vierten Tage, in vollem

    Gange und steht gut für uns. Die linke Flügelgruppe

    rückt gegen Lublin und Zamocs langsam aber sicher vor,

    stößt aber immer wieder auf den neuverschanzten Gegner

    und anstelle von Frontalangriffen sind zeitraubende Umgehungen

    nötig. Drei Zügen des Infanterieregiments

    Nr. 72 gelang ein rascher Frontalangriff,  bei dem zwei

    russische Hauptleute, sechs Subalternoffiziere und 470

    Mann gefangen genommen wurden.  Die Kräftegruppe

    zwischen Bug und Wieprz griff eine russische Division

    von drei Seiten mit Erfolg an, sodaß sie nur unter dem

    Schutze der Nacht entkamen. Generalstabshauptmann

    Roßmann stürzte mit seinem Flugzeug ab und wurde

    getötet. Das Armeeverordnungsblatt veröffentlichte gerade

    heute eine Auszeichnung Roßmanns für hervorragend

    tapferes Verhalten vor dem Feinde.

        WTB. Wien, 30. August. (Nicht amtlich.)  Soweit

    sich bis gestern mittag überblicken ließ, ist das große

    Ringen unserer Armee mit den Hauptkräften des russischen

    Heeres noch nicht zur Entscheidung herangereift.

    Nur die Erfolge der vom General der Kavallerie Viktor

    Dankl in der Schlacht bei Krasnik siegreich geführten

    Armee sind bereits einigermaßen zu übersehen. In einer

    zweiten Schlacht am 27. August, die durch die heldenmütige

    Erstürmung einer stark befestigten Stellung auf

    den Höhen von  Niedrzwiosduca  gekrönt war, gelang es,

    die bei Krasnik zurückgeworfenen russischen Kräfte und

    herangeführten Verstärkungen, im ganzen etwa zehn

    Divisionen, durch sechs verschiedene Korps neuerlich zu

    schlagen. Eines unserer Korps nahm in dieser zweiten

    Schlacht einen General, einen Oberst, drei sonstige

    Stabspersonen, vierzig Offiziere und zirka 2000 Mann

    gefangen und erbeutete wieder sehr viel Kriegsmaterial.

        WTB. Wien, 31. August. Die Schlachten auf dem

    östlichen Kriegsschauplatz dauern mit ungeminderter

    Heftigkeit fort. Oestlich unserer trotz mehrfacher befestigter

    Stellungen des Feindes unaufhaltsam gegen

    Lublin vordringenden Armee Dankl haben unsere zwischen

    Bug und Wieprz vorgeführten Kräfte am 26. August

    den Angriff auf die dem Raume bei Cholm stehenden

    starken russischen Kräfte begonnen. Hierbei entwickelten

    sich wie bei Krasnik wieder harte, für unsere

    angriffsfreudigen Truppen siegreich verlaufende Kämpfe

    bei  Zamoid  sowie nördlich und östlich bei Tomaszow.

    In diesen Kämpfen wurden ebenso wie in den Schlachten

    bei Krasnik tausende von Gefangenen gemacht. 

    In Ostgalizien behaupten sich unsere Truppen mit heldenmütiger

    Bravour und Zähigkeit gegen sehr starke uns

    überlegene feindliche Kräfte. Auf dem südlichen Kriegsschauplatz

    haben in letzter Zeit neue Kämpfe stattgefunden. 

                           Der Kampf in der Nordsee.

       Der lange erwartete Zusammenstoß unserer Flotte

    mit der englischen ist erfolgt. Die Nordsee bei Helgoland

    war der Kampfplatz, wo der Seekrieg heftig tobte.

    Der Kampf erfolgte bei unsichtigem Wetter und er zog

    sich nach Westen, also nach der englischen Küste zu hin.

    Mehrere kleine Kreuzer unserer Flotte stießen todesmutig

    vor und gerieten dabei in einen Kampf mit einer

    überlegenen starken englischen Flotte. Unsere Schiffe

    mußten der Uebermacht weichen, haben den Engländern

    aber, wie ein englischer Bericht eingesteht, schwere Beschädigungen

    beigebracht. Nach dem, was man sonst von


     Fortsetzung  3. Spalte oben 

    ________________________________________________________________ 

      Fortsetzung von  1. Spalte  Kriegsbriefe 

    ein Kompagniekamerad von mir, Sch., dann

    ein riesiger Adjutant von den 27ern, A., ein tapferer

    Junge, der nicht mit der Wimper zuckte -  am  Wege

    unten bleibt H. zurück, der furchtlose Regimentsadjunkt

    vom Regiment Louis Ferdinand, und mit ungefähr 10

    Mann nimmt der Hauptmann v. B. die Häuser in unserm

    Rücken unter Feuer, er selbst hat den Degen abgelegt

    und führt das Gewehr . . .

        Oben von meiner Kohlenhalde sehe ich ein Gehöft

    und zum ersten Male belgische Infanterie - sonst waren

    die Kerle gelaufen, als sei der Deibel hinter ihnen.

     - Jetzt heben sie die Büchse an die Backe. Ich lasse

    das Feuer aufnehmen und beobachte durch das Glas die

    Wirkung . . . "Ruhig zielen, Kerls, ihr schießt zu weit"

    . . . Zwei schwarze Mäntel sehe ich sich im Sande wälzen.

         "Hols der Deibel!" Sie schießen von rechts her - 

    von der anderen Halde . . .  Da steht noch auf unserem

    Flügel der lange A. Seine Schärpe flattert, die Quasten

    sind schwarz von Kohlenstaub, er schießt auf die Bande

    rechts - jetzt knallt´s auch von hintenher aus den

    Häusern . . .

        Ich setze das Glas ab und sehe mich um. Da links

    am Flügel liegt mein Kamerad Sch., hat einem Verwundeten

    das Gewehr abgenommen und schießt nach dem

    Gehöft . . .  Rechts von mir - ja, was ist denn das?

    Einer nach dem andern "klappt ab" . . . Der läßt den

    Kopf vornüber, der rollt den Abhang hinunter, der

    schreit . . . Sie schießen wie besessen auf uns. Nun

    liegt nur noch einer rechts von mir, eben fängt auch der

    an, sich hin und her zu wälzen, Blut quillt aus dem

    Rock hervor, ich werde ihm sein Gewehr abnehmen; ich

    richte mich auf . . . Donnerwetter, ich fühle einen

    Schlag vor der linken Brust: "Kinder, jetzt hat´s mich

    auch." . . .

        Ich rutsche den Abhang hinab, das Blut kommt mir

    aus dem Munde . . .  hinter einem Steinhaufen finde

    ich Deckung vor dem mörderischen Feuer. Ich bitte einen

    Soldaten: "Mach mir mal die Feldflasche ab - so -

     - und den Tornister."Einen langen Schluck. Der gute

    Kerl öffnet mir den Waffenrock. Ich lehne mich gegen

    den Steinhaufen. Ganz warm quillt das Blut hervor;

    wie lange kann´s dauern, dann ist´s vorbei. Aus dem

    Rocktäschchen ziehe ich das Verbandszeug, öffne es hastig

    und drücke es auf die Wunde. Dann warte ich ab,

    minutenlang; auf dem Wege vor mir stehen die braven

    Kerle und feuern; da ist auch A. noch mit den schwarzen

    Quasten. "Kinder, schickt mir doch einen Arzt." Mir

    fängt´s an, vor den Augen zu flimmern. Da kommt das

    Soldatengefühl: du mußt Dich [sic] wehren, darfst  nicht dich

    dumpf in dein Schicksal ergeben. Die Schlacht geht weiter;

    hier findet dich keiner . . .

        Mit Schmerzen richte ich mich empor - stülpe mir

    den Helm auf den Kopf - die Feldbinde, die Pistole -

    das Glas schenke ich einem Soldaten, er braucht´s jetzt

    nötiger als ich, und dann meinen Degen - den lasse ich

    nicht, er braucht sich meiner nicht zu schämen - so

    schleppe ich mich an den Weg. Was geht mich das Pfeifen

    an, ich habe meinen Teil. Noch immer stehen die

    wackeren Kerle und feuern vom Wege gegen die Kohlenhalde

     - einen winke ich heran -  "Um Gotteswillen,

    Herr Leutnant!" . . . "Bringe mich zum Verbandplatz, 

    mein Junge." . . . Er gibt mir seinen Arm . . . "Mußt


     3. Spalte 

    der englischen Kriegsberichterstattung gewöhnt ist, darf

    man ruhig annehmen, daß auch die englischen Schiffe

    zum mindesten kampfunfähig geworden sind. Leider

    brachte der Kampf den Verlust einiger unserer Schiffe, 

    aber ohne Kampf kein Sieg. Die Helden der Nordsee

    leben bei uns in treuem Angedenken und als leuchtendes

    Beispiel deutscher Seemannstreue fort.

        Unsere Schiff haben, wie Staatssekretär Tirpitz

    sagte, die Aufgabe, die deutsche Küste zu schützen, und

    diese Aufgabe haben sie bisher glänzend gelöst. Kein

    englisches Schiff hat sich bis jetzt den deutschen Gestaden

    nähern dürfen, und auch ferner werden unsere blauen

    Jungen so scharf auf der Wacht stehen, daß die Engländer

    sich allemal blutige Köpfe holen, wenn sie kommen.

        WTB. Berlin, 29. August. Im Laufe des gestrigen

    Vormittags sind bei teilweise unsichtigem Wetter mehrere

    moderne englische kleine Kreuzer und zwei englische Zerstörerflottillen

    (ca. 40 Zerstörer) in der deutschen Bucht

    der Nordsee unweit Helgoland aufgetreten. Es kam zu

    hartnäckigen Einzelgefechten zwischen ihnen und unsern

    leichten Streitkräften. Die deutschen kleinen Kreuzer

    drängten lebhaft nach Westen nach und gerieten dabei

    infolge der beschränkten Sichtweite ins Gefecht mit

    mehreren starken englischen Panzerkreuzern. S. M. S.

    "Ariadne" (Kleiner Kreuzer mit 2650 Tonnen Wasser-

    verdrängung) sank, von zwei Schlachtschiffkreuzern der

    Lion-Klasse auf kurze Entfernung mit schwerer Artillerie

    beschossen, nach ehrenvollem Kampfe. Der weitaus größte

    Teil der Besatzung, voraussichtlich 250 Köpfe, konnte

    gerettet werden.

        Auch das Torpedoboot V 187 ging, von einem kleinen

    Kreuzer und den Zerstörern aufs heftigste beschossen, bis

    zuletzt feuernd, in die Tiefe. Flottillenchef und Kom-

    mandant sind gefallen. Ein beträchtlicher Teil der Besatzung

    wurde gerettet. Die kleinen Kreuzer Cöln und

    Mainz werden vermißt. Sie sind nach einer heutigen

    Reutermeldung aus London gleichfalls im Kampfe mit

    überlegenen Gegnern gesunken. Ein Teil  der Be-

    satzung, 2 Offiziere und 81 Mann (?) scheinen durch englische

    Schiffe gerettet zu sein. Nach der gleichen Quelle

    haben die englischen Schiffe schwere Beschädigungen erlitten.

                       Heldenmut unserer blauen Jungen.

        Ueber die heldenmütige Energie, mit der  Torpedo-

    boot V 187 sich bis zum letzten Augenblick gegen feindliche

    Uebermacht wehrte, gibt der Bericht eines Augenzeugen

    Kunde, dem wir folgendes entnehmen:

        V 187 sah sich bei dichtem Wetter ganz unerwartet

    zunächst von Norden, dann allerseits von Massen englischer

    Torpedobootzerstörer und Unterseebooten angegriffen.

    V 187 wehrte sich unverzüglich mit allen Kräften,

    da setzten zahllose Geschosse, aus nächster Nähe abgegeben,

    die Bewegungsfähigkeit herab. Da keine Mög-

    lichkeit vorhanden war, sich dem feindlichen Feuer zu entziehen,

    drehte V 187 auf die Feinde zu, um ein Passiergefecht

    zu gewinnen und bis zum Ende durchzukämpfen.

    Als unter dem Geschoßhagel die Bewegungsfähigkeit

    verloren gegangen war, wurde schnell im Innern eine

    Sprengung vorgenommen, um das Boot nicht in Feindeshand

    fallen zu lassen. Jetzt sank es schnell und während

    es sank, stand die Mannschaft bis zum letzten

    Augenblick an den noch brauchbaren Geschützen und

    feuerte. Der Flottillenchef, Korvettenkapitän Wallis,

    und der Kommandant, Kapitänleutnant Zechter fanden

    den Heldentod.  Anzuerkennen ist, daß der Gegner ungeachtet

    der eigenen Gefahr Beiboote zur Rettung der

    Unsrigen aussetzte. Als sich deutsche missing

    ten,mußte er sich von missing

    denen sie dann die geretteten Deutsche missing

                              Wie die "Ariadne" unterging.

        Vom Untergang S. M. Schiff "Ariadne" gibt der

    gleiche Augenzeuge folgendes Bild.

        Vom Kanonendonner gerufen, der ein Gefecht der

    Vorposten mit Streitkräften anzeigt, eilt S. M. Schiff 

    "Ariadne" zu Hilfe. An der Vorpostenkette entdeckt sie,


     Fortsetzung item 15. 1. Spalte 

    _______________________________________________________________

     Fortsetzung von 2. Spalte Kriegsbriefe 

    aber langsam mit mir gehen, kann nicht mehr wie

    vorhin."

        Um uns pfeift´s und donnert´s . Der gute P. stützt

    mich. Wie sagt unser Bismarck?   "Kein deutscher Offizier

    läßt seinen Soldaten im Stich - kein deutscher

    Soldat seinen Offizier." . . . Nein, weiß Gott nicht! - 

        Auf dem Wege stehen zwei belgische Bauern -  die

    lauern auf uns. Wehren kann ich mich jetzt nicht.

    "Komm, da in die Hecke hab´ ich vorhin ein Loch getreten

     -  da durch." Ich humple voran - P., das Gewehr

    schußbereit, hinterdrein.

        Auf der Dorfstraße . . .  Die Truppen drängen nach

    vorn, uns entgegen - sie weichen mir alle aus, die

    Braven . . .  Donnerwetter, könnt´ ich noch mit! - 

    "Kinder, haut sie in die Pfanne!" (Konnt´s nur leise

    sagen,aber sie verstehen´s.)  "Wenn wir sie nur erst haben,

    Herr Leutnant!"

        Der belgische Verbandplatz liegt dort. - "Den mag

    ich nicht, komm´ bring mich weiter, wir wollen zum

    deutschen Lazarett."

        So schleppe ich mich weiter - die Straße hinunter,

    wo der Tod so gräßliche Ernte gehalten. Wie liegen

    sie doch dicht, so starr, so stumm . . .  Unter 100 Deutschen

    ein Belgier . . .  O, diese feige Bande!

        Es greift doch an, dieses Humpeln. - "Seht ihr denn

    den Verbandplatz noch nicht, Jungens?"  -  "Er muß

    gleich da sein." Tapps - tapps.  "Langsam, Kinder,

    sonst tut mir´s weh" - ich hänge mich fester an den

    guten P. . . .

        Da steht der General. Er sieht mich, kommt einen

    Schritt auf mich zu: "Na, Herr Leutnant, hoffentlich

    wird´s wieder!"

        Antworten kann ich nicht - aber, so schwach ich bin,

    ich lasse den Arm meines Soldaten frei und lege die

    Hand an den Helm. - 

        Das Rote Kreuz! Gottlob - Ich danke dem guten

    P. und drücke ihm die Hand . . .  Sie schneiden mir das

    Hemd runter, der unermüdliche Stabsarzt verklebt mir

    die Wunde.

        Der Verbandsplatz ist nur ein kleiner Raum - drin

    liegen sechs, sieben Schwerverwundete und stöhnen und

    schreien . . .  So bleibe ich draußen und lehne mich

    sitzend an das Haus . . . Wie viele liegen hier. - Drüben

    G., der tapfere Leutnant der Radfahrerkompagnie

     - Schuß in den Leib . . .  Er streckt sich - kein Laut

    des Schmerzes kommt über seine Lippen - sein

    Gesicht ist ganz gelb.

       Neben mir sitzt ein belgischer Offizier -  er hat´s

    im Arm und im Bein. -  Immer kommen neue. -

    Dort sitzt Kurt W., mein Regimentskamerad - Schuß

    ins linke Bein -  aus einem Kellerfenster raus . . . .

        Da bringen sie unseren D. - mit dem ich so manche

    Stunde gebechert, gejubelt. - - -  Bis an die Grenze

    des Forts Fléron hat er seine Kompagnie geführt.

    Drauf los wie ein Held  - der Tapfersten einer - -

    nun mitten in die Brust . . . "Gestern noch auf stolzen

    Rossen . . . "

         Mich friert. Es ist ein trüber, kalter Morgen, der

    Regen säuselt nieder . . .  ich habe aber kein Hemd

    mehr, nur noch einen Aermel. Sie decken mir meinen

    Waffenrock über, der Belgier läßt mir seinen Mantel

    umhängen . . .

     


     Fortsetzung item 15 



  • September 8, 2017 19:41:08 Beate Jochem

     item 14


     Ueber 30 000 Russen in Ostpreußen gefangen.

    Der Sieg der Oesterreicher. Der Kampf in der Nordsee. Die Opfer vom

                                Kreuzer "Magdeburg".


     1. Spalte 

        Wie im Westen, so ist nunmehr auch im Osten die

    erste große Schlacht geschlagen worden. Der Unterschied

    liegt darin, daß sich die Russen in der Offensivstellung

    befanden, während wir den Ansturm abzuwehren hatten.

    Aus der Richtung von Niemen, wie von der Narew her,

    d. h. aus Süden und aus Osten waren erhebliche russische

    Streitkräfte im Anmarsche, die zwischen Insterburg und

    Graudenz in deutsches Gebiet einzubrechen versuchten.

    Ihr Zweck war offenbar, die deutsche Defensive zu durchbrechen,

    ehe die siegreich vordringenden Oesterreicher

    Verbindung mit uns erlangt haben. Die Absicht ist an

    der Wachsamkeit unserer Heeresleitung und der Tapferkeit

    unserer Truppen gescheitert. Die russische Armee,

    an Zahl fast der bei Metz geschlagenen französischen Armee

    gleich,  ist über die Grenze zurückgewichen und wird

    von unseren Truppen verfolgt. Durch diesen Sieg ist

    die Durchführung des gemeinschaftlichen Vormarsches

    unserer und der österreichischen Truppen gegen die

    Weichsel erleichtert worden. Es geht auf Warschau los!

        Die  Meldung über den Sieg lautet kurz und knapp:

        WTB. Berlin, 29. August.  Unsere Truppen in

    Preußen unter der Führung des Generalobersten Hindenburg

    haben die von Narew vorgegangene russische Armee

    in Stärke von 5 Armeekorps und 3 Kavalleriedivisionen

    in dreitägiger Schlacht bei Gilgenburg-Ortelsburg geschlagen

    und verfolgen sie jetzt über die Grenze.

                                             Generalquartiermeister von Stein.

        Die am Sonnabend verbreitete Meldung von dem

    großen deutschen Siege über die Russen in Ostpreußen

    wird durch folgende neue erfreuliche Nachricht ergänzt:

        WTB. Berlin, 31. August.   Bei den großen

    Kämpfen, in denen die russische Armee bei Tannenberg,

    Hohenstein und Ortelsburg geworfen wurden,

    sind nach vorläufiger Schätzung über 30000 Russen

    mit vielen hohen Offizieren in Gefangenschaft

    geraten.

        Eine erfreuliche Ergänzung zu der amtlichen Meldung

    über das Ergebnis der Schlacht bilden die folgenden

    Mitteilungen, die aus amtlichen Quellen Ostpreußens

    stammen:

        Der vom Generalquartiermeister in seiner Veröffentlichung

    vom 25. August als bevorstehend angekündigte

    Entscheidungskampf  hat begonnen. Als Einleitung

    erfolgte die Besetzung der Grenzstadt Neidenburg durch

    starke russische Kräfte. Die Russen plünderten die Stadt

    gründlich und bombardierten sie dann von den benachbarten

    Höhen. Den meisten Bürgern Neidenburgs,

    das etwa 6000 Einwohner hat, war es gelungen, über

    Hohenstein und Allenstein zu fliehen. Das 20. Armeekorps

    griff energisch in den Kampf gegen den russischen 

    Gegner ein. Die "Allensteiner Zeitung" kann mit amtlicher

    Genehmigung darüber melden: Unser tapferes

    20. Armeekorps steht seit 24 Stunden im Feuer mit

    einem an  Kräften weit überlegenen Gegner. Dank der

    Tapferkeit unserer Truppen und Führer ist es den

    Russen trotz der gewaltigen Uebermacht nicht gelungen,

    unsere Stellungen zu nehmen. Der Kampf hat sich

    dann zu einer Riesenschlacht auf der Linie Gilgenburg-

    Neidenburg-Ortelsburg entwickelt mit etwa 50 Kilometer

    Frontlänge. Hierüber teilt Landrat Hagemann

    in Marienburg der "Marienburger Zeitung" mit, daß

    zwei russische Armeekorps aufgerieben worden seien.

    _____________________________________________________________________________

                                             Kriegsbriefe.

                                Wie ich verwundet wurde

                         Von einem Mitkämpfer bei Lüttich.

    . . .  Mitten in dieses Dorfgefecht (Sturm auf Ft.

    Fléron) waren wir hineingerissen. Es blitzte aus allen

    Häusern, unablässig rollt der Donner der Geschütze, unablässig

    geht der Eisenregen nieder. Stockdunkel . . . 

    Wie sehnlich wünschen wir den Morgen heran. - Kein

    Gegner zu sehen - und doch sinkt Mann neben Mann.

    Aus den Mauern der Häuser sind nur winzige Steine

    gelöst - ein Flintenlauf ragt durch; in den Fensterladen

    ein kleines Loch - der Lauf einer Jagdbüchse

    sprüht Flammen heraus - aus den Kellerfenstern, von

    den Böden zuckt und flammt und pfeift es . . . Wie

    im Hexenkessel . . . Und wir dürfen nicht schießen, um

    die Kameraden, die rechts und links vor uns im Gefecht

    liegen, nicht zu gefährden . . . Einer neben dem anderen 

    sinkt - Aechzen und Stöhnen überall. Hinweg über

    einen Haufen zuckender Leiber, vorsichtig - um keinem

    wehe zu tun - und um uns blitzt und kracht´s. Aus einem

    Eckhaus prasselt uns ein Hagel entgegen. -

    Zwanzig, fünfzig Läufe heben sich - , da brülle ich:

    "Keinen Schuß, Kerls! Wer kommt mit? Beil her!"

    Ein kleiner Musketier reicht mir eine Picke . . . Zehn

    braune Kerls drängen hinter mir nach. - Dann ein

    paar Hiebe mit Beil und Kolben - die Tür kracht ein

     - von der Decke her zucken Geschosse nieder . . . "Keiner

    die Bodentreppe hinauf! Hierbleiben! Streichhölzer

    her!" Und schon habe ich ein paar Strohballen vorgerissen,

    - fünf Minuten später züngeln die Flammen

    aus allen Fenstern. "So, Jungs, nun vorwärts!" -

    Hinein wieder in die Dorfgasse . . . Da treffe ich meinen

    Kompagnieführer. "Hierher!" schreit er. "Ueber

    die Mauer, mir nach!"

        Zwei Kerle heben mich hoch, im Nu haben wir eine

    Gartenmauer überstiegen, und stürmen weiter, einer

    belgischen Abteilung in den Rücken zu fallen. Mannshohe

    Hecken, mit Stacheldraht durchzogen -  vier, fünf

     -  vor uns.  "Her, Kerls," rufe ich, "gebt mir die

    Drahtschere!" Ein paar wuchtige Jungens treten

    den Schlehdorn ein - ich knipse den Draht durch und gehe

    ihnen voran, - meine Hose hängt in Fetzen runter.

    Die Hecken werden genommen - auf einmal kracht es

    auf uns her - nur wenige Sekunden, dann saust eine

    Haubitze in den verruchten  Giebel - Steine spritzen

    umher -  das Gemäuer sinkt donnernd zusammen.

    Feuer von links! - Da sind die Unsern, sie schießen 

    auf uns - sie erkennen uns noch immer nicht. Wir

    brüllen ihnen die Losung zu: "Der Kaiser! Der Kaiser!"

     - Sie hören uns nicht in dem Höllenlärm. "Hornist,"

    rufe ich, "blasen Sie Signal!" Der brave Junge - er

    war von den vierten Jägern, nimmt das Horn und

    schmettert: Das Ganze! - Das Ganze! - Da kommt´s

    von drüben zurück. Wir erkennen uns - es sind die

    27er - ich drücke dem Hauptmann, den ich seit Jahren

    kenne, die Hand. - 

                             Heller Morgen, ¼ 7 Uhr (am 6. August).

        Vor uns liegt ein Kohlenbergwerk. Zwei Kohlenhalden

    sind einige Meter hoch im Winkel zu einander

    aufgeschüttet - da stürmen wir hinauf: Ein Jägerleutnant,

    Fortsetzung 2. Spalte Mitte 

    _______________________________________________________________

     2. Spalte 

    Siegreiches Vordringen der Oesterreicher.

        WTB. Wien, 30. August.  Der Korrespondent des

    Neuen Wiener Tagebl. im Hauptquartier meldet: Die

    große Schlacht ist heute, am vierten Tage, in vollem

    Gange und steht gut für uns. Die linke Flügelgruppe

    rückt gegen Lublin und Zamocs langsam aber sicher vor,

    stößt aber immer wieder auf den neuverschanzten Gegner

    und anstelle von Frontalangriffen sind zeitraubende Umgehungen

    nötig. Drei Zügen des Infanterieregiments

    Nr. 72 gelang ein rascher Frontalangriff,  bei dem zwei

    russische Hauptleute, sechs Subalternoffiziere und 470

    Mann gefangen genommen wurden.  Die Kräftegruppe

    zwischen Bug und Wieprz griff eine russische Division

    von drei Seiten mit Erfolg an, sodaß sie nur unter dem

    Schutze der Nacht entkamen. Generalstabshauptmann

    Roßmann stürzte mit seinem Flugzeug ab und wurde

    getötet. Das Armeeverordnungsblatt veröffentlichte gerade

    heute eine Auszeichnung Roßmanns für hervorragend

    tapferes Verhalten vor dem Feinde.

        WTB. Wien, 30. August. (Nicht amtlich.)  Soweit

    sich bis gestern mittag überblicken ließ, ist das große

    Ringen unserer Armee mit den Hauptkräften des russischen

    Heeres noch nicht zur Entscheidung herangereift.

    Nur die Erfolge der vom General der Kavallerie Viktor

    Dankl in der Schlacht bei Krasnik siegreich geführten

    Armee sind bereits einigermaßen zu übersehen. In einer

    zweiten Schlacht am 27. August, die durch die heldenmütige

    Erstürmung einer stark befestigten Stellung auf

    den Höhen von  Niedrzwiosduca  gekrönt war, gelang es,

    die bei Krasnik zurückgeworfenen russischen Kräfte und

    herangeführten Verstärkungen, im ganzen etwa zehn

    Divisionen, durch sechs verschiedene Korps neuerlich zu

    schlagen. Eines unserer Korps nahm in dieser zweiten

    Schlacht einen General, einen Oberst, drei sonstige

    Stabspersonen, vierzig Offiziere und zirka 2000 Mann

    gefangen und erbeutete wieder sehr viel Kriegsmaterial.

        WTB. Wien, 31. August. Die Schlachten auf dem

    östlichen Kriegsschauplatz dauern mit ungeminderter

    Heftigkeit fort. Oestlich unserer trotz mehrfacher befestigter

    Stellungen des Feindes unaufhaltsam gegen

    Lublin vordringenden Armee Dankl haben unsere zwischen

    Bug und Wieprz vorgeführten Kräfte am 26. August

    den Angriff auf die dem Raume bei Cholm stehenden

    starken russischen Kräfte begonnen. Hierbei entwickelten

    sich wie bei Krasnik wieder harte, für unsere

    angriffsfreudigen Truppen siegreich verlaufende Kämpfe

    bei  Zamoid  sowie nördlich und östlich bei Tomaszow.

    In diesen Kämpfen wurden ebenso wie in den Schlachten

    bei Krasnik tausende von Gefangenen gemacht. 

    In Ostgalizien behaupten sich unsere Truppen mit heldenmütiger

    Bravour und Zähigkeit gegen sehr starke uns

    überlegene feindliche Kräfte. Auf dem südlichen Kriegsschauplatz

    haben in letzter Zeit neue Kämpfe stattgefunden. 

                           Der Kampf in der Nordsee.

       Der lange erwartete Zusammenstoß unserer Flotte

    mit der englischen ist erfolgt. Die Nordsee bei Helgoland

    war der Kampfplatz, wo der Seekrieg heftig tobte.

    Der Kampf erfolgte bei unsichtigem Wetter und er zog

    sich nach Westen, also nach der englischen Küste zu hin.

    Mehrere kleine Kreuzer unserer Flotte stießen todesmutig

    vor und gerieten dabei in einen Kampf mit einer

    überlegenen starken englischen Flotte. Unsere Schiffe

    mußten der Uebermacht weichen, haben den Engländern

    aber, wie ein englischer Bericht eingesteht, schwere Beschädigungen

    beigebracht. Nach dem, was man sonst von


     Fortsetzung  3. Spalte oben 

    ________________________________________________________________ 

      Fortsetzung von  1. Spalte  Kriegsbriefe 

    ein Kompagniekamerad von mir, Sch., dann

    ein riesiger Adjutant von den 27ern, A., ein tapferer

    Junge, der nicht mit der Wimper zuckte -  am  Wege

    unten bleibt H. zurück, der furchtlose Regimentsadjunkt

    vom Regiment Louis Ferdinand, und mit ungefähr 10

    Mann nimmt der Hauptmann v. B. die Häuser in unserm

    Rücken unter Feuer, er selbst hat den Degen abgelegt

    und führt das Gewehr . . .

        Oben von meiner Kohlenhalde sehe ich ein Gehöft

    und zum ersten Male belgische Infanterie - sonst waren

    die Kerle gelaufen, als sei der Deibel hinter ihnen.

     - Jetzt heben sie die Büchse an die Backe. Ich lasse

    das Feuer aufnehmen und beobachte durch das Glas die

    Wirkung . . . "Ruhig zielen, Kerls, ihr schießt zu weit"

    . . . Zwei schwarze Mäntel sehe ich sich im Sande wälzen.

         "Hols der Deibel!" Sie schießen von rechts her - 

    von der anderen Halde . . .  Da steht noch auf unserem

    Flügel der lange A. Seine Schärpe flattert, die Quasten

    sind schwarz von Kohlenstaub, er schießt auf die Bande

    rechts - jetzt knallt´s auch von hintenher aus den

    Häusern . . .

        Ich setze das Glas ab und sehe mich um. Da links

    am Flügel liegt mein Kamerad Sch., hat einem Verwundeten

    das Gewehr abgenommen und schießt nach dem

    Gehöft . . .  Rechts von mir - ja, was ist denn das?

    Einer nach dem andern "klappt ab" . . . Der läßt den

    Kopf vornüber, der rollt den Abhang hinunter, der

    schreit . . . Sie schießen wie besessen auf uns. Nun

    liegt nur noch einer rechts von mir, eben fängt auch der

    an, sich hin und her zu wälzen, Blut quillt aus dem

    Rock hervor, ich werde ihm sein Gewehr abnehmen; ich

    richte mich auf . . . Donnerwetter, ich fühle einen

    Schlag vor der linken Brust: "Kinder, jetzt hat´s mich

    auch." . . .

        Ich rutsche den Abhang hinab, das Blut kommt mir

    aus dem Munde . . .  hinter einem Steinhaufen finde

    ich Deckung vor dem mörderischen Feuer. Ich bitte einen

    Soldaten: "Mach mir mal die Feldflasche ab - so -

     - und den Tornister."Einen langen Schluck. Der gute

    Kerl öffnet mir den Waffenrock. Ich lehne mich gegen

    den Steinhaufen. Ganz warm quillt das Blut hervor;

    wie lange kann´s dauern, dann ist´s vorbei. Aus dem

    Rocktäschchen ziehe ich das Verbandszeug, öffne es hastig

    und drücke es auf die Wunde. Dann warte ich ab,

    minutenlang; auf dem Wege vor mir stehen die braven

    Kerle und feuern; da ist auch A. noch mit den schwarzen

    Quasten. "Kinder, schickt mir doch einen Arzt." Mir

    fängt´s an, vor den Augen zu flimmern. Da kommt das

    Soldatengefühl: du mußt Dich [sic] wehren, darfst  nicht dich

    dumpf in dein Schicksal ergeben. Die Schlacht geht weiter;

    hier findet dich keiner . . .

        Mit Schmerzen richte ich mich empor - stülpe mir

    den Helm auf den Kopf - die Feldbinde, die Pistole -

    das Glas schenke ich einem Soldaten, er braucht´s jetzt

    nötiger als ich, und dann meinen Degen - den lasse ich

    nicht, er braucht sich meiner nicht zu schämen - so

    schleppe ich mich an den Weg. Was geht mich das Pfeifen

    an, ich habe meinen Teil. Noch immer stehen die

    wackeren Kerle und feuern vom Wege gegen die Kohlenhalde

     - einen winke ich heran -  "Um Gotteswillen,

    Herr Leutnant!" . . . "Bringe mich zum Verbandplatz, 

    mein Junge." . . . Er gibt mir seinen Arm . . . "Mußt


     3. Spalte 

    der englischen Kriegsberichterstattung gewöhnt ist, darf

    man ruhig annehmen, daß auch die englischen Schiffe

    zum mindesten kampfunfähig geworden sind. Leider

    brachte der Kampf den Verlust einiger unserer Schiffe, 

    aber ohne Kampf kein Sieg. Die Helden der Nordsee

    leben bei uns in treuem Angedenken und als leuchtendes

    Beispiel deutscher Seemannstreue fort.

        Unsere Schiff haben, wie Staatssekretär Tirpitz

    sagte, die Aufgabe, die deutsche Küste zu schützen, und

    diese Aufgabe haben sie bisher glänzend gelöst. Kein

    englisches Schiff hat sich bis jetzt den deutschen Gestaden

    nähern dürfen, und auch ferner werden unsere blauen

    Jungen so scharf auf der Wacht stehen, daß die Englän-

    der sich allemal blutige Köpfe holen, wenn sie kommen.

        WTB. Berlin, 29. August. Im Laufe des gestrigen

    Vormittags sind bei teilweise unsichtigem Wetter mehrere

    moderne englische kleine Kreuzer und zwei englische Zer-

    störerflottillen (ca. 40 Zerstörer) in der deutschen Bucht

    der Nordsee unweit Helgoland aufgetreten. Es kam zu

    hartnäckigen Einzelgefechten zwischen ihnen und unsern

    leichten Streitkräften. Die deutschen kleinen Kreuzer

    drängten lebhaft nach Westen nach und gerieten dabei

    infolge der beschränkten Sichtweite ins Gefecht mit

    mehreren starken englischen Panzerkreuzern. S. M. S.

    "Ariadne" (Kleiner Kreuzer mit 2650 Tonnen Wasser-

    verdrängung) sank, von zwei Schlachtschiffkreuzern der

    Lion-Klasse auf kurze Entfernung mit schwerer Artillerie

    beschossen, nach ehrenvollem Kampfe. Der weitaus größte

    Teil der Besatzung, voraussichtlich 250 Köpfe, konnte

    gerettet werden.

        Auch das Torpedoboot V 187 ging, von einem kleinen

    Kreuzer und den Zerstörern aufs heftigste beschossen, bis

    zuletzt feuernd, in die Tiefe. Flottillenchef und Kom-

    mandant sind gefallen. Ein beträchtlicher Teil der Be-

    satzung wurde gerettet. Die kleinen Kreuzer Cöln und

    Mainz werden vermißt. Sie sind nach einer heutigen

    Reutermeldung aus London gleichfalls im Kampfe mit

    überlegenen Gegnern gesunken. Ein Teil  der Be-

    satzung, 2 Offiziere und 81 Mann (?) scheinen durch eng-

    lische Schiffe gerettet zu sein. Nach der gleichen Quelle

    haben die englischen Schiffe schwere Beschädigungen er-

    litten.

                       Heldenmut unserer blauen Jungen.

        Ueber die heldenmütige Energie, mit der  Torpedo-

    boot V 187 sich bis zum letzten Augenblick gegen feind-

    liche Uebermacht wehrte, gibt der Bericht eines Augen-

    zeugen Kunde, dem wir folgendes entnehmen:

        V 187 sah sich bei dichtem Wetter ganz unerwartet

    zunächst von Norden, dann allerseits von Massen eng-

    lischer Torpedobootzerstörer und Unterseebooten ange-

    griffen. V 187 wehrte sich unverzüglich mit allen Kräf-

    ten, da setzten zahllose Geschosse, aus nächster Nähe ab-

    gegeben, die Bewegungsfähigkeit herab. Da keine Mög-

    lichkeit vorhanden war, sich dem feindlichen Feuer zu ent-

    ziehen, drehte V 187 auf die Feinde zu, um ein Passier-

    gefecht zu gewinnen und bis zum Ende durchzukämpfen.

    Als unter dem Geschoßhagel die Bewegungsfähigkeit

    verloren gegangen war, wurde schnell im Innern eine

    Sprengung vorgenommen, um das Boot nicht in Fein-

    deshand fallen zu lassen. Jetzt sank es schnell und wäh-

    rend es sank, stand die Mannschaft bis zum letzten

    Augenblick an den noch brauchbaren Geschützen und

    feuerte. Der Flottillenchef, Korvettenkapitän Wallis,

    und der Kommandant, Kapitänleutnant Zechter fanden

    den Heldentod.  Anzuerkennen ist, daß der Gegner un-

    geachtet der eigenen Gefahr Beiboote zur Rettung der

    Unsrigen aussetzte. Als sich deutsche missing

    ten,mußte er sich von missing

    denen sie dann die geretteten Deutsche missing

                              Wie die "Ariadne" unterging.

        Vom Untergang S. M. Schiff "Ariadne" gibt der

    gleiche Augenzeuge folgendes Bild.

        Vom Kanonendonner gerufen, der ein Gefecht der

    Vorposten mit Streitkräften anzeigt, eilt S. M. Schiff 

    "Ariadne" zu Hilfe. An der Vorpostenkette entdeckt sie,


     Fortsetzung item 15. 1. Spalte 

    _______________________________________________________________

     Fortsetzung von 2. Spalte Kriegsbriefe 

    aber langsam mit mir gehen, kann nicht mehr wie

    vorhin."

        Um uns pfeift´s und donnert´s . Der gute P. stützt

    mich. Wie sagt unser Bismarck?   "Kein deutscher Offi-

    zier läßt seinen Soldaten im Stich - kein deutscher

    Soldat seinen Offizier." . . . Nein, weiß Gott nicht! - 

        Auf dem Wege stehen zwei belgische Bauern -  die

    lauern auf uns. Wehren kann ich mich jetzt nicht.

    "Komm, da in die Hecke hab´ ich vorhin ein Loch getreten

     -  da durch." Ich humple voran - P., das Gewehr

    schußbereit, hinterdrein.

        Auf der Dorfstraße . . .  Die Truppen drängen nach

    vorn, uns entgegen - sie weichen mir alle aus, die

    Braven . . .  Donnerwetter, könnt´ ich noch mit! - 

    "Kinder, haut sie in die Pfanne!" (Konnt´s nur leise

    sagen,aber sie verstehen´s.)  "Wenn wir sie nur erst ha-

    ben, Herr Leutnant!"

        Der belgische Verbandplatz liegt dort. - "Den mag

    ich nicht, komm´ bring mich weiter, wir wollen zum

    deutschen Lazarett."

        So schleppe ich mich weiter - die Straße hinunter,

    wo der Tod so gräßliche Ernte gehalten. Wie liegen

    sie doch dicht, so starr, so stumm . . .  Unter 100 Deutschen

    ein Belgier . . .  O, diese feige Bande!

        Es greift doch an, dieses Humpeln. - "Seht ihr denn

    den Verbandplatz noch nicht, Jungens?"  -  "Er muß

    gleich da sein." Tapps - tapps.  "Langsam, Kinder,

    sonst tut mir´s weh" - ich hänge mich fester an den

    guten P. . . .

        Da steht der General. Er sieht mich, kommt einen

    Schritt auf mich zu: "Na, Herr Leutnant, hoffentlich

    wird´s wieder!"

        Antworten kann ich nicht - aber, so schwach ich bin,

    ich lasse den Arm meines Soldaten frei und lege die

    Hand an den Helm. - 

        Das Rote Kreuz! Gottlob - Ich danke dem guten

    P. und drücke ihm die Hand . . .  Sie schneiden mir das

    Hemd runter, der unermüdliche Stabsarzt verklebt mir

    die Wunde.

        Der Verbandsplatz ist nur ein kleiner Raum - drin

    liegen sechs, sieben Schwerverwundete und stöhnen und

    schreien . . .  So bleibe ich draußen und lehne mich

    sitzend an das Haus . . . Wie viele liegen hier. - Drü-

    ben G., der tapfere Leutnant der Radfahrerkompagnie

     - Schuß in den Leib . . .  Er streckt sich - kein Laut

    des Schmerzes kommt über seine Lippen - sein

    Gesicht ist ganz gelb.

       Neben mir sitzt ein belgischer Offizier -  er hat´s

    im Arm und im Bein. -  Immer kommen neue. -

    Dort sitzt Kurt W., mein Regimentskamerad - Schuß

    ins linke Bein -  aus einem Kellerfenster raus . . . .

        Da bringen sie unseren D. - mit dem ich so manche

    Stunde gebechert, gejubelt. - - -  Bis an die Grenze

    des Forts Fléron hat er seine Kompagnie geführt.

    Drauf los wie ein Held  - der Tapfersten einer - -

    nun mitten in die Brust . . . "Gestern noch auf stolzen

    Rossen . . . "

         Mich friert. Es ist ein trüber, kalter Morgen, der

    Regen säuselt nieder . . .  ich habe aber kein Hemd

    mehr, nur noch einen Aermel. Sie decken mir meinen

    Waffenrock über, der Belgier läßt mir seinen Mantel

    umhängen . . .

     


     Fortsetzung item 15 



  • September 4, 2017 20:42:53 Beate Jochem

     item 14


     Ueber 30 000 Russen in Ostpreußen gefangen.

    Der Sieg der Oesterreicher. Der Kampf in der Nordsee. Die Opfer vom

                                Kreuzer "Magdeburg".


     1. Spalte 

        Wie im Westen, so ist nunmehr auch im Osten die

    erste große Schlacht geschlagen worden. Der Unterschied

    liegt darin, daß sich die Russen in der Offensivstellung

    befanden, während wir den Ansturm abzuwehren hatten.

    Aus der Richtung von Niemen, wie von der Narew her,

    d. h. aus Süden und aus Osten waren erhebliche russische

    Streitkräfte im Anmarsche, die zwischen Insterburg und

    Graudenz in deutsches Gebiet einzubrechen versuchten.

    Ihr Zweck war offenbar, die deutsche Defensive zu durch-

    brechen, ehe die siegreich vordringenden Oesterreicher

    Verbindung mit uns erlangt haben. Die Absicht ist an

    der Wachsamkeit unserer Heeresleitung und der Tapfer-

    keit unserer Truppen gescheitert. Die russische Armee,

    an Zahl fast der bei Metz geschlagenen französischen Ar-

    mee gleich,  ist über die Grenze zurückgewichen und wird

    von unseren Truppen verfolgt. Durch diesen Sieg ist

    die Durchführung des gemeinschaftlichen Vormarsches

    unserer und der österreichischen Truppen gegen die

    Weichsel erleichtert worden. Es geht auf Warschau los!

        Die  Meldung über den Sieg lautet kurz und knapp:

        WTB. Berlin, 29. August.  Unsere Truppen in

    Preußen unter der Führung des Generalobersten Hinden-

    burg haben die von Narew vorgegangene russische Armee

    in Stärke von 5 Armeekorps und 3 Kavalleriedivisionen

    in dreitägiger Schlacht bei Gilgenburg-Ortelsburg ge-

    schlagen und verfolgen sie jetzt über die Grenze.

                                             Generalquartiermeister von Stein.

        Die am Sonnabend verbreitete Meldung von dem

    großen deutschen Siege über die Russen in Ostpreußen

    wird durch folgende neue erfreuliche Nachricht ergänzt:

        WTB. Berlin, 31. August.   Bei den großen

    Kämpfen, in denen die russische Armee bei Tannen-

    berg, Hohenstein und Ortelsburg geworfen wurden,

    sind nach vorläufiger Schätzung über 30000 Russen

    mit vielen hohen Offizieren in Gefangenschaft

    geraten.

        Eine erfreuliche Ergänzung zu der amtlichen Mel-

    dung über das Ergebnis der Schlacht bilden die folgen-

    den Mitteilungen, die aus amtlichen Quellen Ost-

    preußens stammen:

        Der vom Generalquartiermeister in seiner Ver-

    öffentlichung vom 25. August als bevorstehend angekün-

    digte Entscheidungskampf  hat begonnen. Als Einleitung

    erfolgte die Besetzung der Grenzstadt Neidenburg durch

    starke russische Kräfte. Die Russen plünderten die Stadt

    gründlich und bombardierten sie dann von den benach-

    barten Höhen. Den meisten Bürgern Neidenburgs,

    das etwa 6000 Einwohner hat, war es gelungen, über

    Hohenstein und Allenstein zu fliehen. Das 20. Armee-

    korps griff energisch in den Kampf gegen den russischen 

    Gegner ein. Die "Allensteiner Zeitung" kann mit amt-

    licher Genehmigung darüber melden: Unser tapferes

    20. Armeekorps steht seit 24 Stunden im Feuer mit

    einem an  Kräften weit überlegenen Gegner. Dank der

    Tapferkeit unserer Truppen und Führer ist es den

    Russen trotz der gewaltigen Uebermacht nicht gelun-

    gen, unsere Stellungen zu nehmen. Der Kampf hat sich

    dann zu einer Riesenschlacht auf der Linie Gilgenburg-

    Neidenburg-Ortelsburg entwickelt mit etwa 50 Kilo-

    meter Frontlänge. Hierüber teilt Landrat Hagemann

    in Marienburg der "Marienburger Zeitung" mit, daß

    zwei russische Armeekorps aufgerieben worden seien.

    _____________________________________________________________________________

                                             Kriegsbriefe.

                                Wie ich verwundet wurde

                         Von einem Mitkämpfer bei Lüttich.

    . . .  Mitten in dieses Dorfgefecht (Sturm auf Ft.

    Fléron) waren wir hineingerissen. Es blitzte aus allen

    Häusern, unablässig rollt der Donner der Geschütze, un-

    ablässig geht der Eisenregen nieder. Stockdunkel . . . 

    Wie sehnlich wünschen wir den Morgen heran. - Kein

    Gegner zu sehen - und doch sinkt Mann neben Mann.

    Aus den Mauern der Häuser sind nur winzige Steine

    gelöst - ein Flintenlauf ragt durch; in den Fenster-

    laden ein kleines Loch - der Lauf einer Jagdbüchse

    sprüht Flammen heraus - aus den Kellerfenstern, von

    den Böden zuckt und flammt und pfeift es . . . Wie

    im Hexenkessel . . . Und wir dürfen nicht schießen, um

    die Kameraden, die rechts und links vor uns im Gefecht

    liegen, nicht zu gefährden . . . Einer neben dem anderen 

    sinkt - Aechzen und Stöhnen überall. Hinweg über

    einen Haufen zuckender Leiber, vorsichtig - um keinem

    wehe zu tun - und um uns blitzt und kracht´s. Aus einem

    Eckhaus prasselt uns ein Hagel entgegen. -

    Zwanzig, fünfzig Läufe heben sich - , da brülle ich:

    "Keinen Schuß, Kerls! Wer kommt mit? Beil her!"

    Ein kleiner Musketier reicht mir eine Picke . . . Zehn

    braune Kerls drängen hinter mir nach. - Dann ein

    paar Hiebe mit Beil und Kolben - die Tür kracht ein

     - von der Decke her zucken Geschosse nieder . . . "Keiner

    die Bodentreppe hinauf! Hierbleiben! Streichhölzer

    her!" Und schon habe ich ein paar Strohballen vorge-

    rissen, - fünf Minuten später züngeln die Flammen

    aus allen Fenstern. "So, Jungs, nun vorwärts!" -

    Hinein wieder in die Dorfgasse . . . Da treffe ich mei-

    nen Kompagnieführer. "Hierher!" schreit er. "Ueber

    die Mauer, mir nach!"

        Zwei Kerle heben mich hoch, im Nu haben wir eine

    Gartenmauer überstiegen, und stürmen weiter, einer

    belgischen Abteilung in den Rücken zu fallen. Manns-

    hohe Hecken, mit Stacheldraht durchzogen -  vier, fünf

     -  vor uns.  "Her, Kerls," rufe ich, "gebt mir die

    Drahtschere!" Ein paar wuchtige Jungens treten

    den Schlehdorn ein - ich knipse den Draht durch und gehe

    ihnen voran, - meine Hose hängt in Fetzen runter.

    Die Hecken werden genommen - auf einmal kracht es

    auf uns her - nur wenige Sekunden, dann saust eine

    Haubitze in den verruchten  Giebel - Steine spritzen

    umher -  das Gemäuer sinkt donnernd zusammen.

    Feuer von links! - Da sind die Unsern, sie schießen 

    auf uns - sie erkennen uns noch immer nicht. Wir

    brüllen ihnen die Losung zu: "Der Kaiser! Der Kaiser!"

     - Sie hören uns nicht in dem Höllenlärm. "Hornist,"

    rufe ich, "blasen Sie Signal!" Der brave Junge - er

    war von den vierten Jägern, nimmt das Horn und

    schmettert: Das Ganze! - Das Ganze! - Da kommt´s

    von drüben zurück. Wir erkennen uns - es sind die

    27er - ich drücke dem Hauptmann, den ich seit Jahren

    kenne, die Hand. - 

                             Heller Morgen, ¼ 7 Uhr (am 6. August).

        Vor uns liegt ein Kohlenbergwerk. Zwei Kohlen-

    halden sind einige Meter hoch im Winkel zu einander

    aufgeschüttet - da stürmen wir hinauf: Ein Jäger-


     Fortsetzung 2. Spalte Mitte 

    _______________________________________________________________

     2. Spalte 

    Siegreiches Vordringen der Oesterreicher.

        WTB. Wien, 30. August.  Der Korrespondent des

    Neuen Wiener Tagebl. im Hauptquartier meldet: Die

    große Schlacht ist heute, am vierten Tage, in vollem

    Gange und steht gut für uns. Die linke Flügelgruppe

    rückt gegen Lublin und Zamocs langsam aber sicher vor,

    stößt aber immer wieder auf den neuverschanzten Gegner

    und anstelle von Frontalangriffen sind zeitraubende Um-

    gehungen nötig. Drei Zügen des Infanterieregiments

    Nr. 72 gelang ein rascher Frontalangriff,  bei dem zwei

    russische Hauptleute, sechs Subalternoffiziere und 470

    Mann gefangen genommen wurden.  Die Kräftegruppe

    zwischen Bug und Wieprz griff eine russische Division

    von drei Seiten mit Erfolg an, sodaß sie nur unter dem

    Schutze der Nacht entkamen. Generalstabshauptmann

    Roßmann stürzte mit seinem Flugzeug ab und wurde

    getötet. Das Armeeverordnungsblatt veröffentlichte ge-

    rade heute eine Auszeichnung Roßmanns für hervor-

    ragend tapferes Verhalten vor dem Feinde.

        WTB. Wien, 30. August. (Nicht amtlich.)  Soweit

    sich bis gestern mittag überblicken ließ, ist das große

    Ringen unserer Armee mit den Hauptkräften des russi-

    schen Heeres noch nicht zur Entscheidung herangereift.

    Nur die Erfolge der vom General der Kavallerie Viktor

    Dankl in der Schlacht bei Krasnik siegreich geführten

    Armee sind bereits einigermaßen zu übersehen. In ei-

    ner zweiten Schlacht am 27. August, die durch die helden-

    mütige Erstürmung einer stark befestigten Stellung auf

    den Höhen von  Niedrzwiosduca  gekrönt war, gelang es,

    die bei Krasnik zurückgeworfenen russischen Kräfte und

    herangeführten Verstärkungen, im ganzen etwa zehn

    Divisionen, durch sechs verschiedene Korps neuerlich zu

    schlagen. Eines unserer Korps nahm in dieser zweiten

    Schlacht einen General, einen Oberst, drei sonstige

    Stabspersonen, vierzig Offiziere und zirka 2000 Mann

    gefangen und erbeutete wieder sehr viel Kriegsmaterial.

        WTB. Wien, 31. August. Die Schlachten auf dem

    östlichen Kriegsschauplatz dauern mit ungeminderter

    Heftigkeit fort. Oestlich unserer trotz mehrfacher be-

    festigter Stellungen des Feindes unaufhaltsam gegen

    Lublin vordringenden Armee Dankl haben unsere zwischen

    Bug und Wieprz vorgeführten Kräfte am 26. August

    den Angriff auf die dem Raume bei Cholm stehen-

    den starken russischen Kräfte begonnen. Hierbei ent-

    wickelten sich wie bei Krasnik wieder harte, für unsere

    angriffsfreudigen Truppen siegreich verlaufende Kämpfe

    bei  Zamoid  sowie nördlich und östlich bei Tomaszow.

    In diesen Kämpfen wurden ebenso wie in den Schlach-

    ten bei Krasnik tausende von Gefangenen gemacht. 

    In Ostgalizien behaupten sich unsere Truppen mit helden-

    mütiger Bravour und Zähigkeit gegen sehr starke uns

    überlegene feindliche Kräfte. Auf dem südlichen Kriegs-

    schauplatz haben in letzter Zeit neue Kämpfe statt-

    gefunden. 

                           Der Kampf in der Nordsee.

       Der lange erwartete Zusammenstoß unserer Flotte

    mit der englischen ist erfolgt. Die Nordsee bei Helgo-

    land war der Kampfplatz, wo der Seekrieg heftig tobte.

    Der Kampf erfolgte bei unsichtigem Wetter und er zog

    sich nach Westen, also nach der englischen Küste zu hin.

    Mehrere kleine Kreuzer unserer Flotte stießen todes-

    mutig vor und gerieten dabei in einen Kampf mit einer

    überlegenen starken englischen Flotte. Unsere Schiffe

    mußten der Uebermacht weichen, haben den Engländern

    aber, wie ein englischer Bericht eingesteht, schwere Be-

    schädigungen beigebracht. Nach dem, was man sonst von


     Fortsetzung  3. Spalte oben 

    ________________________________________________________________ 

      Fortsetzung von  1. Spalte  Kriegsbriefe 

    leutnant, ein Kompagniekamerad von mir, Sch., dann

    ein riesiger Adjutant von den 27ern, A., ein tapferer

    Junge, der nicht mit der Wimper zuckte -  am  Wege

    unten bleibt H. zurück, der furchtlose Regimentsadjunkt

    vom Regiment Louis Ferdinand, und mit ungefähr 10

    Mann nimmt der Hauptmann v. B. die Häuser in un-

    serm Rücken unter Feuer, er selbst hat den Degen ab-

    gelegt und führt das Gewehr . . .

        Oben von meiner Kohlenhalde sehe ich ein Gehöft

    und zum ersten Male belgische Infanterie - sonst wa-

    ren die Kerle gelaufen, als sei der Deibel hinter ihnen.

     - Jetzt heben sie die Büchse an die Backe. Ich lasse

    das Feuer aufnehmen und beobachte durch das Glas die

    Wirkung . . . "Ruhig zielen, Kerls, ihr schießt zu weit"

    . . . Zwei schwarze Mäntel sehe ich sich im Sande wälzen.

         "Hols der Deibel!" Sie schießen von rechts her - 

    von der anderen Halde . . .  Da steht noch auf unserem

    Flügel der lange A. Seine Schärpe flattert, die Quasten

    sind schwarz von Kohlenstaub, er schießt auf die Bande

    rechts - jetzt knallt´s auch von hintenher aus den

    Häusern . . .

        Ich setze das Glas ab und sehe mich um. Da links

    am Flügel liegt mein Kamerad Sch., hat einem Ver-

    wundeten das Gewehr abgenommen und schießt nach dem

    Gehöft . . .  Rechts von mir - ja, was ist denn das?

    Einer nach dem andern "klappt ab" . . . Der läßt den

    Kopf vornüber, der rollt den Abhang hinunter, der

    schreit . . . Sie schießen wie besessen auf uns. Nun

    liegt nur noch einer rechts von mir, eben fängt auch der

    an, sich hin und her zu wälzen, Blut quillt aus dem

    Rock hervor, ich werde ihm sein Gewehr abnehmen; ich

    richte mich auf . . . Donnerwetter, ich fühle einen

    Schlag vor der linken Brust: "Kinder, jetzt hat´s mich

    auch." . . .

        Ich rutsche den Abhang hinab, das Blut kommt mir

    aus dem Munde . . .  hinter einem Steinhaufen finde

    ich Deckung vor dem mörderischen Feuer. Ich bitte einen

    Soldaten: "Mach mir mal die Feldflasche ab - so -

     - und den Tornister."Einen langen Schluck. Der gute

    Kerl öffnet mir den Waffenrock. Ich lehne mich gegen

    den Steinhaufen. Ganz warm quillt das Blut hervor;

    wie lange kann´s dauern, dann ist´s vorbei. Aus dem

    Rocktäschchen ziehe ich das Verbandszeug, öffne es hastig

    und drücke es auf die Wunde. Dann warte ich ab,

    minutenlang; auf dem Wege vor mir stehen die braven

    Kerle und feuern; da ist auch A. noch mit den schwarzen

    Quasten. "Kinder, schickt mir doch einen Arzt." Mir

    fängt´s an, vor den Augen zu flimmern. Da kommt das

    Soldatengefühl: du mußt Dich [sic] wehren, darfst  nicht dich

    dumpf in dein Schicksal ergeben. Die Schlacht geht wei-

    ter; hier findet dich keiner . . .

        Mit Schmerzen richte ich mich empor - stülpe mir

    den Helm auf den Kopf - die Feldbinde, die Pistole -

    das Glas schenke ich einem Soldaten, er braucht´s jetzt

    nötiger als ich, und dann meinen Degen - den lasse ich

    nicht, er braucht sich meiner nicht zu schämen - so

    schleppe ich mich an den Weg. Was geht mich das Pfei-

    fen an, ich habe meinen Teil. Noch immer stehen die

    wackeren Kerle und feuern vom Wege gegen die Kohlen-

    halde - einen winke ich heran . . .  "Um Gotteswillen,

    Herr Leutnant!" . . . "Bringe mich zum Verbandplatz, 

    mein Junge." . . . Er gibt mir seinen Arm . . . "Mußt


     3. Spalte 

    der englischen Kriegsberichterstattung gewöhnt ist, darf

    man ruhig annehmen, daß auch die englischen Schiffe

    zum mindesten kampfunfähig geworden sind. Leider

    brachte der Kampf den Verlust einiger unserer Schiffe, 

    aber ohne Kampf kein Sieg. Die Helden der Nordsee

    leben bei uns in treuem Angedenken und als leuchtendes

    Beispiel deutscher Seemannstreue fort.

        Unsere Schiff haben, wie Staatssekretär Tirpitz

    sagte, die Aufgabe, die deutsche Küste zu schützen, und

    diese Aufgabe haben sie bisher glänzend gelöst. Kein

    englisches Schiff hat sich bis jetzt den deutschen Gestaden

    nähern dürfen, und auch ferner werden unsere blauen

    Jungen so scharf auf der Wacht stehen, daß die Englän-

    der sich allemal blutige Köpfe holen, wenn sie kommen.

        WTB. Berlin, 29. August. Im Laufe des gestrigen

    Vormittags sind bei teilweise unsichtigem Wetter mehrere

    moderne englische kleine Kreuzer und zwei englische Zer-

    störerflottillen (ca. 40 Zerstörer) in der deutschen Bucht

    der Nordsee unweit Helgoland aufgetreten. Es kam zu

    hartnäckigen Einzelgefechten zwischen ihnen und unsern

    leichten Streitkräften. Die deutschen kleinen Kreuzer

    drängten lebhaft nach Westen nach und gerieten dabei

    infolge der beschränkten Sichtweite ins Gefecht mit

    mehreren starken englischen Panzerkreuzern. S. M. S.

    "Ariadne" (Kleiner Kreuzer mit 2650 Tonnen Wasser-

    verdrängung) sank, von zwei Schlachtschiffkreuzern der

    Lion-Klasse auf kurze Entfernung mit schwerer Artillerie

    beschossen, nach ehrenvollem Kampfe. Der weitaus größte

    Teil der Besatzung, voraussichtlich 250 Köpfe, konnte

    gerettet werden.

        Auch das Torpedoboot V 187 ging, von einem kleinen

    Kreuzer und den Zerstörern aufs heftigste beschossen, bis

    zuletzt feuernd, in die Tiefe. Flottillenchef und Kom-

    mandant sind gefallen. Ein beträchtlicher Teil der Be-

    satzung wurde gerettet. Die kleinen Kreuzer Cöln und

    Mainz werden vermißt. Sie sind nach einer heutigen

    Reutermeldung aus London gleichfalls im Kampfe mit

    überlegenen Gegnern gesunken. Ein Teil  der Be-

    satzung, 2 Offiziere und 81 Mann (?) scheinen durch eng-

    lische Schiffe gerettet zu sein. Nach der gleichen Quelle

    haben die englischen Schiffe schwere Beschädigungen er-

    litten.

                       Heldenmut unserer blauen Jungen.

        Ueber die heldenmütige Energie, mit der  Torpedo-

    boot V 187 sich bis zum letzten Augenblick gegen feind-

    liche Uebermacht wehrte, gibt der Bericht eines Augen-

    zeugen Kunde, dem wir folgendes entnehmen:

        V 187 sah sich bei dichtem Wetter ganz unerwartet

    zunächst von Norden, dann allerseits von Massen eng-

    lischer Torpedobootzerstörer und Unterseebooten ange-

    griffen. V 187 wehrte sich unverzüglich mit allen Kräf-

    ten, da setzten zahllose Geschosse, aus nächster Nähe ab-

    gegeben, die Bewegungsfähigkeit herab. Da keine Mög-

    lichkeit vorhanden war, sich dem feindlichen Feuer zu ent-

    ziehen, drehte V 187 auf die Feinde zu, um ein Passier-

    gefecht zu gewinnen und bis zum Ende durchzukämpfen.

    Als unter dem Geschoßhagel die Bewegungsfähigkeit

    verloren gegangen war, wurde schnell im Innern eine

    Sprengung vorgenommen, um das Boot nicht in Fein-

    deshand fallen zu lassen. Jetzt sank es schnell und wäh-

    rend es sank, stand die Mannschaft bis zum letzten

    Augenblick an den noch brauchbaren Geschützen und

    feuerte. Der Flottillenchef, Korvettenkapitän Wallis,

    und der Kommandant, Kapitänleutnant Zechter fanden

    den Heldentod.  Anzuerkennen ist, daß der Gegner un-

    geachtet der eigenen Gefahr Beiboote zur Rettung der

    Unsrigen aussetzte. Als sich deutsche missing

    ten,mußte er sich von missing

    denen sie dann die geretteten Deutsche missing

                              Wie die "Ariadne" unterging.

        Vom Untergang S. M. Schiff "Ariadne" gibt der

    gleiche Augenzeuge folgendes Bild.

        Vom Kanonendonner gerufen, der ein Gefecht der

    Vorposten mit Streitkräften anzeigt, eilt S. M. Schiff 

    "Ariadne" zu Hilfe. An der Vorpostenkette entdeckt sie,


     Fortsetzung item 15. 1. Spalte 

    _______________________________________________________________

     Fortsetzung von 2. Spalte Kriegsbriefe 

    aber langsam mit mir gehen, kann nicht mehr wie

    vorhin."

        Um uns pfeift´s und donnert´s . Der gute P. stützt

    mich. Wie sagt unser Bismarck?   "Kein deutscher Offi-

    zier läßt seinen Soldaten im Stich - kein deutscher

    Soldat seinen Offizier." . . . Nein, weiß Gott nicht! - 

        Auf dem Wege stehen zwei belgische Bauern -  die

    lauern auf uns. Wehren kann ich mich jetzt nicht.

    "Komm, da in die Hecke hab´ ich vorhin ein Loch getreten

     -  da durch." Ich humple voran - P., das Gewehr

    schußbereit, hinterdrein.

        Auf der Dorfstraße . . .  Die Truppen drängen nach

    vorn, uns entgegen - sie weichen mir alle aus, die

    Braven . . .  Donnerwetter, könnt´ ich noch mit! - 

    "Kinder, haut sie in die Pfanne!" (Konnt´s nur leise

    sagen,aber sie verstehen´s.)  "Wenn wir sie nur erst ha-

    ben, Herr Leutnant!"

        Der belgische Verbandplatz liegt dort. - "Den mag

    ich nicht, komm´ bring mich weiter, wir wollen zum

    deutschen Lazarett."

        So schleppe ich mich weiter - die Straße hinunter,

    wo der Tod so gräßliche Ernte gehalten. Wie liegen

    sie doch dicht, so starr, so stumm . . .  Unter 100 Deutschen

    ein Belgier . . .  O, diese feige Bande!

        Es greift doch an, dieses Humpeln. - "Seht ihr denn

    den Verbandplatz noch nicht, Jungens?"  -  "Er muß

    gleich da sein." Tapps - tapps.  "Langsam, Kinder,

    sonst tut mir´s weh" - ich hänge mich fester an den

    guten P. . . .

        Da steht der General. Er sieht mich, kommt einen

    Schritt auf mich zu: "Na, Herr Leutnant, hoffentlich

    wird´s wieder!"

        Antworten kann ich nicht - aber, so schwach ich bin,

    ich lasse den Arm meines Soldaten frei und lege die

    Hand an den Helm. - 

        Das Rote Kreuz! Gottlob - Ich danke dem guten

    P. und drücke ihm die Hand . . .  Sie schneiden mir das

    Hemd runter, der unermüdliche Stabsarzt verklebt mir

    die Wunde.

        Der Verbandsplatz ist nur ein kleiner Raum - drin

    liegen sechs, sieben Schwerverwundete und stöhnen und

    schreien . . .  So bleibe ich draußen und lehne mich

    sitzend an das Haus . . . Wie viele liegen hier. - Drü-

    ben G., der tapfere Leutnant der Radfahrerkompagnie

     - Schuß in den Leib . . .  Er streckt sich - kein Laut

    des Schmerzes kommt über seine Lippen - sein

    Gesicht ist ganz gelb.

       Neben mir sitzt ein belgischer Offizier -  er hat´s

    im Arm und im Bein. -  Immer kommen neue. -

    Dort sitzt Kurt W., mein Regimentskamerad - Schuß

    ins linke Bein -  aus einem Kellerfenster raus . . . .

        Da bringen sie unseren D. - mit dem ich so manche

    Stunde gebechert, gejubelt. - - -  Bis an die Grenze

    des Forts Fléron hat er seine Kompagnie geführt.

    Drauf los wie ein Held  - der Tapfersten einer - -

    nun mitten in die Brust . . . "Gestern noch auf stolzen

    Rossen . . . "

         Mich friert. Es ist ein trüber, kalter Morgen, der

    Regen säuselt nieder . . .  ich habe aber kein Hemd

    mehr, nur noch einen Aermel. Sie decken mir meinen

    Waffenrock über, der Belgier läßt mir seinen Mantel

    umhängen . . .


     Fortsetzung item 15 



  • September 4, 2017 20:41:47 Beate Jochem

     item 14


     Ueber 30 000 Russen in Ostpreußen gefangen.

    Der Sieg der Oesterreicher. Der Kampf in der Nordsee. Die Opfer vom

                                Kreuzer "Magdeburg".


     1. Spalte 

        Wie im Westen, so ist nunmehr auch im Osten die

    erste große Schlacht geschlagen worden. Der Unterschied

    liegt darin, daß sich die Russen in der Offensivstellung

    befanden, während wir den Ansturm abzuwehren hatten.

    Aus der Richtung von Niemen, wie von der Narew her,

    d. h. aus Süden und aus Osten waren erhebliche russische

    Streitkräfte im Anmarsche, die zwischen Insterburg und

    Graudenz in deutsches Gebiet einzubrechen versuchten.

    Ihr Zweck war offenbar, die deutsche Defensive zu durch-

    brechen, ehe die siegreich vordringenden Oesterreicher

    Verbindung mit uns erlangt haben. Die Absicht ist an

    der Wachsamkeit unserer Heeresleitung und der Tapfer-

    keit unserer Truppen gescheitert. Die russische Armee,

    an Zahl fast der bei Metz geschlagenen französischen Ar-

    mee gleich,  ist über die Grenze zurückgewichen und wird

    von unseren Truppen verfolgt. Durch diesen Sieg ist

    die Durchführung des gemeinschaftlichen Vormarsches

    unserer und der österreichischen Truppen gegen die

    Weichsel erleichtert worden. Es geht auf Warschau los!

        Die  Meldung über den Sieg lautet kurz und knapp:

        WTB. Berlin, 29. August.  Unsere Truppen in

    Preußen unter der Führung des Generalobersten Hinden-

    burg haben die von Narew vorgegangene russische Armee

    in Stärke von 5 Armeekorps und 3 Kavalleriedivisionen

    in dreitägiger Schlacht bei Gilgenburg-Ortelsburg ge-

    schlagen und verfolgen sie jetzt über die Grenze.

                                             Generalquartiermeister von Stein.

        Die am Sonnabend verbreitete Meldung von dem

    großen deutschen Siege über die Russen in Ostpreußen

    wird durch folgende neue erfreuliche Nachricht ergänzt:

        WTB. Berlin, 31. August.   Bei den großen

    Kämpfen, in denen die russische Armee bei Tannen-

    berg, Hohenstein und Ortelsburg geworfen wurden,

    sind nach vorläufiger Schätzung über 30000 Russen

    mit vielen hohen Offizieren in Gefangenschaft

    geraten.

        Eine erfreuliche Ergänzung zu der amtlichen Mel-

    dung über das Ergebnis der Schlacht bilden die folgen-

    den Mitteilungen, die aus amtlichen Quellen Ost-

    preußens stammen:

        Der vom Generalquartiermeister in seiner Ver-

    öffentlichung vom 25. August als bevorstehend angekün-

    digte Entscheidungskampf  hat begonnen. Als Einleitung

    erfolgte die Besetzung der Grenzstadt Neidenburg durch

    starke russische Kräfte. Die Russen plünderten die Stadt

    gründlich und bombardierten sie dann von den benach-

    barten Höhen. Den meisten Bürgern Neidenburgs,

    das etwa 6000 Einwohner hat, war es gelungen, über

    Hohenstein und Allenstein zu fliehen. Das 20. Armee-

    korps griff energisch in den Kampf gegen den russischen 

    Gegner ein. Die "Allensteiner Zeitung" kann mit amt-

    licher Genehmigung darüber melden: Unser tapferes

    20. Armeekorps steht seit 24 Stunden im Feuer mit

    einem an  Kräften weit überlegenen Gegner. Dank der

    Tapferkeit unserer Truppen und Führer ist es den

    Russen trotz der gewaltigen Uebermacht nicht gelun-

    gen, unsere Stellungen zu nehmen. Der Kampf hat sich

    dann zu einer Riesenschlacht auf der Linie Gilgenburg-

    Neidenburg-Ortelsburg entwickelt mit etwa 50 Kilo-

    meter Frontlänge. Hierüber teilt Landrat Hagemann

    in Marienburg der "Marienburger Zeitung" mit, daß

    zwei russische Armeekorps aufgerieben worden seien.

    _____________________________________________________________________________

                                             Kriegsbriefe.

                                Wie ich verwundet wurde

                         Von einem Mitkämpfer bei Lüttich.

    . . .  Mitten in dieses Dorfgefecht (Sturm auf Ft.

    Fléron) waren wir hineingerissen. Es blitzte aus allen

    Häusern, unablässig rollt der Donner der Geschütze, un-

    ablässig geht der Eisenregen nieder. Stockdunkel . . . 

    Wie sehnlich wünschen wir den Morgen heran. - Kein

    Gegner zu sehen - und doch sinkt Mann neben Mann.

    Aus den Mauern der Häuser sind nur winzige Steine

    gelöst - ein Flintenlauf ragt durch; in den Fenster-

    laden ein kleines Loch - der Lauf einer Jagdbüchse

    sprüht Flammen heraus - aus den Kellerfenstern, von

    den Böden zuckt und flammt und pfeift es . . . Wie

    im Hexenkessel . . . Und wir dürfen nicht schießen, um

    die Kameraden, die rechts und links vor uns im Gefecht

    liegen, nicht zu gefährden . . . Einer neben dem anderen 

    sinkt - Aechzen und Stöhnen überall. Hinweg über

    einen Haufen zuckender Leiber, vorsichtig - um keinem

    wehe zu tun - und um uns blitzt und kracht´s. Aus einem

    Eckhaus prasselt uns ein Hagel entgegen. -

    Zwanzig, fünfzig Läufe heben sich - , da brülle ich:

    "Keinen Schuß, Kerls! Wer kommt mit? Beil her!"

    Ein kleiner Musketier reicht mir eine Picke . . . Zehn

    braune Kerls drängen hinter mir nach. - Dann ein

    paar Hiebe mit Beil und Kolben - die Tür kracht ein

     - von der Decke her zucken Geschosse nieder . . . "Keiner

    die Bodentreppe hinauf! Hierbleiben! Streichhölzer

    her!" Und schon habe ich ein paar Strohballen vorge-

    rissen, - fünf Minuten später züngeln die Flammen

    aus allen Fenstern. "So, Jungs, nun vorwärts!" -

    Hinein wieder in die Dorfgasse . . . Da treffe ich mei-

    nen Kompagnieführer. "Hierher!" schreit er. "Ueber

    die Mauer, mir nach!"

        Zwei Kerle heben mich hoch, im Nu haben wir eine

    Gartenmauer überstiegen, und stürmen weiter, einer

    belgischen Abteilung in den Rücken zu fallen. Manns-

    hohe Hecken, mit Stacheldraht durchzogen -  vier, fünf

     -  vor uns.  "Her, Kerls," rufe ich, "gebt mir die

    Drahtschere!" Ein paar wuchtige Jungens treten

    den Schlehdorn ein - ich knipse den Draht durch und gehe

    ihnen voran, - meine Hose hängt in Fetzen runter.

    Die Hecken werden genommen - auf einmal kracht es

    auf uns her - nur wenige Sekunden, dann saust eine

    Haubitze in den verruchten  Giebel - Steine spritzen

    umher -  das Gemäuer sinkt donnernd zusammen.

    Feuer von links! - Da sind die Unsern, sie schießen 

    auf uns - sie erkennen uns noch immer nicht. Wir

    brüllen ihnen die Losung zu: "Der Kaiser! Der Kaiser!"

     - Sie hören uns nicht in dem Höllenlärm. "Hornist,"

    rufe ich, "blasen Sie Signal!" Der brave Junge - er

    war von den vierten Jägern, nimmt das Horn und

    schmettert: Das Ganze! - Das Ganze! - Da kommt´s

    von drüben zurück. Wir erkennen uns - es sind die

    27er - ich drücke dem Hauptmann, den ich seit Jahren

    kenne, die Hand. - 

                             Heller Morgen, ¼ 7 Uhr (am 6. August).

        Vor uns liegt ein Kohlenbergwerk. Zwei Kohlen-

    halden sind einige Meter hoch im Winkel zu einander

    aufgeschüttet - da stürmen wir hinauf: Ein Jäger-


     Fortsetzung 2. Spalte Mitte 

    _______________________________________________________________

     2. Spalte 

    Siegreiches Vordringen der Oesterreicher.

        WTB. Wien, 30. August.  Der Korrespondent des

    Neuen Wiener Tagebl. im Hauptquartier meldet: Die

    große Schlacht ist heute, am vierten Tage, in vollem

    Gange und steht gut für uns. Die linke Flügelgruppe

    rückt gegen Lublin und Zamocs langsam aber sicher vor,

    stößt aber immer wieder auf den neuverschanzten Gegner

    und anstelle von Frontalangriffen sind zeitraubende Um-

    gehungen nötig. Drei Zügen des Infanterieregiments

    Nr. 72 gelang ein rascher Frontalangriff,  bei dem zwei

    russische Hauptleute, sechs Subalternoffiziere und 470

    Mann gefangen genommen wurden.  Die Kräftegruppe

    zwischen Bug und Wieprz griff eine russische Division

    von drei Seiten mit Erfolg an, sodaß sie nur unter dem

    Schutze der Nacht entkamen. Generalstabshauptmann

    Roßmann stürzte mit seinem Flugzeug ab und wurde

    getötet. Das Armeeverordnungsblatt veröffentlichte ge-

    rade heute eine Auszeichnung Roßmanns für hervor-

    ragend tapferes Verhalten vor dem Feinde.

        WTB. Wien, 30. August. (Nicht amtlich.)  Soweit

    sich bis gestern mittag überblicken ließ, ist das große

    Ringen unserer Armee mit den Hauptkräften des russi-

    schen Heeres noch nicht zur Entscheidung herangereift.

    Nur die Erfolge der vom General der Kavallerie Viktor

    Dankl in der Schlacht bei Krasnik siegreich geführten

    Armee sind bereits einigermaßen zu übersehen. In ei-

    ner zweiten Schlacht am 27. August, die durch die helden-

    mütige Erstürmung einer stark befestigten Stellung auf

    den Höhen von  Niedrzwiosduca  gekrönt war, gelang es,

    die bei Krasnik zurückgeworfenen russischen Kräfte und

    herangeführten Verstärkungen, im ganzen etwa zehn

    Divisionen, durch sechs verschiedene Korps neuerlich zu

    schlagen. Eines unserer Korps nahm in dieser zweiten

    Schlacht einen General, einen Oberst, drei sonstige

    Stabspersonen, vierzig Offiziere und zirka 2000 Mann

    gefangen und erbeutete wieder sehr viel Kriegsmaterial.

        WTB. Wien, 31. August. Die Schlachten auf dem

    östlichen Kriegsschauplatz dauern mit ungeminderter

    Heftigkeit fort. Oestlich unserer trotz mehrfacher be-

    festigter Stellungen des Feindes unaufhaltsam gegen

    Lublin vordringenden Armee Dankl haben unsere zwischen

    Bug und Wieprz vorgeführten Kräfte am 26. August

    den Angriff auf die dem Raume bei Cholm stehen-

    den starken russischen Kräfte begonnen. Hierbei ent-

    wickelten sich wie bei Krasnik wieder harte, für unsere

    angriffsfreudigen Truppen siegreich verlaufende Kämpfe

    bei  Zamoid  sowie nördlich und östlich bei Tomaszow.

    In diesen Kämpfen wurden ebenso wie in den Schlach-

    ten bei Krasnik tausende von Gefangenen gemacht. 

    In Ostgalizien behaupten sich unsere Truppen mit helden-

    mütiger Bravour und Zähigkeit gegen sehr starke uns

    überlegene feindliche Kräfte. Auf dem südlichen Kriegs-

    schauplatz haben in letzter Zeit neue Kämpfe statt-

    gefunden. 

                           Der Kampf in der Nordsee.

       Der lange erwartete Zusammenstoß unserer Flotte

    mit der englischen ist erfolgt. Die Nordsee bei Helgo-

    land war der Kampfplatz, wo der Seekrieg heftig tobte.

    Der Kampf erfolgte bei unsichtigem Wetter und er zog

    sich nach Westen, also nach der englischen Küste zu hin.

    Mehrere kleine Kreuzer unserer Flotte stießen todes-

    mutig vor und gerieten dabei in einen Kampf mit einer

    überlegenen starken englischen Flotte. Unsere Schiffe

    mußten der Uebermacht weichen, haben den Engländern

    aber, wie ein englischer Bericht eingesteht, schwere Be-

    schädigungen beigebracht. Nach dem, was man sonst von


     Fortsetzung  3. Spalte oben 

    ________________________________________________________________ 

      Fortsetzung von  1. Spalte  Kriegsbriefe 

    leutnant, ein Kompagniekamerad von mir, Sch., dann

    ein riesiger Adjutant von den 27ern, A., ein tapferer

    Junge, der nicht mit der Wimper zuckte -  am  Wege

    unten bleibt H. zurück, der furchtlose Regimentsadjunkt

    vom Regiment Louis Ferdinand, und mit ungefähr 10

    Mann nimmt der Hauptmann v. B. die Häuser in un-

    serm Rücken unter Feuer, er selbst hat den Degen ab-

    gelegt und führt das Gewehr . . .

        Oben von meiner Kohlenhalde sehe ich ein Gehöft

    und zum ersten Male belgische Infanterie - sonst wa-

    ren die Kerle gelaufen, als sei der Deibel hinter ihnen.

     - Jetzt heben sie die Büchse an die Backe. Ich lasse

    das Feuer aufnehmen und beobachte durch das Glas die

    Wirkung . . . "Ruhig zielen, Kerls, ihr schießt zu weit"

    . . . Zwei schwarze Mäntel sehe ich sich im Sande wälzen.

         "Hols der Deibel!" Sie schießen von rechts her - 

    von der anderen Halde . . .  Da steht noch auf unserem

    Flügel der lange A. Seine Schärpe flattert, die Quasten

    sind schwarz von Kohlenstaub, er schießt auf die Bande

    rechts - jetzt knallt´s auch von hintenher aus den

    Häusern . . .

        Ich setze das Glas ab und sehe mich um. Da links

    am Flügel liegt mein Kamerad Sch., hat einem Ver-

    wundeten das Gewehr abgenommen und schießt nach dem

    Gehöft . . .  Rechts von mir - ja, was ist denn das?

    Einer nach dem andern "klappt ab" . . . Der läßt den

    Kopf vornüber, der rollt den Abhang hinunter, der

    schreit . . . Sie schießen wie besessen auf uns. Nun

    liegt nur noch einer rechts von mir, eben fängt auch der

    an, sich hin und her zu wälzen, Blut quillt aus dem

    Rock hervor, ich werde ihm sein Gewehr abnehmen; ich

    richte mich auf . . . Donnerwetter, ich fühle einen

    Schlag vor der linken Brust: "Kinder, jetzt hat´s mich

    auch." . . .

        Ich rutsche den Abhang hinab, das Blut kommt mir

    aus dem Munde . . .  hinter einem Steinhaufen finde

    ich Deckung vor dem mörderischen Feuer. Ich bitte einen

    Soldaten: "Mach mir mal die Feldflasche ab - so -

     - und den Tornister."Einen langen Schluck. Der gute

    Kerl öffnet mir den Waffenrock. Ich lehne mich gegen

    den Steinhaufen. Ganz warm quillt das Blut hervor;

    wie lange kann´s dauern, dann ist´s vorbei. Aus dem

    Rocktäschchen ziehe ich das Verbandszeug, öffne es hastig

    und drücke es auf die Wunde. Dann warte ich ab,

    minutenlang; auf dem Wege vor mir stehen die braven

    Kerle und feuern; da ist auch A. noch mit den schwarzen

    Quasten. "Kinder, schickt mir doch einen Arzt." Mir

    fängt´s an, vor den Augen zu flimmern. Da kommt das

    Soldatengefühl: du mußt Dich [sic] wehren, darfst  nicht dich

    dumpf in dein Schicksal ergeben. Die Schlacht geht wei-

    ter; hier findet dich keiner . . .

        Mit Schmerzen richte ich mich empor - stülpe mir

    den Helm auf den Kopf - die Feldbinde, die Pistole -

    das Glas schenke ich einem Soldaten, er braucht´s jetzt

    nötiger als ich, und dann meinen Degen - den lasse ich

    nicht, er braucht sich meiner nicht zu schämen - so

    schleppe ich mich an den Weg. Was geht mich das Pfei-

    fen an, ich habe meinen Teil. Noch immer stehen die

    wackeren Kerle und feuern vom Wege gegen die Kohlen-

    halde - einen winke ich heran . . .  "Um Gotteswillen,

    Herr Leutnant!" . . . "Bringe mich zum Verbandplatz, 

    mein Junge." . . . Er gibt mir seinen Arm . . . "Mußt


     3. Spalte 

    der englischen Kriegsberichterstattung gewöhnt ist, darf

    man ruhig annehmen, daß auch die englischen Schiffe

    zum mindesten kampfunfähig geworden sind. Leider

    brachte der Kampf den Verlust einiger unserer Schiffe, 

    aber ohne Kampf kein Sieg. Die Helden der Nordsee

    leben bei uns in treuem Angedenken und als leuchtendes

    Beispiel deutscher Seemannstreue fort.

        Unsere Schiff haben, wie Staatssekretär Tirpitz

    sagte, die Aufgabe, die deutsche Küste zu schützen, und

    diese Aufgabe haben sie bisher glänzend gelöst. Kein

    englisches Schiff hat sich bis jetzt den deutschen Gestaden

    nähern dürfen, und auch ferner werden unsere blauen

    Jungen so scharf auf der Wacht stehen, daß die Englän-

    der sich allemal blutige Köpfe holen, wenn sie kommen.

        WTB. Berlin, 29. August. Im Laufe des gestrigen

    Vormittags sind bei teilweise unsichtigem Wetter mehrere

    moderne englische kleine Kreuzer und zwei englische Zer-

    störerflottillen (ca. 40 Zerstörer) in der deutschen Bucht

    der Nordsee unweit Helgoland aufgetreten. Es kam zu

    hartnäckigen Einzelgefechten zwischen ihnen und unsern

    leichten Streitkräften. Die deutschen kleinen Kreuzer

    drängten lebhaft nach Westen nach und gerieten dabei

    infolge der beschränkten Sichtweite ins Gefecht mit

    mehreren starken englischen Panzerkreuzern. S. M. S.

    "Ariadne" (Kleiner Kreuzer mit 2650 Tonnen Wasser-

    verdrängung) sank, von zwei Schlachtschiffkreuzern der

    Lion-Klasse auf kurze Entfernung mit schwerer Artillerie

    beschossen, nach ehrenvollem Kampfe. Der weitaus größte

    Teil der Besatzung, voraussichtlich 250 Köpfe, konnte

    gerettet werden.

        Auch das Torpedoboot V 187 ging, von einem kleinen

    Kreuzer und den Zerstörern aufs heftigste beschossen, bis

    zuletzt feuernd, in die Tiefe. Flottillenchef und Kom-

    mandant sind gefallen. Ein beträchtlicher Teil der Be-

    satzung wurde gerettet. Die kleinen Kreuzer Cöln und

    Mainz werden vermißt. Sie sind nach einer heutigen

    Reutermeldung aus London gleichfalls im Kampfe mit

    überlegenen Gegnern gesunken. Ein Teil  der Be-

    satzung, 2 Offiziere und 81 Mann (?) scheinen durch eng-

    lische Schiffe gerettet zu sein. Nach der gleichen Quelle

    haben die englischen Schiffe schwere Beschädigungen er-

    litten.

                       Heldenmut unserer blauen Jungen.

        Ueber die heldenmütige Energie, mit der  Torpedo-

    boot V 187 sich bis zum letzten Augenblick gegen feind-

    liche Uebermacht wehrte, gibt der Bericht eines Augen-

    zeugen Kunde, dem wir folgendes entnehmen:

        V 187 sah sich bei dichtem Wetter ganz unerwartet

    zunächst von Norden, dann allerseits von Massen eng-

    lischer Torpedobootzerstörer und Unterseebooten ange-

    griffen. V 187 wehrte sich unverzüglich mit allen Kräf-

    ten, da setzten zahllose Geschosse, aus nächster Nähe ab-

    gegeben, die Bewegungsfähigkeit herab. Da keine Mög-

    lichkeit vorhanden war, sich dem feindlichen Feuer zu ent-

    ziehen, drehte V 187 auf die Feinde zu, um ein Passier-

    gefecht zu gewinnen und bis zum Ende durchzukämpfen.

    Als unter dem Geschoßhagel die Bewegungsfähigkeit

    verloren gegangen war, wurde schnell im Innern eine

    Sprengung vorgenommen, um das Boot nicht in Fein-

    deshand fallen zu lassen. Jetzt sank es schnell und wäh-

    rend es sank, stand die Mannschaft bis zum letzten

    Augenblick an den noch brauchbaren Geschützen und

    feuerte. Der Flottillenchef, Korvettenkapitän Wallis,

    und der Kommandant, Kapitänleutnant Zechter fanden

    den Heldentod.  Anzuerkennen ist, daß der Gegner un-

    geachtet der eigenen Gefahr Beiboote zur Rettung der

    Unsrigen aussetzte. Als sich deutsche missing

    ten,mußte er sich von missing

    denen sie dann die geretteten Deutsche missing

                              Wie die "Ariadne" unterging.

        Vom Untergang S. M. Schiff "Ariadne" gibt der

    gleiche Augenzeuge folgendes Bild.

        Vom Kanonendonner gerufen, der ein Gefecht der

    Vorposten mit Streitkräften anzeigt, eilt S. M. Schiff 

    "Ariadne" zu Hilfe. An der Vorpostenkette entdeckt sie,


     Fortsetzung item 15. 1. Spalte 

    _______________________________________________________________

     Fortsetzung von 2. Spalte Kriegsbriefe 

    aber langsam mit mir gehen, kann nicht mehr wie

    vorhin."

        Um uns pfeift´s und donnert´s . Der gute P. stützt

    mich. Wie sagt unser Bismarck?   "Kein deutscher Offi-

    zier läßt seinen Soldaten im Stich - kein deutscher

    Soldat seinen Offizier." . . . Nein, weiß Gott nicht! - 

        Auf dem Wege stehen zwei belgische Bauern -  die

    lauern auf uns. Wehren kann ich mich jetzt nicht.

    "Komm, da in die Hecke hab´ ich vorhin ein Loch getreten

     -  da durch." Ich humple voran - P., das Gewehr

    schußbereit, hinterdrein.

        Auf der Dorfstraße . . .  Die Truppen drängen nach

    vorn, uns entgegen - sie weichen mir alle aus, die

    Braven . . .  Donnerwetter, könnt´ ich noch mit! - 

    "Kinder, haut sie in die Pfanne!" (Konnt´s nur leise

    sagen,aber sie verstehen´s.)  "Wenn wir sie nur erst ha-

    ben, Herr Leutnant!"

        Der belgische Verbandplatz liegt dort. - "Den mag

    ich nicht, komm´ bring mich weiter, wir wollen zum

    deutschen Lazarett."

        So schleppe ich mich weiter - die Straße hinunter,

    wo der Tod so gräßliche Ernte gehalten. Wie liegen

    sie doch dicht, so starr, so stumm . . .  Unter 100 Deutschen

    ein Belgier . . .  O, diese feige Bande!

        Es greift doch an, dieses Humpeln. - "Seht ihr denn

    den Verbandplatz noch nicht, Jungens?"  -  "Er muß

    gleich da sein." Tapps - tapps.  "Langsam, Kinder,

    sonst tut mir´s weh" - ich hänge mich fester an den

    guten P. . . .

        Da steht der General. Er sieht mich, kommt einen

    Schritt auf mich zu: "Na, Herr Leutnant, hoffentlich

    wird´s wieder!"

        Antworten kann ich nicht - aber, so schwach ich bin,

    ich lasse den Arm meines Soldaten frei und lege die

    Hand an den Helm. - 

        Das Rote Kreuz! Gottlob - Ich danke dem guten

    P. und drücke ihm die Hand . . .  Sie schneiden mir das

    Hemd runter, der unermüdliche Stabsarzt verklebt mir

    die Wunde.

        Der Verbandsplatz ist nur ein kleiner Raum - drin

    liegen sechs, sieben Schwerverwundete und stöhnen und

    schreien . . .  So bleibe ich draußen und lehne mich

    sitzend an das Haus . . . Wie viele liegen hier. - Drü-

    ben G., der tapfere Leutnant der Radfahrerkompagnie

     - Schuß in den Leib . . .  Er streckt sich - kein Laut

    des Schmerzes kommt über seine Lippen - sein

    Gesicht ist ganz gelb.

       Neben mir sitzt ein belgischer Offizier -  er hat´s

    im Arm und im Bein. -  Immer kommen neue. -

    Dort sitzt Kurt W., mein Regimentskamerad - Schuß

    ins linke Bein -  aus einem Kellerfenster raus . . . .

        Da bringen sie unseren D. - mit dem ich so manche

    Stunde gebechert, gejubelt. - - -  Bis an die Grenze

    des Forts Fléron hat er seine Kompagnie geführt.

    Drauf los wie ein Held  - der Tapfersten einer - -

    nun mitten in die Brust . . . "Gestern noch auf stolzen

    Rossen . . . "

         Mich friert. Es ist ein trüber, kalter Morgen, der

    Regen säuselt nieder . . .  ich habe aber kein Hemd

    mehr, nur noch einen Aermel. Sie decken mir meinen

    Waffenrock über, der Belgier läßt mir seinen Mantel

    umhängen . . .


  • September 4, 2017 20:35:59 Beate Jochem

     item 14


     Ueber 30 000 Russen in Ostpreußen gefangen.

    Der Sieg der Oesterreicher. Der Kampf in der Nordsee. Die Opfer vom

                                Kreuzer "Magdeburg".


     1. Spalte 

        Wie im Westen, so ist nunmehr auch im Osten die

    erste große Schlacht geschlagen worden. Der Unterschied

    liegt darin, daß sich die Russen in der Offensivstellung

    befanden, während wir den Ansturm abzuwehren hatten.

    Aus der Richtung von Niemen, wie von der Narew her,

    d. h. aus Süden und aus Osten waren erhebliche russische

    Streitkräfte im Anmarsche, die zwischen Insterburg und

    Graudenz in deutsches Gebiet einzubrechen versuchten.

    Ihr Zweck war offenbar, die deutsche Defensive zu durch-

    brechen, ehe die siegreich vordringenden Oesterreicher

    Verbindung mit uns erlangt haben. Die Absicht ist an

    der Wachsamkeit unserer Heeresleitung und der Tapfer-

    keit unserer Truppen gescheitert. Die russische Armee,

    an Zahl fast der bei Metz geschlagenen französischen Ar-

    mee gleich,  ist über die Grenze zurückgewichen und wird

    von unseren Truppen verfolgt. Durch diesen Sieg ist

    die Durchführung des gemeinschaftlichen Vormarsches

    unserer und der österreichischen Truppen gegen die

    Weichsel erleichtert worden. Es geht auf Warschau los!

        Die  Meldung über den Sieg lautet kurz und knapp:

        WTB. Berlin, 29. August.  Unsere Truppen in

    Preußen unter der Führung des Generalobersten Hinden-

    burg haben die von Narew vorgegangene russische Armee

    in Stärke von 5 Armeekorps und 3 Kavalleriedivisionen

    in dreitägiger Schlacht bei Gilgenburg-Ortelsburg ge-

    schlagen und verfolgen sie jetzt über die Grenze.

                                             Generalquartiermeister von Stein.

        Die am Sonnabend verbreitete Meldung von dem

    großen deutschen Siege über die Russen in Ostpreußen

    wird durch folgende neue erfreuliche Nachricht ergänzt:

        WTB. Berlin, 31. August.   Bei den großen

    Kämpfen, in denen die russische Armee bei Tannen-

    berg, Hohenstein und Ortelsburg geworfen wurden,

    sind nach vorläufiger Schätzung über 30000 Russen

    mit vielen hohen Offizieren in Gefangenschaft

    geraten.

        Eine erfreuliche Ergänzung zu der amtlichen Mel-

    dung über das Ergebnis der Schlacht bilden die folgen-

    den Mitteilungen, die aus amtlichen Quellen Ost-

    preußens stammen:

        Der vom Generalquartiermeister in seiner Ver-

    öffentlichung vom 25. August als bevorstehend angekün-

    digte Entscheidungskampf  hat begonnen. Als Einleitung

    erfolgte die Besetzung der Grenzstadt Neidenburg durch

    starke russische Kräfte. Die Russen plünderten die Stadt

    gründlich und bombardierten sie dann von den benach-

    barten Höhen. Den meisten Bürgern Neidenburgs,

    das etwa 6000 Einwohner hat, war es gelungen, über

    Hohenstein und Allenstein zu fliehen. Das 20. Armee-

    korps griff energisch in den Kampf gegen den russischen 

    Gegner ein. Die "Allensteiner Zeitung" kann mit amt-

    licher Genehmigung darüber melden: Unser tapferes

    20. Armeekorps steht seit 24 Stunden im Feuer mit

    einem an  Kräften weit überlegenen Gegner. Dank der

    Tapferkeit unserer Truppen und Führer ist es den

    Russen trotz der gewaltigen Uebermacht nicht gelun-

    gen, unsere Stellungen zu nehmen. Der Kampf hat sich

    dann zu einer Riesenschlacht auf der Linie Gilgenburg-

    Neidenburg-Ortelsburg entwickelt mit etwa 50 Kilo-

    meter Frontlänge. Hierüber teilt Landrat Hagemann

    in Marienburg der "Marienburger Zeitung" mit, daß

    zwei russische Armeekorps aufgerieben worden seien.

    _____________________________________________________________________________

                                             Kriegsbriefe.

                                Wie ich verwundet wurde

                         Von einem Mitkämpfer bei Lüttich.

    . . .  Mitten in dieses Dorfgefecht (Sturm auf Ft.

    Fléron) waren wir hineingerissen. Es blitzte aus allen

    Häusern, unablässig rollt der Donner der Geschütze, un-

    ablässig geht der Eisenregen nieder. Stockdunkel . . . 

    Wie sehnlich wünschen wir den Morgen heran. - Kein

    Gegner zu sehen - und doch sinkt Mann neben Mann.

    Aus den Mauern der Häuser sind nur winzige Steine

    gelöst - ein Flintenlauf ragt durch; in den Fenster-

    laden ein kleines Loch - der Lauf einer Jagdbüchse

    sprüht Flammen heraus - aus den Kellerfenstern, von

    den Böden zuckt und flammt und pfeift es . . . Wie

    im Hexenkessel . . . Und wir dürfen nicht schießen, um

    die Kameraden, die rechts und links vor uns im Gefecht

    liegen, nicht zu gefährden . . . Einer neben dem anderen 

    sinkt - Aechzen und Stöhnen überall. Hinweg über

    einen Haufen zuckender Leiber, vorsichtig - um keinem

    wehe zu tun - und um uns blitzt und kracht´s. Aus einem

    Eckhaus prasselt uns ein Hagel entgegen. -

    Zwanzig, fünfzig Läufe heben sich - , da brülle ich:

    "Keinen Schuß, Kerls! Wer kommt mit? Beil her!"

    Ein kleiner Musketier reicht mir eine Picke . . . Zehn

    braune Kerls drängen hinter mir nach. - Dann ein

    paar Hiebe mit Beil und Kolben - die Tür kracht ein

     - von der Decke her zucken Geschosse nieder . . . "Keiner

    die Bodentreppe hinauf! Hierbleiben! Streichhölzer

    her!" Und schon habe ich ein paar Strohballen vorge-

    rissen, - fünf Minuten später züngeln die Flammen

    aus allen Fenstern. "So, Jungs, nun vorwärts!" -

    Hinein wieder in die Dorfgasse . . . Da treffe ich mei-

    nen Kompagnieführer. "Hierher!" schreit er. "Ueber

    die Mauer, mir nach!"

        Zwei Kerle heben mich hoch, im Nu haben wir eine

    Gartenmauer überstiegen, und stürmen weiter, einer

    belgischen Abteilung in den Rücken zu fallen. Manns-

    hohe Hecken, mit Stacheldraht durchzogen -  vier, fünf

     -  vor uns.  "Her, Kerls," rufe ich, "gebt mir die

    Drahtschere!" Ein paar wuchtige Jungens treten

    den Schlehdorn ein - ich knipse den Draht durch und gehe

    ihnen voran, - meine Hose hängt in Fetzen runter.

    Die Hecken werden genommen - auf einmal kracht es

    auf uns her - nur wenige Sekunden, dann saust eine

    Haubitze in den verruchten  Giebel - Steine spritzen

    umher -  das Gemäuer sinkt donnernd zusammen.

    Feuer von links! - Da sind die Unsern, sie schießen 

    auf uns - sie erkennen uns noch immer nicht. Wir

    brüllen ihnen die Losung zu: "Der Kaiser! Der Kaiser!"

     - Sie hören uns nicht in dem Höllenlärm. "Hornist,"

    rufe ich, "blasen Sie Signal!" Der brave Junge - er

    war von den vierten Jägern, nimmt das Horn und

    schmettert: Das Ganze! - Das Ganze! - Da kommt´s

    von drüben zurück. Wir erkennen uns - es sind die

    27er - ich drücke dem Hauptmann, den ich seit Jahren

    kenne, die Hand. - 

                             Heller Morgen, ¼ 7 Uhr (am 6. August).

        Vor uns liegt ein Kohlenbergwerk. Zwei Kohlen-

    halden sind einige Meter hoch im Winkel zu einander

    aufgeschüttet - da stürmen wir hinauf: Ein Jäger-


     Fortsetzung 2. Spalte Mitte 

    _______________________________________________________________

     2. Spalte 

    Siegreiches Vordringen der Oesterreicher.

        WTB. Wien, 30. August.  Der Korrespondent des

    Neuen Wiener Tagebl. im Hauptquartier meldet: Die

    große Schlacht ist heute, am vierten Tage, in vollem

    Gange und steht gut für uns. Die linke Flügelgruppe

    rückt gegen Lublin und Zamocs langsam aber sicher vor,

    stößt aber immer wieder auf den neuverschanzten Gegner

    und anstelle von Frontalangriffen sind zeitraubende Um-

    gehungen nötig. Drei Zügen des Infanterieregiments

    Nr. 72 gelang ein rascher Frontalangriff,  bei dem zwei

    russische Hauptleute, sechs Subalternoffiziere und 470

    Mann gefangen genommen wurden.  Die Kräftegruppe

    zwischen Bug und Wieprz griff eine russische Division

    von drei Seiten mit Erfolg an, sodaß sie nur unter dem

    Schutze der Nacht entkamen. Generalstabshauptmann

    Roßmann stürzte mit seinem Flugzeug ab und wurde

    getötet. Das Armeeverordnungsblatt veröffentlichte ge-

    rade heute eine Auszeichnung Roßmanns für hervor-

    ragend tapferes Verhalten vor dem Feinde.

        WTB. Wien, 30. August. (Nicht amtlich.)  Soweit

    sich bis gestern mittag überblicken ließ, ist das große

    Ringen unserer Armee mit den Hauptkräften des russi-

    schen Heeres noch nicht zur Entscheidung herangereift.

    Nur die Erfolge der vom General der Kavallerie Viktor

    Dankl in der Schlacht bei Krasnik siegreich geführten

    Armee sind bereits einigermaßen zu übersehen. In ei-

    ner zweiten Schlacht am 27. August, die durch die helden-

    mütige Erstürmung einer stark befestigten Stellung auf

    den Höhen von  Niedrzwiosduca  gekrönt war, gelang es,

    die bei Krasnik zurückgeworfenen russischen Kräfte und

    herangeführten Verstärkungen, im ganzen etwa zehn

    Divisionen, durch sechs verschiedene Korps neuerlich zu

    schlagen. Eines unserer Korps nahm in dieser zweiten

    Schlacht einen General, einen Oberst, drei sonstige

    Stabspersonen, vierzig Offiziere und zirka 2000 Mann

    gefangen und erbeutete wieder sehr viel Kriegsmaterial.

        WTB. Wien, 31. August. Die Schlachten auf dem

    östlichen Kriegsschauplatz dauern mit ungeminderter

    Heftigkeit fort. Oestlich unserer trotz mehrfacher be-

    festigter Stellungen des Feindes unaufhaltsam gegen

    Lublin vordringenden Armee Dankl haben unsere zwischen

    Bug und Wieprz vorgeführten Kräfte am 26. August

    den Angriff auf die dem Raume bei Cholm stehen-

    den starken russischen Kräfte begonnen. Hierbei ent-

    wickelten sich wie bei Krasnik wieder harte, für unsere

    angriffsfreudigen Truppen siegreich verlaufende Kämpfe

    bei  Zamoid  sowie nördlich und östlich bei Tomaszow.

    In diesen Kämpfen wurden ebenso wie in den Schlach-

    ten bei Krasnik tausende von Gefangenen gemacht. 

    In Ostgalizien behaupten sich unsere Truppen mit helden-

    mütiger Bravour und Zähigkeit gegen sehr starke uns

    überlegene feindliche Kräfte. Auf dem südlichen Kriegs-

    schauplatz haben in letzter Zeit neue Kämpfe statt-

    gefunden. 

                           Der Kampf in der Nordsee.

       Der lange erwartete Zusammenstoß unserer Flotte

    mit der englischen ist erfolgt. Die Nordsee bei Helgo-

    land war der Kampfplatz, wo der Seekrieg heftig tobte.

    Der Kampf erfolgte bei unsichtigem Wetter und er zog

    sich nach Westen, also nach der englischen Küste zu hin.

    Mehrere kleine Kreuzer unserer Flotte stießen todes-

    mutig vor und gerieten dabei in einen Kampf mit einer

    überlegenen starken englischen Flotte. Unsere Schiffe

    mußten der Uebermacht weichen, haben den Engländern

    aber, wie ein englischer Bericht eingesteht, schwere Be-

    schädigungen beigebracht. Nach dem, was man sonst von


     Fortsetzung  3. Spalte oben 

    ________________________________________________________________ 

      Fortsetzung von  1. Spalte  Kriegsbriefe 

    leutnant, ein Kompagniekamerad von mir, Sch., dann

    ein riesiger Adjutant von den 27ern, A., ein tapferer

    Junge, der nicht mit der Wimper zuckte -  am  Wege

    unten bleibt H. zurück, der furchtlose Regimentsadjunkt

    vom Regiment Louis Ferdinand, und mit ungefähr 10

    Mann nimmt der Hauptmann v. B. die Häuser in un-

    serm Rücken unter Feuer, er selbst hat den Degen ab-

    gelegt und führt das Gewehr . . .

        Oben von meiner Kohlenhalde sehe ich ein Gehöft

    und zum ersten Male belgische Infanterie - sonst wa-

    ren die Kerle gelaufen, als sei der Deibel hinter ihnen.

     - Jetzt heben sie die Büchse an die Backe. Ich lasse

    das Feuer aufnehmen und beobachte durch das Glas die

    Wirkung . . . "Ruhig zielen, Kerls, ihr schießt zu weit"

    . . . Zwei schwarze Mäntel sehe ich sich im Sande wälzen.

         "Hols der Deibel!" Sie schießen von rechts her - 

    von der anderen Halde . . .  Da steht noch auf unserem

    Flügel der lange A. Seine Schärpe flattert, die Quasten

    sind schwarz von Kohlenstaub, er schießt auf die Bande

    rechts - jetzt knallt´s auch von hintenher aus den

    Häusern . . .

        Ich setze das Glas ab und sehe mich um. Da links

    am Flügel liegt mein Kamerad Sch., hat einem Ver-

    wundeten das Gewehr abgenommen und schießt nach dem

    Gehöft . . .  Rechts von mir - ja, was ist denn das?

    Einer nach dem andern "klappt ab" . . . Der läßt den

    Kopf vornüber, der rollt den Abhang hinunter, der

    schreit . . . Sie schießen wie besessen auf uns. Nun

    liegt nur noch einer rechts von mir, eben fängt auch der

    an, sich hin und her zu wälzen, Blut quillt aus dem

    Rock hervor, ich werde ihm sein Gewehr abnehmen; ich

    richte mich auf . . . Donnerwetter, ich fühle einen

    Schlag vor der linken Brust: "Kinder, jetzt hat´s mich

    auch." . . .

        Ich rutsche den Abhang hinab, das Blut kommt mir

    aus dem Munde . . .  hinter einem Steinhaufen finde

    ich Deckung vor dem mörderischen Feuer. Ich bitte einen

    Soldaten: "Mach mir mal die Feldflasche ab - so -

     - und den Tornister."Einen langen Schluck. Der gute

    Kerl öffnet mir den Waffenrock. Ich lehne mich gegen

    den Steinhaufen. Ganz warm quillt das Blut hervor;

    wie lange kann´s dauern, dann ist´s vorbei. Aus dem

    Rocktäschchen ziehe ich das Verbandszeug, öffne es hastig

    und drücke es auf die Wunde. Dann warte ich ab,

    minutenlang; auf dem Wege vor mir stehen die braven

    Kerle und feuern; da ist auch A. noch mit den schwarzen

    Quasten. "Kinder, schickt mir doch einen Arzt." Mir

    fängt´s an, vor den Augen zu flimmern. Da kommt das

    Soldatengefühl: du mußt Dich [sic] wehren, darfst  nicht dich

    dumpf in dein Schicksal ergeben. Die Schlacht geht wei-

    ter; hier findet dich keiner . . .

        Mit Schmerzen richte ich mich empor - stülpe mir

    den Helm auf den Kopf - die Feldbinde, die Pistole -

    das Glas schenke ich einem Soldaten, er braucht´s jetzt

    nötiger als ich, und dann meinen Degen - den lasse ich

    nicht, er braucht sich meiner nicht zu schämen - so

    schleppe ich mich an den Weg. Was geht mich das Pfei-

    fen an, ich habe meinen Teil. Noch immer stehen die

    wackeren Kerle und feuern vom Wege gegen die Kohlen-

    halde - einen winke ich heran . . .  "Um Gotteswillen,

    Herr Leutnant!" . . . "Bringe mich zum Verbandplatz, 

    mein Junge." . . . Er gibt mir seinen Arm . . . "Mußt


     3. Spalte 

    der englischen Kriegsberichterstattung gewöhnt ist, darf

    man ruhig annehmen, daß auch die englischen Schiffe

    zum mindesten kampfunfähig geworden sind. Leider

    brachte der Kampf den Verlust einiger unserer Schiffe, 

    aber ohne Kampf kein Sieg. Die Helden der Nordsee

    leben bei uns in treuem Angedenken und als leuchtendes

    Beispiel deutscher Seemannstreue fort.

        Unsere Schiff haben, wie Staatssekretär Tirpitz

    sagte, die Aufgabe, die deutsche Küste zu schützen, und

    diese Aufgabe haben sie bisher glänzend gelöst. Kein

    englisches Schiff hat sich bis jetzt den deutschen Gestaden

    nähern dürfen, und auch ferner werden unsere blauen

    Jungen so scharf auf der Wacht stehen, daß die Englän-

    der sich allemal blutige Köpfe holen, wenn sie kommen.

        WTB. Berlin, 29. August. Im Laufe des gestrigen

    Vormittags sind bei teilweise unsichtigem Wetter mehrere

    moderne englische kleine Kreuzer und zwei englische Zer-

    störerflottillen (ca. 40 Zerstörer) in der deutschen Bucht

    der Nordsee unweit Helgoland aufgetreten. Es kam zu

    hartnäckigen Einzelgefechten zwischen ihnen und unsern

    leichten Streitkräften. Die deutschen kleinen Kreuzer

    drängten lebhaft nach Westen nach und gerieten dabei

    infolge der beschränkten Sichtweite ins Gefecht mit

    mehreren starken englischen Panzerkreuzern. S. M. S.

    "Ariadne" (Kleiner Kreuzer mit 2650 Tonnen Wasser-

    verdrängung) sank, von zwei Schlachtschiffkreuzern der

    Lion-Klasse auf kurze Entfernung mit schwerer Artillerie

    beschossen, nach ehrenvollem Kampfe. Der weitaus größte

    Teil der Besatzung, voraussichtlich 250 Köpfe, konnte

    gerettet werden.

        Auch das Torpedoboot V 187 ging, von einem kleinen

    Kreuzer und den Zerstörern aufs heftigste beschossen, bis

    zuletzt feuernd, in die Tiefe. Flottillenchef und Kom-

    mandant sind gefallen. Ein beträchtlicher Teil der Be-

    satzung wurde gerettet. Die kleinen Kreuzer Cöln und

    Mainz werden vermißt. Sie sind nach einer heutigen

    Reutermeldung aus London gleichfalls im Kampfe mit

    überlegenen Gegnern gesunken. Ein Teil  der Be-

    satzung, 2 Offiziere und 81 Mann (?) scheinen durch eng-

    lische Schiffe gerettet zu sein. Nach der gleichen Quelle

    haben die englischen Schiffe schwere Beschädigungen er-

    litten.

                       Heldenmut unserer blauen Jungen.

        Ueber die heldenmütige Energie, mit der  Torpedo-

    boot V 187 sich bis zum letzten Augenblick gegen feind-

    liche Uebermacht wehrte, gibt der Bericht eines Augen-

    zeugen Kunde, dem wir folgendes entnehmen:

        V 187 sah sich bei dichtem Wetter ganz unerwartet

    zunächst von Norden, dann allerseits von Massen eng-

    lischer Torpedobootzerstörer und Unterseebooten ange-

    griffen. V 187 wehrte sich unverzüglich mit allen Kräf-

    ten, da setzten zahllose Geschosse, aus nächster Nähe ab-

    gegeben, die Bewegungsfähigkeit herab. Da keine Mög-

    lichkeit vorhanden war, sich dem feindlichen Feuer zu ent-

    ziehen, drehte V 187 auf die Feinde zu, um ein Passier-

    gefecht zu gewinnen und bis zum Ende durchzukämpfen.

    Als unter dem Geschoßhagel die Bewegungsfähigkeit

    verloren gegangen war, wurde schnell im Innern eine

    Sprengung vorgenommen, um das Boot nicht in Fein-

    deshand fallen zu lassen. Jetzt sank es schnell und wäh-

    rend es sank, stand die Mannschaft bis zum letzten

    Augenblick an den noch brauchbaren Geschützen und

    feuerte. Der Flottillenchef, Korvettenkapitän Wallis,

    und der Kommandant, Kapitänleutnant Zechter fanden

    den Heldentod.  Anzuerkennen ist, daß der Gegner un-

    geachtet der eigenen Gefahr Beiboote zur Rettung der

    Unsrigen aussetzte. Als sich deutsche missing

    ten,mußte er sich von missing

    denen sie dann die geretteten Deutsche missing

                              Wie die "Ariadne" unterging.

        Vom Untergang S. M. Schiff "Ariadne" gibt der

    gleiche Augenzeuge folgendes Bild.

        Vom Kanonendonner gerufen, der ein Gefecht der

    Vorposten mit Streitkräften anzeigt, eilt S. M. Schiff 

    "Ariadne" zu Hilfe. An der Vorpostenkette entdeckt sie,

    _______________________________________________________________

     Fortsetzung von 2. Spalte Kriegsbriefe 

    aber langsam mit mir gehen, kann nicht mehr wie

    vorhin."

        Um uns pfeift´s und donnert´s . Der gute P. stützt

    mich. Wie sagt unser Bismarck?   "Kein deutscher Offi-

    zier läßt seinen Soldaten im Stich - kein deutscher

    Soldat seinen Offizier." . . . Nein, weiß Gott nicht! - 

        Auf dem Wege stehen zwei belgische Bauern -  die

    lauern auf uns. Wehren kann ich mich jetzt nicht.

    "Komm, da in die Hecke hab´ ich vorhin ein Loch getreten

     -  da durch." Ich humple voran - P., das Gewehr

    schußbereit, hinterdrein.

        Auf der Dorfstraße . . .  Die Truppen drängen nach

    vorn, uns entgegen - sie weichen mir alle aus, die

    Braven . . .  Donnerwetter, könnt´ ich noch mit! - 

    "Kinder, haut sie in die Pfanne!" (Konnt´s nur leise

    sagen,aber sie verstehen´s.)  "Wenn wir sie nur erst ha-

    ben, Herr Leutnant!"

        Der belgische Verbandplatz liegt dort. - "Den mag

    ich nicht, komm´ bring mich weiter, wir wollen zum

    deutschen Lazarett."

        So schleppe ich mich weiter - die Straße hinunter,

    wo der Tod so gräßliche Ernte gehalten. Wie liegen

    sie doch dicht, so starr, so stumm . . .  Unter 100 Deutschen

    ein Belgier . . .  O, diese feige Bande!

        Es greift doch an, dieses Humpeln. - "Seht ihr denn

    den Verbandplatz noch nicht, Jungens?"  -  "Er muß

    gleich da sein." Tapps - tapps.  "Langsam, Kinder,

    sonst tut mir´s weh" - ich hänge mich fester an den

    guten P. . . .

        Da steht der General. Er sieht mich, kommt einen

    Schritt auf mich zu: "Na, Herr Leutnant, hoffentlich

    wird´s wieder!"

        Antworten kann ich nicht - aber, so schwach ich bin,

    ich lasse den Arm meines Soldaten frei und lege die

    Hand an den Helm. - 

        Das Rote Kreuz! Gottlob - Ich danke dem guten

    P. und drücke ihm die Hand . . .  Sie schneiden mir das

    Hemd runter, der unermüdliche Stabsarzt verklebt mir

    die Wunde.

        Der Verbandsplatz ist nur ein kleiner Raum - drin

    liegen sechs, sieben Schwerverwundete und stöhnen und

    schreien . . .  So bleibe ich draußen und lehne mich

    sitzend an das Haus . . . Wie viele liegen hier. - Drü-

    ben G., der tapfere Leutnant der Radfahrerkompagnie

     - Schuß in den Leib . . .  Er streckt sich - kein Laut

    des Schmerzes kommt über seine Lippen - sein

    Gesicht ist ganz gelb.

       Neben mir sitzt ein belgischer Offizier -  er hat´s

    im Arm und im Bein. -  Immer kommen neue. -

    Dort sitzt Kurt W., mein Regimentskamerad - Schuß

    ins linke Bein -  aus einem Kellerfenster raus . . . .

        Da bringen sie unseren D. - mit dem ich so manche

    Stunde gebechert, gejubelt. - - -  Bis an die Grenze

    des Forts Fléron hat er seine Kompagnie geführt.

    Drauf los wie ein Held  - der Tapfersten einer - -

    nun mitten in die Brust . . . "Gestern noch auf stolzen

    Rossen . . . "

         Mich friert. Es ist ein trüber, kalter Morgen, der

    Regen säuselt nieder . . .  ich habe aber kein Hemd

    mehr, nur noch einen Aermel. Sie decken mir meinen

    Waffenrock über, der Belgier läßt mir seinen Mantel

    umhängen . . .


  • September 4, 2017 20:35:20 Beate Jochem

     item 14


     Ueber 30 000 Russen in Ostpreußen gefangen.

    Der Sieg der Oesterreicher. Der Kampf in der Nordsee. Die Opfer vom

                                Kreuzer "Magdeburg".


     1. Spalte 

        Wie im Westen, so ist nunmehr auch im Osten die

    erste große Schlacht geschlagen worden. Der Unterschied

    liegt darin, daß sich die Russen in der Offensivstellung

    befanden, während wir den Ansturm abzuwehren hatten.

    Aus der Richtung von Niemen, wie von der Narew her,

    d. h. aus Süden und aus Osten waren erhebliche russische

    Streitkräfte im Anmarsche, die zwischen Insterburg und

    Graudenz in deutsches Gebiet einzubrechen versuchten.

    Ihr Zweck war offenbar, die deutsche Defensive zu durch-

    brechen, ehe die siegreich vordringenden Oesterreicher

    Verbindung mit uns erlangt haben. Die Absicht ist an

    der Wachsamkeit unserer Heeresleitung und der Tapfer-

    keit unserer Truppen gescheitert. Die russische Armee,

    an Zahl fast der bei Metz geschlagenen französischen Ar-

    mee gleich,  ist über die Grenze zurückgewichen und wird

    von unseren Truppen verfolgt. Durch diesen Sieg ist

    die Durchführung des gemeinschaftlichen Vormarsches

    unserer und der österreichischen Truppen gegen die

    Weichsel erleichtert worden. Es geht auf Warschau los!

        Die  Meldung über den Sieg lautet kurz und knapp:

        WTB. Berlin, 29. August.  Unsere Truppen in

    Preußen unter der Führung des Generalobersten Hinden-

    burg haben die von Narew vorgegangene russische Armee

    in Stärke von 5 Armeekorps und 3 Kavalleriedivisionen

    in dreitägiger Schlacht bei Gilgenburg-Ortelsburg ge-

    schlagen und verfolgen sie jetzt über die Grenze.

                                             Generalquartiermeister von Stein.

        Die am Sonnabend verbreitete Meldung von dem

    großen deutschen Siege über die Russen in Ostpreußen

    wird durch folgende neue erfreuliche Nachricht ergänzt:

        WTB. Berlin, 31. August.   Bei den großen

    Kämpfen, in denen die russische Armee bei Tannen-

    berg, Hohenstein und Ortelsburg geworfen wurden,

    sind nach vorläufiger Schätzung über 30000 Russen

    mit vielen hohen Offizieren in Gefangenschaft

    geraten.

        Eine erfreuliche Ergänzung zu der amtlichen Mel-

    dung über das Ergebnis der Schlacht bilden die folgen-

    den Mitteilungen, die aus amtlichen Quellen Ost-

    preußens stammen:

        Der vom Generalquartiermeister in seiner Ver-

    öffentlichung vom 25. August als bevorstehend angekün-

    digte Entscheidungskampf  hat begonnen. Als Einleitung

    erfolgte die Besetzung der Grenzstadt Neidenburg durch

    starke russische Kräfte. Die Russen plünderten die Stadt

    gründlich und bombardierten sie dann von den benach-

    barten Höhen. Den meisten Bürgern Neidenburgs,

    das etwa 6000 Einwohner hat, war es gelungen, über

    Hohenstein und Allenstein zu fliehen. Das 20. Armee-

    korps griff energisch in den Kampf gegen den russischen 

    Gegner ein. Die "Allensteiner Zeitung" kann mit amt-

    licher Genehmigung darüber melden: Unser tapferes

    20. Armeekorps steht seit 24 Stunden im Feuer mit

    einem an  Kräften weit überlegenen Gegner. Dank der

    Tapferkeit unserer Truppen und Führer ist es den

    Russen trotz der gewaltigen Uebermacht nicht gelun-

    gen, unsere Stellungen zu nehmen. Der Kampf hat sich

    dann zu einer Riesenschlacht auf der Linie Gilgenburg-

    Neidenburg-Ortelsburg entwickelt mit etwa 50 Kilo-

    meter Frontlänge. Hierüber teilt Landrat Hagemann

    in Marienburg der "Marienburger Zeitung" mit, daß

    zwei russische Armeekorps aufgerieben worden seien.

    _____________________________________________________________________________

                                             Kriegsbriefe.

                                Wie ich verwundet wurde

                         Von einem Mitkämpfer bei Lüttich.

    . . .  Mitten in dieses Dorfgefecht (Sturm auf Ft.

    Fléron) waren wir hineingerissen. Es blitzte aus allen

    Häusern, unablässig rollt der Donner der Geschütze, un-

    ablässig geht der Eisenregen nieder. Stockdunkel . . . 

    Wie sehnlich wünschen wir den Morgen heran. - Kein

    Gegner zu sehen - und doch sinkt Mann neben Mann.

    Aus den Mauern der Häuser sind nur winzige Steine

    gelöst - ein Flintenlauf ragt durch; in den Fenster-

    laden ein kleines Loch - der Lauf einer Jagdbüchse

    sprüht Flammen heraus - aus den Kellerfenstern, von

    den Böden zuckt und flammt und pfeift es . . . Wie

    im Hexenkessel . . . Und wir dürfen nicht schießen, um

    die Kameraden, die rechts und links vor uns im Gefecht

    liegen, nicht zu gefährden . . . Einer neben dem anderen 

    sinkt - Aechzen und Stöhnen überall. Hinweg über

    einen Haufen zuckender Leiber, vorsichtig - um keinem

    wehe zu tun - und um uns blitzt und kracht´s. Aus einem

    Eckhaus prasselt uns ein Hagel entgegen. -

    Zwanzig, fünfzig Läufe heben sich - , da brülle ich:

    "Keinen Schuß, Kerls! Wer kommt mit? Beil her!"

    Ein kleiner Musketier reicht mir eine Picke . . . Zehn

    braune Kerls drängen hinter mir nach. - Dann ein

    paar Hiebe mit Beil und Kolben - die Tür kracht ein

     - von der Decke her zucken Geschosse nieder . . . "Keiner

    die Bodentreppe hinauf! Hierbleiben! Streichhölzer

    her!" Und schon habe ich ein paar Strohballen vorge-

    rissen, - fünf Minuten später züngeln die Flammen

    aus allen Fenstern. "So, Jungs, nun vorwärts!" -

    Hinein wieder in die Dorfgasse . . . Da treffe ich mei-

    nen Kompagnieführer. "Hierher!" schreit er. "Ueber

    die Mauer, mir nach!"

        Zwei Kerle heben mich hoch, im Nu haben wir eine

    Gartenmauer überstiegen, und stürmen weiter, einer

    belgischen Abteilung in den Rücken zu fallen. Manns-

    hohe Hecken, mit Stacheldraht durchzogen -  vier, fünf

     -  vor uns.  "Her, Kerls," rufe ich, "gebt mir die

    Drahtschere!" Ein paar wuchtige Jungens treten

    den Schlehdorn ein - ich knipse den Draht durch und gehe

    ihnen voran, - meine Hose hängt in Fetzen runter.

    Die Hecken werden genommen - auf einmal kracht es

    auf uns her - nur wenige Sekunden, dann saust eine

    Haubitze in den verruchten  Giebel - Steine spritzen

    umher -  das Gemäuer sinkt donnernd zusammen.

    Feuer von links! - Da sind die Unsern, sie schießen 

    auf uns - sie erkennen uns noch immer nicht. Wir

    brüllen ihnen die Losung zu: "Der Kaiser! Der Kaiser!"

     - Sie hören uns nicht in dem Höllenlärm. "Hornist,"

    rufe ich, "blasen Sie Signal!" Der brave Junge - er

    war von den vierten Jägern, nimmt das Horn und

    schmettert: Das Ganze! - Das Ganze! - Da kommt´s

    von drüben zurück. Wir erkennen uns - es sind die

    27er - ich drücke dem Hauptmann, den ich seit Jahren

    kenne, die Hand. - 

                             Heller Morgen, ¼ 7 Uhr (am 6. August).

        Vor uns liegt ein Kohlenbergwerk. Zwei Kohlen-

    halden sind einige Meter hoch im Winkel zu einander

    aufgeschüttet - da stürmen wir hinauf: Ein Jäger-


     Fortsetzung 2. Spalte Mitte 

    _______________________________________________________________

     2. Spalte 

    Siegreiches Vordringen der Oesterreicher.

        WTB. Wien, 30. August.  Der Korrespondent des

    Neuen Wiener Tagebl. im Hauptquartier meldet: Die

    große Schlacht ist heute, am vierten Tage, in vollem

    Gange und steht gut für uns. Die linke Flügelgruppe

    rückt gegen Lublin und Zamocs langsam aber sicher vor,

    stößt aber immer wieder auf den neuverschanzten Gegner

    und anstelle von Frontalangriffen sind zeitraubende Um-

    gehungen nötig. Drei Zügen des Infanterieregiments

    Nr. 72 gelang ein rascher Frontalangriff,  bei dem zwei

    russische Hauptleute, sechs Subalternoffiziere und 470

    Mann gefangen genommen wurden.  Die Kräftegruppe

    zwischen Bug und Wieprz griff eine russische Division

    von drei Seiten mit Erfolg an, sodaß sie nur unter dem

    Schutze der Nacht entkamen. Generalstabshauptmann

    Roßmann stürzte mit seinem Flugzeug ab und wurde

    getötet. Das Armeeverordnungsblatt veröffentlichte ge-

    rade heute eine Auszeichnung Roßmanns für hervor-

    ragend tapferes Verhalten vor dem Feinde.

        WTB. Wien, 30. August. (Nicht amtlich.)  Soweit

    sich bis gestern mittag überblicken ließ, ist das große

    Ringen unserer Armee mit den Hauptkräften des russi-

    schen Heeres noch nicht zur Entscheidung herangereift.

    Nur die Erfolge der vom General der Kavallerie Viktor

    Dankl in der Schlacht bei Krasnik siegreich geführten

    Armee sind bereits einigermaßen zu übersehen. In ei-

    ner zweiten Schlacht am 27. August, die durch die helden-

    mütige Erstürmung einer stark befestigten Stellung auf

    den Höhen von  Niedrzwiosduca  gekrönt war, gelang es,

    die bei Krasnik zurückgeworfenen russischen Kräfte und

    herangeführten Verstärkungen, im ganzen etwa zehn

    Divisionen, durch sechs verschiedene Korps neuerlich zu

    schlagen. Eines unserer Korps nahm in dieser zweiten

    Schlacht einen General, einen Oberst, drei sonstige

    Stabspersonen, vierzig Offiziere und zirka 2000 Mann

    gefangen und erbeutete wieder sehr viel Kriegsmaterial.

        WTB. Wien, 31. August. Die Schlachten auf dem

    östlichen Kriegsschauplatz dauern mit ungeminderter

    Heftigkeit fort. Oestlich unserer trotz mehrfacher be-

    festigter Stellungen des Feindes unaufhaltsam gegen

    Lublin vordringenden Armee Dankl haben unsere zwischen

    Bug und Wieprz vorgeführten Kräfte am 26. August

    den Angriff auf die dem Raume bei Cholm stehen-

    den starken russischen Kräfte begonnen. Hierbei ent-

    wickelten sich wie bei Krasnik wieder harte, für unsere

    angriffsfreudigen Truppen siegreich verlaufende Kämpfe

    bei  Zamoid  sowie nördlich und östlich bei Tomaszow.

    In diesen Kämpfen wurden ebenso wie in den Schlach-

    ten bei Krasnik tausende von Gefangenen gemacht. 

    In Ostgalizien behaupten sich unsere Truppen mit helden-

    mütiger Bravour und Zähigkeit gegen sehr starke uns

    überlegene feindliche Kräfte. Auf dem südlichen Kriegs-

    schauplatz haben in letzter Zeit neue Kämpfe statt-

    gefunden. 

                           Der Kampf in der Nordsee.

       Der lange erwartete Zusammenstoß unserer Flotte

    mit der englischen ist erfolgt. Die Nordsee bei Helgo-

    land war der Kampfplatz, wo der Seekrieg heftig tobte.

    Der Kampf erfolgte bei unsichtigem Wetter und er zog

    sich nach Westen, also nach der englischen Küste zu hin.

    Mehrere kleine Kreuzer unserer Flotte stießen todes-

    mutig vor und gerieten dabei in einen Kampf mit einer

    überlegenen starken englischen Flotte. Unsere Schiffe

    mußten der Uebermacht weichen, haben den Engländern

    aber, wie ein englischer Bericht eingesteht, schwere Be-

    schädigungen beigebracht. Nach dem, was man sonst von


     Fortsetzung  3. Spalte oben 

    ________________________________________________________________ 

      Fortsetzung von  1. Spalte  Kriegsbriefe 

    leutnant, ein Kompagniekamerad von mir, Sch., dann

    ein riesiger Adjutant von den 27ern, A., ein tapferer

    Junge, der nicht mit der Wimper zuckte -  am  Wege

    unten bleibt H. zurück, der furchtlose Regimentsadjunkt

    vom Regiment Louis Ferdinand, und mit ungefähr 10

    Mann nimmt der Hauptmann v. B. die Häuser in un-

    serm Rücken unter Feuer, er selbst hat den Degen ab-

    gelegt und führt das Gewehr . . .

        Oben von meiner Kohlenhalde sehe ich ein Gehöft

    und zum ersten Male belgische Infanterie - sonst wa-

    ren die Kerle gelaufen, als sei der Deibel hinter ihnen.

     - Jetzt heben sie die Büchse an die Backe. Ich lasse

    das Feuer aufnehmen und beobachte durch das Glas die

    Wirkung . . . "Ruhig zielen, Kerls, ihr schießt zu weit"

    . . . Zwei schwarze Mäntel sehe ich sich im Sande wälzen.

         "Hols der Deibel!" Sie schießen von rechts her - 

    von der anderen Halde . . .  Da steht noch auf unserem

    Flügel der lange A. Seine Schärpe flattert, die Quasten

    sind schwarz von Kohlenstaub, er schießt auf die Bande

    rechts - jetzt knallt´s auch von hintenher aus den

    Häusern . . .

        Ich setze das Glas ab und sehe mich um. Da links

    am Flügel liegt mein Kamerad Sch., hat einem Ver-

    wundeten das Gewehr abgenommen und schießt nach dem

    Gehöft . . .  Rechts von mir - ja, was ist denn das?

    Einer nach dem andern "klappt ab" . . . Der läßt den

    Kopf vornüber, der rollt den Abhang hinunter, der

    schreit . . . Sie schießen wie besessen auf uns. Nun

    liegt nur noch einer rechts von mir, eben fängt auch der

    an, sich hin und her zu wälzen, Blut quillt aus dem

    Rock hervor, ich werde ihm sein Gewehr abnehmen; ich

    richte mich auf . . . Donnerwetter, ich fühle einen

    Schlag vor der linken Brust: "Kinder, jetzt hat´s mich

    auch." . . .

        Ich rutsche den Abhang hinab, das Blut kommt mir

    aus dem Munde . . .  hinter einem Steinhaufen finde

    ich Deckung vor dem mörderischen Feuer. Ich bitte einen

    Soldaten: "Mach mir mal die Feldflasche ab - so -

     - und den Tornister."Einen langen Schluck. Der gute

    Kerl öffnet mir den Waffenrock. Ich lehne mich gegen

    den Steinhaufen. Ganz warm quillt das Blut hervor;

    wie lange kann´s dauern, dann ist´s vorbei. Aus dem

    Rocktäschchen ziehe ich das Verbandszeug, öffne es hastig

    und drücke es auf die Wunde. Dann warte ich ab,

    minutenlang; auf dem Wege vor mir stehen die braven

    Kerle und feuern; da ist auch A. noch mit den schwarzen

    Quasten. "Kinder, schickt mir doch einen Arzt." Mir

    fängt´s an, vor den Augen zu flimmern. Da kommt das

    Soldatengefühl: du mußt Dich [sic] wehren, darfst  nicht dich

    dumpf in dein Schicksal ergeben. Die Schlacht geht wei-

    ter; hier findet dich keiner . . .

        Mit Schmerzen richte ich mich empor - stülpe mir

    den Helm auf den Kopf - die Feldbinde, die Pistole -

    das Glas schenke ich einem Soldaten, er braucht´s jetzt

    nötiger als ich, und dann meinen Degen - den lasse ich

    nicht, er braucht sich meiner nicht zu schämen - so

    schleppe ich mich an den Weg. Was geht mich das Pfei-

    fen an, ich habe meinen Teil. Noch immer stehen die

    wackeren Kerle und feuern vom Wege gegen die Kohlen-

    halde - einen winke ich heran . . .  "Um Gotteswillen,

    Herr Leutnant!" . . . "Bringe mich zum Verbandplatz, 

    mein Junge." . . . Er gibt mir seinen Arm . . . "Mußt


     3. Spalte 

    der englischen Kriegsberichterstattung gewöhnt ist, darf

    man ruhig annehmen, daß auch die englischen Schiffe

    zum mindesten kampfunfähig geworden sind. Leider

    brachte der Kampf den Verlust einiger unserer Schiffe, 

    aber ohne Kampf kein Sieg. Die Helden der Nordsee

    leben bei uns in treuem Angedenken und als leuchtendes

    Beispiel deutscher Seemannstreue fort.

        Unsere Schiff haben, wie Staatssekretär Tirpitz

    sagte, die Aufgabe, die deutsche Küste zu schützen, und

    diese Aufgabe haben sie bisher glänzend gelöst. Kein

    englisches Schiff hat sich bis jetzt den deutschen Gestaden

    nähern dürfen, und auch ferner werden unsere blauen

    Jungen so scharf auf der Wacht stehen, daß die Englän-

    der sich allemal blutige Köpfe holen, wenn sie kommen.

        WTB. Berlin, 29. August. Im Laufe des gestrigen

    Vormittags sind bei teilweise unsichtigem Wetter mehrere

    moderne englische kleine Kreuzer und zwei englische Zer-

    störerflottillen (ca. 40 Zerstörer) in der deutschen Bucht

    der Nordsee unweit Helgoland aufgetreten. Es kam zu

    hartnäckigen Einzelgefechten zwischen ihnen und unsern

    leichten Streitkräften. Die deutschen kleinen Kreuzer

    drängten lebhaft nach Westen nach und gerieten dabei

    infolge der beschränkten Sichtweite ins Gefecht mit

    mehreren starken englischen Panzerkreuzern. S. M. S.

    "Ariadne" (Kleiner Kreuzer mit 2650 Tonnen Wasser-

    verdrängung) sank, von zwei Schlachtschiffkreuzern der

    Lion-Klasse auf kurze Entfernung mit schwerer Artillerie

    beschossen, nach ehrenvollem Kampfe. Der weitaus größte

    Teil der Besatzung, voraussichtlich 250 Köpfe, konnte

    gerettet werden.

        Auch das Torpedoboot V 187 ging, von einem kleinen

    Kreuzer und den Zerstörern aufs heftigste beschossen, bis

    zuletzt feuernd, in die Tiefe. Flottillenchef und Kom-

    mandant sind gefallen. Ein beträchtlicher Teil der Be-

    satzung wurde gerettet. Die kleinen Kreuzer Cöln und

    Mainz werden vermißt. Sie sind nach einer heutigen

    Reutermeldung aus London gleichfalls im Kampfe mit

    überlegenen Gegnern gesunken. Ein Teil  der Be-

    satzung, 2 Offiziere und 81 Mann (?) scheinen durch eng-

    lische Schiffe gerettet zu sein. Nach der gleichen Quelle

    haben die englischen Schiffe schwere Beschädigungen er-

    litten.

                       Heldenmut unserer blauen Jungen.

        Ueber die heldenmütige Energie, mit der  Torpedo-

    boot V 187 sich bis zum letzten Augenblick gegen feind-

    liche Uebermacht wehrte, gibt der Bericht eines Augen-

    zeugen Kunde, dem wir folgendes entnehmen:

        V 187 sah sich bei dichtem Wetter ganz unerwartet

    zunächst von Norden, dann allerseits von Massen eng-

    lischer Torpedobootzerstörer und Unterseebooten ange-

    griffen. V 187 wehrte sich unverzüglich mit allen Kräf-

    ten, da setzten zahllose Geschosse, aus nächster Nähe ab-

    gegeben, die Bewegungsfähigkeit herab. Da keine Mög-

    lichkeit vorhanden war, sich dem feindlichen Feuer zu ent-

    ziehen, drehte V 187 auf die Feinde zu, um ein Passier-

    gefecht zu gewinnen und bis zum Ende durchzukämpfen.

    Als unter dem Geschoßhagel die Bewegungsfähigkeit

    verloren gegangen war, wurde schnell im Innern eine

    Sprengung vorgenommen, um das Boot nicht in Fein-

    deshand fallen zu lassen. Jetzt sank es schnell und wäh-

    rend es sank, stand die Mannschaft bis zum letzten

    Augenblick an den noch brauchbaren Geschützen und

    feuerte. Der Flottillenchef, Korvettenkapitän Wallis,

    und der Kommandant, Kapitänleutnant Zechter fanden

    den Heldentod.  Anzuerkennen ist, daß der Gegner un-

    geachtet der eigenen Gefahr Beiboote zur Rettung der

    Unsrigen aussetzte. Als sich deutsche missing

    ten,mußte er sich von missing

    denen sie dann die geretteten Deutsche missing

                              Wie die "Ariadne" unterging.

        Vom Untergang S. M. Schiff "Ariadne" gibt der

    gleiche Augenzeuge folgendes Bild.

        Vom Kanonendonner gerufen, der ein Gefecht der

    Vorposten mit Streitkräften anzeigt, eilt S. M. Schiff 

    "Ariadne" zu Hilfe. An der Vorpostenkette entdeckt sie,

    _______________________________________________________________

     Fortsetzung von 2. Spalte Kriegsbriefe 

    aber langsam mit mir gehen, kann nicht mehr wie

    vorhin."

        Um uns pfeift´s und donnert´s . Der gute P. stützt

    mich. Wie sagt unser Bismarck?   "Kein deutscher Offi-

    zier läßt seinen Soldaten im Stich - kein deutscher

    Soldat seinen Offizier." . . . Nein, weiß Gott nicht! - 

        Auf dem Wege stehen zwei belgische Bauern -  die

    lauern auf uns. Wehren kann ich mich jetzt nicht.

    "Komm, da in die Hecke hab´ ich vorhin ein Loch getreten

     -  da durch." Ich humple voran - P., das Gewehr

    schußbereit, hinterdrein.

        Auf der Dorfstraße . . .  Die Truppen drängen nach

    vorn, uns entgegen - sie weichen mir alle aus, die

    Braven . . .  Donnerwetter, könnt´ ich noch mit! - 

    "Kinder, haut sie in die Pfanne!" (Konnt´s nur leise

    sagen,aber sie verstehen´s.)  "Wenn wir sie nur erst ha-

    ben, Herr Leutnant!"

        Der belgische Verbandplatz liegt dort. - "Den mag

    ich nicht, komm´ bring mich weiter, wir wollen zum

    deutschen Lazarett."

        So schleppe ich mich weiter - die Straße hinunter,

    wo der Tod so gräßliche Ernte gehalten. Wie liegen

    sie doch dicht, so starr, so stumm . . .  Unter 100 Deutschen

    ein Belgier . . .  O, diese feige Bande!

        Es greift doch an, dieses Humpeln. - "Seht ihr denn

    den Verbandplatz noch nicht, Jungens?"  -  "Er muß

    gleich da sein." Tapps - tapps.  "Langsam, Kinder,

    sonst tut mir´s weh" - ich hänge mich fester an den

    guten P. . . .

        Da steht der General. Er sieht mich, kommt einen

    Schritt auf mich zu: "Na, Herr Leutnant, hoffentlich

    wird´s wieder!"

        Antworten kann ich nicht - aber, so schwach ich bin,

    ich lasse den Arm meines Soldaten frei und lege die

    Hand an den Helm. - 

        Das Rote Kreuz! Gottlob - Ich danke dem guten

    P. und drücke ihm die Hand . . .  Sie schneiden mir das

    Hemd runter, der unermüdliche Stabsarzt verklebt mir

    die Wunde.

        Der Verbandsplatz ist nur ein kleiner Raum - drin

    liegen sechs, sieben Schwerverwundete und stöhnen und

    schreien . . .  So bleibe ich draußen und lehne mich

    sitzend an das Haus . . . Wie viele liegen hier. - Drü-

    ben G., der tapfere Leutnant der Radfahrerkompagnie

     - Schuß in den Leib . . .  Er streckt sich - kein Laut

    des Schmerzes kommt über seine Lippen - sein

    Gesicht ist ganz gelb.

       Neben mir sitzt ein belgischer Offizier -  er hat´s

    im Arm und im Bein. -  Immer kommen neue. -

    Dort sitzt Kurt W., mein Regimentskamerad - Schuß

    ins linke Bein -  aus einem Kellerfenster raus . . . .

        Da bringen sie unseren D. - mit dem ich so manche

    Stunde gebechert, gejubelt. - - -  Bis an die Grenze

    des Forts Fleron hat er seine Kompagnie geführt.

    Drauf los wie ein Held  - der Tapfersten einer - -

    nun mitten in die Brust . . . "Gestern noch auf stolzen

    Rossen . . . "

         Mich friert. Es ist ein trüber, kalter Morgen, der

    Regen säuselt nieder . . .  ich habe aber kein Hemd

    mehr, nur noch einen Aermel. Sie decken mir meinen

    Waffenrock über, der Belgier läßt mir seinen Mantel

    umhängen . . .


  • September 4, 2017 20:24:46 Beate Jochem

     item 14


     Ueber 30 000 Russen in Ostpreußen gefangen.

    Der Sieg der Oesterreicher. Der Kampf in der Nordsee. Die Opfer vom

                                Kreuzer "Magdeburg".


     1. Spalte 

        Wie im Westen, so ist nunmehr auch im Osten die

    erste große Schlacht geschlagen worden. Der Unterschied

    liegt darin, daß sich die Russen in der Offensivstellung

    befanden, während wir den Ansturm abzuwehren hatten.

    Aus der Richtung von Niemen, wie von der Narew her,

    d. h. aus Süden und aus Osten waren erhebliche russische

    Streitkräfte im Anmarsche, die zwischen Insterburg und

    Graudenz in deutsches Gebiet einzubrechen versuchten.

    Ihr Zweck war offenbar, die deutsche Defensive zu durch-

    brechen, ehe die siegreich vordringenden Oesterreicher

    Verbindung mit uns erlangt haben. Die Absicht ist an

    der Wachsamkeit unserer Heeresleitung und der Tapfer-

    keit unserer Truppen gescheitert. Die russische Armee,

    an Zahl fast der bei Metz geschlagenen französischen Ar-

    mee gleich,  ist über die Grenze zurückgewichen und wird

    von unseren Truppen verfolgt. Durch diesen Sieg ist

    die Durchführung des gemeinschaftlichen Vormarsches

    unserer und der österreichischen Truppen gegen die

    Weichsel erleichtert worden. Es geht auf Warschau los!

        Die  Meldung über den Sieg lautet kurz und knapp:

        WTB. Berlin, 29. August.  Unsere Truppen in

    Preußen unter der Führung des Generalobersten Hinden-

    burg haben die von Narew vorgegangene russische Armee

    in Stärke von 5 Armeekorps und 3 Kavalleriedivisionen

    in dreitägiger Schlacht bei Gilgenburg-Ortelsburg ge-

    schlagen und verfolgen sie jetzt über die Grenze.

                                             Generalquartiermeister von Stein.

        Die am Sonnabend verbreitete Meldung von dem

    großen deutschen Siege über die Russen in Ostpreußen

    wird durch folgende neue erfreuliche Nachricht ergänzt:

        WTB. Berlin, 31. August.   Bei den großen

    Kämpfen, in denen die russische Armee bei Tannen-

    berg, Hohenstein und Ortelsburg geworfen wurden,

    sind nach vorläufiger Schätzung über 30000 Russen

    mit vielen hohen Offizieren in Gefangenschaft

    geraten.

        Eine erfreuliche Ergänzung zu der amtlichen Mel-

    dung über das Ergebnis der Schlacht bilden die folgen-

    den Mitteilungen, die aus amtlichen Quellen Ost-

    preußens stammen:

        Der vom Generalquartiermeister in seiner Ver-

    öffentlichung vom 25. August als bevorstehend angekün-

    digte Entscheidungskampf  hat begonnen. Als Einleitung

    erfolgte die Besetzung der Grenzstadt Neidenburg durch

    starke russische Kräfte. Die Russen plünderten die Stadt

    gründlich und bombardierten sie dann von den benach-

    barten Höhen. Den meisten Bürgern Neidenburgs,

    das etwa 6000 Einwohner hat, war es gelungen, über

    Hohenstein und Allenstein zu fliehen. Das 20. Armee-

    korps griff energisch in den Kampf gegen den russischen 

    Gegner ein. Die "Allensteiner Zeitung" kann mit amt-

    licher Genehmigung darüber melden: Unser tapferes

    20. Armeekorps steht seit 24 Stunden im Feuer mit

    einem an  Kräften weit überlegenen Gegner. Dank der

    Tapferkeit unserer Truppen und Führer ist es den

    Russen trotz der gewaltigen Uebermacht nicht gelun-

    gen, unsere Stellungen zu nehmen. Der Kampf hat sich

    dann zu einer Riesenschlacht auf der Linie Gilgenburg-

    Neidenburg-Ortelsburg entwickelt mit etwa 50 Kilo-

    meter Frontlänge. Hierüber teilt Landrat Hagemann

    in Marienburg der "Marienburger Zeitung" mit, daß

    zwei russische Armeekorps aufgerieben worden seien.

    _____________________________________________________________________________

                                             Kriegsbriefe.

                                Wie ich verwundet wurde

                         Von einem Mitkämpfer bei Lüttich.

    . . .  Mitten in dieses Dorfgefecht (Sturm auf Ft.

    Fléron) waren wir hineingerissen. Es blitzte aus allen

    Häusern, unablässig rollt der Donner der Geschütze, un-

    ablässig geht der Eisenregen nieder. Stockdunkel . . . 

    Wie sehnlich wünschen wir den Morgen heran. - Kein

    Gegner zu sehen - und doch sinkt Mann neben Mann.

    Aus den Mauern der Häuser sind nur winzige Steine

    gelöst - ein Flintenlauf ragt durch; in den Fenster-

    laden ein kleines Loch - der Lauf einer Jagdbüchse

    sprüht Flammen heraus - aus den Kellerfenstern, von

    den Böden zuckt und flammt und pfeift es . . . Wie

    im Hexenkessel . . . Und wir dürfen nicht schießen, um

    die Kameraden, die rechts und links vor uns im Gefecht

    liegen, nicht zu gefährden . . . Einer neben dem anderen 

    sinkt - Aechzen und Stöhnen überall. Hinweg über

    einen Haufen zuckender Leiber, vorsichtig - um keinem

    wehe zu tun - und um uns blitzt und kracht´s. Aus einem

    Eckhaus prasselt uns ein Hagel entgegen. -

    Zwanzig, fünfzig Läufe heben sich - , da brülle ich:

    "Keinen Schuß, Kerls! Wer kommt mit? Beil her!"

    Ein kleiner Musketier reicht mir eine Picke . . . Zehn

    braune Kerls drängen hinter mir nach. - Dann ein

    paar Hiebe mit Beil und Kolben - die Tür kracht ein

     - von der Decke her zucken Geschosse nieder . . . "Keiner

    die Bodentreppe hinauf! Hierbleiben! Streichhölzer

    her!" Und schon habe ich ein paar Strohballen vorge-

    rissen, - fünf Minuten später züngeln die Flammen

    aus allen Fenstern. "So, Jungs, nun vorwärts!" -

    Hinein wieder in die Dorfgasse . . . Da treffe ich mei-

    nen Kompagnieführer. "Hierher!" schreit er. "Ueber

    die Mauer, mir nach!"

        Zwei Kerle heben mich hoch, im Nu haben wir eine

    Gartenmauer überstiegen, und stürmen weiter, einer

    belgischen Abteilung in den Rücken zu fallen. Manns-

    hohe Hecken, mit Stacheldraht durchzogen -  vier, fünf

     -  vor uns.  "Her, Kerls," rufe ich, "gebt mir die

    Drahtschere!" Ein paar wuchtige Jungens treten

    den Schlehdorn ein - ich knipse den Draht durch und gehe

    ihnen voran, - meine Hose hängt in Fetzen runter.

    Die Hecken werden genommen - auf einmal kracht es

    auf uns her - nur wenige Sekunden, dann saust eine

    Haubitze in den verruchten  Giebel - Steine spritzen

    umher -  das Gemäuer sinkt donnernd zusammen.

    Feuer von links! - Da sind die Unsern, sie schießen 

    auf uns - sie erkennen uns noch immer nicht. Wir

    brüllen ihnen die Losung zu: "Der Kaiser! Der Kaiser!"

     - Sie hören uns nicht in dem Höllenlärm. "Hornist,"

    rufe ich, "blasen Sie Signal!" Der brave Junge - er

    war von den vierten Jägern, nimmt das Horn und

    schmettert: Das Ganze! - Das Ganze! - Da kommt´s

    von drüben zurück. Wir erkennen uns - es sind die

    27er - ich drücke dem Hauptmann, den ich seit Jahren

    kenne, die Hand. - 

                             Heller Morgen, ¼ 7 Uhr (am 6. August).

        Vor uns liegt ein Kohlenbergwerk. Zwei Kohlen-

    halden sind einige Meter hoch im Winkel zu einander

    aufgeschüttet - da stürmen wir hinauf: Ein Jäger-


     Fortsetzung 2. Spalte Mitte 

    _______________________________________________________________

     2. Spalte 

    Siegreiches Vordringen der Oesterreicher.

        WTB. Wien, 30. August.  Der Korrespondent des

    Neuen Wiener Tagebl. im Hauptquartier meldet: Die

    große Schlacht ist heute, am vierten Tage, in vollem

    Gange und steht gut für uns. Die linke Flügelgruppe

    rückt gegen Lublin und Zamocs langsam aber sicher vor,

    stößt aber immer wieder auf den neuverschanzten Gegner

    und anstelle von Frontalangriffen sind zeitraubende Um-

    gehungen nötig. Drei Zügen des Infanterieregiments

    Nr. 72 gelang ein rascher Frontalangriff,  bei dem zwei

    russische Hauptleute, sechs Subalternoffiziere und 470

    Mann gefangen genommen wurden.  Die Kräftegruppe

    zwischen Bug und Wieprz griff eine russische Division

    von drei Seiten mit Erfolg an, sodaß sie nur unter dem

    Schutze der Nacht entkamen. Generalstabshauptmann

    Roßmann stürzte mit seinem Flugzeug ab und wurde

    getötet. Das Armeeverordnungsblatt veröffentlichte ge-

    rade heute eine Auszeichnung Roßmanns für hervor-

    ragend tapferes Verhalten vor dem Feinde.

        WTB. Wien, 30. August. (Nicht amtlich.)  Soweit

    sich bis gestern mittag überblicken ließ, ist das große

    Ringen unserer Armee mit den Hauptkräften des russi-

    schen Heeres noch nicht zur Entscheidung herangereift.

    Nur die Erfolge der vom General der Kavallerie Viktor

    Dankl in der Schlacht bei Krasnik siegreich geführten

    Armee sind bereits einigermaßen zu übersehen. In ei-

    ner zweiten Schlacht am 27. August, die durch die helden-

    mütige Erstürmung einer stark befestigten Stellung auf

    den Höhen von  Niedrzwiosduca  gekrönt war, gelang es,

    die bei Krasnik zurückgeworfenen russischen Kräfte und

    herangeführten Verstärkungen, im ganzen etwa zehn

    Divisionen, durch sechs verschiedene Korps neuerlich zu

    schlagen. Eines unserer Korps nahm in dieser zweiten

    Schlacht einen General, einen Oberst, drei sonstige

    Stabspersonen, vierzig Offiziere und zirka 2000 Mann

    gefangen und erbeutete wieder sehr viel Kriegsmaterial.

        WTB. Wien, 31. August. Die Schlachten auf dem

    östlichen Kriegsschauplatz dauern mit ungeminderter

    Heftigkeit fort. Oestlich unserer trotz mehrfacher be-

    festigter Stellungen des Feindes unaufhaltsam gegen

    Lublin vordringenden Armee Dankl haben unsere zwischen

    Bug und Wieprz vorgeführten Kräfte am 26. August

    den Angriff auf die dem Raume bei Cholm stehen-

    den starken russischen Kräfte begonnen. Hierbei ent-

    wickelten sich wie bei Krasnik wieder harte, für unsere

    angriffsfreudigen Truppen siegreich verlaufende Kämpfe

    bei  Zamoid  sowie nördlich und östlich bei Tomaszow.

    In diesen Kämpfen wurden ebenso wie in den Schlach-

    ten bei Krasnik tausende von Gefangenen gemacht. 

    In Ostgalizien behaupten sich unsere Truppen mit helden-

    mütiger Bravour und Zähigkeit gegen sehr starke uns

    überlegene feindliche Kräfte. Auf dem südlichen Kriegs-

    schauplatz haben in letzter Zeit neue Kämpfe statt-

    gefunden. 

                           Der Kampf in der Nordsee.

       Der lange erwartete Zusammenstoß unserer Flotte

    mit der englischen ist erfolgt. Die Nordsee bei Helgo-

    land war der Kampfplatz, wo der Seekrieg heftig tobte.

    Der Kampf erfolgte bei unsichtigem Wetter und er zog

    sich nach Westen, also nach der englischen Küste zu hin.

    Mehrere kleine Kreuzer unserer Flotte stießen todes-

    mutig vor und gerieten dabei in einen Kampf mit einer

    überlegenen starken englischen Flotte. Unsere Schiffe

    mußten der Uebermacht weichen, haben den Engländern

    aber, wie ein englischer Bericht eingesteht, schwere Be-

    schädigungen beigebracht. Nach dem, was man sonst von


     Fortsetzung  3. Spalte oben 

    ________________________________________________________________ 

      Fortsetzung von  1. Spalte  Kriegsbriefe 

    leutnant, ein Kompagniekamerad von mir, Sch., dann

    ein riesiger Adjutant von den 27ern, A., ein tapferer

    Junge, der nicht mit der Wimper zuckte -  am  Wege

    unten bleibt H. zurück, der furchtlose Regimentsadjunkt

    vom Regiment Louis Ferdinand, und mit ungefähr 10

    Mann nimmt der Hauptmann v. B. die Häuser in un-

    serm Rücken unter Feuer, er selbst hat den Degen ab-

    gelegt und führt das Gewehr . . .

        Oben von meiner Kohlenhalde sehe ich ein Gehöft

    und zum ersten Male belgische Infanterie - sonst wa-

    ren die Kerle gelaufen, als sei der Deibel hinter ihnen.

     - Jetzt heben sie die Büchse an die Backe. Ich lasse

    das Feuer aufnehmen und beobachte durch das Glas die

    Wirkung . . . "Ruhig zielen, Kerls, ihr schießt zu weit"

    . . . Zwei schwarze Mäntel sehe ich sich im Sande wälzen.

         "Hols der Deibel!" Sie schießen von rechts her - 

    von der anderen Halde . . .  Da steht noch auf unserem

    Flügel der lange A. Seine Schärpe flattert, die Quasten

    sind schwarz von Kohlenstaub, er schießt auf die Bande

    rechts - jetzt knallt´s auch von hintenher aus den

    Häusern . . .

        Ich setze das Glas ab und sehe mich um. Da links

    am Flügel liegt mein Kamerad Sch., hat einem Ver-

    wundeten das Gewehr abgenommen und schießt nach dem

    Gehöft . . .  Rechts von mir - ja, was ist denn das?

    Einer nach dem andern "klappt ab" . . . Der läßt den

    Kopf vornüber, der rollt den Abhang hinunter, der

    schreit . . . Sie schießen wie besessen auf uns. Nun

    liegt nur noch einer rechts von mir, eben fängt auch der

    an, sich hin und her zu wälzen, Blut quillt aus dem

    Rock hervor, ich werde ihm sein Gewehr abnehmen; ich

    richte mich auf . . . Donnerwetter, ich fühle einen

    Schlag vor der linken Brust: "Kinder, jetzt hat´s mich

    auch." . . .

        Ich rutsche den Abhang hinab, das Blut kommt mir

    aus dem Munde . . .  hinter einem Steinhaufen finde

    ich Deckung vor dem mörderischen Feuer. Ich bitte einen

    Soldaten: "Mach mir mal die Feldflasche ab - so -

     - und den Tornister."Einen langen Schluck. Der gute

    Kerl öffnet mir den Waffenrock. Ich lehne mich gegen

    den Steinhaufen. Ganz warm quillt das Blut hervor;

    wie lange kann´s dauern, dann ist´s vorbei. Aus dem

    Rocktäschchen ziehe ich das Verbandszeug, öffne es hastig

    und drücke es auf die Wunde. Dann warte ich ab,

    minutenlang; auf dem Wege vor mir stehen die braven

    Kerle und feuern; da ist auch A. noch mit den schwarzen

    Quasten. "Kinder, schickt mir doch einen Arzt." Mir

    fängt´s an, vor den Augen zu flimmern. Da kommt das

    Soldatengefühl: du mußt Dich [sic] wehren, darfst  nicht dich

    dumpf in dein Schicksal ergeben. Die Schlacht geht wei-

    ter; hier findet dich keiner . . .

        Mit Schmerzen richte ich mich empor - stülpe mir

    den Helm auf den Kopf - die Feldbinde, die Pistole -

    das Glas schenke ich einem Soldaten, er braucht´s jetzt

    nötiger als ich, und dann meinen Degen - den lasse ich

    nicht, er braucht sich meiner nicht zu schämen - so

    schleppe ich mich an den Weg. Was geht mich das Pfei-

    fen an, ich habe meinen Teil. Noch immer stehen die

    wackeren Kerle und feuern vom Wege gegen die Kohlen-

    halde - einen winke ich heran . . .  "Um Gotteswillen,

    Herr Leutnant!" . . . "Bringe mich zum Verbandplatz, 

    mein Junge." . . . Er gibt mir seinen Arm . . . "Mußt


     3. Spalte 

    der englischen Kriegsberichterstattung gewöhnt ist, darf

    man ruhig annehmen, daß auch die englischen Schiffe

    zum mindesten kampfunfähig geworden sind. Leider

    brachte der Kampf den Verlust einiger unserer Schiffe, 

    aber ohne Kampf kein Sieg. Die Helden der Nordsee

    leben bei uns in treuem Angedenken und als leuchtendes

    Beispiel deutscher Seemannstreue fort.

        Unsere Schiff haben, wie Staatssekretär Tirpitz

    sagte, die Aufgabe, die deutsche Küste zu schützen, und

    diese Aufgabe haben sie bisher glänzend gelöst. Kein

    englisches Schiff hat sich bis jetzt den deutschen Gestaden

    nähern dürfen, und auch ferner werden unsere blauen

    Jungen so scharf auf der Wacht stehen, daß die Englän-

    der sich allemal blutige Köpfe holen, wenn sie kommen.

        WTB. Berlin, 29. August. Im Laufe des gestrigen

    Vormittags sind bei teilweise unsichtigem Wetter mehrere

    moderne englische kleine Kreuzer und zwei englische Zer-

    störerflottillen (ca. 40 Zerstörer) in der deutschen Bucht

    der Nordsee unweit Helgoland aufgetreten. Es kam zu

    hartnäckigen Einzelgefechten zwischen ihnen und unsern

    leichten Streitkräften. Die deutschen kleinen Kreuzer

    drängten lebhaft nach Westen nach und gerieten dabei

    infolge der beschränkten Sichtweite ins Gefecht mit

    mehreren starken englischen Panzerkreuzern. S. M. S.

    "Ariadne" (Kleiner Kreuzer mit 2650 Tonnen Wasser-

    verdrängung) sank, von zwei Schlachtschiffkreuzern der

    Lion-Klasse auf kurze Entfernung mit schwerer Artillerie

    beschossen, nach ehrenvollem Kampfe. Der weitaus größte

    Teil der Besatzung, voraussichtlich 250 Köpfe, konnte

    gerettet werden.

        Auch das Torpedoboot V 187 ging, von einem kleinen

    Kreuzer und den Zerstörern aufs heftigste beschossen, bis

    zuletzt feuernd, in die Tiefe. Flottillenchef und Kom-

    mandant sind gefallen. Ein beträchtlicher Teil der Be-

    satzung wurde gerettet. Die kleinen Kreuzer Cöln und

    Mainz werden vermißt. Sie sind nach einer heutigen

    Reutermeldung aus London gleichfalls im Kampfe mit

    überlegenen Gegnern gesunken. Ein Teil  der Be-

    satzung, 2 Offiziere und 81 Mann (?) scheinen durch eng-

    lische Schiffe gerettet zu sein. Nach der gleichen Quelle

    haben die englischen Schiffe schwere Beschädigungen er-

    litten.

                       Heldenmut unserer blauen Jungen.

        Ueber die heldenmütige Energie, mit der  Torpedo-

    boot V 187 sich bis zum letzten Augenblick gegen feind-

    liche Uebermacht wehrte, gibt der Bericht eines Augen-

    zeugen Kunde, dem wir folgendes entnehmen:

        V 187 sah sich bei dichtem Wetter ganz unerwartet

    zunächst von Norden, dann allerseits von Massen eng-

    lischer Torpedobootzerstörer und Unterseebooten ange-

    griffen. V 187 wehrte sich unverzüglich mit allen Kräf-

    ten, da setzten zahllose Geschosse, aus nächster Nähe ab-

    gegeben, die Bewegungsfähigkeit herab. Da keine Mög-

    lichkeit vorhanden war, sich dem feindlichen Feuer zu ent-

    ziehen, drehte V 187 auf die Feinde zu, um ein Passier-

    gefecht zu gewinnen und bis zum Ende durchzukämpfen.

    Als unter dem Geschoßhagel die Bewegungsfähigkeit

    verloren gegangen war, wurde schnell im Innern eine

    Sprengung vorgenommen, um das Boot nicht in Fein-

    deshand fallen zu lassen. Jetzt sank es schnell und wäh-

    rend es sank, stand die Mannschaft bis zum letzten

    Augenblick an den noch brauchbaren Geschützen und

    feuerte. Der Flottillenchef, Korvettenkapitän Wallis,

    und der Kommandant, Kapitänleutnant Zechter fanden

    den Heldentod.  Anzuerkennen ist, daß der Gegner un-

    geachtet der eigenen Gefahr Beiboote zur Rettung der

    Unsrigen aussetzte. Als sich deutsche missing

    ten,mußte er sich von missing

    denen sie dann die geretteten Deutsche missing

                              Wie die "Ariadne" unterging.

        Vom Untergang S. M. Schiff "Ariadne" gibt der

    gleiche Augenzeuge folgendes Bild.

        Vom Kanonendonner gerufen, der ein Gefecht der

    Vorposten mit Streitkräften anzeigt, eilt S. M. Schiff 

    "Ariadne" zu Hilfe. An der Vorpostenkette entdeckt sie,

    _______________________________________________________________

     Fortsetzung von 2. Spalte Kriegsbriefe 

    aber langsam mit mir gehen, kann nicht mehr wie

    vorhin."

        Um uns pfeift´s und donnert´s . Der gute P. stützt

    mich. Wie sagt unser Bismarck? "Kein deutscher Offi-

    zier läßt seinen Soldaten im Stich - kein deutscher

    Soldat seinen Offizier." . . . Nein, weiß Gott nicht! - 

        Auf dem Wege stehen zwei belgische Bauern -  die

    lauern auf uns. Wehren kann ich mich jetzt nicht.

    "Komm, da in die Hecke hab´ ich vorhin ein Loch getreten

     -  da durch." Ich humple voran - P., das Gewehr

    schußbereit, hintendrein.

        Auf der Dorfstraße . . .  Die Truppen drängen nach

    vorn, uns entgegen - sie weichen mir alle aus, die

    Braven . . .  Donnerwetter, könnt´ ich noch mit! - 

    "Kinder, haut sie in die Pfanne!" (Konnt´s nur leise

    sagen,aber sie verstehen´s.)  "Wenn wir sie nur erst ha-

    ben, Herr Leutnant!"

        Der belgische Verbandplatz liegt dort. - "Den mag

    ich nicht, komm´ bring mich weiter, wir wollen zum

    deutschen Lazarett."

        So schleppe ich mich weiter - die Straße hinunter,

    wo der Tod so gräßliche Ernte gehalten. Wie liegen

    sue doch dicht, so starr, so stumm . . .  Unter 100 Deutschen

    ein Belgier . . .  O, diese feige Bande!

        Es greift doch an, dieses Humpeln. - "Seht ihr denn

    den Verbandplatz noch nicht, Jungens?"  -  "Er muß

    gleich da sein." Tapps - tapps.  "Langsam, Kinder,

    sonst tut mir´s weh" - ich hänge mich fester an den

    guten P. . . .

        Da steht der General. Er sieht mich, kommt einen

    Schritt auf mich zu: "Na, Herr Leutnant, hoffentlich

    wird´s wieder!"

        Antworten kann ich nicht - aber, so schwach ich bin,

    ich lasse den Arm meines Soldaten frei und lege die

    Hand an den Helm. - 

        Das Rote Kreuz! Gottlob - Ich danke dem guten

    P. und drücke ihm die Hand . . .  Sie schneiden mir das

    Hemd runter, der unermüdliche Stabsarzt verklebt mir

    die Wunde.

        Der Verbandsplatz ist nur ein kleiner Raum - drin

    liegen sechs, sieben Schwerverwundete und stöhnen und

    schreien . . .  So bleibe ich draußen und lehne mich

    sitzend an das Haus . . . Wie viele liegen hier. - Drü-

    ben G., der tapfere Leutnant der Radfahrerkompagnie

     - Schuß in den Leib . . .  Er streckt sich - kein Laut

    des Schmerzes kommt über seine Lippen - sein

    Gesicht ist ganz gelb.

       Neben mir sitzt ein belgischer Offizier -  er hat´s

    im Arm und im Bein. -  Immer kommen neue. -

    Dort sitzt Kurt W., mein Regimentskamerad - Schuß

    ins linke Bein -  aus einem Kellerfenster raus . . . .

        Da bringen sie unseren D. - mit dem ich so manche

    Stunde gebechert, gejubelt. - - -  Bis an die Grenze

    des Forts Fleron hat er seine Kompagnie geführt.

    Drauf los wie ein Held  - der Tapfersten einer - -

    nun mitten in die Brust . . . "Gestern noch auf stolzen

    Rossen . . . "

         Mich friert. Es ist ein trüber, kalter Morgen, der

    Regen säuselt nieder . . .  ich habe aber kein Hemd

    mehr, nur noch einen Aermel. Sie decken mir meinen

    Waffenrock über, der Belgier läßt mir seinen Mantel

    umhängen . . .


  • September 2, 2017 20:08:33 Beate Jochem

     item 14


     Ueber 30 000 Russen in Ostpreußen gefangen.

    Der Sieg der Oesterreicher. Der Kampf in der Nordsee. Die Opfer vom

                                Kreuzer "Magdeburg".


     1. Spalte 

        Wie im Westen, so ist nunmehr auch im Osten die

    erste große Schlacht geschlagen worden. Der Unterschied

    liegt darin, daß sich die Russen in der Offensivstellung

    befanden, während wir den Ansturm abzuwehren hatten.

    Aus der Richtung von Niemen, wie von der Narew her,

    d. h. aus Süden und aus Osten waren erhebliche russische

    Streitkräfte im Anmarsche, die zwischen Insterburg und

    Graudenz in deutsches Gebiet einzubrechen versuchten.

    Ihr Zweck war offenbar, die deutsche Defensive zu durch-

    brechen, ehe die siegreich vordringenden Oesterreicher

    Verbindung mit uns erlangt haben. Die Absicht ist an

    der Wachsamkeit unserer Heeresleitung und der Tapfer-

    keit unserer Truppen gescheitert. Die russische Armee,

    an Zahl fast der bei Metz geschlagenen französischen Ar-

    mee gleich,  ist über die Grenze zurückgewichen und wird

    von unseren Truppen verfolgt. Durch diesen Sieg ist

    die Durchführung des gemeinschaftlichen Vormarsches

    unserer und der österreichischen Truppen gegen die

    Weichsel erleichtert worden. Es geht auf Warschau los!

        Die  Meldung über den Sieg lautet kurz und knapp:

        WTB. Berlin, 29. August.  Unsere Truppen in

    Preußen unter der Führung des Generalobersten Hinden-

    burg haben die von Narew vorgegangene russische Armee

    in Stärke von 5 Armeekorps und 3 Kavalleriedivisionen

    in dreitägiger Schlacht bei Gilgenburg-Ortelsburg ge-

    schlagen und verfolgen sie jetzt über die Grenze.

                                             Generalquartiermeister von Stein.

        Die am Sonnabend verbreitete Meldung von dem

    großen deutschen Siege über die Russen in Ostpreußen

    wird durch folgende neue erfreuliche Nachricht ergänzt:

        WTB. Berlin, 31. August.   Bei den großen

    Kämpfen, in denen die russische Armee bei Tannen-

    berg, Hohenstein und Ortelsburg geworfen wurden,

    sind nach vorläufiger Schätzung über 30000 Russen

    mit vielen hohen Offizieren in Gefangenschaft

    geraten.

        Eine erfreuliche Ergänzung zu der amtlichen Mel-

    dung über das Ergebnis der Schlacht bilden die folgen-

    den Mitteilungen, die aus amtlichen Quellen Ost-

    preußens stammen:

        Der vom Generalquartiermeister in seiner Ver-

    öffentlichung vom 25. August als bevorstehend angekün-

    digte Entscheidungskampf  hat begonnen. Als Einleitung

    erfolgte die Besetzung der Grenzstadt Neidenburg durch

    starke russische Kräfte. Die Russen plünderten die Stadt

    gründlich und bombardierten sie dann von den benach-

    barten Höhen. Den meisten Bürgern Neidenburgs,

    das etwa 6000 Einwohner hat, war es gelungen, über

    Hohenstein und Allenstein zu fliehen. Das 20. Armee-

    korps griff energisch in den Kampf gegen den russischen 

    Gegner ein. Die "Allensteiner Zeitung" kann mit amt-

    licher Genehmigung darüber melden: Unser tapferes

    20. Armeekorps steht seit 24 Stunden im Feuer mit

    einem an  Kräften weit überlegenen Gegner. Dank der

    Tapferkeit unserer Truppen und Führer ist es den

    Russen trotz der gewaltigen Uebermacht nicht gelun-

    gen, unsere Stellungen zu nehmen. Der Kampf hat sich

    dann zu einer Riesenschlacht auf der Linie Gilgenburg-

    Neidenburg-Ortelsburg entwickelt mit etwa 50 Kilo-

    meter Frontlänge. Hierüber teilt Landrat Hagemann

    in Marienburg der "Marienburger Zeitung" mit, daß

    zwei russische Armeekorps aufgerieben worden seien.

    _____________________________________________________________________________

                                             Kriegsbriefe.

                                Wie ich verwundet wurde

                         Von einem Mitkämpfer bei Lüttich.

    . . .  Mitten in dieses Dorfgefecht (Sturm auf Ft.

    Fléron) waren wir hineingerissen. Es blitzte aus allen

    Häusern, unablässig rollt der Donner der Geschütze, un-

    ablässig geht der Eisenregen nieder. Stockdunkel . . . 

    Wie sehnlich wünschen wir den Morgen heran. - Kein

    Gegner zu sehen - und doch sinkt Mann neben Mann.

    Aus den Mauern der Häuser sind nur winzige Steine

    gelöst - ein Flintenlauf ragt durch; in den Fenster-

    laden ein kleines Loch - der Lauf einer Jagdbüchse

    sprüht Flammen heraus - aus den Kellerfenstern, von

    den Böden zuckt und flammt und pfeift es . . . Wie

    im Hexenkessel . . . Und wir dürfen nicht schießen, um

    die Kameraden, die rechts und links vor uns im Gefecht

    liegen, nicht zu gefährden . . . Einer neben dem anderen 

    sinkt - Aechzen und Stöhnen überall. Hinweg über

    einen Haufen zuckender Leiber, vorsichtig - um keinem

    wehe zu tun - und um uns blitzt und kracht´s. Aus einem

    Eckhaus prasselt uns ein Hagel entgegen. -

    Zwanzig, fünfzig Läufe heben sich - , da brülle ich:

    "Keinen Schuß, Kerls! Wer kommt mit? Beil her!"

    Ein kleiner Musketier reicht mir eine Picke . . . Zehn

    braune Kerls drängen hinter mir nach. - Dann ein

    paar Hiebe mit Beil und Kolben - die Tür kracht ein

     - von der Decke her zucken Geschosse nieder . . . "Keiner

    die Bodentreppe hinauf! Hierbleiben! Streichhölzer

    her!" Und schon habe ich ein paar Strohballen vorge-

    rissen, - fünf Minuten später züngeln die Flammen

    aus allen Fenstern. "So, Jungs, nun vorwärts!" -

    Hinein wieder in die Dorfgasse . . . Da treffe ich mei-

    nen Kompagnieführer. "Hierher!" schreit er. "Ueber

    die Mauer, mir nach!"

        Zwei Kerle heben mich hoch, im Nu haben wir eine

    Gartenmauer überstiegen, und stürmen weiter, einer

    belgischen Abteilung in den Rücken zu fallen. Manns-

    hohe Hecken, mit Stacheldraht durchzogen -  vier, fünf

     -  vor uns.  "Her, Kerls," rufe ich, "gebt mir die

    Drahtschere!" Ein paar wuchtige Jungens treten

    den Schlehdorn ein - ich knipse den Draht durch und gehe

    ihnen voran, - meine Hose hängt in Fetzen runter.

    Die Hecken werden genommen - auf einmal kracht es

    auf uns her - nur wenige Sekunden, dann saust eine

    Haubitze in den verruchten  Giebel - Steine spritzen

    umher -  das Gemäuer sinkt donnernd zusammen.

    Feuer von links! - Da sind die Unsern, sie schießen 

    auf uns - sie erkennen uns noch immer nicht. Wir

    brüllen ihnen die Losung zu: "Der Kaiser! Der Kaiser!"

     - Sie hören uns nicht in dem Höllenlärm. "Hornist,"

    rufe ich, "blasen Sie Signal!" Der brave Junge - er

    war von den vierten Jägern, nimmt das Horn und

    schmettert: Das Ganze! - Das Ganze! - Da kommt´s

    von drüben zurück. Wir erkennen uns - es sind die

    27er - ich drücke dem Hauptmann, den ich seit Jahren

    kenne, die Hand. - 

                             Heller Morgen, ¼ 7 Uhr (am 6. August).

        Vor uns liegt ein Kohlenbergwerk. Zwei Kohlen-

    halden sind einige Meter hoch im Winkel zu einander

    aufgeschüttet - da stürmen wir hinauf: Ein Jäger-


     Fortsetzung 2. Spalte Mitte 

    _______________________________________________________________

     2. Spalte 

    Siegreiches Vordringen der Oesterreicher.

        WTB. Wien, 30. August.  Der Korrespondent des

    Neuen Wiener Tagebl. im Hauptquartier meldet: Die

    große Schlacht ist heute, am vierten Tage, in vollem

    Gange und steht gut für uns. Die linke Flügelgruppe

    rückt gegen Lublin und Zamocs langsam aber sicher vor,

    stößt aber immer wieder auf den neuverschanzten Gegner

    und anstelle von Frontalangriffen sind zeitraubende Um-

    gehungen nötig. Drei Zügen des Infanterieregiments

    Nr. 72 gelang ein rascher Frontalangriff,  bei dem zwei

    russische Hauptleute, sechs Subalternoffiziere und 470

    Mann gefangen genommen wurden.  Die Kräftegruppe

    zwischen Bug und Wieprz griff eine russische Division

    von drei Seiten mit Erfolg an, sodaß sie nur unter dem

    Schutze der Nacht entkamen. Generalstabshauptmann

    Roßmann stürzte mit seinem Flugzeug ab und wurde

    getötet. Das Armeeverordnungsblatt veröffentlichte ge-

    rade heute eine Auszeichnung Roßmanns für hervor-

    ragend tapferes Verhalten vor dem Feinde.

        WTB. Wien, 30. August. (Nicht amtlich.)  Soweit

    sich bis gestern mittag überblicken ließ, ist das große

    Ringen unserer Armee mit den Hauptkräften des russi-

    schen Heeres noch nicht zur Entscheidung herangereift.

    Nur die Erfolge der vom General der Kavallerie Viktor

    Dankl in der Schlacht bei Krasnik siegreich geführten

    Armee sind bereits einigermaßen zu übersehen. In ei-

    ner zweiten Schlacht am 27. August, die durch die helden-

    mütige Erstürmung einer stark befestigten Stellung auf

    den Höhen von  Niedrzwiosduca  gekrönt war, gelang es,

    die bei Krasnik zurückgeworfenen russischen Kräfte und

    herangeführten Verstärkungen, im ganzen etwa zehn

    Divisionen, durch sechs verschiedene Korps neuerlich zu

    schlagen. Eines unserer Korps nahm in dieser zweiten

    Schlacht einen General, einen Oberst, drei sonstige

    Stabspersonen, vierzig Offiziere und zirka 2000 Mann

    gefangen und erbeutete wieder sehr viel Kriegsmaterial.

        WTB. Wien, 31. August. Die Schlachten auf dem

    östlichen Kriegsschauplatz dauern mit ungeminderter

    Heftigkeit fort. Oestlich unserer trotz mehrfacher be-

    festigter Stellungen des Feindes unaufhaltsam gegen

    Lublin vordringenden Armee Dankl haben unsere zwischen

    Bug und Wieprz vorgeführten Kräfte am 26. August

    den Angriff auf die dem Raume bei Cholm stehen-

    den starken russischen Kräfte begonnen. Hierbei ent-

    wickelten sich wie bei Krasnik wieder harte, für unsere

    angriffsfreudigen Truppen siegreich verlaufende Kämpfe

    bei  Zamoid  sowie nördlich und östlich bei Tomaszow.

    In diesen Kämpfen wurden ebenso wie in den Schlach-

    ten bei Krasnik tausende von Gefangenen gemacht. 

    In Ostgalizien behaupten sich unsere Truppen mit helden-

    mütiger Bravour und Zähigkeit gegen sehr starke uns

    überlegene feindliche Kräfte. Auf dem südlichen Kriegs-

    schauplatz haben in letzter Zeit neue Kämpfe statt-

    gefunden. 

                           Der Kampf in der Nordsee.

       Der lange erwartete Zusammenstoß unserer Flotte

    mit der englischen ist erfolgt. Die Nordsee bei Helgo-

    land war der Kampfplatz, wo der Seekrieg heftig tobte.

    Der Kampf erfolgte bei unsichtigem Wetter und er zog

    sich nach Westen, also nach der englischen Küste zu hin.

    Mehrere kleine Kreuzer unserer Flotte stießen todes-

    mutig vor und gerieten dabei in einen Kampf mit einer

    überlegenen starken englischen Flotte. Unsere Schiffe

    mußten der Uebermacht weichen, haben den Engländern

    aber, wie ein englischer Bericht eingesteht, schwere Be-

    schädigungen beigebracht. Nach dem, was man sonst von


     Fortsetzung  3. Spalte oben 

    ________________________________________________________________ 

      Fortsetzung von  1. Spalte  Kriegsbriefe 

    leutnant, ein Kompagniekamerad von mir, Sch., dann

    ein riesiger Adjutant von den 27ern, A., ein tapferer

    Junge, der nicht mit der Wimper zuckte -  am  Wege

    unten bleibt H. zurück, der furchtlose Regimentsadjunkt

    vom Regiment Louis Ferdinand, und mit ungefähr 10

    Mann nimmt der Hauptmann v. B. die Häuser in un-

    serm Rücken unter Feuer, er selbst hat den Degen ab-

    gelegt und führt das Gewehr . . .

        Oben von meiner Kohlenhalde sehe ich ein Gehöft

    und zum ersten Male belgische Infanterie - sonst wa-

    ren die Kerle gelaufen, als sei der Deibel hinter ihnen.

     - Jetzt heben sie die Büchse an die Backe. Ich lasse

    das Feuer aufnehmen und beobachte durch das Glas die

    Wirkung . . . "Ruhig zielen, Kerls, ihr schießt zu weit"

    . . . Zwei schwarze Mäntel sehe ich sich im Sande wälzen.

         "Hols der Deibel!" Sie schießen von rechts her - 

    von der anderen Halde . . .  Da steht noch auf unserem

    Flügel der lange A. Seine Schärpe flattert, die Quasten

    sind schwarz von Kohlenstaub, er schießt auf die Bande

    rechts - jetzt knallt´s auch von hintenher aus den

    Häusern . . .

        Ich setze das Glas ab und sehe mich um. Da links

    am Flügel liegt mein Kamerad Sch., hat einem Ver-

    wundeten das Gewehr abgenommen und schießt nach dem

    Gehöft . . .  Rechts von mir - ja, was ist denn das?

    Einer nach dem andern "klappt ab" . . . Der läßt den

    Kopf vornüber, der rollt den Abhang hinunter, der

    schreit . . . Sie schießen wie besessen auf uns. Nun

    liegt nur noch einer rechts von mir, eben fängt auch der

    an, sich hin und her zu wälzen, Blut quillt aus dem

    Rock hervor, ich werde ihm sein Gewehr abnehmen; ich

    richte mich auf . . . Donnerwetter, ich fühle einen

    Schlag vor der linken Brust: "Kinder, jetzt hat´s mich

    auch." . . .

        Ich rutsche den Abhang hinab, das Blut kommt mir

    aus dem Munde . . .  hinter einem Steinhaufen finde

    ich Deckung vor dem mörderischen Feuer. Ich bitte einen

    Soldaten: "Mach mir mal die Feldflasche ab - so -

     - und den Tornister."Einen langen Schluck. Der gute

    Kerl öffnet mir den Waffenrock. Ich lehne mich gegen

    den Steinhaufen. Ganz warm quillt das Blut hervor;

    wie lange kann´s dauern, dann ist´s vorbei. Aus dem

    Rocktäschchen ziehe ich das Verbandszeug, öffne es hastig

    und drücke es auf die Wunde. Dann warte ich ab,

    minutenlang; auf dem Wege vor mir stehen die braven

    Kerle und feuern; da ist auch A. noch mit den schwarzen

    Quasten. "Kinder, schickt mir doch einen Arzt." Mir

    fängt´s an, vor den Augen zu flimmern. Da kommt das

    Soldatengefühl: du mußt Dich [sic] wehren, darfst  nicht dich

    dumpf in dein Schicksal ergeben. Die Schlacht geht wei-

    ter; hier findet dich keiner . . .

        Mit Schmerzen richte ich mich empor - stülpe mir

    den Helm auf den Kopf - die Feldbinde, die Pistole -

    das Glas schenke ich einem Soldaten, er braucht´s jetzt

    nötiger als ich, und dann meinen Degen - den lasse ich

    nicht, er braucht sich meiner nicht zu schämen - so

    schleppe ich mich an den Weg. Was geht mich das Pfei-

    fen an, ich habe meinen Teil. Noch immer stehen die

    wackeren Kerle und feuern vom Wege gegen die Kohlen-

    halde - einen winke ich heran . . .  "Um Gotteswillen,

    Herr Leutnant!" . . . "Bringe mich zum Verbandplatz, 

    mein Junge." . . . Er gibt mir seinen Arm . . . "Mußt


     3. Spalte 

    der englischen Kriegsberichterstattung gewöhnt ist, darf

    man ruhig annehmen, daß auch die englischen Schiffe

    zum mindesten kampfunfähig geworden sind. Leider

    brachte der Kampf den Verlust einiger unserer Schiffe, 

    aber ohne Kampf kein Sieg. Die Helden der Nordsee

    leben bei uns in treuem Angedenken und als leuchtendes

    Beispiel deutscher Seemannstreue fort.

        Unsere Schiff haben, wie Staatssekretär Tirpitz

    sagte, die Aufgabe, die deutsche Küste zu schützen, und

    diese Aufgabe haben sie bisher glänzend gelöst. Kein

    englisches Schiff hat sich bis jetzt den deutschen Gestaden

    nähern dürfen, und auch ferner werden unsere blauen

    Jungen so scharf auf der Wacht stehen, daß die Englän-

    der sich allemal blutige Köpfe holen, wenn sie kommen.

        WTB. Berlin, 29. August. Im Laufe des gestrigen

    Vormittags sind bei teilweise unsichtigem Wetter mehrere

    moderne englische kleine Kreuzer und zwei englische Zer-

    störerflottillen (ca. 40 Zerstörer) in der deutschen Bucht

    der Nordsee unweit Helgoland aufgetreten. Es kam zu

    hartnäckigen Einzelgefechten zwischen ihnen und unsern

    leichten Streitkräften. Die deutschen kleinen Kreuzer

    drängten lebhaft nach Westen nach und gerieten dabei

    infolge der beschränkten Sichtweite ins Gefecht mit

    mehreren starken englischen Panzerkreuzern. S. M. S.

    "Ariadne" (Kleiner Kreuzer mit 2650 Tonnen Wasser-

    verdrängung) sank, von zwei Schlachtschiffkreuzern der

    Lion-Klasse auf kurze Entfernung mit schwerer Artillerie

    beschossen, nach ehrenvollem Kampfe. Der weitaus größte

    Teil der Besatzung, voraussichtlich 250 Köpfe, konnte

    gerettet werden.

        Auch das Torpedoboot V 187 ging, von einem kleinen

    Kreuzer und den Zerstörern aufs heftigste beschossen, bis

    zuletzt feuernd, in die Tiefe. Flottillenchef und Kom-

    mandant sind gefallen. Ein beträchtlicher Teil der Be-

    satzung wurde gerettet. Die kleinen Kreuzer Cöln und

    Mainz werden vermißt. Sie sind nach einer heutigen

    Reutermeldung aus London gleichfalls im Kampfe mit

    überlegenen Gegnern gesunken. Ein Teil  der Be-

    satzung, 2 Offiziere und 81 Mann (?) scheinen durch eng-

    lische Schiffe gerettet zu sein. Nach der gleichen Quelle

    haben die englischen Schiffe schwere Beschädigungen er-

    litten.

                       Heldenmut unserer blauen Jungen.

        Ueber die heldenmütige Energie, mit der  Torpedo-

    boot V 187 sich bis zum letzten Augenblick gegen feind-

    liche Uebermacht wehrte, gibt der Bericht eines Augen-

    zeugen Kunde, dem wir folgendes entnehmen:

        V 187 sah sich bei dichtem Wetter ganz unerwartet

    zunächst von Norden, dann allerseits von Massen eng-

    lischer Torpedobootzerstörer und Unterseebooten ange-

    griffen. V 187 wehrte sich unverzüglich mit allen Kräf-

    ten, da setzten zahllose Geschosse, aus nächster Nähe ab-

    gegeben, die Bewegungsfähigkeit herab. Da keine Mög-

    lichkeit vorhanden war, sich dem feindlichen Feuer zu ent-

    ziehen, drehte V 187 auf die Feinde zu, um ein Passier-

    gefecht zu gewinnen und bis zum Ende durchzukämpfen.

    Als unter dem Geschoßhagel die Bewegungsfähigkeit

    verloren gegangen war, wurde schnell im Innern eine

    Sprengung vorgenommen, um das Boot nicht in Fein-

    deshand fallen zu lassen. Jetzt sank es schnell und wäh-

    rend es sank, stand die Mannschaft bis zum letzten

    Augenblick an den noch brauchbaren Geschützen und

    feuerte. Der Flottillenchef, Korvettenkapitän Wallis,

    und der Kommandant, Kapitänleutnant Zechter fanden

    den Heldentod.  Anzuerkennen ist, daß der Gegner un-

    geachtet der eigenen Gefahr Beiboote zur Rettung der

    Unsrigen aussetzte. Als sich deutsche missing

    ten,mußte er sich von missing

    denen sie dann die geretteten Deutsche missing

                              Wie die "Ariadne" unterging.

        Vom Untergang S. M. Schiff "Ariadne" gibt der

    gleiche Augenzeuge folgendes Bild.

        Vom Kanonendonner gerufen, der ein Gefecht der

    Vorposten mit Streitkräften anzeigt, eilt S. M. Schiff 

    "Ariadne" zu Hilfe. An der Vorpostenkette entdeckt sie,

    _______________________________________________________________

     Fortsetzung von 2. Spalte Kriegsbriefe 

     


  • September 2, 2017 20:07:34 Beate Jochem

     item 14


     Ueber 30 000 Russen in Ostpreußen gefangen.

    Der Sieg der Oesterreicher. Der Kampf in der Nordsee. Die Opfer vom

                                Kreuzer "Magdeburg".


     1. Spalte 

        Wie im Westen, so ist nunmehr auch im Osten die

    erste große Schlacht geschlagen worden. Der Unterschied

    liegt darin, daß sich die Russen in der Offensivstellung

    befanden, während wir den Ansturm abzuwehren hatten.

    Aus der Richtung von Niemen, wie von der Narew her,

    d. h. aus Süden und aus Osten waren erhebliche russische

    Streitkräfte im Anmarsche, die zwischen Insterburg und

    Graudenz in deutsches Gebiet einzubrechen versuchten.

    Ihr Zweck war offenbar, die deutsche Defensive zu durch-

    brechen, ehe die siegreich vordringenden Oesterreicher

    Verbindung mit uns erlangt haben. Die Absicht ist an

    der Wachsamkeit unserer Heeresleitung und der Tapfer-

    keit unserer Truppen gescheitert. Die russische Armee,

    an Zahl fast der bei Metz geschlagenen französischen Ar-

    mee gleich,  ist über die Grenze zurückgewichen und wird

    von unseren Truppen verfolgt. Durch diesen Sieg ist

    die Durchführung des gemeinschaftlichen Vormarsches

    unserer und der österreichischen Truppen gegen die

    Weichsel erleichtert worden. Es geht auf Warschau los!

        Die  Meldung über den Sieg lautet kurz und knapp:

        WTB. Berlin, 29. August.  Unsere Truppen in

    Preußen unter der Führung des Generalobersten Hinden-

    burg haben die von Narew vorgegangene russische Armee

    in Stärke von 5 Armeekorps und 3 Kavalleriedivisionen

    in dreitägiger Schlacht bei Gilgenburg-Ortelsburg ge-

    schlagen und verfolgen sie jetzt über die Grenze.

                                             Generalquartiermeister von Stein.

        Die am Sonnabend verbreitete Meldung von dem

    großen deutschen Siege über die Russen in Ostpreußen

    wird durch folgende neue erfreuliche Nachricht ergänzt:

        WTB. Berlin, 31. August.   Bei den großen

    Kämpfen, in denen die russische Armee bei Tannen-

    berg, Hohenstein und Ortelsburg geworfen wurden,

    sind nach vorläufiger Schätzung über 30000 Russen

    mit vielen hohen Offizieren in Gefangenschaft

    geraten.

        Eine erfreuliche Ergänzung zu der amtlichen Mel-

    dung über das Ergebnis der Schlacht bilden die folgen-

    den Mitteilungen, die aus amtlichen Quellen Ost-

    preußens stammen:

        Der vom Generalquartiermeister in seiner Ver-

    öffentlichung vom 25. August als bevorstehend angekün-

    digte Entscheidungskampf  hat begonnen. Als Einleitung

    erfolgte die Besetzung der Grenzstadt Neidenburg durch

    starke russische Kräfte. Die Russen plünderten die Stadt

    gründlich und bombardierten sie dann von den benach-

    barten Höhen. Den meisten Bürgern Neidenburgs,

    das etwa 6000 Einwohner hat, war es gelungen, über

    Hohenstein und Allenstein zu fliehen. Das 20. Armee-

    korps griff energisch in den Kampf gegen den russischen 

    Gegner ein. Die "Allensteiner Zeitung" kann mit amt-

    licher Genehmigung darüber melden: Unser tapferes

    20. Armeekorps steht seit 24 Stunden im Feuer mit

    einem an  Kräften weit überlegenen Gegner. Dank der

    Tapferkeit unserer Truppen und Führer ist es den

    Russen trotz der gewaltigen Uebermacht nicht gelun-

    gen, unsere Stellungen zu nehmen. Der Kampf hat sich

    dann zu einer Riesenschlacht auf der Linie Gilgenburg-

    Neidenburg-Ortelsburg entwickelt mit etwa 50 Kilo-

    meter Frontlänge. Hierüber teilt Landrat Hagemann

    in Marienburg der "Marienburger Zeitung" mit, daß

    zwei russische Armeekorps aufgerieben worden seien.

    _____________________________________________________________________________

                                             Kriegsbriefe.

                                Wie ich verwundet wurde

                         Von einem Mitkämpfer bei Lüttich.

    . . .  Mitten in dieses Dorfgefecht (Sturm auf Ft.

    Fléron) waren wir hineingerissen. Es blitzte aus allen

    Häusern, unablässig rollt der Donner der Geschütze, un-

    ablässig geht der Eisenregen nieder. Stockdunkel . . . 

    Wie sehnlich wünschen wir den Morgen heran. - Kein

    Gegner zu sehen - und doch sinkt Mann neben Mann.

    Aus den Mauern der Häuser sind nur winzige Steine

    gelöst - ein Flintenlauf ragt durch; in den Fenster-

    laden ein kleines Loch - der Lauf einer Jagdbüchse

    sprüht Flammen heraus - aus den Kellerfenstern, von

    den Böden zuckt und flammt und pfeift es . . . Wie

    im Hexenkessel . . . Und wir dürfen nicht schießen, um

    die Kameraden, die rechts und links vor uns im Gefecht

    liegen, nicht zu gefährden . . . Einer neben dem anderen 

    sinkt - Aechzen und Stöhnen überall. Hinweg über

    einen Haufen zuckender Leiber, vorsichtig - um keinem

    wehe zu tun - und um uns blitzt und kracht´s. Aus einem

    Eckhaus prasselt uns ein Hagel entgegen. -

    Zwanzig, fünfzig Läufe heben sich - , da brülle ich:

    "Keinen Schuß, Kerls! Wer kommt mit? Beil her!"

    Ein kleiner Musketier reicht mir eine Picke . . . Zehn

    braune Kerls drängen hinter mir nach. - Dann ein

    paar Hiebe mit Beil und Kolben - die Tür kracht ein

     - von der Decke her zucken Geschosse nieder . . . "Keiner

    die Bodentreppe hinauf! Hierbleiben! Streichhölzer

    her!" Und schon habe ich ein paar Strohballen vorge-

    rissen, - fünf Minuten später züngeln die Flammen

    aus allen Fenstern. "So, Jungs, nun vorwärts!" -

    Hinein wieder in die Dorfgasse . . . Da treffe ich mei-

    nen Kompagnieführer. "Hierher!" schreit er. "Ueber

    die Mauer, mir nach!"

        Zwei Kerle heben mich hoch, im Nu haben wir eine

    Gartenmauer überstiegen, und stürmen weiter, einer

    belgischen Abteilung in den Rücken zu fallen. Manns-

    hohe Hecken, mit Stacheldraht durchzogen -  vier, fünf

     -  vor uns.  "Her, Kerls," rufe ich, "gebt mir die

    Drahtschere!" Ein paar wuchtige Jungens treten

    den Schlehdorn ein - ich knipse den Draht durch und gehe

    ihnen voran, - meine Hose hängt in Fetzen runter.

    Die Hecken werden genommen - auf einmal kracht es

    auf uns her - nur wenige Sekunden, dann saust eine

    Haubitze in den verruchten  Giebel - Steine spritzen

    umher -  das Gemäuer sinkt donnernd zusammen.

    Feuer von links! - Da sind die Unsern, sie schießen 

    auf uns - sie erkennen uns noch immer nicht. Wir

    brüllen ihnen die Losung zu: "Der Kaiser! Der Kaiser!"

     - Sie hören uns nicht in dem Höllenlärm. "Hornist,"

    rufe ich, "blasen Sie Signal!" Der brave Junge - er

    war von den vierten Jägern, nimmt das Horn und

    schmettert: Das Ganze! - Das Ganze! - Da kommt´s

    von drüben zurück. Wir erkennen uns - es sind die

    27er - ich drücke dem Hauptmann, den ich seit Jahren

    kenne, die Hand. - 

                             Heller Morgen, ¼ 7 Uhr (am 6. August).

        Vor uns liegt ein Kohlenbergwerk. Zwei Kohlen-

    halden sind einige Meter hoch im Winkel zu einander

    aufgeschüttet - da stürmen wir hinauf: Ein Jäger-


     Fortsetzung 2. Spalte Mitte 

    _______________________________________________________________

     2. Spalte 

    Siegreiches Vordringen der Oesterreicher.

        WTB. Wien, 30. August.  Der Korrespondent des

    Neuen Wiener Tagebl. im Hauptquartier meldet: Die

    große Schlacht ist heute, am vierten Tage, in vollem

    Gange und steht gut für uns. Die linke Flügelgruppe

    rückt gegen Lublin und Zamocs langsam aber sicher vor,

    stößt aber immer wieder auf den neuverschanzten Gegner

    und anstelle von Frontalangriffen sind zeitraubende Um-

    gehungen nötig. Drei Zügen des Infanterieregiments

    Nr. 72 gelang ein rascher Frontalangriff,  bei dem zwei

    russische Hauptleute, sechs Subalternoffiziere und 470

    Mann gefangen genommen wurden.  Die Kräftegruppe

    zwischen Bug und Wieprz griff eine russische Division

    von drei Seiten mit Erfolg an, sodaß sie nur unter dem

    Schutze der Nacht entkamen. Generalstabshauptmann

    Roßmann stürzte mit seinem Flugzeug ab und wurde

    getötet. Das Armeeverordnungsblatt veröffentlichte ge-

    rade heute eine Auszeichnung Roßmanns für hervor-

    ragend tapferes Verhalten vor dem Feinde.

        WTB. Wien, 30. August. (Nicht amtlich.)  Soweit

    sich bis gestern mittag überblicken ließ, ist das große

    Ringen unserer Armee mit den Hauptkräften des russi-

    schen Heeres noch nicht zur Entscheidung herangereift.

    Nur die Erfolge der vom General der Kavallerie Viktor

    Dankl in der Schlacht bei Krasnik siegreich geführten

    Armee sind bereits einigermaßen zu übersehen. In ei-

    ner zweiten Schlacht am 27. August, die durch die helden-

    mütige Erstürmung einer stark befestigten Stellung auf

    den Höhen von  Niedrzwiosduca  gekrönt war, gelang es,

    die bei Krasnik zurückgeworfenen russischen Kräfte und

    herangeführten Verstärkungen, im ganzen etwa zehn

    Divisionen, durch sechs verschiedene Korps neuerlich zu

    schlagen. Eines unserer Korps nahm in dieser zweiten

    Schlacht einen General, einen Oberst, drei sonstige

    Stabspersonen, vierzig Offiziere und zirka 2000 Mann

    gefangen und erbeutete wieder sehr viel Kriegsmaterial.

        WTB. Wien, 31. August. Die Schlachten auf dem

    östlichen Kriegsschauplatz dauern mit ungeminderter

    Heftigkeit fort. Oestlich unserer trotz mehrfacher be-

    festigter Stellungen des Feindes unaufhaltsam gegen

    Lublin vordringenden Armee Dankl haben unsere zwischen

    Bug und Wieprz vorgeführten Kräfte am 26. August

    den Angriff auf die dem Raume bei Cholm stehen-

    den starken russischen Kräfte begonnen. Hierbei ent-

    wickelten sich wie bei Krasnik wieder harte, für unsere

    angriffsfreudigen Truppen siegreich verlaufende Kämpfe

    bei  Zamoid  sowie nördlich und östlich bei Tomaszow.

    In diesen Kämpfen wurden ebenso wie in den Schlach-

    ten bei Krasnik tausende von Gefangenen gemacht. 

    In Ostgalizien behaupten sich unsere Truppen mit helden-

    mütiger Bravour und Zähigkeit gegen sehr starke uns

    überlegene feindliche Kräfte. Auf dem südlichen Kriegs-

    schauplatz haben in letzter Zeit neue Kämpfe statt-

    gefunden. 

                           Der Kampf in der Nordsee.

       Der lange erwartete Zusammenstoß unserer Flotte

    mit der englischen ist erfolgt. Die Nordsee bei Helgo-

    land war der Kampfplatz, wo der Seekrieg heftig tobte.

    Der Kampf erfolgte bei unsichtigem Wetter und er zog

    sich nach Westen, also nach der englischen Küste zu hin.

    Mehrere kleine Kreuzer unserer Flotte stießen todes-

    mutig vor und gerieten dabei in einen Kampf mit einer

    überlegenen starken englischen Flotte. Unsere Schiffe

    mußten der Uebermacht weichen, haben den Engländern

    aber, wie ein englischer Bericht eingesteht, schwere Be-

    schädigungen beigebracht. Nach dem, was man sonst von


     Fortsetzung  3. Spalte oben 

    ________________________________________________________________ 

      Fortsetzung von  1. Spalte  Kriegsbriefe 

    leutnant, ein Kompagniekamerad von mir, Sch., dann

    ein riesiger Adjutant von den 27ern, A., ein tapferer

    Junge, der nicht mit der Wimper zuckte -  am  Wege

    unten bleibt H. zurück, der furchtlose Regimentsadjunkt

    vom Regiment Louis Ferdinand, und mit ungefähr 10

    Mann nimmt der Hauptmann v. B. die Häuser in un-

    serm Rücken unter Feuer, er selbst hat den Degen ab-

    gelegt und führt das Gewehr . . .

        Oben von meiner Kohlenhalde sehe ich ein Gehöft

    und zum ersten Male belgische Infanterie - sonst wa-

    ren die Kerle gelaufen, als sei der Deibel hinter ihnen.

     - Jetzt heben sie die Büchse an die Backe. Ich lasse

    das Feuer aufnehmen und beobachte durch das Glas die

    Wirkung . . . "Ruhig zielen, Kerls, ihr schießt zu weit"

    . . . Zwei schwarze Mäntel sehe ich sich im Sande wälzen.

         "Hols der Deibel!" Sie schießen von rechts her - 

    von der anderen Halde . . .  Da steht noch auf unserem

    Flügel der lange A. Seine Schärpe flattert, die Quasten

    sind schwarz von Kohlenstaub, er schießt auf die Bande

    rechts - jetzt knallt´s auch von hintenher aus den

    Häusern . . .

        Ich setze das Glas ab und sehe mich um. Da links

    am Flügel liegt mein Kamerad Sch., hat einem Ver-

    wundeten das Gewehr abgenommen und schießt nach dem

    Gehöft . . .  Rechts von mir - ja, was ist denn das?

    Einer nach dem andern "klappt ab" . . . Der läßt den

    Kopf vornüber, der rollt den Abhang hinunter, der

    schreit . . . Sie schießen wie besessen auf uns. Nun

    liegt nur noch einer rechts von mir, eben fängt auch der

    an, sich hin und her zu wälzen, Blut quillt aus dem

    Rock hervor, ich werde ihm sein Gewehr abnehmen; ich

    richte mich auf . . . Donnerwetter, ich fühle einen

    Schlag vor der linken Brust: "Kinder, jetzt hat´s mich

    auch." . . .

        Ich rutsche den Abhang hinab, das Blut kommt mir

    aus dem Munde . . .  hinter einem Steinhaufen finde

    ich Deckung vor dem mörderischen Feuer. Ich bitte einen

    Soldaten: "Mach mir mal die Feldflasche ab - so -

     - und den Tornister."Einen langen Schluck. Der gute

    Kerl öffnet mir den Waffenrock. Ich lehne mich gegen

    den Steinhaufen. Ganz warm quillt das Blut hervor;

    wie lange kann´s dauern, dann ist´s vorbei. Aus dem

    Rocktäschchen ziehe ich das Verbandszeug, öffne es hastig

    und drücke es auf die Wunde. Dann warte ich ab,

    minutenlang; auf dem Wege vor mir stehen die braven

    Kerle und feuern; da ist auch A. noch mit den schwarzen

    Quasten. "Kinder, schickt mir doch einen Arzt." Mir

    fängt´s an, vor den Augen zu flimmern. Da kommt das

    Soldatengefühl: du mußt Dich [sic] wehren, darfst  nicht dich

    dumpf in dein Schicksal ergeben. Die Schlacht geht wei-

    ter; hier findet dich keiner . . .

        Mit Schmerzen richte ich mich empor - stülpe mir

    den Helm auf den Kopf - die Feldbinde, die Pistole -

    das Glas schenke ich einem Soldaten, er braucht´s jetzt

    nötiger als ich, und dann meinen Degen - den lasse ich

    nicht, er braucht sich meiner nicht zu schämen - so

    schleppe ich mich an den Weg. Was geht mich das Pfei-

    fen an, ich habe meinen Teil. Noch immer stehen die

    wackeren Kerle und feuern vom Wege gegen die Kohlen-

    halde - einen winke ich heran . . .  "Um Gotteswillen,

    Herr Leutnant!" . . . "Bringe mich zum Verbandplatz, 

    mein Junge." . . . Er gibt mir seinen Arm . . . "Mußt


     3. Spalte 

    der englischen Kriegsberichterstattung gewöhnt ist, darf

    man ruhig annehmen, daß auch die englischen Schiffe

    zum mindesten kampfunfähig geworden sind. Leider

    brachte der Kampf den Verlust einiger unserer Schiffe, 

    aber ohne Kampf kein Sieg. Die Helden der Nordsee

    leben bei uns in treuem Angedenken und als leuchtendes

    Beispiel deutscher Seemannstreue fort.

        Unsere Schiff haben, wie Staatssekretär Tirpitz

    sagte, die Aufgabe, die deutsche Küste zu schützen, und

    diese Aufgabe haben sie bisher glänzend gelöst. Kein

    englisches Schiff hat sich bis jetzt den deutschen Gestaden

    nähern dürfen, und auch ferner werden unsere blauen

    Jungen so scharf auf der Wacht stehen, daß die Englän-

    der sich allemal blutige Köpfe holen, wenn sie kommen.

        WTB. Berlin, 29. August. Im Laufe des gestrigen

    Vormittags sind bei teilweise unsichtigem Wetter mehrere

    moderne englische kleine Kreuzer und zwei englische Zer-

    störerflottillen (ca. 40 Zerstörer) in der deutschen Bucht

    der Nordsee unweit Helgoland aufgetreten. Es kam zu

    hartnäckigen Einzelgefechten zwischen ihnen und unsern

    leichten Streitkräften. Die deutschen kleinen Kreuzer

    drängten lebhaft nach Westen nach und gerieten dabei

    infolge der beschränkten Sichtweite ins Gefecht mit

    mehreren starken englischen Panzerkreuzern. S. M. S.

    "Ariadne" (Kleiner Kreuzer mit 2650 Tonnen Wasser-

    verdrängung) sank, von zwei Schlachtschiffkreuzern der

    Lion-Klasse auf kurze Entfernung mit schwerer Artillerie

    beschossen, nach ehrenvollem Kampfe. Der weitaus größte

    Teil der Besatzung, voraussichtlich 250 Köpfe, konnte

    gerettet werden.

        Auch das Torpedoboot V 187 ging, von einem kleinen

    Kreuzer und den Zerstörern aufs heftigste beschossen, bis

    zuletzt feuernd, in die Tiefe. Flottillenchef und Kom-

    mandant sind gefallen. Ein beträchtlicher Teil der Be-

    satzung wurde gerettet. Die kleinen Kreuzer Cöln und

    Mainz werden vermißt. Sie sind nach einer heutigen

    Reutermeldung aus London gleichfalls im Kampfe mit

    überlegenen Gegnern gesunken. Ein Teil  der Be-

    satzung, 2 Offiziere und 81 Mann (?) scheinen durch eng-

    lische Schiffe gerettet zu sein. Nach der gleichen Quelle

    haben die englischen Schiffe schwere Beschädigungen er-

    litten.

                       Heldenmut unserer blauen Jungen.

        Ueber die heldenmütige Energie, mit der  Torpedo-

    boot V 187 sich bis zum letzten Augenblick gegen feind-

    liche Uebermacht wehrte, gibt der Bericht eines Augen-

    zeugen Kunde, dem wir folgendes entnehmen:

        V 187 sah sich bei dichtem Wetter ganz unerwartet

    zunächst von Norden, dann allerseits von Massen eng-

    lischer Torpedobootzerstörer und Unterseebooten ange-

    griffen. V 187 wehrte sich unverzüglich mit allen Kräf-

    ten, da setzten zahllose Geschosse, aus nächster Nähe ab-

    gegeben, die Bewegungsfähigkeit herab. Da keine Mög-

    lichkeit vorhanden war, sich dem feindlichen Feuer zu ent-

    ziehen, drehte V 187 auf die Feinde zu, um ein Passier-

    gefecht zu gewinnen und bis zum Ende durchzukämpfen.

    Als unter dem Geschoßhagel die Bewegungsfähigkeit

    verloren gegangen war, wurde schnell im Innern eine

    Sprengung vorgenommen, um das Boot nicht in Fein-

    deshand fallen zu lassen. Jetzt sank es schnell und wäh-

    rend es sank, stand die Mannschaft bis zum letzten

    Augenblick an den noch brauchbaren Geschützen und

    feuerte. Der Flottillenchef, Korvettenkapitän Wallis,

    und der Kommandant, Kapitänleutnant Zechter fanden

    den Heldentod.  Anzuerkennen ist, daß der Gegner un-

    geachtet der eigenen Gefahr Beiboote zur Rettung der

    Unsrigen aussetzte. Als sich deutsche missing

    ten,mußte er sich von missing

    denen sie dann die geretteten Deutsche missing

                              Wie die "Ariadne" unterging.

        Vom Untergang S. M. Schiff "Ariadne" gibt der

    gleiche Augenzeuge folgendes Bild.

        Vom Kanonendonner gerufen, der ein Gefecht der

    Vorposten mit Streitkräften anzeigt, eilt S. M. Schiff 

    "Ariadne" zu Hilfe. An der Vorpostenkette entdeckt sie,

     


  • September 2, 2017 20:06:19 Beate Jochem

     item 14


     Ueber 30 000 Russen in Ostpreußen gefangen.

    Der Sieg der Oesterreicher. Der Kampf in der Nordsee. Die Opfer vom

                                Kreuzer "Magdeburg".


     1. Spalte 

        Wie im Westen, so ist nunmehr auch im Osten die

    erste große Schlacht geschlagen worden. Der Unterschied

    liegt darin, daß sich die Russen in der Offensivstellung

    befanden, während wir den Ansturm abzuwehren hatten.

    Aus der Richtung von Niemen, wie von der Narew her,

    d. h. aus Süden und aus Osten waren erhebliche russische

    Streitkräfte im Anmarsche, die zwischen Insterburg und

    Graudenz in deutsches Gebiet einzubrechen versuchten.

    Ihr Zweck war offenbar, die deutsche Defensive zu durch-

    brechen, ehe die siegreich vordringenden Oesterreicher

    Verbindung mit uns erlangt haben. Die Absicht ist an

    der Wachsamkeit unserer Heeresleitung und der Tapfer-

    keit unserer Truppen gescheitert. Die russische Armee,

    an Zahl fast der bei Metz geschlagenen französischen Ar-

    mee gleich,  ist über die Grenze zurückgewichen und wird

    von unseren Truppen verfolgt. Durch diesen Sieg ist

    die Durchführung des gemeinschaftlichen Vormarsches

    unserer und der österreichischen Truppen gegen die

    Weichsel erleichtert worden. Es geht auf Warschau los!

        Die  Meldung über den Sieg lautet kurz und knapp:

        WTB. Berlin, 29. August.  Unsere Truppen in

    Preußen unter der Führung des Generalobersten Hinden-

    burg haben die von Narew vorgegangene russische Armee

    in Stärke von 5 Armeekorps und 3 Kavalleriedivisionen

    in dreitägiger Schlacht bei Gilgenburg-Ortelsburg ge-

    schlagen und verfolgen sie jetzt über die Grenze.

                                             Generalquartiermeister von Stein.

        Die am Sonnabend verbreitete Meldung von dem

    großen deutschen Siege über die Russen in Ostpreußen

    wird durch folgende neue erfreuliche Nachricht ergänzt:

        WTB. Berlin, 31. August.   Bei den großen

    Kämpfen, in denen die russische Armee bei Tannen-

    berg, Hohenstein und Ortelsburg geworfen wurden,

    sind nach vorläufiger Schätzung über 30000 Russen

    mit vielen hohen Offizieren in Gefangenschaft

    geraten.

        Eine erfreuliche Ergänzung zu der amtlichen Mel-

    dung über das Ergebnis der Schlacht bilden die folgen-

    den Mitteilungen, die aus amtlichen Quellen Ost-

    preußens stammen:

        Der vom Generalquartiermeister in seiner Ver-

    öffentlichung vom 25. August als bevorstehend angekün-

    digte Entscheidungskampf  hat begonnen. Als Einleitung

    erfolgte die Besetzung der Grenzstadt Neidenburg durch

    starke russische Kräfte. Die Russen plünderten die Stadt

    gründlich und bombardierten sie dann von den benach-

    barten Höhen. Den meisten Bürgern Neidenburgs,

    das etwa 6000 Einwohner hat, war es gelungen, über

    Hohenstein und Allenstein zu fliehen. Das 20. Armee-

    korps griff energisch in den Kampf gegen den russischen 

    Gegner ein. Die "Allensteiner Zeitung" kann mit amt-

    licher Genehmigung darüber melden: Unser tapferes

    20. Armeekorps steht seit 24 Stunden im Feuer mit

    einem an  Kräften weit überlegenen Gegner. Dank der

    Tapferkeit unserer Truppen und Führer ist es den

    Russen trotz der gewaltigen Uebermacht nicht gelun-

    gen, unsere Stellungen zu nehmen. Der Kampf hat sich

    dann zu einer Riesenschlacht auf der Linie Gilgenburg-

    Neidenburg-Ortelsburg entwickelt mit etwa 50 Kilo-

    meter Frontlänge. Hierüber teilt Landrat Hagemann

    in Marienburg der "Marienburger Zeitung" mit, daß

    zwei russische Armeekorps aufgerieben worden seien.

    _____________________________________________________________________________

                                             Kriegsbriefe.

                                Wie ich verwundet wurde

                         Von einem Mitkämpfer bei Lüttich.

    . . .  Mitten in dieses Dorfgefecht (Sturm auf Ft.

    Fléron) waren wir hineingerissen. Es blitzte aus allen

    Häusern, unablässig rollt der Donner der Geschütze, un-

    ablässig geht der Eisenregen nieder. Stockdunkel . . . 

    Wie sehnlich wünschen wir den Morgen heran. - Kein

    Gegner zu sehen - und doch sinkt Mann neben Mann.

    Aus den Mauern der Häuser sind nur winzige Steine

    gelöst - ein Flintenlauf ragt durch; in den Fenster-

    laden ein kleines Loch - der Lauf einer Jagdbüchse

    sprüht Flammen heraus - aus den Kellerfenstern, von

    den Böden zuckt und flammt und pfeift es . . . Wie

    im Hexenkessel . . . Und wir dürfen nicht schießen, um

    die Kameraden, die rechts und links vor uns im Gefecht

    liegen, nicht zu gefährden . . . Einer neben dem anderen 

    sinkt - Aechzen und Stöhnen überall. Hinweg über

    einen Haufen zuckender Leiber, vorsichtig - um keinem

    wehe zu tun - und um uns blitzt und kracht´s. Aus einem

    Eckhaus prasselt uns ein Hagel entgegen. -

    Zwanzig, fünfzig Läufe heben sich - , da brülle ich:

    "Keinen Schuß, Kerls! Wer kommt mit? Beil her!"

    Ein kleiner Musketier reicht mir eine Picke . . . Zehn

    braune Kerls drängen hinter mir nach. - Dann ein

    paar Hiebe mit Beil und Kolben - die Tür kracht ein

     - von der Decke her zucken Geschosse nieder . . . "Keiner

    die Bodentreppe hinauf! Hierbleiben! Streichhölzer

    her!" Und schon habe ich ein paar Strohballen vorge-

    rissen, - fünf Minuten später züngeln die Flammen

    aus allen Fenstern. "So, Jungs, nun vorwärts!" -

    Hinein wieder in die Dorfgasse . . . Da treffe ich mei-

    nen Kompagnieführer. "Hierher!" schreit er. "Ueber

    die Mauer, mir nach!"

        Zwei Kerle heben mich hoch, im Nu haben wir eine

    Gartenmauer überstiegen, und stürmen weiter, einer

    belgischen Abteilung in den Rücken zu fallen. Manns-

    hohe Hecken, mit Stacheldraht durchzogen -  vier, fünf

     -  vor uns.  "Her, Kerls," rufe ich, "gebt mir die

    Drahtschere!" Ein paar wuchtige Jungens treten

    den Schlehdorn ein - ich knipse den Draht durch und gehe

    ihnen voran, - meine Hose hängt in Fetzen runter.

    Die Hecken werden genommen - auf einmal kracht es

    auf uns her - nur wenige Sekunden, dann saust eine

    Haubitze in den verruchten  Giebel - Steine spritzen

    umher -  das Gemäuer sinkt donnernd zusammen.

    Feuer von links! - Da sind die Unsern, sie schießen 

    auf uns - sie erkennen uns noch immer nicht. Wir

    brüllen ihnen die Losung zu: "Der Kaiser! Der Kaiser!"

     - Sie hören uns nicht in dem Höllenlärm. "Hornist,"

    rufe ich, "blasen Sie Signal!" Der brave Junge - er

    war von den vierten Jägern, nimmt das Horn und

    schmettert: Das Ganze! - Das Ganze! - Da kommt´s

    von drüben zurück. Wir erkennen uns - es sind die

    27er - ich drücke dem Hauptmann, den ich seit Jahren

    kenne, die Hand. - 

                             Heller Morgen, ¼ 7 Uhr (am 6. August).

        Vor uns liegt ein Kohlenbergwerk. Zwei Kohlen-

    halden sind einige Meter hoch im Winkel zu einander

    aufgeschüttet - da stürmen wir hinauf: Ein Jäger-


     Fortsetzung 2. Spalte Mitte 


     2. Spalte 

    Siegreiches Vordringen der Oesterreicher.

        WTB. Wien, 30. August.  Der Korrespondent des

    Neuen Wiener Tagebl. im Hauptquartier meldet: Die

    große Schlacht ist heute, am vierten Tage, in vollem

    Gange und steht gut für uns. Die linke Flügelgruppe

    rückt gegen Lublin und Zamocs langsam aber sicher vor,

    stößt aber immer wieder auf den neuverschanzten Gegner

    und anstelle von Frontalangriffen sind zeitraubende Um-

    gehungen nötig. Drei Zügen des Infanterieregiments

    Nr. 72 gelang ein rascher Frontalangriff,  bei dem zwei

    russische Hauptleute, sechs Subalternoffiziere und 470

    Mann gefangen genommen wurden.  Die Kräftegruppe

    zwischen Bug und Wieprz griff eine russische Division

    von drei Seiten mit Erfolg an, sodaß sie nur unter dem

    Schutze der Nacht entkamen. Generalstabshauptmann

    Roßmann stürzte mit seinem Flugzeug ab und wurde

    getötet. Das Armeeverordnungsblatt veröffentlichte ge-

    rade heute eine Auszeichnung Roßmanns für hervor-

    ragend tapferes Verhalten vor dem Feinde.

        WTB. Wien, 30. August. (Nicht amtlich.)  Soweit

    sich bis gestern mittag überblicken ließ, ist das große

    Ringen unserer Armee mit den Hauptkräften des russi-

    schen Heeres noch nicht zur Entscheidung herangereift.

    Nur die Erfolge der vom General der Kavallerie Viktor

    Dankl in der Schlacht bei Krasnik siegreich geführten

    Armee sind bereits einigermaßen zu übersehen. In ei-

    ner zweiten Schlacht am 27. August, die durch die helden-

    mütige Erstürmung einer stark befestigten Stellung auf

    den Höhen von  Niedrzwiosduca  gekrönt war, gelang es,

    die bei Krasnik zurückgeworfenen russischen Kräfte und

    herangeführten Verstärkungen, im ganzen etwa zehn

    Divisionen, durch sechs verschiedene Korps neuerlich zu

    schlagen. Eines unserer Korps nahm in dieser zweiten

    Schlacht einen General, einen Oberst, drei sonstige

    Stabspersonen, vierzig Offiziere und zirka 2000 Mann

    gefangen und erbeutete wieder sehr viel Kriegsmaterial.

        WTB. Wien, 31. August. Die Schlachten auf dem

    östlichen Kriegsschauplatz dauern mit ungeminderter

    Heftigkeit fort. Oestlich unserer trotz mehrfacher be-

    festigter Stellungen des Feindes unaufhaltsam gegen

    Lublin vordringenden Armee Dankl haben unsere zwischen

    Bug und Wieprz vorgeführten Kräfte am 26. August

    den Angriff auf die dem Raume bei Cholm stehen-

    den starken russischen Kräfte begonnen. Hierbei ent-

    wickelten sich wie bei Krasnik wieder harte, für unsere

    angriffsfreudigen Truppen siegreich verlaufende Kämpfe

    bei  Zamoid  sowie nördlich und östlich bei Tomaszow.

    In diesen Kämpfen wurden ebenso wie in den Schlach-

    ten bei Krasnik tausende von Gefangenen gemacht. 

    In Ostgalizien behaupten sich unsere Truppen mit helden-

    mütiger Bravour und Zähigkeit gegen sehr starke uns

    überlegene feindliche Kräfte. Auf dem südlichen Kriegs-

    schauplatz haben in letzter Zeit neue Kämpfe statt-

    gefunden. 

                           Der Kampf in der Nordsee.

       Der lange erwartete Zusammenstoß unserer Flotte

    mit der englischen ist erfolgt. Die Nordsee bei Helgo-

    land war der Kampfplatz, wo der Seekrieg heftig tobte.

    Der Kampf erfolgte bei unsichtigem Wetter und er zog

    sich nach Westen, also nach der englischen Küste zu hin.

    Mehrere kleine Kreuzer unserer Flotte stießen todes-

    mutig vor und gerieten dabei in einen Kampf mit einer

    überlegenen starken englischen Flotte. Unsere Schiffe

    mußten der Uebermacht weichen, haben den Engländern

    aber, wie ein englischer Bericht eingesteht, schwere Be-

    schädigungen beigebracht. Nach dem, was man sonst von


     Fortsetzung  3. Spalte oben 

     

      Fortsetzung von  1. Spalte  Kriegsbriefe 

    leutnant, ein Kompagniekamerad von mir, Sch., dann

    ein riesiger Adjutant von den 27ern, A., ein tapferer

    Junge, der nicht mit der Wimper zuckte -  am  Wege

    unten bleibt H. zurück, der furchtlose Regimentsadjunkt

    vom Regiment Louis Ferdinand, und mit ungefähr 10

    Mann nimmt der Hauptmann v. B. die Häuser in un-

    serm Rücken unter Feuer, er selbst hat den Degen ab-

    gelegt und führt das Gewehr . . .

        Oben von meiner Kohlenhalde sehe ich ein Gehöft

    und zum ersten Male belgische Infanterie - sonst wa-

    ren die Kerle gelaufen, als sei der Deibel hinter ihnen.

     - Jetzt heben sie die Büchse an die Backe. Ich lasse

    das Feuer aufnehmen und beobachte durch das Glas die

    Wirkung . . . "Ruhig zielen, Kerls, ihr schießt zu weit"

    . . . Zwei schwarze Mäntel sehe ich sich im Sande wälzen.

         "Hols der Deibel!" Sie schießen von rechts her - 

    von der anderen Halde . . .  Da steht noch auf unserem

    Flügel der lange A. Seine Schärpe flattert, die Quasten

    sind schwarz von Kohlenstaub, er schießt auf die Bande

    rechts - jetzt knallt´s auch von hintenher aus den

    Häusern . . .

        Ich setze das Glas ab und sehe mich um. Da links

    am Flügel liegt mein Kamerad Sch., hat einem Ver-

    wundeten das Gewehr abgenommen und schießt nach dem

    Gehöft . . .  Rechts von mir - ja, was ist denn das?

    Einer nach dem andern "klappt ab" . . . Der läßt den

    Kopf vornüber, der rollt den Abhang hinunter, der

    schreit . . . Sie schießen wie besessen auf uns. Nun

    liegt nur noch einer rechts von mir, eben fängt auch der

    an, sich hin und her zu wälzen, Blut quillt aus dem

    Rock hervor, ich werde ihm sein Gewehr abnehmen; ich

    richte mich auf . . . Donnerwetter, ich fühle einen

    Schlag vor der linken Brust: "Kinder, jetzt hat´s mich

    auch." . . .

        Ich rutsche den Abhang hinab, das Blut kommt mir

    aus dem Munde . . .  hinter einem Steinhaufen finde

    ich Deckung vor dem mörderischen Feuer. Ich bitte einen

    Soldaten: "Mach mir mal die Feldflasche ab - so -

     - und den Tornister."Einen langen Schluck. Der gute

    Kerl öffnet mir den Waffenrock. Ich lehne mich gegen

    den Steinhaufen. Ganz warm quillt das Blut hervor;

    wie lange kann´s dauern, dann ist´s vorbei. Aus dem

    Rocktäschchen ziehe ich das Verbandszeug, öffne es hastig

    und drücke es auf die Wunde. Dann warte ich ab,

    minutenlang; auf dem Wege vor mir stehen die braven

    Kerle und feuern; da ist auch A. noch mit den schwarzen

    Quasten. "Kinder, schickt mir doch einen Arzt." Mir

    fängt´s an, vor den Augen zu flimmern. Da kommt das

    Soldatengefühl: du mußt Dich [sic] wehren, darfst  nicht dich

    dumpf in dein Schicksal ergeben. Die Schlacht geht wei-

    ter; hier findet dich keiner . . .

        Mit Schmerzen richte ich mich empor - stülpe mir

    den Helm auf den Kopf - die Feldbinde, die Pistole -

    das Glas schenke ich einem Soldaten, er braucht´s jetzt

    nötiger als ich, und dann meinen Degen - den lasse ich

    nicht, er braucht sich meiner nicht zu schämen - so

    schleppe ich mich an den Weg. Was geht mich das Pfei-

    fen an, ich habe meinen Teil. Noch immer stehen die

    wackeren Kerle und feuern vom Wege gegen die Kohlen-

    halde - einen winke ich heran . . .  "Um Gotteswillen,

    Herr Leutnant!" . . . "Bringe mich zum Verbandplatz, 

    mein Junge." . . . Er gibt mir seinen Arm . . . "Mußt


     3. Spalte 

    der englischen Kriegsberichterstattung gewöhnt ist, darf

    man ruhig annehmen, daß auch die englischen Schiffe

    zum mindesten kampfunfähig geworden sind. Leider

    brachte der Kampf den Verlust einiger unserer Schiffe, 

    aber ohne Kampf kein Sieg. Die Helden der Nordsee

    leben bei uns in treuem Angedenken und als leuchtendes

    Beispiel deutscher Seemannstreue fort.

        Unsere Schiff haben, wie Staatssekretär Tirpitz

    sagte, die Aufgabe, die deutsche Küste zu schützen, und

    diese Aufgabe haben sie bisher glänzend gelöst. Kein

    englisches Schiff hat sich bis jetzt den deutschen Gestaden

    nähern dürfen, und auch ferner werden unsere blauen

    Jungen so scharf auf der Wacht stehen, daß die Englän-

    der sich allemal blutige Köpfe holen, wenn sie kommen.

        WTB. Berlin, 29. August. Im Laufe des gestrigen

    Vormittags sind bei teilweise unsichtigem Wetter mehrere

    moderne englische kleine Kreuzer und zwei englische Zer-

    störerflottillen (ca. 40 Zerstörer) in der deutschen Bucht

    der Nordsee unweit Helgoland aufgetreten. Es kam zu

    hartnäckigen Einzelgefechten zwischen ihnen und unsern

    leichten Streitkräften. Die deutschen kleinen Kreuzer

    drängten lebhaft nach Westen nach und gerieten dabei

    infolge der beschränkten Sichtweite ins Gefecht mit

    mehreren starken englischen Panzerkreuzern. S. M. S.

    "Ariadne" (Kleiner Kreuzer mit 2650 Tonnen Wasser-

    verdrängung) sank, von zwei Schlachtschiffkreuzern der

    Lion-Klasse auf kurze Entfernung mit schwerer Artillerie

    beschossen, nach ehrenvollem Kampfe. Der weitaus größte

    Teil der Besatzung, voraussichtlich 250 Köpfe, konnte

    gerettet werden.

        Auch das Torpedoboot V 187 ging, von einem kleinen

    Kreuzer und den Zerstörern aufs heftigste beschossen, bis

    zuletzt feuernd, in die Tiefe. Flottillenchef und Kom-

    mandant sind gefallen. Ein beträchtlicher Teil der Be-

    satzung wurde gerettet. Die kleinen Kreuzer Cöln und

    Mainz werden vermißt. Sie sind nach einer heutigen

    Reutermeldung aus London gleichfalls im Kampfe mit

    überlegenen Gegnern gesunken. Ein Teil  der Be-

    satzung, 2 Offiziere und 81 Mann (?) scheinen durch eng-

    lische Schiffe gerettet zu sein. Nach der gleichen Quelle

    haben die englischen Schiffe schwere Beschädigungen er-

    litten.

                       Heldenmut unserer blauen Jungen.

        Ueber die heldenmütige Energie, mit der  Torpedo-

    boot V 187 sich bis zum letzten Augenblick gegen feind-

    liche Uebermacht wehrte, gibt der Bericht eines Augen-

    zeugen Kunde, dem wir folgendes entnehmen:

        V 187 sah sich bei dichtem Wetter ganz unerwartet

    zunächst von Norden, dann allerseits von Massen eng-

    lischer Torpedobootzerstörer und Unterseebooten ange-

    griffen. V 187 wehrte sich unverzüglich mit allen Kräf-

    ten, da setzten zahllose Geschosse, aus nächster Nähe ab-

    gegeben, die Bewegungsfähigkeit herab. Da keine Mög-

    lichkeit vorhanden war, sich dem feindlichen Feuer zu ent-

    ziehen, drehte V 187 auf die Feinde zu, um ein Passier-

    gefecht zu gewinnen und bis zum Ende durchzukämpfen.

    Als unter dem Geschoßhagel die Bewegungsfähigkeit

    verloren gegangen war, wurde schnell im Innern eine

    Sprengung vorgenommen, um das Boot nicht in Fein-

    deshand fallen zu lassen. Jetzt sank es schnell und wäh-

    rend es sank, stand die Mannschaft bis zum letzten

    Augenblick an den noch brauchbaren Geschützen und

    feuerte. Der Flottillenchef, Korvettenkapitän Wallis,

    und der Kommandant, Kapitänleutnant Zechter fanden

    den Heldentod.  Anzuerkennen ist, daß der Gegner un-

    geachtet der eigenen Gefahr Beiboote zur Rettung der

    Unsrigen aussetzte. Als sich deutsche missing

    ten,mußte er sich von missing

    denen sie dann die geretteten Deutsche missing

                              Wie die "Ariadne" unterging.

        Vom Untergang S. M. Schiff "Ariadne" gibt der

    gleiche Augenzeuge folgendes Bild.

        Vom Kanonendonner gerufen, der ein Gefecht der

    Vorposten mit Streitkräften anzeigt, eilt S. M. Schiff 

    "Ariadne" zu Hilfe. An der Vorpostenkette entdeckt sie,

     


  • September 2, 2017 20:05:34 Beate Jochem

     item 14


     Ueber 30 000 Russen in Ostpreußen gefangen.

    Der Sieg der Oesterreicher. Der Kampf in der Nordsee. Die Opfer vom

                                Kreuzer "Magdeburg".


     1. Spalte 

        Wie im Westen, so ist nunmehr auch im Osten die

    erste große Schlacht geschlagen worden. Der Unterschied

    liegt darin, daß sich die Russen in der Offensivstellung

    befanden, während wir den Ansturm abzuwehren hatten.

    Aus der Richtung von Niemen, wie von der Narew her,

    d. h. aus Süden und aus Osten waren erhebliche russische

    Streitkräfte im Anmarsche, die zwischen Insterburg und

    Graudenz in deutsches Gebiet einzubrechen versuchten.

    Ihr Zweck war offenbar, die deutsche Defensive zu durch-

    brechen, ehe die siegreich vordringenden Oesterreicher

    Verbindung mit uns erlangt haben. Die Absicht ist an

    der Wachsamkeit unserer Heeresleitung und der Tapfer-

    keit unserer Truppen gescheitert. Die russische Armee,

    an Zahl fast der bei Metz geschlagenen französischen Ar-

    mee gleich,  ist über die Grenze zurückgewichen und wird

    von unseren Truppen verfolgt. Durch diesen Sieg ist

    die Durchführung des gemeinschaftlichen Vormarsches

    unserer und der österreichischen Truppen gegen die

    Weichsel erleichtert worden. Es geht auf Warschau los!

        Die  Meldung über den Sieg lautet kurz und knapp:

        WTB. Berlin, 29. August.  Unsere Truppen in

    Preußen unter der Führung des Generalobersten Hinden-

    burg haben die von Narew vorgegangene russische Armee

    in Stärke von 5 Armeekorps und 3 Kavalleriedivisionen

    in dreitägiger Schlacht bei Gilgenburg-Ortelsburg ge-

    schlagen und verfolgen sie jetzt über die Grenze.

                                             Generalquartiermeister von Stein.

        Die am Sonnabend verbreitete Meldung von dem

    großen deutschen Siege über die Russen in Ostpreußen

    wird durch folgende neue erfreuliche Nachricht ergänzt:

        WTB. Berlin, 31. August.   Bei den großen

    Kämpfen, in denen die russische Armee bei Tannen-

    berg, Hohenstein und Ortelsburg geworfen wurden,

    sind nach vorläufiger Schätzung über 30000 Russen

    mit vielen hohen Offizieren in Gefangenschaft

    geraten.

        Eine erfreuliche Ergänzung zu der amtlichen Mel-

    dung über das Ergebnis der Schlacht bilden die folgen-

    den Mitteilungen, die aus amtlichen Quellen Ost-

    preußens stammen:

        Der vom Generalquartiermeister in seiner Ver-

    öffentlichung vom 25. August als bevorstehend angekün-

    digte Entscheidungskampf  hat begonnen. Als Einleitung

    erfolgte die Besetzung der Grenzstadt Neidenburg durch

    starke russische Kräfte. Die Russen plünderten die Stadt

    gründlich und bombardierten sie dann von den benach-

    barten Höhen. Den meisten Bürgern Neidenburgs,

    das etwa 6000 Einwohner hat, war es gelungen, über

    Hohenstein und Allenstein zu fliehen. Das 20. Armee-

    korps griff energisch in den Kampf gegen den russischen 

    Gegner ein. Die "Allensteiner Zeitung" kann mit amt-

    licher Genehmigung darüber melden: Unser tapferes

    20. Armeekorps steht seit 24 Stunden im Feuer mit

    einem an  Kräften weit überlegenen Gegner. Dank der

    Tapferkeit unserer Truppen und Führer ist es den

    Russen trotz der gewaltigen Uebermacht nicht gelun-

    gen, unsere Stellungen zu nehmen. Der Kampf hat sich

    dann zu einer Riesenschlacht auf der Linie Gilgenburg-

    Neidenburg-Ortelsburg entwickelt mit etwa 50 Kilo-

    meter Frontlänge. Hierüber teilt Landrat Hagemann

    in Marienburg der "Marienburger Zeitung" mit, daß

    zwei russische Armeekorps aufgerieben worden seien.


                                             Kriegsbriefe.

                                Wie ich verwundet wurde

                         Von einem Mitkämpfer bei Lüttich.

    . . .  Mitten in dieses Dorfgefecht (Sturm auf Ft.

    Fléron) waren wir hineingerissen. Es blitzte aus allen

    Häusern, unablässig rollt der Donner der Geschütze, un-

    ablässig geht der Eisenregen nieder. Stockdunkel . . . 

    Wie sehnlich wünschen wir den Morgen heran. - Kein

    Gegner zu sehen - und doch sinkt Mann neben Mann.

    Aus den Mauern der Häuser sind nur winzige Steine

    gelöst - ein Flintenlauf ragt durch; in den Fenster-

    laden ein kleines Loch - der Lauf einer Jagdbüchse

    sprüht Flammen heraus - aus den Kellerfenstern, von

    den Böden zuckt und flammt und pfeift es . . . Wie

    im Hexenkessel . . . Und wir dürfen nicht schießen, um

    die Kameraden, die rechts und links vor uns im Gefecht

    liegen, nicht zu gefährden . . . Einer neben dem anderen 

    sinkt - Aechzen und Stöhnen überall. Hinweg über

    einen Haufen zuckender Leiber, vorsichtig - um keinem

    wehe zu tun - und um uns blitzt und kracht´s. Aus einem

    Eckhaus prasselt uns ein Hagel entgegen. -

    Zwanzig, fünfzig Läufe heben sich - , da brülle ich:

    "Keinen Schuß, Kerls! Wer kommt mit? Beil her!"

    Ein kleiner Musketier reicht mir eine Picke . . . Zehn

    braune Kerls drängen hinter mir nach. - Dann ein

    paar Hiebe mit Beil und Kolben - die Tür kracht ein

     - von der Decke her zucken Geschosse nieder . . . "Keiner

    die Bodentreppe hinauf! Hierbleiben! Streichhölzer

    her!" Und schon habe ich ein paar Strohballen vorge-

    rissen, - fünf Minuten später züngeln die Flammen

    aus allen Fenstern. "So, Jungs, nun vorwärts!" -

    Hinein wieder in die Dorfgasse . . . Da treffe ich mei-

    nen Kompagnieführer. "Hierher!" schreit er. "Ueber

    die Mauer, mir nach!"

        Zwei Kerle heben mich hoch, im Nu haben wir eine

    Gartenmauer überstiegen, und stürmen weiter, einer

    belgischen Abteilung in den Rücken zu fallen. Manns-

    hohe Hecken, mit Stacheldraht durchzogen -  vier, fünf

     -  vor uns.  "Her, Kerls," rufe ich, "gebt mir die

    Drahtschere!" Ein paar wuchtige Jungens treten

    den Schlehdorn ein - ich knipse den Draht durch und gehe

    ihnen voran, - meine Hose hängt in Fetzen runter.

    Die Hecken werden genommen - auf einmal kracht es

    auf uns her - nur wenige Sekunden, dann saust eine

    Haubitze in den verruchten  Giebel - Steine spritzen

    umher -  das Gemäuer sinkt donnernd zusammen.

    Feuer von links! - Da sind die Unsern, sie schießen 

    auf uns - sie erkennen uns noch immer nicht. Wir

    brüllen ihnen die Losung zu: "Der Kaiser! Der Kaiser!"

     - Sie hören uns nicht in dem Höllenlärm. "Hornist,"

    rufe ich, "blasen Sie Signal!" Der brave Junge - er

    war von den vierten Jägern, nimmt das Horn und

    schmettert: Das Ganze! - Das Ganze! - Da kommt´s

    von drüben zurück. Wir erkennen uns - es sind die

    27er - ich drücke dem Hauptmann, den ich seit Jahren

    kenne, die Hand. - 

                             Heller Morgen, ¼ 7 Uhr (am 6. August).

        Vor uns liegt ein Kohlenbergwerk. Zwei Kohlen-

    halden sind einige Meter hoch im Winkel zu einander

    aufgeschüttet - da stürmen wir hinauf: Ein Jäger-


     Fortsetzung 2. Spalte Mitte 


     2. Spalte 

    Siegreiches Vordringen der Oesterreicher.

        WTB. Wien, 30. August.  Der Korrespondent des

    Neuen Wiener Tagebl. im Hauptquartier meldet: Die

    große Schlacht ist heute, am vierten Tage, in vollem

    Gange und steht gut für uns. Die linke Flügelgruppe

    rückt gegen Lublin und Zamocs langsam aber sicher vor,

    stößt aber immer wieder auf den neuverschanzten Gegner

    und anstelle von Frontalangriffen sind zeitraubende Um-

    gehungen nötig. Drei Zügen des Infanterieregiments

    Nr. 72 gelang ein rascher Frontalangriff,  bei dem zwei

    russische Hauptleute, sechs Subalternoffiziere und 470

    Mann gefangen genommen wurden.  Die Kräftegruppe

    zwischen Bug und Wieprz griff eine russische Division

    von drei Seiten mit Erfolg an, sodaß sie nur unter dem

    Schutze der Nacht entkamen. Generalstabshauptmann

    Roßmann stürzte mit seinem Flugzeug ab und wurde

    getötet. Das Armeeverordnungsblatt veröffentlichte ge-

    rade heute eine Auszeichnung Roßmanns für hervor-

    ragend tapferes Verhalten vor dem Feinde.

        WTB. Wien, 30. August. (Nicht amtlich.)  Soweit

    sich bis gestern mittag überblicken ließ, ist das große

    Ringen unserer Armee mit den Hauptkräften des russi-

    schen Heeres noch nicht zur Entscheidung herangereift.

    Nur die Erfolge der vom General der Kavallerie Viktor

    Dankl in der Schlacht bei Krasnik siegreich geführten

    Armee sind bereits einigermaßen zu übersehen. In ei-

    ner zweiten Schlacht am 27. August, die durch die helden-

    mütige Erstürmung einer stark befestigten Stellung auf

    den Höhen von  Niedrzwiosduca  gekrönt war, gelang es,

    die bei Krasnik zurückgeworfenen russischen Kräfte und

    herangeführten Verstärkungen, im ganzen etwa zehn

    Divisionen, durch sechs verschiedene Korps neuerlich zu

    schlagen. Eines unserer Korps nahm in dieser zweiten

    Schlacht einen General, einen Oberst, drei sonstige

    Stabspersonen, vierzig Offiziere und zirka 2000 Mann

    gefangen und erbeutete wieder sehr viel Kriegsmaterial.

        WTB. Wien, 31. August. Die Schlachten auf dem

    östlichen Kriegsschauplatz dauern mit ungeminderter

    Heftigkeit fort. Oestlich unserer trotz mehrfacher be-

    festigter Stellungen des Feindes unaufhaltsam gegen

    Lublin vordringenden Armee Dankl haben unsere zwischen

    Bug und Wieprz vorgeführten Kräfte am 26. August

    den Angriff auf die dem Raume bei Cholm stehen-

    den starken russischen Kräfte begonnen. Hierbei ent-

    wickelten sich wie bei Krasnik wieder harte, für unsere

    angriffsfreudigen Truppen siegreich verlaufende Kämpfe

    bei  Zamoid  sowie nördlich und östlich bei Tomaszow.

    In diesen Kämpfen wurden ebenso wie in den Schlach-

    ten bei Krasnik tausende von Gefangenen gemacht. 

    In Ostgalizien behaupten sich unsere Truppen mit helden-

    mütiger Bravour und Zähigkeit gegen sehr starke uns

    überlegene feindliche Kräfte. Auf dem südlichen Kriegs-

    schauplatz haben in letzter Zeit neue Kämpfe statt-

    gefunden. 

                           Der Kampf in der Nordsee.

       Der lange erwartete Zusammenstoß unserer Flotte

    mit der englischen ist erfolgt. Die Nordsee bei Helgo-

    land war der Kampfplatz, wo der Seekrieg heftig tobte.

    Der Kampf erfolgte bei unsichtigem Wetter und er zog

    sich nach Westen, also nach der englischen Küste zu hin.

    Mehrere kleine Kreuzer unserer Flotte stießen todes-

    mutig vor und gerieten dabei in einen Kampf mit einer

    überlegenen starken englischen Flotte. Unsere Schiffe

    mußten der Uebermacht weichen, haben den Engländern

    aber, wie ein englischer Bericht eingesteht, schwere Be-

    schädigungen beigebracht. Nach dem, was man sonst von


     Fortsetzung  3. Spalte oben 

     

      Fortsetzung von  1. Spalte  Kriegsbriefe 

    leutnant, ein Kompagniekamerad von mir, Sch., dann

    ein riesiger Adjutant von den 27ern, A., ein tapferer

    Junge, der nicht mit der Wimper zuckte -  am  Wege

    unten bleibt H. zurück, der furchtlose Regimentsadjunkt

    vom Regiment Louis Ferdinand, und mit ungefähr 10

    Mann nimmt der Hauptmann v. B. die Häuser in un-

    serm Rücken unter Feuer, er selbst hat den Degen ab-

    gelegt und führt das Gewehr . . .

        Oben von meiner Kohlenhalde sehe ich ein Gehöft

    und zum ersten Male belgische Infanterie - sonst wa-

    ren die Kerle gelaufen, als sei der Deibel hinter ihnen.

     - Jetzt heben sie die Büchse an die Backe. Ich lasse

    das Feuer aufnehmen und beobachte durch das Glas die

    Wirkung . . . "Ruhig zielen, Kerls, ihr schießt zu weit"

    . . . Zwei schwarze Mäntel sehe ich sich im Sande wälzen.

         "Hols der Deibel!" Sie schießen von rechts her - 

    von der anderen Halde . . .  Da steht noch auf unserem

    Flügel der lange A. Seine Schärpe flattert, die Quasten

    sind schwarz von Kohlenstaub, er schießt auf die Bande

    rechts - jetzt knallt´s auch von hintenher aus den

    Häusern . . .

        Ich setze das Glas ab und sehe mich um. Da links

    am Flügel liegt mein Kamerad Sch., hat einem Ver-

    wundeten das Gewehr abgenommen und schießt nach dem

    Gehöft . . .  Rechts von mir - ja, was ist denn das?

    Einer nach dem andern "klappt ab" . . . Der läßt den

    Kopf vornüber, der rollt den Abhang hinunter, der

    schreit . . . Sie schießen wie besessen auf uns. Nun

    liegt nur noch einer rechts von mir, eben fängt auch der

    an, sich hin und her zu wälzen, Blut quillt aus dem

    Rock hervor, ich werde ihm sein Gewehr abnehmen; ich

    richte mich auf . . . Donnerwetter, ich fühle einen

    Schlag vor der linken Brust: "Kinder, jetzt hat´s mich

    auch." . . .

        Ich rutsche den Abhang hinab, das Blut kommt mir

    aus dem Munde . . .  hinter einem Steinhaufen finde

    ich Deckung vor dem mörderischen Feuer. Ich bitte einen

    Soldaten: "Mach mir mal die Feldflasche ab - so -

     - und den Tornister."Einen langen Schluck. Der gute

    Kerl öffnet mir den Waffenrock. Ich lehne mich gegen

    den Steinhaufen. Ganz warm quillt das Blut hervor;

    wie lange kann´s dauern, dann ist´s vorbei. Aus dem

    Rocktäschchen ziehe ich das Verbandszeug, öffne es hastig

    und drücke es auf die Wunde. Dann warte ich ab,

    minutenlang; auf dem Wege vor mir stehen die braven

    Kerle und feuern; da ist auch A. noch mit den schwarzen

    Quasten. "Kinder, schickt mir doch einen Arzt." Mir

    fängt´s an, vor den Augen zu flimmern. Da kommt das

    Soldatengefühl: du mußt Dich [sic] wehren, darfst  nicht dich

    dumpf in dein Schicksal ergeben. Die Schlacht geht wei-

    ter; hier findet dich keiner . . .

        Mit Schmerzen richte ich mich empor - stülpe mir

    den Helm auf den Kopf - die Feldbinde, die Pistole -

    das Glas schenke ich einem Soldaten, er braucht´s jetzt

    nötiger als ich, und dann meinen Degen - den lasse ich

    nicht, er braucht sich meiner nicht zu schämen - so

    schleppe ich mich an den Weg. Was geht mich das Pfei-

    fen an, ich habe meinen Teil. Noch immer stehen die

    wackeren Kerle und feuern vom Wege gegen die Kohlen-

    halde - einen winke ich heran . . .  "Um Gotteswillen,

    Herr Leutnant!" . . . "Bringe mich zum Verbandplatz, 

    mein Junge." . . . Er gibt mir seinen Arm . . . "Mußt


     3. Spalte 

    der englischen Kriegsberichterstattung gewöhnt ist, darf

    man ruhig annehmen, daß auch die englischen Schiffe

    zum mindesten kampfunfähig geworden sind. Leider

    brachte der Kampf den Verlust einiger unserer Schiffe, 

    aber ohne Kampf kein Sieg. Die Helden der Nordsee

    leben bei uns in treuem Angedenken und als leuchtendes

    Beispiel deutscher Seemannstreue fort.

        Unsere Schiff haben, wie Staatssekretär Tirpitz

    sagte, die Aufgabe, die deutsche Küste zu schützen, und

    diese Aufgabe haben sie bisher glänzend gelöst. Kein

    englisches Schiff hat sich bis jetzt den deutschen Gestaden

    nähern dürfen, und auch ferner werden unsere blauen

    Jungen so scharf auf der Wacht stehen, daß die Englän-

    der sich allemal blutige Köpfe holen, wenn sie kommen.

        WTB. Berlin, 29. August. Im Laufe des gestrigen

    Vormittags sind bei teilweise unsichtigem Wetter mehrere

    moderne englische kleine Kreuzer und zwei englische Zer-

    störerflottillen (ca. 40 Zerstörer) in der deutschen Bucht

    der Nordsee unweit Helgoland aufgetreten. Es kam zu

    hartnäckigen Einzelgefechten zwischen ihnen und unsern

    leichten Streitkräften. Die deutschen kleinen Kreuzer

    drängten lebhaft nach Westen nach und gerieten dabei

    infolge der beschränkten Sichtweite ins Gefecht mit

    mehreren starken englischen Panzerkreuzern. S. M. S.

    "Ariadne" (Kleiner Kreuzer mit 2650 Tonnen Wasser-

    verdrängung) sank, von zwei Schlachtschiffkreuzern der

    Lion-Klasse auf kurze Entfernung mit schwerer Artillerie

    beschossen, nach ehrenvollem Kampfe. Der weitaus größte

    Teil der Besatzung, voraussichtlich 250 Köpfe, konnte

    gerettet werden.

        Auch das Torpedoboot V 187 ging, von einem kleinen

    Kreuzer und den Zerstörern aufs heftigste beschossen, bis

    zuletzt feuernd, in die Tiefe. Flottillenchef und Kom-

    mandant sind gefallen. Ein beträchtlicher Teil der Be-

    satzung wurde gerettet. Die kleinen Kreuzer Cöln und

    Mainz werden vermißt. Sie sind nach einer heutigen

    Reutermeldung aus London gleichfalls im Kampfe mit

    überlegenen Gegnern gesunken. Ein Teil  der Be-

    satzung, 2 Offiziere und 81 Mann (?) scheinen durch eng-

    lische Schiffe gerettet zu sein. Nach der gleichen Quelle

    haben die englischen Schiffe schwere Beschädigungen er-

    litten.

                       Heldenmut unserer blauen Jungen.

        Ueber die heldenmütige Energie, mit der  Torpedo-

    boot V 187 sich bis zum letzten Augenblick gegen feind-

    liche Uebermacht wehrte, gibt der Bericht eines Augen-

    zeugen Kunde, dem wir folgendes entnehmen:

        V 187 sah sich bei dichtem Wetter ganz unerwartet

    zunächst von Norden, dann allerseits von Massen eng-

    lischer Torpedobootzerstörer und Unterseebooten ange-

    griffen. V 187 wehrte sich unverzüglich mit allen Kräf-

    ten, da setzten zahllose Geschosse, aus nächster Nähe ab-

    gegeben, die Bewegungsfähigkeit herab. Da keine Mög-

    lichkeit vorhanden war, sich dem feindlichen Feuer zu ent-

    ziehen, drehte V 187 auf die Feinde zu, um ein Passier-

    gefecht zu gewinnen und bis zum Ende durchzukämpfen.

    Als unter dem Geschoßhagel die Bewegungsfähigkeit

    verloren gegangen war, wurde schnell im Innern eine

    Sprengung vorgenommen, um das Boot nicht in Fein-

    deshand fallen zu lassen. Jetzt sank es schnell und wäh-

    rend es sank, stand die Mannschaft bis zum letzten

    Augenblick an den noch brauchbaren Geschützen und

    feuerte. Der Flottillenchef, Korvettenkapitän Wallis,

    und der Kommandant, Kapitänleutnant Zechter fanden

    den Heldentod.  Anzuerkennen ist, daß der Gegner un-

    geachtet der eigenen Gefahr Beiboote zur Rettung der

    Unsrigen aussetzte. Als sich deutsche missing

    ten,mußte er sich von missing

    denen sie dann die geretteten Deutsche missing

                              Wie die "Ariadne" unterging.

        Vom Untergang S. M. Schiff "Ariadne" gibt der

    gleiche Augenzeuge folgendes Bild.

        Vom Kanonendonner gerufen, der ein Gefecht der

    Vorposten mit Streitkräften anzeigt, eilt S. M. Schiff 

    "Ariadne" zu Hilfe. An der Vorpostenkette entdeckt sie,

     


  • September 2, 2017 20:03:41 Beate Jochem

     item 14


     Ueber 30 000 Russen in Ostpreußen gefangen.

    Der Sieg der Oesterreicher. Der Kampf in der Nordsee. Die Opfer vom

                                Kreuzer "Magdeburg".


     1. Spalte 

        Wie im Westen, so ist nunmehr auch im Osten die

    erste große Schlacht geschlagen worden. Der Unterschied

    liegt darin, daß sich die Russen in der Offensivstellung

    befanden, während wir den Ansturm abzuwehren hatten.

    Aus der Richtung von Niemen, wie von der Narew her,

    d. h. aus Süden und aus Osten waren erhebliche russische

    Streitkräfte im Anmarsche, die zwischen Insterburg und

    Graudenz in deutsches Gebiet einzubrechen versuchten.

    Ihr Zweck war offenbar, die deutsche Defensive zu durch-

    brechen, ehe die siegreich vordringenden Oesterreicher

    Verbindung mit uns erlangt haben. Die Absicht ist an

    der Wachsamkeit unserer Heeresleitung und der Tapfer-

    keit unserer Truppen gescheitert. Die russische Armee,

    an Zahl fast der bei Metz geschlagenen französischen Ar-

    mee gleich,  ist über die Grenze zurückgewichen und wird

    von unseren Truppen verfolgt. Durch diesen Sieg ist

    die Durchführung des gemeinschaftlichen Vormarsches

    unserer und der österreichischen Truppen gegen die

    Weichsel erleichtert worden. Es geht auf Warschau los!

        Die  Meldung über den Sieg lautet kurz und knapp:

        WTB. Berlin, 29. August.  Unsere Truppen in

    Preußen unter der Führung des Generalobersten Hinden-

    burg haben die von Narew vorgegangene russische Armee

    in Stärke von 5 Armeekorps und 3 Kavalleriedivisionen

    in dreitägiger Schlacht bei Gilgenburg-Ortelsburg ge-

    schlagen und verfolgen sie jetzt über die Grenze.

                                             Generalquartiermeister von Stein.

        Die am Sonnabend verbreitete Meldung von dem

    großen deutschen Siege über die Russen in Ostpreußen

    wird durch folgende neue erfreuliche Nachricht ergänzt:

        WTB. Berlin, 31. August.   Bei den großen

    Kämpfen, in denen die russische Armee bei Tannen-

    berg, Hohenstein und Ortelsburg geworfen wurden,

    sind nach vorläufiger Schätzung über 30000 Russen

    mit vielen hohen Offizieren in Gefangenschaft

    geraten.

        Eine erfreuliche Ergänzung zu der amtlichen Mel-

    dung über das Ergebnis der Schlacht bilden die folgen-

    den Mitteilungen, die aus amtlichen Quellen Ost-

    preußens stammen:

        Der vom Generalquartiermeister in seiner Ver-

    öffentlichung vom 25. August als bevorstehend angekün-

    digte Entscheidungskampf  hat begonnen. Als Einleitung

    erfolgte die Besetzung der Grenzstadt Neidenburg durch

    starke russische Kräfte. Die Russen plünderten die Stadt

    gründlich und bombardierten sie dann von den benach-

    barten Höhen. Den meisten Bürgern Neidenburgs,

    das etwa 6000 Einwohner hat, war es gelungen, über

    Hohenstein und Allenstein zu fliehen. Das 20. Armee-

    korps griff energisch in den Kampf gegen den russischen 

    Gegner ein. Die "Allensteiner Zeitung" kann mit amt-

    licher Genehmigung darüber melden: Unser tapferes

    20. Armeekorps steht seit 24 Stunden im Feuer mit

    einem an  Kräften weit überlegenen Gegner. Dank der

    Tapferkeit unserer Truppen und Führer ist es den

    Russen trotz der gewaltigen Uebermacht nicht gelun-

    gen, unsere Stellungen zu nehmen. Der Kampf hat sich

    dann zu einer Riesenschlacht auf der Linie Gilgenburg-

    Neidenburg-Ortelsburg entwickelt mit etwa 50 Kilo-

    meter Frontlänge. Hierüber teilt Landrat Hagemann

    in Marienburg der "Marienburger Zeitung" mit, daß

    zwei russische Armeekorps aufgerieben worden seien.


                                             Kriegsbriefe.

                                Wie ich verwundet wurde

                         Von einem Mitkämpfer bei Lüttich.

    . . .  Mitten in dieses Dorfgefecht (Sturm auf Ft.

    Fléron) waren wir hineingerissen. Es blitzte aus allen

    Häusern, unablässig rollt der Donner der Geschütze, un-

    ablässig geht der Eisenregen nieder. Stockdunkel . . . 

    Wie sehnlich wünschen wir den Morgen heran. - Kein

    Gegner zu sehen - und doch sinkt Mann neben Mann.

    Aus den Mauern der Häuser sind nur winzige Steine

    gelöst - ein Flintenlauf ragt durch; in den Fenster-

    laden ein kleines Loch - der Lauf einer Jagdbüchse

    sprüht Flammen heraus - aus den Kellerfenstern, von

    den Böden zuckt und flammt und pfeift es . . . Wie

    im Hexenkessel . . . Und wir dürfen nicht schießen, um

    die Kameraden, die rechts und links vor uns im Gefecht

    liegen, nicht zu gefährden . . . Einer neben dem anderen 

    sinkt - Aechzen und Stöhnen überall. Hinweg über

    einen Haufen zuckender Leiber, vorsichtig - um keinem

    wehe zu tun - und um uns blitzt und kracht´s. Aus einem

    Eckhaus prasselt uns ein Hagel entgegen. -

    Zwanzig, fünfzig Läufe heben sich - , da brülle ich:

    "Keinen Schuß, Kerls! Wer kommt mit? Beil her!"

    Ein kleiner Musketier reicht mir eine Picke . . . Zehn

    braune Kerls drängen hinter mir nach. - Dann ein

    paar Hiebe mit Beil und Kolben - die Tür kracht ein

     - von der Decke her zucken Geschosse nieder . . . "Keiner

    die Bodentreppe hinauf! Hierbleiben! Streichhölzer

    her!" Und schon habe ich ein paar Strohballen vorge-

    rissen, - fünf Minuten später züngeln die Flammen

    aus allen Fenstern. "So, Jungs, nun vorwärts!" -

    Hinein wieder in die Dorfgasse . . . Da treffe ich mei-

    nen Kompagnieführer. "Hierher!" schreit er. "Ueber

    die Mauer, mir nach!"

        Zwei Kerle heben mich hoch, im Nu haben wir eine

    Gartenmauer überstiegen, und stürmen weiter, einer

    belgischen Abteilung in den Rücken zu fallen. Manns-

    hohe Hecken, mit Stacheldraht durchzogen -  vier, fünf

     -  vor uns.  "Her, Kerls," rufe ich, "gebt mir die

    Drahtschere!" Ein paar wuchtige Jungens treten

    den Schlehdorn ein - ich knipse den Draht durch und gehe

    ihnen voran, - meine Hose hängt in Fetzen runter.

    Die Hecken werden genommen - auf einmal kracht es

    auf uns her - nur wenige Sekunden, dann saust eine

    Haubitze in den verruchten  Giebel - Steine spritzen

    umher -  das Gemäuer sinkt donnernd zusammen.

    Feuer von links! - Da sind die Unsern, sie schießen 

    auf uns - sie erkennen uns noch immer nicht. Wir

    brüllen ihnen die Losung zu: "Der Kaiser! Der Kaiser!"

     - Sie hören uns nicht in dem Höllenlärm. "Hornist,"

    rufe ich, "blasen Sie Signal!" Der brave Junge - er

    war von den vierten Jägern, nimmt das Horn und

    schmettert: Das Ganze! - Das Ganze! - Da kommt´s

    von drüben zurück. Wir erkennen uns - es sind die

    27er - ich drücke dem Hauptmann, den ich seit Jahren

    kenne, die Hand. - 

                             Heller Morgen, ¼ 7 Uhr (am 6. August).

        Vor uns liegt ein Kohlenbergwerk. Zwei Kohlen-

    halden sind einige Meter hoch im Winkel zu einander

    aufgeschüttet - da stürmen wir hinauf: Ein Jäger-


     Fortsetzung 2. Spalte Mitte 


     2. Spalte 

    Siegreiches Vordringen der Oesterreicher.

        WTB. Wien, 30. August.  Der Korrespondent des

    Neuen Wiener Tagebl. im Hauptquartier meldet: Die

    große Schlacht ist heute, am vierten Tage, in vollem

    Gange und steht gut für uns. Die linke Flügelgruppe

    rückt gegen Lublin und Zamocs langsam aber sicher vor,

    stößt aber immer wieder auf den neuverschanzten Gegner

    und anstelle von Frontalangriffen sind zeitraubende Um-

    gehungen nötig. Drei Zügen des Infanterieregiments

    Nr. 72 gelang ein rascher Frontalangriff,  bei dem zwei

    russische Hauptleute, sechs Subalternoffiziere und 470

    Mann gefangen genommen wurden.  Die Kräftegruppe

    zwischen Bug und Wieprz griff eine russische Division

    von drei Seiten mit Erfolg an, sodaß sie nur unter dem

    Schutze der Nacht entkamen. Generalstabshauptmann

    Roßmann stürzte mit seinem Flugzeug ab und wurde

    getötet. Das Armeeverordnungsblatt veröffentlichte ge-

    rade heute eine Auszeichnung Roßmanns für hervor-

    ragend tapferes Verhalten vor dem Feinde.

        WTB. Wien, 30. August. (Nicht amtlich.)  Soweit

    sich bis gestern mittag überblicken ließ, ist das große

    Ringen unserer Armee mit den Hauptkräften des russi-

    schen Heeres noch nicht zur Entscheidung herangereift.

    Nur die Erfolge der vom General der Kavallerie Viktor

    Dankl in der Schlacht bei Krasnik siegreich geführten

    Armee sind bereits einigermaßen zu übersehen. In ei-

    ner zweiten Schlacht am 27. August, die durch die helden-

    mütige Erstürmung einer stark befestigten Stellung auf

    den Höhen von  Niedrzwiosduca  gekrönt war, gelang es,

    die bei Krasnik zurückgeworfenen russischen Kräfte und

    herangeführten Verstärkungen, im ganzen etwa zehn

    Divisionen, durch sechs verschiedene Korps neuerlich zu

    schlagen. Eines unserer Korps nahm in dieser zweiten

    Schlacht einen General, einen Oberst, drei sonstige

    Stabspersonen, vierzig Offiziere und zirka 2000 Mann

    gefangen und erbeutete wieder sehr viel Kriegsmaterial.

        WTB. Wien, 31. August. Die Schlachten auf dem

    östlichen Kriegsschauplatz dauern mit ungeminderter

    Heftigkeit fort. Oestlich unserer trotz mehrfacher be-

    festigter Stellungen des Feindes unaufhaltsam gegen

    Lublin vordringenden Armee Dankl haben unsere zwischen

    Bug und Wieprz vorgeführten Kräfte am 26. August

    den Angriff auf die dem Raume bei Cholm stehen-

    den starken russischen Kräfte begonnen. Hierbei ent-

    wickelten sich wie bei Krasnik wieder harte, für unsere

    angriffsfreudigen Truppen siegreich verlaufende Kämpfe

    bei  Zamoid  sowie nördlich und östlich bei Tomaszow.

    In diesen Kämpfen wurden ebenso wie in den Schlach-

    ten bei Krasnik tausende von Gefangenen gemacht. 

    In Ostgalizien behaupten sich unsere Truppen mit helden-

    mütiger Bravour und Zähigkeit gegen sehr starke uns

    überlegene feindliche Kräfte. Auf dem südlichen Kriegs-

    schauplatz haben in letzter Zeit neue Kämpfe statt-

    gefunden. 

                           Der Kampf in der Nordsee.

       Der lange erwartete Zusammenstoß unserer Flotte

    mit der englischen ist erfolgt. Die Nordsee bei Helgo-

    land war der Kampfplatz, wo der Seekrieg heftig tobte.

    Der Kampf erfolgte bei unsichtigem Wetter und er zog

    sich nach Westen, also nach der englischen Küste zu hin.

    Mehrere kleine Kreuzer unserer Flotte stießen todes-

    mutig vor und gerieten dabei in einen Kampf mit einer

    überlegenen starken englischen Flotte. Unsere Schiffe

    mußten der Uebermacht weichen, haben den Engländern

    aber, wie ein englischer Bericht eingesteht, schwere Be-

    schädigungen beigebracht. Nach dem, was man sonst von


     Fortsetzung  3. Spalte oben 

     

      Fortsetzung von  1. Spalte  Kriegsbriefe 

    leutnant, ein Kompagniekamerad von mir, Sch., dann

    ein riesiger Adjutant von den 27ern, A., ein tapferer

    Junge, der nicht mit der Wimper zuckte -  am  Wege

    unten bleibt H. zurück, der furchtlose Regimentsadjunkt

    vom Regiment Louis Ferdinand, und mit ungefähr 10

    Mann nimmt der Hauptmann v. B. die Häuser in un-

    serm Rücken unter Feuer, er selbst hat den Degen ab-

    gelegt und führt das Gewehr . . .

        Oben von meiner Kohlenhalde sehe ich ein Gehöft

    und zum ersten Male belgische Infanterie - sonst wa-

    ren die Kerle gelaufen, als sei der Deibel hinter ihnen.

     - Jetzt heben sie die Büchse an die Backe. Ich lasse

    das Feuer aufnehmen und beobachte durch das Glas die

    Wirkung . . . "Ruhig zielen, Kerls, ihr schießt zu weit"

    . . . Zwei schwarze Mäntel sehe ich sich im Sande wälzen.

         "Hols der Deibel!" Sie schießen von rechts her - 

    von der anderen Halde . . .  Da steht noch auf unserem

    Flügel der lange A. Seine Schärpe flattert, die Quasten

    sind schwarz von Kohlenstaub, er schießt auf die Bande

    rechts - jetzt knallt´s auch von hintenher aus den

    Häusern . . .

        Ich setze das Glas ab und sehe mich um. Da links

    am Flügel liegt mein Kamerad Sch., hat einem Ver-

    wundeten das Gewehr abgenommen und schießt nach dem

    Gehöft . . .  Rechts von mir - ja, was ist denn das?

    Einer nach dem andern "klappt ab" . . . Der läßt den

    Kopf vornüber, der rollt den Abhang hinunter, der

    schreit . . . Sie schießen wie besessen auf uns. Nun

    liegt nur noch einer rechts von mir, eben fängt auch der

    an, sich hin und her zu wälzen, Blut quillt aus dem

    Rock hervor, ich werde ihm sein Gewehr abnehmen; ich

    richte mich auf . . . Donnerwetter, ich fühle einen

    Schlag vor der linken Brust: "Kinder, jetzt hat´s mich

    auch." . . .

        Ich rutsche den Abhang hinab, das Blut kommt mir

    aus dem Munde . . .  hinter einem Steinhaufen finde

    ich Deckung vor dem mörderischen Feuer. Ich bitte einen

    Soldaten: "Mach mir mal die Feldflasche ab - so -

     - und den Tornister."Einen langen Schluck. Der gute

    Kerl öffnet mir den Waffenrock. Ich lehne mich gegen

    den Steinhaufen. Ganz warm quillt das Blut hervor;

    wie lange kann´s dauern, dann ist´s vorbei. Aus dem

    Rocktäschchen ziehe ich das Verbandszeug, öffne es hastig

    und drücke es auf die Wunde. Dann warte ich ab,

    minutenlang; auf dem Wege vor mir stehen die braven

    Kerle und feuern; da ist auch A. noch mit den schwarzen

    Quasten. "Kinder, schickt mir doch einen Arzt." Mir

    fängt´s an, vor den Augen zu flimmern. Da kommt das

    Soldatengefühl: du mußt Dich [sic] wehren, darfst  nicht dich

    dumpf in dein Schicksal ergeben. Die Schlacht geht wei-

    ter; hier findet dich keiner . . .

        Mit Schmerzen richte ich mich empor - stülpe mir

    den Helm auf den Kopf - die Feldbinde, die Pistole -

    das Glas schenke ich einem Soldaten, er braucht´s jetzt

    nötiger als ich, und dann meinen Degen - den lasse ich

    nicht, er braucht sich meiner nicht zu schämen - so

    schleppe ich mich an den Weg. Was geht mich das Pfei-

    fen an, ich habe meinen Teil. Noch immer stehen die

    wackeren Kerle und feuern vom Wege gegen die Kohlen-

    halde - einen winke ich heran . . .  "Um Gotteswillen,

    Herr Leutnant!" . . . "Bringe mich zum Verbandplatz, 

    mein Junge." . . . Er gibt mir seinen Arm . . . "Mußt


     3. Spalte 

    der englischen Kriegsberichterstattung gewöhnt ist, darf

    man ruhig annehmen, daß auch die englischen Schiffe

    zum mindesten kampfunfähig geworden sind. Leider

    brachte der Kampf den Verlust einiger unserer Schiffe, 

    aber ohne Kampf kein Sieg. Die Helden der Nordsee

    leben bei uns in treuem Angedenken und als leuchtendes

    Beispiel deutscher Seemannstreue fort.

        Unsere Schiff haben, wie Staatssekretär Tirpitz

    sagte, die Aufgabe, die deutsche Küste zu schützen, und

    diese Aufgabe haben sie bisher glänzend gelöst. Kein

    englisches Schiff hat sich bis jetzt den deutschen Gestaden

    nähern dürfen, und auch ferner werden unsere blauen

    Jungen so scharf auf der Wacht stehen, daß die Englän-

    der sich allemal blutige Köpfe holen, wenn sie kommen.

        WTB. Berlin, 29. August. Im Laufe des gestrigen

    Vormittags sind bei teilweise unsichtigem Wetter mehrere

    moderne englische kleine Kreuzer und zwei englische Zer-

    störerflottillen (ca. 40 Zerstörer) in der deutschen Bucht

    der Nordsee unweit Helgoland aufgetreten. Es kam zu

    hartnäckigen Einzelgefechten zwischen ihnen und unsern

    leichten Streitkräften. Die deutschen kleinen Kreuzer

    drängten lebhaft nach Westen nach und gerieten dabei

    infolge der beschränkten Sichtweite ins Gefecht mit

    mehreren starken englischen Panzerkreuzern. S. M. S.

    "Ariadne" (Kleiner Kreuzer mit 2650 Tonnen Wasser-

    verdrängung) sank, von zwei Schlachtschiffkreuzern der

    Lion-Klasse auf kurze Entfernung mit schwerer Artillerie

    beschossen, nach ehrenvollem Kampfe. Der weitaus größte

    Teil der Besatzung, voraussichtlich 250 Köpfe, konnte

    gerettet werden.

        Auch das Torpedoboot V 187 ging, von einem kleinen

    Kreuzer und den Zerstörern aufs heftigste beschossen, bis

    zuletzt feuernd, in die Tiefe. Flottillenchef und Kom-

    mandant sind gefallen. Ein beträchtlicher Teil der Be-

    satzung wurde gerettet. Die kleinen Kreuzer Cöln und

    Mainz werden vermißt. Sie sind nach einer heutigen

    Reutermeldung aus London gleichfalls im Kampfe mit

    überlegenen Gegnern gesunken. Ein Teil  der Be-

    satzung, 2 Offiziere und 81 Mann (?) scheinen durch eng-

    lische Schiffe gerettet zu sein. Nach der gleichen Quelle

    haben die englischen Schiffe schwere Beschädigungen er-

    litten.

                       Heldenmut unserer blauen Jungen.

        Ueber die heldenmütige Energie, mit der  Torpedo-

    boot V 187 sich bis zum letzten Augenblick gegen feind-

    liche Uebermacht wehrte, gibt der Bericht eines Augen-

    zeugen Kunde, dem wir folgendes entnehmen:

        V 187 sah sich bei dichtem Wetter ganz unerwartet

    zunächst von Norden, dann allerseits von Massen eng-

    lischer Torpedobootzerstörer und Unterseebooten ange-

    griffen. V 187 wehrte ich unverzüglich mit allen Kräf-

    ten, da setzten zahllose Geschosse, aus nächster Nähe ab-

    gegeben, die Bewegungsfähigkeit herab. Da keine Mög-

    lichkeit vorhanden war, sich dem feindlichen Feuer zu ent-

    ziehen, drehte V 187 auf die Feinde zu, um ein Passier-

    gefecht zu gewinnen und bis zum Ende durchzukämpfen.

    Als unter dem Geschoßhagel die Bewegungsfähigkeit

    verloren gegangen war, wurde schnell im Innern eine

    Sprengung vorgenommen, um das Boot nicht in Fein-

    deshand fallen zu lassen. Jetzt sank es schnell und wäh-

    rend es sank, stand die Mannschaft bis zum letzten

    Augenblick an den noch brauchbaren Geschützen und

    feuerte. Der Flottillenchef, Korvettenkapitän Wallis,

    und der Kommandant, Kapitänleutnant Zechter fanden

    den Heldentod.  Anzuerkennen ist, daß der Gegner un-

    geachtet der eigenen Gefahr Beiboote zur Rettung der

    Unsrigen aussetzte. Als sich deutsche missing

    ten,mußte er sich von missing

    denen sie dann die geretteten Deutsche missing

                              Wie die "Ariadne" unterging.

        Vom Untergang S. M. Schiff "Ariadne" gibt er

    gleiche Augenzeuge folgendes Bild.

        Vom Kanonendonner gerufen, der ein Gefecht der

    Vorposten mit Streitkräften anzeigt, eilt S. M. Schiff 

    "Ariadne" zu Hilfe. An der Vorpostenkette entdeckt sie,

     


  • September 2, 2017 19:59:44 Beate Jochem

     item 14


     Ueber 30 000 Russen in Ostpreußen gefangen.

    Der Sieg der Oesterreicher. Der Kampf in der Nordsee. Die Opfer vom

                                Kreuzer "Magdeburg".


     1. Spalte 

        Wie im Westen, so ist nunmehr auch im Osten die

    erste große Schlacht geschlagen worden. Der Unterschied

    liegt darin, daß sich die Russen in der Offensivstellung

    befanden, während wir den Ansturm abzuwehren hatten.

    Aus der Richtung von Niemen, wie von der Narew her,

    d. h. aus Süden und aus Osten waren erhebliche russische

    Streitkräfte im Anmarsche, die zwischen Insterburg und

    Graudenz in deutsches Gebiet einzubrechen versuchten.

    Ihr Zweck war offenbar, die deutsche Defensive zu durch-

    brechen, ehe die siegreich vordringenden Oesterreicher

    Verbindung mit uns erlangt haben. Die Absicht ist an

    der Wachsamkeit unserer Heeresleitung und der Tapfer-

    keit unserer Truppen gescheitert. Die russische Armee,

    an Zahl fast der bei Metz geschlagenen französischen Ar-

    mee gleich,  ist über die Grenze zurückgewichen und wird

    von unseren Truppen verfolgt. Durch diesen Sieg ist

    die Durchführung des gemeinschaftlichen Vormarsches

    unserer und der österreichischen Truppen gegen die

    Weichsel erleichtert worden. Es geht auf Warschau los!

        Die  Meldung über den Sieg lautet kurz und knapp:

        WTB. Berlin, 29. August.  Unsere Truppen in

    Preußen unter der Führung des Generalobersten Hinden-

    burg haben die von Narew vorgegangene russische Armee

    in Stärke von 5 Armeekorps und 3 Kavalleriedivisionen

    in dreitägiger Schlacht bei Gilgenburg-Ortelsburg ge-

    schlagen und verfolgen sie jetzt über die Grenze.

                                             Generalquartiermeister von Stein.

        Die am Sonnabend verbreitete Meldung von dem

    großen deutschen Siege über die Russen in Ostpreußen

    wird durch folgende neue erfreuliche Nachricht ergänzt:

        WTB. Berlin, 31. August.   Bei den großen

    Kämpfen, in denen die russische Armee bei Tannen-

    berg, Hohenstein und Ortelsburg geworfen wurden,

    sind nach vorläufiger Schätzung über 30000 Russen

    mit vielen hohen Offizieren in Gefangenschaft

    geraten.

        Eine erfreuliche Ergänzung zu der amtlichen Mel-

    dung über das Ergebnis der Schlacht bilden die folgen-

    den Mitteilungen, die aus amtlichen Quellen Ost-

    preußens stammen:

        Der vom Generalquartiermeister in seiner Ver-

    öffentlichung vom 25. August als bevorstehend angekün-

    digte Entscheidungskampf  hat begonnen. Als Einleitung

    erfolgte die Besetzung der Grenzstadt Neidenburg durch

    starke russische Kräfte. Die Russen plünderten die Stadt

    gründlich und bombardierten sie dann von den benach-

    barten Höhen. Den meisten Bürgern Neidenburgs,

    das etwa 6000 Einwohner hat, war es gelungen, über

    Hohenstein und Allenstein zu fliehen. Das 20. Armee-

    korps griff energisch in den Kampf gegen den russischen 

    Gegner ein. Die "Allensteiner Zeitung" kann mit amt-

    licher Genehmigung darüber melden: Unser tapferes

    20. Armeekorps steht seit 24 Stunden im Feuer mit

    einem an  Kräften weit überlegenen Gegner. Dank der

    Tapferkeit unserer Truppen und Führer ist es den

    Russen trotz der gewaltigen Uebermacht nicht gelun-

    gen, unsere Stellungen zu nehmen. Der Kampf hat sich

    dann zu einer Riesenschlacht auf der Linie Gilgenburg-

    Neidenburg-Ortelsburg entwickelt mit etwa 50 Kilo-

    meter Frontlänge. Hierüber teilt Landrat Hagemann

    in Marienburg der "Marienburger Zeitung" mit, daß

    zwei russische Armeekorps aufgerieben worden seien.


                                             Kriegsbriefe.

                                Wie ich verwundet wurde

                         Von einem Mitkämpfer bei Lüttich.

    . . .  Mitten in dieses Dorfgefecht (Sturm auf Ft.

    Fléron) waren wir hineingerissen. Es blitzte aus allen

    Häusern, unablässig rollt der Donner der Geschütze, un-

    ablässig geht der Eisenregen nieder. Stockdunkel . . . 

    Wie sehnlich wünschen wir den Morgen heran. - Kein

    Gegner zu sehen - und doch sinkt Mann neben Mann.

    Aus den Mauern der Häuser sind nur winzige Steine

    gelöst - ein Flintenlauf ragt durch; in den Fenster-

    laden ein kleines Loch - der Lauf einer Jagdbüchse

    sprüht Flammen heraus - aus den Kellerfenstern, von

    den Böden zuckt und flammt und pfeift es . . . Wie

    im Hexenkessel . . . Und wir dürfen nicht schießen, um

    die Kameraden, die rechts und links vor uns im Gefecht

    liegen, nicht zu gefährden . . . Einer neben dem anderen 

    sinkt - Aechzen und Stöhnen überall. Hinweg über

    einen Haufen zuckender Leiber, vorsichtig - um keinem

    wehe zu tun - und um uns blitzt und kracht´s. Aus einem

    Eckhaus prasselt uns ein Hagel entgegen. -

    Zwanzig, fünfzig Läufe heben sich - , da brülle ich:

    "Keinen Schuß, Kerls! Wer kommt mit? Beil her!"

    Ein kleiner Musketier reicht mir eine Picke . . . Zehn

    braune Kerls drängen hinter mir nach. - Dann ein

    paar Hiebe mit Beil und Kolben - die Tür kracht ein

     - von der Decke her zucken Geschosse nieder . . . "Keiner

    die Bodentreppe hinauf! Hierbleiben! Streichhölzer

    her!" Und schon habe ich ein paar Strohballen vorge-

    rissen, - fünf Minuten später züngeln die Flammen

    aus allen Fenstern. "So, Jungs, nun vorwärts!" -

    Hinein wieder in die Dorfgasse . . . Da treffe ich mei-

    nen Kompagnieführer. "Hierher!" schreit er. "Ueber

    die Mauer, mir nach!"

        Zwei Kerle heben mich hoch, im Nu haben wir eine

    Gartenmauer überstiegen, und stürmen weiter, einer

    belgischen Abteilung in den Rücken zu fallen. Manns-

    hohe Hecken, mit Stacheldraht durchzogen -  vier, fünf

     -  vor uns.  "Her, Kerls," rufe ich, "gebt mir die

    Drahtschere!" Ein paar wuchtige Jungens treten

    den Schlehdorn ein - ich knipse den Draht durch und gehe

    ihnen voran, - meine Hose hängt in Fetzen runter.

    Die Hecken werden genommen - auf einmal kracht es

    auf uns her - nur wenige Sekunden, dann saust eine

    Haubitze in den verruchten  Giebel - Steine spritzen

    umher -  das Gemäuer sinkt donnernd zusammen.

    Feuer von links! - Da sind die Unsern, sie schießen 

    auf uns - sie erkennen uns noch immer nicht. Wir

    brüllen ihnen die Losung zu: "Der Kaiser! Der Kaiser!"

     - Sie hören uns nicht in dem Höllenlärm. "Hornist,"

    rufe ich, "blasen Sie Signal!" Der brave Junge - er

    war von den vierten Jägern, nimmt das Horn und

    schmettert: Das Ganze! - Das Ganze! - Da kommt´s

    von drüben zurück. Wir erkennen uns - es sind die

    27er - ich drücke dem Hauptmann, den ich seit Jahren

    kenne, die Hand. - 

                             Heller Morgen, ¼ 7 Uhr (am 6. August).

        Vor uns liegt ein Kohlenbergwerk. Zwei Kohlen-

    halden sind einige Meter hoch im Winkel zu einander

    aufgeschüttet - da stürmen wir hinauf: Ein Jäger-


     Fortsetzung 2. Spalte Mitte 


     2. Spalte 

    Siegreiches Vordringen der Oesterreicher.

        WTB. Wien, 30. August.  Der Korrespondent des

    Neuen Wiener Tagebl. im Hauptquartier meldet: Die

    große Schlacht ist heute, am vierten Tage, in vollem

    Gange und steht gut für uns. Die linke Flügelgruppe

    rückt gegen Lublin und Zamocs langsam aber sicher vor,

    stößt aber immer wieder auf den neuverschanzten Gegner

    und anstelle von Frontalangriffen sind zeitraubende Um-

    gehungen nötig. Drei Zügen des Infanterieregiments

    Nr. 72 gelang ein rascher Frontalangriff,  bei dem zwei

    russische Hauptleute, sechs Subalternoffiziere und 470

    Mann gefangen genommen wurden.  Die Kräftegruppe

    zwischen Bug und Wieprz griff eine russische Division

    von drei Seiten mit Erfolg an, sodaß sie nur unter dem

    Schutze der Nacht entkamen. Generalstabshauptmann

    Roßmann stürzte mit seinem Flugzeug ab und wurde

    getötet. Das Armeeverordnungsblatt veröffentlichte ge-

    rade heute eine Auszeichnung Roßmanns für hervor-

    ragend tapferes Verhalten vor dem Feinde.

        WTB. Wien, 30. August. (Nicht amtlich.)  Soweit

    sich bis gestern mittag überblicken ließ, ist das große

    Ringen unserer Armee mit den Hauptkräften des russi-

    schen Heeres noch nicht zur Entscheidung herangereift.

    Nur die Erfolge der vom General der Kavallerie Viktor

    Dankl in der Schlacht bei Krasnik siegreich geführten

    Armee sind bereits einigermaßen zu übersehen. In ei-

    ner zweiten Schlacht am 27. August, die durch die helden-

    mütige Erstürmung einer stark befestigten Stellung auf

    den Höhen von  Niedrzwiosduca  gekrönt war, gelang es,

    die bei Krasnik zurückgeworfenen russischen Kräfte und

    herangeführten Verstärkungen, im ganzen etwa zehn

    Divisionen, durch sechs verschiedene Korps neuerlich zu

    schlagen. Eines unserer Korps nahm in dieser zweiten

    Schlacht einen General, einen Oberst, drei sonstige

    Stabspersonen, vierzig Offiziere und zirka 2000 Mann

    gefangen und erbeutete wieder sehr viel Kriegsmaterial.

        WTB. Wien, 31. August. Die Schlachten auf dem

    östlichen Kriegsschauplatz dauern mit ungeminderter

    Heftigkeit fort. Oestlich unserer trotz mehrfacher be-

    festigter Stellungen des Feindes unaufhaltsam gegen

    Lublin vordringenden Armee Dankl haben unsere zwischen

    Bug und Wieprz vorgeführten Kräfte am 26. August

    den Angriff auf die dem Raume bei Cholm stehen-

    den starken russischen Kräfte begonnen. Hierbei ent-

    wickelten sich wie bei Krasnik wieder harte, für unsere

    angriffsfreudigen Truppen siegreich verlaufende Kämpfe

    bei  Zamoid  sowie nördlich und östlich bei Tomaszow.

    In diesen Kämpfen wurden ebenso wie in den Schlach-

    ten bei Krasnik tausende von Gefangenen gemacht. 

    In Ostgalizien behaupten sich unsere Truppen mit helden-

    mütiger Bravour und Zähigkeit gegen sehr starke uns

    überlegene feindliche Kräfte. Auf dem südlichen Kriegs-

    schauplatz haben in letzter Zeit neue Kämpfe statt-

    gefunden. 

                           Der Kampf in der Nordsee.

       Der lange erwartete Zusammenstoß unserer Flotte

    mit der englischen ist erfolgt. Die Nordsee bei Helgo-

    land war der Kampfplatz, wo der Seekrieg heftig tobte.

    Der Kampf erfolgte bei unsichtigem Wetter und er zog

    sich nach Westen, also nach der englischen Küste zu hin.

    Mehrere kleine Kreuzer unserer Flotte stießen todes-

    mutig vor und gerieten dabei in einen Kampf mit einer

    überlegenen starken englischen Flotte. Unsere Schiffe

    mußten der Uebermacht weichen, haben den Engländern

    aber, wie ein englischer Bericht eingesteht, schwere Be-

    schädigungen beigebracht. Nach dem, was man sonst von


     Fortsetzung  3. Spalte oben 

     

      Fortsetzung von  1. Spalte  Kriegsbriefe 

    leutnant, ein Kompagniekamerad von mir, Sch., dann

    ein riesiger Adjutant von den 27ern, A., ein tapferer

    Junge, der nicht mit der Wimper zuckte -  am  Wege

    unten bleibt H. zurück, der furchtlose Regimentsadjunkt

    vom Regiment Louis Ferdinand, und mit ungefähr 10

    Mann nimmt der Hauptmann v. B. die Häuser in un-

    serm Rücken unter Feuer, er selbst hat den Degen ab-

    gelegt und führt das Gewehr . . .

        Oben von meiner Kohlenhalde sehe ich ein Gehöft

    und zum ersten Male belgische Infanterie - sonst wa-

    ren die Kerle gelaufen, als sei der Deibel hinter ihnen.

     - Jetzt heben sie die Büchse an die Backe. Ich lasse

    das Feuer aufnehmen und beobachte durch das Glas die

    Wirkung . . . "Ruhig zielen, Kerls, ihr schießt zu weit"

    . . . Zwei schwarze Mäntel sehe ich sich im Sande wälzen.

         "Hols der Deibel!" Sie schießen von rechts her - 

    von der anderen Halde . . .  Da steht noch auf unserem

    Flügel der lange A. Seine Schärpe flattert, die Quasten

    sind schwarz von Kohlenstaub, er schießt auf die Bande

    rechts - jetzt knallt´s auch von hintenher aus den

    Häusern . . .

        Ich setze das Glas ab und sehe mich um. Da links

    am Flügel liegt mein Kamerad Sch., hat einem Ver-

    wundeten das Gewehr abgenommen und schießt nach dem

    Gehöft . . .  Rechts von mir - ja, was ist denn das?

    Einer nach dem andern "klappt ab" . . . Der läßt den

    Kopf vornüber, der rollt den Abhang hinunter, der

    schreit . . . Sie schießen wie besessen auf uns. Nun

    liegt nur noch einer rechts von mir, eben fängt auch der

    an, sich hin und her zu wälzen, Blut quillt aus dem

    Rock hervor, ich werde ihm sein Gewehr abnehmen; ich

    richte mich auf . . . Donnerwetter, ich fühle einen

    Schlag vor der linken Brust: "Kinder, jetzt hat´s mich

    auch." . . .

        Ich rutsche den Abhang hinab, das Blut kommt mir

    aus dem Munde . . .  hinter einem Steinhaufen finde

    ich Deckung vor dem mörderischen Feuer. Ich bitte einen

    Soldaten: "Mach mir mal die Feldflasche ab - so -

     - und den Tornister."Einen langen Schluck. Der gute

    Kerl öffnet mir den Waffenrock. Ich lehne mich gegen

    den Steinhaufen. Ganz warm quillt das Blut hervor;

    wie lange kann´s dauern, dann ist´s vorbei. Aus dem

    Rocktäschchen ziehe ich das Verbandszeug, öffne es hastig

    und drücke es auf die Wunde. Dann warte ich ab,

    minutenlang; auf dem Wege vor mir stehen die braven

    Kerle und feuern; da ist auch A. noch mit den schwarzen

    Quasten. "Kinder, schickt mir doch einen Arzt." Mir

    fängt´s an, vor den Augen zu flimmern. Da kommt das

    Soldatengefühl: du mußt Dich [sic] wehren, darfst  nicht dich

    dumpf in dein Schicksal ergeben. Die Schlacht geht wei-

    ter; hier findet dich keiner . . .

        Mit Schmerzen richte ich mich empor - stülpe mir

    den Helm auf den Kopf - die Feldbinde, die Pistole -

    das Glas schenke ich einem Soldaten, er braucht´s jetzt

    nötiger als ich, und dann meinen Degen - den lasse ich

    nicht, er braucht sich meiner nicht zu schämen - so

    schleppe ich mich an den Weg. Was geht mich das Pfei-

    fen an, ich habe meinen Teil. Noch immer stehen die

    wackeren Kerle und feuern vom Wege gegen die Kohlen-

    halde - einen winke ich heran . . .  "Um Gotteswillen,

    Herr Leutnant!" . . . "Bringe mich zum Verbandplatz, 

    mein Junge." . . . Er gibt mir seinen Arm . . . "Mußt


     3. Spalte 

    der englischen Kriegsberichterstattung gewöhnt ist, darf

    man ruhig annehmen, daß auch die englischen Schiffe

    zum mindesten kampfunfähig geworden sind. Leider

    brachte der Kampf den Verlust einiger unserer Schiffe, 

    aber ohne Kampf kein Sieg. Die Helden der Nordsee

    leben bei uns in treuem Angedenken und als leuchtendes

    Beispiel deutscher Seemannstreue fort.

        Unsere Schiff haben, wie Staatssekretär Tirpitz

    sagte, die Aufgabe, die deutsche Küste zu schützen, und

    diese Aufgabe haben sie bisher glänzend gelöst. Kein

    englisches Schiff hat sich bis jetzt den deutschen Gestaden

    nähern dürfen, und auch ferner werden unsere blauen

    Jungen so scharf auf der Wacht stehen, daß die Englän-

    der sich allemal blutige Köpfe holen, wenn sie kommen.

        WTB. Berlin, 29. August. Im Laufe des gestrigen

    Vormittags sind bei teilweise unsichtigem Wetter mehrere

    moderne englische kleine Kreuzer und zwei englische Zer-

    störerflottillen (ca. 40 Zerstörer) in der deutschen Bucht

    der Nordsee unweit Helgoland aufgetreten. Es kam zu

    hartnäckigen Einzelgefechten zwischen ihnen und unsern

    leichten Streitkräften. Die deutschen kleinen Kreuzer

    drängten lebhaft nach Westen nach und gerieten dabei

    infolge der beschränkten Sichtweite ins Gefecht mit

    mehreren starken englischen Panzerkreuzern. S. M. S.

    "Ariadne" (Kleiner Kreuzer mit 2650 Tonnen Wasser-

    verdrängung) sank, von zwei Schlachtschiffkreuzern der

    Lion-Klasse auf kurze Entfernung mit schwerer Artillerie

    beschossen, nach ehrenvollem Kampfe. Der weitaus größte

    Teil der Besatzung, voraussichtlich 250 Köpfe, konnte

    gerettet werden.

        Auch das Torpedoboot V 187 ging, von einem kleinen

    Kreuzer und den Zerstörern aufs heftigste beschossen, bis

    zuletzt feuernd, in die Tiefe. Flottillenchef und Kom-

    mandant sind gefallen. Ein beträchtlicher Teil der Be-

    satzung wurde gerettet. Die kleinen Kreuzer Cöln und

    Mainz werden vermißt. Sie sind nach einer heutigen

    Reutermeldung aus London gleichfalls im Kampfe mit

    überlegenen Gegnern gesunken. Ein Teil  der Be-

    satzung, 2 Offiziere und 81 Mann (?) scheinen durch eng-

    lische Schiffe gerettet zu sein. Nach der gleichen Quelle

    haben die englischen Schiffe schwere Beschädigungen er-

    litten.

                       Heldenmut unserer blauen Jungen.

        Ueber die heldenmütige Energie, mit der  Torpedo-

    boot V 187 sich bis zum letzten Augenblick gegen feind-

    liche Uebermacht wehrte, gibt der Bericht eines Augen-

    zeugen Kunde, dem wir folgendes entnehmen:

        V 187 sah sich bei dichtem Wetter ganz unerwartet

    zunächst von Norden, dann allerseits von Massen eng-

    lischer Torpedobootzerstörer und Unterseebooten ange-

    griffen. V 187 wehrte ich unverzüglich mit allen Kräf-

    ten, da setzten zahllose Geschosse, aus nächster Nähe ab-

    gegeben, die Bewegungsfähigkeit herab. Da keine Mög-

    lichkeit vorhanden war, sich dem feindlichen Feuer zu ent-

    ziehen, drehte V 187 auf die Feinde zu, um ein Passier-

    gefecht zu gewinnen und bis zum Ende durchzukämpfen.

    Als unter dem Geschoßhagel die Bewegungsfähigkeit

    verloren gegangen war, wurde schnell im Innern eine

    Sprengung vorgenommen, um das Boot nicht in Fein-

    deshand fallen zu lassen. Jetzt sank es schnell und wäh-

    rend es sank, stand die Mannschaft bis zum letzten

    Augenblick an den noch brauchbaren Geschützen und

    feuerte. Der Flottillenchef, Korvettenkapitän Wallis,

    und der Kommandant, Kapitänleutnant Zechter fanden

    den Heldentod.  Anzuerkennen ist, daß der Gegner un-

    geachtet der eigenen Gefahr Beiboote zur Rettung der

    Unsrigen aussetzte. Als sich deutsche missing

    ten,mußte er sich von missing

    denen sie dann geretteten Deutsche missing


  • September 2, 2017 19:58:29 Beate Jochem

     item 14


     Ueber 30 000 Russen in Ostpreußen gefangen.

    Der Sieg der Oesterreicher. Der Kampf in der Nordsee. Die Opfer vom

                                Kreuzer "Magdeburg".


     1. Spalte 

        Wie im Westen, so ist nunmehr auch im Osten die

    erste große Schlacht geschlagen worden. Der Unterschied

    liegt darin, daß sich die Russen in der Offensivstellung

    befanden, während wir den Ansturm abzuwehren hatten.

    Aus der Richtung von Niemen, wie von der Narew her,

    d. h. aus Süden und aus Osten waren erhebliche russische

    Streitkräfte im Anmarsche, die zwischen Insterburg und

    Graudenz in deutsches Gebiet einzubrechen versuchten.

    Ihr Zweck war offenbar, die deutsche Defensive zu durch-

    brechen, ehe die siegreich vordringenden Oesterreicher

    Verbindung mit uns erlangt haben. Die Absicht ist an

    der Wachsamkeit unserer Heeresleitung und der Tapfer-

    keit unserer Truppen gescheitert. Die russische Armee,

    an Zahl fast der bei Metz geschlagenen französischen Ar-

    mee gleich,  ist über die Grenze zurückgewichen und wird

    von unseren Truppen verfolgt. Durch diesen Sieg ist

    die Durchführung des gemeinschaftlichen Vormarsches

    unserer und der österreichischen Truppen gegen die

    Weichsel erleichtert worden. Es geht auf Warschau los!

        Die  Meldung über den Sieg lautet kurz und knapp:

        WTB. Berlin, 29. August.  Unsere Truppen in

    Preußen unter der Führung des Generalobersten Hinden-

    burg haben die von Narew vorgegangene russische Armee

    in Stärke von 5 Armeekorps und 3 Kavalleriedivisionen

    in dreitägiger Schlacht bei Gilgenburg-Ortelsburg ge-

    schlagen und verfolgen sie jetzt über die Grenze.

                                             Generalquartiermeister von Stein.

        Die am Sonnabend verbreitete Meldung von dem

    großen deutschen Siege über die Russen in Ostpreußen

    wird durch folgende neue erfreuliche Nachricht ergänzt:

        WTB. Berlin, 31. August.   Bei den großen

    Kämpfen, in denen die russische Armee bei Tannen-

    berg, Hohenstein und Ortelsburg geworfen wurden,

    sind nach vorläufiger Schätzung über 30000 Russen

    mit vielen hohen Offizieren in Gefangenschaft

    geraten.

        Eine erfreuliche Ergänzung zu der amtlichen Mel-

    dung über das Ergebnis der Schlacht bilden die folgen-

    den Mitteilungen, die aus amtlichen Quellen Ost-

    preußens stammen:

        Der vom Generalquartiermeister in seiner Ver-

    öffentlichung vom 25. August als bevorstehend angekün-

    digte Entscheidungskampf  hat begonnen. Als Einleitung

    erfolgte die Besetzung der Grenzstadt Neidenburg durch

    starke russische Kräfte. Die Russen plünderten die Stadt

    gründlich und bombardierten sie dann von den benach-

    barten Höhen. Den meisten Bürgern Neidenburgs,

    das etwa 6000 Einwohner hat, war es gelungen, über

    Hohenstein und Allenstein zu fliehen. Das 20. Armee-

    korps griff energisch in den Kampf gegen den russischen 

    Gegner ein. Die "Allensteiner Zeitung" kann mit amt-

    licher Genehmigung darüber melden: Unser tapferes

    20. Armeekorps steht seit 24 Stunden im Feuer mit

    einem an  Kräften weit überlegenen Gegner. Dank der

    Tapferkeit unserer Truppen und Führer ist es den

    Russen trotz der gewaltigen Uebermacht nicht gelun-

    gen, unsere Stellungen zu nehmen. Der Kampf hat sich

    dann zu einer Riesenschlacht auf der Linie Gilgenburg-

    Neidenburg-Ortelsburg entwickelt mit etwa 50 Kilo-

    meter Frontlänge. Hierüber teilt Landrat Hagemann

    in Marienburg der "Marienburger Zeitung" mit, daß

    zwei russische Armeekorps aufgerieben worden seien.


                                             Kriegsbriefe.

                                Wie ich verwundet wurde

                         Von einem Mitkämpfer bei Lüttich.

    . . .  Mitten in dieses Dorfgefecht (Sturm auf Ft.

    Fléron) waren wir hineingerissen. Es blitzte aus allen

    Häusern, unablässig rollt der Donner der Geschütze, un-

    ablässig geht der Eisenregen nieder. Stockdunkel . . . 

    Wie sehnlich wünschen wir den Morgen heran. - Kein

    Gegner zu sehen - und doch sinkt Mann neben Mann.

    Aus den Mauern der Häuser sind nur winzige Steine

    gelöst - ein Flintenlauf ragt durch; in den Fenster-

    laden ein kleines Loch - der Lauf einer Jagdbüchse

    sprüht Flammen heraus - aus den Kellerfenstern, von

    den Böden zuckt und flammt und pfeift es . . . Wie

    im Hexenkessel . . . Und wir dürfen nicht schießen, um

    die Kameraden, die rechts und links vor uns im Gefecht

    liegen, nicht zu gefährden . . . Einer neben dem anderen 

    sinkt - Aechzen und Stöhnen überall. Hinweg über

    einen Haufen zuckender Leiber, vorsichtig - um keinem

    wehe zu tun - und um uns blitzt und kracht´s. Aus einem

    Eckhaus prasselt uns ein Hagel entgegen. -

    Zwanzig, fünfzig Läufe heben sich - , da brülle ich:

    "Keinen Schuß, Kerls! Wer kommt mit? Beil her!"

    Ein kleiner Musketier reicht mir eine Picke . . . Zehn

    braune Kerls drängen hinter mir nach. - Dann ein

    paar Hiebe mit Beil und Kolben - die Tür kracht ein

     - von der Decke her zucken Geschosse nieder . . . "Keiner

    die Bodentreppe hinauf! Hierbleiben! Streichhölzer

    her!" Und schon habe ich ein paar Strohballen vorge-

    rissen, - fünf Minuten später züngeln die Flammen

    aus allen Fenstern. "So, Jungs, nun vorwärts!" -

    Hinein wieder in die Dorfgasse . . . Da treffe ich mei-

    nen Kompagnieführer. "Hierher!" schreit er. "Ueber

    die Mauer, mir nach!"

        Zwei Kerle heben mich hoch, im Nu haben wir eine

    Gartenmauer überstiegen, und stürmen weiter, einer

    belgischen Abteilung in den Rücken zu fallen. Manns-

    hohe Hecken, mit Stacheldraht durchzogen -  vier, fünf

     -  vor uns.  "Her, Kerls," rufe ich, "gebt mir die

    Drahtschere!" Ein paar wuchtige Jungens treten

    den Schlehdorn ein - ich knipse den Draht durch und gehe

    ihnen voran, - meine Hose hängt in Fetzen runter.

    Die Hecken werden genommen - auf einmal kracht es

    auf uns her - nur wenige Sekunden, dann saust eine

    Haubitze in den verruchten  Giebel - Steine spritzen

    umher -  das Gemäuer sinkt donnernd zusammen.

    Feuer von links! - Da sind die Unsern, sie schießen 

    auf uns - sie erkennen uns noch immer nicht. Wir

    brüllen ihnen die Losung zu: "Der Kaiser! Der Kaiser!"

     - Sie hören uns nicht in dem Höllenlärm. "Hornist,"

    rufe ich, "blasen Sie Signal!" Der brave Junge - er

    war von den vierten Jägern, nimmt das Horn und

    schmettert: Das Ganze! - Das Ganze! - Da kommt´s

    von drüben zurück. Wir erkennen uns - es sind die

    27er - ich drücke dem Hauptmann, den ich seit Jahren

    kenne, die Hand. - 

                             Heller Morgen, ¼ 7 Uhr (am 6. August).

        Vor uns liegt ein Kohlenbergwerk. Zwei Kohlen-

    halden sind einige Meter hoch im Winkel zu einander

    aufgeschüttet - da stürmen wir hinauf: Ein Jäger-


     Fortsetzung 2. Spalte Mitte 


     2. Spalte 

    Siegreiches Vordringen der Oesterreicher.

        WTB. Wien, 30. August.  Der Korrespondent des

    Neuen Wiener Tagebl. im Hauptquartier meldet: Die

    große Schlacht ist heute, am vierten Tage, in vollem

    Gange und steht gut für uns. Die linke Flügelgruppe

    rückt gegen Lublin und Zamocs langsam aber sicher vor,

    stößt aber immer wieder auf den neuverschanzten Gegner

    und anstelle von Frontalangriffen sind zeitraubende Um-

    gehungen nötig. Drei Zügen des Infanterieregiments

    Nr. 72 gelang ein rascher Frontalangriff,  bei dem zwei

    russische Hauptleute, sechs Subalternoffiziere und 470

    Mann gefangen genommen wurden.  Die Kräftegruppe

    zwischen Bug und Wieprz griff eine russische Division

    von drei Seiten mit Erfolg an, sodaß sie nur unter dem

    Schutze der Nacht entkamen. Generalstabshauptmann

    Roßmann stürzte mit seinem Flugzeug ab und wurde

    getötet. Das Armeeverordnungsblatt veröffentlichte ge-

    rade heute eine Auszeichnung Roßmanns für hervor-

    ragend tapferes Verhalten vor dem Feinde.

        WTB. Wien, 30. August. (Nicht amtlich.)  Soweit

    sich bis gestern mittag überblicken ließ, ist das große

    Ringen unserer Armee mit den Hauptkräften des russi-

    schen Heeres noch nicht zur Entscheidung herangereift.

    Nur die Erfolge der vom General der Kavallerie Viktor

    Dankl in der Schlacht bei Krasnik siegreich geführten

    Armee sind bereits einigermaßen zu übersehen. In ei-

    ner zweiten Schlacht am 27. August, die durch die helden-

    mütige Erstürmung einer stark befestigten Stellung auf

    den Höhen von  Niedrzwiosduca  gekrönt war, gelang es,

    die bei Krasnik zurückgeworfenen russischen Kräfte und

    herangeführten Verstärkungen, im ganzen etwa zehn

    Divisionen, durch sechs verschiedene Korps neuerlich zu

    schlagen. Eines unserer Korps nahm in dieser zweiten

    Schlacht einen General, einen Oberst, drei sonstige

    Stabspersonen, vierzig Offiziere und zirka 2000 Mann

    gefangen und erbeutete wieder sehr viel Kriegsmaterial.

        WTB. Wien, 31. August. Die Schlachten auf dem

    östlichen Kriegsschauplatz dauern mit ungeminderter

    Heftigkeit fort. Oestlich unserer trotz mehrfacher be-

    festigter Stellungen des Feindes unaufhaltsam gegen

    Lublin vordringenden Armee Dankl haben unsere zwischen

    Bug und Wieprz vorgeführten Kräfte am 26. August

    den Angriff auf die dem Raume bei Cholm stehen-

    den starken russischen Kräfte begonnen. Hierbei ent-

    wickelten sich wie bei Krasnik wieder harte, für unsere

    angriffsfreudigen Truppen siegreich verlaufende Kämpfe

    bei  Zamoid  sowie nördlich und östlich bei Tomaszow.

    In diesen Kämpfen wurden ebenso wie in den Schlach-

    ten bei Krasnik tausende von Gefangenen gemacht. 

    In Ostgalizien behaupten sich unsere Truppen mit helden-

    mütiger Bravour und Zähigkeit gegen sehr starke uns

    überlegene feindliche Kräfte. Auf dem südlichen Kriegs-

    schauplatz haben in letzter Zeit neue Kämpfe statt-

    gefunden. 

                           Der Kampf in der Nordsee.

       Der lange erwartete Zusammenstoß unserer Flotte

    mit der englischen ist erfolgt. Die Nordsee bei Helgo-

    land war der Kampfplatz, wo der Seekrieg heftig tobte.

    Der Kampf erfolgte bei unsichtigem Wetter und er zog

    sich nach Westen, also nach der englischen Küste zu hin.

    Mehrere kleine Kreuzer unserer Flotte stießen todes-

    mutig vor und gerieten dabei in einen Kampf mit einer

    überlegenen starken englischen Flotte. Unsere Schiffe

    mußten der Uebermacht weichen, haben den Engländern

    aber, wie ein englischer Bericht eingesteht, schwere Be-

    schädigungen beigebracht. Nach dem, was man sonst von


     Fortsetzung  3. Spalte oben 

     

      Fortsetzung von  1. Spalte  Kriegsbriefe 

    leutnant, ein Kompagniekamerad von mir, Sch., dann

    ein riesiger Adjutant von den 27ern, A., ein tapferer

    Junge, der nicht mit der Wimper zuckte -  am  Wege

    unten bleibt H. zurück, der furchtlose Regimentsadjunkt

    vom Regiment Louis Ferdinand, und mit ungefähr 10

    Mann nimmt der Hauptmann v. B. die Häuser in un-

    serm Rücken unter Feuer, er selbst hat den Degen ab-

    gelegt und führt das Gewehr . . .

        Oben von meiner Kohlenhalde sehe ich ein Gehöft

    und zum ersten Male belgische Infanterie - sonst wa-

    ren die Kerle gelaufen, als sei der Deibel hinter ihnen.

     - Jetzt heben sie die Büchse an die Backe. Ich lasse

    das Feuer aufnehmen und beobachte durch das Glas die

    Wirkung . . . "Ruhig zielen, Kerls, ihr schießt zu weit"

    . . . Zwei schwarze Mäntel sehe ich sich im Sande wälzen.

         "Hols der Deibel!" Sie schießen von rechts her - 

    von der anderen Halde . . .  Da steht noch auf unserem

    Flügel der lange A. Seine Schärpe flattert, die Quasten

    sind schwarz von Kohlenstaub, er schießt auf die Bande

    rechts - jetzt knallt´s auch von hintenher aus den

    Häusern . . .

        Ich setze das Glas ab und sehe mich um. Da links

    am Flügel liegt mein Kamerad Sch., hat einem Ver-

    wundeten das Gewehr abgenommen und schießt nach dem

    Gehöft . . .  Rechts von mir - ja, was ist denn das?

    Einer nach dem andern "klappt ab" . . . Der läßt den

    Kopf vornüber, der rollt den Abhang hinunter, der

    schreit . . . Sie schießen wie besessen auf uns. Nun

    liegt nur noch einer rechts von mir, eben fängt auch der

    an, sich hin und her zu wälzen, Blut quillt aus dem

    Rock hervor, ich werde ihm sein Gewehr abnehmen; ich

    richte mich auf . . . Donnerwetter, ich fühle einen

    Schlag vor der linken Brust: "Kinder, jetzt hat´s mich

    auch." . . .

        Ich rutsche den Abhang hinab, das Blut kommt mir

    aus dem Munde . . .  hinter einem Steinhaufen finde

    ich Deckung vor dem mörderischen Feuer. Ich bitte einen

    Soldaten: "Mach mir mal die Feldflasche ab - so -

     - und den Tornister."Einen langen Schluck. Der gute

    Kerl öffnet mir den Waffenrock. Ich lehne mich gegen

    den Steinhaufen. Ganz warm quillt das Blut hervor;

    wie lange kann´s dauern, dann ist´s vorbei. Aus dem

    Rocktäschchen ziehe ich das Verbandszeug, öffne es hastig

    und drücke es auf die Wunde. Dann warte ich ab,

    minutenlang; auf dem Wege vor mir stehen die braven

    Kerle und feuern; da ist auch A. noch mit den schwarzen

    Quasten. "Kinder, schickt mir doch einen Arzt." Mir

    fängt´s an, vor den Augen zu flimmern. Da kommt das

    Soldatengefühl: du mußt Dich [sic] wehren, darfst  nicht dich

    dumpf in dein Schicksal ergeben. Die Schlacht geht wei-

    ter; hier findet dich keiner . . .

        Mit Schmerzen richte ich mich empor - stülpe mir

    den Helm auf den Kopf - die Feldbinde, die Pistole -

    das Glas schenke ich einem Soldaten, er braucht´s jetzt

    nötiger als ich, und dann meinen Degen - den lasse ich

    nicht, er braucht sich meiner nicht zu schämen - so

    schleppe ich mich an den Weg. Was geht mich das Pfei-

    fen an, ich habe meinen Teil. Noch immer stehen die

    wackeren Kerle und feuern vom Wege gegen die Kohlen-

    halde - einen winke ich heran . . .  "Um Gotteswillen,

    Herr Leutnant!" . . . "Bringe mich zum Verbandplatz, 

    mein Junge." . . . Er gibt mir seinen Arm . . . "Mußt


     3. Spalte 

    der englischen Kriegsberichterstattung gewöhnt ist, darf

    man ruhig annehmen, daß auch die englischen Schiffe

    zum mindesten kampfunfähig geworden sind. Leider

    brachte der Kampf den Verlust einiger unserer Schiffe, 

    aber ohne Kampf kein Sieg. Die Helden der Nordsee

    leben bei uns in treuem Angedenken und als leuchtendes

    Beispiel deutscher Seemannstreue fort.

        Unsere Schiff haben, wie Staatssekretär Tirpitz

    sagte, die Aufgabe, die deutsche Küste zu schützen, und

    diese Aufgabe haben sie bisher glänzend gelöst. Kein

    englisches Schiff hat sich bis jetzt den deutschen Gestaden

    nähern dürfen, und auch ferner werden unsere blauen

    Jungen so scharf auf der Wacht stehen, daß die Englän-

    der sich allemal blutige Köpfe holen, wenn sie kommen.

        WTB. Berlin, 29. August. Im Laufe des gestrigen

    Vormittags sind bei teilweise unsichtigem Wetter mehrere

    moderne englische kleine Kreuzer und zwei englische Zer-

    störerflottillen (ca. 40 Zerstörer) in der deutschen Bucht

    der Nordsee unweit Helgoland aufgetreten. Es kam zu

    hartnäckigen Einzelgefechten zwischen ihnen und unsern

    leichten Streitkräften. Die deutschen kleinen Kreuzer

    drängten lebhaft nach Westen nach und gerieten dabei

    infolge der beschränkten Sichtweite ins Gefecht mit

    mehreren starken englischen Panzerkreuzern. S. M. S.

    "Ariadne" (Kleiner Kreuzer mit 2650 Tonnen Wasser-

    verdrängung) sank, von zwei Schlachtschiffkreuzern der

    Lion-Klasse auf kurze Entfernung mit schwerer Artillerie

    beschossen, nach ehrenvollem Kampfe. Der weitaus größte

    Teil der Besatzung, voraussichtlich 250 Köpfe, konnte

    gerettet werden.

        Auch das Torpedoboot V 187 ging, von einem kleinen

    Kreuzer und den Zerstörern aufs heftigste beschossen, bis

    zuletzt feuernd, in die Tiefe. Flottillenchef und Kom-

    mandant sind gefallen. Ein beträchtlicher Teil der Be-

    satzung wurde gerettet. Die kleinen Kreuzer Cöln und

    Mainz werden vermißt. Sie sind nach einer heutigen

    Reutermeldung aus London gleichfalls im Kampfe mit

    überlegenen Gegnern gesunken. Ein Teil  der Be-

    satzung, 2 Offiziere und 81 Mann (?) scheinen durch eng-

    lische Schiffe gerettet zu sein. Nach der gleichen Quelle

    haben die englischen Schiffe schwere Beschädigungen er-

    litten.

                       Heldenmut unserer blauen Jungen.

        Ueber die heldenmütige Energie, mit der  Torpedo-

    boot V 187 sich bis zum letzten Augenblick gegen feind-

    liche Uebermacht wehrte, gibt der Bericht eines Augen-

    zeugen Kunde, dem wir folgendes entnehmen:

        V 187 sah sich bei dichtem Wetter ganz unerwartet

    zunächst von Norden, dann allerseits von Massen eng-

    lischer Torpedobootzerstörer und Unterseebooten ange-

    griffen. V 187 wehrte ich unverzüglich mit allen Kräf-

    ten, da setzten zahllose Geschosse, aus nächster Nähe ab-

    gegeben, die Bewegungsfähigkeit herab. Da keine Mög-

    lichkeit vorhanden war, sich dem feindlichen Feuer zu ent-

    ziehen, drehte V 187 auf die Feinde zu, um ein Passier-

    gefecht zu gewinnen und bis zum Ende durchzukämpfen.

    Als unter dem Geschoßhagel die Bewegungsfähigkeit

    verloren gegangen war, wurde schnell im Innern eine

    Sprengung vorgenommen, um das Boot nicht in Fein-

    deshand fallen zu lassen. Jetzt sank es schnell und wäh-

    rend es sank, stand die Mannschaft bis zum letzten

    Augenblick an den noch brauchbaren Geschützen und

    feuerte. Der Flottillenchef, Korvettenkapitän Wallis,

    und der Kommandant, Kapitänleutnant Zechter fanden

    den Heldentod.  Anzuerkennen ist, daß der Gegner un-

    geachtet der eigenen Gefahr Beiboote zur Rettung der

    Unsrigen aussetzte. Als sich deutsche missing

    ten,mußte er sich von missing

    denen sie dann gerettet missing


  • September 2, 2017 19:41:24 Beate Jochem

     item 14


     Ueber 30 000 Russen in Ostpreußen gefangen.

    Der Sieg der Oesterreicher. Der Kampf in der Nordsee. Die Opfer vom

                                Kreuzer "Magdeburg".


     1. Spalte 

        Wie im Westen, so ist nunmehr auch im Osten die

    erste große Schlacht geschlagen worden. Der Unterschied

    liegt darin, daß sich die Russen in der Offensivstellung

    befanden, während wir den Ansturm abzuwehren hatten.

    Aus der Richtung von Niemen, wie von der Narew her,

    d. h. aus Süden und aus Osten waren erhebliche russische

    Streitkräfte im Anmarsche, die zwischen Insterburg und

    Graudenz in deutsches Gebiet einzubrechen versuchten.

    Ihr Zweck war offenbar, die deutsche Defensive zu durch-

    brechen, ehe die siegreich vordringenden Oesterreicher

    Verbindung mit uns erlangt haben. Die Absicht ist an

    der Wachsamkeit unserer Heeresleitung und der Tapfer-

    keit unserer Truppen gescheitert. Die russische Armee,

    an Zahl fast der bei Metz geschlagenen französischen Ar-

    mee gleich,  ist über die Grenze zurückgewichen und wird

    von unseren Truppen verfolgt. Durch diesen Sieg ist

    die Durchführung des gemeinschaftlichen Vormarsches

    unserer und der österreichischen Truppen gegen die

    Weichsel erleichtert worden. Es geht auf Warschau los!

        Die  Meldung über den Sieg lautet kurz und knapp:

        WTB. Berlin, 29. August.  Unsere Truppen in

    Preußen unter der Führung des Generalobersten Hinden-

    burg haben die von Narew vorgegangene russische Armee

    in Stärke von 5 Armeekorps und 3 Kavalleriedivisionen

    in dreitägiger Schlacht bei Gilgenburg-Ortelsburg ge-

    schlagen und verfolgen sie jetzt über die Grenze.

                                             Generalquartiermeister von Stein.

        Die am Sonnabend verbreitete Meldung von dem

    großen deutschen Siege über die Russen in Ostpreußen

    wird durch folgende neue erfreuliche Nachricht ergänzt:

        WTB. Berlin, 31. August.   Bei den großen

    Kämpfen, in denen die russische Armee bei Tannen-

    berg, Hohenstein und Ortelsburg geworfen wurden,

    sind nach vorläufiger Schätzung über 30000 Russen

    mit vielen hohen Offizieren in Gefangenschaft

    geraten.

        Eine erfreuliche Ergänzung zu der amtlichen Mel-

    dung über das Ergebnis der Schlacht bilden die folgen-

    den Mitteilungen, die aus amtlichen Quellen Ost-

    preußens stammen:

        Der vom Generalquartiermeister in seiner Ver-

    öffentlichung vom 25. August als bevorstehend angekün-

    digte Entscheidungskampf  hat begonnen. Als Einleitung

    erfolgte die Besetzung der Grenzstadt Neidenburg durch

    starke russische Kräfte. Die Russen plünderten die Stadt

    gründlich und bombardierten sie dann von den benach-

    barten Höhen. Den meisten Bürgern Neidenburgs,

    das etwa 6000 Einwohner hat, war es gelungen, über

    Hohenstein und Allenstein zu fliehen. Das 20. Armee-

    korps griff energisch in den Kampf gegen den russischen 

    Gegner ein. Die "Allensteiner Zeitung" kann mit amt-

    licher Genehmigung darüber melden: Unser tapferes

    20. Armeekorps steht seit 24 Stunden im Feuer mit

    einem an  Kräften weit überlegenen Gegner. Dank der

    Tapferkeit unserer Truppen und Führer ist es den

    Russen trotz der gewaltigen Uebermacht nicht gelun-

    gen, unsere Stellungen zu nehmen. Der Kampf hat sich

    dann zu einer Riesenschlacht auf der Linie Gilgenburg-

    Neidenburg-Ortelsburg entwickelt mit etwa 50 Kilo-

    meter Frontlänge. Hierüber teilt Landrat Hagemann

    in Marienburg der "Marienburger Zeitung" mit, daß

    zwei russische Armeekorps aufgerieben worden seien.


                                             Kriegsbriefe.

                                Wie ich verwundet wurde

                         Von einem Mitkämpfer bei Lüttich.

    . . .  Mitten in dieses Dorfgefecht (Sturm auf Ft.

    Fléron) waren wir hineingerissen. Es blitzte aus allen

    Häusern, unablässig rollt der Donner der Geschütze, un-

    ablässig geht der Eisenregen nieder. Stockdunkel . . . 

    Wie sehnlich wünschen wir den Morgen heran. - Kein

    Gegner zu sehen - und doch sinkt Mann neben Mann.

    Aus den Mauern der Häuser sind nur winzige Steine

    gelöst - ein Flintenlauf ragt durch; in den Fenster-

    laden ein kleines Loch - der Lauf einer Jagdbüchse

    sprüht Flammen heraus - aus den Kellerfenstern, von

    den Böden zuckt und flammt und pfeift es . . . Wie

    im Hexenkessel . . . Und wir dürfen nicht schießen, um

    die Kameraden, die rechts und links vor uns im Gefecht

    liegen, nicht zu gefährden . . . Einer neben dem anderen 

    sinkt - Aechzen und Stöhnen überall. Hinweg über

    einen Haufen zuckender Leiber, vorsichtig - um keinem

    wehe zu tun - und um uns blitzt und kracht´s. Aus einem

    Eckhaus prasselt uns ein Hagel entgegen. -

    Zwanzig, fünfzig Läufe heben sich - , da brülle ich:

    "Keinen Schuß, Kerls! Wer kommt mit? Beil her!"

    Ein kleiner Musketier reicht mir eine Picke . . . Zehn

    braune Kerls drängen hinter mir nach. - Dann ein

    paar Hiebe mit Beil und Kolben - die Tür kracht ein

     - von der Decke her zucken Geschosse nieder . . . "Keiner

    die Bodentreppe hinauf! Hierbleiben! Streichhölzer

    her!" Und schon habe ich ein paar Strohballen vorge-

    rissen, - fünf Minuten später züngeln die Flammen

    aus allen Fenstern. "So, Jungs, nun vorwärts!" -

    Hinein wieder in die Dorfgasse . . . Da treffe ich mei-

    nen Kompagnieführer. "Hierher!" schreit er. "Ueber

    die Mauer, mir nach!"

        Zwei Kerle heben mich hoch, im Nu haben wir eine

    Gartenmauer überstiegen, und stürmen weiter, einer

    belgischen Abteilung in den Rücken zu fallen. Manns-

    hohe Hecken, mit Stacheldraht durchzogen -  vier, fünf

     -  vor uns.  "Her, Kerls," rufe ich, "gebt mir die

    Drahtschere!" Ein paar wuchtige Jungens treten

    den Schlehdorn ein - ich knipse den Draht durch und gehe

    ihnen voran, - meine Hose hängt in Fetzen runter.

    Die Hecken werden genommen - auf einmal kracht es

    auf uns her - nur wenige Sekunden, dann saust eine

    Haubitze in den verruchten  Giebel - Steine spritzen

    umher -  das Gemäuer sinkt donnernd zusammen.

    Feuer von links! - Da sind die Unsern, sie schießen 

    auf uns - sie erkennen uns noch immer nicht. Wir

    brüllen ihnen die Losung zu: "Der Kaiser! Der Kaiser!"

     - Sie hören uns nicht in dem Höllenlärm. "Hornist,"

    rufe ich, "blasen Sie Signal!" Der brave Junge - er

    war von den vierten Jägern, nimmt das Horn und

    schmettert: Das Ganze! - Das Ganze! - Da kommt´s

    von drüben zurück. Wir erkennen uns - es sind die

    27er - ich drücke dem Hauptmann, den ich seit Jahren

    kenne, die Hand. - 

                             Heller Morgen, ¼ 7 Uhr (am 6. August).

        Vor uns liegt ein Kohlenbergwerk. Zwei Kohlen-

    halden sind einige Meter hoch im Winkel zu einander

    aufgeschüttet - da stürmen wir hinauf: Ein Jäger-


     Fortsetzung 2. Spalte Mitte 


     2. Spalte 

    Siegreiches Vordringen der Oesterreicher.

        WTB. Wien, 30. August.  Der Korrespondent des

    Neuen Wiener Tagebl. im Hauptquartier meldet: Die

    große Schlacht ist heute, am vierten Tage, in vollem

    Gange und steht gut für uns. Die linke Flügelgruppe

    rückt gegen Lublin und Zamocs langsam aber sicher vor,

    stößt aber immer wieder auf den neuverschanzten Gegner

    und anstelle von Frontalangriffen sind zeitraubende Um-

    gehungen nötig. Drei Zügen des Infanterieregiments

    Nr. 72 gelang ein rascher Frontalangriff,  bei dem zwei

    russische Hauptleute, sechs Subalternoffiziere und 470

    Mann gefangen genommen wurden.  Die Kräftegruppe

    zwischen Bug und Wieprz griff eine russische Division

    von drei Seiten mit Erfolg an, sodaß sie nur unter dem

    Schutze der Nacht entkamen. Generalstabshauptmann

    Roßmann stürzte mit seinem Flugzeug ab und wurde

    getötet. Das Armeeverordnungsblatt veröffentlichte ge-

    rade heute eine Auszeichnung Roßmanns für hervor-

    ragend tapferes Verhalten vor dem Feinde.

        WTB. Wien, 30. August. (Nicht amtlich.)  Soweit

    sich bis gestern mittag überblicken ließ, ist das große

    Ringen unserer Armee mit den Hauptkräften des russi-

    schen Heeres noch nicht zur Entscheidung herangereift.

    Nur die Erfolge der vom General der Kavallerie Viktor

    Dankl in der Schlacht bei Krasnik siegreich geführten

    Armee sind bereits einigermaßen zu übersehen. In ei-

    ner zweiten Schlacht am 27. August, die durch die helden-

    mütige Erstürmung einer stark befestigten Stellung auf

    den Höhen von  Niedrzwiosduca  gekrönt war, gelang es,

    die bei Krasnik zurückgeworfenen russischen Kräfte und

    herangeführten Verstärkungen, im ganzen etwa zehn

    Divisionen, durch sechs verschiedene Korps neuerlich zu

    schlagen. Eines unserer Korps nahm in dieser zweiten

    Schlacht einen General, einen Oberst, drei sonstige

    Stabspersonen, vierzig Offiziere und zirka 2000 Mann

    gefangen und erbeutete wieder sehr viel Kriegsmaterial.

        WTB. Wien, 31. August. Die Schlachten auf dem

    östlichen Kriegsschauplatz dauern mit ungeminderter

    Heftigkeit fort. Oestlich unserer trotz mehrfacher be-

    festigter Stellungen des Feindes unaufhaltsam gegen

    Lublin vordringenden Armee Dankl haben unsere zwischen

    Bug und Wieprz vorgeführten Kräfte am 26. August

    den Angriff auf die dem Raume bei Cholm stehen-

    den starken russischen Kräfte begonnen. Hierbei ent-

    wickelten sich wie bei Krasnik wieder harte, für unsere

    angriffsfreudigen Truppen siegreich verlaufende Kämpfe

    bei  Zamoid  sowie nördlich und östlich bei Tomaszow.

    In diesen Kämpfen wurden ebenso wie in den Schlach-

    ten bei Krasnik tausende von Gefangenen gemacht. 

    In Ostgalizien behaupten sich unsere Truppen mit helden-

    mütiger Bravour und Zähigkeit gegen sehr starke uns

    überlegene feindliche Kräfte. Auf dem südlichen Kriegs-

    schauplatz haben in letzter Zeit neue Kämpfe statt-

    gefunden. 

                           Der Kampf in der Nordsee.

       Der lange erwartete Zusammenstoß unserer Flotte

    mit der englischen ist erfolgt. Die Nordsee bei Helgo-

    land war der Kampfplatz, wo der Seekrieg heftig tobte.

    Der Kampf erfolgte bei unsichtigem Wetter und er zog

    sich nach Westen, also nach der englischen Küste zu hin.

    Mehrere kleine Kreuzer unserer Flotte stießen todes-

    mutig vor und gerieten dabei in einen Kampf mit einer

    überlegenen starken englischen Flotte. Unsere Schiffe

    mußten der Uebermacht weichen, haben den Engländern

    aber, wie ein englischer Bericht eingesteht, schwere Be-

    schädigungen beigebracht. Nach dem, was man sonst von


     Fortsetzung  3. Spalte oben 

     

      Fortsetzung von  1. Spalte  Kriegsbriefe 

    leutnant, ein Kompagniekamerad von mir, Sch., dann

    ein riesiger Adjutant von den 27ern, A., ein tapferer

    Junge, der nicht mit der Wimper zuckte -  am  Wege

    unten bleibt H. zurück, der furchtlose Regimentsadjunkt

    vom Regiment Louis Ferdinand, und mit ungefähr 10

    Mann nimmt der Hauptmann v. B. die Häuser in un-

    serm Rücken unter Feuer, er selbst hat den Degen ab-

    gelegt und führt das Gewehr . . .

        Oben von meiner Kohlenhalde sehe ich ein Gehöft

    und zum ersten Male belgische Infanterie - sonst wa-

    ren die Kerle gelaufen, als sei der Deibel hinter ihnen.

     - Jetzt heben sie die Büchse an die Backe. Ich lasse

    das Feuer aufnehmen und beobachte durch das Glas die

    Wirkung . . . "Ruhig zielen, Kerls, ihr schießt zu weit"

    . . . Zwei schwarze Mäntel sehe ich sich im Sande wälzen.

         "Hols der Deibel!" Sie schießen von rechts her - 

    von der anderen Halde . . .  Da steht noch auf unserem

    Flügel der lange A. Seine Schärpe flattert, die Quasten

    sind schwarz von Kohlenstaub, er schießt auf die Bande

    rechts - jetzt knallt´s auch von hintenher aus den

    Häusern . . .

        Ich setze das Glas ab und sehe mich um. Da links

    am Flügel liegt mein Kamerad Sch., hat einem Ver-

    wundeten das Gewehr abgenommen und schießt nach dem

    Gehöft . . .  Rechts von mir - ja, was ist denn das?

    Einer nach dem andern "klappt ab" . . . Der läßt den

    Kopf vornüber, der rollt den Abhang hinunter, der

    schreit . . . Sie schießen wie besessen auf uns. Nun

    liegt nur noch einer rechts von mir, eben fängt auch der

    an, sich hin und her zu wälzen, Blut quillt aus dem

    Rock hervor, ich werde ihm sein Gewehr abnehmen; ich

    richte mich auf . . . Donnerwetter, ich fühle einen

    Schlag vor der linken Brust: "Kinder, jetzt hat´s mich

    auch." . . .

        Ich rutsche den Abhang hinab, das Blut kommt mir

    aus dem Munde . . .  hinter einem Steinhaufen finde

    ich Deckung vor dem mörderischen Feuer. Ich bitte einen

    Soldaten: "Mach mir mal die Feldflasche ab - so -

     - und den Tornister."Einen langen Schluck. Der gute

    Kerl öffnet mir den Waffenrock. Ich lehne mich gegen

    den Steinhaufen. Ganz warm quillt das Blut hervor;

    wie lange kann´s dauern, dann ist´s vorbei. Aus dem

    Rocktäschchen ziehe ich das Verbandszeug, öffne es hastig

    und drücke es auf die Wunde. Dann warte ich ab,

    minutenlang; auf dem Wege vor mir stehen die braven

    Kerle und feuern; da ist auch A. noch mit den schwarzen

    Quasten. "Kinder, schickt mir doch einen Arzt." Mir

    fängt´s an, vor den Augen zu flimmern. Da kommt das

    Soldatengefühl: du mußt Dich [sic] wehren, darfst  nicht dich

    dumpf in dein Schicksal ergeben. Die Schlacht geht wei-

    ter; hier findet dich keiner . . .

        Mit Schmerzen richte ich mich empor - stülpe mir

    den Helm auf den Kopf - die Feldbinde, die Pistole -

    das Glas schenke ich einem Soldaten, er braucht´s jetzt

    nötiger als ich, und dann meinen Degen - den lasse ich

    nicht, er braucht sich meiner nicht zu schämen - so

    schleppe ich mich an den Weg. Was geht mich das Pfei-

    fen an, ich habe meinen Teil. Noch immer stehen die

    wackeren Kerle und feuern vom Wege gegen die Kohlen-

    halde - einen winke ich heran . . .  "Um Gotteswillen,

    Herr Leutnant!" . . . "Bringe mich zum Verbandplatz, 

    mein Junge." . . . Er gibt mir seinen Arm . . . "Mußt


     3. Spalte 

    der englischen Kriegsberichterstattung gewöhnt ist, darf

    man ruhig annehmen, daß auch die englischen Schiffe

    zum mindesten kampfunfähig geworden sind. Leider

    brachte der Kampf den Verlust einiger unserer Schiffe, 

    aber ohne Kampf kein Sieg. Die Helden der Nordsee

    leben bei uns in treuem Angedenken und als leuchtendes

    Beispiel deutscher Seemannstreue fort.

        Unsere Schiff haben, wie Staatssekretär Tirpitz

    sagte, die Aufgabe, die deutsche Küste zu schützen, und

    diese Aufgabe haben sie bisher glänzend gelöst. Kein

    englisches Schiff hat sich bis jetzt den deutschen Gestaden

    nähern dürfen, und auch ferner werden unsere blauen

    Jungen so scharf auf der Wacht stehen, daß die Englän-

    der sich allemal blutige Köpfe holen, wenn sie kommen.

        WTB. Berlin, 29. August. Im Laufe des gestrigen

    Vormittags sind bei teilweise unsichtigem Wetter mehrere

    moderne englische kleine Kreuzer und zwei englische Zer-

    störerflottillen (ca. 40 Zerstörer) in der deutschen Bucht

    der Nordsee unweit Helgoland aufgetreten. Es kam zu

    hartnäckigen Einzelgefechten zwischen ihnen und unsern

    leichten Streitkräften. Die deutschen kleinen Kreuzer

    drängten lebhaft nach Westen nach und gerieten dabei

    infolge der beschränkten Sichtweite ins Gefecht mit

    mehreren starken englischen Panzerkreuzern. S. M. S.

    "Ariadne" (Kleiner Kreuzer mit 2650 Tonnen Wasser-

    verdrängung) sank, von zwei Schlachtschiffkreuzern der

    Lion-Klasse auf kurze Entfernung mit schwerer Artillerie

    beschossen, nach ehrenvollem Kampfe. Der weitaus größte

    Teil der Besatzung, voraussichtlich 250 Köpfe, konnte

    gerettet werden.

        Auch das Torpedoboot V 187 ging, von einem kleinen

    Kreuzer und den Zerstörern aufs heftigste beschossen, bis

    zuletzt feuernd, in die Tiefe. Flottillenchef und Kom-

    mandant sind gefallen. Ein beträchtlicher Teil der Be-

    satzung wurde gerettet. Die kleinen Kreuzer Cöln und

    Mainz werden vermißt. Sie sind nach einer heutigen

    Reutermeldung aus London gleichfalls im Kampfe mit

    überlegenen Gegnern gesunken. Ein Teil  der Be-

    satzung, 2 Offiziere und 81 Mann (?) scheinen durch eng-

    lische Schiffe gerettet zu sein. Nach der gleichen Quelle

    haben die englischen Schiffe schwere Beschädigungen er-

    litten.


  • September 2, 2017 19:35:09 Beate Jochem

     item 14


     Ueber 30 000 Russen in Ostpreußen gefangen.

    Der Sieg der Oesterreicher. Der Kampf in der Nordsee. Die Opfer vom

                                Kreuzer "Magdeburg".


     1. Spalte 

        Wie im Westen, so ist nunmehr auch im Osten die

    erste große Schlacht geschlagen worden. Der Unterschied

    liegt darin, daß sich die Russen in der Offensivstellung

    befanden, während wir den Ansturm abzuwehren hatten.

    Aus der Richtung von Niemen, wie von der Narew her,

    d. h. aus Süden und aus Osten waren erhebliche russische

    Streitkräfte im Anmarsche, die zwischen Insterburg und

    Graudenz in deutsches Gebiet einzubrechen versuchten.

    Ihr Zweck war offenbar, die deutsche Defensive zu durch-

    brechen, ehe die siegreich vordringenden Oesterreicher

    Verbindung mit uns erlangt haben. Die Absicht ist an

    der Wachsamkeit unserer Heeresleitung und der Tapfer-

    keit unserer Truppen gescheitert. Die russische Armee,

    an Zahl fast der bei Metz geschlagenen französischen Ar-

    mee gleich,  ist über die Grenze zurückgewichen und wird

    von unseren Truppen verfolgt. Durch diesen Sieg ist

    die Durchführung des gemeinschaftlichen Vormarsches

    unserer und der österreichischen Truppen gegen die

    Weichsel erleichtert worden. Es geht auf Warschau los!

        Die  Meldung über den Sieg lautet kurz und knapp:

        WTB. Berlin, 29. August.  Unsere Truppen in

    Preußen unter der Führung des Generalobersten Hinden-

    burg haben die von Narew vorgegangene russische Armee

    in Stärke von 5 Armeekorps und 3 Kavalleriedivisionen

    in dreitägiger Schlacht bei Gilgenburg-Ortelsburg ge-

    schlagen und verfolgen sie jetzt über die Grenze.

                                             Generalquartiermeister von Stein.

        Die am Sonnabend verbreitete Meldung von dem

    großen deutschen Siege über die Russen in Ostpreußen

    wird durch folgende neue erfreuliche Nachricht ergänzt:

        WTB. Berlin, 31. August.   Bei den großen

    Kämpfen, in denen die russische Armee bei Tannen-

    berg, Hohenstein und Ortelsburg geworfen wurden,

    sind nach vorläufiger Schätzung über 30000 Russen

    mit vielen hohen Offizieren in Gefangenschaft

    geraten.

        Eine erfreuliche Ergänzung zu der amtlichen Mel-

    dung über das Ergebnis der Schlacht bilden die folgen-

    den Mitteilungen, die aus amtlichen Quellen Ost-

    preußens stammen:

        Der vom Generalquartiermeister in seiner Ver-

    öffentlichung vom 25. August als bevorstehend angekün-

    digte Entscheidungskampf  hat begonnen. Als Einleitung

    erfolgte die Besetzung der Grenzstadt Neidenburg durch

    starke russische Kräfte. Die Russen plünderten die Stadt

    gründlich und bombardierten sie dann von den benach-

    barten Höhen. Den meisten Bürgern Neidenburgs,

    das etwa 6000 Einwohner hat, war es gelungen, über

    Hohenstein und Allenstein zu fliehen. Das 20. Armee-

    korps griff energisch in den Kampf gegen den russischen 

    Gegner ein. Die "Allensteiner Zeitung" kann mit amt-

    licher Genehmigung darüber melden: Unser tapferes

    20. Armeekorps steht seit 24 Stunden im Feuer mit

    einem an  Kräften weit überlegenen Gegner. Dank der

    Tapferkeit unserer Truppen und Führer ist es den

    Russen trotz der gewaltigen Uebermacht nicht gelun-

    gen, unsere Stellungen zu nehmen. Der Kampf hat sich

    dann zu einer Riesenschlacht auf der Linie Gilgenburg-

    Neidenburg-Ortelsburg entwickelt mit etwa 50 Kilo-

    meter Frontlänge. Hierüber teilt Landrat Hagemann

    in Marienburg der "Marienburger Zeitung" mit, daß

    zwei russische Armeekorps aufgerieben worden seien.


                                             Kriegsbriefe.

                                Wie ich verwundet wurde

                         Von einem Mitkämpfer bei Lüttich.

    . . .  Mitten in dieses Dorfgefecht (Sturm auf Ft.

    Fléron) waren wir hineingerissen. Es blitzte aus allen

    Häusern, unablässig rollt der Donner der Geschütze, un-

    ablässig geht der Eisenregen nieder. Stockdunkel . . . 

    Wie sehnlich wünschen wir den Morgen heran. - Kein

    Gegner zu sehen - und doch sinkt Mann neben Mann.

    Aus den Mauern der Häuser sind nur winzige Steine

    gelöst - ein Flintenlauf ragt durch; in den Fenster-

    laden ein kleines Loch - der Lauf einer Jagdbüchse

    sprüht Flammen heraus - aus den Kellerfenstern, von

    den Böden zuckt und flammt und pfeift es . . . Wie

    im Hexenkessel . . . Und wir dürfen nicht schießen, um

    die Kameraden, die rechts und links vor uns im Gefecht

    liegen, nicht zu gefährden . . . Einer neben dem anderen 

    sinkt - Aechzen und Stöhnen überall. Hinweg über

    einen Haufen zuckender Leiber, vorsichtig - um keinem

    wehe zu tun - und um uns blitzt und kracht´s. Aus einem

    Eckhaus prasselt uns ein Hagel entgegen. -

    Zwanzig, fünfzig Läufe heben sich - , da brülle ich:

    "Keinen Schuß, Kerls! Wer kommt mit? Beil her!"

    Ein kleiner Musketier reicht mir eine Picke . . . Zehn

    braune Kerls drängen hinter mir nach. - Dann ein

    paar Hiebe mit Beil und Kolben - die Tür kracht ein

     - von der Decke her zucken Geschosse nieder . . . "Keiner

    die Bodentreppe hinauf! Hierbleiben! Streichhölzer

    her!" Und schon habe ich ein paar Strohballen vorge-

    rissen, - fünf Minuten später züngeln die Flammen

    aus allen Fenstern. "So, Jungs, nun vorwärts!" -

    Hinein wieder in die Dorfgasse . . . Da treffe ich mei-

    nen Kompagnieführer. "Hierher!" schreit er. "Ueber

    die Mauer, mir nach!"

        Zwei Kerle heben mich hoch, im Nu haben wir eine

    Gartenmauer überstiegen, und stürmen weiter, einer

    belgischen Abteilung in den Rücken zu fallen. Manns-

    hohe Hecken, mit Stacheldraht durchzogen -  vier, fünf

     -  vor uns.  "Her, Kerls," rufe ich, "gebt mir die

    Drahtschere!" Ein paar wuchtige Jungens treten

    den Schlehdorn ein - ich knipse den Draht durch und gehe

    ihnen voran, - meine Hose hängt in Fetzen runter.

    Die Hecken werden genommen - auf einmal kracht es

    auf uns her - nur wenige Sekunden, dann saust eine

    Haubitze in den verruchten  Giebel - Steine spritzen

    umher -  das Gemäuer sinkt donnernd zusammen.

    Feuer von links! - Da sind die Unsern, sie schießen 

    auf uns - sie erkennen uns noch immer nicht. Wir

    brüllen ihnen die Losung zu: "Der Kaiser! Der Kaiser!"

     - Sie hören uns nicht in dem Höllenlärm. "Hornist,"

    rufe ich, "blasen Sie Signal!" Der brave Junge - er

    war von den vierten Jägern, nimmt das Horn und

    schmettert: Das Ganze! - Das Ganze! - Da kommt´s

    von drüben zurück. Wir erkennen uns - es sind die

    27er - ich drücke dem Hauptmann, den ich seit Jahren

    kenne, die Hand. - 

                             Heller Morgen, ¼ 7 Uhr (am 6. August).

        Vor uns liegt ein Kohlenbergwerk. Zwei Kohlen-

    halden sind einige Meter hoch im Winkel zu einander

    aufgeschüttet - da stürmen wir hinauf: Ein Jäger-


     Fortsetzung 2. Spalte Mitte 


     2. Spalte 

    Siegreiches Vordringen der Oesterreicher.

        WTB. Wien, 30. August.  Der Korrespondent des

    Neuen Wiener Tagebl. im Hauptquartier meldet: Die

    große Schlacht ist heute, am vierten Tage, in vollem

    Gange und steht gut für uns. Die linke Flügelgruppe

    rückt gegen Lublin und Zamocs langsam aber sicher vor,

    stößt aber immer wieder auf den neuverschanzten Gegner

    und anstelle von Frontalangriffen sind zeitraubende Um-

    gehungen nötig. Drei Zügen des Infanterieregiments

    Nr. 72 gelang ein rascher Frontalangriff,  bei dem zwei

    russische Hauptleute, sechs Subalternoffiziere und 470

    Mann gefangen genommen wurden.  Die Kräftegruppe

    zwischen Bug und Wieprz griff eine russische Division

    von drei Seiten mit Erfolg an, sodaß sie nur unter dem

    Schutze der Nacht entkamen. Generalstabshauptmann

    Roßmann stürzte mit seinem Flugzeug ab und wurde

    getötet. Das Armeeverordnungsblatt veröffentlichte ge-

    rade heute eine Auszeichnung Roßmanns für hervor-

    ragend tapferes Verhalten vor dem Feinde.

        WTB. Wien, 30. August. (Nicht amtlich.)  Soweit

    sich bis gestern mittag überblicken ließ, ist das große

    Ringen unserer Armee mit den Hauptkräften des russi-

    schen Heeres noch nicht zur Entscheidung herangereift.

    Nur die Erfolge der vom General der Kavallerie Viktor

    Dankl in der Schlacht bei Krasnik siegreich geführten

    Armee sind bereits einigermaßen zu übersehen. In ei-

    ner zweiten Schlacht am 27. August, die durch die helden-

    mütige Erstürmung einer stark befestigten Stellung auf

    den Höhen von  Niedrzwiosduca  gekrönt war, gelang es,

    die bei Krasnik zurückgeworfenen russischen Kräfte und

    herangeführten Verstärkungen, im ganzen etwa zehn

    Divisionen, durch sechs verschiedene Korps neuerlich zu

    schlagen. Eines unserer Korps nahm in dieser zweiten

    Schlacht einen General, einen Oberst, drei sonstige

    Stabspersonen, vierzig Offiziere und zirka 2000 Mann

    gefangen und erbeutete wieder sehr viel Kriegsmaterial.

        WTB. Wien, 31. August. Die Schlachten auf dem

    östlichen Kriegsschauplatz dauern mit ungeminderter

    Heftigkeit fort. Oestlich unserer trotz mehrfacher be-

    festigter Stellungen des Feindes unaufhaltsam gegen

    Lublin vordringenden Armee Dankl haben unsere zwischen

    Bug und Wieprz vorgeführten Kräfte am 26. August

    den Angriff auf die dem Raume bei Cholm stehen-

    den starken russischen Kräfte begonnen. Hierbei ent-

    wickelten sich wie bei Krasnik wieder harte, für unsere

    angriffsfreudigen Truppen siegreich verlaufende Kämpfe

    bei  Zamoid  sowie nördlich und östlich bei Tomaszow.

    In diesen Kämpfen wurden ebenso wie in den Schlach-

    ten bei Krasnik tausende von Gefangenen gemacht. 

    In Ostgalizien behaupten sich unsere Truppen mit helden-

    mütiger Bravour und Zähigkeit gegen sehr starke uns

    überlegene feindliche Kräfte. Auf dem südlichen Kriegs-

    schauplatz haben in letzter Zeit neue Kämpfe statt-

    gefunden. 

                           Der Kampf in der Nordsee.

       Der lange erwartete Zusammenstoß unserer Flotte

    mit der englischen ist erfolgt. Die Nordsee bei Helgo-

    land war der Kampfplatz, wo der Seekrieg heftig tobte.

    Der Kampf erfolgte bei unsichtigem Wetter und er zog

    sich nach Westen, also nach der englischen Küste zu hin.

    Mehrere kleine Kreuzer unserer Flotte stießen todes-

    mutig vor und gerieten dabei in einen Kampf mit einer

    überlegenen starken englischen Flotte. Unsere Schiffe

    mußten der Uebermacht weichen, haben den Engländern

    aber, wie ein englischer Bericht eingesteht, schwere Be-

    schädigungen beigebracht. Nach dem, was man sonst von


     Fortsetzung  3. Spalte oben 

     

      Fortsetzung von  1. Spalte  Kriegsbriefe 

    leutnant, ein Kompagniekamerad von mir, Sch., dann

    ein riesiger Adjutant von den 27ern, A., ein tapferer

    Junge, der nicht mit der Wimper zuckte -  am  Wege

    unten bleibt H. zurück, der furchtlose Regimentsadjunkt

    vom Regiment Louis Ferdinand, und mit ungefähr 10

    Mann nimmt der Hauptmann v. B. die Häuser in un-

    serm Rücken unter Feuer, er selbst hat den Degen ab-

    gelegt und führt das Gewehr . . .

        Oben von meiner Kohlenhalde sehe ich ein Gehöft

    und zum ersten Male belgische Infanterie - sonst wa-

    ren die Kerle gelaufen, als sei der Deibel hinter ihnen.

     - Jetzt heben sie die Büchse an die Backe. Ich lasse

    das Feuer aufnehmen und beobachte durch das Glas die

    Wirkung . . . "Ruhig zielen, Kerls, ihr schießt zu weit"

    . . . Zwei schwarze Mäntel sehe ich sich im Sande wälzen.

         "Hols der Deibel!" Sie schießen von rechts her - 

    von der anderen Halde . . .  Da steht noch auf unserem

    Flügel der lange A. Seine Schärpe flattert, die Quasten

    sind schwarz von Kohlenstaub, er schießt auf die Bande

    rechts - jetzt knallt´s auch von hintenher aus den

    Häusern . . .

        Ich setze das Glas ab und sehe mich um. Da links

    am Flügel liegt mein Kamerad Sch., hat einem Ver-

    wundeten das Gewehr abgenommen und schießt nach dem

    Gehöft . . .  Rechts von mir - ja, was ist denn das?

    Einer nach dem andern "klappt ab" . . . Der läßt den

    Kopf vornüber, der rollt den Abhang hinunter, der

    schreit . . . Sie schießen wie besessen auf uns. Nun

    liegt nur noch einer rechts von mir, eben fängt auch der

    an, sich hin und her zu wälzen, Blut quillt aus dem

    Rock hervor, ich werde ihm sein Gewehr abnehmen; ich

    richte mich auf . . . Donnerwetter, ich fühle einen

    Schlag vor der linken Brust: "Kinder, jetzt hat´s mich

    auch." . . .

        Ich rutsche den Abhang hinab, das Blut kommt mir

    aus dem Munde . . .  hinter einem Steinhaufen finde

    ich Deckung vor dem mörderischen Feuer. Ich bitte einen

    Soldaten: "Mach mir mal die Feldflasche ab - so -

     - und den Tornister."Einen langen Schluck. Der gute

    Kerl öffnet mir den Waffenrock. Ich lehne mich gegen

    den Steinhaufen. Ganz warm quillt das Blut hervor;

    wie lange kann´s dauern, dann ist´s vorbei. Aus dem

    Rocktäschchen ziehe ich das Verbandszeug, öffne es hastig

    und drücke es auf die Wunde. Dann warte ich ab,

    minutenlang; auf dem Wege vor mir stehen die braven

    Kerle und feuern; da ist auch A. noch mit den schwarzen

    Quasten. "Kinder, schickt mir doch einen Arzt." Mir

    fängt´s an, vor den Augen zu flimmern. Da kommt das

    Soldatengefühl: du mußt Dich [sic] wehren, darfst  nicht dich

    dumpf in dein Schicksal ergeben. Die Schlacht geht wei-

    ter; hier findet dich keiner . . .

        Mit Schmerzen richte ich mich empor - stülpe mir

    den Helm auf den Kopf - die Feldbinde, die Pistole -

    das Glas schenke ich einem Soldaten, er braucht´s jetzt

    nötiger als ich, und dann meinen Degen - den lasse ich

    nicht, er braucht sich meiner nicht zu schämen - so

    schleppe ich mich an den Weg. Was geht mich das Pfei-

    fen an, ich habe meinen Teil. Noch immer stehen die

    wackeren Kerle und feuern vom Wege gegen die Kohlen-

    halde - einen winke ich heran . . .  "Um Gotteswillen,

    Herr Leutnant!" . . . "Bringe mich zum Verbandplatz, 

    mein Junge." . . . Er gibt mir seinen Arm . . . "Mußt


     3. Spalte 

    der englischen Kriegsberichterstattung gewöhnt ist, darf

    man ruhig annehmen, daß auch die englischen Schiffe

    zum mindesten kampfunfähig geworden sind. Leider

    brachte der Kampf den Verlust einiger unserer Schiffe, 

    aber ohne Kampf kein Sieg. Die Helden der Nordsee

    leben bei uns in treuem Angedenken und als leuchtendes

    Beispiel deutscher Seemannstreue fort.

        Unsere Schiff haben, wie Staatssekretär Tirpitz

    sagte, die Aufgabe, die deutsche Küste zu schützen, und

    diese Aufgabe haben sie bisher glänzend gelöst. Kein

    englisches Schiff hat sich bis jetzt den deutschen Gestaden

    nähern dürfen, und auch ferner werden unsere blauen

    Jungen so scharf auf der Wacht stehen, daß die Englän-

    der sich allemal blutige Köpfe holen, wenn sie kommen.

        WTB. Berlin, 29. August. Im Laufe des gestrigen

    Vormittags sind bei teilweise unsichtigem Wetter mehrere

    moderne englische kleine Kreuzer und zwei englische Zer-

    störerflottillen (ca. 40 Zerstörer) in der deutschen Bucht

    der Nordsee unweit Helgoland aufgetreten. Es kam zu

    hartnäckigen Einzelgefechten zwischen ihnen und unsern

    leichten Streitkräften. Die deutschen kleinen Kreuzer

    drängten lebhaft nach Westen nach und gerieten dabei

    infolge der beschränkten Sichtweite ins Gefecht mit

    mehreren starken englischen Panzerkreuzern. S. M. S.

    "Ariadne" (Kleiner Kreuzer mit 2650 Tonnen Wasser-

    verdrängung) sank, von zwei Schlachtschiffkreuzern der

    Lion-Klasse auf kurze Entfernung mit schwerer Artillerie

    beschossen, nach ehrenvollem Kampfe. Der weitaus größte

    Teil der Besatzung, voraussichtlich 250 Köpfe, konnte

    gerettet werden.


  • September 2, 2017 19:25:15 Beate Jochem

     item 14


     Ueber 30 000 Russen in Ostpreußen gefangen.

    Der Sieg der Oesterreicher. Der Kampf in der Nordsee. Die Opfer vom

                                Kreuzer "Magdeburg".


     1. Spalte 

        Wie im Westen, so ist nunmehr auch im Osten die

    erste große Schlacht geschlagen worden. Der Unterschied

    liegt darin, daß sich die Russen in der Offensivstellung

    befanden, während wir den Ansturm abzuwehren hatten.

    Aus der Richtung von Niemen, wie von der Narew her,

    d. h. aus Süden und aus Osten waren erhebliche russische

    Streitkräfte im Anmarsche, die zwischen Insterburg und

    Graudenz in deutsches Gebiet einzubrechen versuchten.

    Ihr Zweck war offenbar, die deutsche Defensive zu durch-

    brechen, ehe die siegreich vordringenden Oesterreicher

    Verbindung mit uns erlangt haben. Die Absicht ist an

    der Wachsamkeit unserer Heeresleitung und der Tapfer-

    keit unserer Truppen gescheitert. Die russische Armee,

    an Zahl fast der bei Metz geschlagenen französischen Ar-

    mee gleich,  ist über die Grenze zurückgewichen und wird

    von unseren Truppen verfolgt. Durch diesen Sieg ist

    die Durchführung des gemeinschaftlichen Vormarsches

    unserer und der österreichischen Truppen gegen die

    Weichsel erleichtert worden. Es geht auf Warschau los!

        Die  Meldung über den Sieg lautet kurz und knapp:

        WTB. Berlin, 29. August.  Unsere Truppen in

    Preußen unter der Führung des Generalobersten Hinden-

    burg haben die von Narew vorgegangene russische Armee

    in Stärke von 5 Armeekorps und 3 Kavalleriedivisionen

    in dreitägiger Schlacht bei Gilgenburg-Ortelsburg ge-

    schlagen und verfolgen sie jetzt über die Grenze.

                                             Generalquartiermeister von Stein.

        Die am Sonnabend verbreitete Meldung von dem

    großen deutschen Siege über die Russen in Ostpreußen

    wird durch folgende neue erfreuliche Nachricht ergänzt:

        WTB. Berlin, 31. August.   Bei den großen

    Kämpfen, in denen die russische Armee bei Tannen-

    berg, Hohenstein und Ortelsburg geworfen wurden,

    sind nach vorläufiger Schätzung über 30000 Russen

    mit vielen hohen Offizieren in Gefangenschaft

    geraten.

        Eine erfreuliche Ergänzung zu der amtlichen Mel-

    dung über das Ergebnis der Schlacht bilden die folgen-

    den Mitteilungen, die aus amtlichen Quellen Ost-

    preußens stammen:

        Der vom Generalquartiermeister in seiner Ver-

    öffentlichung vom 25. August als bevorstehend angekün-

    digte Entscheidungskampf  hat begonnen. Als Einleitung

    erfolgte die Besetzung der Grenzstadt Neidenburg durch

    starke russische Kräfte. Die Russen plünderten die Stadt

    gründlich und bombardierten sie dann von den benach-

    barten Höhen. Den meisten Bürgern Neidenburgs,

    das etwa 6000 Einwohner hat, war es gelungen, über

    Hohenstein und Allenstein zu fliehen. Das 20. Armee-

    korps griff energisch in den Kampf gegen den russischen 

    Gegner ein. Die "Allensteiner Zeitung" kann mit amt-

    licher Genehmigung darüber melden: Unser tapferes

    20. Armeekorps steht seit 24 Stunden im Feuer mit

    einem an  Kräften weit überlegenen Gegner. Dank der

    Tapferkeit unserer Truppen und Führer ist es den

    Russen trotz der gewaltigen Uebermacht nicht gelun-

    gen, unsere Stellungen zu nehmen. Der Kampf hat sich

    dann zu einer Riesenschlacht auf der Linie Gilgenburg-

    Neidenburg-Ortelsburg entwickelt mit etwa 50 Kilo-

    meter Frontlänge. Hierüber teilt Landrat Hagemann

    in Marienburg der "Marienburger Zeitung" mit, daß

    zwei russische Armeekorps aufgerieben worden seien.


                                             Kriegsbriefe.

                                Wie ich verwundet wurde

                         Von einem Mitkämpfer bei Lüttich.

    . . .  Mitten in dieses Dorfgefecht (Sturm auf Ft.

    Fléron) waren wir hineingerissen. Es blitzte aus allen

    Häusern, unablässig rollt der Donner der Geschütze, un-

    ablässig geht der Eisenregen nieder. Stockdunkel . . . 

    Wie sehnlich wünschen wir den Morgen heran. - Kein

    Gegner zu sehen - und doch sinkt Mann neben Mann.

    Aus den Mauern der Häuser sind nur winzige Steine

    gelöst - ein Flintenlauf ragt durch; in den Fenster-

    laden ein kleines Loch - der Lauf einer Jagdbüchse

    sprüht Flammen heraus - aus den Kellerfenstern, von

    den Böden zuckt und flammt und pfeift es . . . Wie

    im Hexenkessel . . . Und wir dürfen nicht schießen, um

    die Kameraden, die rechts und links vor uns im Gefecht

    liegen, nicht zu gefährden . . . Einer neben dem anderen 

    sinkt - Aechzen und Stöhnen überall. Hinweg über

    einen Haufen zuckender Leiber, vorsichtig - um keinem

    wehe zu tun - und um uns blitzt und kracht´s. Aus einem

    Eckhaus prasselt uns ein Hagel entgegen. -

    Zwanzig, fünfzig Läufe heben sich - , da brülle ich:

    "Keinen Schuß, Kerls! Wer kommt mit? Beil her!"

    Ein kleiner Musketier reicht mir eine Picke . . . Zehn

    braune Kerls drängen hinter mir nach. - Dann ein

    paar Hiebe mit Beil und Kolben - die Tür kracht ein

     - von der Decke her zucken Geschosse nieder . . . "Keiner

    die Bodentreppe hinauf! Hierbleiben! Streichhölzer

    her!" Und schon habe ich ein paar Strohballen vorge-

    rissen, - fünf Minuten später züngeln die Flammen

    aus allen Fenstern. "So, Jungs, nun vorwärts!" -

    Hinein wieder in die Dorfgasse . . . Da treffe ich mei-

    nen Kompagnieführer. "Hierher!" schreit er. "Ueber

    die Mauer, mir nach!"

        Zwei Kerle heben mich hoch, im Nu haben wir eine

    Gartenmauer überstiegen, und stürmen weiter, einer

    belgischen Abteilung in den Rücken zu fallen. Manns-

    hohe Hecken, mit Stacheldraht durchzogen -  vier, fünf

     -  vor uns.  "Her, Kerls," rufe ich, "gebt mir die

    Drahtschere!" Ein paar wuchtige Jungens treten

    den Schlehdorn ein - ich knipse den Draht durch und gehe

    ihnen voran, - meine Hose hängt in Fetzen runter.

    Die Hecken werden genommen - auf einmal kracht es

    auf uns her - nur wenige Sekunden, dann saust eine

    Haubitze in den verruchten  Giebel - Steine spritzen

    umher -  das Gemäuer sinkt donnernd zusammen.

    Feuer von links! - Da sind die Unsern, sie schießen 

    auf uns - sie erkennen uns noch immer nicht. Wir

    brüllen ihnen die Losung zu: "Der Kaiser! Der Kaiser!"

     - Sie hören uns nicht in dem Höllenlärm. "Hornist,"

    rufe ich, "blasen Sie Signal!" Der brave Junge - er

    war von den vierten Jägern, nimmt das Horn und

    schmettert: Das Ganze! - Das Ganze! - Da kommt´s

    von drüben zurück. Wir erkennen uns - es sind die

    27er - ich drücke dem Hauptmann, den ich seit Jahren

    kenne, die Hand. - 

                             Heller Morgen, ¼ 7 Uhr (am 6. August).

        Vor uns liegt ein Kohlenbergwerk. Zwei Kohlen-

    halden sind einige Meter hoch im Winkel zu einander

    aufgeschüttet - da stürmen wir hinauf: Ein Jäger-


     Fortsetzung 2. Spalte Mitte 


     2. Spalte 

    Siegreiches Vordringen der Oesterreicher.

        WTB. Wien, 30. August.  Der Korrespondent des

    Neuen Wiener Tagebl. im Hauptquartier meldet: Die

    große Schlacht ist heute, am vierten Tage, in vollem

    Gange und steht gut für uns. Die linke Flügelgruppe

    rückt gegen Lublin und Zamocs langsam aber sicher vor,

    stößt aber immer wieder auf den neuverschanzten Gegner

    und anstelle von Frontalangriffen sind zeitraubende Um-

    gehungen nötig. Drei Zügen des Infanterieregiments

    Nr. 72 gelang ein rascher Frontalangriff,  bei dem zwei

    russische Hauptleute, sechs Subalternoffiziere und 470

    Mann gefangen genommen wurden.  Die Kräftegruppe

    zwischen Bug und Wieprz griff eine russische Division

    von drei Seiten mit Erfolg an, sodaß sie nur unter dem

    Schutze der Nacht entkamen. Generalstabshauptmann

    Roßmann stürzte mit seinem Flugzeug ab und wurde

    getötet. Das Armeeverordnungsblatt veröffentlichte ge-

    rade heute eine Auszeichnung Roßmanns für hervor-

    ragend tapferes Verhalten vor dem Feinde.

        WTB. Wien, 30. August. (Nicht amtlich.)  Soweit

    sich bis gestern mittag überblicken ließ, ist das große

    Ringen unserer Armee mit den Hauptkräften des russi-

    schen Heeres noch nicht zur Entscheidung herangereift.

    Nur die Erfolge der vom General der Kavallerie Viktor

    Dankl in der Schlacht bei Krasnik siegreich geführten

    Armee sind bereits einigermaßen zu übersehen. In ei-

    ner zweiten Schlacht am 27. August, die durch die helden-

    mütige Erstürmung einer stark befestigten Stellung auf

    den Höhen von  Niedrzwiosduca  gekrönt war, gelang es,

    die bei Krasnik zurückgeworfenen russischen Kräfte und

    herangeführten Verstärkungen, im ganzen etwa zehn

    Divisionen, durch sechs verschiedene Korps neuerlich zu

    schlagen. Eines unserer Korps nahm in dieser zweiten

    Schlacht einen General, einen Oberst, drei sonstige

    Stabspersonen, vierzig Offiziere und zirka 2000 Mann

    gefangen und erbeutete wieder sehr viel Kriegsmaterial.

        WTB. Wien, 31. August. Die Schlachten auf dem

    östlichen Kriegsschauplatz dauern mit ungeminderter

    Heftigkeit fort. Oestlich unserer trotz mehrfacher be-

    festigter Stellungen des Feindes unaufhaltsam gegen

    Lublin vordringenden Armee Dankl haben unsere zwischen

    Bug und Wieprz vorgeführten Kräfte am 26. August

    den Angriff auf die dem Raume bei Cholm stehen-

    den starken russischen Kräfte begonnen. Hierbei ent-

    wickelten sich wie bei Krasnik wieder harte, für unsere

    angriffsfreudigen Truppen siegreich verlaufende Kämpfe

    bei  Zamoid  sowie nördlich und östlich bei Tomaszow.

    In diesen Kämpfen wurden ebenso wie in den Schlach-

    ten bei Krasnik tausende von Gefangenen gemacht. 

    In Ostgalizien behaupten sich unsere Truppen mit helden-

    mütiger Bravour und Zähigkeit gegen sehr starke uns

    überlegene feindliche Kräfte. Auf dem südlichen Kriegs-

    schauplatz haben in letzter Zeit neue Kämpfe statt-

    gefunden. 

                           Der Kampf in der Nordsee.

       Der lange erwartete Zusammenstoß unserer Flotte

    mit der englischen ist erfolgt. Die Nordsee bei Helgo-

    land war der Kampfplatz, wo der Seekrieg heftig tobte.

    Der Kampf erfolgte bei unsichtigem Wetter und er zog

    sich nach Westen, also nach der englischen Küste zu hin.

    Mehrere kleine Kreuzer unserer Flotte stießen todes-

    mutig vor und gerieten dabei in einen Kampf mit einer

    überlegenen starken englischen Flotte. Unsere Schiffe

    mußten der Uebermacht weichen, haben den Engländern

    aber, wie ein englischer Bericht eingesteht, schwere Be-

    schädigungen beigebracht. Nach dem, was man sonst von


     Fortsetzung  3. Spalte oben 

     

      Fortsetzung von  1. Spalte  Kriegsbriefe 

    leutnant, ein Kompagniekamerad von mir, Sch., dann

    ein riesiger Adjutant von den 27ern, A., ein tapferer

    Junge, der nicht mit der Wimper zuckte -  am  Wege

    unten bleibt H. zurück, der furchtlose Regimentsadjunkt

    vom Regiment Louis Ferdinand, und mit ungefähr 10

    Mann nimmt der Hauptmann v. B. die Häuser in un-

    serm Rücken unter Feuer, er selbst hat den Degen ab-

    gelegt und führt das Gewehr . . .

        Oben von meiner Kohlenhalde sehe ich ein Gehöft

    und zum ersten Male belgische Infanterie - sonst wa-

    ren die Kerle gelaufen, als sei der Deibel hinter ihnen.

     - Jetzt heben sie die Büchse an die Backe. Ich lasse

    das Feuer aufnehmen und beobachte durch das Glas die

    Wirkung . . . "Ruhig zielen, Kerls, ihr schießt zu weit"

    . . . Zwei schwarze Mäntel sehe ich sich im Sande wälzen.

         "Hols der Deibel!" Sie schießen von rechts her - 

    von der anderen Halde . . .  Da steht noch auf unserem

    Flügel der lange A. Seine Schärpe flattert, die Quasten

    sind schwarz von Kohlenstaub, er schießt auf die Bande

    rechts - jetzt knallt´s auch von hintenher aus den

    Häusern . . .

        Ich setze das Glas ab und sehe mich um. Da links

    am Flügel liegt mein Kamerad Sch., hat einem Ver-

    wundeten das Gewehr abgenommen und schießt nach dem

    Gehöft . . .  Rechts von mir - ja, was ist denn das?

    Einer nach dem andern "klappt ab" . . . Der läßt den

    Kopf vornüber, der rollt den Abhang hinunter, der

    schreit . . . Sie schießen wie besessen auf uns. Nun

    liegt nur noch einer rechts von mir, eben fängt auch der

    an, sich hin und her zu wälzen, Blut quillt aus dem

    Rock hervor, ich werde ihm sein Gewehr abnehmen; ich

    richte mich auf . . . Donnerwetter, ich fühle einen

    Schlag vor der linken Brust: "Kinder, jetzt hat´s mich

    auch." . . .

        Ich rutsche den Abhang hinab, das Blut kommt mir

    aus dem Munde . . .  hinter einem Steinhaufen finde

    ich Deckung vor dem mörderischen Feuer. Ich bitte einen

    Soldaten: "Mach mir mal die Feldflasche ab - so -

     - und den Tornister."Einen langen Schluck. Der gute

    Kerl öffnet mir den Waffenrock. Ich lehne mich gegen

    den Steinhaufen. Ganz warm quillt das Blut hervor;

    wie lange kann´s dauern, dann ist´s vorbei. Aus dem

    Rocktäschchen ziehe ich das Verbandszeug, öffne es hastig

    und drücke es auf die Wunde. Dann warte ich ab,

    minutenlang; auf dem Wege vor mir stehen die braven

    Kerle und feuern; da ist auch A. noch mit den schwarzen

    Quasten. "Kinder, schickt mir doch einen Arzt." Mir

    fängt´s an, vor den Augen zu flimmern. Da kommt das

    Soldatengefühl: du mußt Dich [sic] wehren, darfst  nicht dich

    dumpf in dein Schicksal ergeben. Die Schlacht geht wei-

    ter; hier findet dich keiner . . .

        Mit Schmerzen richte ich mich empor - stülpe mir

    den Helm auf den Kopf - die Feldbinde, die Pistole -

    das Glas schenke ich einem Soldaten, er braucht´s jetzt

    nötiger als ich, und dann meinen Degen - den lasse ich

    nicht, er braucht sich meiner nicht zu schämen - so

    schleppe ich mich an den Weg. Was geht mich das Pfei-

    fen an, ich habe meinen Teil. Noch immer stehen die

    wackeren Kerle und feuern vom Wege gegen die Kohlen-

    halde - einen winke ich heran . . .  "Um Gotteswillen,

    Herr Leutnant!" . . . "Bringe mich zum Verbandplatz, 

    mein Junge." . . . Er gibt mir seinen Arm . . . "Mußt


     3. Spalte 

    der englischen Kriegsberichterstattung gewöhnt ist, darf

    man ruhig annehmen, daß auch die englischen Schiffe

    zum mindesten kampfunfähig geworden sind. Leider

    brachte der Kampf den Verlust einiger unserer Schiffe, 

    aber ohne Kampf kein Sieg. Die Helden der Nordsee

    leben bei uns in treuem Angedenken und als leuchtendes

    Beispiel deutscher Seemannstreue fort.

        Unsere Schiff haben, wie Staatssekretär Tirpitz

    sagte, die Aufgabe, die deutsche Küste zu schützen, und

    diese Aufgabe haben sie bisher glänzend gelöst. Kein

    englisches Schiff hat sich bis jetzt den deutschen Gestaden

    nähern dürfen, und auch ferner werden unsere blauen

    Jungen so scharf auf der Wacht stehen, daß die Englän-

    der sich allemal blutige Köpfe holen, wenn sie kommen.



  • September 2, 2017 19:20:43 Beate Jochem

     item 14


     Ueber 30 000 Russen in Ostpreußen gefangen.

    Der Sieg der Oesterreicher. Der Kampf in der Nordsee. Die Opfer vom

                                Kreuzer "Magdeburg".


     1. Spalte 

        Wie im Westen, so ist nunmehr auch im Osten die

    erste große Schlacht geschlagen worden. Der Unterschied

    liegt darin, daß sich die Russen in der Offensivstellung

    befanden, während wir den Ansturm abzuwehren hatten.

    Aus der Richtung von Niemen, wie von der Narew her,

    d. h. aus Süden und aus Osten waren erhebliche russische

    Streitkräfte im Anmarsche, die zwischen Insterburg und

    Graudenz in deutsches Gebiet einzubrechen versuchten.

    Ihr Zweck war offenbar, die deutsche Defensive zu durch-

    brechen, ehe die siegreich vordringenden Oesterreicher

    Verbindung mit uns erlangt haben. Die Absicht ist an

    der Wachsamkeit unserer Heeresleitung und der Tapfer-

    keit unserer Truppen gescheitert. Die russische Armee,

    an Zahl fast der bei Metz geschlagenen französischen Ar-

    mee gleich,  ist über die Grenze zurückgewichen und wird

    von unseren Truppen verfolgt. Durch diesen Sieg ist

    die Durchführung des gemeinschaftlichen Vormarsches

    unserer und der österreichischen Truppen gegen die

    Weichsel erleichtert worden. Es geht auf Warschau los!

        Die  Meldung über den Sieg lautet kurz und knapp:

        WTB. Berlin, 29. August.  Unsere Truppen in

    Preußen unter der Führung des Generalobersten Hinden-

    burg haben die von Narew vorgegangene russische Armee

    in Stärke von 5 Armeekorps und 3 Kavalleriedivisionen

    in dreitägiger Schlacht bei Gilgenburg-Ortelsburg ge-

    schlagen und verfolgen sie jetzt über die Grenze.

                                             Generalquartiermeister von Stein.

        Die am Sonnabend verbreitete Meldung von dem

    großen deutschen Siege über die Russen in Ostpreußen

    wird durch folgende neue erfreuliche Nachricht ergänzt:

        WTB. Berlin, 31. August.   Bei den großen

    Kämpfen, in denen die russische Armee bei Tannen-

    berg, Hohenstein und Ortelsburg geworfen wurden,

    sind nach vorläufiger Schätzung über 30000 Russen

    mit vielen hohen Offizieren in Gefangenschaft

    geraten.

        Eine erfreuliche Ergänzung zu der amtlichen Mel-

    dung über das Ergebnis der Schlacht bilden die folgen-

    den Mitteilungen, die aus amtlichen Quellen Ost-

    preußens stammen:

        Der vom Generalquartiermeister in seiner Ver-

    öffentlichung vom 25. August als bevorstehend angekün-

    digte Entscheidungskampf  hat begonnen. Als Einleitung

    erfolgte die Besetzung der Grenzstadt Neidenburg durch

    starke russische Kräfte. Die Russen plünderten die Stadt

    gründlich und bombardierten sie dann von den benach-

    barten Höhen. Den meisten Bürgern Neidenburgs,

    das etwa 6000 Einwohner hat, war es gelungen, über

    Hohenstein und Allenstein zu fliehen. Das 20. Armee-

    korps griff energisch in den Kampf gegen den russischen 

    Gegner ein. Die "Allensteiner Zeitung" kann mit amt-

    licher Genehmigung darüber melden: Unser tapferes

    20. Armeekorps steht seit 24 Stunden im Feuer mit

    einem an  Kräften weit überlegenen Gegner. Dank der

    Tapferkeit unserer Truppen und Führer ist es den

    Russen trotz der gewaltigen Uebermacht nicht gelun-

    gen, unsere Stellungen zu nehmen. Der Kampf hat sich

    dann zu einer Riesenschlacht auf der Linie Gilgenburg-

    Neidenburg-Ortelsburg entwickelt mit etwa 50 Kilo-

    meter Frontlänge. Hierüber teilt Landrat Hagemann

    in Marienburg der "Marienburger Zeitung" mit, daß

    zwei russische Armeekorps aufgerieben worden seien.


                                             Kriegsbriefe.

                                Wie ich verwundet wurde

                         Von einem Mitkämpfer bei Lüttich.

    . . .  Mitten in dieses Dorfgefecht (Sturm auf Ft.

    Fléron) waren wir hineingerissen. Es blitzte aus allen

    Häusern, unablässig rollt der Donner der Geschütze, un-

    ablässig geht der Eisenregen nieder. Stockdunkel . . . 

    Wie sehnlich wünschen wir den Morgen heran. - Kein

    Gegner zu sehen - und doch sinkt Mann neben Mann.

    Aus den Mauern der Häuser sind nur winzige Steine

    gelöst - ein Flintenlauf ragt durch; in den Fenster-

    laden ein kleines Loch - der Lauf einer Jagdbüchse

    sprüht Flammen heraus - aus den Kellerfenstern, von

    den Böden zuckt und flammt und pfeift es . . . Wie

    im Hexenkessel . . . Und wir dürfen nicht schießen, um

    die Kameraden, die rechts und links vor uns im Gefecht

    liegen, nicht zu gefährden . . . Einer neben dem anderen 

    sinkt - Aechzen und Stöhnen überall. Hinweg über

    einen Haufen zuckender Leiber, vorsichtig - um keinem

    wehe zu tun - und um uns blitzt und kracht´s. Aus einem

    Eckhaus prasselt uns ein Hagel entgegen. -

    Zwanzig, fünfzig Läufe heben sich - , da brülle ich:

    "Keinen Schuß, Kerls! Wer kommt mit? Beil her!"

    Ein kleiner Musketier reicht mir eine Picke . . . Zehn

    braune Kerls drängen hinter mir nach. - Dann ein

    paar Hiebe mit Beil und Kolben - die Tür kracht ein

     - von der Decke her zucken Geschosse nieder . . . "Keiner

    die Bodentreppe hinauf! Hierbleiben! Streichhölzer

    her!" Und schon habe ich ein paar Strohballen vorge-

    rissen, - fünf Minuten später züngeln die Flammen

    aus allen Fenstern. "So, Jungs, nun vorwärts!" -

    Hinein wieder in die Dorfgasse . . . Da treffe ich mei-

    nen Kompagnieführer. "Hierher!" schreit er. "Ueber

    die Mauer, mir nach!"

        Zwei Kerle heben mich hoch, im Nu haben wir eine

    Gartenmauer überstiegen, und stürmen weiter, einer

    belgischen Abteilung in den Rücken zu fallen. Manns-

    hohe Hecken, mit Stacheldraht durchzogen -  vier, fünf

     -  vor uns.  "Her, Kerls," rufe ich, "gebt mir die

    Drahtschere!" Ein paar wuchtige Jungens treten

    den Schlehdorn ein - ich knipse den Draht durch und gehe

    ihnen voran, - meine Hose hängt in Fetzen runter.

    Die Hecken werden genommen - auf einmal kracht es

    auf uns her - nur wenige Sekunden, dann saust eine

    Haubitze in den verruchten  Giebel - Steine spritzen

    umher -  das Gemäuer sinkt donnernd zusammen.

    Feuer von links! - Da sind die Unsern, sie schießen 

    auf uns - sie erkennen uns noch immer nicht. Wir

    brüllen ihnen die Losung zu: "Der Kaiser! Der Kaiser!"

     - Sie hören uns nicht in dem Höllenlärm. "Hornist,"

    rufe ich, "blasen Sie Signal!" Der brave Junge - er

    war von den vierten Jägern, nimmt das Horn und

    schmettert: Das Ganze! - Das Ganze! - Da kommt´s

    von drüben zurück. Wir erkennen uns - es sind die

    27er - ich drücke dem Hauptmann, den ich seit Jahren

    kenne, die Hand. - 

                             Heller Morgen, ¼ 7 Uhr (am 6. August).

        Vor uns liegt ein Kohlenbergwerk. Zwei Kohlen-

    halden sind einige Meter hoch im Winkel zu einander

    aufgeschüttet - da stürmen wir hinauf: Ein Jäger-


     Fortsetzung 2. Spalte Mitte 


     2. Spalte 

    Siegreiches Vordringen der Oesterreicher.

        WTB. Wien, 30. August.  Der Korrespondent des

    Neuen Wiener Tagebl. im Hauptquartier meldet: Die

    große Schlacht ist heute, am vierten Tage, in vollem

    Gange und steht gut für uns. Die linke Flügelgruppe

    rückt gegen Lublin und Zamocs langsam aber sicher vor,

    stößt aber immer wieder auf den neuverschanzten Gegner

    und anstelle von Frontalangriffen sind zeitraubende Um-

    gehungen nötig. Drei Zügen des Infanterieregiments

    Nr. 72 gelang ein rascher Frontalangriff,  bei dem zwei

    russische Hauptleute, sechs Subalternoffiziere und 470

    Mann gefangen genommen wurden.  Die Kräftegruppe

    zwischen Bug und Wieprz griff eine russische Division

    von drei Seiten mit Erfolg an, sodaß sie nur unter dem

    Schutze der Nacht entkamen. Generalstabshauptmann

    Roßmann stürzte mit seinem Flugzeug ab und wurde

    getötet. Das Armeeverordnungsblatt veröffentlichte ge-

    rade heute eine Auszeichnung Roßmanns für hervor-

    ragend tapferes Verhalten vor dem Feinde.

        WTB. Wien, 30. August. (Nicht amtlich.)  Soweit

    sich bis gestern mittag überblicken ließ, ist das große

    Ringen unserer Armee mit den Hauptkräften des russi-

    schen Heeres noch nicht zur Entscheidung herangereift.

    Nur die Erfolge der vom General der Kavallerie Viktor

    Dankl in der Schlacht bei Krasnik siegreich geführten

    Armee sind bereits einigermaßen zu übersehen. In ei-

    ner zweiten Schlacht am 27. August, die durch die helden-

    mütige Erstürmung einer stark befestigten Stellung auf

    den Höhen von  Niedrzwiosduca  gekrönt war, gelang es,

    die bei Krasnik zurückgeworfenen russischen Kräfte und

    herangeführten Verstärkungen, im ganzen etwa zehn

    Divisionen, durch sechs verschiedene Korps neuerlich zu

    schlagen. Eines unserer Korps nahm in dieser zweiten

    Schlacht einen General, einen Oberst, drei sonstige

    Stabspersonen, vierzig Offiziere und zirka 2000 Mann

    gefangen und erbeutete wieder sehr viel Kriegsmaterial.

        WTB. Wien, 31. August. Die Schlachten auf dem

    östlichen Kriegsschauplatz dauern mit ungeminderter

    Heftigkeit fort. Oestlich unserer trotz mehrfacher be-

    festigter Stellungen des Feindes unaufhaltsam gegen

    Lublin vordringenden Armee Dankl haben unsere zwischen

    Bug und Wieprz vorgeführten Kräfte am 26. August

    den Angriff auf die dem Raume bei Cholm stehen-

    den starken russischen Kräfte begonnen. Hierbei ent-

    wickelten sich wie bei Krasnik wieder harte, für unsere

    angriffsfreudigen Truppen siegreich verlaufende Kämpfe

    bei  Zamoid  sowie nördlich und östlich bei Tomaszow.

    In diesen Kämpfen wurden ebenso wie in den Schlach-

    ten bei Krasnik tausende von Gefangenen gemacht. 

    In Ostgalizien behaupten sich unsere Truppen mit helden-

    mütiger Bravour und Zähigkeit gegen sehr starke uns

    überlegene feindliche Kräfte. Auf dem südlichen Kriegs-

    schauplatz haben in letzter Zeit neue Kämpfe statt-

    gefunden. 

                           Der Kampf in der Nordsee.

       Der lange erwartete Zusammenstoß unserer Flotte

    mit der englischen ist erfolgt. Die Nordsee bei Helgo-

    land war der Kampfplatz, wo der Seekrieg heftig tobte.

    Der Kampf erfolgte bei unsichtigem Wetter und er zog

    sich nach Westen, also nach der englischen Küste zu hin.

    Mehrere kleine Kreuzer unserer Flotte stießen todes-

    mutig vor und gerieten dabei in einen Kampf mit einer

    überlegenen starken englischen Flotte. Unsere Schiffe

    mußten der Uebermacht weichen, haben den Engländern

    aber, wie ein englischer Bericht eingesteht, schwere Be-

    schädigungen beigebracht. Nach dem, was man sonst von


     Fortsetzung  3. Spalte oben 

     

      Fortsetzung von  1. Spalte  Kriegsbriefe 

    leutnant, ein Kompagniekamerad von mir, Sch., dann

    ein riesiger Adjutant von den 27ern, A., ein tapferer

    Junge, der nicht mit der Wimper zuckte -  am  Wege

    unten bleibt H. zurück, der furchtlose Regimentsadjunkt

    vom Regiment Louis Ferdinand, und mit ungefähr 10

    Mann nimmt der Hauptmann v. B. die Häuser in un-

    serm Rücken unter Feuer, er selbst hat den Degen ab-

    gelegt und führt das Gewehr . . .

        Oben von meiner Kohlenhalde sehe ich ein Gehöft

    und zum ersten Male belgische Infanterie - sonst wa-

    ren die Kerle gelaufen, als sei der Deibel hinter ihnen.

     - Jetzt heben sie die Büchse an die Backe. Ich lasse

    das Feuer aufnehmen und beobachte durch das Glas die

    Wirkung . . . "Ruhig zielen, Kerls, ihr schießt zu weit"

    . . . Zwei schwarze Mäntel sehe ich sich im Sande wälzen.

         "Hols der Deibel!" Sie schießen von rechts her - 

    von der anderen Halde . . .  Da steht noch auf unserem

    Flügel der lange A. Seine Schärpe flattert, die Quasten

    sind schwarz von Kohlenstaub, er schießt auf die Bande

    rechts - jetzt knallt´s auch von hintenher aus den

    Häusern . . .

        Ich setze das Glas ab und sehe mich um. Da links

    am Flügel liegt mein Kamerad Sch., hat einem Ver-

    wundeten das Gewehr abgenommen und schießt nach dem

    Gehöft . . .  Rechts von mir - ja, was ist denn das?

    Einer nach dem andern "klappt ab" . . . Der läßt den

    Kopf vornüber, der rollt den Abhang hinunter, der

    schreit . . . Sie schießen wie besessen auf uns. Nun

    liegt nur noch einer rechts von mir, eben fängt auch der

    an, sich hin und her zu wälzen, Blut quillt aus dem

    Rock hervor, ich werde ihm sein Gewehr abnehmen; ich

    richte mich auf . . . Donnerwetter, ich fühle einen

    Schlag vor der linken Brust: "Kinder, jetzt hat´s mich

    auch." . . .

        Ich rutsche den Abhang hinab, das Blut kommt mir

    aus dem Munde . . .  hinter einem Steinhaufen finde

    ich Deckung vor dem mörderischen Feuer. Ich bitte einen

    Soldaten: "Mach mir mal die Feldflasche ab - so -

     - und den Tornister."Einen langen Schluck. Der gute

    Kerl öffnet mir den Waffenrock. Ich lehne mich gegen

    den Steinhaufen. Ganz warm quillt das Blut hervor;

    wie lange kann´s dauern, dann ist´s vorbei. Aus dem

    Rocktäschchen ziehe ich das Verbandszeug, öffne es hastig

    und drücke es auf die Wunde. Dann warte ich ab,

    minutenlang; auf dem Wege vor mir stehen die braven

    Kerle und feuern; da ist auch A. noch mit den schwarzen

    Quasten. "Kinder, schickt mir doch einen Arzt." Mir

    fängt´s an, vor den Augen zu flimmern. Da kommt das

    Soldatengefühl: du mußt Dich [sic] wehren, darfst  nicht dich

    dumpf in dein Schicksal ergeben. Die Schlacht geht wei-

    ter; hier findet dich keiner . . .

        Mit Schmerzen richte ich mich empor - stülpe mir

    den Helm auf den Kopf - die Feldbinde, die Pistole -

    das Glas schenke ich einem Soldaten, er braucht´s jetzt

    nötiger als ich, und dann meinen Degen - den lasse ich

    nicht, er braucht sich meiner nicht zu schämen - so

    schleppe ich mich an den Weg. Was geht mich das Pfei-

    fen an, ich habe meinen Teil. Noch immer stehen die

    wackeren Kerle und feuern vom Wege gegen die Kohlen-

    halde - einen winke ich heran . . .  "Um Gotteswillen,

    Herr Leutnant!" . . . "Bringe mich zum Verbandplatz, 

    mein Junge." . . . Er gibt mir seinen Arm . . . "Mußt


     3. Spalte 

    der englischen Kriegsberichterstattung gewöhnt ist, darf

    man ruhig annehmen, daß auch die englischen Schiffe

    zum mindesten kampfunfähig geworden sind. Leider

    brachte der Kampf den Verlust einiger unserer Schiffe, 

    aber ohne Kampf kein Sieg. Die Helden der Nordsee

    leben bei uns in treuem Angedenken und als leuchtendes

    Beispiel deutscher Seemannstreue fort.


  • September 2, 2017 19:17:13 Beate Jochem

     item 14


     Ueber 30 000 Russen in Ostpreußen gefangen.

    Der Sieg der Oesterreicher. Der Kampf in der Nordsee. Die Opfer vom

                                Kreuzer "Magdeburg".


     1. Spalte 

        Wie im Westen, so ist nunmehr auch im Osten die

    erste große Schlacht geschlagen worden. Der Unterschied

    liegt darin, daß sich die Russen in der Offensivstellung

    befanden, während wir den Ansturm abzuwehren hatten.

    Aus der Richtung von Niemen, wie von der Narew her,

    d. h. aus Süden und aus Osten waren erhebliche russische

    Streitkräfte im Anmarsche, die zwischen Insterburg und

    Graudenz in deutsches Gebiet einzubrechen versuchten.

    Ihr Zweck war offenbar, die deutsche Defensive zu durch-

    brechen, ehe die siegreich vordringenden Oesterreicher

    Verbindung mit uns erlangt haben. Die Absicht ist an

    der Wachsamkeit unserer Heeresleitung und der Tapfer-

    keit unserer Truppen gescheitert. Die russische Armee,

    an Zahl fast der bei Metz geschlagenen französischen Ar-

    mee gleich,  ist über die Grenze zurückgewichen und wird

    von unseren Truppen verfolgt. Durch diesen Sieg ist

    die Durchführung des gemeinschaftlichen Vormarsches

    unserer und der österreichischen Truppen gegen die

    Weichsel erleichtert worden. Es geht auf Warschau los!

        Die  Meldung über den Sieg lautet kurz und knapp:

        WTB. Berlin, 29. August.  Unsere Truppen in

    Preußen unter der Führung des Generalobersten Hinden-

    burg haben die von Narew vorgegangene russische Armee

    in Stärke von 5 Armeekorps und 3 Kavalleriedivisionen

    in dreitägiger Schlacht bei Gilgenburg-Ortelsburg ge-

    schlagen und verfolgen sie jetzt über die Grenze.

                                             Generalquartiermeister von Stein.

        Die am Sonnabend verbreitete Meldung von dem

    großen deutschen Siege über die Russen in Ostpreußen

    wird durch folgende neue erfreuliche Nachricht ergänzt:

        WTB. Berlin, 31. August.   Bei den großen

    Kämpfen, in denen die russische Armee bei Tannen-

    berg, Hohenstein und Ortelsburg geworfen wurden,

    sind nach vorläufiger Schätzung über 30000 Russen

    mit vielen hohen Offizieren in Gefangenschaft

    geraten.

        Eine erfreuliche Ergänzung zu der amtlichen Mel-

    dung über das Ergebnis der Schlacht bilden die folgen-

    den Mitteilungen, die aus amtlichen Quellen Ost-

    preußens stammen:

        Der vom Generalquartiermeister in seiner Ver-

    öffentlichung vom 25. August als bevorstehend angekün-

    digte Entscheidungskampf  hat begonnen. Als Einleitung

    erfolgte die Besetzung der Grenzstadt Neidenburg durch

    starke russische Kräfte. Die Russen plünderten die Stadt

    gründlich und bombardierten sie dann von den benach-

    barten Höhen. Den meisten Bürgern Neidenburgs,

    das etwa 6000 Einwohner hat, war es gelungen, über

    Hohenstein und Allenstein zu fliehen. Das 20. Armee-

    korps griff energisch in den Kampf gegen den russischen 

    Gegner ein. Die "Allensteiner Zeitung" kann mit amt-

    licher Genehmigung darüber melden: Unser tapferes

    20. Armeekorps steht seit 24 Stunden im Feuer mit

    einem an  Kräften weit überlegenen Gegner. Dank der

    Tapferkeit unserer Truppen und Führer ist es den

    Russen trotz der gewaltigen Uebermacht nicht gelun-

    gen, unsere Stellungen zu nehmen. Der Kampf hat sich

    dann zu einer Riesenschlacht auf der Linie Gilgenburg-

    Neidenburg-Ortelsburg entwickelt mit etwa 50 Kilo-

    meter Frontlänge. Hierüber teilt Landrat Hagemann

    in Marienburg der "Marienburger Zeitung" mit, daß

    zwei russische Armeekorps aufgerieben worden seien.


                                             Kriegsbriefe.

                                Wie ich verwundet wurde

                         Von einem Mitkämpfer bei Lüttich.

    . . .  Mitten in dieses Dorfgefecht (Sturm auf Ft.

    Fléron) waren wir hineingerissen. Es blitzte aus allen

    Häusern, unablässig rollt der Donner der Geschütze, un-

    ablässig geht der Eisenregen nieder. Stockdunkel . . . 

    Wie sehnlich wünschen wir den Morgen heran. - Kein

    Gegner zu sehen - und doch sinkt Mann neben Mann.

    Aus den Mauern der Häuser sind nur winzige Steine

    gelöst - ein Flintenlauf ragt durch; in den Fenster-

    laden ein kleines Loch - der Lauf einer Jagdbüchse

    sprüht Flammen heraus - aus den Kellerfenstern, von

    den Böden zuckt und flammt und pfeift es . . . Wie

    im Hexenkessel . . . Und wir dürfen nicht schießen, um

    die Kameraden, die rechts und links vor uns im Gefecht

    liegen, nicht zu gefährden . . . Einer neben dem anderen 

    sinkt - Aechzen und Stöhnen überall. Hinweg über

    einen Haufen zuckender Leiber, vorsichtig - um keinem

    wehe zu tun - und um uns blitzt und kracht´s. Aus einem

    Eckhaus prasselt uns ein Hagel entgegen. -

    Zwanzig, fünfzig Läufe heben sich - , da brülle ich:

    "Keinen Schuß, Kerls! Wer kommt mit? Beil her!"

    Ein kleiner Musketier reicht mir eine Picke . . . Zehn

    braune Kerls drängen hinter mir nach. - Dann ein

    paar Hiebe mit Beil und Kolben - die Tür kracht ein

     - von der Decke her zucken Geschosse nieder . . . "Keiner

    die Bodentreppe hinauf! Hierbleiben! Streichhölzer

    her!" Und schon habe ich ein paar Strohballen vorge-

    rissen, - fünf Minuten später züngeln die Flammen

    aus allen Fenstern. "So, Jungs, nun vorwärts!" -

    Hinein wieder in die Dorfgasse . . . Da treffe ich mei-

    nen Kompagnieführer. "Hierher!" schreit er. "Ueber

    die Mauer, mir nach!"

        Zwei Kerle heben mich hoch, im Nu haben wir eine

    Gartenmauer überstiegen, und stürmen weiter, einer

    belgischen Abteilung in den Rücken zu fallen. Manns-

    hohe Hecken, mit Stacheldraht durchzogen -  vier, fünf

     -  vor uns.  "Her, Kerls," rufe ich, "gebt mir die

    Drahtschere!" Ein paar wuchtige Jungens treten

    den Schlehdorn ein - ich knipse den Draht durch und gehe

    ihnen voran, - meine Hose hängt in Fetzen runter.

    Die Hecken werden genommen - auf einmal kracht es

    auf uns her - nur wenige Sekunden, dann saust eine

    Haubitze in den verruchten  Giebel - Steine spritzen

    umher -  das Gemäuer sinkt donnernd zusammen.

    Feuer von links! - Da sind die Unsern, sie schießen 

    auf uns - sie erkennen uns noch immer nicht. Wir

    brüllen ihnen die Losung zu: "Der Kaiser! Der Kaiser!"

     - Sie hören uns nicht in dem Höllenlärm. "Hornist,"

    rufe ich, "blasen Sie Signal!" Der brave Junge - er

    war von den vierten Jägern, nimmt das Horn und

    schmettert: Das Ganze! - Das Ganze! - Da kommt´s

    von drüben zurück. Wir erkennen uns - es sind die

    27er - ich drücke dem Hauptmann, den ich seit Jahren

    kenne, die Hand. - 

                             Heller Morgen, ¼ 7 Uhr (am 6. August).

        Vor uns liegt ein Kohlenbergwerk. Zwei Kohlen-

    halden sind einige Meter hoch im Winkel zu einander

    aufgeschüttet - da stürmen wir hinauf: Ein Jäger-


     Fortsetzung 2. Spalte Mitte 


     2. Spalte 

    Siegreiches Vordringen der Oesterreicher.

        WTB. Wien, 30. August.  Der Korrespondent des

    Neuen Wiener Tagebl. im Hauptquartier meldet: Die

    große Schlacht ist heute, am vierten Tage, in vollem

    Gange und steht gut für uns. Die linke Flügelgruppe

    rückt gegen Lublin und Zamocs langsam aber sicher vor,

    stößt aber immer wieder auf den neuverschanzten Gegner

    und anstelle von Frontalangriffen sind zeitraubende Um-

    gehungen nötig. Drei Zügen des Infanterieregiments

    Nr. 72 gelang ein rascher Frontalangriff,  bei dem zwei

    russische Hauptleute, sechs Subalternoffiziere und 470

    Mann gefangen genommen wurden.  Die Kräftegruppe

    zwischen Bug und Wieprz griff eine russische Division

    von drei Seiten mit Erfolg an, sodaß sie nur unter dem

    Schutze der Nacht entkamen. Generalstabshauptmann

    Roßmann stürzte mit seinem Flugzeug ab und wurde

    getötet. Das Armeeverordnungsblatt veröffentlichte ge-

    rade heute eine Auszeichnung Roßmanns für hervor-

    ragend tapferes Verhalten vor dem Feinde.

        WTB. Wien, 30. August. (Nicht amtlich.)  Soweit

    sich bis gestern mittag überblicken ließ, ist das große

    Ringen unserer Armee mit den Hauptkräften des russi-

    schen Heeres noch nicht zur Entscheidung herangereift.

    Nur die Erfolge der vom General der Kavallerie Viktor

    Dankl in der Schlacht bei Krasnik siegreich geführten

    Armee sind bereits einigermaßen zu übersehen. In ei-

    ner zweiten Schlacht am 27. August, die durch die helden-

    mütige Erstürmung einer stark befestigten Stellung auf

    den Höhen von  Niedrzwiosduca  gekrönt war, gelang es,

    die bei Krasnik zurückgeworfenen russischen Kräfte und

    herangeführten Verstärkungen, im ganzen etwa zehn

    Divisionen, durch sechs verschiedene Korps neuerlich zu

    schlagen. Eines unserer Korps nahm in dieser zweiten

    Schlacht einen General, einen Oberst, drei sonstige

    Stabspersonen, vierzig Offiziere und zirka 2000 Mann

    gefangen und erbeutete wieder sehr viel Kriegsmaterial.

        WTB. Wien, 31. August. Die Schlachten auf dem

    östlichen Kriegsschauplatz dauern mit ungeminderter

    Heftigkeit fort. Oestlich unserer trotz mehrfacher be-

    festigter Stellungen des Feindes unaufhaltsam gegen

    Lublin vordringenden Armee Dankl haben unsere zwischen

    Bug und Wieprz vorgeführten Kräfte am 26. August

    den Angriff auf die dem Raume bei Cholm stehen-

    den starken russischen Kräfte begonnen. Hierbei ent-

    wickelten sich wie bei Krasnik wieder harte, für unsere

    angriffsfreudigen Truppen siegreich verlaufende Kämpfe

    bei  Zamoid  sowie nördlich und östlich bei Tomaszow.

    In diesen Kämpfen wurden ebenso wie in den Schlach-

    ten bei Krasnik tausende von Gefangenen gemacht. 

    In Ostgalizien behaupten sich unsere Truppen mit helden-

    mütiger Bravour und Zähigkeit gegen sehr starke uns

    überlegene feindliche Kräfte. Auf dem südlichen Kriegs-

    schauplatz haben in letzter Zeit neue Kämpfe statt-

    gefunden. 

                           Der Kampf in der Nordsee.

       Der lange erwartete Zusammenstoß unserer Flotte

    mit der englischen ist erfolgt. Die Nordsee bei Helgo-

    land war der Kampfplatz, wo der Seekrieg heftig tobte.

    Der Kampf erfolgte bei unsichtigem Wetter und er zog

    sich nach Westen, also nach der englischen Küste zu hin.

    Mehrere kleine Kreuzer unserer Flotte stießen todes-

    mutig vor und gerieten dabei in einen Kampf mit einer

    überlegenen starken englischen Flotte. Unsere Schiffe

    mußten der Uebermacht weichen, haben den Engländern

    aber, wie ein englischer Bericht eingesteht, schwere Be-

    schädigungen beigebracht. Nach dem, was man sonst von


     Fortsetzung  3. Spalte oben 

     

      Fortsetzung von  1. Spalte  Kriegsbriefe 

    leutnant, ein Kompagniekamerad von mir, Sch., dann

    ein riesiger Adjutant von den 27ern, A., ein tapferer

    Junge, der nicht mit der Wimper zuckte -  am  Wege

    unten bleibt H. zurück, der furchtlose Regimentsadjunkt

    vom Regiment Louis Ferdinand, und mit ungefähr 10

    Mann nimmt der Hauptmann v. B. die Häuser in un-

    serm Rücken unter Feuer, er selbst hat den Degen ab-

    gelegt und führt das Gewehr . . .

        Oben von meiner Kohlenhalde sehe ich ein Gehöft

    und zum ersten Male belgische Infanterie - sonst wa-

    ren die Kerle gelaufen, als sei der Deibel hinter ihnen.

     - Jetzt heben sie die Büchse an die Backe. Ich lasse

    das Feuer aufnehmen und beobachte durch das Glas die

    Wirkung . . . "Ruhig zielen, Kerls, ihr schießt zu weit"

    . . . Zwei schwarze Mäntel sehe ich sich im Sande wälzen.

         "Hols der Deibel!" Sie schießen von rechts her - 

    von der anderen Halde . . .  Da steht noch auf unserem

    Flügel der lange A. Seine Schärpe flattert, die Quasten

    sind schwarz von Kohlenstaub, er schießt auf die Bande

    rechts - jetzt knallt´s auch von hintenher aus den

    Häusern . . .

        Ich setze das Glas ab und sehe mich um. Da links

    am Flügel liegt mein Kamerad Sch., hat einem Ver-

    wundeten das Gewehr abgenommen und schießt nach dem

    Gehöft . . .  Rechts von mir - ja, was ist denn das?

    Einer nach dem andern "klappt ab" . . . Der läßt den

    Kopf vornüber, der rollt den Abhang hinunter, der

    schreit . . . Sie schießen wie besessen auf uns. Nun

    liegt nur noch einer rechts von mir, eben fängt auch der

    an, sich hin und her zu wälzen, Blut quillt aus dem

    Rock hervor, ich werde ihm sein Gewehr abnehmen; ich

    richte mich auf . . . Donnerwetter, ich fühle einen

    Schlag vor der linken Brust: "Kinder, jetzt hat´s mich

    auch." . . .

        Ich rutsche den Abhang hinab, das Blut kommt mir

    aus dem Munde . . .  hinter einem Steinhaufen finde

    ich Deckung vor dem mörderischen Feuer. Ich bitte einen

    Soldaten: "Mach mir mal die Feldflasche ab - so -

     - und den Tornister."Einen langen Schluck. Der gute

    Kerl öffnet mir den Waffenrock. Ich lehne mich gegen

    den Steinhaufen. Ganz warm quillt das Blut hervor;

    wie lange kann´s dauern, dann ist´s vorbei. Aus dem

    Rocktäschchen ziehe ich das Verbandszeug, öffne es hastig

    und drücke es auf die Wunde. Dann warte ich ab,

    minutenlang; auf dem Wege vor mir stehen die braven

    Kerle und feuern; da ist auch A. noch mit den schwarzen

    Quasten. "Kinder, schickt mir doch einen Arzt." Mir

    fängt´s an, vor den Augen zu flimmern. Da kommt das

    Soldatengefühl: du mußt Dich [sic] wehren, darfst  nicht dich

    dumpf in dein Schicksal ergeben. Die Schlacht geht wei-

    ter; hier findet dich keiner . . .

        Mit Schmerzen richte ich mich empor - stülpe mir

    den Helm auf den Kopf - die Feldbinde, die Pistole -

    das Glas schenke ich einem Soldaten, er braucht´s jetzt

    nötiger als ich, und dann meinen Degen - den lasse ich

    nicht, er braucht sich meiner nicht zu schämen - so

    schleppe ich mich an den Weg. Was geht mich das Pfei-

    fen an, ich habe meinen Teil. Noch immer stehen die

    wackeren Kerle und feuern vom Wege gegen die Kohlen-

    halde - einen winke ich heran . . .  "Um Gotteswillen,

    Herr Leutnant!" . . . "Bringe mich zum Verbandplatz, 

    mein Junge." . . . Er gibt mir seinen Arm . . . "Mußt


  • September 2, 2017 19:15:42 Beate Jochem

     item 14


     Ueber 30 000 Russen in Ostpreußen gefangen.

    Der Sieg der Oesterreicher. Der Kampf in der Nordsee. Die Opfer vom

                                Kreuzer "Magdeburg".


     1. Spalte 

        Wie im Westen, so ist nunmehr auch im Osten die

    erste große Schlacht geschlagen worden. Der Unterschied

    liegt darin, daß sich die Russen in der Offensivstellung

    befanden, während wir den Ansturm abzuwehren hatten.

    Aus der Richtung von Niemen, wie von der Narew her,

    d. h. aus Süden und aus Osten waren erhebliche russische

    Streitkräfte im Anmarsche, die zwischen Insterburg und

    Graudenz in deutsches Gebiet einzubrechen versuchten.

    Ihr Zweck war offenbar, die deutsche Defensive zu durch-

    brechen, ehe die siegreich vordringenden Oesterreicher

    Verbindung mit uns erlangt haben. Die Absicht ist an

    der Wachsamkeit unserer Heeresleitung und der Tapfer-

    keit unserer Truppen gescheitert. Die russische Armee,

    an Zahl fast der bei Metz geschlagenen französischen Ar-

    mee gleich,  ist über die Grenze zurückgewichen und wird

    von unseren Truppen verfolgt. Durch diesen Sieg ist

    die Durchführung des gemeinschaftlichen Vormarsches

    unserer und der österreichischen Truppen gegen die

    Weichsel erleichtert worden. Es geht auf Warschau los!

        Die  Meldung über den Sieg lautet kurz und knapp:

        WTB. Berlin, 29. August.  Unsere Truppen in

    Preußen unter der Führung des Generalobersten Hinden-

    burg haben die von Narew vorgegangene russische Armee

    in Stärke von 5 Armeekorps und 3 Kavalleriedivisionen

    in dreitägiger Schlacht bei Gilgenburg-Ortelsburg ge-

    schlagen und verfolgen sie jetzt über die Grenze.

                                             Generalquartiermeister von Stein.

        Die am Sonnabend verbreitete Meldung von dem

    großen deutschen Siege über die Russen in Ostpreußen

    wird durch folgende neue erfreuliche Nachricht ergänzt:

        WTB. Berlin, 31. August.   Bei den großen

    Kämpfen, in denen die russische Armee bei Tannen-

    berg, Hohenstein und Ortelsburg geworfen wurden,

    sind nach vorläufiger Schätzung über 30000 Russen

    mit vielen hohen Offizieren in Gefangenschaft

    geraten.

        Eine erfreuliche Ergänzung zu der amtlichen Mel-

    dung über das Ergebnis der Schlacht bilden die folgen-

    den Mitteilungen, die aus amtlichen Quellen Ost-

    preußens stammen:

        Der vom Generalquartiermeister in seiner Ver-

    öffentlichung vom 25. August als bevorstehend angekün-

    digte Entscheidungskampf  hat begonnen. Als Einleitung

    erfolgte die Besetzung der Grenzstadt Neidenburg durch

    starke russische Kräfte. Die Russen plünderten die Stadt

    gründlich und bombardierten sie dann von den benach-

    barten Höhen. Den meisten Bürgern Neidenburgs,

    das etwa 6000 Einwohner hat, war es gelungen, über

    Hohenstein und Allenstein zu fliehen. Das 20. Armee-

    korps griff energisch in den Kampf gegen den russischen 

    Gegner ein. Die "Allensteiner Zeitung" kann mit amt-

    licher Genehmigung darüber melden: Unser tapferes

    20. Armeekorps steht seit 24 Stunden im Feuer mit

    einem an  Kräften weit überlegenen Gegner. Dank der

    Tapferkeit unserer Truppen und Führer ist es den

    Russen trotz der gewaltigen Uebermacht nicht gelun-

    gen, unsere Stellungen zu nehmen. Der Kampf hat sich

    dann zu einer Riesenschlacht auf der Linie Gilgenburg-

    Neidenburg-Ortelsburg entwickelt mit etwa 50 Kilo-

    meter Frontlänge. Hierüber teilt Landrat Hagemann

    in Marienburg der "Marienburger Zeitung" mit, daß

    zwei russische Armeekorps aufgerieben worden seien.


                                             Kriegsbriefe.

                                Wie ich verwundet wurde

                         Von einem Mitkämpfer bei Lüttich.

    . . .  Mitten in dieses Dorfgefecht (Sturm auf Ft.

    Fléron) waren wir hineingerissen. Es blitzte aus allen

    Häusern, unablässig rollt der Donner der Geschütze, un-

    ablässig geht der Eisenregen nieder. Stockdunkel . . . 

    Wie sehnlich wünschen wir den Morgen heran. - Kein

    Gegner zu sehen - und doch sinkt Mann neben Mann.

    Aus den Mauern der Häuser sind nur winzige Steine

    gelöst - ein Flintenlauf ragt durch; in den Fenster-

    laden ein kleines Loch - der Lauf einer Jagdbüchse

    sprüht Flammen heraus - aus den Kellerfenstern, von

    den Böden zuckt und flammt und pfeift es . . . Wie

    im Hexenkessel . . . Und wir dürfen nicht schießen, um

    die Kameraden, die rechts und links vor uns im Gefecht

    liegen, nicht zu gefährden . . . Einer neben dem anderen 

    sinkt - Aechzen und Stöhnen überall. Hinweg über

    einen Haufen zuckender Leiber, vorsichtig - um keinem

    wehe zu tun - und um uns blitzt und kracht´s. Aus einem

    Eckhaus prasselt uns ein Hagel entgegen. -

    Zwanzig, fünfzig Läufe heben sich - , da brülle ich:

    "Keinen Schuß, Kerls! Wer kommt mit? Beil her!"

    Ein kleiner Musketier reicht mir eine Picke . . . Zehn

    braune Kerls drängen hinter mir nach. - Dann ein

    paar Hiebe mit Beil und Kolben - die Tür kracht ein

     - von der Decke her zucken Geschosse nieder . . . "Keiner

    die Bodentreppe hinauf! Hierbleiben! Streichhölzer

    her!" Und schon habe ich ein paar Strohballen vorge-

    rissen, - fünf Minuten später züngeln die Flammen

    aus allen Fenstern. "So, Jungs, nun vorwärts!" -

    Hinein wieder in die Dorfgasse . . . Da treffe ich mei-

    nen Kompagnieführer. "Hierher!" schreit er. "Ueber

    die Mauer, mir nach!"

        Zwei Kerle heben mich hoch, im Nu haben wir eine

    Gartenmauer überstiegen, und stürmen weiter, einer

    belgischen Abteilung in den Rücken zu fallen. Manns-

    hohe Hecken, mit Stacheldraht durchzogen -  vier, fünf

     -  vor uns.  "Her, Kerls," rufe ich, "gebt mir die

    Drahtschere!" Ein paar wuchtige Jungens treten

    den Schlehdorn ein - ich knipse den Draht durch und gehe

    ihnen voran, - meine Hose hängt in Fetzen runter.

    Die Hecken werden genommen - auf einmal kracht es

    auf uns her - nur wenige Sekunden, dann saust eine

    Haubitze in den verruchten  Giebel - Steine spritzen

    umher -  das Gemäuer sinkt donnernd zusammen.

    Feuer von links! - Da sind die Unsern, sie schießen 

    auf uns - sie erkennen uns noch immer nicht. Wir

    brüllen ihnen die Losung zu: "Der Kaiser! Der Kaiser!"

     - Sie hören uns nicht in dem Höllenlärm. "Hornist,"

    rufe ich, "blasen Sie Signal!" Der brave Junge - er

    war von den vierten Jägern, nimmt das Horn und

    schmettert: Das Ganze! - Das Ganze! - Da kommt´s

    von drüben zurück. Wir erkennen uns - es sind die

    27er - ich drücke dem Hauptmann, den ich seit Jahren

    kenne, die Hand. - 

                             Heller Morgen, ¼ 7 Uhr (am 6. August).

        Vor uns liegt ein Kohlenbergwerk. Zwei Kohlen-

    halden sind einige Meter hoch im Winkel zu einander

    aufgeschüttet - da stürmen wir hinauf: Ein Jäger-


     Fortsetzung 2. Spalte Mitte 


     2. Spalte 

    Siegreiches Vordringen der Oesterreicher.

        WTB. Wien, 30. August.  Der Korrespondent des

    Neuen Wiener Tagebl. im Hauptquartier meldet: Die

    große Schlacht ist heute, am vierten Tage, in vollem

    Gange und steht gut für uns. Die linke Flügelgruppe

    rückt gegen Lublin und Zamocs langsam aber sicher vor,

    stößt aber immer wieder auf den neuverschanzten Gegner

    und anstelle von Frontalangriffen sind zeitraubende Um-

    gehungen nötig. Drei Zügen des Infanterieregiments

    Nr. 72 gelang ein rascher Frontalangriff,  bei dem zwei

    russische Hauptleute, sechs Subalternoffiziere und 470

    Mann gefangen genommen wurden.  Die Kräftegruppe

    zwischen Bug und Wieprz griff eine russische Division

    von drei Seiten mit Erfolg an, sodaß sie nur unter dem

    Schutze der Nacht entkamen. Generalstabshauptmann

    Roßmann stürzte mit seinem Flugzeug ab und wurde

    getötet. Das Armeeverordnungsblatt veröffentlichte ge-

    rade heute eine Auszeichnung Roßmanns für hervor-

    ragend tapferes Verhalten vor dem Feinde.

        WTB. Wien, 30. August. (Nicht amtlich.)  Soweit

    sich bis gestern mittag überblicken ließ, ist das große

    Ringen unserer Armee mit den Hauptkräften des russi-

    schen Heeres noch nicht zur Entscheidung herangereift.

    Nur die Erfolge der vom General der Kavallerie Viktor

    Dankl in der Schlacht bei Krasnik siegreich geführten

    Armee sind bereits einigermaßen zu übersehen. In ei-

    ner zweiten Schlacht am 27. August, die durch die helden-

    mütige Erstürmung einer stark befestigten Stellung auf

    den Höhen von  Niedrzwiosduca  gekrönt war, gelang es,

    die bei Krasnik zurückgeworfenen russischen Kräfte und

    herangeführten Verstärkungen, im ganzen etwa zehn

    Divisionen, durch sechs verschiedene Korps neuerlich zu

    schlagen. Eines unserer Korps nahm in dieser zweiten

    Schlacht einen General, einen Oberst, drei sonstige

    Stabspersonen, vierzig Offiziere und zirka 2000 Mann

    gefangen und erbeutete wieder sehr viel Kriegsmaterial.

        WTB. Wien, 31. August. Die Schlachten auf dem

    östlichen Kriegsschauplatz dauern mit ungeminderter

    Heftigkeit fort. Oestlich unserer trotz mehrfacher be-

    festigter Stellungen des Feindes unaufhaltsam gegen

    Lublin vordringenden Armee Dankl haben unsere zwischen

    Bug und Wieprz vorgeführten Kräfte am 26. August

    den Angriff auf die dem Raume bei Cholm stehen-

    den starken russischen Kräfte begonnen. Hierbei ent-

    wickelten sich wie bei Krasnik wieder harte, für unsere

    angriffsfreudigen Truppen siegreich verlaufende Kämpfe

    bei  Zamoid  sowie nördlich und östlich bei Tomaszow.

    In diesen Kämpfen wurden ebenso wie in den Schlach-

    ten bei Krasnik tausende von Gefangenen gemacht. 

    In Ostgalizien behaupten sich unsere Truppen mit helden-

    mütiger Bravour und Zähigkeit gegen sehr starke uns

    überlegene feindliche Kräfte. Auf dem südlichen Kriegs-

    schauplatz haben in letzter Zeit neue Kämpfe statt-

    gefunden. 

                           Der Kampf in der Nordsee.

       Der lange erwartete Zusammenstoß unserer Flotte

    mit der englischen ist erfolgt. Die Nordsee bei Helgo-

    land war der Kampfplatz, wo der Seekrieg heftig tobte.

    Der Kampf erfolgte bei unsichtigem Wetter und er zog

    sich nach Westen, also nach der englischen Küste zu hin.

    Mehrere kleine Kreuzer unserer Flotte stießen todes-

    mutig vor und gerieten dabei in einen Kampf mit einer

    überlegenen starken englischen Flotte. Unsere Schiffe

    mußten der Uebermacht weichen, haben den Engländern

    aber, wie ein englischer Bericht eingesteht, schwere Be-

    schädigungen beigebracht. Nach dem, was man sonst von


     Fortsetzung  3. Spalte oben 

     

      Fortsetzung von  1. Spalte  Kriegsbriefe 

    leutnant, ein Kompagniekamerad von mir, Sch., dann

    ein riesiger Adjutant von den 27ern, A., ein tapferer

    Junge, der nicht mit der Wimper zuckte -  am  Wege

    unten bleibt H. zurück, der furchtlose Regimentsadjunkt

    vom Regiment Louis Ferdinand, und mit ungefähr 10

    Mann nimmt der Hauptmann v. B. die Häuser in un-

    serm Rücken unter Feuer, er selbst hat den Degen ab-

    gelegt und führt das Gewehr . . .

        Oben von meiner Kohlenhalde sehe ich ein Gehöft

    und zum ersten Male belgische Infanterie - sonst wa-

    ren die Kerle gelaufen, als sei der Deibel hinter ihnen.

     - Jetzt heben sie die Büchse an die Backe. Ich lasse

    das Feuer aufnehmen und beobachte durch das Glas die

    Wirkung . . . "Ruhig zielen, Kerls, ihr schießt zu weit"

    . . . Zwei schwarze Mäntel sehe ich sich im Sande wälzen.

         "Hols der Deibel!" Sie schießen von rechts her - 

    von der anderen Halde . . .  Da steht noch auf unserem

    Flügel der lange A. Seine Schärpe flattert, die Quasten

    sind schwarz von Kohlenstaub, er schießt auf die Bande

    rechts - jetzt knallt´s auch von hintenher aus den

    Häusern . . .

        Ich setze das Glas ab und sehe mich um. Da links

    am Flügel liegt mein Kamerad Sch., hat einem Ver-

    wundeten das Gewehr abgenommen und schießt nach dem

    Gehöft . . .  Rechts von mir - ja, was ist denn das?

    Einer nach dem andern "klappt ab" . . . Der läßt den

    Kopf vornüber, der rollt den Abhang hinunter, der

    schreit . . . Sie schießen wie besessen auf uns. Nun

    liegt nur noch einer rechts von mir, eben fängt auch der

    an, sich hin und her zu wälzen, Blut quillt aus dem

    Rock hervor, ich werde ihm sein Gewehr abnehmen; ich

    richte mich auf . . . Donnerwetter, ich fühle einen

    Schlag vor der linken Brust: "Kinder, jetzt hat´s mich

    auch." . . .

        Ich rutsche den Abhang hinab, das Blut kommt mir

    aus dem Munde . . .  hinter einem Steinhaufen finde

    ich Deckung vor dem mörderischen Feuer. Ich bitte einen

    Soldaten: "Mach mir mal die Feldflasche ab - so -

     - und den Tornister."Einen langen Schluck. Der gute

    Kerl öffnet mir den Waffenrock. Ich lehne mich gegen

    den Steinhaufen. Ganz warm quillt das Blut hervor;

    wie lange kann´s dauern, dann ist´s vorbei. Aus dem

    Rocktäschchen ziehe ich das Verbandszeug, öffne es hastig

    und drücke es auf die Wunde. Dann warte ich ab,

    minutenlang; auf dem Wege vor mir stehen die braven

    Kerle und feuern; da ist auch A. noch mit den schwarzen

    Quasten. "Kinder, schickt mir doch einen Arzt." Mir

    fängt´s an, vor den Augen zu flimmern. Da kommt das

    Soldatengefühl: du mußt Dich wehren, darfst  nicht dich

    dumpf in dein Schicksal ergeben. Die Schlacht geht wei-

    ter; hier findet dich keiner . . .

        Mit Schmerzen richte ich mich empor - stülpe mir

    den Helm auf den Kopf - die Feldbinde, die Pistole -

    das Glas schenke ich einem Soldaten, er braucht´s jetzt

    nötiger als ich, und dann meinen Degen - den lasse ich

    nicht, er braucht sich meiner nicht zu schämen - so

    schleppe ich mich an den Weg. Was geht mich das Pfei-

    fen an, ich habe meinen Teil. Noch immer stehen die

    wackeren Kerle und feuern vom Wege gegen die Kohlen-

    halde - einen winke ich heran . . .  "Um Gotteswillen,

    Herr Leutnant!" . . . "Bringe mich zum Verbandplatz, 

    mein Junge." . . . Er gibt mir seinen Arm . . . "Mußt


  • September 2, 2017 19:10:14 Beate Jochem

     item 14


     Ueber 30 000 Russen in Ostpreußen gefangen.

    Der Sieg der Oesterreicher. Der Kampf in der Nordsee. Die Opfer vom

                                Kreuzer "Magdeburg".


     1. Spalte 

        Wie im Westen, so ist nunmehr auch im Osten die

    erste große Schlacht geschlagen worden. Der Unterschied

    liegt darin, daß sich die Russen in der Offensivstellung

    befanden, während wir den Ansturm abzuwehren hatten.

    Aus der Richtung von Niemen, wie von der Narew her,

    d. h. aus Süden und aus Osten waren erhebliche russische

    Streitkräfte im Anmarsche, die zwischen Insterburg und

    Graudenz in deutsches Gebiet einzubrechen versuchten.

    Ihr Zweck war offenbar, die deutsche Defensive zu durch-

    brechen, ehe die siegreich vordringenden Oesterreicher

    Verbindung mit uns erlangt haben. Die Absicht ist an

    der Wachsamkeit unserer Heeresleitung und der Tapfer-

    keit unserer Truppen gescheitert. Die russische Armee,

    an Zahl fast der bei Metz geschlagenen französischen Ar-

    mee gleich,  ist über die Grenze zurückgewichen und wird

    von unseren Truppen verfolgt. Durch diesen Sieg ist

    die Durchführung des gemeinschaftlichen Vormarsches

    unserer und der österreichischen Truppen gegen die

    Weichsel erleichtert worden. Es geht auf Warschau los!

        Die  Meldung über den Sieg lautet kurz und knapp:

        WTB. Berlin, 29. August.  Unsere Truppen in

    Preußen unter der Führung des Generalobersten Hinden-

    burg haben die von Narew vorgegangene russische Armee

    in Stärke von 5 Armeekorps und 3 Kavalleriedivisionen

    in dreitägiger Schlacht bei Gilgenburg-Ortelsburg ge-

    schlagen und verfolgen sie jetzt über die Grenze.

                                             Generalquartiermeister von Stein.

        Die am Sonnabend verbreitete Meldung von dem

    großen deutschen Siege über die Russen in Ostpreußen

    wird durch folgende neue erfreuliche Nachricht ergänzt:

        WTB. Berlin, 31. August.   Bei den großen

    Kämpfen, in denen die russische Armee bei Tannen-

    berg, Hohenstein und Ortelsburg geworfen wurden,

    sind nach vorläufiger Schätzung über 30000 Russen

    mit vielen hohen Offizieren in Gefangenschaft

    geraten.

        Eine erfreuliche Ergänzung zu der amtlichen Mel-

    dung über das Ergebnis der Schlacht bilden die folgen-

    den Mitteilungen, die aus amtlichen Quellen Ost-

    preußens stammen:

        Der vom Generalquartiermeister in seiner Ver-

    öffentlichung vom 25. August als bevorstehend angekün-

    digte Entscheidungskampf  hat begonnen. Als Einleitung

    erfolgte die Besetzung der Grenzstadt Neidenburg durch

    starke russische Kräfte. Die Russen plünderten die Stadt

    gründlich und bombardierten sie dann von den benach-

    barten Höhen. Den meisten Bürgern Neidenburgs,

    das etwa 6000 Einwohner hat, war es gelungen, über

    Hohenstein und Allenstein zu fliehen. Das 20. Armee-

    korps griff energisch in den Kampf gegen den russischen 

    Gegner ein. Die "Allensteiner Zeitung" kann mit amt-

    licher Genehmigung darüber melden: Unser tapferes

    20. Armeekorps steht seit 24 Stunden im Feuer mit

    einem an  Kräften weit überlegenen Gegner. Dank der

    Tapferkeit unserer Truppen und Führer ist es den

    Russen trotz der gewaltigen Uebermacht nicht gelun-

    gen, unsere Stellungen zu nehmen. Der Kampf hat sich

    dann zu einer Riesenschlacht auf der Linie Gilgenburg-

    Neidenburg-Ortelsburg entwickelt mit etwa 50 Kilo-

    meter Frontlänge. Hierüber teilt Landrat Hagemann

    in Marienburg der "Marienburger Zeitung" mit, daß

    zwei russische Armeekorps aufgerieben worden seien.


                                             Kriegsbriefe.

                                Wie ich verwundet wurde

                         Von einem Mitkämpfer bei Lüttich.

    . . .  Mitten in dieses Dorfgefecht (Sturm auf Ft.

    Fléron) waren wir hineingerissen. Es blitzte aus allen

    Häusern, unablässig rollt der Donner der Geschütze, un-

    ablässig geht der Eisenregen nieder. Stockdunkel . . . 

    Wie sehnlich wünschen wir den Morgen heran. - Kein

    Gegner zu sehen - und doch sinkt Mann neben Mann.

    Aus den Mauern der Häuser sind nur winzige Steine

    gelöst - ein Flintenlauf ragt durch; in den Fenster-

    laden ein kleines Loch - der Lauf einer Jagdbüchse

    sprüht Flammen heraus - aus den Kellerfenstern, von

    den Böden zuckt und flammt und pfeift es . . . Wie

    im Hexenkessel . . . Und wir dürfen nicht schießen, um

    die Kameraden, die rechts und links vor uns im Gefecht

    liegen, nicht zu gefährden . . . Einer neben dem anderen 

    sinkt - Aechzen und Stöhnen überall. Hinweg über

    einen Haufen zuckender Leiber, vorsichtig - um keinem

    wehe zu tun - und um uns blitzt und kracht´s. Aus einem

    Eckhaus prasselt uns ein Hagel entgegen. -

    Zwanzig, fünfzig Läufe heben sich - , da brülle ich:

    "Keinen Schuß, Kerls! Wer kommt mit? Beil her!"

    Ein kleiner Musketier reicht mir eine Picke . . . Zehn

    braune Kerls drängen hinter mir nach. - Dann ein

    paar Hiebe mit Beil und Kolben - die Tür kracht ein

     - von der Decke her zucken Geschosse nieder . . . "Keiner

    die Bodentreppe hinauf! Hierbleiben! Streichhölzer

    her!" Und schon habe ich ein paar Strohballen vorge-

    rissen, - fünf Minuten später züngeln die Flammen

    aus allen Fenstern. "So, Jungs, nun vorwärts!" -

    Hinein wieder in die Dorfgasse . . . Da treffe ich mei-

    nen Kompagnieführer. "Hierher!" schreit er. "Ueber

    die Mauer, mir nach!"

        Zwei Kerle heben mich hoch, im Nu haben wir eine

    Gartenmauer überstiegen, und stürmen weiter, einer

    belgischen Abteilung in den Rücken zu fallen. Manns-

    hohe Hecken, mit Stacheldraht durchzogen -  vier, fünf

     -  vor uns.  "Her, Kerls," rufe ich, "gebt mir die

    Drahtschere!" Ein paar wuchtige Jungens treten

    den Schlehdorn ein - ich knipse den Draht durch und gehe

    ihnen voran, - meine Hose hängt in Fetzen runter.

    Die Hecken werden genommen - auf einmal kracht es

    auf uns her - nur wenige Sekunden, dann saust eine

    Haubitze in den verruchten  Giebel - Steine spritzen

    umher -  das Gemäuer sinkt donnernd zusammen.

    Feuer von links! - Da sind die Unsern, sie schießen 

    auf uns - sie erkennen uns noch immer nicht. Wir

    brüllen ihnen die Losung zu: "Der Kaiser! Der Kaiser!"

     - Sie hören uns nicht in dem Höllenlärm. "Hornist,"

    rufe ich, "blasen Sie Signal!" Der brave Junge - er

    war von den vierten Jägern, nimmt das Horn und

    schmettert: Das Ganze! - Das Ganze! - Da kommt´s

    von drüben zurück. Wir erkennen uns - es sind die

    27er - ich drücke dem Hauptmann, den ich seit Jahren

    kenne, die Hand. - 

                             Heller Morgen, ¼ 7 Uhr (am 6. August).

        Vor uns liegt ein Kohlenbergwerk. Zwei Kohlen-

    halden sind einige Meter hoch im Winkel zu einander

    aufgeschüttet - da stürmen wir hinauf: Ein Jäger-


     Fortsetzung 2. Spalte Mitte 


     2. Spalte 

    Siegreiches Vordringen der Oesterreicher.

        WTB. Wien, 30. August.  Der Korrespondent des

    Neuen Wiener Tagebl. im Hauptquartier meldet: Die

    große Schlacht ist heute, am vierten Tage, in vollem

    Gange und steht gut für uns. Die linke Flügelgruppe

    rückt gegen Lublin und Zamocs langsam aber sicher vor,

    stößt aber immer wieder auf den neuverschanzten Gegner

    und anstelle von Frontalangriffen sind zeitraubende Um-

    gehungen nötig. Drei Zügen des Infanterieregiments

    Nr. 72 gelang ein rascher Frontalangriff,  bei dem zwei

    russische Hauptleute, sechs Subalternoffiziere und 470

    Mann gefangen genommen wurden.  Die Kräftegruppe

    zwischen Bug und Wieprz griff eine russische Division

    von drei Seiten mit Erfolg an, sodaß sie nur unter dem

    Schutze der Nacht entkamen. Generalstabshauptmann

    Roßmann stürzte mit seinem Flugzeug ab und wurde

    getötet. Das Armeeverordnungsblatt veröffentlichte ge-

    rade heute eine Auszeichnung Roßmanns für hervor-

    ragend tapferes Verhalten vor dem Feinde.

        WTB. Wien, 30. August. (Nicht amtlich.)  Soweit

    sich bis gestern mittag überblicken ließ, ist das große

    Ringen unserer Armee mit den Hauptkräften des russi-

    schen Heeres noch nicht zur Entscheidung herangereift.

    Nur die Erfolge der vom General der Kavallerie Viktor

    Dankl in der Schlacht bei Krasnik siegreich geführten

    Armee sind bereits einigermaßen zu übersehen. In ei-

    ner zweiten Schlacht am 27. August, die durch die helden-

    mütige Erstürmung einer stark befestigten Stellung auf

    den Höhen von  Niedrzwiosduca  gekrönt war, gelang es,

    die bei Krasnik zurückgeworfenen russischen Kräfte und

    herangeführten Verstärkungen, im ganzen etwa zehn

    Divisionen, durch sechs verschiedene Korps neuerlich zu

    schlagen. Eines unserer Korps nahm in dieser zweiten

    Schlacht einen General, einen Oberst, drei sonstige

    Stabspersonen, vierzig Offiziere und zirka 2000 Mann

    gefangen und erbeutete wieder sehr viel Kriegsmaterial.

        WTB. Wien, 31. August. Die Schlachten auf dem

    östlichen Kriegsschauplatz dauern mit ungeminderter

    Heftigkeit fort. Oestlich unserer trotz mehrfacher be-

    festigter Stellungen des Feindes unaufhaltsam gegen

    Lublin vordringenden Armee Dankl haben unsere zwischen

    Bug und Wieprz vorgeführten Kräfte am 26. August

    den Angriff auf die dem Raume bei Cholm stehen-

    den starken russischen Kräfte begonnen. Hierbei ent-

    wickelten sich wie bei Krasnik wieder harte, für unsere

    angriffsfreudigen Truppen siegreich verlaufende Kämpfe

    bei  Zamoid  sowie nördlich und östlich bei Tomaszow.

    In diesen Kämpfen wurden ebenso wie in den Schlach-

    ten bei Krasnik tausende von Gefangenen gemacht. 

    In Ostgalizien behaupten sich unsere Truppen mit helden-

    mütiger Bravour und Zähigkeit gegen sehr starke uns

    überlegene feindliche Kräfte. Auf dem südlichen Kriegs-

    schauplatz haben in letzter Zeit neue Kämpfe statt-

    gefunden. 

                           Der Kampf in der Nordsee.

       Der lange erwartete Zusammenstoß unserer Flotte

    mit der englischen ist erfolgt. Die Nordsee bei Helgo-

    land war der Kampfplatz, wo der Seekrieg heftig tobte.

    Der Kampf erfolgte bei unsichtigem Wetter und er zog

    sich nach Westen, also nach der englischen Küste zu hin.

    Mehrere kleine Kreuzer unserer Flotte stießen todes-

    mutig vor und gerieten dabei in einen Kampf mit einer

    überlegenen starken englischen Flotte. Unsere Schiffe

    mußten der Uebermacht weichen, haben den Engländern

    aber, wie ein englischer Bericht eingesteht, schwere Be-

    schädigungen beigebracht. Nach dem, was man sonst von


     Fortsetzung  3. Spalte oben 

     

      Fortsetzung von  1. Spalte  Kriegsbriefe 

    leutnant, ein Kompagniekamerad von mir, Sch., dann

    ein riesiger Adjutant von den 27ern, A., ein tapferer

    Junge, der nicht mit der Wimper zuckte -  am  Wege

    unten bleibt H. zurück, der furchtlose Regimentsadjunkt

    vom Regiment Louis Ferdinand, und mit ungefähr 10

    Mann nimmt der Hauptmann v. B. die Häuser in un-

    serm Rücken unter Feuer, er selbst hat den Degen ab-

    gelegt und führt das Gewehr . . .

        Oben von meiner Kohlenhalde sehe ich ein Gehöft

    und zum ersten Male belgische Infanterie - sonst wa-

    ren die Kerle gelaufen, als sei der Deibel hinter ihnen.

     - Jetzt heben sie die Büchse an die Backe. Ich lasse

    das Feuer aufnehmen und beobachte durch das Glas die

    Wirkung . . . "Ruhig zielen, Kerls, ihr schießt zu weit"

    . . . Zwei schwarze Mäntel sehe ich sich im Sande wälzen.

         "Hols der Deibel!" Sie schießen von rechts her - 

    von der anderen Halde . . .  Da steht noch auf unserem

    Flügel der lange A. Seine Schärpe flattert, die Quasten

    sind schwarz von Kohlenstaub, er schießt auf die Bande

    rechts - jetzt knallt´s auch von hintenher aus den

    Häusern . . .

        Ich setze das Glas ab und sehe mich um. Da links

    am Flügel liegt mein Kamerad Sch., hat einem Ver-

    wundeten das Gewehr abgenommen und schießt nach dem

    Gehöft . . .  Rechts von mir - ja, was ist denn das?

    Einer nach dem andern "klappt ab" . . . Der läßt den

    Kopf vornüber, der rollt den Abhang hinunter, der

    schreit . . . Sie schießen wie besessen auf uns. Nun

    liegt nur noch einer rechts von mir, eben fängt auch der

    an, sich hin und her zu wälzen, Blut quillt aus dem

    Rock hervor, ich werde ihm sein Gewehr abnehmen; ich

    richte mich auf . . . Donnerwetter, ich fühle einen

    Schlag vor der linken Brust: "Kinder, jetzt hat´s mich

    auch." . . .

        Ich rutsche den Abhang hinab, das Blut kommt mir

    aus dem Munde . . .  hinter einem Steinhaufen finde

    ich Deckung vor dem mörderischen Feuer. Ich bitte einen

    Soldaten: "Mach mir mal die Feldflasche ab - so -

     - und den Tornister."Einen langen Schluck. Der gute

    Kerl öffnet mir den Waffenrock. Ich lehne mich gegen

    den Steinhaufen. Ganz warm quillt das Blut hervor;

    wie lange kann´s dauern, dann ist´s vorbei. Aus dem

    Rocktäschchen ziehe ich das Verbandszeug, öffne es hastig

    und drücke es auf die Wunde. Dann warte ich ab,

    minutenlang; auf dem Wege vor mir stehen die braven

    Kerle und feuern; da ist auch A. noch mit den schwarzen

    Quasten. "Kinder, schickt mir doch einen Arzt." Mir

    fängt´s an, vor den Augen zu flimmern. Da kommt das

    Soldatengefühl: du mußt Dich wehren, darfst  nicht dich

    dumpf in dein Schicksal ergeben. Die Schlacht geht wei-

    ter; hier findet dich keiner . . .



  • September 2, 2017 19:08:56 Beate Jochem

     item 14


     Ueber 30 000 Russen in Ostpreußen gefangen.

    Der Sieg der Oesterreicher. Der Kampf in der Nordsee. Die Opfer vom

                                Kreuzer "Magdeburg".


     1. Spalte 

        Wie im Westen, so ist nunmehr auch im Osten die

    erste große Schlacht geschlagen worden. Der Unterschied

    liegt darin, daß sich die Russen in der Offensivstellung

    befanden, während wir den Ansturm abzuwehren hatten.

    Aus der Richtung von Niemen, wie von der Narew her,

    d. h. aus Süden und aus Osten waren erhebliche russische

    Streitkräfte im Anmarsche, die zwischen Insterburg und

    Graudenz in deutsches Gebiet einzubrechen versuchten.

    Ihr Zweck war offenbar, die deutsche Defensive zu durch-

    brechen, ehe die siegreich vordringenden Oesterreicher

    Verbindung mit uns erlangt haben. Die Absicht ist an

    der Wachsamkeit unserer Heeresleitung und der Tapfer-

    keit unserer Truppen gescheitert. Die russische Armee,

    an Zahl fast der bei Metz geschlagenen französischen Ar-

    mee gleich,  ist über die Grenze zurückgewichen und wird

    von unseren Truppen verfolgt. Durch diesen Sieg ist

    die Durchführung des gemeinschaftlichen Vormarsches

    unserer und der österreichischen Truppen gegen die

    Weichsel erleichtert worden. Es geht auf Warschau los!

        Die  Meldung über den Sieg lautet kurz und knapp:

        WTB. Berlin, 29. August.  Unsere Truppen in

    Preußen unter der Führung des Generalobersten Hinden-

    burg haben die von Narew vorgegangene russische Armee

    in Stärke von 5 Armeekorps und 3 Kavalleriedivisionen

    in dreitägiger Schlacht bei Gilgenburg-Ortelsburg ge-

    schlagen und verfolgen sie jetzt über die Grenze.

                                             Generalquartiermeister von Stein.

        Die am Sonnabend verbreitete Meldung von dem

    großen deutschen Siege über die Russen in Ostpreußen

    wird durch folgende neue erfreuliche Nachricht ergänzt:

        WTB. Berlin, 31. August.   Bei den großen

    Kämpfen, in denen die russische Armee bei Tannen-

    berg, Hohenstein und Ortelsburg geworfen wurden,

    sind nach vorläufiger Schätzung über 30000 Russen

    mit vielen hohen Offizieren in Gefangenschaft

    geraten.

        Eine erfreuliche Ergänzung zu der amtlichen Mel-

    dung über das Ergebnis der Schlacht bilden die folgen-

    den Mitteilungen, die aus amtlichen Quellen Ost-

    preußens stammen:

        Der vom Generalquartiermeister in seiner Ver-

    öffentlichung vom 25. August als bevorstehend angekün-

    digte Entscheidungskampf  hat begonnen. Als Einleitung

    erfolgte die Besetzung der Grenzstadt Neidenburg durch

    starke russische Kräfte. Die Russen plünderten die Stadt

    gründlich und bombardierten sie dann von den benach-

    barten Höhen. Den meisten Bürgern Neidenburgs,

    das etwa 6000 Einwohner hat, war es gelungen, über

    Hohenstein und Allenstein zu fliehen. Das 20. Armee-

    korps griff energisch in den Kampf gegen den russischen 

    Gegner ein. Die "Allensteiner Zeitung" kann mit amt-

    licher Genehmigung darüber melden: Unser tapferes

    20. Armeekorps steht seit 24 Stunden im Feuer mit

    einem an  Kräften weit überlegenen Gegner. Dank der

    Tapferkeit unserer Truppen und Führer ist es den

    Russen trotz der gewaltigen Uebermacht nicht gelun-

    gen, unsere Stellungen zu nehmen. Der Kampf hat sich

    dann zu einer Riesenschlacht auf der Linie Gilgenburg-

    Neidenburg-Ortelsburg entwickelt mit etwa 50 Kilo-

    meter Frontlänge. Hierüber teilt Landrat Hagemann

    in Marienburg der "Marienburger Zeitung" mit, daß

    zwei russische Armeekorps aufgerieben worden seien.


                                             Kriegsbriefe.

                                Wie ich verwundet wurde

                         Von einem Mitkämpfer bei Lüttich.

    . . .  Mitten in dieses Dorfgefecht (Sturm auf Ft.

    Fléron) waren wir hineingerissen. Es blitzte aus allen

    Häusern, unablässig rollt der Donner der Geschütze, un-

    ablässig geht der Eisenregen nieder. Stockdunkel . . . 

    Wie sehnlich wünschen wir den Morgen heran. - Kein

    Gegner zu sehen - und doch sinkt Mann neben Mann.

    Aus den Mauern der Häuser sind nur winzige Steine

    gelöst - ein Flintenlauf ragt durch; in den Fenster-

    laden ein kleines Loch - der Lauf einer Jagdbüchse

    sprüht Flammen heraus - aus den Kellerfenstern, von

    den Böden zuckt und flammt und pfeift es . . . Wie

    im Hexenkessel . . . Und wir dürfen nicht schießen, um

    die Kameraden, die rechts und links vor uns im Gefecht

    liegen, nicht zu gefährden . . . Einer neben dem anderen 

    sinkt - Aechzen und Stöhnen überall. Hinweg über

    einen Haufen zuckender Leiber, vorsichtig - um keinem

    wehe zu tun - und um uns blitzt und kracht´s. Aus einem

    Eckhaus prasselt uns ein Hagel entgegen. -

    Zwanzig, fünfzig Läufe heben sich - , da brülle ich:

    "Keinen Schuß, Kerls! Wer kommt mit? Beil her!"

    Ein kleiner Musketier reicht mir eine Picke . . . Zehn

    braune Kerls drängen hinter mir nach. - Dann ein

    paar Hiebe mit Beil und Kolben - die Tür kracht ein

     - von der Decke her zucken Geschosse nieder . . . "Keiner

    die Bodentreppe hinauf! Hierbleiben! Streichhölzer

    her!" Und schon habe ich ein paar Strohballen vorge-

    rissen, - fünf Minuten später züngeln die Flammen

    aus allen Fenstern. "So, Jungs, nun vorwärts!" -

    Hinein wieder in die Dorfgasse . . . Da treffe ich mei-

    nen Kompagnieführer. "Hierher!" schreit er. "Ueber

    die Mauer, mir nach!"

        Zwei Kerle heben mich hoch, im Nu haben wir eine

    Gartenmauer überstiegen, und stürmen weiter, einer

    belgischen Abteilung in den Rücken zu fallen. Manns-

    hohe Hecken, mit Stacheldraht durchzogen -  vier, fünf

     -  vor uns.  "Her, Kerls," rufe ich, "gebt mir die

    Drahtschere!" Ein paar wuchtige Jungens treten

    den Schlehdorn ein - ich knipse den Draht durch und gehe

    ihnen voran, - meine Hose hängt in Fetzen runter.

    Die Hecken werden genommen - auf einmal kracht es

    auf uns her - nur wenige Sekunden, dann saust eine

    Haubitze in den verruchten  Giebel - Steine spritzen

    umher -  das Gemäuer sinkt donnernd zusammen.

    Feuer von links! - Da sind die Unsern, sie schießen 

    auf uns - sie erkennen uns noch immer nicht. Wir

    brüllen ihnen die Losung zu: "Der Kaiser! Der Kaiser!"

     - Sie hören uns nicht in dem Höllenlärm. "Hornist,"

    rufe ich, "blasen Sie Signal!" Der brave Junge - er

    war von den vierten Jägern, nimmt das Horn und

    schmettert: Das Ganze! - Das Ganze! - Da kommt´s

    von drüben zurück. Wir erkennen uns - es sind die

    27er - ich drücke dem Hauptmann, den ich seit Jahren

    kenne, die Hand. - 

                             Heller Morgen, ¼ 7 Uhr (am 6. August).

        Vor uns liegt ein Kohlenbergwerk. Zwei Kohlen-

    halden sind einige Meter hoch im Winkel zu einander

    aufgeschüttet - da stürmen wir hinauf: Ein Jäger-


     Fortsetzung 2. Spalte Mitte 


     2. Spalte 

    Siegreiches Vordringen der Oesterreicher.

        WTB. Wien, 30. August.  Der Korrespondent des

    Neuen Wiener Tagebl. im Hauptquartier meldet: Die

    große Schlacht ist heute, am vierten Tage, in vollem

    Gange und steht gut für uns. Die linke Flügelgruppe

    rückt gegen Lublin und Zamocs langsam aber sicher vor,

    stößt aber immer wieder auf den neuverschanzten Gegner

    und anstelle von Frontalangriffen sind zeitraubende Um-

    gehungen nötig. Drei Zügen des Infanterieregiments

    Nr. 72 gelang ein rascher Frontalangriff,  bei dem zwei

    russische Hauptleute, sechs Subalternoffiziere und 470

    Mann gefangen genommen wurden.  Die Kräftegruppe

    zwischen Bug und Wieprz griff eine russische Division

    von drei Seiten mit Erfolg an, sodaß sie nur unter dem

    Schutze der Nacht entkamen. Generalstabshauptmann

    Roßmann stürzte mit seinem Flugzeug ab und wurde

    getötet. Das Armeeverordnungsblatt veröffentlichte ge-

    rade heute eine Auszeichnung Roßmanns für hervor-

    ragend tapferes Verhalten vor dem Feinde.

        WTB. Wien, 30. August. (Nicht amtlich.)  Soweit

    sich bis gestern mittag überblicken ließ, ist das große

    Ringen unserer Armee mit den Hauptkräften des russi-

    schen Heeres noch nicht zur Entscheidung herangereift.

    Nur die Erfolge der vom General der Kavallerie Viktor

    Dankl in der Schlacht bei Krasnik siegreich geführten

    Armee sind bereits einigermaßen zu übersehen. In ei-

    ner zweiten Schlacht am 27. August, die durch die helden-

    mütige Erstürmung einer stark befestigten Stellung auf

    den Höhen von  Niedrzwiosduca  gekrönt war, gelang es,

    die bei Krasnik zurückgeworfenen russischen Kräfte und

    herangeführten Verstärkungen, im ganzen etwa zehn

    Divisionen, durch sechs verschiedene Korps neuerlich zu

    schlagen. Eines unserer Korps nahm in dieser zweiten

    Schlacht einen General, einen Oberst, drei sonstige

    Stabspersonen, vierzig Offiziere und zirka 2000 Mann

    gefangen und erbeutete wieder sehr viel Kriegsmaterial.

        WTB. Wien, 31. August. Die Schlachten auf dem

    östlichen Kriegsschauplatz dauern mit ungeminderter

    Heftigkeit fort. Oestlich unserer trotz mehrfacher be-

    festigter Stellungen des Feindes unaufhaltsam gegen

    Lublin vordringenden Armee Dankl haben unsere zwischen

    Bug und Wieprz vorgeführten Kräfte am 26. August

    den Angriff auf die dem Raume bei Cholm stehen-

    den starken russischen Kräfte begonnen. Hierbei ent-

    wickelten sich wie bei Krasnik wieder harte, für unsere

    angriffsfreudigen Truppen siegreich verlaufende Kämpfe

    bei  Zamoid  sowie nördlich und östlich bei Tomaszow.

    In diesen Kämpfen wurden ebenso wie in den Schlach-

    ten bei Krasnik tausende von Gefangenen gemacht. 

    In Ostgalizien behaupten sich unsere Truppen mit helden-

    mütiger Bravour und Zähigkeit gegen sehr starke uns

    überlegene feindliche Kräfte. Auf dem südlichen Kriegs-

    schauplatz haben in letzter Zeit neue Kämpfe statt-

    gefunden. 

                           Der Kampf in der Nordsee.

       Der lange erwartete Zusammenstoß unserer Flotte

    mit der englischen ist erfolgt. Die Nordsee bei Helgo-

    land war der Kampfplatz, wo der Seekrieg heftig tobte.

    Der Kampf erfolgte bei unsichtigem Wetter und er zog

    sich nach Westen, also nach der englischen Küste zu hin.

    Mehrere kleine Kreuzer unserer Flotte stießen todes-

    mutig vor und gerieten dabei in einen Kampf mit einer

    überlegenen starken englischen Flotte. Unsere Schiffe

    mußten der Uebermacht weichen, haben den Engländern

    aber, wie ein englischer Bericht eingesteht, schwere Be-

    schädigungen beigebracht. Nach dem, was man sonst von


     Fortsetzung  3. Spalte oben 

     

      Fortsetzung von  1. Spalte  Kriegsbriefe 

    leutnant, ein Kompagniekamerad von mir, Sch., dann

    ein riesiger Adjutant von den 27ern, A., ein tapferer

    Junge, der nicht mit der Wimper zuckte -  am  Wege

    unten bleibt H. zurück, der furchtlose Regimentsadjunkt

    vom Regiment Louis Ferdinand, und mit ungefähr 10

    Mann nimmt der Hauptmann v. B. die Häuser in un-

    serm Rücken unter Feuer, er selbst hat den Degen ab-

    gelegt und führt das Gewehr . . .

        Oben von meiner Kohlenhalde sehe ich ein Gehöft

    und zum ersten Male belgische Infanterie - sonst wa-

    ren die Kerle gelaufen, als sei der Deibel hinter ihnen.

     - Jetzt heben sie die Büchse an die Backe. Ich lasse

    das Feuer aufnehmen und beobachte durch das Glas die

    Wirkung . . . "Ruhig zielen, Kerls, ihr schießt zu weit"

    . . . Zwei schwarze Mäntel sehe ich sich im Sande wälzen.

         "Hols der Deibel!" Sie schießen von rechts her - 

    von der anderen Halde . . .  Da steht noch auf unserem

    Flügel der lange A. Seine Schärpe flattert, die Quasten

    sind schwarz von Kohlenstaub, er schießt auf die Bande

    rechts - jetzt knallt´s auch von hintenher aus den

    Häusern . . .

        Ich setze das Glas ab und sehe mich um. Da links

    am Flügel liegt mein Kamerad Sch., hat einem Ver-

    wundeten das Gewehr abgenommen und schießt nach dem

    Gehöft . . .  Rechts von mir - ja, was ist denn das?

    Einer nach dem andern "klappt ab" . . . Der läßt den

    Kopf vornüber, der rollt den Abhang hinunter, der

    schreit . . . Sie schießen wie besessen auf uns. Nun

    liegt nur noch einer rechts von mir, eben fängt auch der

    an, sich hin und her zu wälzen, Blut quillt aus dem

    Rock hervor, ich werde ihm sein Gewehr abnehmen; ich

    richte mich auf . . . Donnerwetter, ich fühle einen

    Schlag vor der linken Brust: "Kinder, jetzt hat´s mich

    auch." . . .

        Ich rutsche den Abhang hinab, das Blut kommt mir

    aus dem Munde . . .  hinter einem Steinhaufen finde

    ich Deckung vor dem mörderischen Feuer. Ich bitte einen

    Soldaten: "Mach mir mal die Feldflasche ab - so -

     - und den Tornister."Einen langen Schluck. Der gute

    Kerl öffnet mir den Waffenrock. Ich lehne mich gegen

    den Steinhaufen. Ganz warm quillt das Blut hervor;

    wie lange kann´s dauern, dann ist´s vorbei. Aus dem

    Rocktäschchen ziehe ich das Verbandszeug, öffne es hastig

    und drücke es auf die Wunde. Dann warte ich ab,

    minutenlang; auf dem Wege vor mir stehen die braven

    Kerle und feuern; da ist auch A. noch mit den schwarzen

    Quasten. "Kinder, schickt mir doch einen Arzt." Mir

    fängt´s an, vor den Augen zu flimmern. Da kommt das

    Soldaggengefühl: du mußt Dich wehren, darfst  nicht dich

    dumpf in ein Schicksal ergeben. Die Schlacht geht wei-

    ter; hier findet dich keiner . . .



  • September 2, 2017 18:59:31 Beate Jochem

     item 14


     Ueber 30 000 Russen in Ostpreußen gefangen.

    Der Sieg der Oesterreicher. Der Kampf in der Nordsee. Die Opfer vom

                                Kreuzer "Magdeburg".


     1. Spalte 

        Wie im Westen, so ist nunmehr auch im Osten die

    erste große Schlacht geschlagen worden. Der Unterschied

    liegt darin, daß sich die Russen in der Offensivstellung

    befanden, während wir den Ansturm abzuwehren hatten.

    Aus der Richtung von Niemen, wie von der Narew her,

    d. h. aus Süden und aus Osten waren erhebliche russische

    Streitkräfte im Anmarsche, die zwischen Insterburg und

    Graudenz in deutsches Gebiet einzubrechen versuchten.

    Ihr Zweck war offenbar, die deutsche Defensive zu durch-

    brechen, ehe die siegreich vordringenden Oesterreicher

    Verbindung mit uns erlangt haben. Die Absicht ist an

    der Wachsamkeit unserer Heeresleitung und der Tapfer-

    keit unserer Truppen gescheitert. Die russische Armee,

    an Zahl fast der bei Metz geschlagenen französischen Ar-

    mee gleich,  ist über die Grenze zurückgewichen und wird

    von unseren Truppen verfolgt. Durch diesen Sieg ist

    die Durchführung des gemeinschaftlichen Vormarsches

    unserer und der österreichischen Truppen gegen die

    Weichsel erleichtert worden. Es geht auf Warschau los!

        Die  Meldung über den Sieg lautet kurz und knapp:

        WTB. Berlin, 29. August.  Unsere Truppen in

    Preußen unter der Führung des Generalobersten Hinden-

    burg haben die von Narew vorgegangene russische Armee

    in Stärke von 5 Armeekorps und 3 Kavalleriedivisionen

    in dreitägiger Schlacht bei Gilgenburg-Ortelsburg ge-

    schlagen und verfolgen sie jetzt über die Grenze.

                                             Generalquartiermeister von Stein.

        Die am Sonnabend verbreitete Meldung von dem

    großen deutschen Siege über die Russen in Ostpreußen

    wird durch folgende neue erfreuliche Nachricht ergänzt:

        WTB. Berlin, 31. August.   Bei den großen

    Kämpfen, in denen die russische Armee bei Tannen-

    berg, Hohenstein und Ortelsburg geworfen wurden,

    sind nach vorläufiger Schätzung über 30000 Russen

    mit vielen hohen Offizieren in Gefangenschaft

    geraten.

        Eine erfreuliche Ergänzung zu der amtlichen Mel-

    dung über das Ergebnis der Schlacht bilden die folgen-

    den Mitteilungen, die aus amtlichen Quellen Ost-

    preußens stammen:

        Der vom Generalquartiermeister in seiner Ver-

    öffentlichung vom 25. August als bevorstehend angekün-

    digte Entscheidungskampf  hat begonnen. Als Einleitung

    erfolgte die Besetzung der Grenzstadt Neidenburg durch

    starke russische Kräfte. Die Russen plünderten die Stadt

    gründlich und bombardierten sie dann von den benach-

    barten Höhen. Den meisten Bürgern Neidenburgs,

    das etwa 6000 Einwohner hat, war es gelungen, über

    Hohenstein und Allenstein zu fliehen. Das 20. Armee-

    korps griff energisch in den Kampf gegen den russischen 

    Gegner ein. Die "Allensteiner Zeitung" kann mit amt-

    licher Genehmigung darüber melden: Unser tapferes

    20. Armeekorps steht seit 24 Stunden im Feuer mit

    einem an  Kräften weit überlegenen Gegner. Dank der

    Tapferkeit unserer Truppen und Führer ist es den

    Russen trotz der gewaltigen Uebermacht nicht gelun-

    gen, unsere Stellungen zu nehmen. Der Kampf hat sich

    dann zu einer Riesenschlacht auf der Linie Gilgenburg-

    Neidenburg-Ortelsburg entwickelt mit etwa 50 Kilo-

    meter Frontlänge. Hierüber teilt Landrat Hagemann

    in Marienburg der "Marienburger Zeitung" mit, daß

    zwei russische Armeekorps aufgerieben worden seien.


                                             Kriegsbriefe.

                                Wie ich verwundet wurde

                         Von einem Mitkämpfer bei Lüttich.

    . . .  Mitten in dieses Dorfgefecht (Sturm auf Ft.

    Fléron) waren wir hineingerissen. Es blitzte aus allen

    Häusern, unablässig rollt der Donner der Geschütze, un-

    ablässig geht der Eisenregen nieder. Stockdunkel . . . 

    Wie sehnlich wünschen wir den Morgen heran. - Kein

    Gegner zu sehen - und doch sinkt Mann neben Mann.

    Aus den Mauern der Häuser sind nur winzige Steine

    gelöst - ein Flintenlauf ragt durch; in den Fenster-

    laden ein kleines Loch - der Lauf einer Jagdbüchse

    sprüht Flammen heraus - aus den Kellerfenstern, von

    den Böden zuckt und flammt und pfeift es . . . Wie

    im Hexenkessel . . . Und wir dürfen nicht schießen, um

    die Kameraden, die rechts und links vor uns im Gefecht

    liegen, nicht zu gefährden . . . Einer neben dem anderen 

    sinkt - Aechzen und Stöhnen überall. Hinweg über

    einen Haufen zuckender Leiber, vorsichtig - um keinem

    wehe zu tun - und um uns blitzt und kracht´s. Aus einem

    Eckhaus prasselt uns ein Hagel entgegen. -

    Zwanzig, fünfzig Läufe heben sich - , da brülle ich:

    "Keinen Schuß, Kerls! Wer kommt mit? Beil her!"

    Ein kleiner Musketier reicht mir eine Picke . . . Zehn

    braune Kerls drängen hinter mir nach. - Dann ein

    paar Hiebe mit Beil und Kolben - die Tür kracht ein

     - von der Decke her zucken Geschosse nieder . . . "Keiner

    die Bodentreppe hinauf! Hierbleiben! Streichhölzer

    her!" Und schon habe ich ein paar Strohballen vorge-

    rissen, - fünf Minuten später züngeln die Flammen

    aus allen Fenstern. "So, Jungs, nun vorwärts!" -

    Hinein wieder in die Dorfgasse . . . Da treffe ich mei-

    nen Kompagnieführer. "Hierher!" schreit er. "Ueber

    die Mauer, mir nach!"

        Zwei Kerle heben mich hoch, im Nu haben wir eine

    Gartenmauer überstiegen, und stürmen weiter, einer

    belgischen Abteilung in den Rücken zu fallen. Manns-

    hohe Hecken, mit Stacheldraht durchzogen -  vier, fünf

     -  vor uns.  "Her, Kerls," rufe ich, "gebt mir die

    Drahtschere!" Ein paar wuchtige Jungens treten

    den Schlehdorn ein - ich knipse den Draht durch und gehe

    ihnen voran, - meine Hose hängt in Fetzen runter.

    Die Hecken werden genommen - auf einmal kracht es

    auf uns her - nur wenige Sekunden, dann saust eine

    Haubitze in den verruchten  Giebel - Steine spritzen

    umher -  das Gemäuer sinkt donnernd zusammen.

    Feuer von links! - Da sind die Unsern, sie schießen 

    auf uns - sie erkennen uns noch immer nicht. Wir

    brüllen ihnen die Losung zu: "Der Kaiser! Der Kaiser!"

     - Sie hören uns nicht in dem Höllenlärm. "Hornist,"

    rufe ich, "blasen Sie Signal!" Der brave Junge - er

    war von den vierten Jägern, nimmt das Horn und

    schmettert: Das Ganze! - Das Ganze! - Da kommt´s

    von drüben zurück. Wir erkennen uns - es sind die

    27er - ich drücke dem Hauptmann, den ich seit Jahren

    kenne, die Hand. - 

                             Heller Morgen, ¼ 7 Uhr (am 6. August).

        Vor uns liegt ein Kohlenbergwerk. Zwei Kohlen-

    halden sind einige Meter hoch im Winkel zu einander

    aufgeschüttet - da stürmen wir hinauf: Ein Jäger-


     Fortsetzung 2. Spalte Mitte 


     2. Spalte 

    Siegreiches Vordringen der Oesterreicher.

        WTB. Wien, 30. August.  Der Korrespondent des

    Neuen Wiener Tagebl. im Hauptquartier meldet: Die

    große Schlacht ist heute, am vierten Tage, in vollem

    Gange und steht gut für uns. Die linke Flügelgruppe

    rückt gegen Lublin und Zamocs langsam aber sicher vor,

    stößt aber immer wieder auf den neuverschanzten Gegner

    und anstelle von Frontalangriffen sind zeitraubende Um-

    gehungen nötig. Drei Zügen des Infanterieregiments

    Nr. 72 gelang ein rascher Frontalangriff,  bei dem zwei

    russische Hauptleute, sechs Subalternoffiziere und 470

    Mann gefangen genommen wurden.  Die Kräftegruppe

    zwischen Bug und Wieprz griff eine russische Division

    von drei Seiten mit Erfolg an, sodaß sie nur unter dem

    Schutze der Nacht entkamen. Generalstabshauptmann

    Roßmann stürzte mit seinem Flugzeug ab und wurde

    getötet. Das Armeeverordnungsblatt veröffentlichte ge-

    rade heute eine Auszeichnung Roßmanns für hervor-

    ragend tapferes Verhalten vor dem Feinde.

        WTB. Wien, 30. August. (Nicht amtlich.)  Soweit

    sich bis gestern mittag überblicken ließ, ist das große

    Ringen unserer Armee mit den Hauptkräften des russi-

    schen Heeres noch nicht zur Entscheidung herangereift.

    Nur die Erfolge der vom General der Kavallerie Viktor

    Dankl in der Schlacht bei Krasnik siegreich geführten

    Armee sind bereits einigermaßen zu übersehen. In ei-

    ner zweiten Schlacht am 27. August, die durch die helden-

    mütige Erstürmung einer stark befestigten Stellung auf

    den Höhen von  Niedrzwiosduca  gekrönt war, gelang es,

    die bei Krasnik zurückgeworfenen russischen Kräfte und

    herangeführten Verstärkungen, im ganzen etwa zehn

    Divisionen, durch sechs verschiedene Korps neuerlich zu

    schlagen. Eines unserer Korps nahm in dieser zweiten

    Schlacht einen General, einen Oberst, drei sonstige

    Stabspersonen, vierzig Offiziere und zirka 2000 Mann

    gefangen und erbeutete wieder sehr viel Kriegsmaterial.

        WTB. Wien, 31. August. Die Schlachten auf dem

    östlichen Kriegsschauplatz dauern mit ungeminderter

    Heftigkeit fort. Oestlich unserer trotz mehrfacher be-

    festigter Stellungen des Feindes unaufhaltsam gegen

    Lublin vordringenden Armee Dankl haben unsere zwischen

    Bug und Wieprz vorgeführten Kräfte am 26. August

    den Angriff auf die dem Raume bei Cholm stehen-

    den starken russischen Kräfte begonnen. Hierbei ent-

    wickelten sich wie bei Krasnik wieder harte, für unsere

    angriffsfreudigen Truppen siegreich verlaufende Kämpfe

    bei  Zamoid  sowie nördlich und östlich bei Tomaszow.

    In diesen Kämpfen wurden ebenso wie in den Schlach-

    ten bei Krasnik tausende von Gefangenen gemacht. 

    In Ostgalizien behaupten sich unsere Truppen mit helden-

    mütiger Bravour und Zähigkeit gegen sehr starke uns

    überlegene feindliche Kräfte. Auf dem südlichen Kriegs-

    schauplatz haben in letzter Zeit neue Kämpfe statt-

    gefunden. 

                           Der Kampf in der Nordsee.

       Der lange erwartete Zusammenstoß unserer Flotte

    mit der englischen ist erfolgt. Die Nordsee bei Helgo-

    land war der Kampfplatz, wo der Seekrieg heftig tobte.

    Der Kampf erfolgte bei unsichtigem Wetter und er zog

    sich nach Westen, also nach der englischen Küste zu hin.

    Mehrere kleine Kreuzer unserer Flotte stießen todes-

    mutig vor und gerieten dabei in einen Kampf mit einer

    überlegenen starken englischen Flotte. Unsere Schiffe

    mußten der Uebermacht weichen, haben den Engländern

    aber, wie ein englischer Bericht eingesteht, schwere Be-

    schädigungen beigebracht. Nach dem, was man sonst von


     Fortsetzung  3. Spalte oben 

     

      Fortsetzung von  1. Spalte  Kriegsbriefe 

    leutnant, ein Kompagniekamerad von mir, Sch., dann

    ein riesiger Adjutant von den 27ern, A., ein tapferer

    Junge, der nicht mit der Wimper zuckte -  am  Wege

    unten bleibt H. zurück, der furchtlose Regimentsadjunkt

    vom Regiment Louis Ferdinand, und mit ungefähr 10

    Mann nimmt der Hauptmann v. B. die Häuser in un-

    serm Rücken unter Feuer, er selbst hat den Degen ab-

    gelegt und führt das Gewehr . . .

        Oben von meiner Kohlenhalde sehe ich ein Gehöft

    und zum ersten Male belgische Infanterie - sonst wa-

    ren die Kerle gelaufen, als sei der Deibel hinter ihnen.

     - Jetzt heben sie die Büchse an die Backe. Ich lasse

    das Feuer aufnehmen und beobachte durch das Glas die

    Wirkung . . . "Ruhig zielen, Kerls, ihr schießt zu weit"

    . . . Zwei schwarze Mäntel sehe ich sich im Sande wälzen.

         "Hols der Deibel!" Sie schießen von rechts her - 

    von der anderen Halde . . .  Da steht noch auf unserem

    Flügel der lange A. Seine Schärpe flattert, die Quasten

    sind schwarz von Kohlenstaub, er schießt auf die Bande

    rechts - jetzt knallt´s auch von hintenher aus den

    Häusern . . .

        Ich setze das Glas ab und sehe mich um. Da links

    am Flügel liegt mein Kamerad Sch., hat einem Ver-

    wundeten das Gewehr abgenommen und schießt nach dem

    Gehöft . . .  Rechts von mir - ja, was ist denn das?

    Einer nach dem andern "klappt ab" . . . Der läßt den

    Kopf vornüber, der rollt den Abhang hinunter, der

    schreit . . . Sie schießen wie besessen auf uns. Nun

    liegt nur noch einer rechts von mir, eben fängt auch der

    an, sich hin und her zu wälzen, Blut quillt aus dem

    Rock hervor, ich werde ihm sein Gewehr abnehmen; ich

    richte mich auf . . . Donnerwetter, ich fühle einen

    Schlag vor der linken Brust: "Kinder, jetzt hat´s mich

    auch." . . .


  • September 2, 2017 18:51:27 Beate Jochem

     item 14


     Ueber 30 000 Russen in Ostpreußen gefangen.

    Der Sieg der Oesterreicher. Der Kampf in der Nordsee. Die Opfer vom

                                Kreuzer "Magdeburg".


     1. Spalte 

        Wie im Westen, so ist nunmehr auch im Osten die

    erste große Schlacht geschlagen worden. Der Unterschied

    liegt darin, daß sich die Russen in der Offensivstellung

    befanden, während wir den Ansturm abzuwehren hatten.

    Aus der Richtung von Niemen, wie von der Narew her,

    d. h. aus Süden und aus Osten waren erhebliche russische

    Streitkräfte im Anmarsche, die zwischen Insterburg und

    Graudenz in deutsches Gebiet einzubrechen versuchten.

    Ihr Zweck war offenbar, die deutsche Defensive zu durch-

    brechen, ehe die siegreich vordringenden Oesterreicher

    Verbindung mit uns erlangt haben. Die Absicht ist an

    der Wachsamkeit unserer Heeresleitung und der Tapfer-

    keit unserer Truppen gescheitert. Die russische Armee,

    an Zahl fast der bei Metz geschlagenen französischen Ar-

    mee gleich,  ist über die Grenze zurückgewichen und wird

    von unseren Truppen verfolgt. Durch diesen Sieg ist

    die Durchführung des gemeinschaftlichen Vormarsches

    unserer und der österreichischen Truppen gegen die

    Weichsel erleichtert worden. Es geht auf Warschau los!

        Die  Meldung über den Sieg lautet kurz und knapp:

        WTB. Berlin, 29. August.  Unsere Truppen in

    Preußen unter der Führung des Generalobersten Hinden-

    burg haben die von Narew vorgegangene russische Armee

    in Stärke von 5 Armeekorps und 3 Kavalleriedivisionen

    in dreitägiger Schlacht bei Gilgenburg-Ortelsburg ge-

    schlagen und verfolgen sie jetzt über die Grenze.

                                             Generalquartiermeister von Stein.

        Die am Sonnabend verbreitete Meldung von dem

    großen deutschen Siege über die Russen in Ostpreußen

    wird durch folgende neue erfreuliche Nachricht ergänzt:

        WTB. Berlin, 31. August.   Bei den großen

    Kämpfen, in denen die russische Armee bei Tannen-

    berg, Hohenstein und Ortelsburg geworfen wurden,

    sind nach vorläufiger Schätzung über 30000 Russen

    mit vielen hohen Offizieren in Gefangenschaft

    geraten.

        Eine erfreuliche Ergänzung zu der amtlichen Mel-

    dung über das Ergebnis der Schlacht bilden die folgen-

    den Mitteilungen, die aus amtlichen Quellen Ost-

    preußens stammen:

        Der vom Generalquartiermeister in seiner Ver-

    öffentlichung vom 25. August als bevorstehend angekün-

    digte Entscheidungskampf  hat begonnen. Als Einleitung

    erfolgte die Besetzung der Grenzstadt Neidenburg durch

    starke russische Kräfte. Die Russen plünderten die Stadt

    gründlich und bombardierten sie dann von den benach-

    barten Höhen. Den meisten Bürgern Neidenburgs,

    das etwa 6000 Einwohner hat, war es gelungen, über

    Hohenstein und Allenstein zu fliehen. Das 20. Armee-

    korps griff energisch in den Kampf gegen den russischen 

    Gegner ein. Die "Allensteiner Zeitung" kann mit amt-

    licher Genehmigung darüber melden: Unser tapferes

    20. Armeekorps steht seit 24 Stunden im Feuer mit

    einem an  Kräften weit überlegenen Gegner. Dank der

    Tapferkeit unserer Truppen und Führer ist es den

    Russen trotz der gewaltigen Uebermacht nicht gelun-

    gen, unsere Stellungen zu nehmen. Der Kampf hat sich

    dann zu einer Riesenschlacht auf der Linie Gilgenburg-

    Neidenburg-Ortelsburg entwickelt mit etwa 50 Kilo-

    meter Frontlänge. Hierüber teilt Landrat Hagemann

    in Marienburg der "Marienburger Zeitung" mit, daß

    zwei russische Armeekorps aufgerieben worden seien.


                                             Kriegsbriefe.

                                Wie ich verwundet wurde

                         Von einem Mitkämpfer bei Lüttich.

    . . .  Mitten in dieses Dorfgefecht (Sturm auf Ft.

    Fléron) waren wir hineingerissen. Es blitzte aus allen

    Häusern, unablässig rollt der Donner der Geschütze, un-

    ablässig geht der Eisenregen nieder. Stockdunkel . . . 

    Wie sehnlich wünschen wir den Morgen heran. - Kein

    Gegner zu sehen - und doch sinkt Mann neben Mann.

    Aus den Mauern der Häuser sind nur winzige Steine

    gelöst - ein Flintenlauf ragt durch; in den Fenster-

    laden ein kleines Loch - der Lauf einer Jagdbüchse

    sprüht Flammen heraus - aus den Kellerfenstern, von

    den Böden zuckt und flammt und pfeift es . . . Wie

    im Hexenkessel . . . Und wir dürfen nicht schießen, um

    die Kameraden, die rechts und links vor uns im Gefecht

    liegen, nicht zu gefährden . . . Einer neben dem anderen 

    sinkt - Aechzen und Stöhnen überall. Hinweg über

    einen Haufen zuckender Leiber, vorsichtig - um keinem

    wehe zu tun - und um uns blitzt und kracht´s. Aus einem

    Eckhaus prasselt uns ein Hagel entgegen. -

    Zwanzig, fünfzig Läufe heben sich - , da brülle ich:

    "Keinen Schuß, Kerls! Wer kommt mit? Beil her!"

    Ein kleiner Musketier reicht mir eine Picke . . . Zehn

    braune Kerls drängen hinter mir nach. - Dann ein

    paar Hiebe mit Beil und Kolben - die Tür kracht ein

     - von der Decke her zucken Geschosse nieder . . . "Keiner

    die Bodentreppe hinauf! Hierbleiben! Streichhölzer

    her!" Und schon habe ich ein paar Strohballen vorge-

    rissen, - fünf Minuten später züngeln die Flammen

    aus allen Fenstern. "So, Jungs, nun vorwärts!" -

    Hinein wieder in die Dorfgasse . . . Da treffe ich mei-

    nen Kompagnieführer. "Hierher!" schreit er. "Ueber

    die Mauer, mir nach!"

        Zwei Kerle heben mich hoch, im Nu haben wir eine

    Gartenmauer überstiegen, und stürmen weiter, einer

    belgischen Abteilung in den Rücken zu fallen. Manns-

    hohe Hecken, mit Stacheldraht durchzogen -  vier, fünf

     -  vor uns.  "Her, Kerls," rufe ich, "gebt mir die

    Drahtschere!" Ein paar wuchtige Jungens treten

    den Schlehdorn ein - ich knipse den Draht durch und gehe

    ihnen voran, - meine Hose hängt in Fetzen runter.

    Die Hecken werden genommen - auf einmal kracht es

    auf uns her - nur wenige Sekunden, dann saust eine

    Haubitze in den verruchten  Giebel - Steine spritzen

    umher -  das Gemäuer sinkt donnernd zusammen.

    Feuer von links! - Da sind die Unsern, sie schießen 

    auf uns - sie erkennen uns noch immer nicht. Wir

    brüllen ihnen die Losung zu: "Der Kaiser! Der Kaiser!"

     - Sie hören uns nicht in dem Höllenlärm. "Hornist,"

    rufe ich, "blasen Sie Signal!" Der brave Junge - er

    war von den vierten Jägern, nimmt das Horn und

    schmettert: Das Ganze! - Das Ganze! - Da kommt´s

    von drüben zurück. Wir erkennen uns - es sind die

    27er - ich drücke dem Hauptmann, den ich seit Jahren

    kenne, die Hand. - 

                             Heller Morgen, ¼ 7 Uhr (am 6. August).

        Vor uns liegt ein Kohlenbergwerk. Zwei Kohlen-

    halden sind einige Meter hoch im Winkel zu einander

    aufgeschüttet - da stürmen wir hinauf: Ein Jäger-


     Fortsetzung 2. Spalte Mitte 


     2. Spalte 

    Siegreiches Vordringen der Oesterreicher.

        WTB. Wien, 30. August.  Der Korrespondent des

    Neuen Wiener Tagebl. im Hauptquartier meldet: Die

    große Schlacht ist heute, am vierten Tage, in vollem

    Gange und steht gut für uns. Die linke Flügelgruppe

    rückt gegen Lublin und Zamocs langsam aber sicher vor,

    stößt aber immer wieder auf den neuverschanzten Gegner

    und anstelle von Frontalangriffen sind zeitraubende Um-

    gehungen nötig. Drei Zügen des Infanterieregiments

    Nr. 72 gelang ein rascher Frontalangriff,  bei dem zwei

    russische Hauptleute, sechs Subalternoffiziere und 470

    Mann gefangen genommen wurden.  Die Kräftegruppe

    zwischen Bug und Wieprz griff eine russische Division

    von drei Seiten mit Erfolg an, sodaß sie nur unter dem

    Schutze der Nacht entkamen. Generalstabshauptmann

    Roßmann stürzte mit seinem Flugzeug ab und wurde

    getötet. Das Armeeverordnungsblatt veröffentlichte ge-

    rade heute eine Auszeichnung Roßmanns für hervor-

    ragend tapferes Verhalten vor dem Feinde.

        WTB. Wien, 30. August. (Nicht amtlich.)  Soweit

    sich bis gestern mittag überblicken ließ, ist das große

    Ringen unserer Armee mit den Hauptkräften des russi-

    schen Heeres noch nicht zur Entscheidung herangereift.

    Nur die Erfolge der vom General der Kavallerie Viktor

    Dankl in der Schlacht bei Krasnik siegreich geführten

    Armee sind bereits einigermaßen zu übersehen. In ei-

    ner zweiten Schlacht am 27. August, die durch die helden-

    mütige Erstürmung einer stark befestigten Stellung auf

    den Höhen von  Niedrzwiosduca  gekrönt war, gelang es,

    die bei Krasnik zurückgeworfenen russischen Kräfte und

    herangeführten Verstärkungen, im ganzen etwa zehn

    Divisionen, durch sechs verschiedene Korps neuerlich zu

    schlagen. Eines unserer Korps nahm in dieser zweiten

    Schlacht einen General, einen Oberst, drei sonstige

    Stabspersonen, vierzig Offiziere und zirka 2000 Mann

    gefangen und erbeutete wieder sehr viel Kriegsmaterial.

        WTB. Wien, 31. August. Die Schlachten auf dem

    östlichen Kriegsschauplatz dauern mit ungeminderter

    Heftigkeit fort. Oestlich unserer trotz mehrfacher be-

    festigter Stellungen des Feindes unaufhaltsam gegen

    Lublin vordringenden Armee Dankl haben unsere zwischen

    Bug und Wieprz vorgeführten Kräfte am 26. August

    den Angriff auf die dem Raume bei Cholm stehen-

    den starken russischen Kräfte begonnen. Hierbei ent-

    wickelten sich wie bei Krasnik wieder harte, für unsere

    angriffsfreudigen Truppen siegreich verlaufende Kämpfe

    bei  Zamoid  sowie nördlich und östlich bei Tomaszow.

    In diesen Kämpfen wurden ebenso wie in den Schlach-

    ten bei Krasnik tausende von Gefangenen gemacht. 

    In Ostgalizien behaupten sich unsere Truppen mit helden-

    mütiger Bravour und Zähigkeit gegen sehr starke uns

    überlegene feindliche Kräfte. Auf dem südlichen Kriegs-

    schauplatz haben in letzter Zeit neue Kämpfe statt-

    gefunden. 

                           Der Kampf in der Nordsee.

       Der lange erwartete Zusammenstoß unserer Flotte

    mit der englischen ist erfolgt. Die Nordsee bei Helgo-

    land war der Kampfplatz, wo der Seekrieg heftig tobte.

    Der Kampf erfolgte bei unsichtigem Wetter und er zog

    sich nach Westen, also nach der englischen Küste zu hin.

    Mehrere kleine Kreuzer unserer Flotte stießen todes-

    mutig vor und gerieten dabei in einen Kampf mit einer

    überlegenen starken englischen Flotte. Unsere Schiffe

    mußten der Uebermacht weichen, haben den Engländern

    aber, wie ein englischer Bericht eingesteht, schwere Be-

    schädigungen beigebracht. Nach dem, was man sonst von


     Fortsetzung  3. Spalte oben 


     Fortsetzung von  1. Spalte 

    leutnant, ein Kompagniekamerad von mir, Sch., dann

    ein riesiger Adjutant von den 27ern, A., ein tapferer

    Junge, der nicht mit der Wimper zuckte -  am  Wege

    unten bleibt H. zurück, der furchtlose Regimentsadjunkt

    vom Regiment Louis Ferdinand, und mit ungefähr 10

    Mann nimmt der Hauptmann v. B. die Häuser in un-

    serm Rücken unter Feuer, er selbst hat den Degen ab-

    gelegt und führt das Gewehr . . .

        Oben von meiner Kohlenhalde sehe ich ein Gehöft

    und zum ersten Male belgische Infanterie - sonst wa-

    ren die Kerle gelaufen, als sei der Deibel hinter ihnen.

     - Jetzt heben sie die Büchse an die Backe. Ich lasse

    das Feuer aufnehmen und beobachte durch das Glas die

    Wirkung . . . "Ruhig zielen, Kerls, ihr schießt zu weit"

    . . . Zwei schwarze Mäntel sehe ich sich im Sande wälzen.

         "Hols der Deibel!" Sie schießen von rechts her - 

    von der anderen Halde . . .  Da steht noch auf unserem

    Flügel der lange A. Seine Schärpe flattert, die Quasten

    sind schwarz von Kohlenstaub, er schießt auf die Bande

    rechts - jetzt knallt´s auch von hintenher aus den

    Häusern . . .



  • September 1, 2017 20:12:53 Beate Jochem

     item 14


     Ueber 30 000 Russen in Ostpreußen gefangen.

    Der Sieg der Oesterreicher. Der Kampf in der Nordsee. Die Opfer vom

                                Kreuzer "Magdeburg".


     1. Spalte 

        Wie im Westen, so ist nunmehr auch im Osten die

    erste große Schlacht geschlagen worden. Der Unterschied

    liegt darin, daß sich die Russen in der Offensivstellung

    befanden, während wir den Ansturm abzuwehren hatten.

    Aus der Richtung von Niemen, wie von der Narew her,

    d. h. aus Süden und aus Osten waren erhebliche russische

    Streitkräfte im Anmarsche, die zwischen Insterburg und

    Graudenz in deutsches Gebiet einzubrechen versuchten.

    Ihr Zweck war offenbar, die deutsche Defensive zu durch-

    brechen, ehe die siegreich vordringenden Oesterreicher

    Verbindung mit uns erlangt haben. Die Absicht ist an

    der Wachsamkeit unserer Heeresleitung und der Tapfer-

    keit unserer Truppen gescheitert. Die russische Armee,

    an Zahl fast der bei Metz geschlagenen französischen Ar-

    mee gleich,  ist über die Grenze zurückgewichen und wird

    von unseren Truppen verfolgt. Durch diesen Sieg ist

    die Durchführung des gemeinschaftlichen Vormarsches

    unserer und der österreichischen Truppen gegen die

    Weichsel erleichtert worden. Es geht auf Warschau los!

        Die  Meldung über den Sieg lautet kurz und knapp:

        WTB. Berlin, 29. August.  Unsere Truppen in

    Preußen unter der Führung des Generalobersten Hinden-

    burg haben die von Narew vorgegangene russische Armee

    in Stärke von 5 Armeekorps und 3 Kavalleriedivisionen

    in dreitägiger Schlacht bei Gilgenburg-Ortelsburg ge-

    schlagen und verfolgen sie jetzt über die Grenze.

                                             Generalquartiermeister von Stein.

        Die am Sonnabend verbreitete Meldung von dem

    großen deutschen Siege über die Russen in Ostpreußen

    wird durch folgende neue erfreuliche Nachricht ergänzt:

        WTB. Berlin, 31. August.   Bei den großen

    Kämpfen, in denen die russische Armee bei Tannen-

    berg, Hohenstein und Ortelsburg geworfen wurden,

    sind nach vorläufiger Schätzung über 30000 Russen

    mit vielen hohen Offizieren in Gefangenschaft

    geraten.

        Eine erfreuliche Ergänzung zu der amtlichen Mel-

    dung über das Ergebnis der Schlacht bilden die folgen-

    den Mitteilungen, die aus amtlichen Quellen Ost-

    preußens stammen:

        Der vom Generalquartiermeister in seiner Ver-

    öffentlichung vom 25. August als bevorstehend angekün-

    digte Entscheidungskampf  hat begonnen. Als Einleitung

    erfolgte die Besetzung der Grenzstadt Neidenburg durch

    starke russische Kräfte. Die Russen plünderten die Stadt

    gründlich und bombardierten sie dann von den benach-

    barten Höhen. Den meisten Bürgern Neidenburgs,

    das etwa 6000 Einwohner hat, war es gelungen, über

    Hohenstein und Allenstein zu fliehen. Das 20. Armee-

    korps griff energisch in den Kampf gegen den russischen 

    Gegner ein. Die "Allensteiner Zeitung" kann mit amt-

    licher Genehmigung darüber melden: Unser tapferes

    20. Armeekorps steht seit 24 Stunden im Feuer mit

    einem an  Kräften weit überlegenen Gegner. Dank der

    Tapferkeit unserer Truppen und Führer ist es den

    Russen trotz der gewaltigen Uebermacht nicht gelun-

    gen, unsere Stellungen zu nehmen. Der Kampf hat sich

    dann zu einer Riesenschlacht auf der Linie Gilgenburg-

    Neidenburg-Ortelsburg entwickelt mit etwa 50 Kilo-

    meter Frontlänge. Hierüber teilt Landrat Hagemann

    in Marienburg der "Marienburger Zeitung" mit, daß

    zwei russische Armeekorps aufgerieben worden seien.


                                             Kriegsbriefe.

                                Wie ich verwundet wurde

                         Von einem Mitkämpfer bei Lüttich.

    . . .  Mitten in dieses Dorfgefecht (Sturm auf Ft.

    Fléron) waren wir hineingerissen. Es blitzte aus allen

    Häusern, unablässig rollt der Donner der Geschütze, un-

    ablässig geht der Eisenregen nieder. Stockdunkel . . . 

    Wie sehnlich wünschen wir den Morgen heran. - Kein

    Gegner zu sehen - und doch sinkt Mann neben Mann.

    Aus den Mauern der Häuser sind nur winzige Steine

    gelöst - ein Flintenlauf ragt durch; in den Fenster-

    laden ein kleines Loch - der Lauf einer Jagdbüchse

    sprüht Flammen heraus - aus den Kellerfenstern, von

    den Böden zuckt und flammt und pfeift es . . . Wie

    im Hexenkessel . . . Und wir dürfen nicht schießen, um

    die Kameraden, die rechts und links vor uns im Gefecht

    liegen, nicht zu gefährden . . . Einer neben dem anderen 

    sinkt - Aechzen und Stöhnen überall. Hinweg über

    einen Haufen zuckender Leiber, vorsichtig - um keinem

    wehe zu tun - und um uns blitzt und kracht´s. Aus einem

    Eckhaus prasselt uns ein Hagel entgegen. -

    Zwanzig, fünfzig Läufe heben sich - , da brülle ich:

    "Keinen Schuß, Kerls! Wer kommt mit? Beil her!"

    Ein kleiner Musketier reicht mir eine Picke . . . Zehn

    braune Kerls drängen hinter mir nach. - Dann ein

    paar Hiebe mit Beil und Kolben - die Tür kracht ein

     - von der Decke her zucken Geschosse nieder . . . "Keiner

    die Bodentreppe hinauf! Hierbleiben! Streichhölzer

    her!" Und schon habe ich ein paar Strohballen vorge-

    rissen, - fünf Minuten später züngeln die Flammen

    aus allen Fenstern. "So, Jungs, nun vorwärts!" -

    Hinein wieder in die Dorfgasse . . . Da treffe ich mei-

    nen Kompagnieführer. "Hierher!" schreit er. "Ueber

    die Mauer, mir nach!"

        Zwei Kerle heben mich hoch, im Nu haben wir eine

    Gartenmauer überstiegen, und stürmen weiter, einer

    belgischen Abteilung in den Rücken zu fallen. Manns-

    hohe Hecken, mit Stacheldraht durchzogen -  vier, fünf

     -  vor uns.  "Her, Kerls," rufe ich, "gebt mir die

    Drahtschere!" Ein paar wuchtige Jungens treten

    den Schlehdorn ein - ich knipse den Draht durch und gehe

    ihnen voran, - meine Hose hängt in Fetzen runter.

    Die Hecken werden genommen - auf einmal kracht es

    auf uns her - nur wenige Sekunden, dann saust eine

    Haubitze in den verruchten  Giebel - Steine spritzen

    umher -  das Gemäuer sinkt donnernd zusammen.

    Feuer von links! - Da sind die Unsern, sie schießen 

    auf uns - sie erkennen uns noch immer nicht. Wir

    brüllen ihnen die Losung zu: "Der Kaiser! Der Kaiser!"

     - Sie hören uns nicht in dem Höllenlärm. "Hornist,"

    rufe ich, "blasen Sie Signal!" Der brave Junge - er

    war von den vierten Jägern, nimmt das Horn und

    schmettert: Das Ganze! - Das Ganze! - Da kommt´s

    von drüben zurück. Wir erkennen uns - es sind die

    27er - ich drücke dem Hauptmann, den ich seit Jahren

    kenne, die Hand. - 

                             Heller Morgen, ¼ 7 Uhr (am 6. August).

        Vor uns liegt ein Kohlenbergwerk. Zwei Kohlen-

    halden sind einige Meter hoch im Winkel zu einander

    aufgeschüttet - da stürmen wir hinauf: Ein Jäger-


     Fortsetzung 2. Spalte Mitte 


     2. Spalte 

    Siegreiches Vordringen der Oesterreicher.

        WTB. Wien, 30. August.  Der Korrespondent des

    Neuen Wiener Tagebl. im Hauptquartier meldet: Die

    große Schlacht ist heute, am vierten Tage, in vollem

    Gange und steht gut für uns. Die linke Flügelgruppe

    rückt gegen Lublin und Zamocs langsam aber sicher vor,

    stößt aber immer wieder auf den neuverschanzten Gegner

    und anstelle von Frontalangriffen sind zeitraubende Um-

    gehungen nötig. Drei Zügen des Infanterieregiments

    Nr. 72 gelang ein rascher Frontalangriff,  bei dem zwei

    russische Hauptleute, sechs Subalternoffiziere und 470

    Mann gefangen genommen wurden.  Die Kräftegruppe

    zwischen Bug und Wieprz griff eine russische Division

    von drei Seiten mit Erfolg an, sodaß sie nur unter dem

    Schutze der Nacht entkamen. Generalstabshauptmann

    Roßmann stürzte mit seinem Flugzeug ab und wurde

    getötet. Das Armeeverordnungsblatt veröffentlichte ge-

    rade heute eine Auszeichnung Roßmanns für hervor-

    ragend tapferes Verhalten vor dem Feinde.

        WTB. Wien, 30. August. (Nicht amtlich.)  Soweit

    sich bis gestern mittag überblicken ließ, ist das große

    Ringen unserer Armee mit den Hauptkräften des russi-

    schen Heeres noch nicht zur Entscheidung herangereift.

    Nur die Erfolge der vom General der Kavallerie Viktor

    Dankl in der Schlacht bei Krasnik siegreich geführten

    Armee sind bereits einigermaßen zu übersehen. In ei-

    ner zweiten Schlacht am 27. August, die durch die helden-

    mütige Erstürmung einer stark befestigten Stellung auf

    den Höhen von  Niedrzwiosduca  gekrönt war, gelang es,

    die bei Krasnik zurückgeworfenen russischen Kräfte und

    herangeführten Verstärkungen, im ganzen etwa zehn

    Divisionen, durch sechs verschiedene Korps neuerlich zu

    schlagen. Eines unserer Korps nahm in dieser zweiten

    Schlacht einen General, einen Oberst, drei sonstige

    Stabspersonen, vierzig Offiziere und zirka 2000 Mann

    gefangen und erbeutete wieder sehr viel Kriegsmaterial.

        WTB. Wien, 31. August. Die Schlachten auf dem

    östlichen Kriegsschauplatz dauern mit ungeminderter

    Heftigkeit fort. Oestlich unserer trotz mehrfacher be-

    festigter Stellungen des Feindes unaufhaltsam gegen

    Lublin vordringenden Armee Dankl haben unsere zwischen

    Bug und Wieprz vorgeführten Kräfte am 26. August

    den Angriff auf die dem Raume bei Cholm stehen-

    den starken russischen Kräfte begonnen. Hierbei ent-

    wickelten sich wie bei Krasnik wieder harte, für unsere

    angriffsfreudigen Truppen siegreich verlaufende Kämpfe

    bei  Zamoid  sowie nördlich und östlich bei Tomaszow.

    In diesen Kämpfen wurden ebenso wie in den Schlach-

    ten bei Krasnik tausende von Gefangenen gemacht. 

    In Ostgalizien behaupten sich unsere Truppen mit helden-

    mütiger Bravour und Zähigkeit gegen sehr starke uns

    überlegene feindliche Kräfte. Auf dem südlichen Kriegs-

    schauplatz haben in letzter Zeit neue Kämpfe statt-

    gefunden. 

                           Der Kampf in der Nordsee.

       Der lange erwartete Zusammenstoß unserer Flotte

    mit der englischen ist erfolgt. Die Nordsee bei Helgo-

    land war der Kampfplatz, wo der Seekrieg heftig tobte.

    Der Kampf erfolgte bei unsichtigem Wetter und er zog

    sich nach Westen, also nach der englischen Küste zu hin.

    Mehrere kleine Kreuzer unserer Flotte stießen todes-

    mutig vor und gerieten dabei in einen Kampf mit einer

    überlegenen starken englischen Flotte. Unsere Schiffe

    mußten der Uebermacht weichen, haben den Engländern

    aber, wie ein englischer Bericht eingesteht, schwere Be-

    schädigungen beigebracht. Nach dem, was man sonst von


     Fortsetzung  3. Spalte oben 


  • August 31, 2017 18:40:08 Beate Jochem

     item 14


     Ueber 30 000 Russen in Ostpreußen gefangen.

    Der Sieg der Oesterreicher. Der Kampf in der Nordsee. Die Opfer vom

                                Kreuzer "Magdeburg".


     1. Spalte 

        Wie im Westen, so ist nunmehr auch im Osten die

    erste große Schlacht geschlagen worden. Der Unterschied

    liegt darin, daß sich die Russen in der Offensivstellung

    befanden, während wir den Ansturm abzuwehren hatten.

    Aus der Richtung von Niemen, wie von der Narew her,

    d. h. aus Süden und aus Osten waren erhebliche russische

    Streitkräfte im Anmarsche, die zwischen Insterburg und

    Graudenz in deutsches Gebiet einzubrechen versuchten.

    Ihr Zweck war offenbar, die deutsche Defensive zu durch-

    brechen, ehe die siegreich vordringenden Oesterreicher

    Verbindung mit uns erlangt haben. Die Absicht ist an

    der Wachsamkeit unserer Heeresleitung und der Tapfer-

    keit unserer Truppen gescheitert. Die russische Armee,

    an Zahl fast der bei Metz geschlagenen französischen Ar-

    mee gleich,  ist über die Grenze zurückgewichen und wird

    von unseren Truppen verfolgt. Durch diesen Sieg ist

    die Durchführung des gemeinschaftlichen Vormarsches

    unserer und der österreichischen Truppen gegen die

    Weichsel erleichtert worden. Es geht auf Warschau los!

        Die  Meldung über den Sieg lautet kurz und knapp:

        WTB. Berlin, 29. August.  Unsere Truppen in

    Preußen unter der Führung des Generalobersten Hinden-

    burg haben die von Narew vorgegangene russische Armee

    in Stärke von 5 Armeekorps und 3 Kavalleriedivisionen

    in dreitägiger Schlacht bei Gilgenburg-Ortelsburg ge-

    schlagen und verfolgen sie jetzt über die Grenze.

                                             Generalquartiermeister von Stein.

        Die am Sonnabend verbreitete Meldung von dem

    großen deutschen Siege über die Russen in Ostpreußen

    wird durch folgende neue erfreuliche Nachricht ergänzt:

        WTB. Berlin, 31. August.   Bei den großen

    Kämpfen, in denen die russische Armee bei Tannen-

    berg, Hohenstein und Ortelsburg geworfen wurden,

    sind nach vorläufiger Schätzung über 30000 Russen

    mit vielen hohen Offizieren in Gefangenschaft

    geraten.

        Eine erfreuliche Ergänzung zu der amtlichen Mel-

    dung über das Ergebnis der Schlacht bilden die folgen-

    den Mitteilungen, die aus amtlichen Quellen Ost-

    preußens stammen:

        Der vom Generalquartiermeister in seiner Ver-

    öffentlichung vom 25. August als bevorstehend angekün-

    digte Entscheidungskampf  hat begonnen. Als Einleitung

    erfolgte die Besetzung der Grenzstadt Neidenburg durch

    starke russische Kräfte. Die Russen plünderten die Stadt

    gründlich und bombardierten sie dann von den benach-

    barten Höhen. Den meisten Bürgern Neidenburgs,

    das etwa 6000 Einwohner hat, war es gelungen, über

    Hohenstein und Allenstein zu fliehen. Das 20. Armee-

    korps griff energisch in den Kampf gegen den russischen 

    Gegner ein. Die "Allensteiner Zeitung" kann mit amt-

    licher Genehmigung darüber melden: Unser tapferes

    20. Armeekorps steht seit 24 Stunden im Feuer mit

    einem an  Kräften weit überlegenen Gegner. Dank der

    Tapferkeit unserer Truppen und Führer ist es den

    Russen trotz der gewaltigen Uebermacht nicht gelun-

    gen, unsere Stellungen zu nehmen. Der Kampf hat sich

    dann zu einer Riesenschlacht auf der Linie Gilgenburg-

    Neidenburg-Ortelsburg entwickelt mit etwa 50 Kilo-

    meter Frontlänge. Hierüber teilt Landrat Hagemann

    in Marienburg der "Marienburger Zeitung" mit, daß

    zwei russische Armeekorps aufgerieben worden seien.


                                             Kriegsbriefe.

                                Wie ich verwundet wurde

                         Von einem Mitkämpfer bei Lüttich.

    . . .  Mitten in dieses Dorfgefecht (Sturm auf Ft.

    Fléron) waren wir hineingerissen. Es blitzte aus allen

    Häusern, unablässig rollt der Donner der Geschütze, un-

    ablässig geht der Eisenregen nieder. Stockdunkel . . . 

    Wie sehnlich wünschen wir den Morgen heran. - Kein

    Gegner zu sehen - und doch sinkt Mann neben Mann.

    Aus den Mauern der Häuser sind nur winzige Steine

    gelöst - ein Flintenlauf ragt durch; in den Fenster-

    laden ein kleines Loch - der Lauf einer Jagdbüchse

    sprüht Flammen heraus - aus den Kellerfenstern, von

    den Böden zuckt und flammt und pfeift es . . . Wie

    im Hexenkessel . . . Und wir dürfen nicht schießen, um

    die Kameraden, die rechts und links vor uns im Gefecht

    liegen, nicht zu gefährden . . . Einer neben dem anderen 

    sinkt - Aechzen und Stöhnen überall. Hinweg über

    einen Haufen zuckender Leiber, vorsichtig - um keinem

    wehe zu tun - und um uns blitzt und kracht´s. Aus einem

    Eckhaus prasselt uns ein Hagel entgegen. -

    Zwanzig, fünfzig Läufe heben sich - , da brülle ich:

    "Keinen Schuß, Kerls! Wer kommt mit? Beil her!"

    Ein kleiner Musketier reicht mir eine Picke . . . Zehn

    braune Kerls drängen hinter mir nach. - Dann ein

    paar Hiebe mit Beil und Kolben - die Tür kracht ein

     - von der Decke her zucken Geschosse nieder . . . "Keiner

    die Bodentreppe hinauf! Hierbleiben! Streichhölzer

    her!" Und schon habe ich ein paar Strohballen vorge-

    rissen, - fünf Minuten später züngeln die Flammen

    aus allen Fenstern. "So, Jungs, nun vorwärts!" -

    Hinein wieder in die Dorfgasse . . . Da treffe ich mei-

    nen Kompagnieführer. "Hierher!" schreit er. "Ueber

    die Mauer, mir nach!"

        Zwei Kerle heben mich hoch, im Nu haben wir eine

    Gartenmauer überstiegen, und stürmen weiter, einer

    belgischen Abteilung in den Rücken zu fallen. Manns-

    hohe Hecken, mit Stacheldraht durchzogen -  vier, fünf

     -  vor uns.  "Her, Kerls," rufe ich, "gebt mir die

    Drahtschere!" Ein paar wuchtige Jungens treten

    den Schlehdorn ein - ich knipse den Draht durch und gehe

    ihnen voran, - meine Hose hängt in Fetzen runter.

    Die Hecken werden genommen - auf einmal kracht es

    auf uns her - nur wenige Sekunden, dann saust eine

    Haubitze in den verruchten  Giebel - Steine spritzen

    umher -  das Gemäuer sinkt donnernd zusammen.

    Feuer von links! - Da sind die Unsern, sie schießen 

    auf uns - sie erkennen uns noch immer nicht. Wir

    brüllen ihnen die Losung zu: "Der Kaiser! Der Kaiser!"

     - Sie hören uns nicht in dem Höllenlärm. "Hornist,"

    rufe ich, "blasen Sie Signal!" Der brave Junge - er

    war von den vierten Jägern, nimmt das Horn und

    schmettert: Das Ganze! - Das Ganze! - Da kommt´s

    von drüben zurück. Wir erkennen uns - es sind die

    27er - ich drücke dem Hauptmann, den ich seit Jahren

    kenne, die Hand. - 

                             Heller Morgen, ¼ 7 Uhr (am 6. August).

        Vor uns liegt ein Kohlenbergwerk. Zwei Kohlen-

    halden sind einige Meter hoch im Winkel zu einander

    aufgeschüttet - da stürmen wir hinauf: Ein Jäger-


     Fortsetzung 2. Spalte Mitte 


     2. Spalte 

    Siegreiches Vordringen der Oesterreicher.

        WTB. Wien, 30. August.  Der Korrespondent des

    Neuen Wiener Tagebl. im Hauptquartier meldet: Die

    große Schlacht ist heute, am vierten Tage, in vollem

    Gange und steht gut für uns. Die linke Flügelgruppe

    rückt gegen Lublin und Zamocs langsam aber sicher vor,

    stößt aber immer wieder auf den neuverschanzten Gegner

    und anstelle von Frontalangriffen sind zeitraubende Um-

    gehungen nötig. Drei Zügen des Infanterieregiments

    Nr. 72 gelang ein rascher Frontalangriff,  bei dem zwei

    russische Hauptleute, sechs Subalternoffiziere und 470

    Mann gefangen genommen wurden.  Die Kräftegruppe

    zwischen Bug und Wieprz griff eine russische Division

    von drei Seiten mit Erfolg an, sodaß sie nur unter dem

    Schutze der Nacht entkamen. Generalstabshauptmann

    Roßmann stürzte mit seinem Flugzeug ab und wurde

    getötet. Das Armeeverordnungsblatt veröffentlichte ge-

    rade heute eine Auszeichnung Roßmanns für hervor-

    ragend tapferes Verhalten vor dem Feinde.

        WTB. Wien, 30. August. (Nicht amtlich.)  Soweit

    sich bis gestern mittag überblicken ließ, ist das große

    Ringen unserer Armee mit den Hauptkräften des russi-

    schen Heeres noch nicht zur Entscheidung herangereift.

    Nur die Erfolge der vom General der Kavallerie Viktor

    Dankl in der Schlacht bei Krasnik siegreich geführten

    Armee sind bereits einigermaßen zu übersehen. In ei-

    ner zweiten Schlacht am 27. August, die durch die helden-

    mütige Erstürmung einer stark befestigten Stellung auf

    den Höhen von Niedrzwiosduca gekrönt war, gelang es,

    die bei Krasnik zurückgeworfenen russischen Kräfte und

    herangeführten Verstärkungen, im ganzen etwa zehn

    Divisionen, durch sechs verschiedene Korps neuerlich zu

    schlagen. Eines unserer Korps nahm in dieser zweiten

    Schlacht einen General, einen Oberst, drei sonstige

    Stabspersonen, vierzig Offiziere und zirka 2000 Mann

    gefangen und erbeutete wieder sehr viel Kriegsmaterial.

        WTB. Wien, 31. August. Die Schlachten auf dem

    östlichen Kriegsschauplatz dauern mit ungeminderter

    Heftigkeit fort. Oestlich unserer trotz mehrfacher be-

    festigter Stellungen des Feindes unaufhaltsam gegen

    Lublin vordringenden Armee Dankl haben unsere zwischen

    Bug und Wieprz vorgeführten Kräfte am 26. August

    den Angriff auf die dem Raume bei Cholm stehen-

    den starken russischen Kräfte begonnen. Hierbei ent-

    wickelten sich wie bei Krasnik wieder harte, für unsere

    angriffsfreudigen Truppen siegreich verlaufende Kämpfe

    bei Zamoid sowie nördlich und östlich bei Tomaszow.

    In diesen Kämpfen wurden ebenso wie in den Schlach-

    ten bei Krasnik tausende von Gefangenen gemacht. 

    In Ostgalizien behaupten sich unsere Truppen mit helden-

    mütiger Bravour und Zähigkeit gegen sehr starke uns

    überlegene feindliche Kräfte. Auf dem südlichen Kriegs-

    schauplatz haben in letzter Zeit neue Kämpfe statt-

    gefunden. 

                           Der Kampf in der Nordsee.

       Der lange erwartete Zusammenstoß unserer Flotte

    mit der englischen ist erfolgt. Die Nordsee bei Helgo-

    land war der Kampfplatz, wo der Seekrieg heftig tobte.

    Der Kampf erfolgte bei unsichtigem Wetter und er zog

    sich nach Westen, also nach der englischen Küste zu hin.

    Mehrere kleine Kreuzer unserer Flotte stießen todes-

    mutig vor und gerieten dabei in einen Kampf mit einer

    überlegenen starken englischen Flotte. Unsere Schiffe

    mußten der Uebermacht weichen, haben den Engländern

    aber, wie ein englischer Bericht eingesteht, schwere Be-

    schädigungen beigebracht. Nach dem, was man sonst von


     Fortsetzung  3. Spalte oben 


  • August 31, 2017 18:33:08 Beate Jochem

     item 14


     Ueber 30 000 Russen in Ostpreußen gefangen.

    Der Sieg der Oesterreicher. Der Kampf in der Nordsee. Die Opfer vom

                                Kreuzer "Magdeburg".


     1. Spalte 

        Wie im Westen, so ist nunmehr auch im Osten die

    erste große Schlacht geschlagen worden. Der Unterschied

    liegt darin, daß sich die Russen in der Offensivstellung

    befanden, während wir den Ansturm abzuwehren hatten.

    Aus der Richtung von Niemen, wie von der Narew her,

    d. h. aus Süden und aus Osten waren erhebliche russische

    Streitkräfte im Anmarsche, die zwischen Insterburg und

    Graudenz in deutsches Gebiet einzubrechen versuchten.

    Ihr Zweck war offenbar, die deutsche Defensive zu durch-

    brechen, ehe die siegreich vordringenden Oesterreicher

    Verbindung mit uns erlangt haben. Die Absicht ist an

    der Wachsamkeit unserer Heeresleitung und der Tapfer-

    keit unserer Truppen gescheitert. Die russische Armee,

    an Zahl fast der bei Metz geschlagenen französischen Ar-

    mee gleich,  ist über die Grenze zurückgewichen und wird

    von unseren Truppen verfolgt. Durch diesen Sieg ist

    die Durchführung des gemeinschaftlichen Vormarsches

    unserer und der österreichischen Truppen gegen die

    Weichsel erleichtert worden. Es geht auf Warschau los!

        Die  Meldung über den Sieg lautet kurz und knapp:

        WTB. Berlin, 29. August.  Unsere Truppen in

    Preußen unter der Führung des Generalobersten Hinden-

    burg haben die von Narew vorgegangene russische Armee

    in Stärke von 5 Armeekorps und 3 Kavalleriedivisionen

    in dreitägiger Schlacht bei Gilgenburg-Ortelsburg ge-

    schlagen und verfolgen sie jetzt über die Grenze.

                                             Generalquartiermeister von Stein.

        Die am Sonnabend verbreitete Meldung von dem

    großen deutschen Siege über die Russen in Ostpreußen

    wird durch folgende neue erfreuliche Nachricht ergänzt:

        WTB. Berlin, 31. August.   Bei den großen

    Kämpfen, in denen die russische Armee bei Tannen-

    berg, Hohenstein und Ortelsburg geworfen wurden,

    sind nach vorläufiger Schätzung über 30000 Russen

    mit vielen hohen Offizieren in Gefangenschaft

    geraten.

        Eine erfreuliche Ergänzung zu der amtlichen Mel-

    dung über das Ergebnis der Schlacht bilden die folgen-

    den Mitteilungen, die aus amtlichen Quellen Ost-

    preußens stammen:

        Der vom Generalquartiermeister in seiner Ver-

    öffentlichung vom 25. August als bevorstehend angekün-

    digte Entscheidungskampf  hat begonnen. Als Einleitung

    erfolgte die Besetzung der Grenzstadt Neidenburg durch

    starke russische Kräfte. Die Russen plünderten die Stadt

    gründlich und bombardierten sie dann von den benach-

    barten Höhen. Den meisten Bürgern Neidenburgs,

    das etwa 6000 Einwohner hat, war es gelungen, über

    Hohenstein und Allenstein zu fliehen. Das 20. Armee-

    korps griff energisch in den Kampf gegen den russischen 

    Gegner ein. Die "Allensteiner Zeitung" kann mit amt-

    licher Genehmigung darüber melden: Unser tapferes

    20. Armeekorps steht seit 24 Stunden im Feuer mit

    einem an  Kräften weit überlegenen Gegner. Dank der

    Tapferkeit unserer Truppen und Führer ist es den

    Russen trotz der gewaltigen Uebermacht nicht gelun-

    gen, unsere Stellungen zu nehmen. Der Kampf hat sich

    dann zu einer Riesenschlacht auf der Linie Gilgenburg-

    Neidenburg-Ortelsburg entwickelt mit etwa 50 Kilo-

    meter Frontlänge. Hierüber teilt Landrat Hagemann

    in Marienburg der "Marienburger Zeitung" mit, daß

    zwei russische Armeekorps aufgerieben worden seien.


                                             Kriegsbriefe.

                                Wie ich verwundet wurde

                         Von einem Mitkämpfer bei Lüttich.

    . . .  Mitten in dieses Dorfgefecht (Sturm auf Ft.

    Fléron) waren wir hineingerissen. Es blitzte aus allen

    Häusern, unablässig rollt der Donner der Geschütze, un-

    ablässig geht der Eisenregen nieder. Stockdunkel . . . 

    Wie sehnlich wünschen wir den Morgen heran. - Kein

    Gegner zu sehen - und doch sinkt Mann neben Mann.

    Aus den Mauern der Häuser sind nur winzige Steine

    gelöst - ein Flintenlauf ragt durch; in den Fenster-

    laden ein kleines Loch - der Lauf einer Jagdbüchse

    sprüht Flammen heraus - aus den Kellerfenstern, von

    den Böden zuckt und flammt und pfeift es . . . Wie

    im Hexenkessel . . . Und wir dürfen nicht schießen, um

    die Kameraden, die rechts und links vor uns im Gefecht

    liegen, nicht zu gefährden . . . Einer neben dem anderen 

    sinkt - Aechzen und Stöhnen überall. Hinweg über

    einen Haufen zuckender Leiber, vorsichtig - um keinem

    wehe zu tun - und um uns blitzt und kracht´s. Aus einem

    Eckhaus prasselt uns ein Hagel entgegen. -

    Zwanzig, fünfzig Läufe heben sich - , da brülle ich:

    "Keinen Schuß, Kerls! Wer kommt mit? Beil her!"

    Ein kleiner Musketier reicht mir eine Picke . . . Zehn

    braune Kerls drängen hinter mir nach. - Dann ein

    paar Hiebe mit Beil und Kolben - die Tür kracht ein

     - von der Decke her zucken Geschosse nieder . . . "Keiner

    die Bodentreppe hinauf! Hierbleiben! Streichhölzer

    her!" Und schon habe ich ein paar Strohballen vorge-

    rissen, - fünf Minuten später züngeln die Flammen

    aus allen Fenstern. "So, Jungs, nun vorwärts!" -

    Hinein wieder in die Dorfgasse . . . Da treffe ich mei-

    nen Kompagnieführer. "Hierher!" schreit er. "Ueber

    die Mauer, mir nach!"

        Zwei Kerle heben mich hoch, im Nu haben wir eine

    Gartenmauer überstiegen, und stürmen weiter, einer

    belgischen Abteilung in den Rücken zu fallen. Manns-

    hohe Hecken, mit Stacheldraht durchzogen -  vier, fünf

     -  vor uns.  "Her, Kerls," rufe ich, "gebt mir die

    Drahtschere!" Ein paar wuchtige Jungens treten

    den Schlehdorn ein - ich knipse den Draht durch und gehe

    ihnen voran, - meine Hose hängt in Fetzen runter.

    Die Hecken werden genommen - auf einmal kracht es

    auf uns her - nur wenige Sekunden, dann saust eine

    Haubitze in den verruchten  Giebel - Steine spritzen

    umher -  das Gemäuer sinkt donnernd zusammen.

    Feuer von links! - Da sind die Unsern, sie schießen 

    auf uns - sie erkennen uns noch immer nicht. Wir

    brüllen ihnen die Losung zu: "Der Kaiser! Der Kaiser!"

     - Sie hören uns nicht in dem Höllenlärm. "Hornist,"

    rufe ich, "blasen Sie Signal!" Der brave Junge - er

    war von den vierten Jägern, nimmt das Horn und

    schmettert: Das Ganze! - Das Ganze! - Da kommt´s

    von drüben zurück. Wir erkennen uns - es sind die

    27er - ich drücke dem Hauptmann, den ich seit Jahren

    kenne, die Hand. - 

                             Heller Morgen, ¼ 7 Uhr (am 6. August).

        Vor uns liegt ein Kohlenbergwerk. Zwei Kohlen-

    halden sind einige Meter hoch im Winkel zu einander

    aufgeschüttet - da stürmen wir hinauf: Ein Jäger-


     Fortsetzung 2. Spalte Mitte 


     2. Spalte 

    Siegreiches Vordringen der Oesterreicher.

        WTB. Wien, 30. August.  Der Korrespondent des

    Neuen Wiener Tagebl. im Hauptquartier meldet: Die

    große Schlacht ist heute, am vierten Tage, in vollem

    Gange und steht gut für uns. Die linke Flügelgruppe

    rückt gegen Lublin und Zamocs langsam aber sicher vor,

    stößt aber immer wieder auf den neuverschanzten Gegner

    und anstelle von Frontalangriffen sind zeitraubende Um-

    gehungen nötig. Drei Zügen des Infanterieregiments

    Nr. 72 gelang ein rascher Frontalangriff,  bei dem zwei

    russische Hauptleute, sechs Subalternoffiziere und 470

    Mann gefangen genommen wurden.  Die Kräftegruppe

    zwischen Bug und Wieprz griff eine russische Division

    von drei Seiten mit Erfolg an, sodaß sie nur unter dem

    Schutze der Nacht entkamen. Generalstabshauptmann

    Roßmann stürzte mit seinem Flugzeug ab und wurde

    getötet. Das Armeeverordnungsblatt veröffentlichte ge-

    rade heute eine Auszeichnung Roßmanns für hervor-

    ragend tapferes Verhalten vor dem Feinde.

        WTB. Wien, 30. August. (Nicht amtlich.)  Soweit

    sich bis gestern mittag überblicken ließ, ist das große

    Ringen unserer Armee mit den Hauptkräften des russi-

    schen Heeres noch nicht zur Entscheidung herangereift.

    Nur die Erfolge der vom General der Kavallerie Viktor

    Dankl in der Schlacht bei Krasnik siegreich geführten

    Armee sind bereits einigermaßen zu übersehen. In ei-

    ner zweiten Schlacht am 27. August, die durch die helden-

    mütige Erstürmung einer stark befestigten Stellung auf

    den Höhen von Niedrzwiosduca gekrönt war, gelang es,

    die bei Krasnik zurückgeworfenen russischen Kräfte und

    herangeführten Verstärkungen, im ganzen etwa zehn

    Divisionen, durch sechs verschiedene Korps neuerlich zu

    schlagen. Eines unserer Korps nahm in dieser zweiten

    Schlacht einen General, einen Oberst, drei sonstige

    Stabspersonen, vierzig Offiziere und zirka 2000 Mann

    gefangen und erbeutete wieder sehr viel Kriegsmaterial.

        WTB. Wien, 31. August. Die Schlachten auf dem

    östlichen Kriegsschauplatz dauern mit ungeminderter

    Heftigkeit fort. Oestlich unserer trotz mehrfacher be-

    festigter Stellungen des Feindes unaufhaltsam gegen

    Lublin vordringenden Armee Dankl haben unsere zwischen

    Bug und Wieprz vorgeführten Kräfte am 26. August

    den Angriff auf die dem Raume bei Cholm stehen-

    den starken russischen Kräfte begonnen. Hierbei ent-

    wickelten sich wie bei Krasnik wieder harte, für unsere

    angriffsfreudigen Truppen siegreich verlaufende Kämpfe

    bei Zamoid sowie nördlich und östlich bei Tomaszow.

    In diesen Kämpfen wurden ebenso wie in den Schlach-

    ten bei Krasnik tausende von Gefangenen gemacht. 

    In Ostgalizien behaupten sich unsere Truppen mit helden-

    mütiger Bravour und Zähigkeit gegen sehr starke uns

    überlegene feindliche Kräfte. Auf dem südlichen Kriegs-

    schauplatz haben in letzter Zeit neue Kämpfe statt-

    gefunden. 



  • August 31, 2017 18:32:10 Beate Jochem

     item 14


     Ueber 30 000 Russen in Ostpreußen gefangen.

    Der Sieg der Oesterreicher. Der Kampf in der Nordsee. Die Opfer vom

                                Kreuzer "Magdeburg".


     1. Spalte 

        Wie im Westen, so ist nunmehr auch im Osten die

    erste große Schlacht geschlagen worden. Der Unterschied

    liegt darin, daß sich die Russen in der Offensivstellung

    befanden, während wir den Ansturm abzuwehren hatten.

    Aus der Richtung von Niemen, wie von der Narew her,

    d. h. aus Süden und aus Osten waren erhebliche russische

    Streitkräfte im Anmarsche, die zwischen Insterburg und

    Graudenz in deutsches Gebiet einzubrechen versuchten.

    Ihr Zweck war offenbar, die deutsche Defensive zu durch-

    brechen, ehe die siegreich vordringenden Oesterreicher

    Verbindung mit uns erlangt haben. Die Absicht ist an

    der Wachsamkeit unserer Heeresleitung und der Tapfer-

    keit unserer Truppen gescheitert. Die russische Armee,

    an Zahl fast der bei Metz geschlagenen französischen Ar-

    mee gleich,  ist über die Grenze zurückgewichen und wird

    von unseren Truppen verfolgt. Durch diesen Sieg ist

    die Durchführung des gemeinschaftlichen Vormarsches

    unserer und der österreichischen Truppen gegen die

    Weichsel erleichtert worden. Es geht auf Warschau los!

        Die  Meldung über den Sieg lautet kurz und knapp:

        WTB. Berlin, 29. August.  Unsere Truppen in

    Preußen unter der Führung des Generalobersten Hinden-

    burg haben die von Narew vorgegangene russische Armee

    in Stärke von 5 Armeekorps und 3 Kavalleriedivisionen

    in dreitägiger Schlacht bei Gilgenburg-Ortelsburg ge-

    schlagen und verfolgen sie jetzt über die Grenze.

                                             Generalquartiermeister von Stein.

        Die am Sonnabend verbreitete Meldung von dem

    großen deutschen Siege über die Russen in Ostpreußen

    wird durch folgende neue erfreuliche Nachricht ergänzt:

        WTB. Berlin, 31. August.   Bei den großen

    Kämpfen, in denen die russische Armee bei Tannen-

    berg, Hohenstein und Ortelsburg geworfen wurden,

    sind nach vorläufiger Schätzung über 30000 Russen

    mit vielen hohen Offizieren in Gefangenschaft

    geraten.

        Eine erfreuliche Ergänzung zu der amtlichen Mel-

    dung über das Ergebnis der Schlacht bilden die folgen-

    den Mitteilungen, die aus amtlichen Quellen Ost-

    preußens stammen:

        Der vom Generalquartiermeister in seiner Ver-

    öffentlichung vom 25. August als bevorstehend angekün-

    digte Entscheidungskampf  hat begonnen. Als Einleitung

    erfolgte die Besetzung der Grenzstadt Neidenburg durch

    starke russische Kräfte. Die Russen plünderten die Stadt

    gründlich und bombardierten sie dann von den benach-

    barten Höhen. Den meisten Bürgern Neidenburgs,

    das etwa 6000 Einwohner hat, war es gelungen, über

    Hohenstein und Allenstein zu fliehen. Das 20. Armee-

    korps griff energisch in den Kampf gegen den russischen 

    Gegner ein. Die "Allensteiner Zeitung" kann mit amt-

    licher Genehmigung darüber melden: Unser tapferes

    20. Armeekorps steht seit 24 Stunden im Feuer mit

    einem an  Kräften weit überlegenen Gegner. Dank der

    Tapferkeit unserer Truppen und Führer ist es den

    Russen trotz der gewaltigen Uebermacht nicht gelun-

    gen, unsere Stellungen zu nehmen. Der Kampf hat sich

    dann zu einer Riesenschlacht auf der Linie Gilgenburg-

    Neidenburg-Ortelsburg entwickelt mit etwa 50 Kilo-

    meter Frontlänge. Hierüber teilt Landrat Hagemann

    in Marienburg der "Marienburger Zeitung" mit, daß

    zwei russische Armeekorps aufgerieben worden seien.


                                             Kriegsbriefe.

                                Wie ich verwundet wurde

                         Von einem Mitkämpfer bei Lüttich.

    . . .  Mitten in dieses Dorfgefecht (Sturm auf Ft.

    Fléron) waren wir hineingerissen. Es blitzte aus allen

    Häusern, unablässig rollt der Donner der Geschütze, un-

    ablässig geht der Eisenregen nieder. Stockdunkel . . . 

    Wie sehnlich wünschen wir den Morgen heran. - Kein

    Gegner zu sehen - und doch sinkt Mann neben Mann.

    Aus den Mauern der Häuser sind nur winzige Steine

    gelöst - ein Flintenlauf ragt durch; in den Fenster-

    laden ein kleines Loch - der Lauf einer Jagdbüchse

    sprüht Flammen heraus - aus den Kellerfenstern, von

    den Böden zuckt und flammt und pfeift es . . . Wie

    im Hexenkessel . . . Und wir dürfen nicht schießen, um

    die Kameraden, die rechts und links vor uns im Gefecht

    liegen, nicht zu gefährden . . . Einer neben dem anderen 

    sinkt - Aechzen und Stöhnen überall. Hinweg über

    einen Haufen zuckender Leiber, vorsichtig - um keinem

    wehe zu tun - und um uns blitzt und kracht´s. Aus einem

    Eckhaus prasselt uns ein Hagel entgegen. -

    Zwanzig, fünfzig Läufe heben sich - , da brülle ich:

    "Keinen Schuß, Kerls! Wer kommt mit? Beil her!"

    Ein kleiner Musketier reicht mir eine Picke . . . Zehn

    braune Kerls drängen hinter mir nach. - Dann ein

    paar Hiebe mit Beil und Kolben - die Tür kracht ein

     - von der Decke her zucken Geschosse nieder . . . "Keiner

    die Bodentreppe hinauf! Hierbleiben! Streichhölzer

    her!" Und schon habe ich ein paar Strohballen vorge-

    rissen, - fünf Minuten später züngeln die Flammen

    aus allen Fenstern. "So, Jungs, nun vorwärts!" -

    Hinein wieder in die Dorfgasse . . . Da treffe ich mei-

    nen Kompagnieführer. "Hierher!" schreit er. "Ueber

    die Mauer, mir nach!"

        Zwei Kerle heben mich hoch, im Nu haben wir eine

    Gartenmauer überstiegen, und stürmen weiter, einer

    belgischen Abteilung in den Rücken zu fallen. Manns-

    hohe Hecken, mit Stacheldraht durchzogen -  vier, fünf

     -  vor uns.  "Her, Kerls," rufe ich, "gebt mir die

    Drahtschere!" Ein paar wuchtige Jungens treten

    den Schlehdorn ein - ich knipse den Draht durch und gehe

    ihnen voran, - meine Hose hängt in Fetzen runter.

    Die Hecken werden genommen - auf einmal kracht es

    auf uns her - nur wenige Sekunden, dann saust eine

    Haubitze in den verruchten  Giebel - Steine spritzen

    umher -  das Gemäuer sinkt donnernd zusammen.

    Feuer von links! - Da sind die Unsern, sie schießen 

    auf uns - sie erkennen uns noch immer nicht. Wir

    brüllen ihnen die Losung zu: "Der Kaiser! Der Kaiser!"

     - Sie hören uns nicht in dem Höllenlärm. "Hornist,"

    rufe ich, "blasen Sie Signal!" Der brave Junge - er

    war von den vierten Jägern, nimmt das Horn und

    schmettert: Das Ganze! - Das Ganze! - Da kommt´s

    von drüben zurück. Wir erkennen uns - es sind die

    27er - ich drücke dem Hauptmann, den ich seit Jahren

    kenne, die Hand. - 

                             Heller Morgen, ¼ 7 Uhr (am 6. August).

        Vor uns liegt ein Kohlenbergwerk. Zwei Kohlen-

    halden sind einige Meter hoch im Winkel zu einander

    aufgeschüttet - da stürmen wir hinauf: Ein Jäger-


     Fortsetzung 2. Spalte Mitte 


     2. Spalte 

    Siegreiches Vordringen der Oesterreicher.

        WTB. Wien, 30. August.  Der Korrespondent des

    Neuen Wiener Tagebl. im Hauptquartier meldet: Die

    große Schlacht ist heute, am vierten Tage, in vollem

    Gange und steht gut für uns. Die linke Flügelgruppe

    rückt gegen Lublin und Zamocs langsam aber sicher vor,

    stößt aber immer wieder auf den neuverschanzten Gegner

    und anstelle von Frontalangriffen sind zeitraubende Um-

    gehungen nötig. Drei Zügen des Infanterieregiments

    Nr. 72 gelang ein rascher Frontalangriff,  bei dem zwei

    russische Hauptleute, sechs Subalternoffiziere und 470

    Mann gefangen genommen wurden.  Die Kräftegruppe

    zwischen Bug und Wieprz griff eine russische Division

    von drei Seiten mit Erfolg an, sodaß sie nur unter dem

    Schutze der Nacht entkamen. Generalstabshauptmann

    Roßmann stürzte mit seinem Flugzeug ab und wurde

    getötet. Das Armeeverordnungsblatt veröffentlichte ge-

    rade heute eine Auszeichnung Roßmanns für hervor-

    ragend tapferes Verhalten vor dem Feinde.

        WTB. Wien, 30. August. (Nicht amtlich.)  Soweit

    sich bis gestern mittag überblicken ließ, ist das große

    Ringen unserer Armee mit den Hauptkräften des russi-

    schen Heeres noch nicht zur Entscheidung herangereift.

    Nur die Erfolge der vom General der Kavallerie Viktor

    Dankl in der Schlacht bei Krasnik siegreich geführten

    Armee sind bereits einigermaßen zu übersehen. In ei-

    ner zweiten Schlacht am 27. August, die durch die helden-

    mütige Erstürmung einer stark befestigten Stellung auf

    den Höhen von Niedrzwiosduca gekrönt war, gelang es,

    die bei Krasnik zurückgeworfenen russischen Kräfte und

    herangeführten Verstärkungen, im ganzen etwa zehn

    Divisionen, durch sechs verschiedene Korps neuerlich zu

    schlagen. Eines unserer Korps nahm in dieser zweiten

    Schlacht einen General, einen Oberst, drei sonstige

    Stabspersonen, vierzig Offiziere und zirka 2000 Mann

    gefangen und erbeutete wieder sehr viel Kriegsmaterial.

        WTB. Wien, 31. August. Die Schlachten auf dem

    östlichen Kriegsschauplatz dauern mit ungeminderter

    Heftigkeit fort. Oestlich unserer trotz mehrfacher be-

    festigter Stellungen des Feindes unaufhaltsam gegen

    Lublin vordringenden Armee Dankl haben unsere zwischen

    Bug und Wieprz vorgeführten Kräfte am 26. August

    den Angriff auf die dem Raume bei Cholm stehen-

    den starken russischen Kräfte begonnen. Hierbei ent-

    wickelten sich wie bei Krasnik wieder harte, für unsere

    angriffsfreudigen Truppen siegreich verlaufende Kämpfe

    bei Zamoid sowie nördlich und östlich bei Tomaszow.

    In diesen Kämpfen wurden ebenso wie in den Schlach-

    ten bei Krasnnik tausende von Gefangenen gemacht. 

    In Ostgalizien behaupten sich unsere Truppen mit helden-

    mütiger Bravour und Zähigkeit gegen sehr starke uns

    überlegene feindliche Kräfte. Auf dem südlichen Kriegs-

    schauplatz haben in letzter Zeit neue Kämpfe statt-

    gefunden. 



  • August 31, 2017 18:20:18 Beate Jochem

     item 14


     Ueber 30 000 Russen in Ostpreußen gefangen.

    Der Sieg der Oesterreicher. Der Kampf in der Nordsee. Die Opfer vom

                                Kreuzer "Magdeburg".


     1. Spalte 

        Wie im Westen, so ist nunmehr auch im Osten die

    erste große Schlacht geschlagen worden. Der Unterschied

    liegt darin, daß sich die Russen in der Offensivstellung

    befanden, während wir den Ansturm abzuwehren hatten.

    Aus der Richtung von Niemen, wie von der Narew her,

    d. h. aus Süden und aus Osten waren erhebliche russische

    Streitkräfte im Anmarsche, die zwischen Insterburg und

    Graudenz in deutsches Gebiet einzubrechen versuchten.

    Ihr Zweck war offenbar, die deutsche Defensive zu durch-

    brechen, ehe die siegreich vordringenden Oesterreicher

    Verbindung mit uns erlangt haben. Die Absicht ist an

    der Wachsamkeit unserer Heeresleitung und der Tapfer-

    keit unserer Truppen gescheitert. Die russische Armee,

    an Zahl fast der bei Metz geschlagenen französischen Ar-

    mee gleich,  ist über die Grenze zurückgewichen und wird

    von unseren Truppen verfolgt. Durch diesen Sieg ist

    die Durchführung des gemeinschaftlichen Vormarsches

    unserer und der österreichischen Truppen gegen die

    Weichsel erleichtert worden. Es geht auf Warschau los!

        Die  Meldung über den Sieg lautet kurz und knapp:

        WTB. Berlin, 29. August.  Unsere Truppen in

    Preußen unter der Führung des Generalobersten Hinden-

    burg haben die von Narew vorgegangene russische Armee

    in Stärke von 5 Armeekorps und 3 Kavalleriedivisionen

    in dreitägiger Schlacht bei Gilgenburg-Ortelsburg ge-

    schlagen und verfolgen sie jetzt über die Grenze.

                                             Generalquartiermeister von Stein.

        Die am Sonnabend verbreitete Meldung von dem

    großen deutschen Siege über die Russen in Ostpreußen

    wird durch folgende neue erfreuliche Nachricht ergänzt:

        WTB. Berlin, 31. August.   Bei den großen

    Kämpfen, in denen die russische Armee bei Tannen-

    berg, Hohenstein und Ortelsburg geworfen wurden,

    sind nach vorläufiger Schätzung über 30000 Russen

    mit vielen hohen Offizieren in Gefangenschaft

    geraten.

        Eine erfreuliche Ergänzung zu der amtlichen Mel-

    dung über das Ergebnis der Schlacht bilden die folgen-

    den Mitteilungen, die aus amtlichen Quellen Ost-

    preußens stammen:

        Der vom Generalquartiermeister in seiner Ver-

    öffentlichung vom 25. August als bevorstehend angekün-

    digte Entscheidungskampf  hat begonnen. Als Einleitung

    erfolgte die Besetzung der Grenzstadt Neidenburg durch

    starke russische Kräfte. Die Russen plünderten die Stadt

    gründlich und bombardierten sie dann von den benach-

    barten Höhen. Den meisten Bürgern Neidenburgs,

    das etwa 6000 Einwohner hat, war es gelungen, über

    Hohenstein und Allenstein zu fliehen. Das 20. Armee-

    korps griff energisch in den Kampf gegen den russischen 

    Gegner ein. Die "Allensteiner Zeitung" kann mit amt-

    licher Genehmigung darüber melden: Unser tapferes

    20. Armeekorps steht seit 24 Stunden im Feuer mit

    einem an  Kräften weit überlegenen Gegner. Dank der

    Tapferkeit unserer Truppen und Führer ist es den

    Russen trotz der gewaltigen Uebermacht nicht gelun-

    gen, unsere Stellungen zu nehmen. Der Kampf hat sich

    dann zu einer Riesenschlacht auf der Linie Gilgenburg-

    Neidenburg-Ortelsburg entwickelt mit etwa 50 Kilo-

    meter Frontlänge. Hierüber teilt Landrat Hagemann

    in Marienburg der "Marienburger Zeitung" mit, daß

    zwei russische Armeekorps aufgerieben worden seien.


                                             Kriegsbriefe.

                                Wie ich verwundet wurde

                         Von einem Mitkämpfer bei Lüttich.

    . . .  Mitten in dieses Dorfgefecht (Sturm auf Ft.

    Fléron) waren wir hineingerissen. Es blitzte aus allen

    Häusern, unablässig rollt der Donner der Geschütze, un-

    ablässig geht der Eisenregen nieder. Stockdunkel . . . 

    Wie sehnlich wünschen wir den Morgen heran. - Kein

    Gegner zu sehen - und doch sinkt Mann neben Mann.

    Aus den Mauern der Häuser sind nur winzige Steine

    gelöst - ein Flintenlauf ragt durch; in den Fenster-

    laden ein kleines Loch - der Lauf einer Jagdbüchse

    sprüht Flammen heraus - aus den Kellerfenstern, von

    den Böden zuckt und flammt und pfeift es . . . Wie

    im Hexenkessel . . . Und wir dürfen nicht schießen, um

    die Kameraden, die rechts und links vor uns im Gefecht

    liegen, nicht zu gefährden . . . Einer neben dem anderen 

    sinkt - Aechzen und Stöhnen überall. Hinweg über

    einen Haufen zuckender Leiber, vorsichtig - um keinem

    wehe zu tun - und um uns blitzt und kracht´s. Aus einem

    Eckhaus prasselt uns ein Hagel entgegen. -

    Zwanzig, fünfzig Läufe heben sich - , da brülle ich:

    "Keinen Schuß, Kerls! Wer kommt mit? Beil her!"

    Ein kleiner Musketier reicht mir eine Picke . . . Zehn

    braune Kerls drängen hinter mir nach. - Dann ein

    paar Hiebe mit Beil und Kolben - die Tür kracht ein

     - von der Decke her zucken Geschosse nieder . . . "Keiner

    die Bodentreppe hinauf! Hierbleiben! Streichhölzer

    her!" Und schon habe ich ein paar Strohballen vorge-

    rissen, - fünf Minuten später züngeln die Flammen

    aus allen Fenstern. "So, Jungs, nun vorwärts!" -

    Hinein wieder in die Dorfgasse . . . Da treffe ich mei-

    nen Kompagnieführer. "Hierher!" schreit er. "Ueber

    die Mauer, mir nach!"

        Zwei Kerle heben mich hoch, im Nu haben wir eine

    Gartenmauer überstiegen, und stürmen weiter, einer

    belgischen Abteilung in den Rücken zu fallen. Manns-

    hohe Hecken, mit Stacheldraht durchzogen -  vier, fünf

     -  vor uns.  "Her, Kerls," rufe ich, "gebt mir die

    Drahtschere!" Ein paar wuchtige Jungens treten

    den Schlehdorn ein - ich knipse den Draht durch und gehe

    ihnen voran, - meine Hose hängt in Fetzen runter.

    Die Hecken werden genommen - auf einmal kracht es

    auf uns her - nur wenige Sekunden, dann saust eine

    Haubitze in den verruchten  Giebel - Steine spritzen

    umher -  das Gemäuer sinkt donnernd zusammen.

    Feuer von links! - Da sind die Unsern, sie schießen 

    auf uns - sie erkennen uns noch immer nicht. Wir

    brüllen ihnen die Losung zu: "Der Kaiser! Der Kaiser!"

     - Sie hören uns nicht in dem Höllenlärm. "Hornist,"

    rufe ich, "blasen Sie Signal!" Der brave Junge - er

    war von den vierten Jägern, nimmt das Horn und

    schmettert: Das Ganze! - Das Ganze! - Da kommt´s

    von drüben zurück. Wir erkennen uns - es sind die

    27er - ich drücke dem Hauptmann, den ich seit Jahren

    kenne, die Hand. - 

                             Heller Morgen, ¼ 7 Uhr (am 6. August).

        Vor uns liegt ein Kohlenbergwerk. Zwei Kohlen-

    halden sind einige Meter hoch im Winkel zu einander

    aufgeschüttet - da stürmen wir hinauf: Ein Jäger-


     Fortsetzung 2. Spalte Mitte 


     2. Spalte 

    Siegreiches Vordringen der Oesterreicher.

        WTB. Wien, 30. August.  Der Korrespondent des

    Neuen Wiener Tagebl. im Hauptquartier meldet: Die

    große Schlacht ist heute, am vierten Tage, in vollem

    Gange und steht gut für uns. Die linke Flügelgruppe

    rückt gegen Lublin und Zamocs langsam aber sicher vor,

    stößt aber immer wieder auf den neuverschanzten Gegner

    und anstelle von Frontalangriffen sind zeitraubende Um-

    gehungen nötig. Drei Zügen des Infanterieregiments

    Nr. 72 gelang ein rascher Frontalangriff,  bei dem zwei

    russische Hauptleute, sechs Subalternoffiziere und 470

    Mann gefangen genommen wurden.  Die Kräftegruppe

    zwischen Bug und Wieprz griff eine russische Division

    von drei Seiten mit Erfolg an, sodaß sie nur unter dem

    Schutze der Nacht entkamen. Generalstabshauptmann

    Roßmann stürzte mit seinem Flugzeug ab und wurde

    getötet. Das Armeeverordnungsblatt veröffentlichte ge-

    rade heute eine Auszeichnung Roßmanns für hervor-

    ragend tapferes Verhalten vor dem Feinde.

        WTB. Wien, 30. August. (Nicht amtlich.)  Soweit

    sich bis gestern mittag überblicken ließ, ist das große

    Ringen unserer Armee mit den Hauptkräften des russi-

    schen Heeres noch nicht zur Entscheidung herangereift.

    Nur die Erfolge der vom General der Kavallerie Viktor

    Dankl in der Schlacht bei Krasnik siegreich geführten

    Armee sind bereits einigermaßen zu übersehen. In ei-

    ner zweiten Schlacht am 27. August, die durch die helden-

    mütige Erstürmung einer stark befestigten Stellung auf

    den Höhen von Niedrzwiosduca gekrönt war, gelang es,

    die bei Krasnik zurückgeworfenen russischen Kräfte und

    herangeführten Verstärkungen, im ganzen etwa zehn

    Divisionen, durch sechs verschiedene Korps neuerlich zu

    schlagen. Eines unserer Korps nahm in dieser zweiten

    Schlact einen General, einen Ob erst, drei sonstige

    Stabspersonen, vierzig Offiziere und zirka 2000 Mann

    gefangen und erbeutete wieder sehr viel Kriegsmaterial.



  • August 31, 2017 18:07:13 Beate Jochem

     item 14


     Ueber 30 000 Russen in Ostpreußen gefangen.

    Der Sieg der Oesterreicher. Der Kampf in der Nordsee. Die Opfer vom

                                Kreuzer "Magdeburg".


     1. Spalte 

        Wie im Westen, so ist nunmehr auch im Osten die

    erste große Schlacht geschlagen worden. Der Unterschied

    liegt darin, daß sich die Russen in der Offensivstellung

    befanden, während wir den Ansturm abzuwehren hatten.

    Aus der Richtung von Niemen, wie von der Narew her,

    d. h. aus Süden und aus Osten waren erhebliche russische

    Streitkräfte im Anmarsche, die zwischen Insterburg und

    Graudenz in deutsches Gebiet einzubrechen versuchten.

    Ihr Zweck war offenbar, die deutsche Defensive zu durch-

    brechen, ehe die siegreich vordringenden Oesterreicher

    Verbindung mit uns erlangt haben. Die Absicht ist an

    der Wachsamkeit unserer Heeresleitung und der Tapfer-

    keit unserer Truppen gescheitert. Die russische Armee,

    an Zahl fast der bei Metz geschlagenen französischen Ar-

    mee gleich,  ist über die Grenze zurückgewichen und wird

    von unseren Truppen verfolgt. Durch diesen Sieg ist

    die Durchführung des gemeinschaftlichen Vormarsches

    unserer und der österreichischen Truppen gegen die

    Weichsel erleichtert worden. Es geht auf Warschau los!

        Die  Meldung über den Sieg lautet kurz und knapp:

        WTB. Berlin, 29. August.  Unsere Truppen in

    Preußen unter der Führung des Generalobersten Hinden-

    burg haben die von Narew vorgegangene russische Armee

    in Stärke von 5 Armeekorps und 3 Kavalleriedivisionen

    in dreitägiger Schlacht bei Gilgenburg-Ortelsburg ge-

    schlagen und verfolgen sie jetzt über die Grenze.

                                             Generalquartiermeister von Stein.

        Die am Sonnabend verbreitete Meldung von dem

    großen deutschen Siege über die Russen in Ostpreußen

    wird durch folgende neue erfreuliche Nachricht ergänzt:

        WTB. Berlin, 31. August.   Bei den großen

    Kämpfen, in denen die russische Armee bei Tannen-

    berg, Hohenstein und Ortelsburg geworfen wurden,

    sind nach vorläufiger Schätzung über 30000 Russen

    mit vielen hohen Offizieren in Gefangenschaft

    geraten.

        Eine erfreuliche Ergänzung zu der amtlichen Mel-

    dung über das Ergebnis der Schlacht bilden die folgen-

    den Mitteilungen, die aus amtlichen Quellen Ost-

    preußens stammen:

        Der vom Generalquartiermeister in seiner Ver-

    öffentlichung vom 25. August als bevorstehend angekün-

    digte Entscheidungskampf  hat begonnen. Als Einleitung

    erfolgte die Besetzung der Grenzstadt Neidenburg durch

    starke russische Kräfte. Die Russen plünderten die Stadt

    gründlich und bombardierten sie dann von den benach-

    barten Höhen. Den meisten Bürgern Neidenburgs,

    das etwa 6000 Einwohner hat, war es gelungen, über

    Hohenstein und Allenstein zu fliehen. Das 20. Armee-

    korps griff energisch in den Kampf gegen den russischen 

    Gegner ein. Die "Allensteiner Zeitung" kann mit amt-

    licher Genehmigung darüber melden: Unser tapferes

    20. Armeekorps steht seit 24 Stunden im Feuer mit

    einem an  Kräften weit überlegenen Gegner. Dank der

    Tapferkeit unserer Truppen und Führer ist es den

    Russen trotz der gewaltigen Uebermacht nicht gelun-

    gen, unsere Stellungen zu nehmen. Der Kampf hat sich

    dann zu einer Riesenschlacht auf der Linie Gilgenburg-

    Neidenburg-Ortelsburg entwickelt mit etwa 50 Kilo-

    meter Frontlänge. Hierüber teilt Landrat Hagemann

    in Marienburg der "Marienburger Zeitung" mit, daß

    zwei russische Armeekorps aufgerieben worden seien.


                                             Kriegsbriefe.

                                Wie ich verwundet wurde

                         Von einem Mitkämpfer bei Lüttich.

    . . .  Mitten in dieses Dorfgefecht (Sturm auf Ft.

    Fléron) waren wir hineingerissen. Es blitzte aus allen

    Häusern, unablässig rollt der Donner der Geschütze, un-

    ablässig geht der Eisenregen nieder. Stockdunkel . . . 

    Wie sehnlich wünschen wir den Morgen heran. - Kein

    Gegner zu sehen - und doch sinkt Mann neben Mann.

    Aus den Mauern der Häuser sind nur winzige Steine

    gelöst - ein Flintenlauf ragt durch; in den Fenster-

    laden ein kleines Loch - der Lauf einer Jagdbüchse

    sprüht Flammen heraus - aus den Kellerfenstern, von

    den Böden zuckt und flammt und pfeift es . . . Wie

    im Hexenkessel . . . Und wir dürfen nicht schießen, um

    die Kameraden, die rechts und links vor uns im Gefecht

    liegen, nicht zu gefährden . . . Einer neben dem anderen 

    sinkt - Aechzen und Stöhnen überall. Hinweg über

    einen Haufen zuckender Leiber, vorsichtig - um keinem

    wehe zu tun - und um uns blitzt und kracht´s. Aus einem

    Eckhaus prasselt uns ein Hagel entgegen. -

    Zwanzig, fünfzig Läufe heben sich - , da brülle ich:

    "Keinen Schuß, Kerls! Wer kommt mit? Beil her!"

    Ein kleiner Musketier reicht mir eine Picke . . . Zehn

    braune Kerls drängen hinter mir nach. - Dann ein

    paar Hiebe mit Beil und Kolben - die Tür kracht ein

     - von der Decke her zucken Geschosse nieder . . . "Keiner

    die Bodentreppe hinauf! Hierbleiben! Streichhölzer

    her!" Und schon habe ich ein paar Strohballen vorge-

    rissen, - fünf Minuten später züngeln die Flammen

    aus allen Fenstern. "So, Jungs, nun vorwärts!" -

    Hinein wieder in die Dorfgasse . . . Da treffe ich mei-

    nen Kompagnieführer. "Hierher!" schreit er. "Ueber

    die Mauer, mir nach!"

        Zwei Kerle heben mich hoch, im Nu haben wir eine

    Gartenmauer überstiegen, und stürmen weiter, einer

    belgischen Abteilung in den Rücken zu fallen. Manns-

    hohe Hecken, mit Stacheldraht durchzogen -  vier, fünf

     -  vor uns.  "Her, Kerls," rufe ich, "gebt mir die

    Drahtschere!" Ein paar wuchtige Jungens treten

    den Schlehdorn ein - ich knipse den Draht durch und gehe

    ihnen voran, - meine Hose hängt in Fetzen runter.

    Die Hecken werden genommen - auf einmal kracht es

    auf uns her - nur wenige Sekunden, dann saust eine

    Haubitze in den verruchten  Giebel - Steine spritzen

    umher -  das Gemäuer sinkt donnernd zusammen.

    Feuer von links! - Da sind die Unsern, sie schießen 

    auf uns - sie erkennen uns noch immer nicht. Wir

    brüllen ihnen die Losung zu: "Der Kaiser! Der Kaiser!"

     - Sie hören uns nicht in dem Höllenlärm. "Hornist,"

    rufe ich, "blasen Sie Signal!" Der brave Junge - er

    war von den vierten Jägern, nimmt das Horn und

    schmettert: Das Ganze! - Das Ganze! - Da kommt´s

    von drüben zurück. Wir erkennen uns - es sind die

    27er - ich drücke dem Hauptmann, den ich seit Jahren

    kenne, die Hand. - 

                             Heller Morgen, ¼ 7 Uhr (am 6. August).

        Vor uns liegt ein Kohlenbergwerk. Zwei Kohlen-

    halden sind einige Meter hoch im Winkel zu einander

    aufgeschüttet - da stürmen wir hinauf: Ein Jäger-


     Fortsetzung 2. Spalte Mitte 


     2. Spalte 

    Siegreiches Vordringen der Oesterreicher.

        WTB. Wien, 30. August.  Der Korrespondent des

    Neuen Wiener Tagebl. im Hauptquartier meldet: Die

    große Schlacht ist heute, am vierten Tage, in vollem

    Gange und steht gut für uns. Die linke Flügelgruppe

    rückt gegen Lublin und Zamocs langsam aber sicher vor,

    stößt aber immer wieder auf den neuverschanzten Gegner

    und anstelle von Frontalangriffen sind zeitraubende Un-

    gehungen nötig. Drei Zügen des Infanterieregiments

    Nr. 72 gelang ein rascher Frontalangriff,  bei dem zwei

    russische Hauptleute, sechs Subalternoffiziere und 470

    Mann gefangen genommen wurden.  Die Kräftegruppe

    zwischen Bug und Wieprz griff eine russische Division

    von drei Seiten mit ERfolg an, sodaß sie nur uner dem

    Schutze der Nacht entkamen. Generalstabshauptmann

    Roßmann stürzte mit seinem Flugzeug ab und wurde

    getötet. Das Armeeverordnungsblatt verröffentlichte ge-

    rade heute eine auszeichnung Roßmanns für hervor-

    ragend tapferes Verhalten vor dem Feinde.


  • August 31, 2017 17:56:45 Beate Jochem

     item 14


     Ueber 30 000 Russen in Ostpreußen gefangen.

    Der Sieg der Oesterreicher. Der Kampf in der Nordsee. Die Opfer vom

                                Kreuzer "Magdeburg".


     1. Spalte 

        Wie im Westen, so ist nunmehr auch im Osten die

    erste große Schlacht geschlagen worden. Der Unterschied

    liegt darin, daß sich die Russen in der Offensivstellung

    befanden, während wir den Ansturm abzuwehren hatten.

    Aus der Richtung von Niemen, wie von der Narew her,

    d. h. aus Süden und aus Osten waren erhebliche russische

    Streitkräfte im Anmarsche, die zwischen Insterburg und

    Graudenz in deutsches Gebiet einzubrechen versuchten.

    Ihr Zweck war offenbar, die deutsche Defensive zu durch-

    brechen, ehe die siegreich vordringenden Oesterreicher

    Verbindung mit uns erlangt haben. Die Absicht ist an

    der Wachsamkeit unserer Heeresleitung und der Tapfer-

    keit unserer Truppen gescheitert. Die russische Armee,

    an Zahl fast der bei Metz geschlagenen französischen Ar-

    mee gleich,  ist über die Grenze zurückgewichen und wird

    von unseren Truppen verfolgt. Durch diesen Sieg ist

    die Durchführung des gemeinschaftlichen Vormarsches

    unserer und der österreichischen Truppen gegen die

    Weichsel erleichtert worden. Es geht auf Warschau los!

        Die  Meldung über den Sieg lautet kurz und knapp:

        WTB. Berlin, 29. August.  Unsere Truppen in

    Preußen unter der Führung des Generalobersten Hinden-

    burg haben die von Narew vorgegangene russische Armee

    in Stärke von 5 Armeekorps und 3 Kavalleriedivisionen

    in dreitägiger Schlacht bei Gilgenburg-Ortelsburg ge-

    schlagen und verfolgen sie jetzt über die Grenze.

                                             Generalquartiermeister von Stein.

        Die am Sonnabend verbreitete Meldung von dem

    großen deutschen Siege über die Russen in Ostpreußen

    wird durch folgende neue erfreuliche Nachricht ergänzt:

        WTB. Berlin, 31. August.   Bei den großen

    Kämpfen, in denen die russische Armee bei Tannen-

    berg, Hohenstein und Ortelsburg geworfen wurden,

    sind nach vorläufiger Schätzung über 30000 Russen

    mit vielen hohen Offizieren in Gefangenschaft

    geraten.

        Eine erfreuliche Ergänzung zu der amtlichen Mel-

    dung über das Ergebnis der Schlacht bilden die folgen-

    den Mitteilungen, die aus amtlichen Quellen Ost-

    preußens stammen:

        Der vom Generalquartiermeister in seiner Ver-

    öffentlichung vom 25. August als bevorstehend angekün-

    digte Entscheidungskampf  hat begonnen. Als Einleitung

    erfolgte die Besetzung der Grenzstadt Neidenburg durch

    starke russische Kräfte. Die Russen plünderten die Stadt

    gründlich und bombardierten sie dann von den benach-

    barten Höhen. Den meisten Bürgern Neidenburgs,

    das etwa 6000 Einwohner hat, war es gelungen, über

    Hohenstein und Allenstein zu fliehen. Das 20. Armee-

    korps griff energisch in den Kampf gegen den russischen 

    Gegner ein. Die "Allensteiner Zeitung" kann mit amt-

    licher Genehmigung darüber melden: Unser tapferes

    20. Armeekorps steht seit 24 Stunden im Feuer mit

    einem an  Kräften weit überlegenen Gegner. Dank der

    Tapferkeit unserer Truppen und Führer ist es den

    Russen trotz der gewaltigen Uebermacht nicht gelun-

    gen, unsere Stellungen zu nehmen. Der Kampf hat sich

    dann zu einer Riesenschlacht auf der Linie Gilgenburg-

    Neidenburg-Ortelsburg entwickelt mit etwa 50 Kilo-

    meter Frontlänge. Hierüber teilt Landrat Hagemann

    in Marienburg der "Marienburger Zeitung" mit, daß

    zwei russische Armeekorps aufgerieben worden seien.


                                             Kriegsbriefe.

                                Wie ich verwundet wurde

                         Von einem Mitkämpfer bei Lüttich.

    . . .  Mitten in dieses Dorfgefecht (Sturm auf Ft.

    Fléron) waren wir hineingerissen. Es blitzte aus allen

    Häusern, unablässig rollt der Donner der Geschütze, un-

    ablässig geht der Eisenregen nieder. Stockdunkel . . . 

    Wie sehnlich wünschen wir den Morgen heran. - Kein

    Gegner zu sehen - und doch sinkt Mann neben Mann.

    Aus den Mauern der Häuser sind nur winzige Steine

    gelöst - ein Flintenlauf ragt durch; in den Fenster-

    laden ein kleines Loch - der Lauf einer Jagdbüchse

    sprüht Flammen heraus - aus den Kellerfenstern, von

    den Böden zuckt und flammt und pfeift es . . . Wie

    im Hexenkessel . . . Und wir dürfen nicht schießen, um

    die Kameraden, die rechts und links vor uns im Gefecht

    liegen, nicht zu gefährden . . . Einer neben dem anderen 

    sinkt - Aechzen und Stöhnen überall. Hinweg über

    einen Haufen zuckender Leiber, vorsichtig - um keinem

    wehe zu tun - und um uns blitzt und kracht´s. Aus einem

    Eckhaus prasselt uns ein Hagel entgegen. -

    Zwanzig, fünfzig Läufe heben sich - , da brülle ich:

    "Keinen Schuß, Kerls! Wer kommt mit? Beil her!"

    Ein kleiner Musketier reicht mir eine Picke . . . Zehn

    braune Kerls drängen hinter mir nach. - Dann ein

    paar Hiebe mit Beil und Kolben - die Tür kracht ein

     - von der Decke her zucken Geschosse nieder . . . "Keiner

    die Bodentreppe hinauf! Hierbleiben! Streichhölzer

    her!" Und schon habe ich ein paar Strohballen vorge-

    rissen, - fünf Minuten später züngeln die Flammen

    aus allen Fenstern. "So, Jungs, nun vorwärts!" -

    Hinein wieder in die Dorfgasse . . . Da treffe ich mei-

    nen Kompagnieführer. "Hierher!" schreit er. "Ueber

    die Mauer, mir nach!"

        Zwei Kerle heben mich hoch, im Nu haben wir eine

    Gartenmauer überstiegen, und stürmen weiter, einer

    belgischen Abteilung in den Rücken zu fallen. Manns-

    hohe Hecken, mit Stacheldraht durchzogen -  vier, fünf

     -  vor uns.  "Her, Kerls," rufe ich, "gebt mir die

    Drahtschere!" Ein paar wuchtige Jungens treten

    den Schlehdorn ein - ich knipse den Draht durch und gehe

    ihnen voran, - meine Hose hängt in Fetzen runter.

    Die Hecken werden genommen - auf einmal kracht es

    auf uns her - nur wenige Sekunden, dann saust eine

    Haubitze in den verruchten  Giebel - Steine spritzen

    umher -  das Gemäuer sinkt donnernd zusammen.

    Feuer von links! - Da sind die Unsern, sie schießen 

    auf uns - sie erkennen uns noch immer nicht. Wir

    brüllen ihnen die Losung zu: "Der Kaiser! Der Kaiser!"

     - Sie hören uns nicht in dem Höllenlärm. "Hornist,"

    rufe ich, "blasen Sie Signal!" Der brave Junge - er

    war von den vierten Jägern, nimmt das Horn und

    schmettert: Das Ganze! - Das Ganze! - Da kommt´s

    von drüben zurück. Wir erkennen uns - es sind die

    27er - ich drücke dem Hauptmann, den ich seit Jahren

    kenne, die Hand. - 

                             Heller Morgen, ¼ 7 Uhr (am 6. August).

        Vor uns liegt ein Kohlenbergwerk. Zwei Kohlen-

    halden sind einige Meter hoch im Winkel zu einander

    aufgeschüttet - da stürmen wir hinauf: Ein Jäger-


     Fortsetzung 2. Spalte Mitte 


  • August 31, 2017 17:56:19 Beate Jochem

     item 14


     Ueber 30 000 Russen in Ostpreußen gefangen.

    Der Sieg der Oesterreicher. Der Kampf in der Nordsee. Die Opfer vom

                                Kreuzer "Magdeburg".


     1. Spalte 

        Wie im Westen, so ist nunmehr auch im Osten die

    erste große Schlacht geschlagen worden. Der Unterschied

    liegt darin, daß sich die Russen in der Offensivstellung

    befanden, während wir den Ansturm abzuwehren hatten.

    Aus der Richtung von Niemen, wie von der Narew her,

    d. h. aus Süden und aus Osten waren erhebliche russische

    Streitkräfte im Anmarsche, die zwischen Insterburg und

    Graudenz in deutsches Gebiet einzubrechen versuchten.

    Ihr Zweck war offenbar, die deutsche Defensive zu durch-

    brechen, ehe die siegreich vordringenden Oesterreicher

    Verbindung mit uns erlangt haben. Die Absicht ist an

    der Wachsamkeit unserer Heeresleitung und der Tapfer-

    keit unserer Truppen gescheitert. Die russische Armee,

    an Zahl fast der bei Metz geschlagenen französischen Ar-

    mee gleich,  ist über die Grenze zurückgewichen und wird

    von unseren Truppen verfolgt. Durch diesen Sieg ist

    die Durchführung des gemeinschaftlichen Vormarsches

    unserer und der österreichischen Truppen gegen die

    Weichsel erleichtert worden. Es geht auf Warschau los!

        Die  Meldung über den Sieg lautet kurz und knapp:

        WTB. Berlin, 29. August.  Unsere Truppen in

    Preußen unter der Führung des Generalobersten Hinden-

    burg haben die von Narew vorgegangene russische Armee

    in Stärke von 5 Armeekorps und 3 Kavalleriedivisionen

    in dreitägiger Schlacht bei Gilgenburg-Ortelsburg ge-

    schlagen und verfolgen sie jetzt über die Grenze.

                                             Generalquartiermeister von Stein.

        Die am Sonnabend verbreitete Meldung von dem

    großen deutschen Siege über die Russen in Ostpreußen

    wird durch folgende neue erfreuliche Nachricht ergänzt:

        WTB. Berlin, 31. August.   Bei den großen

    Kämpfen, in denen die russische Armee bei Tannen-

    berg, Hohenstein und Ortelsburg geworfen wurden,

    sind nach vorläufiger Schätzung über 30000 Russen

    mit vielen hohen Offizieren in Gefangenschaft

    geraten.

        Eine erfreuliche Ergänzung zu der amtlichen Mel-

    dung über das Ergebnis der Schlacht bilden die folgen-

    den Mitteilungen, die aus amtlichen Quellen Ost-

    preußens stammen:

        Der vom Generalquartiermeister in seiner Ver-

    öffentlichung vom 25. August als bevorstehend angekün-

    digte Entscheidungskampf  hat begonnen. Als Einleitung

    erfolgte die Besetzung der Grenzstadt Neidenburg durch

    starke russische Kräfte. Die Russen plünderten die Stadt

    gründlich und bombardierten sie dann von den benach-

    barten Höhen. Den meisten Bürgern Neidenburgs,

    das etwa 6000 Einwohner hat, war es gelungen, über

    Hohenstein und Allenstein zu fliehen. Das 20. Armee-

    korps griff energisch in den Kampf gegen den russischen 

    Gegner ein. Die "Allensteiner Zeitung" kann mit amt-

    licher Genehmigung darüber melden: Unser tapferes

    20. Armeekorps steht seit 24 Stunden im Feuer mit

    einem an  Kräften weit überlegenen Gegner. Dank der

    Tapferkeit unserer Truppen und Führer ist es den

    Russen trotz der gewaltigen Uebermacht nicht gelun-

    gen, unsere Stellungen zu nehmen. Der Kampf hat sich

    dann zu einer Riesenschlacht auf der Linie Gilgenburg-

    Neidenburg-Ortelsburg entwickelt mit etwa 50 Kilo-

    meter Frontlänge. Hierüber teilt Landrat Hagemann

    in Marienburg der "Marienburger Zeitung" mit, daß

    zwei russische Armeekorps aufgerieben worden seien.


                                             Kriegsbriefe.

                                Wie ich verwundet wurde

                         Von einem Mitkämpfer bei Lüttich.

    . . .  Mitten in dieses Dorfgefecht (Sturm auf Ft.

    Fléron) waren wir hineingerissen. Es blitzte aus allen

    Häusern, unablässig rollt der Donner der Geschütze, un-

    ablässig geht der Eisenregen nieder. Stockdunkel . . . 

    Wie sehnlich wünschen wir den Morgen heran. - Kein

    Gegner zu sehen - und doch sinkt Mann neben Mann.

    Aus den Mauern der Häuser sind nur winzige Steine

    gelöst - ein Flintenlauf ragt durch; in den Fenster-

    laden ein kleines Loch - der Lauf einer Jagdbüchse

    sprüht Flammen heraus - aus den Kellerfenstern, von

    den Böden zuckt und flammt und pfeift es . . . Wie

    im Hexenkessel . . . Und wir dürfen nicht schießen, um

    die Kameraden, die rechts und links vor uns im Gefecht

    liegen, nicht zu gefährden . . . Einer neben dem anderen 

    sinkt - Aechzen und Stöhnen überall. Hinweg über

    einen Haufen zuckender Leiber, vorsichtig - um keinem

    wehe zu tun - und um uns blitzt und kracht´s. Aus einem

    Eckhaus prasselt uns ein Hagel entgegen. -

    Zwanzig, fünfzig Läufe heben sich - , da brülle ich:

    "Keinen Schuß, Kerls! Wer kommt mit? Beil her!"

    Ein kleiner Musketier reicht mir eine Picke . . . Zehn

    braune Kerls drängen hinter mir nach. - Dann ein

    paar Hiebe mit Beil und Kolben - die Tür kracht ein

     - von der Decke her zucken Geschosse nieder . . . "Keiner

    die Bodentreppe hinauf! Hierbleiben! Streichhölzer

    her!" Und schon habe ich ein paar Strohballen vorge-

    rissen, - fünf Minuten später züngeln die Flammen

    aus allen Fenstern. "So, Jungs, nun vorwärts!" -

    Hinein wieder in die Dorfgasse . . . Da treffe ich mei-

    nen Kompagnieführer. "Hierher!" schreit er. "Ueber

    die Mauer, mir nach!"

        Zwei Kerle heben mich hoch, im Nu haben wir eine

    Gartenmauer überstiegen, und stürmen weiter, einer

    belgischen Abteilung in den Rücken zu fallen. Manns-

    hohe Hecken, mit Stacheldraht durchzogen -  vier, fünf

     -  vor uns.  "Her, Kerls," rufe ich, "gebt mir die

    Drahtschere!" Ein paar wuchtige Jungens treten

    den Schlehdorn ein - ich knipse den Draht durch und gehe

    ihnen voran, - meine Hose hängt in Fetzen runter.

    Die Hecken werden genommen - auf einmal kracht es

    auf uns her - nur wenige Sekunden, dann saust eine

    Haubitze in den verruchten  Giebel - Steine spritzen

    umher -  das Gemäuer sinkt donnernd zusammen.

    Feuer von links! - Da sind die Unsern, sie schießen 

    auf uns - sie erkennen uns noch immer nicht. Wir

    brüllen ihnen die Losung zu: "Der Kaiser! Der Kaiser!"

     - Sie hören uns nicht in dem Höllenlärm. "Hornist,"

    rufe ich, "blasen Sie Signal!" Der brave Junge - er

    war von den vierten Jägern, nimmt das Horn und

    schmettert: Das Ganze! - Das Ganze! - Da kommt´s

    von drüben zurück. Wir erkennen uns - es sind die

    27er - ich drücke dem Hauptmann, den ich seit Jahren

    kenne, die Hand. - 

                             Heller Morgen, 1/4 7 Uhr (am 6. August).

        Vor uns liegt ein Kohlenbergwerk. Zwei Kohlen-

    halden sind einige Meter hoch im Winkel zu einander

    aufgeschüttet - da stürmen wir hinauf: Ein Jäger-


     Fortsetzung 2. Spalte Mitte 


  • August 31, 2017 17:55:43 Beate Jochem

     item 14


     Ueber 30 000 Russen in Ostpreußen gefangen.

    Der Sieg der Oesterreicher. Der Kampf in der Nordsee. Die Opfer vom

                                Kreuzer "Magdeburg".


     1. Spalte 

        Wie im Westen, so ist nunmehr auch im Osten die

    erste große Schlacht geschlagen worden. Der Unterschied

    liegt darin, daß sich die Russen in der Offensivstellung

    befanden, während wir den Ansturm abzuwehren hatten.

    Aus der Richtung von Niemen, wie von der Narew her,

    d. h. aus Süden und aus Osten waren erhebliche russische

    Streitkräfte im Anmarsche, die zwischen Insterburg und

    Graudenz in deutsches Gebiet einzubrechen versuchten.

    Ihr Zweck war offenbar, die deutsche Defensive zu durch-

    brechen, ehe die siegreich vordringenden Oesterreicher

    Verbindung mit uns erlangt haben. Die Absicht ist an

    der Wachsamkeit unserer Heeresleitung und der Tapfer-

    keit unserer Truppen gescheitert. Die russische Armee,

    an Zahl fast der bei Metz geschlagenen französischen Ar-

    mee gleich,  ist über die Grenze zurückgewichen und wird

    von unseren Truppen verfolgt. Durch diesen Sieg ist

    die Durchführung des gemeinschaftlichen Vormarsches

    unserer und der österreichischen Truppen gegen die

    Weichsel erleichtert worden. Es geht auf Warschau los!

        Die  Meldung über den Sieg lautet kurz und knapp:

        WTB. Berlin, 29. August.  Unsere Truppen in

    Preußen unter der Führung des Generalobersten Hinden-

    burg haben die von Narew vorgegangene russische Armee

    in Stärke von 5 Armeekorps und 3 Kavalleriedivisionen

    in dreitägiger Schlacht bei Gilgenburg-Ortelsburg ge-

    schlagen und verfolgen sie jetzt über die Grenze.

                                             Generalquartiermeister von Stein.

        Die am Sonnabend verbreitete Meldung von dem

    großen deutschen Siege über die Russen in Ostpreußen

    wird durch folgende neue erfreuliche Nachricht ergänzt:

        WTB. Berlin, 31. August.   Bei den großen

    Kämpfen, in denen die russische Armee bei Tannen-

    berg, Hohenstein und Ortelsburg geworfen wurden,

    sind nach vorläufiger Schätzung über 30000 Russen

    mit vielen hohen Offizieren in Gefangenschaft

    geraten.

        Eine erfreuliche Ergänzung zu der amtlichen Mel-

    dung über das Ergebnis der Schlacht bilden die folgen-

    den Mitteilungen, die aus amtlichen Quellen Ost-

    preußens stammen:

        Der vom Generalquartiermeister in seiner Ver-

    öffentlichung vom 25. August als bevorstehend angekün-

    digte Entscheidungskampf  hat begonnen. Als Einleitung

    erfolgte die Besetzung der Grenzstadt Neidenburg durch

    starke russische Kräfte. Die Russen plünderten die Stadt

    gründlich und bombardierten sie dann von den benach-

    barten Höhen. Den meisten Bürgern Neidenburgs,

    das etwa 6000 Einwohner hat, war es gelungen, über

    Hohenstein und Allenstein zu fliehen. Das 20. Armee-

    korps griff energisch in den Kampf gegen den russischen 

    Gegner ein. Die "Allensteiner Zeitung" kann mit amt-

    licher Genehmigung darüber melden: Unser tapferes

    20. Armeekorps steht seit 24 Stunden im Feuer mit

    einem an  Kräften weit überlegenen Gegner. Dank der

    Tapferkeit unserer Truppen und Führer ist es den

    Russen trotz der gewaltigen Uebermacht nicht gelun-

    gen, unsere Stellungen zu nehmen. Der Kampf hat sich

    dann zu einer Riesenschlacht auf der Linie Gilgenburg-

    Neidenburg-Ortelsburg entwickelt mit etwa 50 Kilo-

    meter Frontlänge. Hierüber teilt Landrat Hagemann

    in Marienburg der "Marienburger Zeitung" mit, daß

    zwei russische Armeekorps aufgerieben worden seien.


                                             Kriegsbriefe.

                                Wie ich verwundet wurde

                         Von einem Mitkämpfer bei Lüttich.

    . . .  Mitten in dieses Dorfgefecht (Sturm auf Ft.

    Fléron) waren wir hineingerissen. Es blitzte aus allen

    Häusern, unablässig rollt der Donner der Geschütze, un-

    ablässig geht der Eisenregen nieder. Stockdunkel . . . 

    Wie sehnlich wünschen wir den Morgen heran. - Kein

    Gegner zu sehen - und doch sinkt Mann neben Mann.

    Aus den Mauern der Häuser sind nur winzige Steine

    gelöst - ein Flintenlauf ragt durch; in den Fenster-

    laden ein kleines Loch - der Lauf einer Jagdbüchse

    sprüht Flammen heraus - aus den Kellerfenstern, von

    den Böden zuckt und flammt und pfeift es . . . Wie

    im Hexenkessel . . . Und wir dürfen nicht schießen, um

    die Kameraden, die rechts und links vor uns im Gefecht

    liegen, nicht zu gefährden . . . Einer neben dem anderen 

    sinkt - Aechzen und Stöhnen überall. Hinweg über

    einen Haufen zuckender Leiber, vorsichtig - um keinem

    wehe zu tun - und um uns blitzt und kracht´s. Aus einem

    Eckhaus prasselt uns ein Hagel entgegen. -

    Zwanzig, fünfzig Läufe heben sich - , da brülle ich:

    "Keinen Schuß, Kerls! Wer kommt mit? Beil her!"

    Ein kleiner Musketier reicht mir eine Picke . . . Zehn

    braune Kerls drängen hinter mir nach. - Dann ein

    paar Hiebe mit Beil und Kolben - die Tür kracht ein

     - von der Decke her zucken Geschosse nieder . . . "Keiner

    die Bodentreppe hinauf! Hierbleiben! Streichhölzer

    her!" Und schon habe ich ein paar Strohballen vorge-

    rissen, - fünf Minuten später züngeln die Flammen

    aus allen Fenstern. "So, Jungs, nun vorwärts!" -

    Hinein wieder in die Dorfgasse . . . Da treffe ich mei-

    nen Kompagnieführer. "Hierher!" schreit er. "Ueber

    die Mauer, mir nach!"

        Zwei Kerle heben mich hoch, im Nu haben wir eine

    Gartenmauer überstiegen, und stürmen weiter, einer

    belgischen Abteilung in den Rücken zu fallen. Manns-

    hohe Hecken, mit Stacheldraht durchzogen -  vier, fünf

     -  vor uns.  "Her, Kerls," rufe ich, "gebt mir die

    Drahtschere!" Ein paar wuchtige Jungens treten

    den Schlehdorn ein - ich knipse den Draht durch und gehe

    ihnen voran, - meine Hose hängt in Fetzen runter.

    Die Hecken werden genommen - auf einmal kracht es

    auf uns her - nur wenige Sekunden, dann saust eine

    Haubitze in den verruchten  Giebel - Steine spritzen

    umher -  das Gemäuer sinkt donnernd zusammen.

    Feuer von links! - Da sind die Unsern, sie schießen 

    auf uns - sie erkennen uns noch immer nicht. Wir

    brüllen ihnen die Losung zu: "Der Kaiser! Der Kaiser!"

     - Sie hören uns nicht in dem Höllenlärm. "Hornist,"

    rufe ich, "blasen Sie Signal!" Der brave Junge - er

    war von den vierten Jägern, nimmt das Horn und

    schmettert: Das Ganze! - Das Ganze! - Da kommt´s

    von drüben zurück. Wir erkennen uns - es sind die

    27er - ich drücke dem Hauptmann, den ich seit Jahren

    kenne, die Hand. - 

                             Heller Morgen, 1/4 7 Uhr (am 6. August).

        Vor uns liegt ein Kohlenbergwerk. Zwei Kohlen-

    halden sind einige Meter hoch im Winkel zu einander

    aufgeschüttet - da stürmen wir hinauf: Ein Jäger-


  • August 31, 2017 17:53:14 Beate Jochem

     item 14


     Ueber 30 000 Russen in Ostpreußen gefangen.

    Der Sieg der Oesterreicher. Der Kampf in der Nordsee. Die Opfer vom

                                Kreuzer "Magdeburg".


     1. Spalte 

        Wie im Westen, so ist nunmehr auch im Osten die

    erste große Schlacht geschlagen worden. Der Unterschied

    liegt darin, daß sich die Russen in der Offensivstellung

    befanden, während wir den Ansturm abzuwehren hatten.

    Aus der Richtung von Niemen, wie von der Narew her,

    d. h. aus Süden und aus Osten waren erhebliche russische

    Streitkräfte im Anmarsche, die zwischen Insterburg und

    Graudenz in deutsches Gebiet einzubrechen versuchten.

    Ihr Zweck war offenbar, die deutsche Defensive zu durch-

    brechen, ehe die siegreich vordringenden Oesterreicher

    Verbindung mit uns erlangt haben. Die Absicht ist an

    der Wachsamkeit unserer Heeresleitung und der Tapfer-

    keit unserer Truppen gescheitert. Die russische Armee,

    an Zahl fast der bei Metz geschlagenen französischen Ar-

    mee gleich,  ist über die Grenze zurückgewichen und wird

    von unseren Truppen verfolgt. Durch diesen Sieg ist

    die Durchführung des gemeinschaftlichen Vormarsches

    unserer und der österreichischen Truppen gegen die

    Weichsel erleichtert worden. Es geht auf Warschau los!

        Die  Meldung über den Sieg lautet kurz und knapp:

        WTB. Berlin, 29. August.  Unsere Truppen in

    Preußen unter der Führung des Generalobersten Hinden-

    burg haben die von Narew vorgegangene russische Armee

    in Stärke von 5 Armeekorps und 3 Kavalleriedivisionen

    in dreitägiger Schlacht bei Gilgenburg-Ortelsburg ge-

    schlagen und verfolgen sie jetzt über die Grenze.

                                             Generalquartiermeister von Stein.

        Die am Sonnabend verbreitete Meldung von dem

    großen deutschen Siege über die Russen in Ostpreußen

    wird durch folgende neue erfreuliche Nachricht ergänzt:

        WTB. Berlin, 31. August.   Bei den großen

    Kämpfen, in denen die russische Armee bei Tannen-

    berg, Hohenstein und Ortelsburg geworfen wurden,

    sind nach vorläufiger Schätzung über 30000 Russen

    mit vielen hohen Offizieren in Gefangenschaft

    geraten.

        Eine erfreuliche Ergänzung zu der amtlichen Mel-

    dung über das Ergebnis der Schlacht bilden die folgen-

    den Mitteilungen, die aus amtlichen Quellen Ost-

    preußens stammen:

        Der vom Generalquartiermeister in seiner Ver-

    öffentlichung vom 25. August als bevorstehend angekün-

    digte Entscheidungskampf  hat begonnen. Als Einleitung

    erfolgte die Besetzung der Grenzstadt Neidenburg durch

    starke russische Kräfte. Die Russen plünderten die Stadt

    gründlich und bombardierten sie dann von den benach-

    barten Höhen. Den meisten Bürgern Neidenburgs,

    das etwa 6000 Einwohner hat, war es gelungen, über

    Hohenstein und Allenstein zu fliehen. Das 20. Armee-

    korps griff energisch in den Kampf gegen den russischen 

    Gegner ein. Die "Allensteiner Zeitung" kann mit amt-

    licher Genehmigung darüber melden: Unser tapferes

    20. Armeekorps steht seit 24 Stunden im Feuer mit

    einem an  Kräften weit überlegenen Gegner. Dank der

    Tapferkeit unserer Truppen und Führer ist es den

    Russen trotz der gewaltigen Uebermacht nicht gelun-

    gen, unsere Stellungen zu nehmen. Der Kampf hat sich

    dann zu einer Riesenschlacht auf der Linie Gilgenburg-

    Neidenburg-Ortelsburg entwickelt mit etwa 50 Kilo-

    meter Frontlänge. Hierüber teilt Landrat Hagemann

    in Marienburg der "Marienburger Zeitung" mit, daß

    zwei russische Armeekorps aufgerieben worden seien.


                                             Kriegsbriefe.

                                Wie ich verwundet wurde

                         Von einem Mitkämpfer bei Lüttich.

    . . .  Mitten in dieses Dorfgefecht (Sturm auf Ft.

    Fléron) waren wir hineingerissen. Es blitzte aus allen

    Häusern, unablässig rollt der Donner der Geschütze, un-

    ablässig geht der Eisenregen nieder. Stockdunkel . . . 

    Wie sehnlich wünschen wir den Morgen heran. - Kein

    Gegner zu sehen - und doch sinkt Mann neben Mann.

    Aus den Mauern der Häuser sind nur winzige Steine

    gelöst - ein Flintenlauf ragt durch; in den Fenster-

    laden ein kleines Loch - der Lauf einer Jagdbüchse

    sprüht Flammen heraus - aus den Kellerfenstern, von

    den Böden zuckt und flammt und pfeift es . . . Wie

    im Hexenkessel . . . Und wir dürfen nicht schießen, um

    die Kameraden, die rechts und links vor uns im Gefecht

    liegen, nicht zu gefährden . . . Einer neben dem anderen 

    sinkt - Aechzen und Stöhnen überall. Hinweg über

    einen Haufen zuckender Leiber, vorsichtig - um keinem

    wehe zu tun - und um uns blitzt und kracht´s. Aus einem

    Eckhaus prasselt uns ein Hagel entgegen. -

    Zwanzig, fünfzig Läufe heben sich - , da brülle ich:

    "Keinen Schuß, Kerls! Wer kommt mit? Beil her!"

    Ein kleiner Musketier reicht mir eine Picke . . . Zehn

    braune Kerls drängen hinter mir nach. - Dann ein

    paar Hiebe mit Beil und Kolben - die Tür kracht ein

     - von der Decke her zucken Geschosse nieder . . . "Keiner

    die Bodentreppe hinauf! Hierbleiben! Streichhölzer

    her!" Und schon habe ich ein paar Strohballen vorge-

    rissen, - fünf Minuten später züngeln die Flammen

    aus allen Fenstern. "So, Jungs, nun vorwärts!" -

    Hinein wieder in die Dorfgasse . . . Da treffe ich mei-

    nen Kompagnieführer. "Hierher!" schreit er. "Ueber

    die Mauer, mir nach!"

        Zwei Kerle heben mich hoch, im Nu haben wir eine

    Gartenmauer überstiegen, und stürmen weiter, einer

    belgischen Abteilung in den Rücken zu fallen. Manns-

    hohe Hecken, mit Stacheldraht durchzogen -  vier, fünf

     -  vor uns.  "Her, Kerls," rufe ich, "gebt mir die

    Drahtschere!" Ein paar wuchtige Jungens treten

    den Schlehdorn ein - ich knipse den Draht durch und gehe

    ihnen voran, - meine Hose hängt in Fetzen runter.

    Die Hecken werden genommen - auf einmal kracht es

    auf uns her - nur wenige Sekunden, dann saust eine

    Haubitze in den verruchten  Giebel - Steine spritzen

    umher -  das Gemäuer sinkt donnernd zusammen.

    Feuer von links! - Da sind die Unsern, sie schießen 

    auf uns - sie erkennen uns noch immer nicht. Wir

    brüllen ihnen die Losung zu: "Der Kaiser! Der Kaiser!"

     - Sie hören uns nicht in dem Höllenlärm. "Hornist,"

    rufe ich, "blasen Sie Signal!" Der brave Junge - er

    war von den vierten Jägern, nimmt das Horn und

    schmettert: Das Ganze! - Das Ganze! - Da kommt´s

    von drüben zurück. Wir erkennen uns - es sind die

    27er - ich drücke dem Hauptmann, den ich seit Jahren

    kenne, die Hand. - 


  • August 31, 2017 17:38:54 Beate Jochem

     item 14


     Ueber 30 000 Russen in Ostpreußen gefangen.

    Der Sieg der Oesterreicher. Der Kampf in der Nordsee. Die Opfer vom

                                Kreuzer "Magdeburg".


     1. Spalte 

        Wie im Westen, so ist nunmehr auch im Osten die

    erste große Schlacht geschlagen worden. Der Unterschied

    liegt darin, daß sich die Russen in der Offensivstellung

    befanden, während wir den Ansturm abzuwehren hatten.

    Aus der Richtung von Niemen, wie von der Narew her,

    d. h. aus Süden und aus Osten waren erhebliche russische

    Streitkräfte im Anmarsche, die zwischen Insterburg und

    Graudenz in deutsches Gebiet einzubrechen versuchten.

    Ihr Zweck war offenbar, die deutsche Defensive zu durch-

    brechen, ehe die siegreich vordringenden Oesterreicher

    Verbindung mit uns erlangt haben. Die Absicht ist an

    der Wachsamkeit unserer Heeresleitung und der Tapfer-

    keit unserer Truppen gescheitert. Die russische Armee,

    an Zahl fast der bei Metz geschlagenen französischen Ar-

    mee gleich,  ist über die Grenze zurückgewichen und wird

    von unseren Truppen verfolgt. Durch diesen Sieg ist

    die Durchführung des gemeinschaftlichen Vormarsches

    unserer und der österreichischen Truppen gegen die

    Weichsel erleichtert worden. Es geht auf Warschau los!

        Die  Meldung über den Sieg lautet kurz und knapp:

        WTB. Berlin, 29. August.  Unsere Truppen in

    Preußen unter der Führung des Generalobersten Hinden-

    burg haben die von Narew vorgegangene russische Armee

    in Stärke von 5 Armeekorps und 3 Kavalleriedivisionen

    in dreitägiger Schlacht bei Gilgenburg-Ortelsburg ge-

    schlagen und verfolgen sie jetzt über die Grenze.

                                             Generalquartiermeister von Stein.

        Die am Sonnabend verbreitete Meldung von dem

    großen deutschen Siege über die Russen in Ostpreußen

    wird durch folgende neue erfreuliche Nachricht ergänzt:

        WTB. Berlin, 31. August.   Bei den großen

    Kämpfen, in denen die russische Armee bei Tannen-

    berg, Hohenstein und Ortelsburg geworfen wurden,

    sind nach vorläufiger Schätzung über 30000 Russen

    mit vielen hohen Offizieren in Gefangenschaft

    geraten.

        Eine erfreuliche Ergänzung zu der amtlichen Mel-

    dung über das Ergebnis der Schlacht bilden die folgen-

    den Mitteilungen, die aus amtlichen Quellen Ost-

    preußens stammen:

        Der vom Generalquartiermeister in seiner Ver-

    öffentlichung vom 25. August als bevorstehend angekün-

    digte Entscheidungskampf  hat begonnen. Als Einleitung

    erfolgte die Besetzung der Grenzstadt Neidenburg durch

    starke russische Kräfte. Die Russen plünderten die Stadt

    gründlich und bombardierten sie dann von den benach-

    barten Höhen. Den meisten Bürgern Neidenburgs,

    das etwa 6000 Einwohner hat, war es gelungen, über

    Hohenstein und Allenstein zu fliehen. Das 20. Armee-

    korps griff energisch in den Kampf gegen den russischen 

    Gegner ein. Die "Allensteiner Zeitung" kann mit amt-

    licher Genehmigung darüber melden: Unser tapferes

    20. Armeekorps steht seit 24 Stunden im Feuer mit

    einem an  Kräften weit überlegenen Gegner. Dank der

    Tapferkeit unserer Truppen und Führer ist es den

    Russen trotz der gewaltigen Uebermacht nicht gelun-

    gen, unsere Stellungen zu nehmen. Der Kampf hat sich

    dann zu einer Riesenschlacht auf der Linie Gilgenburg-

    Neidenburg-Ortelsburg entwickelt mit etwa 50 Kilo-

    meter Frontlänge. Hierüber teilt Landrat Hagemann

    in Marienburg der "Marienburger Zeitung" mit, daß

    zwei russische Armeekorps aufgerieben worden seien.


                                             Kriegsbriefe.

                                Wie ich verwundet wurde

                         Von einem Mitkämpfer bei Lüttich.

    . . .  Mitten in dieses Dorfgefecht (Sturm auf Ft.

    Fléron) waren wir hineingerissen. Es blitzte aus allen

    Häusern, unablässig rollt der Donner der Geschütze, un-

    ablässig geht der Eisenregen nieder. Stockdunkel . . . 

    Wie sehnlich wünschen wir den Morgen heran. - Kein

    Gegner zu sehen - und doch sinkt Mann neben Mann.

    Aus den Mauern der Häuser sind nur winzige Steine

    gelöst - ein Flintenlauf ragt durch; in den Fenster-

    laden ein kleines Loch - der Lauf einer Jagdbüchse

    sprüht Flammen heraus - aus den Kellerfenstern, von

    den Böden zuckt und flammt und pfeift es . . . Wie

    im Hexenkessel . . . Und wir dürfen nicht schießen, um

    die Kameraden, die rechts und links vor uns im Gefecht

    liegen, nicht zu gefährden . . . Einer neben dem anderen 

    sinkt - Aechzen und Stöhnen überall. Hinweg über

    einen Haufen zuckender Leiber, vorsichtig - um keinem

    wehe zu tun - und um uns blitzt und kracht´s. Aus einem

    Eckhaus prasselt uns ein Hagel entgegen. -

    Zwanzig, fünfzig Läufe heben sich - , da brülle ich:

    "Keinen Schuß, Kerls! Wer kommt mit? Beil her!"

    Ein kleiner Musketier reicht mir eine Picke . . . Zehn

    braune Kerls drängen hinter mir nach. - Dann ein

    paar Hiebe mit Beil und Kolben - die Tür kracht ein

     - von der Decke her zucken Geschosse nieder . . . "Keiner

    die Bodentreppe hinauf! Hierbleiben! Streichhölzer

    her!" Und schon habe ich ein paar Strohballen vorge-

    rissen, - fünf Minuten später züngeln die Flammen

    aus allen Fenstern. "So, Jungs, nun vorwärts!" -

    Hinein wieder in die Dorfgasse . . . Da treffe ich mei-

    nen Kompagnieführer. "Hierher!" schreit er. "Ueber

    die Mauer, mir nach!"


  • August 31, 2017 17:23:14 Beate Jochem

     item 14


     Ueber 30 000 Russen in Ostpreußen gefangen.

    Der Sieg der Oesterreicher. Der Kampf in der Nordsee. Die Opfer vom

                                Kreuzer "Magdeburg".


     1. Spalte 

        Wie im Westen, so ist nunmehr auch im Osten die

    erste große Schlacht geschlagen worden. Der Unterschied

    liegt darin, daß sich die Russen in der Offensivstellung

    befanden, während wir den Ansturm abzuwehren hatten.

    Aus der Richtung von Niemen, wie von der Narew her,

    d. h. aus Süden und aus Osten waren erhebliche russische

    Streitkräfte im Anmarsche, die zwischen Insterburg und

    Graudenz in deutsches Gebiet einzubrechen versuchten.

    Ihr Zweck war offenbar, die deutsche Defensive zu durch-

    brechen, ehe die siegreich vordringenden Oesterreicher

    Verbindung mit uns erlangt haben. Die Absicht ist an

    der Wachsamkeit unserer Heeresleitung und der Tapfer-

    keit unserer Truppen gescheitert. Die russische Armee,

    an Zahl fast der bei Metz geschlagenen französischen Ar-

    mee gleich,  ist über die Grenze zurückgewichen und wird

    von unseren Truppen verfolgt. Durch diesen Sieg ist

    die Durchführung des gemeinschaftlichen Vormarsches

    unserer und der österreichischen Truppen gegen die

    Weichsel erleichtert worden. Es geht auf Warschau los!

        Die  Meldung über den Sieg lautet kurz und knapp:

        WTB. Berlin, 29. August.  Unsere Truppen in

    Preußen unter der Führung des Generalobersten Hinden-

    burg haben die von Narew vorgegangene russische Armee

    in Stärke von 5 Armeekorps und 3 Kavalleriedivisionen

    in dreitägiger Schlacht bei Gilgenburg-Ortelsburg ge-

    schlagen und verfolgen sie jetzt über die Grenze.

                                             Generalquartiermeister von Stein.

        Die am Sonnabend verbreitete Meldung von dem

    großen deutschen Siege über die Russen in Ostpreußen

    wird durch folgende neue erfreuliche Nachricht ergänzt:

        WTB. Berlin, 31. August.   Bei den großen

    Kämpfen, in denen die russische Armee bei Tannen-

    berg, Hohenstein und Ortelsburg geworfen wurden,

    sind nach vorläufiger Schätzung über 30000 Russen

    mit vielen hohen Offizieren in Gefangenschaft

    geraten.

        Eine erfreuliche Ergänzung zu der amtlichen Mel-

    dung über das Ergebnis der Schlacht bilden die folgen-

    den Mitteilungen, die aus amtlichen Quellen Ost-

    preußens stammen:

        Der vom Generalquartiermeister in seiner Ver-

    öffentlichung vom 25. August als bevorstehend angekün-

    digte Entscheidungskampf  hat begonnen. Als Einleitung

    erfolgte die Besetzung der Grenzstadt Neidenburg durch

    starke russische Kräfte. Die Russen plünderten die Stadt

    gründlich und bombardierten sie dann von den benach-

    barten Höhen. Den meisten Bürgern Neidenburgs,

    das etwa 6000 Einwohner hat, war es gelungen, über

    Hohenstein und Allenstein zu fliehen. Das 20. Armee-

    korps griff energisch in den Kampf gegen den russischen 

    Gegner ein. Die "Allensteiner Zeitung" kann mit amt-

    licher Genehmigung darüber melden: Unser tapferes

    20. Armeekorps steht seit 24 Stunden im Feuer mit

    einem an  Kräften weit überlegenen Gegner. Dank der

    Tapferkeit unserer Truppen und Führer ist es den

    Russen trotz der gewaltigen Uebermacht nicht gelun-

    gen, unsere Stellungen zu nehmen. Der Kampf hat sich

    dann zu einer Riesenschlacht auf der Linie Gilgenburg-

    Neidenburg-Ortelsburg entwickelt mit etwa 50 Kilo-

    meter Frontlänge. Hierüber teilt Landrat Hagemann

    in Marienburg der "Marienburger Zeitung" mit, daß

    zwei russische Armeekorps aufgerieben worden seien.


                                             Kriegsbriefe.

                                Wie ich verwundet wurde

                         Von einem Mitkämpfer bei Lüttich.

    . . .  Mitten in dieses Dorfgefecht (Sturm auf Ft.

    Fléron) waren wir hineingerissen. Es blitzte aus allen

    Häusern, unablässig rollt der Donner der Geschütze, un-

    ablässig geht der Eisenregen nieder. Stockdunkel . . . 

        








  • August 30, 2017 21:29:03 Beate Jochem

     item 14


     Ueber 30 000 Russen in Ostpreußen gefangen.

    Der Sieg der Oesterreicher. Der Kampf in der Nordsee. Die Opfer vom

                                Kreuzer "Magdeburg".


     1. Spalte 

        Wie im Westen, so ist nunmehr auch im Osten die

    erste große Schlacht geschlagen worden. Der Unterschied

    liegt darin, daß sich die Russen in der Offensivstellung

    befanden, während wir den Ansturm abzuwehren hatten.

    Aus der Richtung von Niemen, wie von der Narew her,

    d. h. aus Süden und aus Osten waren erhebliche russische

    Streitkräfte im Anmarsche, die zwischen Insterburg und

    Graudenz in deutsches Gebiet einzubrechen versuchten.

    Ihr Zweck war offenbar, die deutsche Defensive zu durch-

    brechen, ehe die siegreich vordringenden Oesterreicher

    Verbindung mit uns erlangt haben. Die Absicht ist an

    der Wachsamkeit unserer Heeresleitung und der Tapfer-

    keit unserer Truppen gescheitert. Die russische Armee,

    an Zahl fast der bei Metz geschlagenen französischen Ar-

    mee gleich,  ist über die Grenze zurückgewichen und wird

    von unseren Truppen verfolgt. Durch diesen Sieg ist

    die Durchführung des gemeinschaftlichen Vormarsches

    unserer und der österreichischen Truppen gegen die

    Weichsel erleichtert worden. Es geht auf Warschau los!

        Die  Meldung über den Sieg lautet kurz und knapp:

        WTB. Berlin, 29. August.  Unsere Truppen in

    Preußen unter der Führung des Generalobersten Hinden-

    burg haben die von Narew vorgegangene russische Armee

    in Stärke von 5 Armeekorps und 3 Kavalleriedivisionen

    in dreitägiger Schlacht bei Gilgenburg-Ortelsburg ge-

    schlagen und verfolgen sie jetzt über die Grenze.

                                             Generalquartiermeister von Stein.

        Die am Sonnabend verbreitete Meldung von dem

    großen deutschen Siege über die Russen in Ostpreußen

    wird durch folgende neue erfreuliche Nachricht ergänzt:

        WTB. Berlin, 31. August.   Bei den großen

    Kämpfen, in denen die russische Armee bei Tannen-

    berg, Hohenstein und Ortelsburg geworfen wurden,

    sind nach vorläufiger Schätzung über 30000 Russen

    mit vielen hohen Offizieren in Gefangenschaft

    geraten.

        Eine erfreuliche Ergänzung zu der amtlichen Mel-

    dung über das Ergebnis der Schlacht bilden die folgen-

    den Mitteilungen, die aus amtlichen Quellen Ost-

    preußens stammen:

        Der vom Generalquartiermeister in seiner Ver-

    öffentlichung vom 25. August als bevorstehend angekün-

    digte Entscheidungskampf  hat begonnen. Als Einleitung

    erfolgte die Besetzung der Grenzstadt Neidenburg durch

    starke russische Kräfte. Die Russen plünderten die Stadt

    gründlich und bombardierten sie dann von den benach-

    barten Höhen. Den meisten Bürgern Neidenburgs,

    das etwa 6000 Einwohner hat, war es gelungen, über

    Hohenstein und Allenstein zu fliehen. Das 20. Armee-

    korps griff energisch in den Kampf gegen den russischen 

    Gegner ein. Die "Allensteiner Zeitung" kann mit amt-

    licher Genehmigung darüber melden: Unser tapferes

    20. Armeekorps steht seit 24 Stunden im Feuer mit

    einem an  Kräften weit überlegenen Gegner. Dank der

    Tapferkeit unserer Truppen und Führer ist es den

    Russen trotz der gewaltigen Uebermacht nicht gelun-

    gen, unsere Stellungen zu nehmen. Der Kampf hat sich

    dann zu einer Riesenschlacht auf der Linie Gilgenburg-

    Neidenburg-Ortelsburg entwickelt mit etwa 50 Kilo-

    meter Frontlänge. Hierüber teilt Landrat Hagemann

    in Marienburg der "Marienburger Zeitung" mit, daß

    zwei russische Armeekorps aufgerieben worden seien.


                                             Kriegsbriefe.

                                Wie ich verwundet wurde

                         Von einem Mitkämpfer bei Lüttich.

    . . .  Mitten in dieses Dorfgefecht (Sturm auf Ft.

    Fleron) waren wir hineingerissen. Es blitzte aus allen

    Häusern, unablässig rollt der Donner der Geschütze, un-

    ablässig geht der Eisenregen nieder. Stockdunkel . . . 

        








  • August 30, 2017 21:23:40 Beate Jochem

     item 14


     Ueber 30 000 Russen in Ostpreußen gefangen.

    Der Sieg der Oesterreicher. Der Kampf in der Nordsee. Die Opfer vom

                                Kreuzer "Magdeburg".


     1. Spalte 

        Wie im Westen, so ist nunmehr auch im Osten die

    erste große Schlacht geschlagen worden. Der Unterschied

    liegt darin, daß sich die Russen in der Offensivstellung

    befanden, während wir den Ansturm abzuwehren hatten.

    Aus der Richtung von Niemen, wie von der Narew her,

    d. h. aus Süden und aus Osten waren erhebliche russische

    Streitkräfte im Anmarsche, die zwischen Insterburg und

    Graudenz in deutsches Gebiet einzubrechen versuchten.

    Ihr Zweck war offenbar, die deutsche Defensive zu durch-

    brechen, ehe die siegreich vordringenden Oesterreicher

    Verbindung mit uns erlangt haben. Die Absicht ist an

    der Wachsamkeit unserer Heeresleitung und der Tapfer-

    keit unserer Truppen gescheitert. Die russische Armee,

    an Zahl fast der bei Metz geschlagenen französischen Ar-

    mee gleich,  ist über die Grenze zurückgewichen und wird

    von unseren Truppen verfolgt. Durch diesen Sieg ist

    die Durchführung des gemeinschaftlichen Vormarsches

    unserer und der österreichischen Truppen gegen die

    Weichsel erleichtert worden. Es geht auf Warschau los!

        Die  Meldung über den Sieg lautet kurz und knapp:

        WTB. Berlin, 29. August.  Unsere Truppen in

    Preußen unter der Führung des Generalobersten Hinden-

    burg haben die von Narew vorgegangene russische Armee

    in Stärke von 5 Armeekorps und 3 Kavalleriedivisionen

    in dreitägiger Schlacht bei Gilgenburg-Ortelsburg ge-

    schlagen und verfolgen sie jetzt über die Grenze.

                                             Generalquartiermeister von Stein.

        Die am Sonnabend verbreitete Meldung von dem

    großen deutschen Siege über die Russen in Ostpreußen

    wird durch folgende neue erfreuliche Nachricht ergänzt:

        WTB. Berlin, 31. August.   Bei den großen

    Kämpfen, in denen die russische Armee bei Tannen-

    berg, Hohenstein und Ortelsburg geworfen wurden,

    sind nach vorläufiger Schätzung über 30000 Russen

    mit vielen hohen Offizieren in Gefangenschaft

    geraten.

        Eine erfreuliche Ergänzung zu der amtlichen Mel-

    dung über das Ergebnis der Schlacht bilden die folgen-

    den Mitteilungen, die aus amtlichen Quellen Ost-

    preußens stammen:

        Der vom Generalquartiermeister in seiner Ver-

    öffentlichung vom 25. August als bevorstehend angekün-

    digte Entscheidungskampf  hat begonnen. Als Einleitung

    erfolgte die Besetzung der Grenzstadt Neidenburg durch

    starke russische Kräfte. Die Russen plünderten die Stadt

    gründlich und bombardierten sie dann von den benach-

    barten Höhen. Den meisten Bürgern Neidenburgs,

    das etwa 6000 Einwohner hat, war es gelungen, über

    Hohenstein und Allenstein zu fliehen. Das 20. Armee-

    korps griff energisch in den Kampf gegen den russischen 

    Gegner ein. Die "Allensteiner Zeitung" kann mit amt-

    licher Genehmigung darüber melden: Unser tapferes

    20. Armeekorps steht seit 24 Stunden im Feuer mit

    einem an  Kräften weit überlegenen Gegner. Dank der

    Tapferkeit unserer Truppen und Führer ist es den

    Russen trotz der gewaltigen Uebermacht nicht gelun-

    gen, unsere Stellungen zu nehmen. Der Kampf hat sich

    dann zu einer Riesenschlacht auf der Linie Gilgenburg-

    Neidenburg-Ortelsburg entwickelt mit etwa 50 Kilo-

    meter Frontlänge. Hierüber teilt Landrat Hagemann

    in Marienburg der "Marienburger Zeitung" mit, daß

    zwei russische Armeekorps aufgerieben worden seien.

        








  • August 30, 2017 21:05:29 Beate Jochem

     item 14


     Ueber 30 000 Russen in Ostpreußen gefangen.

    Der Sieg der Oesterreicher. Der Kampf in der Nordsee. Die Opfer vom

                                Kreuzer "Magdeburg".


     1. Spalte 

        Wie im Westen, so ist nunmehr auch im Osten die

    erste große Schlacht geschlagen worden. Der Unterschied

    liegt darin, daß sich die Russen in der Offensivstellung

    befanden, während wir den Ansturm abzuwehren hatten.

    Aus der Richtung von Niemen, wie von der Narew her,

    d. h. aus Süden und aus Osten waren erhebliche russische

    Streitkräfte im Anmarsche, die zwischen Insterburg und

    Graudenz in deutsches Gebiet einzubrechen versuchten.

    Ihr Zweck war offenbar, die deutsche Defensive zu durch-

    brechen, ehe die siegreich vordringenden Oesterreicher

    Verbindung mit uns erlangt haben. Die Absicht ist an

    der Wachsamkeit unserer Heeresleitung und der Tapfer-

    keit unserer Truppen gescheitert. Die russische Armee,

    an Zahl fast der bei Metz geschlagenen französischen Ar-

    mee gleich,  ist über die Grenze zurückgewichen und wird

    von unseren Truppen verfolgt. Durch diesen Sieg ist

    die Durchführung des gemeinschaftlichen Vormarsches

    unserer und der österreichischen Truppen gegen die

    Weichsel erleichtert worden. Es geht auf Warschau los!

        Die  Meldung über den Sieg lautet kurz und knapp:

        WTB. Berlin, 29. August.  Unsere Truppen in

    Preußen unter der Führung des Generalobersten Hinden-

    burg haben die von Narew vorgegangene russische Armee

    in Stärke von 5 Armeekorps und 3 Kavalleriedivisionen

    in dreitägiger Schlacht bei Gilgenburg-Ortelsburg ge-

    schlagen und verfolgen sie jetzt über die Grenze.








  • August 30, 2017 21:01:38 Beate Jochem

     item 14


     Ueber 30 000 Russen in Ostpreußen gefangen.

    Der Sieg der Oesterreicher. Der Kampf in der Nordsee. Die Opfer vom

                                Kreuzer "Magdeburg".


     1. Spalte 

        Wie im Westen, so ist nunmehr auch im Osten die

    erste große Schlacht geschlagen worden. Der Unterschied

    liegt darin, daß sich die Russen in der Offensivstellung

    befanden, während wir den Ansturm abzuwehren hatten.

    Aus der Richtung von Niemen, wie von der Narew her,

    d. h. aus Süden und aus Osten waren erhebliche russische

    Streitkräfte im Anmarsche, die zwischen Insterburg und

    Graudenz in deutsches Gebiet einzubrechen versuchten.

    Ihr Zweck war offenbar, die deutsche Defensive zu durch-

    brechen, ehe die siegreich vordringenden Oesterreicher

    Verbindung mit uns erlangt haben. Die Absicht ist an

    der Wachsamkeit unserer Heeresleitung und der Tapfer-

    keit unserer Truppen gescheitert. Die russische Armee,

    an Zahl fast der bei Metz geschlagenen französischen Ar-

    mee gleich,  ist über die Grenze zurückgewichen und wird

    von unseren Truppen verfolgt. Durch diesen Sieg ist

    die Durchführung des gemeinschaftlichen Vormarsches

    unserer und der österreichischen Truppen gegen die

    Weichsel erleichtert worden. Es geht auf Warschau los!








  • August 30, 2017 20:45:34 Beate Jochem

     item 14


     Ueber 30 000 Russen in Ostpreußen gefangen.

    Der Sieg der Oesterreicher. Der Kampf in der Nordsee. Die Opfer vom

                                Kreuzer "Magdeburg".

     1. Spalte 



  • August 28, 2017 17:43:58 Beate Jochem

     item 14


     Ueber 30 000 Russen in Ostpreußen gefangen.

    Der Sieg der Oesterreicher. Der Kampf in der Nordsee. die Opfer vom

                                Kreuzer "Magdeburg".

     1. Spalte 



  • August 28, 2017 17:43:17 Beate Jochem

     item 14


     Ueber 30 000 Russen in Ostpreußen gefangen.

    Der Sieg der Oesterreicher. Der Kampf in der Nordsee. die Opfer vom

                                Kreuzer "Magdeburg".


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15725 / 166524
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http://europeana1914-1918.eu/...
Contributor
Karl Döbling
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http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/


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