Zeitungen aus der Kriegszeit 1914, item 5
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item 5
Nr. 177. XXVI. Jahrgang Berliner Freitag, 31. Juli 1914
M o r g e n = Z e i t u n g
mit
Täglichem Unterhaltungs-Blatt . Illustrierter Moden-Zeitung
Illustrierter Familien-Zeitung . Illustierter Kinder-Zeitung
Haus Feld Garten . Technischer Umschau . Lustiger Ecke
Man abonniert bei allen Reichs-Postanstalten sowie Land-
briefträgern für 1 M. 65 Pf. viertelj. oder 55 Pf. monatl.;
Zustellung durch den Briefträger viertelj. 42 Pf. mehr. Unsere
Agenturen liefern das Blatt für 70 Pf. monatlich frei Haus.
Erscheint täglich, mit Ausnahme der Tage nach den Sonn-
und Feiertagen. Insertionspreis für die Zeile 60 Pf. Kleine
Anzeigen 10 Pf. das Wort; das fette Einleitungswort 20 Pf.
Redaktion und Expedition Berlin 3 W. Jerusalemer Straße 40-43
Die Oesterreicher in Belgrad.
Teilweise Mobilmachung in Rußland. - Militärische Maßnahmen Deutschlands.
1. Spalte
Allen Mächten Europas ist es um eine Lokalisierung des
österreichisch-serbischen Krieges zu tun. Ginge es nach Deutsch-
land, Italien, England und Frankreich, so würde jeder Staats-
bürger dieser Länder in aller Seelenruhe seiner friedlichen
Berufstätigkeit nachgehen können. Nur Rußland macht
die Sache des "kleinen Bruders" zu der seinen, und trifft alle
Anstalten, um ihm, falls es ihm an den Kragen geht, mit
seiner Heeresmacht zu Hilfe zu eilen. Rußland hat die
Mobilmachung von 16 Armeekorps angeordnet.
Es hat diese Maßregeln ergriffen, obwohl Oesterreich wieder-
holt erklärt hat, es gehe nicht auf Territorialerwerb in Serbien
aus, Rußland macht mobil, obwohl es weiß, daß Deutschland
kraft des Bündnisvertrages bei einem Angriff Rußlands auf
Oesterreich sich an die Seite der Doppelmonarchie stellen muß,
weil ein starkes Oesterreich Deutschlands Lebensinteresse ist.
Rußland kann nicht einwenden, seine Mobilisierung richte sich
nur gegen die österreichischen Grenzen und ginge uns nichts
an. Wir müssen aus dem angeführten Grunde jede gegen
Oesterreich gerichtete Droh- und Kriegsaktion als eine
Bedrohung Deutschlands auffassen. Militäri-
sche Vorbereitungen Rußlands müssen notwendigerweise
entsprechende Maßnahmen auf deutscher
Seite zur Folge haben.
*
Einberufung des Reichstags?
Geheimrat Jungheim, der Direktor des Reichstages, hat
einen Urlaub abgebrochen und ist in Berlin einge-
troffen. Der Reichstagspräsident Dr. Kämpf weilt
ebenfalls in der Reichshauptstadt.
Militärische Vorbereitungen in Deutschland.
Regensburg, 30. Juli.
Vom Truppenübungsplatz Grafenwöhr wird ge-
meldet: Um elf Uhr vormittags wurde gestern auf dem Truppen-
übungsplatz durch Meldereiter folgender Befehl bekanntgegeben:
"Uebung sofort abbrechen, einrücken, packen und zur Ab-
reise in die Garnison bereit halten."
Das 2. Fußartillerieregiment in Metz ist sofort abgereist. Das
4. Feldartillerieregiment, das 6. Infanterieregiment, das 9. Feld-
artillerieregiment und das 11. Infanterieregiment werden sogleich in
ihre Garnisonen zurückkehren.
Gestern wurde zum Transport von Truppen ein Leerzug mit
fünfundvierzig Waggons nach dem Truppenübungsplatz
Grafenwöhr gesandt. Die Mitteilungen wurden hier von maß-
gebender Stelle bestätigt. ½
Leipzig, 30. Juli.
Die Truppen der Leipziger Garnison, die sich auf
Truppenübungsplätzen befanden, sind sämtlich nach Leipzig zurück-
gekehrt. Sämtliche Urlauber der Marine, soweit sie sich
in Sachsen und Thüringen aufhielten, sind bereits am Montag
nach Kiel und Wilhelmshaven zurückbeordert worden und haben
sich sofort nach ihren Standorten begeben.
Dresden, 30. Juli.
Die Offiziere des Dresdener Reitvereins sind zu ihren Regi-
mentern einberufen worden. Auch die beiden Dresdener Grena-
dierregimenter, die am 17. Juli nach Jüterbog zu Uebungen
abgegangen waren, sind wieder in Dresden eingetroffen, ebenso das
Fußartillerieregiment Nr.19, das sich in Thorn zu Schießübungen
befand. Die Reise des Generalstabs des 19. Armeekorps
wurde wegen der Unsicherheit der Lage in Waldheim in Sachsen
unterbrochen. Die Teilnehmer der Reise sind bereits zu ihren
Truppenkörpern eingerückt.
Köln, 30. Juli.
Meldungen vom Truppenübungsplatz Senne zufolge
sind die dort lagernden Truppen plötzlich alamirt (sic) worden, um
in ihre Garnisonen zurückbefördert zu werden. Zum
Schutze der Rheinbrücken, die seit einigen Tagen durch die
mit Karabinern bewaffneten Eisenbahnbeamten bewacht sind, sind
in der verflossenen Nacht militärische Wachen aufgezogen. Im
rheinisch-westfälischen Industriegebiet erhielten ein-
zelne Werke behördlicherseits die Aufforderung, sämtliche Kolli-
wagen der Eisenbahndirektion zur Verfügung zu
stellen.
Russische Automobile in Lothringen angehalten.
Saarbrücken, 30. Juli.
Großes Aufsehen erregt in Saarlouis die Sistierung von zwei
ausländischen Automobilen, deren Führer zwei
Chauffeure und ein Begleiter, in Saarlouis Rast machten und im
Kaiserhofhotel abgestiegen waren, um zu frühstücken. Dem Besitzer
des Hotels kamen die Wagen verdächtig vor, weshalb er die
Polizei benachrichtigte. Diese untersuchte gemeinsam mit einem
Fahrradhändler die Automobile, und hierbei soll festgestellt worden
sein, daß es zwei russische Generalstabswagen waren. Der Be-
gleiter der beiden Chauffeure, der außer russisch auch französisch
sprach, gab an, daß die beiden Wagen dem russischen Groß-
fürsten Nikolaus und einem Fürsten Orlow gehörten,
die sich mit der Bahn von Frankfurt a. M. nach Paris begeben
hätten. Die beiden Chauffeure, der Begleiter sowie die Wagen
wurden angehalten. Man fand darin eine Schreibmaschine,
einen Feldtisch und Feldstühle. Aus Berlin wurde telegraphische
2. Spalte
Weisung erbeten, was mit den Festgenommenen zu geschehen habe.
Bisher ist Antwort nicht eingetroffen.
16 russische Armeekorps mobil.
London, 30. Juli.
Das Reutersche Bureau erfährt, daß gestern abend im
Süden und Südwesten Rußlands eine teil-
weise Mobilmachung angeordnet worden ist.
Die Mobilisierung beschränkt sich auf die militärischen
Bezirke von Kiew, Odessa, Moskau und Kasan.
In jedem Bezirk stehen vier Armeekorps in
Friedensstärke. Durch die Mobilisation werden
16 Armeekorps auf die Stärke von 32 Armee-
korps gebracht. Kasan ist der Zentralbezirk,
von dem aus die Reserven für die Westgrenze
zusammen gezogen werden.
Wie von der russischen Grenze gemeldet wird, ist die Eisen-
bahnbrücke bei Wirbalen (sic) durch russisches Militär
mit Minen belegt worden. In der Umgebung von Wir-
ballen (das auf russischer Seite Eydtkuhnen gegenüber
liegt) liegen jetzt gegen 6000 Mann Militär, um die Rück-
verbindung aufrecht zu erhalten. Dem Vernehmen nach ist auch
für den Militärbezirk von Libau der Mobilmachungsbefehl
angeordnet worden.
Pleschen, 30. Juli.
Ein russisches Schützenregiment ist neu in Kalisch eingetroffen und
hat sich sofort auf Vorposten an die deutsche Grenze be-
geben. Gendarmen zu Fuß und zu Pferde halten die ganze Grenze
gesperrt.
Ostrowo, 30. Juli.
Nach hier aus dem russischen Grenzgebiet angelangten Meldungen
erhielten die dortigen Militärbehörden gestern nachmittag 3 Uhr die
drahtliche Aufforderung, das gesamte militärische Auf-
gebot an der Grenze in Bereitschaft zu halten und vorläufig
die hauptsächlichsten Brücken und die nach Deutschland führenden
Wege zu bewachen.
Die Sicherung der Küsten.
Petersburg, 30. Juli.
Die Seeverwaltung teilt mit, daß die Feuerschiffe vor
Libau, Luserort und Sarytschew von ihren Stand-
orten entfernt worden sind. Der Leuchtturm von
Renscher und die Leuchtfeuer von Röngrund und
Smultongrund sind ausgelöscht worden. Bei Sewastopol
sind alle Feuer und Leuchttürme außerhalb Chersons ausgelöscht
worden. Die Einfahrt nach Sewastopol ist während der Nacht
verboten.
Petersburg, 30. Juli.
Die deutsche und die österreichisch-ungarische Bot-
schaft werden von allen Seiten durch verstärkte Polizei-
truppen zu Pferde und zu Fuß bewacht. Es ist auch ver-
boten, sich auf den gegenüberliegenden Bürgersteigen
aufzuhalten.
Ein deutscher Schritt in Petersburg.
Paris, 30. Juli.
Der "Matin" meldet aus Wien, man erwartet eine Er-
klärung der Absichten Rußlands und glaube, daß
Deutschland morgen in Petersburg einen
Schritt unternehmen wird, um die Absichten
der russischen Regierung zu erfahren.
Die Besprechungen zwischen Berlin - Petersburg.
London, 30. Juli.
Die "Times" betonen daß die Besprechungen zwischenBerlin und Petersburg fortgesetzt würden. Es sei ein
offenes Geheimnis, daß Deutschland sein Bestes tue, um den
Draht zwischen der russischen und der österreichischen
Hauptstadt wieder herzustellen. Der "Standard"
schreibt, man müsse sich darüber klar sein, daß England
sich unter keinerlei Verpflichtungen befinde. Sir
Edward Gray habe noch am 12. Juni im Parlament erklärt, daß
England im Falle eines Bruches zwischen den europäischen
Mächten vollständig freie Hand habe. "Daily Mail"
schreibt: Solange der deutsche Kaiser und der Zar, die beide
in der unmittelbaren Vergangenheit Beweise für ihre
Friedensliebe gegeben haben, in freundschaftlicher
Korrespondenz stehen, kann die Lage nicht als absolut
verzweifelt angesehen werden.
Die militärischen Vorkehrungen in Ostfrankreich.
Genf, 30. Juli.
Hier eingetroffene Genfer Ferienreisende, die gestern abend von
Paris vom Ostbahnhof abfahren wollten, mußten den Lyoner
Bahnhof benutzen. Der Ostbahnhof war militärisch besetzt,
für den Personenverkehr gesperrt und für Truppentransporte
reserviert, für die gegen zwanzig Züge bereit standen.
Auf der ganzen Linie nach Pontarlier finden Transporte statt.
Straßburg, 30. Juli.
An der deutsch-französischen Grenze werden von der
französischen Armee sämtliche Vorsichtsmaßregeln ge-
3. Spalte
troffen. Das Telephon im Grenzhotel auf der Schlucht wurde
heut mittag durch französische Offiziere gesperrt.
Paris, 30. Juli.
Die Agence Havas meldet, daß die Gerüchte, wonach die Regie-
rung die Einberufung eines oder mehrerer Reservisten-
jahrgänge beschlossen hat, unrichtig sind. Die Regierung be-
schränkte sich darauf, die Sicherheitsmaßregeln zu treffen, die durch
die Umstände erforderlich geworden sind.
Die Beschießung von Belgrad.
Semlin, 30. Juli.
Um fünf Uhr hat gestern früh das Bombardement
der österreichisch-ungarischen Monitore ge-
gen die Befestigungen von Belgrad begonnen.
Das Feuer wurde nach einiger Zeit auch von den Ar-
tilleriestellungen auf der kroatischen Seite auf-
genommen, wo das Fort Laudon mit dem Feuern
begann.
Um 6 Uhr legten die drei Monitore am Semliner Lan-
dungssteg der Donau-Dampfschiffahrt-Gesellschaft an. Mit
Tonnen und Körben gehen die meisten Matrosen über die
dort liegenden Personendampfer an Land, um Wasser und
Lebensmittel zu fassen. Helle Freude strahlt diesen jungen,
gebräunten Burschen aus den Augen. Am Ufer haben sich
einige hundert Menschen versammelt. Hier unten hat sich
auch eine Anzahl von Familien auf die
Dampfer geflüchtet oder wenigstens die Kinder mit
schnell zusammengeraffter Habe an Bord gebracht, um zur
Fahrt nach Budapest oder Wien gerüstet zu sein. Sonst
aber ist von einer Panikstimmung nichts zu bemerken. Ich
fahre wieder zur Station hinunter, und jetzt in der
klaren Morgensonne, nachdem sich der Rauch von den
Schüssen der Monitore verzogen hat, ist mit dem Feldstecher
klar zu erkennen, daß die schwarzen Festungs-
mauern zerschossen sind. Die Stadt selbst ist, wie
es scheint, vollkommen unversehrt geblieben. Aus
der Richtung von Topschider und auch aus Belgrad selbst
sind einzelne Gewehrschüsse zu hören. Gegen 7 ½ Uhr
fahren die Monitore wieder gegen die Festung vor, ziehen
sich aber wieder zurück. Bald darauf ist auch das Gewehr-
feuer unterbrochen, und wie im Frieden scheint die unglück-
liche Stadt im hellen Morgen zu liegen.
Der dritte Monitor, der mit den beiden anderen einge-
laufen ist, macht kehrt ohne zu schießen, vielleicht um in
einen anderen Arm der Donau einzulaufen. Abwech-
selnd schießen die beiden kleinen Kriegs-
schiffe, die wie Miniaturkreuzer dunkel auf der sonnen-
überstrahlten Donau unter hellblauem Himmel keine zwei-
hundert Meter von meinem Beobachtungsplatz liegen.
Alle Minuten fällt ein Schuß, manchmal auch etwas
rascher. Neunzig Prozent der Schüsse sind
Treffer, meist gegen die niedrig an der Donau gelegenen
grünumhegten Befestigungen gerichtet. Mancher Schuß geht
in das Wasser, vielleicht absichtlich, um Minen zu zer-
stören. Dann schallt sein Echo noch einmal so laut herüber.
Um 11 Uhr vormittags beginnt die Artillerie auf
kroatischem Gebiet hinter unserem Rücken einzu-
greifen. Gleich der zweite Haubitzschuß hat rechts von Top-
schider eingeschlagen. Es brennt bereits an vier
Stellen in der Gegend von Belgrad.
Um Punkt ½ 4 hat die Beschießung der Bel-
grader Festungswerke wieder begonnen. Die Kanonen
donnern wieder von der kroatischen Seite herüber, aber der
Haupteffekt des Vormittags, die Monitore sind aus-
geblieben. Der Kai ist vollkommen leer. Friedlich
liegt drüben unter dem blaugoldenen Nachmittagshimmel
Belgrad. Ueber dem hier nicht sichtbaren alten Donauarm
schwebt leichter brauner Rauch, offenbar von einem Kriegs-
fahrzeug. Wäre nicht dieser regelmäßige Donner der Hau-
bitze hinter unserem Rücken, dem ein Zischen über unseren
Häuptern, ein Krach, das Aufschlagen der Geschosse, und an
einer Stelle der Festung bläulich roter Rauch folgen, wir
wüßten nicht, daß wir im Kriege leben. Um Mittag
habe ich den Transport der drei Soldaten begleitet, die bei
der Ueberfahrt mit der Munition für die zwölf Mann auf
der Kriegsinsel verwundet worden. Einer ist bald zur
Stelle; den anderen sieht man im Ried in einem Boot
liegen, das von einem wackeren Eisenbahner gezogen wird.
Langsam gehen wir in guter Deckung gegen die Schüsse der
Serben längs der Eisenbahnlinie zur Save hinunter; dann
eilen vier Mann gegen das Ried hinunter und tragen den
Verwundeten herüber. Inzwischen ist mit einer Lokomotive
eine Draisine herbeigefahren worden, und vorsichtig bringen
wir auf ihr den Schwerverletzten zu einem improvisierten
Krankenwagen; er hat einen doppelten Lungenschuß davon-
getragen, eines der ersten Opfer in dem beginnenden Kriege.
-
item 5
Nr. 177. XXVI. Jahrgang Berliner Freitag, 31. Juli 1914
M o r g e n = Z e i t u n g
mit
Täglichem Unterhaltungs-Blatt . Illustrierter Moden-Zeitung
Illustrierter Familien-Zeitung . Illustierter Kinder-Zeitung
Haus Feld Garten . Technischer Umschau . Lustiger Ecke
Man abonniert bei allen Reichs-Postanstalten sowie Land-
briefträgern für 1 M. 65 Pf. viertelj. oder 55 Pf. monatl.;
Zustellung durch den Briefträger viertelj. 42 Pf. mehr. Unsere
Agenturen liefern das Blatt für 70 Pf. monatlich frei Haus.
Erscheint täglich, mit Ausnahme der Tage nach den Sonn-
und Feiertagen. Insertionspreis für die Zeile 60 Pf. Kleine
Anzeigen 10 Pf. das Wort; das fette Einleitungswort 20 Pf.
Redaktion und Expedition Berlin 3 W. Jerusalemer Straße 40-43
Die Oesterreicher in Belgrad.
Teilweise Mobilmachung in Rußland. - Militärische Maßnahmen Deutschlands.
1. Spalte
Allen Mächten Europas ist es um eine Lokalisierung des
österreichisch-serbischen Krieges zu tun. Ginge es nach Deutsch-
land, Italien, England und Frankreich, so würde jeder Staats-
bürger dieser Länder in aller Seelenruhe seiner friedlichen
Berufstätigkeit nachgehen können. Nur Rußland macht
die Sache des "kleinen Bruders" zu der seinen, und trifft alle
Anstalten, um ihm, falls es ihm an den Kragen geht, mit
seiner Heeresmacht zu Hilfe zu eilen. Rußland hat die
Mobilmachung von 16 Armeekorps angeordnet.
Es hat diese Maßregeln ergriffen, obwohl Oesterreich wieder-
holt erklärt hat, es gehe nicht auf Territorialerwerb in Serbien
aus, Rußland macht mobil, obwohl es weiß, daß Deutschland
kraft des Bündnisvertrages bei einem Angriff Rußlands auf
Oesterreich sich an die Seite der Doppelmonarchie stellen muß,
weil ein starkes Oesterreich Deutschlands Lebensinteresse ist.
Rußland kann nicht einwenden, seine Mobilisierung richte sich
nur gegen die österreichischen Grenzen und ginge uns nichts
an. Wir müssen aus dem angeführten Grunde jede gegen
Oesterreich gerichtete Droh- und Kriegsaktion als eine
Bedrohung Deutschlands auffassen. Militäri-
sche Vorbereitungen Rußlands müssen notwendigerweise
entsprechende Maßnahmen auf deutscher
Seite zur Folge haben.
*
Einberufung des Reichstags?
Geheimrat Jungheim, der Direktor des Reichstages, hat
einen Urlaub abgebrochen und ist in Berlin einge-
troffen. Der Reichstagspräsident Dr. Kämpf weilt
ebenfalls in der Reichshauptstadt.
Militärische Vorbereitungen in Deutschland.
Regensburg, 30. Juli.
Vom Truppenübungsplatz Grafenwöhr wird ge-
meldet: Um elf Uhr vormittags wurde gestern auf dem Truppen-
übungsplatz durch Meldereiter folgender Befehl bekanntgegeben:
"Uebung sofort abbrechen, einrücken, packen und zur Ab-
reise in die Garnison bereit halten."
Das 2. Fußartillerieregiment in Metz ist sofort abgereist. Das
4. Feldartillerieregiment, das 6. Infanterieregiment, das 9. Feld-
artillerieregiment und das 11. Infanterieregiment werden sogleich in
ihre Garnisonen zurückkehren.
Gestern wurde zum Transport von Truppen ein Leerzug mit
fünfundvierzig Waggons nach dem Truppenübungsplatz
Grafenwöhr gesandt. Die Mitteilungen wurden hier von maß-
gebender Stelle bestätigt.
Leipzig, 30. Juli.
Die Truppen der Leipziger Garnison, die sich auf
Truppenübungsplätzen befanden, sind sämtlich nach Leipzig zurück-
gekehrt. Sämtliche Urlauber der Marine, soweit sie sich
in Sachsen und Thüringen aufhielten, sind bereits am Montag
nach Kiel und Wilhelmshaven zurückbeordert worden und haben
sich sofort nach ihren Standorten begeben.
Dresden, 30. Juli.
Die Offiziere des Dresdener Reitvereins sind zu ihren Regi-
mentern einberufen worden. Auch die beiden Dresdener Grena-
dierregimenter, die am 17. Juli nach Jüterbog zu Uebungen
abgegangen waren, sind wieder in Dresden eingetroffen, ebenso das
Fußartillerieregiment Nr.19, das sich in Thorn zu Schießübungen
befand. Die Reise des Generalstabs des 19. Armeekorps
wurde wegen der Unsicherheit der Lage in Waldheim in Sachsen
unterbrochen. Die Teilnehmer der Reise sind bereits zu ihren
Truppenkörpern eingerückt.
Köln, 30. Juli.
Meldungen vom Truppenübungsplatz Senne zufolge
sind die dort lagernden Truppen plötzlich alamirt (sic) worden, um
in ihre Garnisonen zurückbefördert zu werden. Zum
Schutze der Rheinbrücken, die seit einigen Tagen durch die
mit Karabinern bewaffneten Eisenbahnbeamten bewacht sind, sind
in der verflossenen Nacht militärische Wachen aufgezogen. Im
rheinisch-westfälischen Industriegebiet erhielten ein-
zelne Werke behördlicherseits die Aufforderung, sämtliche Kolli-
wagen der Eisenbahndirektion zur Verfügung zu
stellen.
Russische Automobile in Lothringen angehalten.
Saarbrücken, 30. Juli.
Großes Aufsehen erregt in Saarlouis die Sistierung von zwei
ausländischen Automobilen, deren Führer zwei
Chauffeure und ein Begleiter, in Saarlouis Rast machten und im
Kaiserhofhotel abgestiegen waren, um zu frühstücken. Dem Besitzer
des Hotels kamen die Wagen verdächtig vor, weshalb er die
Polizei benachrichtigte. Diese untersuchte gemeinsam mit einem
Fahrradhändler die Automobile, und hierbei soll festgestellt worden
sein, daß es zwei russische Generalstabswagen waren. Der Be-
gleiter der beiden Chauffeure, der außer russisch auch französisch
sprach, gab an, daß die beiden Wagen dem russischen Groß-
fürsten Nikolaus und einem Fürsten Orlow gehörten,
die sich mit der Bahn von Frankfurt a. M. nach Paris begeben
hätten. Die beiden Chauffeure, der Begleiter sowie die Wagen
wurden angehalten. Man fand darin eine Schreibmaschine,
einen Feldtisch und Feldstühle. Aus Berlin wurde telegraphische
2. Spalte
Weisung erbeten, was mit den Festgenommenen zu geschehen habe.
Bisher ist Antwort nicht eingetroffen.
16 russische Armeekorps mobil.
London, 30. Juli.
Das Reutersche Bureau erfährt, daß gestern abend im
Süden und Südwesten Rußlands eine teil-
weise Mobilmachung angeordnet worden ist.
Die Mobilisierung beschränkt sich auf die militärischen
Bezirke von Kiew, Odessa, Moskau und Kasan.
In jedem Bezirk stehen vier Armeekorps in
Friedensstärke. Durch die Mobilisation werden
16 Armeekorps auf die Stärke von 32 Armee-
korps gebracht. Kasan ist der Zentralbezirk,
von dem aus die Reserven für die Westgrenze
zusammen gezogen werden.
Wie von der russischen Grenze gemeldet wird, ist die Eisen-
bahnbrücke bei Wirbalen (sic) durch russisches Militär
mit Minen belegt worden. In der Umgebung von Wir-
ballen (das auf russischer Seite Eydtkuhnen gegenüber
liegt) liegen jetzt gegen 6000 Mann Militär, um die Rück-
verbindung aufrecht zu erhalten. Dem Vernehmen nach ist auch
für den Militärbezirk von Libau der Mobilmachungsbefehl
angeordnet worden.
Pleschen, 30. Juli.
Ein russisches Schützenregiment ist neu in Kalisch eingetroffen und
hat sich sofort auf Vorposten an die deutsche Grenze be-
geben. Gendarmen zu Fuß und zu Pferde halten die ganze Grenze
gesperrt.
Ostrowo, 30. Juli.
Nach hier aus dem russischen Grenzgebiet angelangten Meldungen
erhielten die dortigen Militärbehörden gestern nachmittag 3 Uhr die
drahtliche Aufforderung, das gesamte militärische Auf-
gebot an der Grenze in Bereitschaft zu halten und vorläufig
die hauptsächlichsten Brücken und die nach Deutschland führenden
Wege zu bewachen.
Die Sicherung der Küsten.
Petersburg, 30. Juli.
Die Seeverwaltung teilt mit, daß die Feuerschiffe vor
Libau, Luserort und Sarytschew von ihren Stand-
orten entfernt worden sind. Der Leuchtturm von
Renscher und die Leuchtfeuer von Röngrund und
Smultongrund sind ausgelöscht worden. Bei Sewastopol
sind alle Feuer und Leuchttürme außerhalb Chersons ausgelöscht
worden. Die Einfahrt nach Sewastopol ist während der Nacht
verboten.
Petersburg, 30. Juli.
Die deutsche und die österreichisch-ungarische Bot-
schaft werden von allen Seiten durch verstärkte Polizei-
truppen zu Pferde und zu Fuß bewacht. Es ist auch ver-
boten, sich auf den gegenüberliegenden Bürgersteigen
aufzuhalten.
Ein deutscher Schritt in Petersburg.
Paris, 30. Juli.
Der "Matin" meldet aus Wien, man erwartet eine Er-
klärung der Absichten Rußlands und glaube, daß
Deutschland morgen in Petersburg einen
Schritt unternehmen wird, um die Absichten
der russischen Regierung zu erfahren.
Die Besprechungen zwischen Berlin - Petersburg.
London, 30. Juli.
Die "Times" betonen daß die Besprechungen zwischenBerlin und Petersburg fortgesetzt würden. Es sei ein
offenes Geheimnis, daß Deutschland sein Bestes tue, um den
Draht zwischen der russischen und der österreichischen
Hauptstadt wieder herzustellen. Der "Standard"
schreibt, man müsse sich darüber klar sein, daß England
sich unter keinerlei Verpflichtungen befinde. Sir
Edward Gray habe noch am 12. Juni im Parlament erklärt, daß
England im Falle eines Bruches zwischen den europäischen
Mächten vollständig freie Hand habe. "Daily Mail"
schreibt: Solange der deutsche Kaiser und der Zar, die beide
in der unmittelbaren Vergangenheit Beweise für ihre
Friedensliebe gegeben haben, in freundschaftlicher
Korrespondenz stehen, kann die Lage nicht als absolut
verzweifelt angesehen werden.
Die militärischen Vorkehrungen in Ostfrankreich.
Genf, 30. Juli.
Hier eingetroffene Genfer Ferienreisende, die gestern abend von
Paris vom Ostbahnhof abfahren wollten, mußten den Lyoner
Bahnhof benutzen. Der Ostbahnhof war militärisch besetzt,
für den Personenverkehr gesperrt und für Truppentransporte
reserviert, für die gegen zwanzig Züge bereit standen.
Auf der ganzen Linie nach Pontarlier finden Transporte statt.
Straßburg, 30. Juli.
An der deutsch-französischen Grenze werden von der
französischen Armee sämtliche Vorsichtsmaßregeln ge-
3. Spalte
troffen. Das Telephon im Grenzhotel auf der Schlucht wurde
heut mittag durch französische Offiziere gesperrt.
Paris, 30. Juli.
Die Agence Havas meldet, daß die Gerüchte, wonach die Regie-
rung die Einberufung eines oder mehrerer Reservisten-
jahrgänge beschlossen hat, unrichtig sind. Die Regierung be-
schränkte sich darauf, die Sicherheitsmaßregeln zu treffen, die durch
die Umstände erforderlich geworden sind.
Die Beschießung von Belgrad.
Semlin, 30. Juli.
Um fünf Uhr hat gestern früh das Bombardement
der österreichisch-ungarischen Monitore ge-
gen die Befestigungen von Belgrad begonnen.
Das Feuer wurde nach einiger Zeit auch von den Ar-
tilleriestellungen auf der kroatischen Seite auf-
genommen, wo das Fort Laudon mit dem Feuern
begann.
Um 6 Uhr legten die drei Monitore am Semliner Lan-
dungssteg der Donau-Dampfschiffahrt-Gesellschaft an. Mit
Tonnen und Körben gehen die meisten Matrosen über die
dort liegenden Personendampfer an Land, um Wasser und
Lebensmittel zu fassen. Helle Freude strahlt diesen jungen,
gebräunten Burschen aus den Augen. Am Ufer haben sich
einige hundert Menschen versammelt. Hier unten hat sich
auch eine Anzahl von Familien auf die
Dampfer geflüchtet oder wenigstens die Kinder mit
schnell zusammengeraffter Habe an Bord gebracht, um zur
Fahrt nach Budapest oder Wien gerüstet zu sein. Sonst
aber ist von einer Panikstimmung nichts zu bemerken. Ich
fahre wieder zur Station hinunter, und jetzt in der
klaren Morgensonne, nachdem sich der Rauch von den
Schüssen der Monitore verzogen hat, ist mit dem Feldstecher
klar zu erkennen, daß die schwarzen Festungs-
mauern zerschossen sind. Die Stadt selbst ist, wie
es scheint, vollkommen unversehrt geblieben. Aus
der Richtung von Topschider und auch aus Belgrad selbst
sind einzelne Gewehrschüsse zu hören. Gegen 7 1/4 Uhr
fahren die Monitore wieder gegen die Festung vor, ziehen
sich aber wieder zurück. Bald darauf ist auch das Gewehr-
feuer unterbrochen, und wie im Frieden scheint die unglück-
liche Stadt im hellen Morgen zu liegen.
Der dritte Monitor, der mit den beiden anderen einge-
laufen ist, macht kehrt ohne zu schießen, vielleicht um in
einen anderen Arm der Donau einzulaufen. Abwech-
selnd schießen die beiden kleinen Kriegs-
schiffe, die wie Miniaturkreuzer dunkel auf der sonnen-
überstrahlten Donau unter hellblauem Himmel keine zwei-
hundert Meter von meinem Beobachtungsplatz liegen.
Alle Minuten fällt ein Schuß, manchmal auch etwas
rascher. Neunzig Prozent der Schüsse sind
Treffer, meist gegen die niedrig an der Donau gelegenen
grünumhegten Befestigungen gerichtet. Mancher Schuß geht
in das Wasser, vielleicht absichtlich, um Minen zu zer-
stören. Dann schallt sein Echo noch einmal so laut herüber.
Um 11 Uhr vormittags beginnt die Artillerie auf
kroatischem Gebiet hinter unserem Rücken einzu-
greifen. Gleich der zweite Haubitzschuß hat rechts von Top-
schider eingeschlagen. Es brennt bereits an vier
Stellen in der Gegend von Belgrad.
Um Punkt 1/2 4 hat die Beschießung der Bel-
grader Festungswerke wieder begonnen. Die Kanonen
donnern wieder von der kroatischen Seite herüber, aber der
Haupteffekt des Vormittags, die Monitore sind aus-
geblieben. Der Kai ist vollkommen leer. Friedlich
liegt drüben unter dem blaugoldenen Nachmittagshimmel
Belgrad. Ueber dem hier nicht sichtbaren alten Donauarm
schwebt leichter brauner Rauch, offenbar von einem Kriegs-
fahrzeug. Wäre nicht dieser regelmäßige Donner der Hau-
bitze hinter unserem Rücken, dem ein Zischen über unseren
Häuptern, ein Krach, das Aufschlagen der Geschosse, und an
einer Stelle der Festung bläulich roter Rauch folgen, wir
wüßten nicht, daß wir im Kriege leben. Um Mittag
habe ich den Transport der drei Soldaten begleitet, die bei
der Ueberfahrt mit der Munition für die zwölf Mann auf
der Kriegsinsel verwundet worden. Einer ist bald zur
Stelle; den anderen sieht man im Ried in einem Boot
liegen, das von einem wackeren Eisenbahner gezogen wird.
Langsam gehen wir in guter Deckung gegen die Schüsse der
Serben längs der Eisenbahnlinie zur Save hinunter; dann
eilen vier Mann gegen das Ried hinunter und tragen den
Verwundeten herüber. Inzwischen ist mit einer Lokomotive
eine Draisine herbeigefahren worden, und vorsichtig bringen
wir auf ihr den Schwerverletzten zu einem improvisierten
Krankenwagen; er hat einen doppelten Lungenschuß davon-
getragen, eines der ersten Opfer in dem beginnenden Kriege.
-
item 5
Nr. 177. XXVI. Jahrgang Berliner Freitag, 31. Juli 1914
M o r g e n = Z e i t u n g
mit
Täglichem Unterhaltungs-Blatt . Illustrierter Moden-Zeitung
Illustrierter Familien-Zeitung . Illustierter Kinder-Zeitung
Haus Feld Garten . Technischer Umschau . Lustiger Ecke
Man abonniert bei allen Reichs-Postanstalten sowie Land-
briefträgern für 1 M. 65 Pf. viertelj. oder 55 Pf. monatl.;
Zustellung durch den Briefträger viertelj. 42 Pf. mehr. Unsere
Agenturen liefern das Blatt für 70 Pf. monatlich frei Haus.
Erscheint täglich, mit Ausnahme der Tage nach den Sonn-
und Feiertagen. Insertionspreis für die Zeile 60 Pf. Kleine
Anzeigen 10 Pf. das Wort; das fette Einleitungswort 20 Pf.
Redaktion und Expedition Berlin 3 W. Jerusalemer Straße 40-43
Die Oesterreicher in Belgrad.
Teilweise Mobilmachung in Rußland. - Militärische Maßnahmen Deutschlands.
1. Spalte
Allen Mächten Europas ist es um eine Lokalisierung des
österreichisch-serbischen Krieges zu tun. Ginge es nach Deutsch-
land, Italien, England und Frankreich, so würde jeder Staats-
bürger dieser Länder in aller Seelenruhe seiner friedlichen
Berufstätigkeit nachgehen können. Nur Rußland macht
die Sache des "kleinen Bruders" zu der seinen, und trifft alle
Anstalten, um ihm, falls es ihm an den Kragen geht, mit
seiner Heeresmacht zu Hilfe zu eilen. Rußland hat die
Mobilmachung von 16 Armeekorps angeordnet.
Es hat diese Maßregeln ergriffen, obwohl Oesterreich wieder-
holt erklärt hat, es gehe nicht auf Territorialerwerb in Serbien
aus, Rußland macht mobil, obwohl es weiß, daß Deutschland
kraft des Bündnisvertrages bei einem Angriff Rußlands auf
Oesterreich sich an die Seite der Doppelmonarchie stellen muß,
weil ein starkes Oesterreich Deutschlands Lebensinteresse ist.
Rußland kann nicht einwenden, seine Mobilisierung richte sich
nur gegen die österreichischen Grenzen und ginge uns nichts
an. Wir müssen aus dem angeführten Grunde jede gegen
Oesterreich gerichtete Droh- und Kriegsaktion als eine
Bedrohung Deutschlands auffassen. Militäri-
sche Vorbereitungen Rußlands müssen notwendigerweise
entsprechende Maßnahmen auf deutscher
Seite zur Folge haben.
*
Einberufung des Reichstags?
Geheimrat Jungheim, der Direktor des Reichstages, hat
einen Urlaub abgebrochen und ist in Berlin einge-
troffen. Der Reichstagspräsident Dr. Kämpf weilt
ebenfalls in der Reichshauptstadt.
Militärische Vorbereitungen in Deutschland.
Regensburg, 30. Juli.
Vom Truppenübungsplatz Grafenwöhr wird ge-
meldet: Um elf Uhr vormittags wurde gestern auf dem Truppen-
übungsplatz durch Meldereiter folgender Befehl bekanntgegeben:
"Uebung sofort abbrechen, einrücken, packen und zur Ab-
reise in die Garnison bereit halten."
Das 2. Fußartillerieregiment in Metz ist sofort abgereist. Das
4. Feldartillerieregiment, das 6. Infanterieregiment, das 9. Feld-
artillerieregiment und das 11. Infanterieregiment werden sogleich in
ihre Garnisonen zurückkehren.
Gestern wurde zum Transport von Truppen ein Leerzug mit
fünfundvierzig Waggons nach dem Truppenübungsplatz
Grafenwöhr gesandt. Die Mitteilungen wurden hier von maß-
gebender Stelle bestätigt.
Leipzig, 30. Juli.
Die Truppen der Leipziger Garnison, die sich auf
Truppenübungsplätzen befanden, sind sämtlich nach Leipzig zurück-
gekehrt. Sämtliche Urlauber der Marine, soweit sie sich
in Sachsen und Thüringen aufhielten, sind bereits am Montag
nach Kiel und Wilhelmshaven zurückbeordert worden und haben
sich sofort nach ihren Standorten begeben.
Dresden, 30. Juli.
Die Offiziere des Dresdener Reitvereins sind zu ihren Regi-
mentern einberufen worden. Auch die beiden Dresdener Grena-
dierregimenter, die am 17. Juli nach Jüterbog zu Uebungen
abgegangen waren, sind wieder in Dresden eingetroffen, ebenso das
Fußartillerieregiment Nr.19, das sich in Thorn zu Schießübungen
befand. Die Reise des Generalstabs des 19. Armeekorps
wurde wegen der Unsicherheit der Lage in Waldheim in Sachsen
unterbrochen. Die Teilnehmer der Reise sind bereits zu ihren
Truppenkörpern eingerückt.
Köln, 30. Juli.
Meldungen vom Truppenübungsplatz Senne zufolge
sind die dort lagernden Truppen plötzlich alamirt (sic) worden, um
in ihre Garnisonen zurückbefördert zu werden. Zum
Schutze der Rheinbrücken, die seit einigen Tagen durch die
mit Karabinern bewaffneten Eisenbahnbeamten bewacht sind, sind
in der verflossenen Nacht militärische Wachen aufgezogen. Im
rheinisch-westfälischen Industriegebiet erhielten ein-
zelne Werke behördlicherseits die Aufforderung, sämtliche Kolli-
wagen der Eisenbahndirektion zur Verfügung zu
stellen.
Russische Automobile in Lothringen angehalten.
Saarbrücken, 30. Juli.
Großes Aufsehen erregt in Saarlouis die Sistierung von zwei
ausländischen Automobilen, deren Führer zwei
Chauffeure und ein Begleiter, in Saarlouis Rast machten und im
Kaiserhofhotel abgestiegen waren, um zu frühstücken. Dem Besitzer
des Hotels kamen die Wagen verdächtig vor, weshalb er die
Polizei benachrichtigte. Diese untersuchte gemeinsam mit einem
Fahrradhändler die Automobile, und hierbei soll festgestellt worden
sein, daß es zwei russische Generalstabswagen waren. Der Be-
gleiter der beiden Chauffeure, der außer russisch auch französisch
sprach, gab an, daß die beiden Wagen dem russischen Groß-
fürsten Nikolaus und einem Fürsten Orlow gehörten,
die sich mit der Bahn von Frankfurt a. M. nach Paris begeben
hätten. Die beiden Chauffeure, der Begleiter sowie die Wagen
wurden angehalten. Man fand darin eine Schreibmaschine,
einen Feldtisch und Feldstühle. Aus Berlin wurde telegraphische
2. Spalte
Weisung erbeten, was mit den Festgenommenen zu geschehen habe.
Bisher ist Antwort nicht eingetroffen.
16 russische Armeekorps mobil.
London, 30. Juli.
Das Reutersche Bureau erfährt, daß gestern abend im
Süden und Südwesten Rußlands eine teil-
weise Mobilmachung angeordnet worden ist.
Die Mobilisierung beschränkt sich auf die militärischen
Bezirke von Kiew, Odessa, Moskau und Kasan.
In jedem Bezirk stehen vier Armeekorps in
Friedensstärke. Durch die Mobilisation werden
16 Armeekorps auf die Stärke von 32 Armee-
korps gebracht. Kasan ist der Zentralbezirk,
von dem aus die Reserven für die Westgrenze
zusammen gezogen werden.
Wie von der russischen Grenze gemeldet wird, ist die Eisen-
bahnbrücke bei Wirbalen (sic) durch russisches Militär
mit Minen belegt worden. In der Umgebung von Wir-
ballen (das auf russischer Seite Eydtkuhnen gegenüber
liegt) liegen jetzt gegen 6000 Mann Militär, um die Rück-
verbindung aufrecht zu erhalten. Dem Vernehmen nach ist auch
für den Militärbezirk von Libau der Mobilmachungsbefehl
angeordnet worden.
Pleschen, 30. Juli.
Ein russisches Schützenregiment ist neu in Kalisch eingetroffen und
hat sich sofort auf Vorposten an die deutsche Grenze be-
geben. Gendarmen zu Fuß und zu Pferde halten die ganze Grenze
gesperrt.
Ostrowo, 30. Juli.
Nach hier aus dem russischen Grenzgebiet angelangten Meldungen
erhielten die dortigen Militärbehörden gestern nachmittag 3 Uhr die
drahtliche Aufforderung, das gesamte militärische Auf-
gebot an der Grenze in Bereitschaft zu halten und vorläufig
die hauptsächlichsten Brücken und die nach Deutschland führenden
Wege zu bewachen.
Die Sicherung der Küsten.
Petersburg, 30. Juli.
Die Seeverwaltung teilt mit, daß die Feuerschiffe vor
Libau, Luserort und Sarytschew von ihren Stand-
orten entfernt worden sind. Der Leuchtturm von
Renscher und die Leuchtfeuer von Röngrund und
Smultongrund sind ausgelöscht worden. Bei Sewastopol
sind alle Feuer und Leuchttürme außerhalb Chersons ausgelöscht
worden. Die Einfahrt nach Sewastopol ist während der Nacht
verboten.
Petersburg, 30. Juli.
Die deutsche und die österreichisch-ungarische Bot-
schaft werden von allen Seiten durch verstärkte Polizei-
truppen zu Pferde und zu Fuß bewacht. Es ist auch ver-
boten, sich auf den gegenüberliegenden Bürgersteigen
aufzuhalten.
Ein deutscher Schritt in Petersburg.
Paris, 30. Juli.
Der "Matin" meldet aus Wien, man erwartet eine Er-
klärung der Absichten Rußlands und glaube, daß
Deutschland morgen in Petersburg einen
Schritt unternehmen wird, um die Absichten
der russischen Regierung zu erfahren.
Die Besprechungen zwischen Berlin - Petersburg.
London, 30. Juli.
Die "Times" betonen daß die Besprechungen zwischenBerlin und Petersburg fortgesetzt würden. Es sei ein
offenes Geheimnis, daß Deutschland sein Bestes tue, um den
Draht zwischen der russischen und der österreichischen
Hauptstadt wieder herzustellen. Der "Standard"
schreibt, man müsse sich darüber klar sein, daß England
sich unter keinerlei Verpflichtungen befinde. Sir
Edward Gray habe noch am 12. Juni im Parlament erklärt, daß
England im Falle eines Bruches zwischen den europäischen
Mächten vollständig freie Hand habe. "Daily Mail"
schreibt: Solange der deutsche Kaiser und der Zar, die beide
in der unmittelbaren Vergangenheit Beweise für ihre
Friedensliebe gegeben haben, in freundschaftlicher
Korrespondenz stehen, kann die Lage nicht als absolut
verzweifelt angesehen werden.
Die militärischen Vorkehrungen in Ostfrankreich.
Genf, 30. Juli.
Hier eingetroffene Genfer Ferienreisende, die gestern abend von
Paris vom Ostbahnhof abfahren wollten, mußten den Lyoner
Bahnhof benutzen. Der Ostbahnhof war militärisch besetzt,
für den Personenverkehr gesperrt und für Truppentransporte
reserviert, für die gegen zwanzig Züge bereit standen.
Auf der ganzen Linie nach Pontarlier finden Transporte statt.
Straßburg, 30. Juli.
An der deutsch-französischen Grenze werden von der
französischen Armee sämtliche Vorsichtsmaßregeln ge-
3. Spalte
troffen. Das Telephon im Grenzhotel auf der Schlucht wurde
heut mittag durch französische Offiziere gesperrt.
Paris, 30. Juli.
Die Agence Havas meldet, daß die Gerüchte, wonach die Regie-
rung die Einberufung eines oder mehrerer Reservisten-
jahrgänge beschlossen hat, unrichtig sind. Die Regierung be-
schränkte sich darauf, die Sicherheitsmaßregeln zu treffen, die durch
die Umstände erforderlich geworden sind.
Die Beschießung von Belgrad.
Semlin, 30. Juli.
Um fünf Uhr hat gestern früh das Bombardement
der österreichisch-ungarischen Monitore ge-
gen die Befestigungen von Belgrad begonnen.
Das Feuer wurde nach einiger Zeit auch von den Ar-
tilleriestellungen auf der kroatischen Seite auf-
genommen, wo das Fort Laudon mit dem Feuern
begann.
Um 6 Uhr legten die drei Monitore am Semliner Lan-
dungssteg der Donau-Dampfschiffahrt-Gesellschaft an. Mit
Tonnen und Körben gehen die meisten Matrosen über die
dort liegenden Personendampfer an Land, um Wasser und
Lebensmittel zu fassen. Helle Freude strahlt diesen jungen,
gebräunten Burschen aus den Augen. Am Ufer haben sich
einige hundert Menschen versammelt. Hier unten hat sich
auch eine Anzahl von Familien auf die
Dampfer geflüchtet oder wenigstens die Kinder mit
schnell zusammengeraffter Habe an Bord gebracht, um zur
Fahrt nach Budapest oder Wien gerüstet zu sein. Sonst
aber ist von einer Panikstimmung nichts zu bemerken. Ich
fahre wieder zur Station hinunter, und jetzt in der
klaren Morgensonne, nachdem sich der Rauch von den
Schüssen der Monitore verzogen hat, ist mit dem Feldstecher
klar zu erkennen, daß die schwarzen Festungs-
mauern zerschossen sind. Die Stadt selbst ist, wie
es scheint, vollkommen unversehrt geblieben. Aus
der Richtung von Topschider und auch aus Belgrad selbst
sind einzelne Gewehrschüsse zu hören. Gegen 7 1/4 Uhr
fahren die Monitore wieder gegen die Festung vor, ziehen
sich aber wieder zurück. Bald darauf ist auch das Gewehr-
feuer unterbrochen, und wie im Frieden scheint die unglück-
liche Stadt im hellen Morgen zu liegen.
Der dritte Monitor, der mit den beiden anderen einge-
laufen ist, macht kehrt ohne zu schießen, vielleicht um in
einen anderen Arm der Donau einzulaufen. Abwech-
selnd schießen die beiden kleinen Kriegs-
schiffe, die wie Miniaturkreuzer dunkel auf der sonnen-
überstrahlten Donau unter hellblauem Himmel keine zwei-
hundert Meter von meinem Beobachtungsplatz liegen.
Alle Minuten fällt ein Schuß, manchmal auch etwas
rascher. Neunzig Prozent der Schüsse sind
Treffer, meist gegen die niedrig an der Donau gelegenen
grünumhegten Befestigungen gerichtet. Mancher Schuß geht
in das Wasser, vielleicht absichtlich, um Minen zu zer-
stören. Dann schallt sein Echo noch einmal so laut herüber.
Um 11 Uhr vormittags beginnt die Artillerie auf
kroatischem Gebiet hinter unserem Rücken einzu-
greifen. Gleich der zweite Haubitzschuß hat rechts von Top-
schider eingeschlagen. Es brennt bereits an vier
Stellen in der Gegend von Belgrad.
Um Punkt 1/2 4 hat die Beschießung der Bel-
grader Festungswerke wieder begonnen. Die Kanonen
donnern wieder von der kroatischen Seite herüber, aber der
Haupteffekt des Vormittags, die Monitore sind aus-
geblieben. Der Kai ist vollkommen leer. Friedlich
liegt drüben unter dem blaugoldenen Nachmittagshimmel
Belgrad. Ueber dem hier nicht sichtbaren alten Donauarm
schwebt leichter brauner Rauch, offenbar von einem Kriegs-
fahrzeug. Wäre nicht dieser regelmäßige Donner der Hau-
bitze hinter unserem Rücken, dem ein Zischen über unseren
Häuptern, ein Krach, das Aufschlagen der Geschosse, und an
einer Stelle der Festung bläulich roter Rauch folgen, wir
wüßten nicht, daß wir im Kriege leben. Um Mittag
habe ich den Transport der drei Soldaten begleitet, die bei
der Ueberfahrt mit der Munition für die zwölf Mann auf
der Kriegsinsel verwundet worden. Einer ist bald zur
Stelle; den anderen sieht man im Ried in einem Boot
liegen, das von einem wackeren Eisenbahner gezogen wird.
Langsam gehen wir in guter Deckung gegen die Schüsse der
Serben längs der Eisenbahnlinie zur Save hinunter; dann
eilen vier Mann gegen das Ried hinunter und tragen den
Verwundeten herüber. Inzwischen ist mit einer Lokomotive
eine Draisine herbeigefahren worden, und vorsichtig bringen
wir auf ihr den Schwerverletzten zu einem improvisierten
Krankenwagen; er hat einen doppelten Lungenschuß davon-
getragen, eines der ersten Opfer in dem beginnenden Kriege.
-
item 5
Nr. 177. XXVI. Jahrgang Berliner Freitag, 31. Juli 1914
M o r g e n = Z e i t u n g
mit
Täglichem Unterhaltungs-Blatt . Illustrierter Moden-Zeitung
Illustrierter Familien-Zeitung . Illustierter Kinder-Zeitung
Haus Feld Garten . Technischer Umschau . Lustiger Ecke
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briefträgern für 1 M. 65 Pf. viertelj. oder 55 Pf. monatl.;
Zustellung durch den Briefträger viertelj. 42 Pf. mehr. Unsere
Agenturen liefern das Blatt für 70 Pf. monatlich frei Haus.
Erscheint täglich, mit Ausnahme der Tage nach den Sonn-
und Feiertagen. Insertionspreis für die Zeile 60 Pf. Kleine
Anzeigen 10 Pf. das Wort; das fette Einleitungswort 20 Pf.
Redaktion und Expedition Berlin 3 W. Jerusalemer Straße 40-43
Die Oesterreicher in Belgrad.
Teilweise Mobilmachung in Rußland. - Militärische Maßnahmen Deutschlands.
1. Spalte
Allen Mächten Europas ist es um eine Lokalisierung des
österreichisch-serbischen Krieges zu tun. Ginge es nach Deutsch-
land, Italien, England und Frankreich, so würde jeder Staats-
bürger dieser Länder in aller Seelenruhe seiner friedlichen
Berufstätigkeit nachgehen können. Nur Rußland macht
die Sache des "kleinen Bruders" zu der seinen, und trifft alle
Anstalten, um ihm, falls es ihm an den Kragen geht, mit
seiner Heeresmacht zu Hilfe zu eilen. Rußland hat die
Mobilmachung von 16 Armeekorps angeordnet.
Es hat diese Maßregeln ergriffen, obwohl Oesterreich wieder-
holt erklärt hat, es gehe nicht auf Territorialerwerb in Serbien
aus, Rußland macht mobil, obwohl es weiß, daß Deutschland
kraft des Bündnisvertrages bei einem Angriff Rußlands auf
Oesterreich sich an die Seite der Doppelmonarchie stellen muß,
weil ein starkes Oesterreich Deutschlands Lebensinteresse ist.
Rußland kann nicht einwenden, seine Mobilisierung richte sich
nur gegen die österreichischen Grenzen und ginge uns nichts
an. Wir müssen aus dem angeführten Grunde jede gegen
Oesterreich gerichtete Droh- und Kriegsaktion als eine
Bedrohung Deutschlands auffassen. Militäri-
sche Vorbereitungen Rußlands müssen notwendigerweise
entsprechende Maßnahmen auf deutscher
Seite zur Folge haben.
*
Einberufung des Reichstags?
Geheimrat Jungheim, der Direktor des Reichstages, hat
einen Urlaub abgebrochen und ist in Berlin einge-
troffen. Der Reichstagspräsident Dr. Kämpf weilt
ebenfalls in der Reichshauptstadt.
Militärische Vorbereitungen in Deutschland.
Regensburg, 30. Juli.
Vom Truppenübungsplatz Grafenwöhr wird ge-
meldet: Um elf Uhr vormittags wurde gestern auf dem Truppen-
übungsplatz durch Meldereiter folgender Befehl bekanntgegeben:
"Uebung sofort abbrechen, einrücken, packen und zur Ab-
reise in die Garnison bereit halten."
Das 2. Fußartillerieregiment in Metz ist sofort abgereist. Das
4. Feldartillerieregiment, das 6. Infanterieregiment, das 9. Feld-
artillerieregiment und das 11. Infanterieregiment werden sogleich in
ihre Garnisonen zurückkehren.
Gestern wurde zum Transport von Truppen ein Leerzug mit
fünfundvierzig Waggons nach dem Truppenübungsplatz
Grafenwöhr gesandt. Die Mitteilungen wurden hier von maß-
gebender Stelle bestätigt.
Leipzig, 30. Juli.
Die Truppen der Leipziger Garnison, die sich auf
Truppenübungsplätzen befanden, sind sämtlich nach Leipzig zurück-
gekehrt. Sämtliche Urlauber der Marine, soweit sie sich
in Sachsen und Thüringen aufhielten, sind bereits am Montag
nach Kiel und Wilhelmshaven zurückbeordert worden und haben
sich sofort nach ihren Standorten begeben.
Dresden, 30. Juli.
Die Offiziere des Dresdener Reitvereins sind zu ihren Regi-
mentern einberufen worden. Auch die beiden Dresdener Grena-
dierregimenter, die am 17. Juli nach Jüterbog zu Uebungen
abgegangen waren, sind wieder in Dresden eingetroffen, ebenso das
Fußartillerieregiment Nr.19, das sich in Thorn zu Schießübungen
befand. Die Reise des Generalstabs des 19. Armeekorps
wurde wegen der Unsicherheit der Lage in Waldheim in Sachsen
unterbrochen. Die Teilnehmer der Reise sind bereits zu ihren
Truppenkörpern eingerückt.
Köln, 30. Juli.
Meldungen vom Truppenübungsplatz Senne zufolge
sind die dort lagernden Truppen plötzlich alamirt (sic) worden, um
in ihre Garnisonen zurückbefördert zu werden. Zum
Schutze der Rheinbrücken, die seit einigen Tagen durch die
mit Karabinern bewaffneten Eisenbahnbeamten bewacht sind, sind
in der verflossenen Nacht militärische Wachen aufgezogen. Im
rheinisch-westfälischen Industriegebiet erhielten ein-
zelne Werke behördlicherseits die Aufforderung, sämtliche Kolli-
wagen der Eisenbahndirektion zur Verfügung zu
stellen.
Russische Automobile in Lothringen angehalten.
Saarbrücken, 30. Juli.
Großes Aufsehen erregt in Saarlouis die Sistierung von zwei
ausländischen Automobilen, deren Führer zwei
Chauffeure und ein Begleiter, in Saarlouis Rast machten und im
Kaiserhofhotel abgestiegen waren, um zu frühstücken. Dem Besitzer
des Hotels kamen die Wagen verdächtig vor, weshalb er die
Polizei benachrichtigte. Diese untersuchte gemeinsam mit einem
Fahrradhändler die Automobile, und hierbei soll festgestellt worden
sein, daß es zwei russische Generalstabswagen waren. Der Be-
gleiter der beiden Chauffeure, der außer russisch auch französisch
sprach, gab an, daß die beiden Wagen dem russischen Groß-
fürsten Nikolaus und einem Fürsten Orlow gehörten,
die sich mit der Bahn von Frankfurt a. M. nach Paris begeben
hätten. Die beiden Chauffeure, der Begleiter sowie die Wagen
wurden angehalten. Man fand darin eine Schreibmaschine,
einen Feldtisch und Feldstühle. Aus Berlin wurde telegraphische
2. Spalte
Weisung erbeten, was mit den Festgenommenen zu geschehen habe.
Bisher ist Antwort nicht eingetroffen.
16 russische Armeekorps mobil.
London, 30. Juli.
Das Reutersche Bureau erfährt, daß gestern abend im
Süden und Südwesten Rußlands eine teil-
weise Mobilmachung angeordnet worden ist.
Die Mobilisierung beschränkt sich auf die militärischen
Bezirke von Kiew, Odessa, Moskau und Kasan.
In jedem Bezirk stehen vier Armeekorps in
Friedensstärke. Durch die Mobilisation werden
16 Armeekorps auf die Stärke von 32 Armee-
korps gebracht. Kasan ist der Zentralbezirk,
von dem aus die Reserven für die Westgrenze
zusammen gezogen werden.
Wie von der russischen Grenze gemeldet wird, ist die Eisen-
bahnbrücke bei Wirbalen (sic) durch russisches Militär
mit Minen belegt worden. In der Umgebung von Wir-
ballen (das auf russischer Seite Eydtkuhnen gegenüber
liegt) liegen jetzt gegen 6000 Mann Militär, um die Rück-
verbindung aufrecht zu erhalten. Dem Vernehmen nach ist auch
für den Militärbezirk von Libau der Mobilmachungsbefehl
angeordnet worden.
Pleschen, 30. Juli.
Ein russisches Schützenregiment ist neu in Kalisch eingetroffen und
hat sich sofort auf Vorposten an die deutsche Grenze be-
geben. Gendarmen zu Fuß und zu Pferde halten die ganze Grenze
gesperrt.
Ostrowo, 30. Juli.
Nach hier aus dem russischen Grenzgebiet angelangten Meldungen
erhielten die dortigen Militärbehörden gestern nachmittag 3 Uhr die
drahtliche Aufforderung, das gesamte militärische Auf-
gebot an der Grenze in Bereitschaft zu halten und vorläufig
die hauptsächlichsten Brücken und die nach Deutschland führenden
Wege zu bewachen.
Die Sicherung der Küsten.
Petersburg, 30. Juli.
Die Seeverwaltung teilt mit, daß die Feuerschiffe vor
Libau, Luserort und Sarytschew von ihren Stand-
orten entfernt worden sind. Der Leuchtturm von
Renscher und die Leuchtfeuer von Röngrund und
Smultongrund sind ausgelöscht worden. Bei Sewastopol
sind alle Feuer und Leuchttürme außerhalb Chersons ausgelöscht
worden. Die Einfahrt nach Sewastopol ist während der Nacht
verboten.
Petersburg, 30. Juli.
Die deutsche und die österreichisch-ungarische Bot-
schaft werden von allen Seiten durch verstärkte Polizei-
truppen zu Pferde und zu Fuß bewacht. Es ist auch ver-
boten, sich auf den gegenüberliegenden Bürgersteigen
aufzuhalten.
Ein deutscher Schritt in Petersburg.
Paris, 30. Juli.
Der "Matin" meldet aus Wien, man erwartet eine Er-
klärung der Absichten Rußlands und glaube, daß
Deutschland morgen in Petersburg einen
Schritt unternehmen wird, um die Absichten
der russischen Regierung zu erfahren.
Die Besprechungen zwischen Berlin - Petersburg.
London, 30. Juli.
Die "Times" betonen daß die Besprechungen zwischenBerlin und Petersburg fortgesetzt würden. Es sei ein
offenes Geheimnis, daß Deutschland sein Bestes tue, um den
Draht zwischen der russischen und der österreichischen
Hauptstadt wieder herzustellen. Der "Standard"
schreibt, man müsse sich darüber klar sein, daß England
sich unter keinerlei Verpflichtungen befinde. Sir
Edward Gray habe noch am 12. Juni im Parlament erklärt, daß
England im Falle eines Bruches zwischen den europäischen
Mächten vollständig freie Hand habe. "Daily Mail"
schreibt: Solange der deutsche Kaiser und der Zar, die beide
in der unmittelbaren Vergangenheit Beweise für ihre
Friedensliebe gegeben haben, in freundschaftlicher
Korrespondenz stehen, kann die Lage nicht als absolut
verzweifelt angesehen werden.
Die militärischen Vorkehrungen in Ostfrankreich.
Genf, 30. Juli.
Hier eingetroffene Genfer Ferienreisende, die gestern abend von
Paris vom Ostbahnhof abfahren wollten, mußten den Lyoner
Bahnhof benutzen. Der Ostbahnhof war militärisch besetzt,
für den Personenverkehr gesperrt und für Truppentransporte
reserviert, für die gegen zwanzig Züge bereit standen.
Auf der ganzen Linie nach Pontarlier finden Transporte statt.
Straßburg, 30. Juli.
An der deutsch-französischen Grenze werden von der
französischen Armee sämtliche Vorsichtsmaßregeln ge-
3. Spalte
troffen. Das Telephon im Grenzhotel auf der Schlucht wurde
heut mittag durch französische Offiziere gesperrt.
Paris, 30. Juli.
Die Agence Havas meldet, daß die Gerüchte, wonach die Regie-
rung die Einberufung eines oder mehrerer Reservisten-
jahrgänge beschlossen hat, unrichtig sind. Die Regierung be-
schränkte sich darauf, die Sicherheitsmaßregeln zu treffen, die durch
die Umstände erforderlich geworden sind.
Die Beschießung von Belgrad.
Semlin, 30. Juli.
Um fünf Uhr hat gestern früh das Bombardement
der österreichisch-ungarischen Monitore ge-
gen die Befestigungen von Belgrad begonnen.
Das Feuer wurde nach einiger Zeit auch von den Ar-
tilleriestellungen auf der kroatischen Seite auf-
genommen, wo das Fort Laudon mit dem Feuern
begann.
Um 6 Uhr legten die drei Monitore am Semliner Lan-
dungssteg der Donau-Dampfschiffahrt-Gesellschaft an. Mit
Tonnen und Körben gehen die meisten Matrosen über die
dort liegenden Personendampfer an Land, um Wasser und
Lebensmittel zu fassen. Helle Freude strahlt diesen jungen,
gebräunten Burschen aus den Augen. Am Ufer haben sich
einige hundert Menschen versammelt. Hier unten hat sich
auch eine Anzahl von Familien auf die
Dampfer geflüchtet oder wenigstens die Kinder mit
schnell zusammengeraffter Habe an Bord gebracht, um zur
Fahrt nach Budapest oder Wien gerüstet zu sein. Sonst
aber ist von einer Panikstimmung nichts zu bemerken. Ich
fahre wieder zur Station hinunter, und jetzt in der
klaren Morgensonne, nachdem sich der Rauch von den
Schüssen der Monitore verzogen hat, ist mit dem Feldstecher
klar zu erkennen, daß die schwarzen Festungs-
mauern zerschossen sind. Die Stadt selbst ist, wie
es scheint, vollkommen unversehrt geblieben. Aus
der Richtung von Topschider und auch aus Belgrad selbst
sind einzelne Gewehrschüsse zu hören. Gegen 7 1/4 Uhr
fahren die Monitore wieder gegen die Festung vor, ziehen
sich aber wieder zurück. Bald darauf ist auch das Gewehr-
feuer unterbrochen, und wie im Frieden scheint die unglück-
liche Stadt im hellen Morgen zu liegen.
Der dritte Monitor, der mit den beiden anderen einge-
laufen ist, macht kehrt ohne zu schießen, vielleicht um in
einen anderen Arm der Donau einzulaufen. Abwech-
selnd schießen die beiden kleinen Kriegs-
schiffe, die wie Miniaturkreuzer dunkel auf der sonnen-
überstrahlten Donau unter hellblauem Himmel keine zwei-
hundert Meter von meinem Beobachtungsplatz liegen.
Alle Minuten fällt ein Schuß, manchmal auch etwas
rascher. Neunzig Prozent der Schüsse sind
Treffer, meist gegen die niedrig an der Donau gelegenen
grünumhegten Befestigungen gerichtet. Mancher Schuß geht
in das Wasser, vielleicht absichtlich, um Minen zu zer-
stören. Dann schallt sein Echo noch einmal so laut herüber.
Um 11 Uhr vormittags beginnt die Artillerie auf
kroatischem Gebiet hinter unserem Rücken einzu-
greifen. Gleich der zweite Haubitzschuß hat rechts von Top-
schider eingeschlagen. Es brennt bereits an vier
Stellen in der Gegend von Belgrad.
Um Punkt 1/2 4 hat die Beschießung der Bel-
grader Festungswerke wieder begonnen. Die Kanonen
donnern wieder von der kroatischen Seite herüber, aber der
Haupteffekt des Vormittags, die Monitore sind aus-
geblieben. Der Kai ist vollkommen leer. Friedlich
liegt drüben unter dem blaugoldenen Nachmittagshimmel
Belgrad. Ueber dem hier nicht sichtbaren alten Donauarm
schwebt leichter brauner Rauch, offenbar von einem Kriegs-
fahrzeug. Wäre nicht dieser regelmäßige Donner der Hau-
bitze hinter unserem Rücken, dem ein Zischen über unseren
Häuptern, ein Krach, das Aufschlagen der Geschosse, und an
einer Stelle der Festung bläulich roter Rauch folgen, wir
wüßten nicht, daß wir im Kriege leben. Um Mittag
habe ich den Transport der drei Soldaten begleitet, die bei
der Ueberfahrt mit der Munition für die zwölf Mann auf
der Kriegsinsel verwundet worden. Einer ist bald zur
Stelle; den anderen sieht man im Ried in einem Boot
liegen, das von einem wackeren Eisenbahner gezogen wird.
Langsam gehen wir in guter Deckung gegen die Schüsse der
Serben längs der Eisenbahnlinie zur Save hinunter; dann
eilen vier Mann gegen das Ried hinunter und tragen den
Verwundeten herüber. Inzwischen ist mit einer Lokomotive
eine Draisine herbeigefahren worden, und vorsichtig bringen
wir auf ihr den Schwerverletzten zu einem improvisierten
Krankenwagen; er hat einen doppelten Lungenschuß davon-
getragen, eines der ersten Opfer in dem beginnenden Kriege.
-
item 5
Nr. 177. XXVI. Jahrgang Berliner Freitag, 31. Juli 1914
M o r g e n = Z e i t u n g
mit
Täglichem Unterhaltungs-Blatt . Illustrierter Moden-Zeitung
Illustrierter Familien-Zeitung . Illustierter Kinder-Zeitung
Haus Feld Garten . Technischer Umschau . Lustiger Ecke
Man abonniert bei allen Reichs-Postanstalten sowie Land-
briefträgern für 1 M. 65 Pf. viertelj. oder 55 Pf. monatl.;
Zustellung durch den Briefträger viertelj. 42 Pf. mehr. Unsere
Agenturen liefern das Blatt für 70 Pf. monatlich frei Haus.
Erscheint täglich, mit Ausnahme der Tage nach den Sonn-
und Feiertagen. Insertionspreis für die Zeile 60 Pf. Kleine
Anzeigen 10 Pf. das Wort; das fette Einleitungswort 20 Pf.
Redaktion und Expedition Berlin 3 W. Jerusalemer Straße 40-43
Die Oesterreicher in Belgrad.
Teilweise Mobilmachung in Rußland. - Militärische Maßnahmen Deutschlands.
1. Spalte
Allen Mächten Europas ist es um eine Lokalisierung des
österreichisch-serbischen Krieges zu tun. Ginge es nach Deutsch-
land, Italien, England und Frankreich, so würde jeder Staats-
bürger dieser Länder in aller Seelenruhe seiner friedlichen
Berufstätigkeit nachgehen können. Nur Rußland macht
die Sache des "kleinen Bruders" zu der seinen, und trifft alle
Anstalten, um ihm, falls es ihm an den Kragen geht, mit
seiner Heeresmacht zu Hilfe zu eilen. Rußland hat die
Mobilmachung von 16 Armeekorps angeordnet.
Es hat diese Maßregeln ergriffen, obwohl Oesterreich wieder-
holt erklärt hat, es gehe nicht auf Territorialerwerb in Serbien
aus, Rußland macht mobil, obwohl es weiß, daß Deutschland
kraft des Bündnisvertrages bei einem Angriff Rußlands auf
Oesterreich sich an die Seite der Doppelmonarchie stellen muß,
weil ein starkes Oesterreich Deutschlands Lebensinteresse ist.
Rußland kann nicht einwenden, seine Mobilisierung richte sich
nur gegen die österreichischen Grenzen und ginge uns nichts
an. Wir müssen aus dem angeführten Grunde jede gegen
Oesterreich gerichtete Droh- und Kriegsaktion als eine
Bedrohung Deutschlands auffassen. Militäri-
sche Vorbereitungen Rußlands müssen notwendigerweise
entsprechende Maßnahmen auf deutscher
Seite zur Folge haben.
*
Einberufung des Reichstags?
Geheimrat Jungheim, der Direktor des Reichstages, hat
einen Urlaub abgebrochen und ist in Berlin einge-
troffen. Der Reichstagspräsident Dr. Kämpf weilt
ebenfalls in der Reichshauptstadt.
Militärische Vorbereitungen in Deutschland.
Regensburg, 30. Juli.
Vom Truppenübungsplatz Grafenwöhr wird ge-
meldet: Um elf Uhr vormittags wurde gestern auf dem Truppen-
übungsplatz durch Meldereiter folgender Befehl bekanntgegeben:
"Uebung sofort abbrechen, einrücken, packen und zur Ab-
reise in die Garnison bereit halten."
Das 2. Fußartillerieregiment in Metz ist sofort abgereist. Das
4. Feldartillerieregiment, das 6. Infanterieregiment, das 9. Feld-
artillerieregiment und das 11. Infanterieregiment werden sogleich in
ihre Garnisonen zurückkehren.
Gestern wurde zum Transport von Truppen ein Leerzug mit
fünfundvierzig Waggons nach dem Truppenübungsplatz
Grafenwöhr gesandt. Die Mitteilungen wurden hier von maß-
gebender Stelle bestätigt.
Leipzig, 30. Juli.
Die Truppen der Leipziger Garnison, die sich auf
Truppenübungsplätzen befanden, sind sämtlich nach Leipzig zurück-
gekehrt. Sämtliche Urlauber der Marine, soweit sie sich
in Sachsen und Thüringen aufhielten, sind bereits am Montag
nach Kiel und Wilhelmshaven zurückbeordert worden und haben
sich sofort nach ihren Standorten begeben.
Dresden, 30. Juli.
Die Offiziere des Dresdener Reitvereins sind zu ihren Regi-
mentern einberufen worden. Auch die beiden Dresdener Grena-
dierregimenter, die am 17. Juli nach Jüterbog zu Uebungen
abgegangen waren, sind wieder in Dresden eingetroffen, ebenso das
Fußartillerieregiment Nr.19, das sich in Thorn zu Schießübungen
befand. Die Reise des Generalstabs des 19. Armeekorps
wurde wegen der Unsicherheit der Lage in Waldheim in Sachsen
unterbrochen. Die Teilnehmer der Reise sind bereits zu ihren
Truppenkörpern eingerückt.
Köln, 30. Juli.
Meldungen vom Truppenübungsplatz Senne zufolge
sind die dort lagernden Truppen plötzlich alamirt (sic) worden, um
in ihre Garnisonen zurückbefördert zu werden. Zum
Schutze der Rheinbrücken, die seit einigen Tagen durch die
mit Karabinern bewaffneten Eisenbahnbeamten bewacht sind, sind
in der verflossenen Nacht militärische Wachen aufgezogen. Im
rheinisch-westfälischen Industriegebiet erhielten ein-
zelne Werke behördlicherseits die Aufforderung, sämtliche Kolli-
wagen der Eisenbahndirektion zur Verfügung zu
stellen.
Russische Automobile in Lothringen angehalten.
Saarbrücken, 30. Juli.
Großes Aufsehen erregt in Saarlouis die Sistierung von zwei
ausländischen Automobilen, deren Führer zwei
Chauffeure und ein Begleiter, in Saarlouis Rast machten und im
Kaiserhofhotel abgestiegen waren, um zu frühstücken. Dem Besitzer
des Hotels kamen die Wagen verdächtig vor, weshalb er die
Polizei benachrichtigte. Diese untersuchte gemeinsam mit einem
Fahrradhändler die Automobile, und hierbei soll festgestellt worden
sein, daß es zwei russische Generalstabswagen waren. Der Be-
gleiter der beiden Chauffeure, der außer russisch auch französisch
sprach, gab an, daß die beiden Wagen dem russischen Groß-
fürsten Nikolaus und einem Fürsten Orlow gehörten,
die sich mit der Bahn von Frankfurt a. M. nach Paris begeben
hätten. Die beiden Chauffeure, der Begleiter sowie die Wagen
wurden angehalten. Man fand darin eine Schreibmaschine,
einen Feldtisch und Feldstühle. Aus Berlin wurde telegraphische
2. Spalte
Weisung erbeten, was mit den Festgenommenen zu geschehen habe.
Bisher ist Antwort nicht eingetroffen.
16 russische Armeekorps mobil.
London, 30. Juli.
Das Reutersche Bureau erfährt, daß gestern abend im
Süden und Südwesten Rußlands eine teil-
weise Mobilmachung angeordnet worden ist.
Die Mobilisierung beschränkt sich auf die militärischen
Bezirke von Kiew, Odessa, Moskau und Kasan.
In jedem Bezirk stehen vier Armeekorps in
Friedensstärke. Durch die Mobilisation werden
16 Armeekorps auf die Stärke von 32 Armee-
korps gebracht. Kasan ist der Zentralbezirk,
von dem aus die Reserven für die Westgrenze
zusammen gezogen werden.
Wie von der russischen Grenze gemeldet wird, ist die Eisen-
bahnbrücke bei Wirbalen (sic) durch russisches Militär
mit Minen belegt worden. In der Umgebung von Wir-
ballen (das auf russischer Seite Eydtkuhnen gegenüber
liegt) liegen jetzt gegen 6000 Mann Militär, um die Rück-
verbindung aufrecht zu erhalten. Dem Vernehmen nach ist auch
für den Militärbezirk von Libau der Mobilmachungsbefehl
angeordnet worden.
Pleschen, 30. Juli.
Ein russisches Schützenregiment ist neu in Kalisch eingetroffen und
hat sich sofort auf Vorposten an die deutsche Grenze be-
geben. Gendarmen zu Fuß und zu Pferde halten die ganze Grenze
gesperrt.
Ostrowo, 30. Juli.
Nach hier aus dem russischen Grenzgebiet angelangten Meldungen
erhielten die dortigen Militärbehörden gestern nachmittag 3 Uhr die
drahtliche Aufforderung, das gesamte militärische Auf-
gebot an der Grenze in Bereitschaft zu halten und vorläufig
die hauptsächlichsten Brücken und die nach Deutschland führenden
Wege zu bewachen.
Die Sicherung der Küsten.
Petersburg, 30. Juli.
Die Seeverwaltung teilt mit, daß die Feuerschiffe vor
Libau, Luserort und Sarytschew von ihren Stand-
orten entfernt worden sind. Der Leuchtturm von
Renscher und die Leuchtfeuer von Röngrund und
Smultongrund sind ausgelöscht worden. Bei Sewastopol
sind alle Feuer und Leuchttürme außerhalb Chersons ausgelöscht
worden. Die Einfahrt nach Sewastopol ist während der Nacht
verboten.
Petersburg, 30. Juli.
Die deutsche und die österreichisch-ungarische Bot-
schaft werden von allen Seiten durch verstärkte Polizei-
truppen zu Pferde und zu Fuß bewacht. Es ist auch ver-
boten, sich auf den gegenüberliegenden Bürgersteigen
aufzuhalten.
Ein deutscher Schritt in Petersburg.
Paris, 30. Juli.
Der "Matin" meldet aus Wien, man erwartet eine Er-
klärung der Absichten Rußlands und glaube, daß
Deutschland morgen in Petersburg einen
Schritt unternehmen wird, um die Absichten
der russischen Regierung zu erfahren.
Die Besprechungen zwischen Berlin - Petersburg.
London, 30. Juli.
Die "Times" betonen daß die Besprechungen zwischenBerlin und Petersburg fortgesetzt würden. Es sei ein
offenes Geheimnis, daß Deutschland sein Bestes tue, um den
Draht zwischen der russischen und der österreichischen
Hauptstadt wieder herzustellen. Der "Standard"
schreibt, man müsse sich darüber klar sein, daß England
sich unter keinerlei Verpflichtungen befinde. Sir
Edward Gray habe noch am 12. Juni im Parlament erklärt, daß
England im Falle eines Bruches zwischen den europäischen
Mächten vollständig freie Hand habe. "Daily Mail"
schreibt: Solange der deutsche Kaiser und der Zar, die beide
in der unmittelbaren Vergangenheit Beweise für ihre
Friedensliebe gegeben haben, in freundschaftlicher
Korrespondenz stehen, kann die Lage nicht als absolut
verzweifelt angesehen werden.
Die militärischen Vorkehrungen in Ostfrankreich.
Genf, 30. Juli.
Hier eingetroffene Genfer Ferienreisende, die gestern abend von
Paris vom Ostbahnhof abfahren wollten, mußten den Lyoner
Bahnhof benutzen. Der Ostbahnhof war militärisch besetzt,
für den Personenverkehr gesperrt und für Truppentransporte
reserviert, für die gegen zwanzig Züge bereit standen.
Auf der ganzen Linie nach Pontarlier finden Transporte statt.
Straßburg, 30. Juli.
An der deutsch-französischen Grenze werden von der
französischen Armee sämtliche Vorsichtsmaßregeln ge-
3. Spalte
troffen. Das Telephon im Grenzhotel auf der Schlucht wurde
heut mittag durch französische Offiziere gesperrt.
Paris, 30. Juli.
Die Agence Havas meldet, daß die Gerüchte, wonach die Regie-
rung die Einberufung eines oder mehrerer Reservisten-
jahrgänge beschlossen hat, unrichtig sind. Die Regierung be-
schränkte sich darauf, die Sicherheitsmaßregeln zu treffen, die durch
die Umstände erforderlich geworden sind.
Die Beschießung von Belgrad.
Semlin, 30. Juli.
Um fünf Uhr hat gestern früh das Bombardement
der österreichisch-ungarischen Monitore ge-
gen die Befestigungen von Belgrad begonnen.
Das Feuer wurde nach einiger Zeit auch von den Ar-
tilleriestellungen auf der kroatischen Seite auf-
genommen, wo das Fort Laudon mit dem Feuern
begann.
Um 6 Uhr legten die drei Monitore am Semliner Lan-
dungssteg der Donau-Dampfschiffahrt-Gesellschaft an. Mit
Tonnen und Körben gehen die meisten Matrosen über die
dort liegenden Personendampfer an Land, um Wasser und
Lebensmittel zu fassen. Helle Freude strahlt diesen jungen,
gebräunten Burschen aus den Augen. Am Ufer haben sich
einige hundert Menschen versammelt. Hier unten hat sich
auch eine Anzahl von Familien auf die
Dampfer geflüchtet oder wenigstens die Kinder mit
schnell zusammengeraffter Habe an Bord gebracht, um zur
Fahrt nach Budapest oder Wien gerüstet zu sein. Sonst
aber ist von einer Panikstimmung nichts zu bemerken. Ich
fahre wieder zur Station hinunter, und jetzt in der
klaren Morgensonne, nachdem sich der Rauch von den
Schüssen der Monitore verzogen hat, ist mit dem Feldstecher
klar zu erkennen, daß die schwarzen Festungs-
mauern zerschossen sind. Die Stadt selbst ist, wie
es scheint, vollkommen unversehrt geblieben. Aus
der Richtung von Topschider und auch aus Belgrad selbst
sind einzelne Gewehrschüsse zu hören. Gegen 7 1/4 Uhr
fahren die Monitore wieder gegen die Festung vor, ziehen
sich aber wieder zurück. Bald darauf ist auch das Gewehr-
feuer unterbrochen, und wie im Frieden scheint die unglück-
liche Stadt im hellen Morgen zu liegen.
Der dritte Monitor, der mit den beiden anderen einge-
laufen ist, macht kehrt ohne zu schießen, vielleicht um in
einen anderen Arm der Donau einzulaufen. Abwech-
selnd schießen die beiden kleinen Kriegs-
schiffe, die wie Miniaturkreuzer dunkel auf der sonnen-
überstrahlten Donau unter hellblauem Himmel keine zwei-
hundert Meter von meinem Beobachtungsplatz liegen.
Alle Minuten fällt ein Schuß, manchmal auch etwas
rascher. Neunzig Prozent der Schüsse sind
Treffer, meist gegen die niedrig an der Donau gelegenen
grünumhegten Befestigungen gerichtet. Mancher Schuß geht
in das Wasser, vielleicht absichtlich, um Minen zu zer-
stören. Dann schallt sein Echo noch einmal so laut herüber.
-
item 5
Nr. 177. XXVI. Jahrgang Berliner Freitag, 31. Juli 1914
M o r g e n = Z e i t u n g
mit
Täglichem Unterhaltungs-Blatt . Illustrierter Moden-Zeitung
Illustrierter Familien-Zeitung . Illustierter Kinder-Zeitung
Haus Feld Garten . Technischer Umschau . Lustiger Ecke
Man abonniert bei allen Reichs-Postanstalten sowie Land-
briefträgern für 1 M. 65 Pf. viertelj. oder 55 Pf. monatl.;
Zustellung durch den Briefträger viertelj. 42 Pf. mehr. Unsere
Agenturen liefern das Blatt für 70 Pf. monatlich frei Haus.
Erscheint täglich, mit Ausnahme der Tage nach den Sonn-
und Feiertagen. Insertionspreis für die Zeile 60 Pf. Kleine
Anzeigen 10 Pf. das Wort; das fette Einleitungswort 20 Pf.
Redaktion und Expedition Berlin 3 W. Jerusalemer Straße 40-43
Die Oesterreicher in Belgrad.
Teilweise Mobilmachung in Rußland. - Militärische Maßnahmen Deutschlands.
1. Spalte
Allen Mächten Europas ist es um eine Lokalisierung des
österreichisch-serbischen Krieges zu tun. Ginge es nach Deutsch-
land, Italien, England und Frankreich, so würde jeder Staats-
bürger dieser Länder in aller Seelenruhe seiner friedlichen
Berufstätigkeit nachgehen können. Nur Rußland macht
die Sache des "kleinen Bruders" zu der seinen, und trifft alle
Anstalten, um ihm, falls es ihm an den Kragen geht, mit
seiner Heeresmacht zu Hilfe zu eilen. Rußland hat die
Mobilmachung von 16 Armeekorps angeordnet.
Es hat diese Maßregeln ergriffen, obwohl Oesterreich wieder-
holt erklärt hat, es gehe nicht auf Territorialerwerb in Serbien
aus, Rußland macht mobil, obwohl es weiß, daß Deutschland
kraft des Bündnisvertrages bei einem Angriff Rußlands auf
Oesterreich sich an die Seite der Doppelmonarchie stellen muß,
weil ein starkes Oesterreich Deutschlands Lebensinteresse ist.
Rußland kann nicht einwenden, seine Mobilisierung richte sich
nur gegen die österreichischen Grenzen und ginge uns nichts
an. Wir müssen aus dem angeführten Grunde jede gegen
Oesterreich gerichtete Droh- und Kriegsaktion als eine
Bedrohung Deutschlands auffassen. Militäri-
sche Vorbereitungen Rußlands müssen notwendigerweise
entsprechende Maßnahmen auf deutscher
Seite zur Folge haben.
*
Einberufung des Reichstags?
Geheimrat Jungheim, der Direktor des Reichstages, hat
einen Urlaub abgebrochen und ist in Berlin einge-
troffen. Der Reichstagspräsident Dr. Kämpf weilt
ebenfalls in der Reichshauptstadt.
Militärische Vorbereitungen in Deutschland.
Regensburg, 30. Juli.
Vom Truppenübungsplatz Grafenwöhr wird ge-
meldet: Um elf Uhr vormittags wurde gestern auf dem Truppen-
übungsplatz durch Meldereiter folgender Befehl bekanntgegeben:
"Uebung sofort abbrechen, einrücken, packen und zur Ab-
reise in die Garnison bereit halten."
Das 2. Fußartillerieregiment in Metz ist sofort abgereist. Das
4. Feldartillerieregiment, das 6. Infanterieregiment, das 9. Feld-
artillerieregiment und das 11. Infanterieregiment werden sogleich in
ihre Garnisonen zurückkehren.
Gestern wurde zum Transport von Truppen ein Leerzug mit
fünfundvierzig Waggons nach dem Truppenübungsplatz
Grafenwöhr gesandt. Die Mitteilungen wurden hier von maß-
gebender Stelle bestätigt.
Leipzig, 30. Juli.
Die Truppen der Leipziger Garnison, die sich auf
Truppenübungsplätzen befanden, sind sämtlich nach Leipzig zurück-
gekehrt. Sämtliche Urlauber der Marine, soweit sie sich
in Sachsen und Thüringen aufhielten, sind bereits am Montag
nach Kiel und Wilhelmshaven zurückbeordert worden und haben
sich sofort nach ihren Standorten begeben.
Dresden, 30. Juli.
Die Offiziere des Dresdener Reitvereins sind zu ihren Regi-
mentern einberufen worden. Auch die beiden Dresdener Grena-
dierregimenter, die am 17. Juli nach Jüterbog zu Uebungen
abgegangen waren, sind wieder in Dresden eingetroffen, ebenso das
Fußartillerieregiment Nr.19, das sich in Thorn zu Schießübungen
befand. Die Reise des Generalstabs des 19. Armeekorps
wurde wegen der Unsicherheit der Lage in Waldheim in Sachsen
unterbrochen. Die Teilnehmer der Reise sind bereits zu ihren
Truppenkörpern eingerückt.
Köln, 30. Juli.
Meldungen vom Truppenübungsplatz Senne zufolge
sind die dort lagernden Truppen plötzlich alamirt (sic) worden, um
in ihre Garnisonen zurückbefördert zu werden. Zum
Schutze der Rheinbrücken, die seit einigen Tagen durch die
mit Karabinern bewaffneten Eisenbahnbeamten bewacht sind, sind
in der verflossenen Nacht militärische Wachen aufgezogen. Im
rheinisch-westfälischen Industriegebiet erhielten ein-
zelne Werke behördlicherseits die Aufforderung, sämtliche Kolli-
wagen der Eisenbahndirektion zur Verfügung zu
stellen.
Russische Automobile in Lothringen angehalten.
Saarbrücken, 30. Juli.
Großes Aufsehen erregt in Saarlouis die Sistierung von zwei
ausländischen Automobilen, deren Führer zwei
Chauffeure und ein Begleiter, in Saarlouis Rast machten und im
Kaiserhofhotel abgestiegen waren, um zu frühstücken. Dem Besitzer
des Hotels kamen die Wagen verdächtig vor, weshalb er die
Polizei benachrichtigte. Diese untersuchte gemeinsam mit einem
Fahrradhändler die Automobile, und hierbei soll festgestellt worden
sein, daß es zwei russische Generalstabswagen waren. Der Be-
gleiter der beiden Chauffeure, der außer russisch auch französisch
sprach, gab an, daß die beiden Wagen dem russischen Groß-
fürsten Nikolaus und einem Fürsten Orlow gehörten,
die sich mit der Bahn von Frankfurt a. M. nach Paris begeben
hätten. Die beiden Chauffeure, der Begleiter sowie die Wagen
wurden angehalten. Man fand darin eine Schreibmaschine,
einen Feldtisch und Feldstühle. Aus Berlin wurde telegraphische
2. Spalte
Weisung erbeten, was mit den Festgenommenen zu geschehen habe.
Bisher ist Antwort nicht eingetroffen.
16 russische Armeekorps mobil.
London, 30. Juli.
Das Reutersche Bureau erfährt, daß gestern abend im
Süden und Südwesten Rußlands eine teil-
weise Mobilmachung angeordnet worden ist.
Die Mobilisierung beschränkt sich auf die militärischen
Bezirke von Kiew, Odessa, Moskau und Kasan.
In jedem Bezirk stehen vier Armeekorps in
Friedensstärke. Durch die Mobilisation werden
16 Armeekorps auf die Stärke von 32 Armee-
korps gebracht. Kasan ist der Zentralbezirk,
von dem aus die Reserven für die Westgrenze
zusammen gezogen werden.
Wie von der russischen Grenze gemeldet wird, ist die Eisen-
bahnbrücke bei Wirbalen (sic) durch russisches Militär
mit Minen belegt worden. In der Umgebung von Wir-
ballen (das auf russischer Seite Eydtkuhnen gegenüber
liegt) liegen jetzt gegen 6000 Mann Militär, um die Rück-
verbindung aufrecht zu erhalten. Dem Vernehmen nach ist auch
für den Militärbezirk von Libau der Mobilmachungsbefehl
angeordnet worden.
Pleschen, 30. Juli.
Ein russisches Schützenregiment ist neu in Kalisch eingetroffen und
hat sich sofort auf Vorposten an die deutsche Grenze be-
geben. Gendarmen zu Fuß und zu Pferde halten die ganze Grenze
gesperrt.
Ostrowo, 30. Juli.
Nach hier aus dem russischen Grenzgebiet angelangten Meldungen
erhielten die dortigen Militärbehörden gestern nachmittag 3 Uhr die
drahtliche Aufforderung, das gesamte militärische Auf-
gebot an der Grenze in Bereitschaft zu halten und vorläufig
die hauptsächlichsten Brücken und die nach Deutschland führenden
Wege zu bewachen.
Die Sicherung der Küsten.
Petersburg, 30. Juli.
Die Seeverwaltung teilt mit, daß die Feuerschiffe vor
Libau, Luserort und Sarytschew von ihren Stand-
orten entfernt worden sind. Der Leuchtturm von
Renscher und die Leuchtfeuer von Röngrund und
Smultongrund sind ausgelöscht worden. Bei Sewastopol
sind alle Feuer und Leuchttürme außerhalb Chersons ausgelöscht
worden. Die Einfahrt nach Sewastopol ist während der Nacht
verboten.
Petersburg, 30. Juli.
Die deutsche und die österreichisch-ungarische Bot-
schaft werden von allen Seiten durch verstärkte Polizei-
truppen zu Pferde und zu Fuß bewacht. Es ist auch ver-
boten, sich auf den gegenüberliegenden Bürgersteigen
aufzuhalten.
Ein deutscher Schritt in Petersburg.
Paris, 30. Juli.
Der "Matin" meldet aus Wien, man erwartet eine Er-
klärung der Absichten Rußlands und glaube, daß
Deutschland morgen in Petersburg einen
Schritt unternehmen wird, um die Absichten
der russischen Regierung zu erfahren.
Die Besprechungen zwischen Berlin - Petersburg.
London, 30. Juli.
Die "Times" betonen daß die Besprechungen zwischenBerlin und Petersburg fortgesetzt würden. Es sei ein
offenes Geheimnis, daß Deutschland sein Bestes tue, um den
Draht zwischen der russischen und der österreichischen
Hauptstadt wieder herzustellen. Der "Standard"
schreibt, man müsse sich darüber klar sein, daß England
sich unter keinerlei Verpflichtungen befinde. Sir
Edward Gray habe noch am 12. Juni im Parlament erklärt, daß
England im Falle eines Bruches zwischen den europäischen
Mächten vollständig freie Hand habe. "Daily Mail"
schreibt: Solange der deutsche Kaiser und der Zar, die beide
in der unmittelbaren Vergangenheit Beweise für ihre
Friedensliebe gegeben haben, in freundschaftlicher
Korrespondenz stehen, kann die Lage nicht als absolut
verzweifelt angesehen werden.
Die militärischen Vorkehrungen in Ostfrankreich.
Genf, 30. Juli.
Hier eingetroffene Genfer Ferienreisende, die gestern abend von
Paris vom Ostbahnhof abfahren wollten, mußten den Lyoner
Bahnhof benutzen. Der Ostbahnhof war militärisch besetzt,
für den Personenverkehr gesperrt und für Truppentransporte
reserviert, für die gegen zwanzig Züge bereit standen.
Auf der ganzen Linie nach Pontarlier finden Transporte statt.
Straßburg, 30. Juli.
An der deutsch-französischen Grenze werden von der
französischen Armee sämtliche Vorsichtsmaßregeln ge-
3. Spalte
troffen. Das Telephon im Grenzhotel auf der Schlucht wurde
heut mittag durch französische Offiziere gesperrt.
Paris, 30. Juli.
Die Agence Havas meldet, daß die Gerüchte, wonach die Regie-
rung die Einberufung eines oder mehrerer Reservisten-
jahrgänge beschlossen hat, unrichtig sind. Die Regierung be-
schränkte sich darauf, die Sicherheitsmaßregeln zu treffen, die durch
die Umstände erforderlich geworden sind.
Die Beschießung von Belgrad.
Semlin, 30. Juli.
Um fünf Uhr hat gestern früh das Bombardement
der österreichisch-ungarischen Monitore ge-
gen die Befestigungen von Belgrad begonnen.
Das Feuer wurde nach einiger Zeit auch von den Ar-
tilleriestellungen auf der kroatischen Seite auf-
genommen, wo das Fort Laudon mit dem Feuern
begann.
Um 6 Uhr legten die drei Monitore am Semliner Lan-
dungssteg der Donau-Dampfschiffahrt-Gesellschaft an. Mit
Tonnen und Körben gehen die meisten Matrosen über die
dort liegenden Personendampfer an Land, um Wasser und
Lebensmittel zu fassen. Helle Freude strahlt diesen jungen,
gebräunten Burschen aus den Augen. Am Ufer haben sich
einige hundert Menschen versammelt. Hier unten hat sich
auch eine Anzahl von Familien auf die
Dampfer geflüchtet oder wenigstens die Kinder mit
schnell zusammengeraffter Habe an Bord gebracht, um zur
Fahrt nach Budapest oder Wien gerüstet zu sein. Sonst
aber ist von einer Panikstimmung nichts zu bemerken. Ich
fahre wieder zur Station hinunter, und jetzt in der
klaren Morgensonne, nachdem sich der Rauch von den
Schüssen der Monitore verzogen hat, ist mit dem Feldstecher
klar zu erkennen, daß die schwarzen Festungs-
mauern zerschossen sind. Die Stadt selbst ist, wie
es scheint, vollkommen unversehrt geblieben. Aus
der Richtung von Topschider und auch aus Belgrad selbst
sind einzelne Gewehrschüsse zu hören. Gegen 7 1/4 Uhr
fahren die Monitore wieder gegen die Festung vor, ziehen
sich aber wieder zurück. Bald darauf ist auch das Gewehr-
feuer unterbrochen, und wie im Frieden scheint die unglück-
liche Stadt im hellen Morgen zu liegen.
-
item 5
Nr. 177. XXVI. Jahrgang Berliner Freitag, 31. Juli 1914
M o r g e n = Z e i t u n g
mit
Täglichem Unterhaltungs-Blatt . Illustrierter Moden-Zeitung
Illustrierter Familien-Zeitung . Illustierter Kinder-Zeitung
Haus Feld Garten . Technischer Umschau . Lustiger Ecke
Man abonniert bei allen Reichs-Postanstalten sowie Land-
briefträgern für 1 M. 65 Pf. viertelj. oder 55 Pf. monatl.;
Zustellung durch den Briefträger viertelj. 42 Pf. mehr. Unsere
Agenturen liefern das Blatt für 70 Pf. monatlich frei Haus.
Erscheint täglich, mit Ausnahme der Tage nach den Sonn-
und Feiertagen. Insertionspreis für die Zeile 60 Pf. Kleine
Anzeigen 10 Pf. das Wort; das fette Einleitungswort 20 Pf.
Redaktion und Expedition Berlin 3 W. Jerusalemer Straße 40-43
Die Oesterreicher in Belgrad.
Teilweise Mobilmachung in Rußland. - Militärische Maßnahmen Deutschlands.
1. Spalte
Allen Mächten Europas ist es um eine Lokalisierung des
österreichisch-serbischen Krieges zu tun. Ginge es nach Deutsch-
land, Italien, England und Frankreich, so würde jeder Staats-
bürger dieser Länder in aller Seelenruhe seiner friedlichen
Berufstätigkeit nachgehen können. Nur Rußland macht
die Sache des "kleinen Bruders" zu der seinen, und trifft alle
Anstalten, um ihm, falls es ihm an den Kragen geht, mit
seiner Heeresmacht zu Hilfe zu eilen. Rußland hat die
Mobilmachung von 16 Armeekorps angeordnet.
Es hat diese Maßregeln ergriffen, obwohl Oesterreich wieder-
holt erklärt hat, es gehe nicht auf Territorialerwerb in Serbien
aus, Rußland macht mobil, obwohl es weiß, daß Deutschland
kraft des Bündnisvertrages bei einem Angriff Rußlands auf
Oesterreich sich an die Seite der Doppelmonarchie stellen muß,
weil ein starkes Oesterreich Deutschlands Lebensinteresse ist.
Rußland kann nicht einwenden, seine Mobilisierung richte sich
nur gegen die österreichischen Grenzen und ginge uns nichts
an. Wir müssen aus dem angeführten Grunde jede gegen
Oesterreich gerichtete Droh- und Kriegsaktion als eine
Bedrohung Deutschlands auffassen. Militäri-
sche Vorbereitungen Rußlands müssen notwendigerweise
entsprechende Maßnahmen auf deutscher
Seite zur Folge haben.
*
Einberufung des Reichstags?
Geheimrat Jungheim, der Direktor des Reichstages, hat
einen Urlaub abgebrochen und ist in Berlin einge-
troffen. Der Reichstagspräsident Dr. Kämpf weilt
ebenfalls in der Reichshauptstadt.
Militärische Vorbereitungen in Deutschland.
Regensburg, 30. Juli.
Vom Truppenübungsplatz Grafenwöhr wird ge-
meldet: Um elf Uhr vormittags wurde gestern auf dem Truppen-
übungsplatz durch Meldereiter folgender Befehl bekanntgegeben:
"Uebung sofort abbrechen, einrücken, packen und zur Ab-
reise in die Garnison bereit halten."
Das 2. Fußartillerieregiment in Metz ist sofort abgereist. Das
4. Feldartillerieregiment, das 6. Infanterieregiment, das 9. Feld-
artillerieregiment und das 11. Infanterieregiment werden sogleich in
ihre Garnisonen zurückkehren.
Gestern wurde zum Transport von Truppen ein Leerzug mit
fünfundvierzig Waggons nach dem Truppenübungsplatz
Grafenwöhr gesandt. Die Mitteilungen wurden hier von maß-
gebender Stelle bestätigt.
Leipzig, 30. Juli.
Die Truppen der Leipziger Garnison, die sich auf
Truppenübungsplätzen befanden, sind sämtlich nach Leipzig zurück-
gekehrt. Sämtliche Urlauber der Marine, soweit sie sich
in Sachsen und Thüringen aufhielten, sind bereits am Montag
nach Kiel und Wilhelmshaven zurückbeordert worden und haben
sich sofort nach ihren Standorten begeben.
Dresden, 30. Juli.
Die Offiziere des Dresdener Reitvereins sind zu ihren Regi-
mentern einberufen worden. Auch die beiden Dresdener Grena-
dierregimenter, die am 17. Juli nach Jüterbog zu Uebungen
abgegangen waren, sind wieder in Dresden eingetroffen, ebenso das
Fußartillerieregiment Nr.19, das sich in Thorn zu Schießübungen
befand. Die Reise des Generalstabs des 19. Armeekorps
wurde wegen der Unsicherheit der Lage in Waldheim in Sachsen
unterbrochen. Die Teilnehmer der Reise sind bereits zu ihren
Truppenkörpern eingerückt.
Köln, 30. Juli.
Meldungen vom Truppenübungsplatz Senne zufolge
sind die dort lagernden Truppen plötzlich alamirt (sic) worden, um
in ihre Garnisonen zurückbefördert zu werden. Zum
Schutze der Rheinbrücken, die seit einigen Tagen durch die
mit Karabinern bewaffneten Eisenbahnbeamten bewacht sind, sind
in der verflossenen Nacht militärische Wachen aufgezogen. Im
rheinisch-westfälischen Industriegebiet erhielten ein-
zelne Werke behördlicherseits die Aufforderung, sämtliche Kolli-
wagen der Eisenbahndirektion zur Verfügung zu
stellen.
Russische Automobile in Lothringen angehalten.
Saarbrücken, 30. Juli.
Großes Aufsehen erregt in Saarlouis die Sistierung von zwei
ausländischen Automobilen, deren Führer zwei
Chauffeure und ein Begleiter, in Saarlouis Rast machten und im
Kaiserhofhotel abgestiegen waren, um zu frühstücken. Dem Besitzer
des Hotels kamen die Wagen verdächtig vor, weshalb er die
Polizei benachrichtigte. Diese untersuchte gemeinsam mit einem
Fahrradhändler die Automobile, und hierbei soll festgestellt worden
sein, daß es zwei russische Generalstabswagen waren. Der Be-
gleiter der beiden Chauffeure, der außer russisch auch französisch
sprach, gab an, daß die beiden Wagen dem russischen Groß-
fürsten Nikolaus und einem Fürsten Orlow gehörten,
die sich mit der Bahn von Frankfurt a. M. nach Paris begeben
hätten. Die beiden Chauffeure, der Begleiter sowie die Wagen
wurden angehalten. Man fand darin eine Schreibmaschine,
einen Feldtisch und Feldstühle. Aus Berlin wurde telegraphische
2. Spalte
Weisung erbeten, was mit den Festgenommenen zu geschehen habe.
Bisher ist Antwort nicht eingetroffen.
16 russische Armeekorps mobil.
London, 30. Juli.
Das Reutersche Bureau erfährt, daß gestern abend im
Süden und Südwesten Rußlands eine teil-
weise Mobilmachung angeordnet worden ist.
Die Mobilisierung beschränkt sich auf die militärischen
Bezirke von Kiew, Odessa, Moskau und Kasan.
In jedem Bezirk stehen vier Armeekorps in
Friedensstärke. Durch die Mobilisation werden
16 Armeekorps auf die Stärke von 32 Armee-
korps gebracht. Kasan ist der Zentralbezirk,
von dem aus die Reserven für die Westgrenze
zusammen gezogen werden.
Wie von der russischen Grenze gemeldet wird, ist die Eisen-
bahnbrücke bei Wirbalen (sic) durch russisches Militär
mit Minen belegt worden. In der Umgebung von Wir-
ballen (das auf russischer Seite Eydtkuhnen gegenüber
liegt) liegen jetzt gegen 6000 Mann Militär, um die Rück-
verbindung aufrecht zu erhalten. Dem Vernehmen nach ist auch
für den Militärbezirk von Libau der Mobilmachungsbefehl
angeordnet worden.
Pleschen, 30. Juli.
Ein russisches Schützenregiment ist neu in Kalisch eingetroffen und
hat sich sofort auf Vorposten an die deutsche Grenze be-
geben. Gendarmen zu Fuß und zu Pferde halten die ganze Grenze
gesperrt.
Ostrowo, 30. Juli.
Nach hier aus dem russischen Grenzgebiet angelangten Meldungen
erhielten die dortigen Militärbehörden gestern nachmittag 3 Uhr die
drahtliche Aufforderung, das gesamte militärische Auf-
gebot an der Grenze in Bereitschaft zu halten und vorläufig
die hauptsächlichsten Brücken und die nach Deutschland führenden
Wege zu bewachen.
Die Sicherung der Küsten.
Petersburg, 30. Juli.
Die Seeverwaltung teilt mit, daß die Feuerschiffe vor
Libau, Luserort und Sarytschew von ihren Stand-
orten entfernt worden sind. Der Leuchtturm von
Renscher und die Leuchtfeuer von Röngrund und
Smultongrund sind ausgelöscht worden. Bei Sewastopol
sind alle Feuer und Leuchttürme außerhalb Chersons ausgelöscht
worden. Die Einfahrt nach Sewastopol ist während der Nacht
verboten.
Petersburg, 30. Juli.
Die deutsche und die österreichisch-ungarische Bot-
schaft werden von allen Seiten durch verstärkte Polizei-
truppen zu Pferde und zu Fuß bewacht. Es ist auch ver-
boten, sich auf den gegenüberliegenden Bürgersteigen
aufzuhalten.
Ein deutscher Schritt in Petersburg.
Paris, 30. Juli.
Der "Matin" meldet aus Wien, man erwartet eine Er-
klärung der Absichten Rußlands und glaube, daß
Deutschland morgen in Petersburg einen
Schritt unternehmen wird, um die Absichten
der russischen Regierung zu erfahren.
Die Besprechungen zwischen Berlin - Petersburg.
London, 30. Juli.
Die "Times" betonen daß die Besprechungen zwischenBerlin und Petersburg fortgesetzt würden. Es sei ein
offenes Geheimnis, daß Deutschland sein Bestes tue, um den
Draht zwischen der russischen und der österreichischen
Hauptstadt wieder herzustellen. Der "Standard"
schreibt, man müsse sich darüber klar sein, daß England
sich unter keinerlei Verpflichtungen befinde. Sir
Edward Gray habe noch am 12. Juni im Parlament erklärt, daß
England im Falle eines Bruches zwischen den europäischen
Mächten vollständig freie Hand habe. "Daily Mail"
schreibt: Solange der deutsche Kaiser und der Zar, die beide
in der unmittelbaren Vergangenheit Beweise für ihre
Friedensliebe gegeben haben, in freundschaftlicher
Korrespondenz stehen, kann die Lage nicht als absolut
verzweifelt angesehen werden.
Die militärischen Vorkehrungen in Ostfrankreich.
Genf, 30. Juli.
Hier eingetroffene Genfer Ferienreisende, die gestern abend von
Paris vom Ostbahnhof abfahren wollten, mußten den Lyoner
Bahnhof benutzen. Der Ostbahnhof war militärisch besetzt,
für den Personenverkehr gesperrt und für Truppentransporte
reserviert, für die gegen zwanzig Züge bereit standen.
Auf der ganzen Linie nach Pontarlier finden Transporte statt.
Straßburg, 30. Juli.
An der deutsch-französischen Grenze werden von der
französischen Armee sämtliche Vorsichtsmaßregeln ge-
3. Spalte
troffen. Das Telephon im Grenzhotel auf der Schlucht wurde
heut mittag durch französische Offiziere gesperrt.
Paris, 30. Juli.
Die Agence Havas meldet, daß die Gerüchte, wonach die Regie-
rung die Einberufung eines oder mehrerer Reservisten-
jahrgänge beschlossen hat, unrichtig sind. Die Regierung be-
schränkte sich darauf, die Sicherheitsmaßregeln zu treffen, die durch
die Umstände erforderlich geworden sind.
Die Beschießung von Belgrad.
Semlin, 30. Juli.
Um fünf Uhr hat gestern früh das Bombardement
der österreichisch-ungarischen Monitore ge-
gen die Befestigungen von Belgrad begonnen.
Das Feuer wurde nach einiger Zeit auch von den Ar-
tilleriestellungen auf der kroatischen Seite auf-
genommen, wo das Fort Laudon mit dem Feuern
begann.
-
item 5
Nr. 177. XXVI. Jahrgang Berliner Freitag, 31. Juli 1914
M o r g e n = Z e i t u n g
mit
Täglichem Unterhaltungs-Blatt . Illustrierter Moden-Zeitung
Illustrierter Familien-Zeitung . Illustierter Kinder-Zeitung
Haus Feld Garten . Technischer Umschau . Lustiger Ecke
Man abonniert bei allen Reichs-Postanstalten sowie Land-
briefträgern für 1 M. 65 Pf. viertelj. oder 55 Pf. monatl.;
Zustellung durch den Briefträger viertelj. 42 Pf. mehr. Unsere
Agenturen liefern das Blatt für 70 Pf. monatlich frei Haus.
Erscheint täglich, mit Ausnahme der Tage nach den Sonn-
und Feiertagen. Insertionspreis für die Zeile 60 Pf. Kleine
Anzeigen 10 Pf. das Wort; das fette Einleitungswort 20 Pf.
Redaktion und Expedition Berlin 3 W. Jerusalemer Straße 40-43
Die Oesterreicher in Belgrad.
Teilweise Mobilmachung in Rußland. - Militärische Maßnahmen Deutschlands.
1. Spalte
Allen Mächten Europas ist es um eine Lokalisierung des
österreichisch-serbischen Krieges zu tun. Ginge es nach Deutsch-
land, Italien, England und Frankreich, so würde jeder Staats-
bürger dieser Länder in aller Seelenruhe seiner friedlichen
Berufstätigkeit nachgehen können. Nur Rußland macht
die Sache des "kleinen Bruders" zu der seinen, und trifft alle
Anstalten, um ihm, falls es ihm an den Kragen geht, mit
seiner Heeresmacht zu Hilfe zu eilen. Rußland hat die
Mobilmachung von 16 Armeekorps angeordnet.
Es hat diese Maßregeln ergriffen, obwohl Oesterreich wieder-
holt erklärt hat, es gehe nicht auf Territorialerwerb in Serbien
aus, Rußland macht mobil, obwohl es weiß, daß Deutschland
kraft des Bündnisvertrages bei einem Angriff Rußlands auf
Oesterreich sich an die Seite der Doppelmonarchie stellen muß,
weil ein starkes Oesterreich Deutschlands Lebensinteresse ist.
Rußland kann nicht einwenden, seine Mobilisierung richte sich
nur gegen die österreichischen Grenzen und ginge uns nichts
an. Wir müssen aus dem angeführten Grunde jede gegen
Oesterreich gerichtete Droh- und Kriegsaktion als eine
Bedrohung Deutschlands auffassen. Militäri-
sche Vorbereitungen Rußlands müssen notwendigerweise
entsprechende Maßnahmen auf deutscher
Seite zur Folge haben.
*
Einberufung des Reichstags?
Geheimrat Jungheim, der Direktor des Reichstages, hat
einen Urlaub abgebrochen und ist in Berlin einge-
troffen. Der Reichstagspräsident Dr. Kämpf weilt
ebenfalls in der Reichshauptstadt.
Militärische Vorbereitungen in Deutschland.
Regensburg, 30. Juli.
Vom Truppenübungsplatz Grafenwöhr wird ge-
meldet: Um elf Uhr vormittags wurde gestern auf dem Truppen-
übungsplatz durch Meldereiter folgender Befehl bekanntgegeben:
"Uebung sofort abbrechen, einrücken, packen und zur Ab-
reise in die Garnison bereit halten."
Das 2. Fußartillerieregiment in Metz ist sofort abgereist. Das
4. Feldartillerieregiment, das 6. Infanterieregiment, das 9. Feld-
artillerieregiment und das 11. Infanterieregiment werden sogleich in
ihre Garnisonen zurückkehren.
Gestern wurde zum Transport von Truppen ein Leerzug mit
fünfundvierzig Waggons nach dem Truppenübungsplatz
Grafenwöhr gesandt. Die Mitteilungen wurden hier von maß-
gebender Stelle bestätigt.
Leipzig, 30. Juli.
Die Truppen der Leipziger Garnison, die sich auf
Truppenübungsplätzen befanden, sind sämtlich nach Leipzig zurück-
gekehrt. Sämtliche Urlauber der Marine, soweit sie sich
in Sachsen und Thüringen aufhielten, sind bereits am Montag
nach Kiel und Wilhelmshaven zurückbeordert worden und haben
sich sofort nach ihren Standorten begeben.
Dresden, 30. Juli.
Die Offiziere des Dresdener Reitvereins sind zu ihren Regi-
mentern einberufen worden. Auch die beiden Dresdener Grena-
dierregimenter, die am 17. Juli nach Jüterbog zu Uebungen
abgegangen waren, sind wieder in Dresden eingetroffen, ebenso das
Fußartillerieregiment Nr.19, das sich in Thorn zu Schießübungen
befand. Die Reise des Generalstabs des 19. Armeekorps
wurde wegen der Unsicherheit der Lage in Waldheim in Sachsen
unterbrochen. Die Teilnehmer der Reise sind bereits zu ihren
Truppenkörpern eingerückt.
Köln, 30. Juli.
Meldungen vom Truppenübungsplatz Senne zufolge
sind die dort lagernden Truppen plötzlich alamirt (sic) worden, um
in ihre Garnisonen zurückbefördert zu werden. Zum
Schutze der Rheinbrücken, die seit einigen Tagen durch die
mit Karabinern bewaffneten Eisenbahnbeamten bewacht sind, sind
in der verflossenen Nacht militärische Wachen aufgezogen. Im
rheinisch-westfälischen Industriegebiet erhielten ein-
zelne Werke behördlicherseits die Aufforderung, sämtliche Kolli-
wagen der Eisenbahndirektion zur Verfügung zu
stellen.
Russische Automobile in Lothringen angehalten.
Saarbrücken, 30. Juli.
Großes Aufsehen erregt in Saarlouis die Sistierung von zwei
ausländischen Automobilen, deren Führer zwei
Chauffeure und ein Begleiter, in Saarlouis Rast machten und im
Kaiserhofhotel abgestiegen waren, um zu frühstücken. Dem Besitzer
des Hotels kamen die Wagen verdächtig vor, weshalb er die
Polizei benachrichtigte. Diese untersuchte gemeinsam mit einem
Fahrradhändler die Automobile, und hierbei soll festgestellt worden
sein, daß es zwei russische Generalstabswagen waren. Der Be-
gleiter der beiden Chauffeure, der außer russisch auch französisch
sprach, gab an, daß die beiden Wagen dem russischen Groß-
fürsten Nikolaus und einem Fürsten Orlow gehörten,
die sich mit der Bahn von Frankfurt a. M. nach Paris begeben
hätten. Die beiden Chauffeure, der Begleiter sowie die Wagen
wurden angehalten. Man fand darin eine Schreibmaschine,
einen Feldtisch und Feldstühle. Aus Berlin wurde telegraphische
2. Spalte
Weisung erbeten, was mit den Festgenommenen zu geschehen habe.
Bisher ist Antwort nicht eingetroffen.
16 russische Armeekorps mobil.
London, 30. Juli.
Das Reutersche Bureau erfährt, daß gestern abend im
Süden und Südwesten Rußlands eine teil-
weise Mobilmachung angeordnet worden ist.
Die Mobilisierung beschränkt sich auf die militärischen
Bezirke von Kiew, Odessa, Moskau und Kasan.
In jedem Bezirk stehen vier Armeekorps in
Friedensstärke. Durch die Mobilisation werden
16 Armeekorps auf die Stärke von 32 Armee-
korps gebracht. Kasan ist der Zentralbezirk,
von dem aus die Reserven für die Westgrenze
zusammen gezogen werden.
Wie von der russischen Grenze gemeldet wird, ist die Eisen-
bahnbrücke bei Wirbalen (sic) durch russisches Militär
mit Minen belegt worden. In der Umgebung von Wir-
ballen (das auf russischer Seite Eydtkuhnen gegenüber
liegt) liegen jetzt gegen 6000 Mann Militär, um die Rück-
verbindung aufrecht zu erhalten. Dem Vernehmen nach ist auch
für den Militärbezirk von Libau der Mobilmachungsbefehl
angeordnet worden.
Pleschen, 30. Juli.
Ein russisches Schützenregiment ist neu in Kalisch eingetroffen und
hat sich sofort auf Vorposten an die deutsche Grenze be-
geben. Gendarmen zu Fuß und zu Pferde halten die ganze Grenze
gesperrt.
Ostrowo, 30. Juli.
Nach hier aus dem russischen Grenzgebiet angelangten Meldungen
erhielten die dortigen Militärbehörden gestern nachmittag 3 Uhr die
drahtliche Aufforderung, das gesamte militärische Auf-
gebot an der Grenze in Bereitschaft zu halten und vorläufig
die hauptsächlichsten Brücken und die nach Deutschland führenden
Wege zu bewachen.
Die Sicherung der Küsten.
Petersburg, 30. Juli.
Die Seeverwaltung teilt mit, daß die Feuerschiffe vor
Libau, Luserort und Sarytschew von ihren Stand-
orten entfernt worden sind. Der Leuchtturm von
Renscher und die Leuchtfeuer von Röngrund und
Smultongrund sind ausgelöscht worden. Bei Sewastopol
sind alle Feuer und Leuchttürme außerhalb Chersons ausgelöscht
worden. Die Einfahrt nach Sewastopol ist während der Nacht
verboten.
Petersburg, 30. Juli.
Die deutsche und die österreichisch-ungarische Bot-
schaft werden von allen Seiten durch verstärkte Polizei-
truppen zu Pferde und zu Fuß bewacht. Es ist auch ver-
boten, sich auf den gegenüberliegenden Bürgersteigen
aufzuhalten.
Ein deutscher Schritt in Petersburg.
Paris, 30. Juli.
Der "Matin" meldet aus Wien, man erwartet eine Er-
klärung der Absichten Rußlands und glaube, daß
Deutschland morgen in Petersburg einen
Schritt unternehmen wird, um die Absichten
der russischen Regierung zu erfahren.
Die Besprechungen zwischen Berlin - Petersburg.
London, 30. Juli.
Die "Times" betonen daß die Besprechungen zwischenBerlin und Petersburg fortgesetzt würden. Es sei ein
offenes Geheimnis, daß Deutschland sein Bestes tue, um den
Draht zwischen der russischen und der österreichischen
Hauptstadt wieder herzustellen. Der "Standard"
schreibt, man müsse sich darüber klar sein, daß England
sich unter keinerlei Verpflichtungen befinde. Sir
Edward Gray habe noch am 12. Juni im Parlament erklärt, daß
England im Falle eines Bruches zwischen den europäischen
Mächten vollständig freie Hand habe. "Daily Mail"
schreibt: Solange der deutsche Kaiser und der Zar, die beide
in der unmittelbaren Vergangenheit Beweise für ihre
Friedensliebe gegeben haben, in freundschaftlicher
Korrespondenz stehen, kann die Lage nicht als absolut
verzweifelt angesehen werden.
Die militärischen Vorkehrungen in Ostfrankreich.
Genf, 30. Juli.
Hier eingetroffene Genfer Ferienreisende, die gestern abend von
Paris vom Ostbahnhof abfahren wollten, mußten den Lyoner
Bahnhof benutzen. Der Ostbahnhof war militärisch besetzt,
für den Personenverkehr gesperrt und für Truppentransporte
reserviert, für die gegen zwanzig Züge bereit standen.
Auf der ganzen Linie nach Pontarlier finden Transporte statt.
Straßburg, 30. Juli.
An der deutsch-französischen Grenze werden von der
französischen Armee sämtliche Vorsichtsmaßregeln ge-
3. Spalte
troffen. Das Telephon im Grenzhotel auf der Schlucht wurde
heut mittag durch französische Offiziere gesperrt.
Paris, 30. Juli.
Die Agence Havas meldet, daß die Gerüchte, wonach die Regie-
rung die Einberufung eines oder mehrerer Reservisten-
jahrgänge beschlossen hat, unrichtig sind. Die Regierung be-
schränkte sich darauf, die Sicherheitsmaßregeln zu treffen, die durch
die Umstände erforderlich geworden sind.
Die Beschießung von Belgrad.
Semlin, 30. Juli.
Um fünf Uhr hat gestern früh das Bombardement
der österreichisch-ungarischen Monitore ge-
gen die Befestigungen von Belgrad begonnen.
Das Feuer wurde nach einiger Zeit auch von den Ar-
tilleriestellungen auf der kroatischen Seite auf-
genommen, wo das Fort Laudon mit dem Feuern
begann.
-
item 5
Nr. 177. XXVI. Jahrgang Berliner Freitag, 31. Juli 1914
M o r g e n = Z e i t u n g
mit
Täglichem Unterhaltungs-Blatt . Illustrierter Moden-Zeitung
Illustrierter Familien-Zeitung . Illustierter Kinder-Zeitung
Haus Feld Garten . Technischer Umschau . Lustiger Ecke
Man abonniert bei allen Reichs-Postanstalten sowie Land-
briefträgern für 1 M. 65 Pf. viertelj. oder 55 Pf. monatl.;
Zustellung durch den Briefträger viertelj. 42 Pf. mehr. Unsere
Agenturen liefern das Blatt für 70 Pf. monatlich frei Haus.
Erscheint täglich, mit Ausnahme der Tage nach den Sonn-
und Feiertagen. Insertionspreis für die Zeile 60 Pf. Kleine
Anzeigen 10 Pf. das Wort; das fette Einleitungswort 20 Pf.
Redaktion und Expedition Berlin 3 W. Jerusalemer Straße 40-43
Die Oesterreicher in Belgrad.
Teilweise Mobilmachung in Rußland. - Militärische Maßnahmen Deutschlands.
1. Spalte
Allen Mächten Europas ist es um eine Lokalisierung des
österreichisch-serbischen Krieges zu tun. Ginge es nach Deutsch-
land, Italien, England und Frankreich, so würde jeder Staats-
bürger dieser Länder in aller Seelenruhe seiner friedlichen
Berufstätigkeit nachgehen können. Nur Rußland macht
die Sache des "kleinen Bruders" zu der seinen, und trifft alle
Anstalten, um ihm, falls es ihm an den Kragen geht, mit
seiner Heeresmacht zu Hilfe zu eilen. Rußland hat die
Mobilmachung von 16 Armeekorps angeordnet.
Es hat diese Maßregeln ergriffen, obwohl Oesterreich wieder-
holt erklärt hat, es gehe nicht auf Territorialerwerb in Serbien
aus, Rußland macht mobil, obwohl es weiß, daß Deutschland
kraft des Bündnisvertrages bei einem Angriff Rußlands auf
Oesterreich sich an die Seite der Doppelmonarchie stellen muß,
weil ein starkes Oesterreich Deutschlands Lebensinteresse ist.
Rußland kann nicht einwenden, seine Mobilisierung richte sich
nur gegen die österreichischen Grenzen und ginge uns nichts
an. Wir müssen aus dem angeführten Grunde jede gegen
Oesterreich gerichtete Droh- und Kriegsaktion als eine
Bedrohung Deutschlands auffassen. Militäri-
sche Vorbereitungen Rußlands müssen notwendigerweise
entsprechende Maßnahmen auf deutscher
Seite zur Folge haben.
*
Einberufung des Reichstags?
Geheimrat Jungheim, der Direktor des Reichstages, hat
einen Urlaub abgebrochen und ist in Berlin einge-
troffen. Der Reichstagspräsident Dr. Kämpf weilt
ebenfalls in der Reichshauptstadt.
Militärische Vorbereitungen in Deutschland.
Regensburg, 30. Juli.
Vom Truppenübungsplatz Grafenwöhr wird ge-
meldet: Um elf Uhr vormittags wurde gestern auf dem Truppen-
übungsplatz durch Meldereiter folgender Befehl bekanntgegeben:
"Uebung sofort abbrechen, einrücken, packen und zur Ab-
reise in die Garnison bereit halten."
Das 2. Fußartillerieregiment in Metz ist sofort abgereist. Das
4. Feldartillerieregiment, das 6. Infanterieregiment, das 9. Feld-
artillerieregiment und das 11. Infanterieregiment werden sogleich in
ihre Garnisonen zurückkehren.
Gestern wurde zum Transport von Truppen ein Leerzug mit
fünfundvierzig Waggons nach dem Truppenübungsplatz
Grafenwöhr gesandt. Die Mitteilungen wurden hier von maß-
gebender Stelle bestätigt.
Leipzig, 30. Juli.
Die Truppen der Leipziger Garnison, die sich auf
Truppenübungsplätzen befanden, sind sämtlich nach Leipzig zurück-
gekehrt. Sämtliche Urlauber der Marine, soweit sie sich
in Sachsen und Thüringen aufhielten, sind bereits am Montag
nach Kiel und Wilhelmshaven zurückbeordert worden und haben
sich sofort nach ihren Standorten begeben.
Dresden, 30. Juli.
Die Offiziere des Dresdener Reitvereins sind zu ihren Regi-
mentern einberufen worden. Auch die beiden Dresdener Grena-
dierregimenter, die am 17. Juli nach Jüterbog zu Uebungen
abgegangen waren, sind wieder in Dresden eingetroffen, ebenso das
Fußartillerieregiment Nr.19, das sich in Thorn zu Schießübungen
befand. Die Reise des Generalstabs des 19. Armeekorps
wurde wegen der Unsicherheit der Lage in Waldheim in Sachsen
unterbrochen. Die Teilnehmer der Reise sind bereits zu ihren
Truppenkörpern eingerückt.
Köln, 30. Juli.
Meldungen vom Truppenübungsplatz Senne zufolge
sind die dort lagernden Truppen plötzlich alamirt (sic) worden, um
in ihre Garnisonen zurückbefördert zu werden. Zum
Schutze der Rheinbrücken, die seit einigen Tagen durch die
mit Karabinern bewaffneten Eisenbahnbeamten bewacht sind, sind
in der verflossenen Nacht militärische Wachen aufgezogen. Im
rheinisch-westfälischen Industriegebiet erhielten ein-
zelne Werke behördlicherseits die Aufforderung, sämtliche Kolli-
wagen der Eisenbahndirektion zur Verfügung zu
stellen.
Russische Automobile in Lothringen angehalten.
Saarbrücken, 30. Juli.
Großes Aufsehen erregt in Saarlouis die Sistierung von zwei
ausländischen Automobilen, deren Führer zwei
Chauffeure und ein Begleiter, in Saarlouis Rast machten und im
Kaiserhofhotel abgestiegen waren, um zu frühstücken. Dem Besitzer
des Hotels kamen die Wagen verdächtig vor, weshalb er die
Polizei benachrichtigte. Diese untersuchte gemeinsam mit einem
Fahrradhändler die Automobile, und hierbei soll festgestellt worden
sein, daß es zwei russische Generalstabswagen waren. Der Be-
gleiter der beiden Chauffeure, der außer russisch auch französisch
sprach, gab an, daß die beiden Wagen dem russischen Groß-
fürsten Nikolaus und einem Fürsten Orlow gehörten,
die sich mit der Bahn von Frankfurt a. M. nach Paris begeben
hätten. Die beiden Chauffeure, der Begleiter sowie die Wagen
wurden angehalten. Man fand darin eine Schreibmaschine,
einen Feldtisch und Feldstühle. Aus Berlin wurde telegraphische
2. Spalte
Weisung erbeten, was mit den Festgenommenen zu geschehen habe.
Bisher ist Antwort nicht eingetroffen.
16 russische Armeekorps mobil.
London, 30. Juli.
Das Reutersche Bureau erfährt, daß gestern abend im
Süden und Südwesten Rußlands eine teil-
weise Mobilmachung angeordnet worden ist.
Die Mobilisierung beschränkt sich auf die militärischen
Bezirke von Kiew, Odessa, Moskau und Kasan.
In jedem Bezirk stehen vier Armeekorps in
Friedensstärke. Durch die Mobilisation werden
16 Armeekorps auf die Stärke von 32 Armee-
korps gebracht. Kasan ist der Zentralbezirk,
von dem aus die Reserven für die Westgrenze
zusammen gezogen werden.
Wie von der russischen Grenze gemeldet wird, ist die Eisen-
bahnbrücke bei Wirbalen (sic) durch russisches Militär
mit Minen belegt worden. In der Umgebung von Wir-
ballen (das auf russischer Seite Eydtkuhnen gegenüber
liegt) liegen jetzt gegen 6000 Mann Militär, um die Rück-
verbindung aufrecht zu erhalten. Dem Vernehmen nach ist auch
für den Militärbezirk von Libau der Mobilmachungsbefehl
angeordnet worden.
Pleschen, 30. Juli.
Ein russisches Schützenregiment ist neu in Kalisch eingetroffen und
hat sich sofort auf Vorposten an die deutsche Grenze be-
geben. Gendarmen zu Fuß und zu Pferde halten die ganze Grenze
gesperrt.
Ostrowo, 30. Juli.
Nach hier aus dem russischen Grenzgebiet angelangten Meldungen
erhielten die dortigen Militärbehörden gestern nachmittag 3 Uhr die
drahtliche Aufforderung, das gesamte militärische Auf-
gebot an der Grenze in Bereitschaft zu halten und vorläufig
die hauptsächlichsten Brücken und die nach Deutschland führenden
Wege zu bewachen.
Die Sicherung der Küsten.
Petersburg, 30. Juli.
Die Seeverwaltung teilt mit, daß die Feuerschiffe vor
Libau, Luserort und Sarytschew von ihren Stand-
orten entfernt worden sind. Der Leuchtturm von
Renscher und die Leuchtfeuer von Röngrund und
Smultongrund sind ausgelöscht worden. Bei Sewastopol
sind alle Feuer und Leuchttürme außerhalb Chersons ausgelöscht
worden. Die Einfahrt nach Sewastopol ist während der Nacht
verboten.
Petersburg, 30. Juli.
Die deutsche und die österreichisch-ungarische Bot-
schaft werden von allen Seiten durch verstärkte Polizei-
truppen zu Pferde und zu Fuß bewacht. Es ist auch ver-
boten, sich auf den gegenüberliegenden Bürgersteigen
aufzuhalten.
Ein deutscher Schritt in Petersburg.
Paris, 30. Juli.
Der "Matin" meldet aus Wien, man erwartet eine Er-
klärung der Absichten Rußlands und glaube, daß
Deutschland morgen in Petersburg einen
Schritt unternehmen wird, um die Absichten
der russischen Regierung zu erfahren.
Die Besprechungen zwischen Berlin - Petersburg.
London, 30. Juli.
Die "Times" betonen daß die Besprechungen zwischenBerlin und Petersburg fortgesetzt würden. Es sei ein
offenes Geheimnis, daß Deutschland sein Bestes tue, um den
Draht zwischen der russischen und der österreichischen
Hauptstadt wieder herzustellen. Der "Standard"
schreibt, man müsse sich darüber klar sein, daß England
sich unter keinerlei Verpflichtungen befinde. Sir
Edward Gray habe noch am 12. Juni im Parlament erklärt, daß
England im Falle eines Bruches zwischen den europäischen
Mächten vollständig freie Hand habe. "Daily Mail"
schreibt: Solange der deutsche Kaiser und der Zar, die beide
in der unmittelbaren Vergangenheit Beweise für ihre
Friedensliebe gegeben haben, in freundschaftlicher
Korrespondenz stehen, kann die Lage nicht als absolut
verzweifelt angesehen werden.
Die militärischen Vorkehrungen in Ostfrankreich.
Genf, 30. Juli.
Hier eingetroffene Genfer Ferienreisende, die gestern abend von
Paris vom Ostbahnhof abfahren wollten, mußten den Lyoner
Bahnhof benutzen. Der Ostbahnhof war militärisch besetzt,
für den Personenverkehr gesperrt und für Truppentransporte
reserviert, für die gegen zwanzig Züge bereit standen.
Auf der ganzen Linie nach Pontarlier finden Transporte statt.
Straßburg, 30. Juli.
An der deutsch-französischen Grenze werden von der
französischen Armee sämtliche Vorsichtsmaßregeln ge-
3. Spalte
troffen. Das Telephon im Grenzhotel auf der Schlucht wurde
heut mittag durch französische Offiziere gesperrt.
Paris, 30. Juli.
Die Agence Havas meldet, daß die Gerüchte, wonach die Regie-
rung die Einberufung eines oder mehrerer Reservisten-
jahrgänge beschlossen hat, unrichtig sind. Die Regierung be-
schränkte sich darauf, die Sicherheitsmaßregeln zu treffen, die durch
die Umstände erforderlich geworden sind.
-
item 5
Nr. 177. XXVI. Jahrgang Berliner Freitag, 31. Juli 1914
M o r g e n = Z e i t u n g
mit
Täglichem Unterhaltungs-Blatt . Illustrierter Moden-Zeitung
Illustrierter Familien-Zeitung . Illustierter Kinder-Zeitung
Haus Feld Garten . Technischer Umschau . Lustiger Ecke
Man abonniert bei allen Reichs-Postanstalten sowie Land-
briefträgern für 1 M. 65 Pf. viertelj. oder 55 Pf. monatl.;
Zustellung durch den Briefträger viertelj. 42 Pf. mehr. Unsere
Agenturen liefern das Blatt für 70 Pf. monatlich frei Haus.
Erscheint täglich, mit Ausnahme der Tage nach den Sonn-
und Feiertagen. Insertionspreis für die Zeile 60 Pf. Kleine
Anzeigen 10 Pf. das Wort; das fette Einleitungswort 20 Pf.
Redaktion und Expedition Berlin 3 W. Jerusalemer Straße 40-43
Die Oesterreicher in Belgrad.
Teilweise Mobilmachung in Rußland. - Militärische Maßnahmen Deutschlands.
1. Spalte
Allen Mächten Europas ist es um eine Lokalisierung des
österreichisch-serbischen Krieges zu tun. Ginge es nach Deutsch-
land, Italien, England und Frankreich, so würde jeder Staats-
bürger dieser Länder in aller Seelenruhe seiner friedlichen
Berufstätigkeit nachgehen können. Nur Rußland macht
die Sache des "kleinen Bruders" zu der seinen, und trifft alle
Anstalten, um ihm, falls es ihm an den Kragen geht, mit
seiner Heeresmacht zu Hilfe zu eilen. Rußland hat die
Mobilmachung von 16 Armeekorps angeordnet.
Es hat diese Maßregeln ergriffen, obwohl Oesterreich wieder-
holt erklärt hat, es gehe nicht auf Territorialerwerb in Serbien
aus, Rußland macht mobil, obwohl es weiß, daß Deutschland
kraft des Bündnisvertrages bei einem Angriff Rußlands auf
Oesterreich sich an die Seite der Doppelmonarchie stellen muß,
weil ein starkes Oesterreich Deutschlands Lebensinteresse ist.
Rußland kann nicht einwenden, seine Mobilisierung richte sich
nur gegen die österreichischen Grenzen und ginge uns nichts
an. Wir müssen aus dem angeführten Grunde jede gegen
Oesterreich gerichtete Droh- und Kriegsaktion als eine
Bedrohung Deutschlands auffassen. Militäri-
sche Vorbereitungen Rußlands müssen notwendigerweise
entsprechende Maßnahmen auf deutscher
Seite zur Folge haben.
*
Einberufung des Reichstags?
Geheimrat Jungheim, der Direktor des Reichstages, hat
einen Urlaub abgebrochen und ist in Berlin einge-
troffen. Der Reichstagspräsident Dr. Kämpf weilt
ebenfalls in der Reichshauptstadt.
Militärische Vorbereitungen in Deutschland.
Regensburg, 30. Juli.
Vom Truppenübungsplatz Grafenwöhr wird ge-
meldet: Um elf Uhr vormittags wurde gestern auf dem Truppen-
übungsplatz durch Meldereiter folgender Befehl bekanntgegeben:
"Uebung sofort abbrechen, einrücken, packen und zur Ab-
reise in die Garnison bereit halten."
Das 2. Fußartillerieregiment in Metz ist sofort abgereist. Das
4. Feldartillerieregiment, das 6. Infanterieregiment, das 9. Feld-
artillerieregiment und das 11. Infanterieregiment werden sogleich in
ihre Garnisonen zurückkehren.
Gestern wurde zum Transport von Truppen ein Leerzug mit
fünfundvierzig Waggons nach dem Truppenübungsplatz
Grafenwöhr gesandt. Die Mitteilungen wurden hier von maß-
gebender Stelle bestätigt.
Leipzig, 30. Juli.
Die Truppen der Leipziger Garnison, die sich auf
Truppenübungsplätzen befanden, sind sämtlich nach Leipzig zurück-
gekehrt. Sämtliche Urlauber der Marine, soweit sie sich
in Sachsen und Thüringen aufhielten, sind bereits am Montag
nach Kiel und Wilhelmshaven zurückbeordert worden und haben
sich sofort nach ihren Standorten begeben.
Dresden, 30. Juli.
Die Offiziere des Dresdener Reitvereins sind zu ihren Regi-
mentern einberufen worden. Auch die beiden Dresdener Grena-
dierregimenter, die am 17. Juli nach Jüterbog zu Uebungen
abgegangen waren, sind wieder in Dresden eingetroffen, ebenso das
Fußartillerieregiment Nr.19, das sich in Thorn zu Schießübungen
befand. Die Reise des Generalstabs des 19. Armeekorps
wurde wegen der Unsicherheit der Lage in Waldheim in Sachsen
unterbrochen. Die Teilnehmer der Reise sind bereits zu ihren
Truppenkörpern eingerückt.
Köln, 30. Juli.
Meldungen vom Truppenübungsplatz Senne zufolge
sind die dort lagernden Truppen plötzlich alamirt (sic) worden, um
in ihre Garnisonen zurückbefördert zu werden. Zum
Schutze der Rheinbrücken, die seit einigen Tagen durch die
mit Karabinern bewaffneten Eisenbahnbeamten bewacht sind, sind
in der verflossenen Nacht militärische Wachen aufgezogen. Im
rheinisch-westfälischen Industriegebiet erhielten ein-
zelne Werke behördlicherseits die Aufforderung, sämtliche Kolli-
wagen der Eisenbahndirektion zur Verfügung zu
stellen.
Russische Automobile in Lothringen angehalten.
Saarbrücken, 30. Juli.
Großes Aufsehen erregt in Saarlouis die Sistierung von zwei
ausländischen Automobilen, deren Führer zwei
Chauffeure und ein Begleiter, in Saarlouis Rast machten und im
Kaiserhofhotel abgestiegen waren, um zu frühstücken. Dem Besitzer
des Hotels kamen die Wagen verdächtig vor, weshalb er die
Polizei benachrichtigte. Diese untersuchte gemeinsam mit einem
Fahrradhändler die Automobile, und hierbei soll festgestellt worden
sein, daß es zwei russische Generalstabswagen waren. Der Be-
gleiter der beiden Chauffeure, der außer russisch auch französisch
sprach, gab an, daß die beiden Wagen dem russischen Groß-
fürsten Nikolaus und einem Fürsten Orlow gehörten,
die sich mit der Bahn von Frankfurt a. M. nach Paris begeben
hätten. Die beiden Chauffeure, der Begleiter sowie die Wagen
wurden angehalten. Man fand darin eine Schreibmaschine,
einen Feldtisch und Feldstühle. Aus Berlin wurde telegraphische
2. Spalte
Weisung erbeten, was mit den Festgenommenen zu geschehen habe.
Bisher ist Antwort nicht eingetroffen.
16 russische Armeekorps mobil.
London, 30. Juli.
Das Reutersche Bureau erfährt, daß gestern abend im
Süden und Südwesten Rußlands eine teil-
weise Mobilmachung angeordnet worden ist.
Die Mobilisierung beschränkt sich auf die militärischen
Bezirke von Kiew, Odessa, Moskau und Kasan.
In jedem Bezirk stehen vier Armeekorps in
Friedensstärke. Durch die Mobilisation werden
16 Armeekorps auf die Stärke von 32 Armee-
korps gebracht. Kasan ist der Zentralbezirk,
von dem aus die Reserven für die Westgrenze
zusammen gezogen werden.
Wie von der russischen Grenze gemeldet wird, ist die Eisen-
bahnbrücke bei Wirbalen (sic) durch russisches Militär
mit Minen belegt worden. In der Umgebung von Wir-
ballen (das auf russischer Seite Eydtkuhnen gegenüber
liegt) liegen jetzt gegen 6000 Mann Militär, um die Rück-
verbindung aufrecht zu erhalten. Dem Vernehmen nach ist auch
für den Militärbezirk von Libau der Mobilmachungsbefehl
angeordnet worden.
Pleschen, 30. Juli.
Ein russisches Schützenregiment ist neu in Kalisch eingetroffen und
hat sich sofort auf Vorposten an die deutsche Grenze be-
geben. Gendarmen zu Fuß und zu Pferde halten die ganze Grenze
gesperrt.
Ostrowo, 30. Juli.
Nach hier aus dem russischen Grenzgebiet angelangten Meldungen
erhielten die dortigen Militärbehörden gestern nachmittag 3 Uhr die
drahtliche Aufforderung, das gesamte militärische Auf-
gebot an der Grenze in Bereitschaft zu halten und vorläufig
die hauptsächlichsten Brücken und die nach Deutschland führenden
Wege zu bewachen.
Die Sicherung der Küsten.
Petersburg, 30. Juli.
Die Seeverwaltung teilt mit, daß die Feuerschiffe vor
Libau, Luserort und Sarytschew von ihren Stand-
orten entfernt worden sind. Der Leuchtturm von
Renscher und die Leuchtfeuer von Röngrund und
Smultongrund sind ausgelöscht worden. Bei Sewastopol
sind alle Feuer und Leuchttürme außerhalb Chersons ausgelöscht
worden. Die Einfahrt nach Sewastopol ist während der Nacht
verboten.
Petersburg, 30. Juli.
Die deutsche und die österreichisch-ungarische Bot-
schaft werden von allen Seiten durch verstärkte Polizei-
truppen zu Pferde und zu Fuß bewacht. Es ist auch ver-
boten, sich auf den gegenüberliegenden Bürgersteigen
aufzuhalten.
Ein deutscher Schritt in Petersburg.
Paris, 30. Juli.
Der "Matin" meldet aus Wien, man erwartet eine Er-
klärung der Absichten Rußlands und glaube, daß
Deutschland morgen in Petersburg einen
Schritt unternehmen wird, um die Absichten
der russischen Regierung zu erfahren.
Die Besprechungen zwischen Berlin - Petersburg.
London, 30. Juli.
Die "Times" betonen daß die Besprechungen zwischenBerlin und Petersburg fortgesetzt würden. Es sei ein
offenes Geheimnis, daß Deutschland sein Bestes tue, um den
Draht zwischen der russischen und der österreichischen
Hauptstadt wieder herzustellen. Der "Standard"
schreibt, man müsse sich darüber klar sein, daß England
sich unter keinerlei Verpflichtungen befinde. Sir
Edward Gray habe noch am 12. Juni im Parlament erklärt, daß
England im Falle eines Bruches zwischen den europäischen
Mächten vollständig freie Hand habe. "Daily Mail"
schreibt: Solange der deutsche Kaiser und der Zar, die beide
in der unmittelbaren Vergangenheit Beweise für ihre
Friedensliebe gegeben haben, in freundschaftlicher
Korrespondenz stehen, kann die Lage nicht als absolut
verzweifelt angesehen werden.
Die militärischen Vorkehrungen in Ostfrankreich.
Genf, 30. Juli.
Hier eingetroffene Genfer Ferienreisende, die gestern abend von
Paris vom Ostbahnhof abfahren wollten, mußten den Lyoner
Bahnhof benutzen. Der Ostbahnhof war militärisch besetzt,
für den Personenverkehr gesperrt und für Truppentransporte
reserviert, für die gegen zwanzig Züge bereit standen.
Auf der ganzen Linie nach
finden Transporte statt.Straßburg, 30. Juli.
An der deutsch-französischen Grenze werden von der
französischen Armee sämtliche Vorsichtsmaßregeln ge-
3. Spalte
troffen. Das Telephon im Grenzhotel auf der Schlucht wurde
heut mittag durch französische Offiziere gesperrt.
Paris, 30. Juli.
Die Agence Havas meldet, daß die Gerüchte, wonach die Regie-
rung die Einberufung eines oder mehrerer Reservisten-
jahrgänge beschlossen hat, unrichtig sind. Die Regierung be-
schränkte sich darauf, die Sicherheitsmaßregeln zu treffen, die durch
die Umstände erforderlich geworden sind.
-
item 5
Nr. 177. XXVI. Jahrgang Berliner Freitag, 31. Juli 1914
M o r g e n = Z e i t u n g
mit
Täglichem Unterhaltungs-Blatt . Illustrierter Moden-Zeitung
Illustrierter Familien-Zeitung . Illustierter Kinder-Zeitung
Haus Feld Garten . Technischer Umschau . Lustiger Ecke
Man abonniert bei allen Reichs-Postanstalten sowie Land-
briefträgern für 1 M. 65 Pf. viertelj. oder 55 Pf. monatl.;
Zustellung durch den Briefträger viertelj. 42 Pf. mehr. Unsere
Agenturen liefern das Blatt für 70 Pf. monatlich frei Haus.
Erscheint täglich, mit Ausnahme der Tage nach den Sonn-
und Feiertagen. Insertionspreis für die Zeile 60 Pf. Kleine
Anzeigen 10 Pf. das Wort; das fette Einleitungswort 20 Pf.
Redaktion und Expedition Berlin 3 W. Jerusalemer Straße 40-43
Die Oesterreicher in Belgrad.
Teilweise Mobilmachung in Rußland. - Militärische Maßnahmen Deutschlands.
1. Spalte
Allen Mächten Europas ist es um eine Lokalisierung des
österreichisch-serbischen Krieges zu tun. Ginge es nach Deutsch-
land, Italien, England und Frankreich, so würde jeder Staats-
bürger dieser Länder in aller Seelenruhe seiner friedlichen
Berufstätigkeit nachgehen können. Nur Rußland macht
die Sache des "kleinen Bruders" zu der seinen, und trifft alle
Anstalten, um ihm, falls es ihm an den Kragen geht, mit
seiner Heeresmacht zu Hilfe zu eilen. Rußland hat die
Mobilmachung von 16 Armeekorps angeordnet.
Es hat diese Maßregeln ergriffen, obwohl Oesterreich wieder-
holt erklärt hat, es gehe nicht auf Territorialerwerb in Serbien
aus, Rußland macht mobil, obwohl es weiß, daß Deutschland
kraft des Bündnisvertrages bei einem Angriff Rußlands auf
Oesterreich sich an die Seite der Doppelmonarchie stellen muß,
weil ein starkes Oesterreich Deutschlands Lebensinteresse ist.
Rußland kann nicht einwenden, seine Mobilisierung richte sich
nur gegen die österreichischen Grenzen und ginge uns nichts
an. Wir müssen aus dem angeführten Grunde jede gegen
Oesterreich gerichtete Droh- und Kriegsaktion als eine
Bedrohung Deutschlands auffassen. Militäri-
sche Vorbereitungen Rußlands müssen notwendigerweise
entsprechende Maßnahmen auf deutscher
Seite zur Folge haben.
*
Einberufung des Reichstags?
Geheimrat Jungheim, der Direktor des Reichstages, hat
einen Urlaub abgebrochen und ist in Berlin einge-
troffen. Der Reichstagspräsident Dr. Kämpf weilt
ebenfalls in der Reichshauptstadt.
Militärische Vorbereitungen in Deutschland.
Regensburg, 30. Juli.
Vom Truppenübungsplatz Grafenwöhr wird ge-
meldet: Um elf Uhr vormittags wurde gestern auf dem Truppen-
übungsplatz durch Meldereiter folgender Befehl bekanntgegeben:
"Uebung sofort abbrechen, einrücken, packen und zur Ab-
reise in die Garnison bereit halten."
Das 2. Fußartillerieregiment in Metz ist sofort abgereist. Das
4. Feldartillerieregiment, das 6. Infanterieregiment, das 9. Feld-
artillerieregiment und das 11. Infanterieregiment werden sogleich in
ihre Garnisonen zurückkehren.
Gestern wurde zum Transport von Truppen ein Leerzug mit
fünfundvierzig Waggons nach dem Truppenübungsplatz
Grafenwöhr gesandt. Die Mitteilungen wurden hier von maß-
gebender Stelle bestätigt.
Leipzig, 30. Juli.
Die Truppen der Leipziger Garnison, die sich auf
Truppenübungsplätzen befanden, sind sämtlich nach Leipzig zurück-
gekehrt. Sämtliche Urlauber der Marine, soweit sie sich
in Sachsen und Thüringen aufhielten, sind bereits am Montag
nach Kiel und Wilhelmshaven zurückbeordert worden und haben
sich sofort nach ihren Standorten begeben.
Dresden, 30. Juli.
Die Offiziere des Dresdener Reitvereins sind zu ihren Regi-
mentern einberufen worden. Auch die beiden Dresdener Grena-
dierregimenter, die am 17. Juli nach Jüterbog zu Uebungen
abgegangen waren, sind wieder in Dresden eingetroffen, ebenso das
Fußartillerieregiment Nr.19, das sich in Thorn zu Schießübungen
befand. Die Reise des Generalstabs des 19. Armeekorps
wurde wegen der Unsicherheit der Lage in Waldheim in Sachsen
unterbrochen. Die Teilnehmer der Reise sind bereits zu ihren
Truppenkörpern eingerückt.
Köln, 30. Juli.
Meldungen vom Truppenübungsplatz Senne zufolge
sind die dort lagernden Truppen plötzlich alamirt (sic) worden, um
in ihre Garnisonen zurückbefördert zu werden. Zum
Schutze der Rheinbrücken, die seit einigen Tagen durch die
mit Karabinern bewaffneten Eisenbahnbeamten bewacht sind, sind
in der verflossenen Nacht militärische Wachen aufgezogen. Im
rheinisch-westfälischen Industriegebiet erhielten ein-
zelne Werke behördlicherseits die Aufforderung, sämtliche Kolli-
wagen der Eisenbahndirektion zur Verfügung zu
stellen.
Russische Automobile in Lothringen angehalten.
Saarbrücken, 30. Juli.
Großes Aufsehen erregt in Saarlouis die Sistierung von zwei
ausländischen Automobilen, deren Führer zwei
Chauffeure und ein Begleiter, in Saarlouis Rast machten und im
Kaiserhofhotel abgestiegen waren, um zu frühstücken. Dem Besitzer
des Hotels kamen die Wagen verdächtig vor, weshalb er die
Polizei benachrichtigte. Diese untersuchte gemeinsam mit einem
Fahrradhändler die Automobile, und hierbei soll festgestellt worden
sein, daß es zwei russische Generalstabswagen waren. Der Be-
gleiter der beiden Chauffeure, der außer russisch auch französisch
sprach, gab an, daß die beiden Wagen dem russischen Groß-
fürsten Nikolaus und einem Fürsten Orlow gehörten,
die sich mit der Bahn von Frankfurt a. M. nach Paris begeben
hätten. Die beiden Chauffeure, der Begleiter sowie die Wagen
wurden angehalten. Man fand darin eine Schreibmaschine,
einen Feldtisch und Feldstühle. Aus Berlin wurde telegraphische
2. Spalte
Weisung erbeten, was mit den Festgenommenen zu geschehen habe.
Bisher ist Antwort nicht eingetroffen.
16 russische Armeekorps mobil.
London, 30. Juli.
Das Reutersche Bureau erfährt, daß gestern abend im
Süden und Südwesten Rußlands eine teil-
weise Mobilmachung angeordnet worden ist.
Die Mobilisierung beschränkt sich auf die militärischen
Bezirke von Kiew, Odessa, Moskau und Kasan.
In jedem Bezirk stehen vier Armeekorps in
Friedensstärke. Durch die Mobilisation werden
16 Armeekorps auf die Stärke von 32 Armee-
korps gebracht. Kasan ist der Zentralbezirk,
von dem aus die Reserven für die Westgrenze
zusammen gezogen werden.
Wie von der russischen Grenze gemeldet wird, ist die Eisen-
bahnbrücke bei Wirbalen (sic) durch russisches Militär
mit Minen belegt worden. In der Umgebung von Wir-
ballen (das auf russischer Seite Eydtkuhnen gegenüber
liegt) liegen jetzt gegen 6000 Mann Militär, um die Rück-
verbindung aufrecht zu erhalten. Dem Vernehmen nach ist auch
für den Militärbezirk von Libau der Mobilmachungsbefehl
angeordnet worden.
Pleschen, 30. Juli.
Ein russisches Schützenregiment ist neu in Kalisch eingetroffen und
hat sich sofort auf Vorposten an die deutsche Grenze be-
geben. Gendarmen zu Fuß und zu Pferde halten die ganze Grenze
gesperrt.
Ostrowo, 30. Juli.
Nach hier aus dem russischen Grenzgebiet angelangten Meldungen
erhielten die dortigen Militärbehörden gestern nachmittag 3 Uhr die
drahtliche Aufforderung, das gesamte militärische Auf-
gebot an der Grenze in Bereitschaft zu halten und vorläufig
die hauptsächlichsten Brücken und die nach Deutschland führenden
Wege zu bewachen.
Die Sicherung der Küsten.
Petersburg, 30. Juli.
Die Seeverwaltung teilt mit, daß die Feuerschiffe vor
Libau, Luserort und Sarytschew von ihren Stand-
orten entfernt worden sind. Der Leuchtturm von
Renscher und die Leuchtfeuer von Röngrund und
Smultongrund sind ausgelöscht worden. Bei Sewastopol
sind alle Feuer und Leuchttürme außerhalb Chersons ausgelöscht
worden. Die Einfahrt nach Sewastopol ist während der Nacht
verboten.
Petersburg, 30. Juli.
Die deutsche und die österreichisch-ungarische Bot-
schaft werden von allen Seiten durch verstärkte Polizei-
truppen zu Pferde und zu Fuß bewacht. Es ist auch ver-
boten, sich auf den gegenüberliegenden Bürgersteigen
aufzuhalten.
Ein deutscher Schritt in Petersburg.
Paris, 30. Juli.
Der "Matin" meldet aus Wien, man erwartet eine Er-
klärung der Absichten Rußlands und glaube, daß
Deutschland morgen in Petersburg einen
Schritt unternehmen wird, um die Absichten
der russischen Regierung zu erfahren.
Die Besprechungen zwischen Berlin - Petersburg.
London, 30. Juli.
Die "Times" betonen daß die Besprechungen zwischenBerlin und Petersburg fortgesetzt würden. Es sei ein
offenes Geheimnis, daß Deutschland sein Bestes tue, um den
Draht zwischen der russischen und der österreichischen
Hauptstadt wieder herzustellen. Der "Standard"
schreibt, man müsse sich darüber klar sein, daß England
sich unter keinerlei Verpflichtungen befinde. Sir
Edward Gray habe noch am 12. Juni im Parlament erklärt, daß
England im Falle eines Bruches zwischen den europäischen
Mächten vollständig freie Hand habe. "Daily Mail"
schreibt: Solange der deutsche Kaiser und der Zar, die beide
in der unmittelbaren Vergangenheit Beweise für ihre
Friedensliebe gegeben haben, in freundschaftlicher
Korrespondenz stehen, kann die Lage nicht als absolut
verzweifelt angesehen werden.
Die militärischen Vorkehrungen in Ostfrankreich.
Genf, 30. Juli.
Hier eingetroffene Genfer Ferienreisende, die gestern abend von
Paris vom Ostbahnhof abfahren wollten, mußten den Lyoner
Bahnhof benutzen. Der Ostbahnhof war militärisch besetzt,
für den Personenverkehr gesperrt und für Truppentransporte
reserviert, für die gegen zwanzig Züge bereit standen.
Auf der ganzen Linie nach
finden Transporte statt.Straßburg, 30. Juli.
An der deutsch-französischen Grenze werden von der
französischen Armee sämtliche Vorsichtsmaßregeln ge-
3. Spalte
troffen. Das Telephon im Grenzhotel auf der Schlucht wurde
heut mittag durch französische Offiziere gesperrt.
Paris, 30. Juli.
Die Agence Havas meldet, daß die Gerüchte, wonach die Regie-
rung die Einberufung eines oder mehrerer Reservisten-
jahrgänge beschlossen hat, unrichtig sind. Die Regierung be-
schränkte sich darauf, die Sicherheitsmaßregeln zu treffen, die durch
die Umstände erforderlich geworden sind.
-
item 5
Nr. 177. XXVI. Jahrgang Berliner Freitag, 31. Juli 1914
M o r g e n = Z e i t u n g
mit
Täglichem Unterhaltungs-Blatt . Illustrierter Moden-Zeitung
Illustrierter Familien-Zeitung . Illustierter Kinder-Zeitung
Haus Feld Garten . Technischer Umschau . Lustiger Ecke
Man abonniert bei allen Reichs-Postanstalten sowie Land-
briefträgern für 1 M. 65 Pf. viertelj. oder 55 Pf. monatl.;
Zustellung durch den Briefträger viertelj. 42 Pf. mehr. Unsere
Agenturen liefern das Blatt für 70 Pf. monatlich frei Haus.
Erscheint täglich, mit Ausnahme der Tage nach den Sonn-
und Feiertagen. Insertionspreis für die Zeile 60 Pf. Kleine
Anzeigen 10 Pf. das Wort; das fette Einleitungswort 20 Pf.
Redaktion und Expedition Berlin 3 W. Jerusalemer Straße 40-43
Die Oesterreicher in Belgrad.
Teilweise Mobilmachung in Rußland. - Militärische Maßnahmen Deutschlands.
1. Spalte
Allen Mächten Europas ist es um eine Lokalisierung des
österreichisch-serbischen Krieges zu tun. Ginge es nach Deutsch-
land, Italien, England und Frankreich, so würde jeder Staats-
bürger dieser Länder in aller Seelenruhe seiner friedlichen
Berufstätigkeit nachgehen können. Nur Rußland macht
die Sache des "kleinen Bruders" zu der seinen, und trifft alle
Anstalten, um ihm, falls es ihm an den Kragen geht, mit
seiner Heeresmacht zu Hilfe zu eilen. Rußland hat die
Mobilmachung von 16 Armeekorps angeordnet.
Es hat diese Maßregeln ergriffen, obwohl Oesterreich wieder-
holt erklärt hat, es gehe nicht auf Territorialerwerb in Serbien
aus, Rußland macht mobil, obwohl es weiß, daß Deutschland
kraft des Bündnisvertrages bei einem Angriff Rußlands auf
Oesterreich sich an die Seite der Doppelmonarchie stellen muß,
weil ein starkes Oesterreich Deutschlands Lebensinteresse ist.
Rußland kann nicht einwenden, seine Mobilisierung richte sich
nur gegen die österreichischen Grenzen und ginge uns nichts
an. Wir müssen aus dem angeführten Grunde jede gegen
Oesterreich gerichtete Droh- und Kriegsaktion als eine
Bedrohung Deutschlands auffassen. Militäri-
sche Vorbereitungen Rußlands müssen notwendigerweise
entsprechende Maßnahmen auf deutscher
Seite zur Folge haben.
*
Einberufung des Reichstags?
Geheimrat Jungheim, der Direktor des Reichstages, hat
einen Urlaub abgebrochen und ist in Berlin einge-
troffen. Der Reichstagspräsident Dr. Kämpf weilt
ebenfalls in der Reichshauptstadt.
Militärische Vorbereitungen in Deutschland.
Regensburg, 30. Juli.
Vom Truppenübungsplatz Grafenwöhr wird ge-
meldet: Um elf Uhr vormittags wurde gestern auf dem Truppen-
übungsplatz durch Meldereiter folgender Befehl bekanntgegeben:
"Uebung sofort abbrechen, einrücken, packen und zur Ab-
reise in die Garnison bereit halten."
Das 2. Fußartillerieregiment in Metz ist sofort abgereist. Das
4. Feldartillerieregiment, das 6. Infanterieregiment, das 9. Feld-
artillerieregiment und das 11. Infanterieregiment werden sogleich in
ihre Garnisonen zurückkehren.
Gestern wurde zum Transport von Truppen ein Leerzug mit
fünfundvierzig Waggons nach dem Truppenübungsplatz
Grafenwöhr gesandt. Die Mitteilungen wurden hier von maß-
gebender Stelle bestätigt.
Leipzig, 30. Juli.
Die Truppen der Leipziger Garnison, die sich auf
Truppenübungsplätzen befanden, sind sämtlich nach Leipzig zurück-
gekehrt. Sämtliche Urlauber der Marine, soweit sie sich
in Sachsen und Thüringen aufhielten, sind bereits am Montag
nach Kiel und Wilhelmshaven zurückbeordert worden und haben
sich sofort nach ihren Standorten begeben.
Dresden, 30. Juli.
Die Offiziere des Dresdener Reitvereins sind zu ihren Regi-
mentern einberufen worden. Auch die beiden Dresdener Grena-
dierregimenter, die am 17. Juli nach Jüterbog zu Uebungen
abgegangen waren, sind wieder in Dresden eingetroffen, ebenso das
Fußartillerieregiment Nr.19, das sich in Thorn zu Schießübungen
befand. Die Reise des Generalstabs des 19. Armeekorps
wurde wegen der Unsicherheit der Lage in Waldheim in Sachsen
unterbrochen. Die Teilnehmer der Reise sind bereits zu ihren
Truppenkörpern eingerückt.
Köln, 30. Juli.
Meldungen vom Truppenübungsplatz Senne zufolge
sind die dort lagernden Truppen plötzlich alamirt (sic) worden, um
in ihre Garnisonen zurückbefördert zu werden. Zum
Schutze der Rheinbrücken, die seit einigen Tagen durch die
mit Karabinern bewaffneten Eisenbahnbeamten bewacht sind, sind
in der verflossenen Nacht militärische Wachen aufgezogen. Im
rheinisch-westfälischen Industriegebiet erhielten ein-
zelne Werke behördlicherseits die Aufforderung, sämtliche Kolli-
wagen der Eisenbahndirektion zur Verfügung zu
stellen.
Russische Automobile in Lothringen angehalten.
Saarbrücken, 30. Juli.
Großes Aufsehen erregt in Saarlouis die Sistierung von zwei
ausländischen Automobilen, deren Führer zwei
Chauffeure und ein Begleiter, in Saarlouis Rast machten und im
Kaiserhofhotel abgestiegen waren, um zu frühstücken. Dem Besitzer
des Hotels kamen die Wagen verdächtig vor, weshalb er die
Polizei benachrichtigte. Diese untersuchte gemeinsam mit einem
Fahrradhändler die Automobile, und hierbei soll festgestellt worden
sein, daß es zwei russische Generalstabswagen waren. Der Be-
gleiter der beiden Chauffeure, der außer russisch auch französisch
sprach, gab an, daß die beiden Wagen dem russischen Groß-
fürsten Nikolaus und einem Fürsten Orlow gehörten,
die sich mit der Bahn von Frankfurt a. M. nach Paris begeben
hätten. Die beiden Chauffeure, der Begleiter sowie die Wagen
wurden angehalten. Man fand darin eine Schreibmaschine,
einen Feldtisch und Feldstühle. Aus Berlin wurde telegraphische
2. Spalte
Weisung erbeten, was mit den Festgenommenen zu geschehen habe.
Bisher ist Antwort nicht eingetroffen.
16 russische Armeekorps mobil.
London, 30. Juli.
Das Reutersche Bureau erfährt, daß gestern abend im
Süden und Südwesten Rußlands eine teil-
weise Mobilmachung angeordnet worden ist.
Die Mobilisierung beschränkt sich auf die militärischen
Bezirke von Kiew, Odessa, Moskau und Kasan.
In jedem Bezirk stehen vier Armeekorps in
Friedensstärke. Durch die Mobilisation werden
16 Armeekorps auf die Stärke von 32 Armee-
korps gebracht. Kasan ist der Zentralbezirk,
von dem aus die Reserven für die Westgrenze
zusammen gezogen werden.
Wie von der russischen Grenze gemeldet wird, ist die Eisen-
bahnbrücke bei Wirbalen (sic) durch russisches Militär
mit Minen belegt worden. In der Umgebung von Wir-
ballen (das auf russischer Seite Eydtkuhnen gegenüber
liegt) liegen jetzt gegen 6000 Mann Militär, um die Rück-
verbindung aufrecht zu erhalten. Dem Vernehmen nach ist auch
für den Militärbezirk von Libau der Mobilmachungsbefehl
angeordnet worden.
Pleschen, 30. Juli.
Ein russisches Schützenregiment ist neu in Kalisch eingetroffen und
hat sich sofort auf Vorposten an die deutsche Grenze be-
geben. Gendarmen zu Fuß und zu Pferde halten die ganze Grenze
gesperrt.
Ostrowo, 30. Juli.
Nach hier aus dem russischen Grenzgebiet angelangten Meldungen
erhielten die dortigen Militärbehörden gestern nachmittag 3 Uhr die
drahtliche Aufforderung, das gesamte militärische Auf-
gebot an der Grenze in Bereitschaft zu halten und vorläufig
die hauptsächlichsten Brücken und die nach Deutschland führenden
Wege zu bewachen.
Die Sicherung der Küsten.
Petersburg, 30. Juli.
Die Seeverwaltung teilt mit, daß die Feuerschiffe vor
Libau, Luserort und Sarytschew von ihren Stand-
orten entfernt worden sind. Der Leuchtturm von
Renscher und die Leuchtfeuer von Röngrund und
Smultongrund sind ausgelöscht worden. Bei Sewastopol
sind alle Feuer und Leuchttürme außerhalb Chersons ausgelöscht
worden. Die Einfahrt nach Sewastopol ist während der Nacht
verboten.
Petersburg, 30. Juli.
Die deutsche und die österreichisch-ungarische Bot-
schaft werden von allen Seiten durch verstärkte Polizei-
truppen zu Pferde und zu Fuß bewacht. Es ist auch ver-
boten, sich auf den gegenüberliegenden Bürgersteigen
aufzuhalten.
Ein deutscher Schritt in Petersburg.
Paris, 30. Juli.
Der "Matin" meldet aus Wien, man erwartet eine Er-
klärung der Absichten Rußlands und glaube, daß
Deutschland morgen in Petersburg einen
Schritt unternehmen wird, um die Absichten
der russischen Regierung zu erfahren.
Die Besprechungen zwischen Berlin - Petersburg.
London, 30. Juli.
Die "Times" betonen daß die Besprechungen zwischenBerlin und Petersburg fortgesetzt würden. Es sei ein
offenes Geheimnis, daß Deutschland sein Bestes tue, um den
Draht zwischen der russischen und der österreichischen
Hauptstadt wieder herzustellen. Der "Standard"
schreibt, man müsse sich darüber klar sein, daß England
sich unter keinerlei Verpflichtungen befinde. Sir
Edward Gray habe noch am 12. Juni im Parlament erklärt, daß
England im Falle eines Bruches zwischen den europäischen
Mächten vollständig freie Hand habe. "Daily Mail"
schreibt: Solange der deutsche Kaiser und der Zar, die beide
in der unmittelbaren Vergangenheit Beweise für ihre
Friedensliebe gegeben haben, in freundschaftlicher
Korrespondenz stehen, kann die Lage nicht als absolut
verzweifelt angesehen werden.
Die militärischen Vorkehrungen in Ostfrankreich.
Genf, 30. Juli.
Hier eingetroffene Genfer Ferienreisende, die gestern abend von
Paris vom Ostbahnhof abfahren wollten, mußten den Lyoner
Bahnhof benutzen. Der Ostbahnhof war militärisch besetzt,
für den Personenverkehr gesperrt und für Truppentransporte
reserviert, für die gegen zwanzig Züge bereit standen.
Auf der ganzen Linie nach
finden Transporte statt.Straßburg, 30. Juli.
An der deutsch-französischen Grenze werden von der
französischen Armee sämtliche Vorsichtsmaßregeln ge-
3. Spalte
troffen. Das Telephon im Grenzhotel auf der Schlucht wurde
heut mittag durch französische Offiziere gesperrt.
-
item 5
Nr. 177. XXVI. Jahrgang Berliner Freitag, 31. Juli 1914
M o r g e n = Z e i t u n g
mit
Täglichem Unterhaltungs-Blatt . Illustrierter Moden-Zeitung
Illustrierter Familien-Zeitung . Illustierter Kinder-Zeitung
Haus Feld Garten . Technischer Umschau . Lustiger Ecke
Man abonniert bei allen Reichs-Postanstalten sowie Land-
briefträgern für 1 M. 65 Pf. viertelj. oder 55 Pf. monatl.;
Zustellung durch den Briefträger viertelj. 42 Pf. mehr. Unsere
Agenturen liefern das Blatt für 70 Pf. monatlich frei Haus.
Erscheint täglich, mit Ausnahme der Tage nach den Sonn-
und Feiertagen. Insertionspreis für die Zeile 60 Pf. Kleine
Anzeigen 10 Pf. das Wort; das fette Einleitungswort 20 Pf.
Redaktion und Expedition Berlin 3 W. Jerusalemer Straße 40-43
Die Oesterreicher in Belgrad.
Teilweise Mobilmachung in Rußland. - Militärische Maßnahmen Deutschlands.
1. Spalte
Allen Mächten Europas ist es um eine Lokalisierung des
österreichisch-serbischen Krieges zu tun. Ginge es nach Deutsch-
land, Italien, England und Frankreich, so würde jeder Staats-
bürger dieser Länder in aller Seelenruhe seiner friedlichen
Berufstätigkeit nachgehen können. Nur Rußland macht
die Sache des "kleinen Bruders" zu der seinen, und trifft alle
Anstalten, um ihm, falls es ihm an den Kragen geht, mit
seiner Heeresmacht zu Hilfe zu eilen. Rußland hat die
Mobilmachung von 16 Armeekorps angeordnet.
Es hat diese Maßregeln ergriffen, obwohl Oesterreich wieder-
holt erklärt hat, es gehe nicht auf Territorialerwerb in Serbien
aus, Rußland macht mobil, obwohl es weiß, daß Deutschland
kraft des Bündnisvertrages bei einem Angriff Rußlands auf
Oesterreich sich an die Seite der Doppelmonarchie stellen muß,
weil ein starkes Oesterreich Deutschlands Lebensinteresse ist.
Rußland kann nicht einwenden, seine Mobilisierung richte sich
nur gegen die österreichischen Grenzen und ginge uns nichts
an. Wir müssen aus dem angeführten Grunde jede gegen
Oesterreich gerichtete Droh- und Kriegsaktion als eine
Bedrohung Deutschlands auffassen. Militäri-
sche Vorbereitungen Rußlands müssen notwendigerweise
entsprechende Maßnahmen auf deutscher
Seite zur Folge haben.
*
Einberufung des Reichstags?
Geheimrat Jungheim, der Direktor des Reichstages, hat
einen Urlaub abgebrochen und ist in Berlin einge-
troffen. Der Reichstagspräsident Dr. Kämpf weilt
ebenfalls in der Reichshauptstadt.
Militärische Vorbereitungen in Deutschland.
Regensburg, 30. Juli.
Vom Truppenübungsplatz Grafenwöhr wird ge-
meldet: Um elf Uhr vormittags wurde gestern auf dem Truppen-
übungsplatz durch Meldereiter folgender Befehl bekanntgegeben:
"Uebung sofort abbrechen, einrücken, packen und zur Ab-
reise in die Garnison bereit halten."
Das 2. Fußartillerieregiment in Metz ist sofort abgereist. Das
4. Feldartillerieregiment, das 6. Infanterieregiment, das 9. Feld-
artillerieregiment und das 11. Infanterieregiment werden sogleich in
ihre Garnisonen zurückkehren.
Gestern wurde zum Transport von Truppen ein Leerzug mit
fünfundvierzig Waggons nach dem Truppenübungsplatz
Grafenwöhr gesandt. Die Mitteilungen wurden hier von maß-
gebender Stelle bestätigt.
Leipzig, 30. Juli.
Die Truppen der Leipziger Garnison, die sich auf
Truppenübungsplätzen befanden, sind sämtlich nach Leipzig zurück-
gekehrt. Sämtliche Urlauber der Marine, soweit sie sich
in Sachsen und Thüringen aufhielten, sind bereits am Montag
nach Kiel und Wilhelmshaven zurückbeordert worden und haben
sich sofort nach ihren Standorten begeben.
Dresden, 30. Juli.
Die Offiziere des Dresdener Reitvereins sind zu ihren Regi-
mentern einberufen worden. Auch die beiden Dresdener Grena-
dierregimenter, die am 17. Juli nach Jüterbog zu Uebungen
abgegangen waren, sind wieder in Dresden eingetroffen, ebenso das
Fußartillerieregiment Nr.19, das sich in Thorn zu Schießübungen
befand. Die Reise des Generalstabs des 19. Armeekorps
wurde wegen der Unsicherheit der Lage in Waldheim in Sachsen
unterbrochen. Die Teilnehmer der Reise sind bereits zu ihren
Truppenkörpern eingerückt.
Köln, 30. Juli.
Meldungen vom Truppenübungsplatz Senne zufolge
sind die dort lagernden Truppen plötzlich alamirt (sic) worden, um
in ihre Garnisonen zurückbefördert zu werden. Zum
Schutze der Rheinbrücken, die seit einigen Tagen durch die
mit Karabinern bewaffneten Eisenbahnbeamten bewacht sind, sind
in der verflossenen Nacht militärische Wachen aufgezogen. Im
rheinisch-westfälischen Industriegebiet erhielten ein-
zelne Werke behördlicherseits die Aufforderung, sämtliche Kolli-
wagen der Eisenbahndirektion zur Verfügung zu
stellen.
Russische Automobile in Lothringen angehalten.
Saarbrücken, 30. Juli.
Großes Aufsehen erregt in Saarlouis die Sistierung von zwei
ausländischen Automobilen, deren Führer zwei
Chauffeure und ein Begleiter, in Saarlouis Rast machten und im
Kaiserhofhotel abgestiegen waren, um zu frühstücken. Dem Besitzer
des Hotels kamen die Wagen verdächtig vor, weshalb er die
Polizei benachrichtigte. Diese untersuchte gemeinsam mit einem
Fahrradhändler die Automobile, und hierbei soll festgestellt worden
sein, daß es zwei russische Generalstabswagen waren. Der Be-
gleiter der beiden Chauffeure, der außer russisch auch französisch
sprach, gab an, daß die beiden Wagen dem russischen Groß-
fürsten Nikolaus und einem Fürsten Orlow gehörten,
die sich mit der Bahn von Frankfurt a. M. nach Paris begeben
hätten. Die beiden Chauffeure, der Begleiter sowie die Wagen
wurden angehalten. Man fand darin eine Schreibmaschine,
einen Feldtisch und Feldstühle. Aus Berlin wurde telegraphische
2. Spalte
Weisung erbeten, was mit den Festgenommenen zu geschehen habe.
Bisher ist Antwort nicht eingetroffen.
16 russische Armeekorps mobil.
London, 30. Juli.
Das Reutersche Bureau erfährt, daß gestern abend im
Süden und Südwesten Rußlands eine teil-
weise Mobilmachung angeordnet worden ist.
Die Mobilisierung beschränkt sich auf die militärischen
Bezirke von Kiew, Odessa, Moskau und Kasan.
In jedem Bezirk stehen vier Armeekorps in
Friedensstärke. Durch die Mobilisation werden
16 Armeekorps auf die Stärke von 32 Armee-
korps gebracht. Kasan ist der Zentralbezirk,
von dem aus die Reserven für die Westgrenze
zusammen gezogen werden.
Wie von der russischen Grenze gemeldet wird, ist die Eisen-
bahnbrücke bei Wirbalen (sic) durch russisches Militär
mit Minen belegt worden. In der Umgebung von Wir-
ballen (das auf russischer Seite Eydtkuhnen gegenüber
liegt) liegen jetzt gegen 6000 Mann Militär, um die Rück-
verbindung aufrecht zu erhalten. Dem Vernehmen nach ist auch
für den Militärbezirk von Libau der Mobilmachungsbefehl
angeordnet worden.
Pleschen, 30. Juli.
Ein russisches Schützenregiment ist neu in Kalisch eingetroffen und
hat sich sofort auf Vorposten an die deutsche Grenze be-
geben. Gendarmen zu Fuß und zu Pferde halten die ganze Grenze
gesperrt.
Ostrowo, 30. Juli.
Nach hier aus dem russischen Grenzgebiet angelangten Meldungen
erhielten die dortigen Militärbehörden gestern nachmittag 3 Uhr die
drahtliche Aufforderung, das gesamte militärische Auf-
gebot an der Grenze in Bereitschaft zu halten und vorläufig
die hauptsächlichsten Brücken und die nach Deutschland führenden
Wege zu bewachen.
Die Sicherung der Küsten.
Petersburg, 30. Juli.
Die Seeverwaltung teilt mit, daß die Feuerschiffe vor
Libau, Luserort und Sarytschew von ihren Stand-
orten entfernt worden sind. Der Leuchtturm von
Renscher und die Leuchtfeuer von Röngrund und
Smultongrund sind ausgelöscht worden. Bei Sewastopol
sind alle Feuer und Leuchttürme außerhalb Chersons ausgelöscht
worden. Die Einfahrt nach Sewastopol ist während der Nacht
verboten.
Petersburg, 30. Juli.
Die deutsche und die österreichisch-ungarische Bot-
schaft werden von allen Seiten durch verstärkte Polizei-
truppen zu Pferde und zu Fuß bewacht. Es ist auch ver-
boten, sich auf den gegenüberliegenden Bürgersteigen
aufzuhalten.
Ein deutscher Schritt in Petersburg.
Paris, 30. Juli.
Der "Matin" meldet aus Wien, man erwartet eine Er-
klärung der Absichten Rußlands und glaube, daß
Deutschland morgen in Petersburg einen
Schritt unternehmen wird, um die Absichten
der russischen Regierung zu erfahren.
Die Besprechungen zwischen Berlin - Petersburg.
London, 30. Juli.
Die "Times" betonen daß die Besprechungen zwischenBerlin und Petersburg fortgesetzt würden. Es sei ein
offenes Geheimnis, daß Deutschland sein Bestes tue, um den
Draht zwischen der russischen und der österreichischen
Hauptstadt wieder herzustellen. Der "Standard"
schreibt, man müsse sich darüber klar sein, daß England
sich unter keinerlei Verpflichtungen befinde. Sir
Edward Gray habe noch am 12. Juni im Parlament erklärt, daß
England im Falle eines Bruches zwischen den europäischen
Mächten vollständig freie Hand habe. "Daily Mail"
schreibt: Solange der deutsche Kaiser und der Zar, die beide
in der unmittelbaren Vergangenheit Beweise für ihre
Friedensliebe gegeben haben, in freundschaftlicher
Korrespondenz stehen, kann die Lage nicht als absolut
verzweifelt angesehen werden.
Die militärischen Vorkehrungen in Ostfrankreich.
Genf, 30. Juli.
Hier eingetroffene Genfer Ferienreisende, die gestern abend von
Paris vom Ostbahnhof abfahren wollten, mußten den Lyoner
Bahnhof benutzen. Der Ostbahnhof war militärisch besetzt,
für den Personenverkehr gesperrt und für Truppentransporte
reserviert, für die gegen zwanzig Züge bereit standen.
Auf der ganzen Linie nach
finden Transporte statt.Straßburg, 30. Juli.
An der deutsch-französischen Grenze werden von der
französischen Armee sämtliche Vorsichtsmaßregeln ge-
-
item 5
Nr. 177. XXVI. Jahrgang Berliner Freitag, 31. Juli 1914
M o r g e n = Z e i t u n g
mit
Täglichem Unterhaltungs-Blatt . Illustrierter Moden-Zeitung
Illustrierter Familien-Zeitung . Illustierter Kinder-Zeitung
Haus Feld Garten . Technischer Umschau . Lustiger Ecke
Man abonniert bei allen Reichs-Postanstalten sowie Land-
briefträgern für 1 M. 65 Pf. viertelj. oder 55 Pf. monatl.;
Zustellung durch den Briefträger viertelj. 42 Pf. mehr. Unsere
Agenturen liefern das Blatt für 70 Pf. monatlich frei Haus.
Erscheint täglich, mit Ausnahme der Tage nach den Sonn-
und Feiertagen. Insertionspreis für die Zeile 60 Pf. Kleine
Anzeigen 10 Pf. das Wort; das fette Einleitungswort 20 Pf.
Redaktion und Expedition Berlin 3 W. Jerusalemer Straße 40-43
Die Oesterreicher in Belgrad.
Teilweise Mobilmachung in Rußland. - Militärische Maßnahmen Deutschlands.
1. Spalte
Allen Mächten Europas ist es um eine Lokalisierung des
österreichisch-serbischen Krieges zu tun. Ginge es nach Deutsch-
land, Italien, England und Frankreich, so würde jeder Staats-
bürger dieser Länder in aller Seelenruhe seiner friedlichen
Berufstätigkeit nachgehen können. Nur Rußland macht
die Sache des "kleinen Bruders" zu der seinen, und trifft alle
Anstalten, um ihm, falls es ihm an den Kragen geht, mit
seiner Heeresmacht zu Hilfe zu eilen. Rußland hat die
Mobilmachung von 16 Armeekorps angeordnet.
Es hat diese Maßregeln ergriffen, obwohl Oesterreich wieder-
holt erklärt hat, es gehe nicht auf Territorialerwerb in Serbien
aus, Rußland macht mobil, obwohl es weiß, daß Deutschland
kraft des Bündnisvertrages bei einem Angriff Rußlands auf
Oesterreich sich an die Seite der Doppelmonarchie stellen muß,
weil ein starkes Oesterreich Deutschlands Lebensinteresse ist.
Rußland kann nicht einwenden, seine Mobilisierung richte sich
nur gegen die österreichischen Grenzen und ginge uns nichts
an. Wir müssen aus dem angeführten Grunde jede gegen
Oesterreich gerichtete Droh- und Kriegsaktion als eine
Bedrohung Deutschlands auffassen. Militäri-
sche Vorbereitungen Rußlands müssen notwendigerweise
entsprechende Maßnahmen auf deutscher
Seite zur Folge haben.
*
Einberufung des Reichstags?
Geheimrat Jungheim, der Direktor des Reichstages, hat
einen Urlaub abgebrochen und ist in Berlin einge-
troffen. Der Reichstagspräsident Dr. Kämpf weilt
ebenfalls in der Reichshauptstadt.
Militärische Vorbereitungen in Deutschland.
Regensburg, 30. Juli.
Vom Truppenübungsplatz Grafenwöhr wird ge-
meldet: Um elf Uhr vormittags wurde gestern auf dem Truppen-
übungsplatz durch Meldereiter folgender Befehl bekanntgegeben:
"Uebung sofort abbrechen, einrücken, packen und zur Ab-
reise in die Garnison bereit halten."
Das 2. Fußartillerieregiment in Metz ist sofort abgereist. Das
4. Feldartillerieregiment, das 6. Infanterieregiment, das 9. Feld-
artillerieregiment und das 11. Infanterieregiment werden sogleich in
ihre Garnisonen zurückkehren.
Gestern wurde zum Transport von Truppen ein Leerzug mit
fünfundvierzig Waggons nach dem Truppenübungsplatz
Grafenwöhr gesandt. Die Mitteilungen wurden hier von maß-
gebender Stelle bestätigt.
Leipzig, 30. Juli.
Die Truppen der Leipziger Garnison, die sich auf
Truppenübungsplätzen befanden, sind sämtlich nach Leipzig zurück-
gekehrt. Sämtliche Urlauber der Marine, soweit sie sich
in Sachsen und Thüringen aufhielten, sind bereits am Montag
nach Kiel und Wilhelmshaven zurückbeordert worden und haben
sich sofort nach ihren Standorten begeben.
Dresden, 30. Juli.
Die Offiziere des Dresdener Reitvereins sind zu ihren Regi-
mentern einberufen worden. Auch die beiden Dresdener Grena-
dierregimenter, die am 17. Juli nach Jüterbog zu Uebungen
abgegangen waren, sind wieder in Dresden eingetroffen, ebenso das
Fußartillerieregiment Nr.19, das sich in Thorn zu Schießübungen
befand. Die Reise des Generalstabs des 19. Armeekorps
wurde wegen der Unsicherheit der Lage in Waldheim in Sachsen
unterbrochen. Die Teilnehmer der Reise sind bereits zu ihren
Truppenkörpern eingerückt.
Köln, 30. Juli.
Meldungen vom Truppenübungsplatz Senne zufolge
sind die dort lagernden Truppen plötzlich alamirt (sic) worden, um
in ihre Garnisonen zurückbefördert zu werden. Zum
Schutze der Rheinbrücken, die seit einigen Tagen durch die
mit Karabinern bewaffneten Eisenbahnbeamten bewacht sind, sind
in der verflossenen Nacht militärische Wachen aufgezogen. Im
rheinisch-westfälischen Industriegebiet erhielten ein-
zelne Werke behördlicherseits die Aufforderung, sämtliche Kolli-
wagen der Eisenbahndirektion zur Verfügung zu
stellen.
Russische Automobile in Lothringen angehalten.
Saarbrücken, 30. Juli.
Großes Aufsehen erregt in Saarlouis die Sistierung von zwei
ausländischen Automobilen, deren Führer zwei
Chauffeure und ein Begleiter, in Saarlouis Rast machten und im
Kaiserhofhotel abgestiegen waren, um zu frühstücken. Dem Besitzer
des Hotels kamen die Wagen verdächtig vor, weshalb er die
Polizei benachrichtigte. Diese untersuchte gemeinsam mit einem
Fahrradhändler die Automobile, und hierbei soll festgestellt worden
sein, daß es zwei russische Generalstabswagen waren. Der Be-
gleiter der beiden Chauffeure, der außer russisch auch französisch
sprach, gab an, daß die beiden Wagen dem russischen Groß-
fürsten Nikolaus und einem Fürsten Orlow gehörten,
die sich mit der Bahn von Frankfurt a. M. nach Paris begeben
hätten. Die beiden Chauffeure, der Begleiter sowie die Wagen
wurden angehalten. Man fand darin eine Schreibmaschine,
einen Feldtisch und Feldstühle. Aus Berlin wurde telegraphische
2. Spalte
Weisung erbeten, was mit den Festgenommenen zu geschehen habe.
Bisher ist Antwort nicht eingetroffen.
16 russische Armeekorps mobil.
London, 30. Juli.
Das Reutersche Bureau erfährt, daß gestern abend im
Süden und Südwesten Rußlands eine teil-
weise Mobilmachung angeordnet worden ist.
Die Mobilisierung beschränkt sich auf die militärischen
Bezirke von Kiew, Odessa, Moskau und Kasan.
In jedem Bezirk stehen vier Armeekorps in
Friedensstärke. Durch die Mobilisation werden
16 Armeekorps auf die Stärke von 32 Armee-
korps gebracht. Kasan ist der Zentralbezirk,
von dem aus die Reserven für die Westgrenze
zusammen gezogen werden.
Wie von der russischen Grenze gemeldet wird, ist die Eisen-
bahnbrücke bei Wirbalen (sic) durch russisches Militär
mit Minen belegt worden. In der Umgebung von Wir-
ballen (das auf russischer Seite Eydtkuhnen gegenüber
liegt) liegen jetzt gegen 6000 Mann Militär, um die Rück-
verbindung aufrecht zu erhalten. Dem Vernehmen nach ist auch
für den Militärbezirk von Libau der Mobilmachungsbefehl
angeordnet worden.
Pleschen, 30. Juli.
Ein russisches Schützenregiment ist neu in Kalisch eingetroffen und
hat sich sofort auf Vorposten an die deutsche Grenze be-
geben. Gendarmen zu Fuß und zu Pferde halten die ganze Grenze
gesperrt.
Ostrowo, 30. Juli.
Nach hier aus dem russischen Grenzgebiet angelangten Meldungen
erhielten die dortigen Militärbehörden gestern nachmittag 3 Uhr die
drahtliche Aufforderung, das gesamte militärische Auf-
gebot an der Grenze in Bereitschaft zu halten und vorläufig
die hauptsächlichsten Brücken und die nach Deutschland führenden
Wege zu bewachen.
Die Sicherung der Küsten.
Petersburg, 30. Juli.
Die Seeverwaltung teilt mit, daß die Feuerschiffe vor
Libau, Luserort und Sarytschew von ihren Stand-
orten entfernt worden sind. Der Leuchtturm von
Renscher und die Leuchtfeuer von Röngrund und
Smultongrund sind ausgelöscht worden. Bei Sewastopol
sind alle Feuer und Leuchttürme außerhalb Chersons ausgelöscht
worden. Die Einfahrt nach Sewastopol ist während der Nacht
verboten.
Petersburg, 30. Juli.
Die deutsche und die österreichisch-ungarische Bot-
schaft werden von allen Seiten durch verstärkte Polizei-
truppen zu Pferde und zu Fuß bewacht. Es ist auch ver-
boten, sich auf den gegenüberliegenden Bürgersteigen
aufzuhalten.
Ein deutscher Schritt in Petersburg.
Paris, 30. Juli.
Der "Matin" meldet aus Wien, man erwartet eine Er-
klärung der Absichten Rußlands und glaube, daß
Deutschland morgen in Petersburg einen
Schritt unternehmen wird, um die Absichten
der russischen Regierung zu erfahren.
Die Besprechungen zwischen Berlin - Petersburg.
London, 30. Juli.
Die "Times" betonen daß die Besprechungen zwischenBerlin und Petersburg fortgesetzt würden. Es sei ein
offenes Geheimnis, daß Deutschland sein Bestes tue, um den
Draht zwischen der russischen und der österreichischen
Hauptstadt wieder herzustellen. Der "Standard"
schreibt, man müsse sich darüber klar sein, daß England
sich unter keinerlei Verpflichtungen befinde. Sir
Edward Gray habe noch am 12. Juni im Parlament erklärt, daß
England im Falle eines Bruches zwischen den europäischen
Mächten vollständig freie Hand habe. "Daily Mail"
schreibt: Solange der deutsche Kaiser und der Zar, die beide
in der unmittelbaren Vergangenheit Beweise für ihre
Friedensliebe gegeben haben, in freundschaftlicher
Korrespondenz stehen, kann die Lage nicht als absolut
verzweifelt angesehen werden.
-
item 5
Nr. 177. XXVI. Jahrgang Berliner Freitag, 31. Juli 1914
M o r g e n = Z e i t u n g
mit
Täglichem Unterhaltungs-Blatt . Illustrierter Moden-Zeitung
Illustrierter Familien-Zeitung . Illustierter Kinder-Zeitung
Haus Feld Garten . Technischer Umschau . Lustiger Ecke
Man abonniert bei allen Reichs-Postanstalten sowie Land-
briefträgern für 1 M. 65 Pf. viertelj. oder 55 Pf. monatl.;
Zustellung durch den Briefträger viertelj. 42 Pf. mehr. Unsere
Agenturen liefern das Blatt für 70 Pf. monatlich frei Haus.
Erscheint täglich, mit Ausnahme der Tage nach den Sonn-
und Feiertagen. Insertionspreis für die Zeile 60 Pf. Kleine
Anzeigen 10 Pf. das Wort; das fette Einleitungswort 20 Pf.
Redaktion und Expedition Berlin 3 W. Jerusalemer Straße 40-43
Die Oesterreicher in Belgrad.
Teilweise Mobilmachung in Rußland. - Militärische Maßnahmen Deutschlands.
1. Spalte
Allen Mächten Europas ist es um eine Lokalisierung des
österreichisch-serbischen Krieges zu tun. Ginge es nach Deutsch-
land, Italien, England und Frankreich, so würde jeder Staats-
bürger dieser Länder in aller Seelenruhe seiner friedlichen
Berufstätigkeit nachgehen können. Nur Rußland macht
die Sache des "kleinen Bruders" zu der seinen, und trifft alle
Anstalten, um ihm, falls es ihm an den Kragen geht, mit
seiner Heeresmacht zu Hilfe zu eilen. Rußland hat die
Mobilmachung von 16 Armeekorps angeordnet.
Es hat diese Maßregeln ergriffen, obwohl Oesterreich wieder-
holt erklärt hat, es gehe nicht auf Territorialerwerb in Serbien
aus, Rußland macht mobil, obwohl es weiß, daß Deutschland
kraft des Bündnisvertrages bei einem Angriff Rußlands auf
Oesterreich sich an die Seite der Doppelmonarchie stellen muß,
weil ein starkes Oesterreich Deutschlands Lebensinteresse ist.
Rußland kann nicht einwenden, seine Mobilisierung richte sich
nur gegen die österreichischen Grenzen und ginge uns nichts
an. Wir müssen aus dem angeführten Grunde jede gegen
Oesterreich gerichtete Droh- und Kriegsaktion als eine
Bedrohung Deutschlands auffassen. Militäri-
sche Vorbereitungen Rußlands müssen notwendigerweise
entsprechende Maßnahmen auf deutscher
Seite zur Folge haben.
*
Einberufung des Reichstags?
Geheimrat Jungheim, der Direktor des Reichstages, hat
einen Urlaub abgebrochen und ist in Berlin einge-
troffen. Der Reichstagspräsident Dr. Kämpf weilt
ebenfalls in der Reichshauptstadt.
Militärische Vorbereitungen in Deutschland.
Regensburg, 30. Juli.
Vom Truppenübungsplatz Grafenwöhr wird ge-
meldet: Um elf Uhr vormittags wurde gestern auf dem Truppen-
übungsplatz durch Meldereiter folgender Befehl bekanntgegeben:
"Uebung sofort abbrechen, einrücken, packen und zur Ab-
reise in die Garnison bereit halten."
Das 2. Fußartillerieregiment in Metz ist sofort abgereist. Das
4. Feldartillerieregiment, das 6. Infanterieregiment, das 9. Feld-
artillerieregiment und das 11. Infanterieregiment werden sogleich in
ihre Garnisonen zurückkehren.
Gestern wurde zum Transport von Truppen ein Leerzug mit
fünfundvierzig Waggons nach dem Truppenübungsplatz
Grafenwöhr gesandt. Die Mitteilungen wurden hier von maß-
gebender Stelle bestätigt.
Leipzig, 30. Juli.
Die Truppen der Leipziger Garnison, die sich auf
Truppenübungsplätzen befanden, sind sämtlich nach Leipzig zurück-
gekehrt. Sämtliche Urlauber der Marine, soweit sie sich
in Sachsen und Thüringen aufhielten, sind bereits am Montag
nach Kiel und Wilhelmshaven zurückbeordert worden und haben
sich sofort nach ihren Standorten begeben.
Dresden, 30. Juli.
Die Offiziere des Dresdener Reitvereins sind zu ihren Regi-
mentern einberufen worden. Auch die beiden Dresdener Grena-
dierregimenter, die am 17. Juli nach Jüterbog zu Uebungen
abgegangen waren, sind wieder in Dresden eingetroffen, ebenso das
Fußartillerieregiment Nr.19, das sich in Thorn zu Schießübungen
befand. Die Reise des Generalstabs des 19. Armeekorps
wurde wegen der Unsicherheit der Lage in Waldheim in Sachsen
unterbrochen. Die Teilnehmer der Reise sind bereits zu ihren
Truppenkörpern eingerückt.
Köln, 30. Juli.
Meldungen vom Truppenübungsplatz Senne zufolge
sind die dort lagernden Truppen plötzlich alamirt (sic) worden, um
in ihre Garnisonen zurückbefördert zu werden. Zum
Schutze der Rheinbrücken, die seit einigen Tagen durch die
mit Karabinern bewaffneten Eisenbahnbeamten bewacht sind, sind
in der verflossenen Nacht militärische Wachen aufgezogen. Im
rheinisch-westfälischen Industriegebiet erhielten ein-
zelne Werke behördlicherseits die Aufforderung, sämtliche Kolli-
wagen der Eisenbahndirektion zur Verfügung zu
stellen.
Russische Automobile in Lothringen angehalten.
Saarbrücken, 30. Juli.
Großes Aufsehen erregt in Saarlouis die Sistierung von zwei
ausländischen Automobilen, deren Führer zwei
Chauffeure und ein Begleiter, in Saarlouis Rast machten und im
Kaiserhofhotel abgestiegen waren, um zu frühstücken. Dem Besitzer
des Hotels kamen die Wagen verdächtig vor, weshalb er die
Polizei benachrichtigte. Diese untersuchte gemeinsam mit einem
Fahrradhändler die Automobile, und hierbei soll festgestellt worden
sein, daß es zwei russische Generalstabswagen waren. Der Be-
gleiter der beiden Chauffeure, der außer russisch auch französisch
sprach, gab an, daß die beiden Wagen dem russischen Groß-
fürsten Nikolaus und einem Fürsten Orlow gehörten,
die sich mit der Bahn von Frankfurt a. M. nach Paris begeben
hätten. Die beiden Chauffeure, der Begleiter sowie die Wagen
wurden angehalten. Man fand darin eine Schreibmaschine,
einen Feldtisch und Feldstühle. Aus Berlin wurde telegraphische
2. Spalte
Weisung erbeten, was mit den Festgenommenen zu geschehen habe.
Bisher ist Antwort nicht eingetroffen.
16 russische Armeekorps mobil.
London, 30. Juli.
Das Reutersche Bureau erfährt, daß gestern abend im
Süden und Südwesten Rußlands eine teil-
weise Mobilmachung angeordnet worden ist.
Die Mobilisierung beschränkt sich auf die militärischen
Bezirke von Kiew, Odessa, Moskau und Kasan.
In jedem Bezirk stehen vier Armeekorps in
Friedensstärke. Durch die Mobilisation werden
16 Armeekorps auf die Stärke von 32 Armee-
korps gebracht. Kasan ist der Zentralbezirk,
von dem aus die Reserven für die Westgrenze
zusammen gezogen werden.
Wie von der russischen Grenze gemeldet wird, ist die Eisen-
bahnbrücke bei Wirbalen (sic) durch russisches Militär
mit Minen belegt worden. In der Umgebung von Wir-
ballen (das auf russischer Seite Eydtkuhnen gegenüber
liegt) liegen jetzt gegen 6000 Mann Militär, um die Rück-
verbindung aufrecht zu erhalten. Dem Vernehmen nach ist auch
für den Militärbezirk von Libau der Mobilmachungsbefehl
angeordnet worden.
Pleschen, 30. Juli.
Ein russisches Schützenregiment ist neu in Kalisch eingetroffen und
hat sich sofort auf Vorposten an die deutsche Grenze be-
geben. Gendarmen zu Fuß und zu Pferde halten die ganze Grenze
gesperrt.
Ostrowo, 30. Juli.
Nach hier aus dem russischen Grenzgebiet angelangten Meldungen
erhielten die dortigen Militärbehörden gestern nachmittag 3 Uhr die
drahtliche Aufforderung, das gesamte militärische Auf-
gebot an der Grenze in Bereitschaft zu halten und vorläufig
die hauptsächlichsten Brücken und die nach Deutschland führenden
Wege zu bewachen.
Die Sicherung der Küsten.
Petersburg, 30. Juli.
Die Seeverwaltung teilt mit, daß die Feuerschiffe vor
Libau, Luserort und Sarytschew von ihren Stand-
orten entfernt worden sind. Der Leuchtturm von
Renscher und die Leuchtfeuer von Röngrund und
Smultongrund sind ausgelöscht worden. Bei Sewastopol
sind alle Feuer und Leuchttürme außerhalb Chersons ausgelöscht
worden. Die Einfahrt nach Sewastopol ist während der Nacht
verboten.
Petersburg, 30. Juli.
Die deutsche und die österreichisch-ungarische Bot-
schaft werden von allen Seiten durch verstärkte Polizei-
truppen zu Pferde und zu Fuß bewacht. Es ist auch ver-
boten, sich auf den gegenüberliegenden Bürgersteigen
aufzuhalten.
Ein deutscher Schritt in Petersburg.
Paris, 30. Juli.
Der "Matin" meldet aus Wien, man erwartet eine Er-
klärung der Absichten Rußlands und glaube, daß
Deutschland morgen in Petersburg einen
Schritt unternehmen wird, um die Absichten
der russischen Regierung zu erfahren.
-
item 5
Nr. 177. XXVI. Jahrgang Berliner Freitag, 31. Juli 1914
M o r g e n = Z e i t u n g
mit
Täglichem Unterhaltungs-Blatt . Illustrierter Moden-Zeitung
Illustrierter Familien-Zeitung . Illustierter Kinder-Zeitung
Haus Feld Garten . Technischer Umschau . Lustiger Ecke
Man abonniert bei allen Reichs-Postanstalten sowie Land-
briefträgern für 1 M. 65 Pf. viertelj. oder 55 Pf. monatl.;
Zustellung durch den Briefträger viertelj. 42 Pf. mehr. Unsere
Agenturen liefern das Blatt für 70 Pf. monatlich frei Haus.
Erscheint täglich, mit Ausnahme der Tage nach den Sonn-
und Feiertagen. Insertionspreis für die Zeile 60 Pf. Kleine
Anzeigen 10 Pf. das Wort; das fette Einleitungswort 20 Pf.
Redaktion und Expedition Berlin 3 W. Jerusalemer Straße 40-43
Die Oesterreicher in Belgrad.
Teilweise Mobilmachung in Rußland. - Militärische Maßnahmen Deutschlands.
1. Spalte
Allen Mächten Europas ist es um eine Lokalisierung des
österreichisch-serbischen Krieges zu tun. Ginge es nach Deutsch-
land, Italien, England und Frankreich, so würde jeder Staats-
bürger dieser Länder in aller Seelenruhe seiner friedlichen
Berufstätigkeit nachgehen können. Nur Rußland macht
die Sache des "kleinen Bruders" zu der seinen, und trifft alle
Anstalten, um ihm, falls es ihm an den Kragen geht, mit
seiner Heeresmacht zu Hilfe zu eilen. Rußland hat die
Mobilmachung von 16 Armeekorps angeordnet.
Es hat diese Maßregeln ergriffen, obwohl Oesterreich wieder-
holt erklärt hat, es gehe nicht auf Territorialerwerb in Serbien
aus, Rußland macht mobil, obwohl es weiß, daß Deutschland
kraft des Bündnisvertrages bei einem Angriff Rußlands auf
Oesterreich sich an die Seite der Doppelmonarchie stellen muß,
weil ein starkes Oesterreich Deutschlands Lebensinteresse ist.
Rußland kann nicht einwenden, seine Mobilisierung richte sich
nur gegen die österreichischen Grenzen und ginge uns nichts
an. Wir müssen aus dem angeführten Grunde jede gegen
Oesterreich gerichtete Droh- und Kriegsaktion als eine
Bedrohung Deutschlands auffassen. Militäri-
sche Vorbereitungen Rußlands müssen notwendigerweise
entsprechende Maßnahmen auf deutscher
Seite zur Folge haben.
*
Einberufung des Reichstags?
Geheimrat Jungheim, der Direktor des Reichstages, hat
einen Urlaub abgebrochen und ist in Berlin einge-
troffen. Der Reichstagspräsident Dr. Kämpf weilt
ebenfalls in der Reichshauptstadt.
Militärische Vorbereitungen in Deutschland.
Regensburg, 30. Juli.
Vom Truppenübungsplatz Grafenwöhr wird ge-
meldet: Um elf Uhr vormittags wurde gestern auf dem Truppen-
übungsplatz durch Meldereiter folgender Befehl bekanntgegeben:
"Uebung sofort abbrechen, einrücken, packen und zur Ab-
reise in die Garnison bereit halten."
Das 2. Fußartillerieregiment in Metz ist sofort abgereist. Das
4. Feldartillerieregiment, das 6. Infanterieregiment, das 9. Feld-
artillerieregiment und das 11. Infanterieregiment werden sogleich in
ihre Garnisonen zurückkehren.
Gestern wurde zum Transport von Truppen ein Leerzug mit
fünfundvierzig Waggons nach dem Truppenübungsplatz
Grafenwöhr gesandt. Die Mitteilungen wurden hier von maß-
gebender Stelle bestätigt.
Leipzig, 30. Juli.
Die Truppen der Leipziger Garnison, die sich auf
Truppenübungsplätzen befanden, sind sämtlich nach Leipzig zurück-
gekehrt. Sämtliche Urlauber der Marine, soweit sie sich
in Sachsen und Thüringen aufhielten, sind bereits am Montag
nach Kiel und Wilhelmshaven zurückbeordert worden und haben
sich sofort nach ihren Standorten begeben.
Dresden, 30. Juli.
Die Offiziere des Dresdener Reitvereins sind zu ihren Regi-
mentern einberufen worden. Auch die beiden Dresdener Grena-
dierregimenter, die am 17. Juli nach Jüterbog zu Uebungen
abgegangen waren, sind wieder in Dresden eingetroffen, ebenso das
Fußartillerieregiment Nr.19, das sich in Thorn zu Schießübungen
befand. Die Reise des Generalstabs des 19. Armeekorps
wurde wegen der Unsicherheit der Lage in Waldheim in Sachsen
unterbrochen. Die Teilnehmer der Reise sind bereits zu ihren
Truppenkörpern eingerückt.
Köln, 30. Juli.
Meldungen vom Truppenübungsplatz Senne zufolge
sind die dort lagernden Truppen plötzlich alamirt (sic) worden, um
in ihre Garnisonen zurückbefördert zu werden. Zum
Schutze der Rheinbrücken, die seit einigen Tagen durch die
mit Karabinern bewaffneten Eisenbahnbeamten bewacht sind, sind
in der verflossenen Nacht militärische Wachen aufgezogen. Im
rheinisch-westfälischen Industriegebiet erhielten ein-
zelne Werke behördlicherseits die Aufforderung, sämtliche Kolli-
wagen der Eisenbahndirektion zur Verfügung zu
stellen.
Russische Automobile in Lothringen angehalten.
Saarbrücken, 30. Juli.
Großes Aufsehen erregt in Saarlouis die Sistierung von zwei
ausländischen Automobilen, deren Führer zwei
Chauffeure und ein Begleiter, in Saarlouis Rast machten und im
Kaiserhofhotel abgestiegen waren, um zu frühstücken. Dem Besitzer
des Hotels kamen die Wagen verdächtig vor, weshalb er die
Polizei benachrichtigte. Diese untersuchte gemeinsam mit einem
Fahrradhändler die Automobile, und hierbei soll festgestellt worden
sein, daß es zwei russische Generalstabswagen waren. Der Be-
gleiter der beiden Chauffeure, der außer russisch auch französisch
sprach, gab an, daß die beiden Wagen dem russischen Groß-
fürsten Nikolaus und einem Fürsten Orlow gehörten,
die sich mit der Bahn von Frankfurt a. M. nach Paris begeben
hätten. Die beiden Chauffeure, der Begleiter sowie die Wagen
wurden angehalten. Man fand darin eine Schreibmaschine,
einen Feldtisch und Feldstühle. Aus Berlin wurde telegraphische
2. Spalte
Weisung erbeten, was mit den Festgenommenen zu geschehen habe.
Bisher ist Antwort nicht eingetroffen.
16 russische Armeekorps mobil.
London, 30. Juli.
Das Reutersche Bureau erfährt, daß gestern abend im
Süden und Südwesten Rußlands eine teil-
weise Mobilmachung angeordnet worden ist.
Die Mobilisierung beschränkt sich auf die militärischen
Bezirke von Kiew, Odessa, Moskau und Kasan.
In jedem Bezirk stehen vier Armeekorps in
Friedensstärke. Durch die Mobilisation werden
16 Armeekorps auf die Stärke von 32 Armee-
korps gebracht. Kasan ist der Zentralbezirk,
von dem aus die Reserven für die Westgrenze
zusammen gezogen werden.
Wie von der russischen Grenze gemeldet wird, ist die Eisen-
bahnbrücke bei Wirbalen (sic) durch russisches Militär
mit Minen belegt worden. In der Umgebung von Wir-
ballen (das auf russischer Seite Eydtkuhnen gegenüber
liegt) liegen jetzt gegen 6000 Mann Militär, um die Rück-
verbindung aufrecht zu erhalten. Dem Vernehmen nach ist auch
für den Militärbezirk von Libau der Mobilmachungsbefehl
angeordnet worden.
Pleschen, 30. Juli.
Ein russisches Schützenregiment ist neu in Kalisch eingetroffen und
hat sich sofort auf Vorposten an die deutsche Grenze be-
geben. Gendarmen zu Fuß und zu Pferde halten die ganze Grenze
gesperrt.
Ostrowo, 30. Juli.
Nach hier aus dem russischen Grenzgebiet angelangten Meldungen
erhielten die dortigen Militärbehörden gestern nachmittag 3 Uhr die
drahtliche Aufforderung, das gesamte militärische Auf-
gebot an der Grenze in Bereitschaft zu halten und vorläufig
die hauptsächlichsten Brücken und die nach Deutschland führenden
Wege zu bewachen.
Die Sicherung der Küsten.
Petersburg, 30. Juli.
Die Seeverwaltung teilt mit, daß die Feuerschiffe vor
Libau, Luserort und Sarytschew von ihren Stand-
orten entfernt worden sind. Der Leuchtturm von
Renscher und die Leuchtfeuer von Röngrund und
Smultongrund sind ausgelöscht worden. Bei Sewastopol
sind alle Feuer und Leuchttürme außerhalb Chersons ausgelöscht
worden. Die Einfahrt nach Sewastopol ist während der Nacht
verboten.
Petersburg, 30. Juli.
Die deutsche und die österreichisch-ungarische Bot-
schaft werden von allen Seiten durch verstärkte Polizei-
truppen zu Pferde und zu Fuß bewacht. Es ist auch ver-
boten, sich auf den gegenüberliegenden Bürgersteigen aufzuhalten.
-
item 5
Nr. 177. XXVI. Jahrgang Berliner Freitag, 31. Juli 1914
M o r g e n = Z e i t u n g
mit
Täglichem Unterhaltungs-Blatt . Illustrierter Moden-Zeitung
Illustrierter Familien-Zeitung . Illustierter Kinder-Zeitung
Haus Feld Garten . Technischer Umschau . Lustiger Ecke
Man abonniert bei allen Reichs-Postanstalten sowie Land-
briefträgern für 1 M. 65 Pf. viertelj. oder 55 Pf. monatl.;
Zustellung durch den Briefträger viertelj. 42 Pf. mehr. Unsere
Agenturen liefern das Blatt für 70 Pf. monatlich frei Haus.
Erscheint täglich, mit Ausnahme der Tage nach den Sonn-
und Feiertagen. Insertionspreis für die Zeile 60 Pf. Kleine
Anzeigen 10 Pf. das Wort; das fette Einleitungswort 20 Pf.
Redaktion und Expedition Berlin 3 W. Jerusalemer Straße 40-43
Die Oesterreicher in Belgrad.
Teilweise Mobilmachung in Rußland. - Militärische Maßnahmen Deutschlands.
1. Spalte
Allen Mächten Europas ist es um eine Lokalisierung des
österreichisch-serbischen Krieges zu tun. Ginge es nach Deutsch-
land, Italien, England und Frankreich, so würde jeder Staats-
bürger dieser Länder in aller Seelenruhe seiner friedlichen
Berufstätigkeit nachgehen können. Nur Rußland macht
die Sache des "kleinen Bruders" zu der seinen, und trifft alle
Anstalten, um ihm, falls es ihm an den Kragen geht, mit
seiner Heeresmacht zu Hilfe zu eilen. Rußland hat die
Mobilmachung von 16 Armeekorps angeordnet.
Es hat diese Maßregeln ergriffen, obwohl Oesterreich wieder-
holt erklärt hat, es gehe nicht auf Territorialerwerb in Serbien
aus, Rußland macht mobil, obwohl es weiß, daß Deutschland
kraft des Bündnisvertrages bei einem Angriff Rußlands auf
Oesterreich sich an die Seite der Doppelmonarchie stellen muß,
weil ein starkes Oesterreich Deutschlands Lebensinteresse ist.
Rußland kann nicht einwenden, seine Mobilisierung richte sich
nur gegen die österreichischen Grenzen und ginge uns nichts
an. Wir müssen aus dem angeführten Grunde jede gegen
Oesterreich gerichtete Droh- und Kriegsaktion als eine
Bedrohung Deutschlands auffassen. Militäri-
sche Vorbereitungen Rußlands müssen notwendigerweise
entsprechende Maßnahmen auf deutscher
Seite zur Folge haben.
*
Einberufung des Reichstags?
Geheimrat Jungheim, der Direktor des Reichstages, hat
einen Urlaub abgebrochen und ist in Berlin einge-
troffen. Der Reichstagspräsident Dr. Kämpf weilt
ebenfalls in der Reichshauptstadt.
Militärische Vorbereitungen in Deutschland.
Regensburg, 30. Juli.
Vom Truppenübungsplatz Grafenwöhr wird ge-
meldet: Um elf Uhr vormittags wurde gestern auf dem Truppen-
übungsplatz durch Meldereiter folgender Befehl bekanntgegeben:
"Uebung sofort abbrechen, einrücken, packen und zur Ab-
reise in die Garnison bereit halten."
Das 2. Fußartillerieregiment in Metz ist sofort abgereist. Das
4. Feldartillerieregiment, das 6. Infanterieregiment, das 9. Feld-
artillerieregiment und das 11. Infanterieregiment werden sogleich in
ihre Garnisonen zurückkehren.
Gestern wurde zum Transport von Truppen ein Leerzug mit
fünfundvierzig Waggons nach dem Truppenübungsplatz
Grafenwöhr gesandt. Die Mitteilungen wurden hier von maß-
gebender Stelle bestätigt.
Leipzig, 30. Juli.
Die Truppen der Leipziger Garnison, die sich auf
Truppenübungsplätzen befanden, sind sämtlich nach Leipzig zurück-
gekehrt. Sämtliche Urlauber der Marine, soweit sie sich
in Sachsen und Thüringen aufhielten, sind bereits am Montag
nach Kiel und Wilhelmshaven zurückbeordert worden und haben
sich sofort nach ihren Standorten begeben.
Dresden, 30. Juli.
Die Offiziere des Dresdener Reitvereins sind zu ihren Regi-
mentern einberufen worden. Auch die beiden Dresdener Grena-
dierregimenter, die am 17. Juli nach Jüterbog zu Uebungen
abgegangen waren, sind wieder in Dresden eingetroffen, ebenso das
Fußartillerieregiment Nr.19, das sich in Thorn zu Schießübungen
befand. Die Reise des Generalstabs des 19. Armeekorps
wurde wegen der Unsicherheit der Lage in Waldheim in Sachsen
unterbrochen. Die Teilnehmer der Reise sind bereits zu ihren
Truppenkörpern eingerückt.
Köln, 30. Juli.
Meldungen vom Truppenübungsplatz Senne zufolge
sind die dort lagernden Truppen plötzlich alamirt (sic) worden, um
in ihre Garnisonen zurückbefördert zu werden. Zum
Schutze der Rheinbrücken, die seit einigen Tagen durch die
mit Karabinern bewaffneten Eisenbahnbeamten bewacht sind, sind
in der verflossenen Nacht militärische Wachen aufgezogen. Im
rheinisch-westfälischen Industriegebiet erhielten ein-
zelne Werke behördlicherseits die Aufforderung, sämtliche Kolli-
wagen der Eisenbahndirektion zur Verfügung zu
stellen.
Russische Automobile in Lothringen angehalten.
Saarbrücken, 30. Juli.
Großes Aufsehen erregt in Saarlouis die Sistierung von zwei
ausländischen Automobilen, deren Führer zwei
Chauffeure und ein Begleiter, in Saarlouis Rast machten und im
Kaiserhofhotel abgestiegen waren, um zu frühstücken. Dem Besitzer
des Hotels kamen die Wagen verdächtig vor, weshalb er die
Polizei benachrichtigte. Diese untersuchte gemeinsam mit einem
Fahrradhändler die Automobile, und hierbei soll festgestellt worden
sein, daß es zwei russische Generalstabswagen waren. Der Be-
gleiter der beiden Chauffeure, der außer russisch auch französisch
sprach, gab an, daß die beiden Wagen dem russischen Groß-
fürsten Nikolaus und einem Fürsten Orlow gehörten,
die sich mit der Bahn von Frankfurt a. M. nach Paris begeben
hätten. Die beiden Chauffeure, der Begleiter sowie die Wagen
wurden angehalten. Man fand darin eine Schreibmaschine,
einen Feldtisch und Feldstühle. Aus Berlin wurde telegraphische
2. Spalte
Weisung erbeten, was mit den Festgenommenen zu geschehen habe.
Bisher ist Antwort nicht eingetroffen.
16 russische Armeekorps mobil.
London, 30. Juli.
Das Reutersche Bureau erfährt, daß gestern abend im
Süden und Südwesten Rußlands eine teil-
weise Mobilmachung angeordnet worden ist.
Die Mobilisierung beschränkt sich auf die militärischen
Bezirke von Kiew, Odessa, Moskau und Kasan.
In jedem Bezirk stehen vier Armeekorps in
Friedensstärke. Durch die Mobilisation werden
16 Armeekorps auf die Stärke von 32 Armee-
korps gebracht. Kasan ist der Zentralbezirk,
von dem aus die Reserven für die Westgrenze
zusammen gezogen werden.
Wie von der russischen Grenze gemeldet wird, ist die Eisen-
bahnbrücke bei Wirbalen (sic) durch russisches Militär
mit Minen belegt worden. In der Umgebung von Wir-
ballen (das auf russischer Seite Eydtkuhnen gegenüber
liegt) liegen jetzt gegen 6000 Mann Militär, um die Rück-
verbindung aufrecht zu erhalten. Dem Vernehmen nach ist auch
für den Militärbezirk von Libau der Mobilmachungsbefehl
angeordnet worden.
Pleschen, 30. Juli.
Ein russisches Schützenregiment ist neu in Kalisch eingetroffen und
hat sich sofort auf Vorposten an die deutsche Grenze be-
geben. Gendarmen zu Fuß und zu Pferde halten die ganze Grenze
gesperrt.
Ostrowo, 30. Juli.
Nach hier aus dem russischen Grenzgebiet angelangten Meldungen
erhielten die dortigen Militärbehörden gestern nachmittag 3 Uhr die
drahtliche Aufforderung, das gesamte militärische Auf-
gebot an der Grenze in Bereitschaft zu halten und vorläufig
die hauptsächlichsten Brücken und die nach Deutschland führenden
Wege zu bewachen.
Die Sicherung der Küsten.
Petersburg, 30. Juli.
Die Seeverwaltung teilt mit, daß die Feuerschiffe vor
Libau, Luserort und Sarytschew von ihren Stand-
orten entfernt worden sind. Der Leuchtturm von
Renscher und die Leuchtfeuer von Röngrund und
Smultongrund sind ausgelöscht worden. Bei Sewastopol
sind alle Feuer und Leuchttürme außerhalb Chersons ausgelöscht
worden. Die Einfahrt nach Sewastopol ist während der Nacht
verboten.
Petersburg, 30. Juli.
Die deutsche und die österreichisch-ungarische Bot-
schaft werden vonallen Seiten durch verstärkte Polizei-
truppen zu Pferde und zu Fuß bewacht. Es ist auch ver-
boten, sich auf den gegenüberliegenden Bürgersteigen aufzuhalten.
-
item 5
Nr. 177. XXVI. Jahrgang Berliner Freitag, 31. Juli 1914
M o r g e n = Z e i t u n g
mit
Täglichem Unterhaltungs-Blatt . Illustrierter Moden-Zeitung
Illustrierter Familien-Zeitung . Illustierter Kinder-Zeitung
Haus Feld Garten . Technischer Umschau . Lustiger Ecke
Man abonniert bei allen Reichs-Postanstalten sowie Land-
briefträgern für 1 M. 65 Pf. viertelj. oder 55 Pf. monatl.;
Zustellung durch den Briefträger viertelj. 42 Pf. mehr. Unsere
Agenturen liefern das Blatt für 70 Pf. monatlich frei Haus.
Erscheint täglich, mit Ausnahme der Tage nach den Sonn-
und Feiertagen. Insertionspreis für die Zeile 60 Pf. Kleine
Anzeigen 10 Pf. das Wort; das fette Einleitungswort 20 Pf.
Redaktion und Expedition Berlin 3 W. Jerusalemer Straße 40-43
Die Oesterreicher in Belgrad.
Teilweise Mobilmachung in Rußland. - Militärische Maßnahmen Deutschlands.
1. Spalte
Allen Mächten Europas ist es um eine Lokalisierung des
österreichisch-serbischen Krieges zu tun. Ginge es nach Deutsch-
land, Italien, England und Frankreich, so würde jeder Staats-
bürger dieser Länder in aller Seelenruhe seiner friedlichen
Berufstätigkeit nachgehen können. Nur Rußland macht
die Sache des "kleinen Bruders" zu der seinen, und trifft alle
Anstalten, um ihm, falls es ihm an den Kragen geht, mit
seiner Heeresmacht zu Hilfe zu eilen. Rußland hat die
Mobilmachung von 16 Armeekorps angeordnet.
Es hat diese Maßregeln ergriffen, obwohl Oesterreich wieder-
holt erklärt hat, es gehe nicht auf Territorialerwerb in Serbien
aus, Rußland macht mobil, obwohl es weiß, daß Deutschland
kraft des Bündnisvertrages bei einem Angriff Rußlands auf
Oesterreich sich an die Seite der Doppelmonarchie stellen muß,
weil ein starkes Oesterreich Deutschlands Lebensinteresse ist.
Rußland kann nicht einwenden, seine Mobilisierung richte sich
nur gegen die österreichischen Grenzen und ginge uns nichts
an. Wir müssen aus dem angeführten Grunde jede gegen
Oesterreich gerichtete Droh- und Kriegsaktion als eine
Bedrohung Deutschlands auffassen. Militäri-
sche Vorbereitungen Rußlands müssen notwendigerweise
entsprechende Maßnahmen auf deutscher
Seite zur Folge haben.
*
Einberufung des Reichstags?
Geheimrat Jungheim, der Direktor des Reichstages, hat
einen Urlaub abgebrochen und ist in Berlin einge-
troffen. Der Reichstagspräsident Dr. Kämpf weilt
ebenfalls in der Reichshauptstadt.
Militärische Vorbereitungen in Deutschland.
Regensburg, 30. Juli.
Vom Truppenübungsplatz Grafenwöhr wird ge-
meldet: Um elf Uhr vormittags wurde gestern auf dem Truppen-
übungsplatz durch Meldereiter folgender Befehl bekanntgegeben:
"Uebung sofort abbrechen, einrücken, packen und zur Ab-
reise in die Garnison bereit halten."
Das 2. Fußartillerieregiment in Metz ist sofort abgereist. Das
4. Feldartillerieregiment, das 6. Infanterieregiment, das 9. Feld-
artillerieregiment und das 11. Infanterieregiment werden sogleich in
ihre Garnisonen zurückkehren.
Gestern wurde zum Transport von Truppen ein Leerzug mit
fünfundvierzig Waggons nach dem Truppenübungsplatz
Grafenwöhr gesandt. Die Mitteilungen wurden hier von maß-
gebender Stelle bestätigt.
Leipzig, 30. Juli.
Die Truppen der Leipziger Garnison, die sich auf
Truppenübungsplätzen befanden, sind sämtlich nach Leipzig zurück-
gekehrt. Sämtliche Urlauber der Marine, soweit sie sich
in Sachsen und Thüringen aufhielten, sind bereits am Montag
nach Kiel und Wilhelmshaven zurückbeordert worden und haben
sich sofort nach ihren Standorten begeben.
Dresden, 30. Juli.
Die Offiziere des Dresdener Reitvereins sind zu ihren Regi-
mentern einberufen worden. Auch die beiden Dresdener Grena-
dierregimenter, die am 17. Juli nach Jüterbog zu Uebungen
abgegangen waren, sind wieder in Dresden eingetroffen, ebenso das
Fußartillerieregiment Nr.19, das sich in Thorn zu Schießübungen
befand. Die Reise des Generalstabs des 19. Armeekorps
wurde wegen der Unsicherheit der Lage in Waldheim in Sachsen
unterbrochen. Die Teilnehmer der Reise sind bereits zu ihren
Truppenkörpern eingerückt.
Köln, 30. Juli.
Meldungen vom Truppenübungsplatz Senne zufolge
sind die dort lagernden Truppen plötzlich alamirt (sic) worden, um
in ihre Garnisonen zurückbefördert zu werden. Zum
Schutze der Rheinbrücken, die seit einigen Tagen durch die
mit Karabinern bewaffneten Eisenbahnbeamten bewacht sind, sind
in der verflossenen Nacht militärische Wachen aufgezogen. Im
rheinisch-westfälischen Industriegebiet erhielten ein-
zelne Werke behördlicherseits die Aufforderung, sämtliche Kolli-
wagen der Eisenbahndirektion zur Verfügung zu
stellen.
Russische Automobile in Lothringen angehalten.
Saarbrücken, 30. Juli.
Großes Aufsehen erregt in Saarlouis die Sistierung von zwei
ausländischen Automobilen, deren Führer zwei
Chauffeure und ein Begleiter, in Saarlouis Rast machten und im
Kaiserhofhotel abgestiegen waren, um zu frühstücken. Dem Besitzer
des Hotels kamen die Wagen verdächtig vor, weshalb er die
Polizei benachrichtigte. Diese untersuchte gemeinsam mit einem
Fahrradhändler die Automobile, und hierbei soll festgestellt worden
sein, daß es zwei russische Generalstabswagen waren. Der Be-
gleiter der beiden Chauffeure, der außer russisch auch französisch
sprach, gab an, daß die beiden Wagen dem russischen Groß-
fürsten Nikolaus und einem Fürsten Orlow gehörten,
die sich mit der Bahn von Frankfurt a. M. nach Paris begeben
hätten. Die beiden Chauffeure, der Begleiter sowie die Wagen
wurden angehalten. Man fand darin eine Schreibmaschine,
einen Feldtisch und Feldstühle. Aus Berlin wurde telegraphische
2. Spalte
Weisung erbeten, was mit den Festgenommenen zu geschehen habe.
Bisher ist Antwort nicht eingetroffen.
16 russische Armeekorps mobil.
London, 30. Juli.
Das Reutersche Bureau erfährt, daß gestern abend im
Süden und Südwesten Rußlands eine teil-
weise Mobilmachung angeordnet worden ist.
Die Mobilisierung beschränkt sich auf die militärischen
Bezirke von Kiew, Odessa, Moskau und Kasan.
In jedem Bezirk stehen vier Armeekorps in
Friedensstärke. Durch die Mobilisation werden
16 Armeekorps auf die Stärke von 32 Armee-
korps gebracht. Kasan ist der Zentralbezirk,
von dem aus die Reserven für die Westgrenze
zusammen gezogen werden.
Wie von der russischen Grenze gemeldet wird, ist die Eisen-
bahnbrücke bei Wirbalen (sic) durch russisches Militär
mit Minen belegt worden. In der Umgebung von Wir-
ballen (das auf russischer Seite Eydtkuhnen gegenüber
liegt) liegen jetzt gegen 6000 Mann Militär, um die Rück-
verbindung aufrecht zu erhalten. Dem Vernehmen nach ist auch
für den Militärbezirk von Libau der Mobilmachungsbefehl
angeordnet worden.
Pleschen, 30. Juli.
Ein russisches Schützenregiment ist neu in Kalisch eingetroffen und
hat sich sofort auf Vorposten an die deutsche Grenze be-
geben. Gendarmen zu Fuß und zu Pferde halten die ganze Grenze
gesperrt.
Ostrowo, 30. Juli.
Nach hier aus dem russischen Grenzgebiet angelangten Meldungen
erhielten die dortigen Militärbehörden gestern nachmittag 3 Uhr die
drahtliche Aufforderung, das gesamte militärische Auf-
gebot an der Grenze in Bereitschaft zu halten und vorläufig
die hauptsächlichsten Brücken und die nach Deutschland führenden
Wege zu bewachen.
Die Sicherung der Küsten.
Petersburg, 30. Juli.
Die Seeverwaltung teilt mit, daß die Feuerschiffe vor
Libau, Luserort und Sarytschew von ihren Stand-
orten entfernt worden sind. Der Leuchtturm von
Renscher und die Leuchtfeuer von Röngrund und
Smultongrund sind ausgelöscht worden. Bei Sewastopol
sind alle Feuer und Leuchttürme außerhalb Chersons ausgelöscht
worden. Die Einfahrt nach Sewastopol ist während der Nacht
verboten.
Petersburg, 30. Juli.
-
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M o r g e n = Z e i t u n g
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Erscheint täglich, mit Ausnahme der Tage nach den Sonn-
und Feiertagen. Insertionspreis für die Zeile 60 Pf. Kleine
Anzeigen 10 Pf. das Wort; das fette Einleitungswort 20 Pf.
Redaktion und Expedition Berlin 3 W. Jerusalemer Straße 40-43
Die Oesterreicher in Belgrad.
Teilweise Mobilmachung in Rußland. - Militärische Maßnahmen Deutschlands.
1. Spalte
Allen Mächten Europas ist es um eine Lokalisierung des
österreichisch-serbischen Krieges zu tun. Ginge es nach Deutsch-
land, Italien, England und Frankreich, so würde jeder Staats-
bürger dieser Länder in aller Seelenruhe seiner friedlichen
Berufstätigkeit nachgehen können. Nur Rußland macht
die Sache des "kleinen Bruders" zu der seinen, und trifft alle
Anstalten, um ihm, falls es ihm an den Kragen geht, mit
seiner Heeresmacht zu Hilfe zu eilen. Rußland hat die
Mobilmachung von 16 Armeekorps angeordnet.
Es hat diese Maßregeln ergriffen, obwohl Oesterreich wieder-
holt erklärt hat, es gehe nicht auf Territorialerwerb in Serbien
aus, Rußland macht mobil, obwohl es weiß, daß Deutschland
kraft des Bündnisvertrages bei einem Angriff Rußlands auf
Oesterreich sich an die Seite der Doppelmonarchie stellen muß,
weil ein starkes Oesterreich Deutschlands Lebensinteresse ist.
Rußland kann nicht einwenden, seine Mobilisierung richte sich
nur gegen die österreichischen Grenzen und ginge uns nichts
an. Wir müssen aus dem angeführten Grunde jede gegen
Oesterreich gerichtete Droh- und Kriegsaktion als eine
Bedrohung Deutschlands auffassen. Militäri-
sche Vorbereitungen Rußlands müssen notwendigerweise
entsprechende Maßnahmen auf deutscher
Seite zur Folge haben.
*
Einberufung des Reichstags?
Geheimrat Jungheim, der Direktor des Reichstages, hat
einen Urlaub abgebrochen und ist in Berlin einge-
troffen. Der Reichstagspräsident Dr. Kämpf weilt
ebenfalls in der Reichshauptstadt.
Militärische Vorbereitungen in Deutschland.
Regensburg, 30. Juli.
Vom Truppenübungsplatz Grafenwöhr wird ge-
meldet: Um elf Uhr vormittags wurde gestern auf dem Truppen-
übungsplatz durch Meldereiter folgender Befehl bekanntgegeben:
"Uebung sofort abbrechen, einrücken, packen und zur Ab-
reise in die Garnison bereit halten."
Das 2. Fußartillerieregiment in Metz ist sofort abgereist. Das
4. Feldartillerieregiment, das 6. Infanterieregiment, das 9. Feld-
artillerieregiment und das 11. Infanterieregiment werden sogleich in
ihre Garnisonen zurückkehren.
Gestern wurde zum Transport von Truppen ein Leerzug mit
fünfundvierzig Waggons nach dem Truppenübungsplatz
Grafenwöhr gesandt. Die Mitteilungen wurden hier von maß-
gebender Stelle bestätigt.
Leipzig, 30. Juli.
Die Truppen der Leipziger Garnison, die sich auf
Truppenübungsplätzen befanden, sind sämtlich nach Leipzig zurück-
gekehrt. Sämtliche Urlauber der Marine, soweit sie sich
in Sachsen und Thüringen aufhielten, sind bereits am Montag
nach Kiel und Wilhelmshaven zurückbeordert worden und haben
sich sofort nach ihren Standorten begeben.
Dresden, 30. Juli.
Die Offiziere des Dresdener Reitvereins sind zu ihren Regi-
mentern einberufen worden. Auch die beiden Dresdener Grena-
dierregimenter, die am 17. Juli nach Jüterbog zu Uebungen
abgegangen waren, sind wieder in Dresden eingetroffen, ebenso das
Fußartillerieregiment Nr.19, das sich in Thorn zu Schießübungen
befand. Die Reise des Generalstabs des 19. Armeekorps
wurde wegen der Unsicherheit der Lage in Waldheim in Sachsen
unterbrochen. Die Teilnehmer der Reise sind bereits zu ihren
Truppenkörpern eingerückt.
Köln, 30. Juli.
Meldungen vom Truppenübungsplatz Senne zufolge
sind die dort lagernden Truppen plötzlich alamirt (sic) worden, um
in ihre Garnisonen zurückbefördert zu werden. Zum
Schutze der Rheinbrücken, die seit einigen Tagen durch die
mit Karabinern bewaffneten Eisenbahnbeamten bewacht sind, sind
in der verflossenen Nacht militärische Wachen aufgezogen. Im
rheinisch-westfälischen Industriegebiet erhielten ein-
zelne Werke behördlicherseits die Aufforderung, sämtliche Kolli-
wagen der Eisenbahndirektion zur Verfügung zu
stellen.
Russische Automobile in Lothringen angehalten.
Saarbrücken, 30. Juli.
Großes Aufsehen erregt in Saarlouis die Sistierung von zwei
ausländischen Automobilen, deren Führer zwei
Chauffeure und ein Begleiter, in Saarlouis Rast machten und im
Kaiserhofhotel abgestiegen waren, um zu frühstücken. Dem Besitzer
des Hotels kamen die Wagen verdächtig vor, weshalb er die
Polizei benachrichtigte. Diese untersuchte gemeinsam mit einem
Fahrradhändler die Automobile, und hierbei soll festgestellt worden
sein, daß es zwei russische Generalstabswagen waren. Der Be-
gleiter der beiden Chauffeure, der außer russisch auch französisch
sprach, gab an, daß die beiden Wagen dem russischen Groß-
fürsten Nikolaus und einem Fürsten Orlow gehörten,
die sich mit der Bahn von Frankfurt a. M. nach Paris begeben
hätten. Die beiden Chauffeure, der Begleiter sowie die Wagen
wurden angehalten. Man fand darin eine Schreibmaschine,
einen Feldtisch und Feldstühle. Aus Berlin wurde telegraphische
2. Spalte
Weisung erbeten, was mit den Festgenommenen zu geschehen habe.
Bisher ist Antwort nicht eingetroffen.
16 russische Armeekorps mobil.
London, 30. Juli.
Das Reutersche Bureau erfährt, daß gestern abend im
Süden und Südwesten Rußlands eine teil-
weise Mobilmachung angeordnet worden ist.
Die Mobilisierung beschränkt sich auf die militärischen
Bezirke von Kiew, Odessa, Moskau und Kasan.
In jedem Bezirk stehen vier Armeekorps in
Friedensstärke. Durch die Mobilisation werden
16 Armeekorps auf die Stärke von 32 Armee-
korps gebracht. Kasan ist der Zentralbezirk,
von dem aus die Reserven für die Westgrenze
zusammen gezogen werden.
Wie von der russischen Grenze gemeldet wird, ist die Eisen-
bahnbrücke bei Wirbalen (sic) durch russisches Militär
mit Minen belegt worden. In der Umgebung von Wir-
ballen (das auf russischer Seite Eydtkuhnen gegenüber
liegt) liegen jetzt gegen 6000 Mann Militär, um die Rück-
verbindung aufrecht zu erhalten. Dem Vernehmen nach ist auch
für den Militärbezirk von Libau der Mobilmachungsbefehl
angeordnet worden.
Pleschen, 30. Juli.
Ein russisches Schützenregiment ist neu in Kalisch eingetroffen und
hat sich sofort auf Vorposten an die deutsche Grenze be-
geben. Gendarmen zu Fuß und zu Pferde halten die ganze Grenze
gesperrt.
Ostrowo, 30. Juli.
Nach hier aus dem russischen Grenzgebiet angelangten Meldungen
erhielten die dortigen Militärbehörden gestern nachmittag 3 Uhr die
drahtliche Aufforderung, das gesamte militärische Auf-
gebot an der Grenze in Bereitschaft zu halten und vorläufig
die hauptsächlichsten Brücken und die nach Deutschland führenden
Wege zu bewachen.
Die Sicherung der Küsten.
Petersburg, 30. Juli.
Die Seeverwaltung teilt mit, daß die Feuerschiffe vor
Libau, Luserort und Sarytschew von ihren Stand-
orten entfernt worden sind. Der Leuchtturm von
Renscher und die Leuchtfeuer von Röngrund und
Smultongrund sind ausgelöscht worden. Bei Sewastopol
sind alle Feuer und Leuchttürme außerhalb Chersons ausgelöscht
worden. Die Einfahrt nach Sewastopol ist während der Nacht
verboten.
-
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M o r g e n = Z e i t u n g
mit
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Haus Feld Garten . Technischer Umschau . Lustiger Ecke
Man abonniert bei allen Reichs-Postanstalten sowie Land-
briefträgern für 1 M. 65 Pf. viertelj. oder 55 Pf. monatl.;
Zustellung durch den Briefträger viertelj. 42 Pf. mehr. Unsere
Agenturen liefern das Blatt für 70 Pf. monatlich frei Haus.
Erscheint täglich, mit Ausnahme der Tage nach den Sonn-
und Feiertagen. Insertionspreis für die Zeile 60 Pf. Kleine
Anzeigen 10 Pf. das Wort; das fette Einleitungswort 20 Pf.
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Die Oesterreicher in Belgrad.
Teilweise Mobilmachung in Rußland. - Militärische Maßnahmen Deutschlands.
1. Spalte
Allen Mächten Europas ist es um eine Lokalisierung des
österreichisch-serbischen Krieges zu tun. Ginge es nach Deutsch-
land, Italien, England und Frankreich, so würde jeder Staats-
bürger dieser Länder in aller Seelenruhe seiner friedlichen
Berufstätigkeit nachgehen können. Nur Rußland macht
die Sache des "kleinen Bruders" zu der seinen, und trifft alle
Anstalten, um ihm, falls es ihm an den Kragen geht, mit
seiner Heeresmacht zu Hilfe zu eilen. Rußland hat die
Mobilmachung von 16 Armeekorps angeordnet.
Es hat diese Maßregeln ergriffen, obwohl Oesterreich wieder-
holt erklärt hat, es gehe nicht auf Territorialerwerb in Serbien
aus, Rußland macht mobil, obwohl es weiß, daß Deutschland
kraft des Bündnisvertrages bei einem Angriff Rußlands auf
Oesterreich sich an die Seite der Doppelmonarchie stellen muß,
weil ein starkes Oesterreich Deutschlands Lebensinteresse ist.
Rußland kann nicht einwenden, seine Mobilisierung richte sich
nur gegen die österreichischen Grenzen und ginge uns nichts
an. Wir müssen aus dem angeführten Grunde jede gegen
Oesterreich gerichtete Droh- und Kriegsaktion als eine
Bedrohung Deutschlands auffassen. Militäri-
sche Vorbereitungen Rußlands müssen notwendigerweise
entsprechende Maßnahmen auf deutscher
Seite zur Folge haben.
*
Einberufung des Reichstags?
Geheimrat Jungheim, der Direktor des Reichstages, hat
einen Urlaub abgebrochen und ist in Berlin einge-
troffen. Der Reichstagspräsident Dr. Kämpf weilt
ebenfalls in der Reichshauptstadt.
Militärische Vorbereitungen in Deutschland.
Regensburg, 30. Juli.
Vom Truppenübungsplatz Grafenwöhr wird ge-
meldet: Um elf Uhr vormittags wurde gestern auf dem Truppen-
übungsplatz durch Meldereiter folgender Befehl bekanntgegeben:
"Uebung sofort abbrechen, einrücken, packen und zur Ab-
reise in die Garnison bereit halten."
Das 2. Fußartillerieregiment in Metz ist sofort abgereist. Das
4. Feldartillerieregiment, das 6. Infanterieregiment, das 9. Feld-
artillerieregiment und das 11. Infanterieregiment werden sogleich in
ihre Garnisonen zurückkehren.
Gestern wurde zum Transport von Truppen ein Leerzug mit
fünfundvierzig Waggons nach dem Truppenübungsplatz
Grafenwöhr gesandt. Die Mitteilungen wurden hier von maß-
gebender Stelle bestätigt.
Leipzig, 30. Juli.
Die Truppen der Leipziger Garnison, die sich auf
Truppenübungsplätzen befanden, sind sämtlich nach Leipzig zurück-
gekehrt. Sämtliche Urlauber der Marine, soweit sie sich
in Sachsen und Thüringen aufhielten, sind bereits am Montag
nach Kiel und Wilhelmshaven zurückbeordert worden und haben
sich sofort nach ihren Standorten begeben.
Dresden, 30. Juli.
Die Offiziere des Dresdener Reitvereins sind zu ihren Regi-
mentern einberufen worden. Auch die beiden Dresdener Grena-
dierregimenter, die am 17. Juli nach Jüterbog zu Uebungen
abgegangen waren, sind wieder in Dresden eingetroffen, ebenso das
Fußartillerieregiment Nr.19, das sich in Thorn zu Schießübungen
befand. Die Reise des Generalstabs des 19. Armeekorps
wurde wegen der Unsicherheit der Lage in Waldheim in Sachsen
unterbrochen. Die Teilnehmer der Reise sind bereits zu ihren
Truppenkörpern eingerückt.
Köln, 30. Juli.
Meldungen vom Truppenübungsplatz Senne zufolge
sind die dort lagernden Truppen plötzlich alamirt (sic) worden, um
in ihre Garnisonen zurückbefördert zu werden. Zum
Schutze der Rheinbrücken, die seit einigen Tagen durch die
mit Karabinern bewaffneten Eisenbahnbeamten bewacht sind, sind
in der verflossenen Nacht militärische Wachen aufgezogen. Im
rheinisch-westfälischen Industriegebiet erhielten ein-
zelne Werke behördlicherseits die Aufforderung, sämtliche Kolli-
wagen der Eisenbahndirektion zur Verfügung zu
stellen.
Russische Automobile in Lothringen angehalten.
Saarbrücken, 30. Juli.
Großes Aufsehen erregt in Saarlouis die Sistierung von zwei
ausländischen Automobilen, deren Führer zwei
Chauffeure und ein Begleiter, in Saarlouis Rast machten und im
Kaiserhofhotel abgestiegen waren, um zu frühstücken. Dem Besitzer
des Hotels kamen die Wagen verdächtig vor, weshalb er die
Polizei benachrichtigte. Diese untersuchte gemeinsam mit einem
Fahrradhändler die Automobile, und hierbei soll festgestellt worden
sein, daß es zwei russische Generalstabswagen waren. Der Be-
gleiter der beiden Chauffeure, der außer russisch auch französisch
sprach, gab an, daß die beiden Wagen dem russischen Groß-
fürsten Nikolaus und einem Fürsten Orlow gehörten,
die sich mit der Bahn von Frankfurt a. M. nach Paris begeben
hätten. Die beiden Chauffeure, der Begleiter sowie die Wagen
wurden angehalten. Man fand darin eine Schreibmaschine,
einen Feldtisch und Feldstühle. Aus Berlin wurde telegraphische
2. Spalte
Weisung erbeten, was mit den Festgenommenen zu geschehen habe.
Bisher ist Antwort nicht eingetroffen.
16 russische Armeekorps mobil.
London, 30. Juli.
Das Reutersche Bureau erfährt, daß gestern abend im
Süden und Südwesten Rußlands eine teil-
weise Mobilmachung angeordnet worden ist.
Die Mobilisierung beschränkt sich auf die militärischen
Bezirke von Kiew, Odessa, Moskau und Kasan.
In jedem Bezirk stehen vier Armeekorps in
Friedensstärke. Durch die Mobilisation werden
16 Armeekorps auf die Stärke von 32 Armee-
korps gebracht. Kasan ist der Zentralbezirk,
von dem aus die Reserven für die Westgrenze
zusammen gezogen werden.
Wie von der russischen Grenze gemeldet wird, ist die Eisen-
bahnbrücke bei Wirbalen (sic) durch russisches Militär
mit Minen belegt worden. In der Umgebung von Wir-
ballen (das auf russischer Seite Eydtkuhnen gegenüber
liegt) liegen jetzt gegen 6000 Mann Militär, um die Rück-
verbindung aufrecht zu erhalten. Dem Vernehmen nach ist auch
für den Militärbezirk von Libau der Mobilmachungsbefehl
angeordnet worden.
Pleschen, 30. Juli.
Ein russisches Schützenregiment ist neu in Kalisch eingetroffen und
hat sich sofort auf Vorposten an die deutsche Grenze be-
geben. Gendarmen zu Fuß und zu Pferde halten die ganze Grenze
gesperrt.
Ostrowo, 30. Juli.
Nach hier aus dem russischen Grenzgebiet angelangten Meldungen
erhielten die dortigen Militärbehörden gestern nachmittag 3 Uhr die
drahtliche Aufforderung, das gesamte militärische Auf-
gebot an der Grenze in Bereitschaft zu halten und vorläufig
die hauptsächlichsten Brücken und die nach Deutschland führenden
Wege zu bewachen.
-
item 5
Nr. 177. XXVI. Jahrgang Berliner Freitag, 31. Juli 1914
M o r g e n = Z e i t u n g
mit
Täglichem Unterhaltungs-Blatt . Illustrierter Moden-Zeitung
Illustrierter Familien-Zeitung . Illustierter Kinder-Zeitung
Haus Feld Garten . Technischer Umschau . Lustiger Ecke
Man abonniert bei allen Reichs-Postanstalten sowie Land-
briefträgern für 1 M. 65 Pf. viertelj. oder 55 Pf. monatl.;
Zustellung durch den Briefträger viertelj. 42 Pf. mehr. Unsere
Agenturen liefern das Blatt für 70 Pf. monatlich frei Haus.
Erscheint täglich, mit Ausnahme der Tage nach den Sonn-
und Feiertagen. Insertionspreis für die Zeile 60 Pf. Kleine
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Redaktion und Expedition Berlin 3 W. Jerusalemer Straße 40-43
Die Oesterreicher in Belgrad.
Teilweise Mobilmachung in Rußland. - Militärische Maßnahmen Deutschlands.
1. Spalte
Allen Mächten Europas ist es um eine Lokalisierung des
österreichisch-serbischen Krieges zu tun. Ginge es nach Deutsch-
land, Italien, England und Frankreich, so würde jeder Staats-
bürger dieser Länder in aller Seelenruhe seiner friedlichen
Berufstätigkeit nachgehen können. Nur Rußland macht
die Sache des "kleinen Bruders" zu der seinen, und trifft alle
Anstalten, um ihm, falls es ihm an den Kragen geht, mit
seiner Heeresmacht zu Hilfe zu eilen. Rußland hat die
Mobilmachung von 16 Armeekorps angeordnet.
Es hat diese Maßregeln ergriffen, obwohl Oesterreich wieder-
holt erklärt hat, es gehe nicht auf Territorialerwerb in Serbien
aus, Rußland macht mobil, obwohl es weiß, daß Deutschland
kraft des Bündnisvertrages bei einem Angriff Rußlands auf
Oesterreich sich an die Seite der Doppelmonarchie stellen muß,
weil ein starkes Oesterreich Deutschlands Lebensinteresse ist.
Rußland kann nicht einwenden, seine Mobilisierung richte sich
nur gegen die österreichischen Grenzen und ginge uns nichts
an. Wir müssen aus dem angeführten Grunde jede gegen
Oesterreich gerichtete Droh- und Kriegsaktion als eine
Bedrohung Deutschlands auffassen. Militäri-
sche Vorbereitungen Rußlands müssen notwendigerweise
entsprechende Maßnahmen auf deutscher
Seite zur Folge haben.
*
Einberufung des Reichstags?
Geheimrat Jungheim, der Direktor des Reichstages, hat
einen Urlaub abgebrochen und ist in Berlin einge-
troffen. Der Reichstagspräsident Dr. Kämpf weilt
ebenfalls in der Reichshauptstadt.
Militärische Vorbereitungen in Deutschland.
Regensburg, 30. Juli.
Vom Truppenübungsplatz Grafenwöhr wird ge-
meldet: Um elf Uhr vormittags wurde gestern auf dem Truppen-
übungsplatz durch Meldereiter folgender Befehl bekanntgegeben:
"Uebung sofort abbrechen, einrücken, packen und zur Ab-
reise in die Garnison bereit halten."
Das 2. Fußartillerieregiment in Metz ist sofort abgereist. Das
4. Feldartillerieregiment, das 6. Infanterieregiment, das 9. Feld-
artillerieregiment und das 11. Infanterieregiment werden sogleich in
ihre Garnisonen zurückkehren.
Gestern wurde zum Transport von Truppen ein Leerzug mit
fünfundvierzig Waggons nach dem Truppenübungsplatz
Grafenwöhr gesandt. Die Mitteilungen wurden hier von maß-
gebender Stelle bestätigt.
Leipzig, 30. Juli.
Die Truppen der Leipziger Garnison, die sich auf
Truppenübungsplätzen befanden, sind sämtlich nach Leipzig zurück-
gekehrt. Sämtliche Urlauber der Marine, soweit sie sich
in Sachsen und Thüringen aufhielten, sind bereits am Montag
nach Kiel und Wilhelmshaven zurückbeordert worden und haben
sich sofort nach ihren Standorten begeben.
Dresden, 30. Juli.
Die Offiziere des Dresdener Reitvereins sind zu ihren Regi-
mentern einberufen worden. Auch die beiden Dresdener Grena-
dierregimenter, die am 17. Juli nach Jüterbog zu Uebungen
abgegangen waren, sind wieder in Dresden eingetroffen, ebenso das
Fußartillerieregiment Nr.19, das sich in Thorn zu Schießübungen
befand. Die Reise des Generalstabs des 19. Armeekorps
wurde wegen der Unsicherheit der Lage in Waldheim in Sachsen
unterbrochen. Die Teilnehmer der Reise sind bereits zu ihren
Truppenkörpern eingerückt.
Köln, 30. Juli.
Meldungen vom Truppenübungsplatz Senne zufolge
sind die dort lagernden Truppen plötzlich alamirt (sic) worden, um
in ihre Garnisonen zurückbefördert zu werden. Zum
Schutze der Rheinbrücken, die seit einigen Tagen durch die
mit Karabinern bewaffneten Eisenbahnbeamten bewacht sind, sind
in der verflossenen Nacht militärische Wachen aufgezogen. Im
rheinisch-westfälischen Industriegebiet erhielten ein-
zelne Werke behördlicherseits die Aufforderung, sämtliche Kolli-
wagen der Eisenbahndirektion zur Verfügung zu
stellen.
Russische Automobile in Lothringen angehalten.
Saarbrücken, 30. Juli.
Großes Aufsehen erregt in Saarlouis die Sistierung von zwei
ausländischen Automobilen, deren Führer zwei
Chauffeure und ein Begleiter, in Saarlouis Rast machten und im
Kaiserhofhotel abgestiegen waren, um zu frühstücken. Dem Besitzer
des Hotels kamen die Wagen verdächtig vor, weshalb er die
Polizei benachrichtigte. Diese untersuchte gemeinsam mit einem
Fahrradhändler die Automobile, und hierbei soll festgestellt worden
sein, daß es zwei russische Generalstabswagen waren. Der Be-
gleiter der beiden Chauffeure, der außer russisch auch französisch
sprach, gab an, daß die beiden Wagen dem russischen Groß-
fürsten Nikolaus und einem Fürsten Orlow gehörten,
die sich mit der Bahn von Frankfurt a. M. nach Paris begeben
hätten. Die beiden Chauffeure, der Begleiter sowie die Wagen
wurden angehalten. Man fand darin eine Schreibmaschine,
einen Feldtisch und Feldstühle. Aus Berlin wurde telegraphische
2. Spalte
Weisung erbeten, was mit den Festgenommenen zu geschehen habe.
Bisher ist Antwort nicht eingetroffen.
16 russische Armeekorps mobil.
London, 30. Juli.
Das Reutersche Bureau erfährt, daß gestern abend im
Süden und Südwesten Rußlands eine teil-
weise Mobilmachung angeordnet worden ist.
Die Mobilisierung beschränkt sich auf die militärischen
Bezirke von Kiew, Odessa, Moskau und Kasan.
In jedem Bezirk stehen vier Armeekorps in
Friedensstärke. Durch die Mobilisation werden
16 Armeekorps auf die Stärke von 32 Armee-
korps gebracht. Kasan ist der Zentralbezirk,
von dem aus die Reserven für die Westgrenze
zusammen gezogen werden.
Wie von der russischen Grenze gemeldet wird, ist die Eisen-
bahnbrücke bei Wirbalen (sic) durch russisches Militär
mit Minen belegt worden. In der Umgebung von Wir-
ballen (das auf russischer Seite Eydtkuhnen gegenüber
liegt) liegen jetzt gegen 6000 Mann Militär, um die Rück-
verbindung aufrecht zu erhalten. Dem Vernehmen nach ist auch
für den Militärbezirk von Libau der Mobilmachungsbefehl
angeordnet worden.
Pleschen, 30. Juli.
Ein russisches Schützenregiment ist neu in Kalisch eingetroffen und
hat sich sofort auf Vorposten an die deutsche Grenze be-
geben. Gendarmen zu Fuß und zu Pferde halten die ganze Grenze
gesperrt.
Ostrowo, 30. Juli.
Nach hier aus dem russischen Grenzgebiet angelangten Meldungen
erhielten die dortigen Militärbehörden gestern nachmittag 3 Uhr die
drahtliche Aufforderung, das gesamte militärische Auf-
gebot an der Grenze in Bereitschaft zu halten und vorläufig
die hauptsächlichsten Brücken und die nach Deutschland führenden
Wege zu bewachen.
-
item 5
Nr. 177. XXVI. Jahrgang Berliner Freitag, 31. Juli 1914
M o r g e n = Z e i t u n g
mit
Täglichem Unterhaltungs-Blatt . Illustrierter Moden-Zeitung
Illustrierter Familien-Zeitung . Illustierter Kinder-Zeitung
Haus Feld Garten . Technischer Umschau . Lustiger Ecke
Man abonniert bei allen Reichs-Postanstalten sowie Land-
briefträgern für 1 M. 65 Pf. viertelj. oder 55 Pf. monatl.;
Zustellung durch den Briefträger viertelj. 42 Pf. mehr. Unsere
Agenturen liefern das Blatt für 70 Pf. monatlich frei Haus.
Erscheint täglich, mit Ausnahme der Tage nach den Sonn-
und Feiertagen. Insertionspreis für die Zeile 60 Pf. Kleine
Anzeigen 10 Pf. das Wort; das fette Einleitungswort 20 Pf.
Redaktion und Expedition Berlin 3 W. Jerusalemer Straße 40-43
Die Oesterreicher in Belgrad.
Teilweise Mobilmachung in Rußland. - Militärische Maßnahmen Deutschlands.
1. Spalte
Allen Mächten Europas ist es um eine Lokalisierung des
österreichisch-serbischen Krieges zu tun. Ginge es nach Deutsch-
land, Italien, England und Frankreich, so würde jeder Staats-
bürger dieser Länder in aller Seelenruhe seiner friedlichen
Berufstätigkeit nachgehen können. Nur Rußland macht
die Sache des "kleinen Bruders" zu der seinen, und trifft alle
Anstalten, um ihm, falls es ihm an den Kragen geht, mit
seiner Heeresmacht zu Hilfe zu eilen. Rußland hat die
Mobilmachung von 16 Armeekorps angeordnet.
Es hat diese Maßregeln ergriffen, obwohl Oesterreich wieder-
holt erklärt hat, es gehe nicht auf Territorialerwerb in Serbien
aus, Rußland macht mobil, obwohl es weiß, daß Deutschland
kraft des Bündnisvertrages bei einem Angriff Rußlands auf
Oesterreich sich an die Seite der Doppelmonarchie stellen muß,
weil ein starkes Oesterreich Deutschlands Lebensinteresse ist.
Rußland kann nicht einwenden, seine Mobilisierung richte sich
nur gegen die österreichischen Grenzen und ginge uns nichts
an. Wir müssen aus dem angeführten Grunde jede gegen
Oesterreich gerichtete Droh- und Kriegsaktion als eine
Bedrohung Deutschlands auffassen. Militäri-
sche Vorbereitungen Rußlands müssen notwendigerweise
entsprechende Maßnahmen auf deutscher
Seite zur Folge haben.
*
Einberufung des Reichstags?
Geheimrat Jungheim, der Direktor des Reichstages, hat
einen Urlaub abgebrochen und ist in Berlin einge-
troffen. Der Reichstagspräsident Dr. Kämpf weilt
ebenfalls in der Reichshauptstadt.
Militärische Vorbereitungen in Deutschland.
Regensburg, 30. Juli.
Vom Truppenübungsplatz Grafenwöhr wird ge-
meldet: Um elf Uhr vormittags wurde gestern auf dem Truppen-
übungsplatz durch Meldereiter folgender Befehl bekanntgegeben:
"Uebung sofort abbrechen, einrücken, packen und zur Ab-
reise in die Garnison bereit halten."
Das 2. Fußartillerieregiment in Metz ist sofort abgereist. Das
4. Feldartillerieregiment, das 6. Infanterieregiment, das 9. Feld-
artillerieregiment und das 11. Infanterieregiment werden sogleich in
ihre Garnisonen zurückkehren.
Gestern wurde zum Transport von Truppen ein Leerzug mit
fünfundvierzig Waggons nach dem Truppenübungsplatz
Grafenwöhr gesandt. Die Mitteilungen wurden hier von maß-
gebender Stelle bestätigt.
Leipzig, 30. Juli.
Die Truppen der Leipziger Garnison, die sich auf
Truppenübungsplätzen befanden, sind sämtlich nach Leipzig zurück-
gekehrt. Sämtliche Urlauber der Marine, soweit sie sich
in Sachsen und Thüringen aufhielten, sind bereits am Montag
nach Kiel und Wilhelmshaven zurückbeordert worden und haben
sich sofort nach ihren Standorten begeben.
Dresden, 30. Juli.
Die Offiziere des Dresdener Reitvereins sind zu ihren Regi-
mentern einberufen worden. Auch die beiden Dresdener Grena-
dierregimenter, die am 17. Juli nach Jüterbog zu Uebungen
abgegangen waren, sind wieder in Dresden eingetroffen, ebenso das
Fußartillerieregiment Nr.19, das sich in Thorn zu Schießübungen
befand. Die Reise des Generalstabs des 19. Armeekorps
wurde wegen der Unsicherheit der Lage in Waldheim in Sachsen
unterbrochen. Die Teilnehmer der Reise sind bereits zu ihren
Truppenkörpern eingerückt.
Köln, 30. Juli.
Meldungen vom Truppenübungsplatz Senne zufolge
sind die dort lagernden Truppen plötzlich alamirt (sic) worden, um
in ihre Garnisonen zurückbefördert zu werden. Zum
Schutze der Rheinbrücken, die seit einigen Tagen durch die
mit Karabinern bewaffneten Eisenbahnbeamten bewacht sind, sind
in der verflossenen Nacht militärische Wachen aufgezogen. Im
rheinisch-westfälischen Industriegebiet erhielten ein-
zelne Werke behördlicherseits die Aufforderung, sämtliche Kolli-
wagen der Eisenbahndirektion zur Verfügung zu
stellen.
Russische Automobile in Lothringen angehalten.
Saarbrücken, 30. Juli.
Großes Aufsehen erregt in Saarlouis die Sistierung von zwei
ausländischen Automobilen, deren Führer zwei
Chauffeure und ein Begleiter, in Saarlouis Rast machten und im
Kaiserhofhotel abgestiegen waren, um zu frühstücken. Dem Besitzer
des Hotels kamen die Wagen verdächtig vor, weshalb er die
Polizei benachrichtigte. Diese untersuchte gemeinsam mit einem
Fahrradhändler die Automobile, und hierbei soll festgestellt worden
sein, daß es zwei russische Generalstabswagen waren. Der Be-
gleiter der beiden Chauffeure, der außer russisch auch französisch
sprach, gab an, daß die beiden Wagen dem russischen Groß-
fürsten Nikolaus und einem Fürsten Orlow gehörten,
die sich mit der Bahn von Frankfurt a. M. nach Paris begeben
hätten. Die beiden Chauffeure, der Begleiter sowie die Wagen
wurden angehalten. Man fand darin eine Schreibmaschine,
einen Feldtisch und Feldstühle. Aus Berlin wurde telegraphische
2. Spalte
Weisung erbeten, was mit den Festgenommenen zu geschehen habe.
Bisher ist Antwort nicht eingetroffen.
16 russische Armeekorps mobil.
London, 30. Juli.
Das Reutersche Bureau erfährt, daß gestern abend im
Süden und Südwesten Rußlands eine teil-
weise Mobilmachung angeordnet worden ist.
Die Mobilisierung beschränkt sich auf die militärischen
Bezirke von Kiew, Odessa, Moskau und Kasan.
In jedem Bezirk stehen vier Armeekorps in
Friedensstärke. Durch die Mobilisation werden
16 Armeekorps auf die Stärke von 32 Armee-
korps gebracht. Kasan ist der Zentralbezirk,
von dem aus die Reserven für die Westgrenze
zusammen gezogen werden.
Wie von der russischen Grenze gemeldet wird, ist die Eisen-
bahnbrücke bei Wirbalen (sic) durch russisches Militär
mit Minen belegt worden. In der Umgebung von Wir-
ballen (das auf russischer Seite Eydtkuhnen gegenüber
liegt) liegen jetzt gegen 6000 Mann Militär, um die Rück-
verbindung aufrecht zu erhalten. Dem Vernehmen nach ist auch
für den Militärbezirk von Libau der Mobilmachungsbefehl
angeordnet worden.
-
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Die Oesterreicher in Belgrad.
Teilweise Mobilmachung in Rußland. - Militärische Maßnahmen Deutschlands.
1. Spalte
Allen Mächten Europas ist es um eine Lokalisierung des
österreichisch-serbischen Krieges zu tun. Ginge es nach Deutsch-
land, Italien, England und Frankreich, so würde jeder Staats-
bürger dieser Länder in aller Seelenruhe seiner friedlichen
Berufstätigkeit nachgehen können. Nur Rußland macht
die Sache des "kleinen Bruders" zu der seinen, und trifft alle
Anstalten, um ihm, falls es ihm an den Kragen geht, mit
seiner Heeresmacht zu Hilfe zu eilen. Rußland hat die
Mobilmachung von 16 Armeekorps angeordnet.
Es hat diese Maßregeln ergriffen, obwohl Oesterreich wieder-
holt erklärt hat, es gehe nicht auf Territorialerwerb in Serbien
aus, Rußland macht mobil, obwohl es weiß, daß Deutschland
kraft des Bündnisvertrages bei einem Angriff Rußlands auf
Oesterreich sich an die Seite der Doppelmonarchie stellen muß,
weil ein starkes Oesterreich Deutschlands Lebensinteresse ist.
Rußland kann nicht einwenden, seine Mobilisierung richte sich
nur gegen die österreichischen Grenzen und ginge uns nichts
an. Wir müssen aus dem angeführten Grunde jede gegen
Oesterreich gerichtete Droh- und Kriegsaktion als eine
Bedrohung Deutschlands auffassen. Militäri-
sche Vorbereitungen Rußlands müssen notwendigerweise
entsprechende Maßnahmen auf deutscher
Seite zur Folge haben.
*
Einberufung des Reichstags?
Geheimrat Jungheim, der Direktor des Reichstages, hat
einen Urlaub abgebrochen und ist in Berlin einge-
troffen. Der Reichstagspräsident Dr. Kämpf weilt
ebenfalls in der Reichshauptstadt.
Militärische Vorbereitungen in Deutschland.
Regensburg, 30. Juli.
Vom Truppenübungsplatz Grafenwöhr wird ge-
meldet: Um elf Uhr vormittags wurde gestern auf dem Truppen-
übungsplatz durch Meldereiter folgender Befehl bekanntgegeben:
"Uebung sofort abbrechen, einrücken, packen und zur Ab-
reise in die Garnison bereit halten."
Das 2. Fußartillerieregiment in Metz ist sofort abgereist. Das
4. Feldartillerieregiment, das 6. Infanterieregiment, das 9. Feld-
artillerieregiment und das 11. Infanterieregiment werden sogleich in
ihre Garnisonen zurückkehren.
Gestern wurde zum Transport von Truppen ein Leerzug mit
fünfundvierzig Waggons nach dem Truppenübungsplatz
Grafenwöhr gesandt. Die Mitteilungen wurden hier von maß-
gebender Stelle bestätigt.
Leipzig, 30. Juli.
Die Truppen der Leipziger Garnison, die sich auf
Truppenübungsplätzen befanden, sind sämtlich nach Leipzig zurück-
gekehrt. Sämtliche Urlauber der Marine, soweit sie sich
in Sachsen und Thüringen aufhielten, sind bereits am Montag
nach Kiel und Wilhelmshaven zurückbeordert worden und haben
sich sofort nach ihren Standorten begeben.
Dresden, 30. Juli.
Die Offiziere des Dresdener Reitvereins sind zu ihren Regi-
mentern einberufen worden. Auch die beiden Dresdener Grena-
dierregimenter, die am 17. Juli nach Jüterbog zu Uebungen
abgegangen waren, sind wieder in Dresden eingetroffen, ebenso das
Fußartillerieregiment Nr.19, das sich in Thorn zu Schießübungen
befand. Die Reise des Generalstabs des 19. Armeekorps
wurde wegen der Unsicherheit der Lage in Waldheim in Sachsen
unterbrochen. Die Teilnehmer der Reise sind bereits zu ihren
Truppenkörpern eingerückt.
Köln, 30. Juli.
Meldungen vom Truppenübungsplatz Senne zufolge
sind die dort lagernden Truppen plötzlich alamirt (sic) worden, um
in ihre Garnisonen zurückbefördert zu werden. Zum
Schutze der Rheinbrücken, die seit einigen Tagen durch die
mit Karabinern bewaffneten Eisenbahnbeamten bewacht sind, sind
in der verflossenen Nacht militärische Wachen aufgezogen. Im
rheinisch-westfälischen Industriegebiet erhielten ein-
zelne Werke behördlicherseits die Aufforderung, sämtliche Kolli-
wagen der Eisenbahndirektion zur Verfügung zu
stellen.
Russische Automobile in Lothringen angehalten.
Saarbrücken, 30. Juli.
Großes Aufsehen erregt in Saarlouis die Sistierung von zwei
ausländischen Automobilen, deren Führer zwei
Chauffeure und ein Begleiter, in Saarlouis Rast machten und im
Kaiserhofhotel abgestiegen waren, um zu frühstücken. Dem Besitzer
des Hotels kamen die Wagen verdächtig vor, weshalb er die
Polizei benachrichtigte. Diese untersuchte gemeinsam mit einem
Fahrradhändler die Automobile, und hierbei soll festgestellt worden
sein, daß es zwei russische Generalstabswagen waren. Der Be-
gleiter der beiden Chauffeure, der außer russisch auch französisch
sprach, gab an, daß die beiden Wagen dem russischen Groß-
fürsten Nikolaus und einem Fürsten Orlow gehörten,
die sich mit der Bahn von Frankfurt a. M. nach Paris begeben
hätten. Die beiden Chauffeure, der Begleiter sowie die Wagen
wurden angehalten. Man fand darin eine Schreibmaschine,
einen Feldtisch und Feldstühle. Aus Berlin wurde telegraphische
2. Spalte
Weisung erbeten, was mit den Festgenommenen zu geschehen habe.
Bisher ist Antwort nicht eingetroffen.
16 russische Armeekorps mobil.
London, 30. Juli.
Das Reutersche Bureau erfährt, daß gestern abend im
Süden und Südwesten Rußlands eine teil-
weise Mobilmachung angeordnet worden ist.
Die Mobilisierung beschränkt sich auf die militärischen
Bezirke von Kiew, Odessa, Moskau und Kasan.
In jedem Bezirk stehen vier Armeekorps in
Friedensstärke. Durch die Mobilisation werden
16 Armeekorps auf die Stärke von 32 Armee-
korps gebracht. Kasan ist der Zentralbezirk,
von dem aus die Reserven für die Westgrenze
zusammen gezogen werden.
Wie von der russischen Grenze gemeldet wird, ist die Eisen-
bahnbrücke bei Wirbalen durch russisches Militär
mit Minen belegt worden. In der Umgebung von Wir-
ballen (das auf russischer Seite Eydtkuhnen gegenüber
liegt) liegen jetzt gegen 6000 Mann Militär, um die Rück-
verbindung aufrecht zu erhalten. Dem Vernehmen nach ist auch
für den Militärbezirk von Libau der Mobilmachungsbefehl
angeordnet worden.
-
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Erscheint täglich, mit Ausnahme der Tage nach den Sonn-
und Feiertagen. Insertionspreis für die Zeile 60 Pf. Kleine
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Die Oesterreicher in Belgrad.
Teilweise Mobilmachung in Rußland. - Militärische Maßnahmen Deutschlands.
1. Spalte
Allen Mächten Europas ist es um eine Lokalisierung des
österreichisch-serbischen Krieges zu tun. Ginge es nach Deutsch-
land, Italien, England und Frankreich, so würde jeder Staats-
bürger dieser Länder in aller Seelenruhe seiner friedlichen
Berufstätigkeit nachgehen können. Nur Rußland macht
die Sache des "kleinen Bruders" zu der seinen, und trifft alle
Anstalten, um ihm, falls es ihm an den Kragen geht, mit
seiner Heeresmacht zu Hilfe zu eilen. Rußland hat die
Mobilmachung von 16 Armeekorps angeordnet.
Es hat diese Maßregeln ergriffen, obwohl Oesterreich wieder-
holt erklärt hat, es gehe nicht auf Territorialerwerb in Serbien
aus, Rußland macht mobil, obwohl es weiß, daß Deutschland
kraft des Bündnisvertrages bei einem Angriff Rußlands auf
Oesterreich sich an die Seite der Doppelmonarchie stellen muß,
weil ein starkes Oesterreich Deutschlands Lebensinteresse ist.
Rußland kann nicht einwenden, seine Mobilisierung richte sich
nur gegen die österreichischen Grenzen und ginge uns nichts
an. Wir müssen aus dem angeführten Grunde jede gegen
Oesterreich gerichtete Droh- und Kriegsaktion als eine
Bedrohung Deutschlands auffassen. Militäri-
sche Vorbereitungen Rußlands müssen notwendigerweise
entsprechende Maßnahmen auf deutscher
Seite zur Folge haben.
*
Einberufung des Reichstags?
Geheimrat Jungheim, der Direktor des Reichstages, hat
einen Urlaub abgebrochen und ist in Berlin einge-
troffen. Der Reichstagspräsident Dr. Kämpf weilt
ebenfalls in der Reichshauptstadt.
Militärische Vorbereitungen in Deutschland.
Regensburg, 30. Juli.
Vom Truppenübungsplatz Grafenwöhr wird ge-
meldet: Um elf Uhr vormittags wurde gestern auf dem Truppen-
übungsplatz durch Meldereiter folgender Befehl bekanntgegeben:
"Uebung sofort abbrechen, einrücken, packen und zur Ab-
reise in die Garnison bereit halten."
Das 2. Fußartillerieregiment in Metz ist sofort abgereist. Das
4. Feldartillerieregiment, das 6. Infanterieregiment, das 9. Feld-
artillerieregiment und das 11. Infanterieregiment werden sogleich in
ihre Garnisonen zurückkehren.
Gestern wurde zum Transport von Truppen ein Leerzug mit
fünfundvierzig Waggons nach dem Truppenübungsplatz
Grafenwöhr gesandt. Die Mitteilungen wurden hier von maß-
gebender Stelle bestätigt.
Leipzig, 30. Juli.
Die Truppen der Leipziger Garnison, die sich auf
Truppenübungsplätzen befanden, sind sämtlich nach Leipzig zurück-
gekehrt. Sämtliche Urlauber der Marine, soweit sie sich
in Sachsen und Thüringen aufhielten, sind bereits am Montag
nach Kiel und Wilhelmshaven zurückbeordert worden und haben
sich sofort nach ihren Standorten begeben.
Dresden, 30. Juli.
Die Offiziere des Dresdener Reitvereins sind zu ihren Regi-
mentern einberufen worden. Auch die beiden Dresdener Grena-
dierregimenter, die am 17. Juli nach Jüterbog zu Uebungen
abgegangen waren, sind wieder in Dresden eingetroffen, ebenso das
Fußartillerieregiment Nr.19, das sich in Thorn zu Schießübungen
befand. Die Reise des Generalstabs des 19. Armeekorps
wurde wegen der Unsicherheit der Lage in Waldheim in Sachsen
unterbrochen. Die Teilnehmer der Reise sind bereits zu ihren
Truppenkörpern eingerückt.
Köln, 30. Juli.
Meldungen vom Truppenübungsplatz Senne zufolge
sind die dort lagernden Truppen plötzlich alamirt (sic) worden, um
in ihre Garnisonen zurückbefördert zu werden. Zum
Schutze der Rheinbrücken, die seit einigen Tagen durch die
mit Karabinern bewaffneten Eisenbahnbeamten bewacht sind, sind
in der verflossenen Nacht militärische Wachen aufgezogen. Im
rheinisch-westfälischen Industriegebiet erhielten ein-
zelne Werke behördlicherseits die Aufforderung, sämtliche Kolli-
wagen der Eisenbahndirektion zur Verfügung zu
stellen.
Russische Automobile in Lothringen angehalten.
Saarbrücken, 30. Juli.
Großes Aufsehen erregt in Saarlouis die Sistierung von zwei
ausländischen Automobilen, deren Führer zwei
Chauffeure und ein Begleiter, in Saarlouis Rast machten und im
Kaiserhofhotel abgestiegen waren, um zu frühstücken. Dem Besitzer
des Hotels kamen die Wagen verdächtig vor, weshalb er die
Polizei benachrichtigte. Diese untersuchte gemeinsam mit einem
Fahrradhändler die Automobile, und hierbei soll festgestellt worden
sein, daß es zwei russische Generalstabswagen waren. Der Be-
gleiter der beiden Chauffeure, der außer russisch auch französisch
sprach, gab an, daß die beiden Wagen dem russischen Groß-
fürsten Nikolaus und einem Fürsten Orlow gehörten,
die sich mit der Bahn von Frankfurt a. M. nach Paris begeben
hätten. Die beiden Chauffeure, der Begleiter sowie die Wagen
wurden angehalten. Man fand darin eine Schreibmaschine,
einen Feldtisch und Feldstühle. Aus Berlin wurde telegraphische
2. Spalte
Weisung erbeten, was mit den Festgenommenen zu geschehen habe.
Bisher ist Antwort nicht eingetroffen.
16 russische Armeekorps mobil.
London, 30. Juli.
Das Reutersche Bureau erfährt, daß gestern abend im
Süden und Südwesten Rußlands eine teil-
weise Mobilmachung angeordnet worden ist.
Die Mobilisierung beschränkt sich auf die militärischen
Bezirke von Kiew, Odessa, Moskau und Kasan.
In jedem Bezirk stehen vier Armeekorps in
Friedensstärke. Durch die Mobilisation werden
16 Armeekorps auf die Stärke von 32 Armee-
korps gebracht. Kasan ist der Zentralbezirk,
von dem aus die Reserven für die Westgrenze
zusammen gezogen werden.
Wie von de russischen Grenze gemeldet wird, ist die Eisen-
bahnbrücke bei Wirbalen durch russisches Militär
mit Minen belegt worden. In der Umgebung von Wir-
ballen (das auf russischer Seite Eydtkuhnen gegenüber
liegt) liegen jetzt gegen 6000 Mann Militär, um die Rück-
verbindung aufrecht zu erhalten. Dem Vernehmen nach ist auch
für den Militärbezirk von Libau der Mobilmachungsbefehl
angeordnet worden.
-
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Nr. 177. XXVI. Jahrgang Berliner Freitag, 31. Juli 1914
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Teilweise Mobilmachung in Rußland. - Militärische Maßnahmen Deutschlands.
1. Spalte
Allen Mächten Europas ist es um eine Lokalisierung des
österreichisch-serbischen Krieges zu tun. Ginge es nach Deutsch-
land, Italien, England und Frankreich, so würde jeder Staats-
bürger dieser Länder in aller Seelenruhe seiner friedlichen
Berufstätigkeit nachgehen können. Nur Rußland macht
die Sache des "kleinen Bruders" zu der seinen, und trifft alle
Anstalten, um ihm, falls es ihm an den Kragen geht, mit
seiner Heeresmacht zu Hilfe zu eilen. Rußland hat die
Mobilmachung von 16 Armeekorps angeordnet.
Es hat diese Maßregeln ergriffen, obwohl Oesterreich wieder-
holt erklärt hat, es gehe nicht auf Territorialerwerb in Serbien
aus, Rußland macht mobil, obwohl es weiß, daß Deutschland
kraft des Bündnisvertrages bei einem Angriff Rußlands auf
Oesterreich sich an die Seite der Doppelmonarchie stellen muß,
weil ein starkes Oesterreich Deutschlands Lebensinteresse ist.
Rußland kann nicht einwenden, seine Mobilisierung richte sich
nur gegen die österreichischen Grenzen und ginge uns nichts
an. Wir müssen aus dem angeführten Grunde jede gegen
Oesterreich gerichtete Droh- und Kriegsaktion als eine
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*
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Militärische Vorbereitungen in Deutschland.
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Vom Truppenübungsplatz Grafenwöhr wird ge-
meldet: Um elf Uhr vormittags wurde gestern auf dem Truppen-
übungsplatz durch Meldereiter folgender Befehl bekanntgegeben:
"Uebung sofort abbrechen, einrücken, packen und zur Ab-
reise in die Garnison bereit halten."
Das 2. Fußartillerieregiment in Metz ist sofort abgereist. Das
4. Feldartillerieregiment, das 6. Infanterieregiment, das 9. Feld-
artillerieregiment und das 11. Infanterieregiment werden sogleich in
ihre Garnisonen zurückkehren.
Gestern wurde zum Transport von Truppen ein Leerzug mit
fünfundvierzig Waggons nach dem Truppenübungsplatz
Grafenwöhr gesandt. Die Mitteilungen wurden hier von maß-
gebender Stelle bestätigt.
Leipzig, 30. Juli.
Die Truppen der Leipziger Garnison, die sich auf
Truppenübungsplätzen befanden, sind sämtlich nach Leipzig zurück-
gekehrt. Sämtliche Urlauber der Marine, soweit sie sich
in Sachsen und Thüringen aufhielten, sind bereits am Montag
nach Kiel und Wilhelmshaven zurückbeordert worden und haben
sich sofort nach ihren Standorten begeben.
Dresden, 30. Juli.
Die Offiziere des Dresdener Reitvereins sind zu ihren Regi-
mentern einberufen worden. Auch die beiden Dresdener Grena-
dierregimenter, die am 17. Juli nach Jüterbog zu Uebungen
abgegangen waren, sind wieder in Dresden eingetroffen, ebenso das
Fußartillerieregiment Nr.19, das sich in Thorn zu Schießübungen
befand. Die Reise des Generalstabs des 19. Armeekorps
wurde wegen der Unsicherheit der Lage in Waldheim in Sachsen
unterbrochen. Die Teilnehmer der Reise sind bereits zu ihren
Truppenkörpern eingerückt. zu werden. Zum
Köln, 30. Juli.
Meldungen vom Truppenübungsplatz Senne zufolge
sind die dort lagernden Truppen plötzlich alamirt (sic) worden, um
in ihre Garnisonen zurückbefördert zu werden. Zum
Schutze der Rheinbrücken, die seit einigen Tagen durch die
mit Karabinern bewaffneten Eisenbahnbeamten bewacht sind, sind
in der verflossenen Nacht militärische Wachen aufgezogen. Im
rheinisch-westfälischen Industriegebiet erhielten ein-
zelne Werke behördlicherseits die Aufforderung, sämtliche Kolli-
wagen der Eisenbahndirektion zur Verfügung zu
stellen.
Russische Automobile in Lothringen angehalten.
Saarbrücken, 30. Juli.
Großes Aufsehen erregt in Saarlouis die Sistierung von zwei
ausländischen Automobilen, deren Führer zwei
Chauffeure und ein Begleiter, in Saarlouis Rast machten und im
Kaiserhofhotel abgestiegen waren, um zu frühstücken. Dem Besitzer
des Hotels kamen die Wagen verdächtig vor, weshalb er die
Polizei benachrichtigte. Diese untersuchte gemeinsam mit einem
Fahrradhändler die Automobile, und hierbei soll festgestellt worden
sein, daß es zwei russische Generalstabswagen waren. Der Be-
gleiter der beiden Chauffeure, der außer russisch auch französisch
sprach, gab an, daß die beiden Wagen dem russischen Groß-
fürsten Nikolaus und einem Fürsten Orlow gehörten,
die sich mit der Bahn von Frankfurt a. M. nach Paris begeben
hätten. Die beiden Chauffeure, der Begleiter sowie die Wagen
wurden angehalten. Man fand darin eine Schreibmaschine,
einen Feldtisch und Feldstühle. Aus Berlin wurde telegraphische
2. Spalte
Weisung erbeten, was mit den Festgenommenen zu geschehen habe.
Bisher ist Antwort nicht eingetroffen.
-
item 5
Nr. 177. XXVI. Jahrgang Berliner Freitag, 31. Juli 1914
M o r g e n = Z e i t u n g
mit
Täglichem Unterhaltungs-Blatt . Illustrierter Moden-Zeitung
Illustrierter Familien-Zeitung . Illustierter Kinder-Zeitung
Haus Feld Garten . Technischer Umschau . Lustiger Ecke
Man abonniert bei allen Reichs-Postanstalten sowie Land-
briefträgern für 1 M. 65 Pf. viertelj. oder 55 Pf. monatl.;
Zustellung durch den Briefträger viertelj. 42 Pf. mehr. Unsere
Agenturen liefern das Blatt für 70 Pf. monatlich frei Haus.
Erscheint täglich, mit Ausnahme der Tage nach den Sonn-
und Feiertagen. Insertionspreis für die Zeile 60 Pf. Kleine
Anzeigen 10 Pf. das Wort; das fette Einleitungswort 20 Pf.
Redaktion und Expedition Berlin 3 W. Jerusalemer Straße 40-43
Die Oesterreicher in Belgrad.
Teilweise Mobilmachung in Rußland. - Militärische Maßnahmen Deutschlands.
1. Spalte
Allen Mächten Europas ist es um eine Lokalisierung des
österreichisch-serbischen Krieges zu tun. Ginge es nach Deutsch-
land, Italien, England und Frankreich, so würde jeder Staats-
bürger dieser Länder in aller Seelenruhe seiner friedlichen
Berufstätigkeit nachgehen können. Nur Rußland macht
die Sache des "kleinen Bruders" zu der seinen, und trifft alle
Anstalten, um ihm, falls es ihm an den Kragen geht, mit
seiner Heeresmacht zu Hilfe zu eilen. Rußland hat die
Mobilmachung von 16 Armeekorps angeordnet.
Es hat diese Maßregeln ergriffen, obwohl Oesterreich wieder-
holt erklärt hat, es gehe nicht auf Territorialerwerb in Serbien
aus, Rußland macht mobil, obwohl es weiß, daß Deutschland
kraft des Bündnisvertrages bei einem Angriff Rußlands auf
Oesterreich sich an die Seite der Doppelmonarchie stellen muß,
weil ein starkes Oesterreich Deutschlands Lebensinteresse ist.
Rußland kann nicht einwenden, seine Mobilisierung richte sich
nur gegen die österreichischen Grenzen und ginge uns nichts
an. Wir müssen aus dem angeführten Grunde jede gegen
Oesterreich gerichtete Droh- und Kriegsaktion als eine
Bedrohung Deutschlands auffassen. Militäri-
sche Vorbereitungen Rußlands müssen notwendigerweise
entsprechende Maßnahmen auf deutscher
Seite zur Folge haben.
*
Einberufung des Reichstags?
Geheimrat Jungheim, der Direktor des Reichstages, hat
einen Urlaub abgebrochen und ist in Berlin einge-
troffen. Der Reichstagspräsident Dr. Kämpf weilt
ebenfalls in der Reichshauptstadt.
Militärische Vorbereitungen in Deutschland.
Regensburg, 30. Juli.
Vom Truppenübungsplatz Grafenwöhr wird ge-
meldet: Um elf Uhr vormittags wurde gestern auf dem Truppen-
übungsplatz durch Meldereiter folgender Befehl bekanntgegeben:
"Uebung sofort abbrechen, einrücken, packen und zur Ab-
reise in die Garnison bereit halten."
Das 2. Fußartillerieregiment in Metz ist sofort abgereist. Das
4. Feldartillerieregiment, das 6. Infanterieregiment, das 9. Feld-
artillerieregiment und das 11. Infanterieregiment werden sogleich in
ihre Garnisonen zurückkehren.
Gestern wurde zum Transport von Truppen ein Leerzug mit
fünfundvierzig Waggons nach dem Truppenübungsplatz
Grafenwöhr gesandt. Die Mitteilungen wurden hier von maß-
gebender Stelle bestätigt.
Leipzig, 30. Juli.
Die Truppen der Leipziger Garnison, die sich auf
Truppenübungsplätzen befanden, sind sämtlich nach Leipzig zurück-
gekehrt. Sämtliche Urlauber der Marine, soweit sie sich
in Sachsen und Thüringen aufhielten, sind bereits am Montag
nach Kiel und Wilhelmshaven zurückbeordert worden und haben
sich sofort nach ihren Standorten begeben.
Dresden, 30. Juli.
Die Offiziere des Dresdener Reitvereins sind zu ihren Regi-
mentern einberufen worden. Auch die beiden Dresdener Grena-
dierregimenter, die am 17. Juli nach Jüterbog zu Uebungen
abgegangen waren, sind wieder in Dresden eingetroffen, ebenso das
Fußartillerieregiment Nr.19, das sich in Thorn zu Schießübungen
befand. Die Reise des Generalstabs des 19. Armeekorps
wurde wegen der Unsicherheit der Lage in Waldheim in Sachsen
unterbrochen. Die Teilnehmer der Reise sind bereits zu ihren
Truppenkörpern eingerückt. zu werden. Zum
Köln, 30. Juli.
Meldungen vom Truppenübungsplatz Senne zufolge
sind die dort lagernden Truppen plötzlich alamirt (sic) worden, um
in ihre Garnisonen zurückbefördert zu werden. Zum
Schutze der Rheinbrücken, die seit einigen Tagen durch die
mit Karabinern bewaffneten Eisenbahnbeamten bewacht sind, sind
in der verflossenen Nacht militärische Wachen aufgezogen. Im
rheinisch-westfälischen Industriegebiet erhielten ein-
zelne Werke behördlicherseits die Aufforderung, sämtliche Kolli-
wagen der Eisenbahndirektion zur Verfügung zu
stellen.
Russische Automobile in Lothringen angehalten.
Saarbrücken, 30. Juli.
Großes Aufsehen erregt in Saarlouis die Sistierung von zwei
ausländischen Automobilen, deren Führer zwei
Chauffeure und ein Begleiter, in Saarlois Rast machten und im
Kaiserhofhotel abgestiegen waren, um zu frühstücken. Dem Besitzer
des Hotels kamen die Wagen verdächtig vor, weshalb er die
Polizei benachrichtigte. Diese untersuchte gemeinsam mit einem
Fahrradhändler die Automobile, und hierbei soll festgestellt worden
sein, daß es zwei russische Generalstabswagen waren. Der Be-
gleiter der beiden Chauffeure, der außer russisch auch franrösische
sprach, gab an, daß die beiden Wagen dem russischen Groß-
fürsten Nikolaus und einem Fürsten Orlow gehörten,
die sich mit der Bahn von Frankfurt a. M. nach Paris begeben
hätten. Die beiden Chauffeure, der Begleiter sowie die Wagen
wurden angehalten. Man fand darin eine Schreibmaschine,
einen Feldtisch und Feldstühle. Aus Berlin wurde telegraphische
2. Spalte
Weisung erbeten, was mit den Festgenommenen zu geschehen habe.
Bisher ist Antwort nicht eingetroffen.
-
item 5
Nr. 177. XXVI. Jahrgang Berliner Freitag, 31. Juli 1914
M o r g e n = Z e i t u n g
mit
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und Feiertagen. Insertionspreis für die Zeile 60 Pf. Kleine
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Die Oesterreicher in Belgrad.
Teilweise Mobilmachung in Rußland. - Militärische Maßnahmen Deutschlands.
1. Spalte
Allen Mächten Europas ist es um eine Lokalisierung des
österreichisch-serbischen Krieges zu tun. Ginge es nach Deutsch-
land, Italien, England und Frankreich, so würde jeder Staats-
bürger dieser Länder in aller Seelenruhe seiner friedlichen
Berufstätigkeit nachgehen können. Nur Rußland macht
die Sache des "kleinen Bruders" zu der seinen, und trifft alle
Anstalten, um ihm, falls es ihm an den Kragen geht, mit
seiner Heeresmacht zu Hilfe zu eilen. Rußland hat die
Mobilmachung von 16 Armeekorps angeordnet.
Es hat diese Maßregeln ergriffen, obwohl Oesterreich wieder-
holt erklärt hat, es gehe nicht auf Territorialerwerb in Serbien
aus, Rußland macht mobil, obwohl es weiß, daß Deutschland
kraft des Bündnisvertrages bei einem Angriff Rußlands auf
Oesterreich sich an die Seite der Doppelmonarchie stellen muß,
weil ein starkes Oesterreich Deutschlands Lebensinteresse ist.
Rußland kann nicht einwenden, seine Mobilisierung richte sich
nur gegen die österreichischen Grenzen und ginge uns nichts
an. Wir müssen aus dem angeführten Grunde jede gegen
Oesterreich gerichtete Droh- und Kriegsaktion als eine
Bedrohung Deutschlands auffassen. Militäri-
sche Vorbereitungen Rußlands müssen notwendigerweise
entsprechende Maßnahmen auf deutscher
Seite zur Folge haben.
*
Einberufung des Reichstags?
Geheimrat Jungheim, der Direktor des Reichstages, hat
einen Urlaub abgebrochen und ist in Berlin einge-
troffen. Der Reichstagspräsident Dr. Kämpf weilt
ebenfalls in der Reichshauptstadt.
Militärische Vorbereitungen in Deutschland.
Regensburg, 30. Juli.
Vom Truppenübungsplatz Grafenwöhr wird ge-
meldet: Um elf Uhr vormittags wurde gestern auf dem Truppen-
übungsplatz durch Meldereiter folgender Befehl bekanntgegeben:
"Uebung sofort abbrechen, einrücken, packen und zur Ab-
reise in die Garnison bereit halten."
Das 2. Fußartillerieregiment in Metz ist sofort abgereist. Das
4. Feldartillerieregiment, das 6. Infanterieregiment, das 9. Feld-
artillerieregiment und das 11. Infanterieregiment werden sogleich in
ihre Garnisonen zurückkehren.
Gestern wurde zum Transport von Truppen ein Leerzug mit
fünfundvierzig Waggons nach dem Truppenübungsplatz
Grafenwöhr gesandt. Die Mitteilungen wurden hier von maß-
gebender Stelle bestätigt.
Leipzig, 30. Juli.
Die Truppen der Leipziger Garnison, die sich auf
Truppenübungsplätzen befanden, sind sämtlich nach Leipzig zurück-
gekehrt. Sämtliche Urlauber der Marine, soweit sie sich
in Sachsen und Thüringen aufhielten, sind bereits am Montag
nach Kiel und Wilhelmshaven zurückbeordert worden und haben
sich sofort nach ihren Standorten begeben.
Dresden, 30. Juli.
Die Offiziere des Dresdener Reitvereins sind zu ihren Regi-
mentern einberufen worden. Auch die beiden Dresdener Grena-
dierregimenter, die am 17. Juli nach Jüterbog zu Uebungen
abgegangen waren, sind wieder in Dresden eingetroffen, ebenso das
Fußartillerieregiment Nr.19, das sich in Thorn zu Schießübungen
befand. Die Reise des Generalstabs des 19. Armeekorps
wurde wegen der Unsicherheit der Lage in Waldheim in Sachsen
unterbrochen. Die Teilnehmer der Reise sind bereits zu ihren
Truppenkörpern eingerückt. zu werden. Zum
Köln, 30. Juli.
Meldungen vom Truppenübungsplatz Senne zufolge
sind die dort lagernden Truppen plötzlich alamirt (sic) worden, um
in ihre Garnisonen zurückbefördert zu werden. Zum
Schutze der Rheinbrücken, die seit einigen Tagen durch die
mit Karabinern bewaffneten Eisenbahnbeamten bewacht sind, sind
in der verflossenen Nacht militärische Wachen aufgezogen. Im
rheinisch-westfälischen Industriegebiet erhielten ein-
zelne Werke behördlicherseits die Aufforderung, sämtliche Kolli-
wagen der Eisenbahndirektion zur Verfügung zu
stellen.
Russische Automobile in Lothringen angehalten.
Saarbrücken, 30. Juli.
Großes Aufsehen erregt in Saarlouis die Sistierung von zwei
ausländischen Automobilen, deren Führer zwei
Chauffeure und ein Begleiter, in Saarlois Rast machten und im
Kaiserhofhotel abgestiegen waren, um zu frühstücken. Dem Besitzer
des Hotels kamen die Wagen verdächtig vor, weshalb er die
Polizei benachrichtigte. Diese untersuchte gemeinsam mit einem
Fahrradhändler die Automobile, und hierbei soll festgestellt worden
sein, daß es zwei russische Generalstabswagen waren. Der Be-
gleiter der beiden Chauffeure, der außer russisch auch franrösische
sprach, gab an, daß die beiden Wagen dem russischen Groß-
fürsten Nikolaus und einem Fürsten Orlow gehörten,
die sich mit der Bahn von Frankfurt a. M. nach Paris begeben
hätten. Die beiden Chauffeure, der Begleiter sowie die Wagen
wurden angehalten. Man fand darin eine Schreibmaschine,
einen Feldtisch und Feldstühle. Aus Berlin wurde telegraphische
2. Spalte
Weisung erbeten, was mit den Festgenommenen zu geschehen habe.
Bisher ist Antwort ich eingetroffen.
-
item 5
Nr. 177. XXVI. Jahrgang Berliner Freitag, 31. Juli 1914
M o r g e n = Z e i t u n g
mit
Täglichem Unterhaltungs-Blatt . Illustrierter Moden-Zeitung
Illustrierter Familien-Zeitung . Illustierter Kinder-Zeitung
Haus Feld Garten . Technischer Umschau . Lustiger Ecke
Man abonniert bei allen Reichs-Postanstalten sowie Land-
briefträgern für 1 M. 65 Pf. viertelj. oder 55 Pf. monatl.;
Zustellung durch den Briefträger viertelj. 42 Pf. mehr. Unsere
Agenturen liefern das Blatt für 70 Pf. monatlich frei Haus.
Erscheint täglich, mit Ausnahme der Tage nach den Sonn-
und Feiertagen. Insertionspreis für die Zeile 60 Pf. Kleine
Anzeigen 10 Pf. das Wort; das fette Einleitungswort 20 Pf.
Redaktion und Expedition Berlin 3 W. Jerusalemer Straße 40-43
Die Oesterreicher in Belgrad.
Teilweise Mobilmachung in Rußland. - Militärische Maßnahmen Deutschlands.
1. Spalte
Allen Mächten Europas ist es um eine Lokalisierung des
österreichisch-serbischen Krieges zu tun. Ginge es nach Deutsch-
land, Italien, England und Frankreich, so würde jeder Staats-
bürger dieser Länder in aller Seelenruhe seiner friedlichen
Berufstätigkeit nachgehen können. Nur Rußland macht
die Sache des "kleinen Bruders" zu der seinen, und trifft alle
Anstalten, um ihm, falls es ihm an den Kragen geht, mit
seiner Heeresmacht zu Hilfe zu eilen. Rußland hat die
Mobilmachung von 16 Armeekorps angeordnet.
Es hat diese Maßregeln ergriffen, obwohl Oesterreich wieder-
holt erklärt hat, es gehe nicht auf Territorialerwerb in Serbien
aus, Rußland macht mobil, obwohl es weiß, daß Deutschland
kraft des Bündnisvertrages bei einem Angriff Rußlands auf
Oesterreich sich an die Seite der Doppelmonarchie stellen muß,
weil ein starkes Oesterreich Deutschlands Lebensinteresse ist.
Rußland kann nicht einwenden, seine Mobilisierung richte sich
nur gegen die österreichischen Grenzen und ginge uns nichts
an. Wir müssen aus dem angeführten Grunde jede gegen
Oesterreich gerichtete Droh- und Kriegsaktion als eine
Bedrohung Deutschlands auffassen. Militäri-
sche Vorbereitungen Rußlands müssen notwendigerweise
entsprechende Maßnahmen auf deutscher
Seite zur Folge haben.
*
Einberufung des Reichstags?
Geheimrat Jungheim, der Direktor des Reichstages, hat
einen Urlaub abgebrochen und ist in Berlin einge-
troffen. Der Reichstagspräsident Dr. Kämpf weilt
ebenfalls in der Reichshauptstadt.
Militärische Vorbereitungen in Deutschland.
Regensburg, 30. Juli.
Vom Truppenübungsplatz Grafenwöhr wird ge-
meldet: Um elf Uhr vormittags wurde gestern auf dem Truppen-
übungsplatz durch Meldereiter folgender Befehl bekanntgegeben:
"Uebung sofort abbrechen, einrücken, packen und zur Ab-
reise in die Garnison bereit halten."
Das 2. Fußartillerieregiment in Metz ist sofort abgereist. Das
4. Feldartillerieregiment, das 6. Infanterieregiment, das 9. Feld-
artillerieregiment und das 11. Infanterieregiment werden sogleich in
ihre Garnisonen zurückkehren.
Gestern wurde zum Transport von Truppen ein Leerzug mit
fünfundvierzig Waggons nach dem Truppenübungsplatz
Grafenwöhr gesandt. Die Mitteilungen wurden hier von maß-
gebender Stelle bestätigt.
Leipzig, 30. Juli.
Die Truppen der Leipziger Garnison, die sich auf
Truppenübungsplätzen befanden, sind sämtlich nach Leipzig zurück-
gekehrt. Sämtliche Urlauber der Marine, soweit sie sich
in Sachsen und Thüringen aufhielten, sind bereits am Montag
nach Kiel und Wilhelmshaven zurückbeordert worden und haben
sich sofort nach ihren Standorten begeben.
Dresden, 30. Juli.
Die Offiziere des Dresdener Reitvereins sind zu ihren Regi-
mentern einberufen worden. Auch die beiden Dresdener Grena-
dierregimenter, die am 17. Juli nach Jüterbog zu Uebungen
abgegangen waren, sind wieder in Dresden eingetroffen, ebenso das
Fußartillerieregiment Nr.19, das sich in Thorn zu Schießübungen
befand. Die Reise des Generalstabs des 19. Armeekorps
wurde wegen der Unsicherheit der Lage in Waldheim in Sachsen
unterbrochen. Die Teilnehmer der Reise sind bereits zu ihren
Truppenkörpern eingerückt. zu werden. Zum
Köln, 30. Juli.
Meldungen vom Truppenübungsplatz Senne zufolge
sind die dort lagernden Truppen plötzlich alamirt (sic) worden, um
in ihre Garnisonen zurückbefördert zu werden. Zum
Schutze der Rheinbrücken, die seit einigen Tagen durch die
mit Karabinern bewaffneten Eisenbahnbeamten bewacht sind, sind
in der verflossenen Nacht militärische Wachen aufgezogen. Im
rheinisch-westfälischen Industriegebiet erhielten ein-
zelne Werke behördlicherseits die Aufforderung, sämtliche Kolli-
wagen der Eisenbahndirektion zur Verfügung zu
stellen.
Russische Automobile in Lothringen angehalten.
Saarbrücken, 30. Juli.
Großes Aufsehen erregt in Saarlouis die Sistierung von zwei
ausländischen Automobilen, deren Führer zwei
Chauffeure und ein Begleiter, in Saarlois Rast machten und im
Kaiserhofhotel abgestiegen waren, um zu frühstücken. Dem Besitzer
des Hotels kamen die Wagen verdächtig vor, weshalb er die
Polizei benachrichtigte. Diese untersuchte gemeinsam mit einem
Fahrradhändler die Automobile, und hierbei soll festgestellt worden
sein, daß es zwei russische Generalstabswagen waren. Der Be-
gleiter der beiden Chauffeure, der außer russisch auch franrösische
sprach, gab an, daß die beiden Wagen dem russischen Groß-
fürsten Nikolaus und einem Fürsten Orlow gehörten,
die sich mit der Bahn von Frankfurt a. M. nach Paris begeben
hätten. Die beiden Chauffeure, der Begleiter sowie die Wagen
wurden angehalten. Man fand darin eine Schreibmaschine,
einen Feldtisch und Feldstühle. Aus Berlin wurde telegraphische
2. Spalte
-
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Erscheint täglich, mit Ausnahme der Tage nach den Sonn-
und Feiertagen. Insertionspreis für die Zeile 60 Pf. Kleine
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Redaktion und Expedition Berlin 3 W. Jerusalemer Straße 40-43
Die Oesterreicher in Belgrad.
Teilweise Mobilmachung in Rußland. - Militärische Maßnahmen Deutschlands.
1. Spalte
Allen Mächten Europas ist es um eine Lokalisierung des
österreichisch-serbischen Krieges zu tun. Ginge es nach Deutsch-
land, Italien, England und Frankreich, so würde jeder Staats-
bürger dieser Länder in aller Seelenruhe seiner friedlichen
Berufstätigkeit nachgehen können. Nur Rußland macht
die Sache des "kleinen Bruders" zu der seinen, und trifft alle
Anstalten, um ihm, falls es ihm an den Kragen geht, mit
seiner Heeresmacht zu Hilfe zu eilen. Rußland hat die
Mobilmachung von 16 Armeekorps angeordnet.
Es hat diese Maßregeln ergriffen, obwohl Oesterreich wieder-
holt erklärt hat, es gehe nicht auf Territorialerwerb in Serbien
aus, Rußland macht mobil, obwohl es weiß, daß Deutschland
kraft des Bündnisvertrages bei einem Angriff Rußlands auf
Oesterreich sich an die Seite der Doppelmonarchie stellen muß,
weil ein starkes Oesterreich Deutschlands Lebensinteresse ist.
Rußland kann nicht einwenden, seine Mobilisierung richte sich
nur gegen die österreichischen Grenzen und ginge uns nichts
an. Wir müssen aus dem angeführten Grunde jede gegen
Oesterreich gerichtete Droh- und Kriegsaktion als eine
Bedrohung Deutschlands auffassen. Militäri-
sche Vorbereitungen Rußlands müssen notwendigerweise
entsprechende Maßnahmen auf deutscher
Seite zur Folge haben.
*
Einberufung des Reichstags?
Geheimrat Jungheim, der Direktor des Reichstages, hat
einen Urlaub abgebrochen und ist in Berlin einge-
troffen. Der Reichstagspräsident Dr. Kämpf weilt
ebenfalls in der Reichshauptstadt.
Militärische Vorbereitungen in Deutschland.
Regensburg, 30. Juli.
Vom Truppenübungsplatz Grafenwöhr wird ge-
meldet: Um elf Uhr vormittags wurde gestern auf dem Truppen-
übungsplatz durch Meldereiter folgender Befehl bekanntgegeben:
"Uebung sofort abbrechen, einrücken, packen und zur Ab-
reise in die Garnison bereit halten."
Das 2. Fußartillerieregiment in Metz ist sofort abgereist. Das
4. Feldartillerieregiment, das 6. Infanterieregiment, das 9. Feld-
artillerieregiment und das 11. Infanterieregiment werden sogleich in
ihre Garnisonen zurückkehren.
Gestern wurde zum Transport von Truppen ein Leerzug mit
fünfundvierzig Waggons nach dem Truppenübungsplatz
Grafenwöhr gesandt. Die Mitteilungen wurden hier von maß-
gebender Stelle bestätigt.
Leipzig, 30. Juli.
Die Truppen der Leipziger Garnison, die sich auf
Truppenübungsplätzen befanden, sind sämtlich nach Leipzig zurück-
gekehrt. Sämtliche Urlauber der Marine, soweit sie sich
in Sachsen und Thüringen aufhielten, sind bereits am Montag
nach Kiel und Wilhelmshaven zurückbeordert worden und haben
sich sofort nach ihren Standorten begeben.
Dresden, 30. Juli.
Die Offiziere des Dresdener Reitvereins sind zu ihren Regi-
mentern einberufen worden. Auch die beiden Dresdener Grena-
dierregimenter, die am 17. Juli nach Jüterbog zu Uebungen
abgegangen waren, sind wieder in Dresden eingetroffen, ebenso das
Fußartillerieregiment Nr.19, das sich in Thorn zu Schießübungen
befand. Die Reise des Generalstabs des 19. Armeekorps
wurde wegen der Unsicherheit der Lage in Waldheim in Sachsen
unterbrochen. Die Teilnehmer der Reise sind bereits zu ihren
Truppenkörpern eingerückt. zu werden. Zum
Köln, 30. Juli.
Meldungen vom Truppenübungsplatz Senne zufolge
sind die dort lagernden Truppen plötzlich alamirt (sic) worden, um
in ihre Garnisonen zurückbefördert zu werden. Zum
Schutze der Rheinbrücken, die seit einigen Tagen durch die
mit Karabinern bewaffneten Eisenbahnbeamten bewacht sind, sind
in der verflossenen Nacht militärische Wachen aufgezogen. Im
rheinisch-westfälischen Industriegebiet erhielten ein-
zelne Werke behördlicherseits die Aufforderung, sämtliche Kolli-
wagen der Eisenbahndirektion zur Verfügung zu
stellen.
-
item 5
Nr. 177. XXVI. Jahrgang Berliner Freitag, 31. Juli 1914
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mit
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Erscheint täglich, mit Ausnahme der Tage nach den Sonn-
und Feiertagen. Insertionspreis für die Zeile 60 Pf. Kleine
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Redaktion und Expedition Berlin 3 W. Jerusalemer Straße 40-43
Die Oesterreicher in Belgrad.
Teilweise Mobilmachung in Rußland. - Militärische Maßnahmen Deutschlands.
1. Spalte
Allen Mächten Europas ist es um eine Lokalisierung des
österreichisch-serbischen Krieges zu tun. Ginge es nach Deutsch-
land, Italien, England und Frankreich, so würde jeder Staats-
bürger dieser Länder in aller Seelenruhe seiner friedlichen
Berufstätigkeit nachgehen können. Nur Rußland macht
die Sache des "kleinen Bruders" zu der seinen, und trifft alle
Anstalten, um ihm, falls es ihm an den Kragen geht, mit
seiner Heeresmacht zu Hilfe zu eilen. Rußland hat die
Mobilmachung von 16 Armeekorps angeordnet.
Es hat diese Maßregeln ergriffen, obwohl Oesterreich wieder-
holt erklärt hat, es gehe nicht auf Territorialerwerb in Serbien
aus, Rußland macht mobil, obwohl es weiß, daß Deutschland
kraft des Bündnisvertrages bei einem Angriff Rußlands auf
Oesterreich sich an die Seite der Doppelmonarchie stellen muß,
weil ein starkes Oesterreich Deutschlands Lebensinteresse ist.
Rußland kann nicht einwenden, seine Mobilisierung richte sich
nur gegen die österreichischen Grenzen und ginge uns nichts
an. Wir müssen aus dem angeführten Grunde jede gegen
Oesterreich gerichtete Droh- und Kriegsaktion als eine
Bedrohung Deutschlands auffassen. Militäri-
sche Vorbereitungen Rußlands müssen notwendigerweise
entsprechende Maßnahmen auf deutscher
Seite zur Folge haben.
*
Einberufung des Reichstags?
Geheimrat Jungheim, der Direktor des Reichstages, hat
einen Urlaub abgebrochen und ist in Berlin einge-
troffen. Der Reichstagspräsident Dr. Kämpf weilt
ebenfalls in der Reichshauptstadt.
Militärische Vorbereitungen in Deutschland.
Regensburg, 30. Juli.
Vom Truppenübungsplatz Grafenwöhr wird ge-
meldet: Um elf Uhr vormittags wurde gestern auf dem Truppen-
übungsplatz durch Meldereiter folgender Befehl bekanntgegeben:
"Uebung sofort abbrechen, einrücken, packen und zur Ab-
reise in die Garnison bereit halten."
Das 2. Fußartillerieregiment in Metz ist sofort abgereist. Das
4. Feldartillerieregiment, das 6. Infanterieregiment, das 9. Feld-
artillerieregiment und das 11. Infanterieregiment werden sogleich in
ihre Garnisonen zurückkehren.
Gestern wurde zum Transport von Truppen ein Leerzug mit
fünfundvierzig Waggons nach dem Truppenübungsplatz
Grafenwöhr gesandt. Die Mitteilungen wurden hier von maß-
gebender Stelle bestätigt.
Leipzig, 30. Juli.
Die Truppen der Leipziger Garnison, die sich auf
Truppenübungsplätzen befanden, sind sämtlich nach Leipzig zurück-
gekehrt. Sämtliche Urlauber der Marine, soweit sie sich
in Sachsen und Thüringen aufhielten, sind bereits am Montag
nach Kiel und Wilhelmshaven zurückbeordert worden und haben
sich sofort nach ihren Standorten begeben.
Dresden, 30. Juli.
Die Offiziere des Dresdener Reitvereins sind zu ihren Regi-
mentern einberufen worden. Auch die beiden Dresdener Grena-
dierregimenter, die am 17. Juli nach Jüterbog zu Uebungen
abgegangen waren, sind wieder in Dresden eingetroffen, ebenso das
Fußartillerieregiment Nr.19, das sich in Thorn zu Schießübungen
befand. Die Reise des Generalstabs des 19. Armeekorps
wurde wegen der Unsicherheit der Lage in Waldheim in Sachsen
unterbrochen. Die Teilnehmer der Reise sind bereits zu ihren
Truppenkörpern eingerückt.
-
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Nr. 177. XXVI. Jahrgang Berliner Freitag, 31. Juli 1914
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Erscheint täglich, mit Ausnahme der Tage nach den Sonn-
und Feiertagen. Insertionspreis für die Zeile 60 Pf. Kleine
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Die Oesterreicher in Belgrad.
Teilweise Mobilmachung in Rußland. - Militärische Maßnahmen Deutschlands.
1. Spalte
Allen Mächten Europas ist es um eine Lokalisierung des
österreichisch-serbischen Krieges zu tun. Ginge es nach Deutsch-
land, Italien, England und Frankreich, so würde jeder Staats-
bürger dieser Länder in aller Seelenruhe seiner friedlichen
Berufstätigkeit nachgehen können. Nur Rußland macht
die Sache des "kleinen Bruders" zu der seinen, und trifft alle
Anstalten, um ihm, falls es ihm an den Kragen geht, mit
seiner Heeresmacht zu Hilfe zu eilen. Rußland hat die
Mobilmachung von 16 Armeekorps angeordnet.
Es hat diese Maßregeln ergriffen, obwohl Oesterreich wieder-
holt erklärt hat, es gehe nicht auf Territorialerwerb in Serbien
aus, Rußland macht mobil, obwohl es weiß, daß Deutschland
kraft des Bündnisvertrages bei einem Angriff Rußlands auf
Oesterreich sich an die Seite der Doppelmonarchie stellen muß,
weil ein starkes Oesterreich Deutschlands Lebensinteresse ist.
Rußland kann nicht einwenden, seine Mobilisierung richte sich
nur gegen die österreichischen Grenzen und ginge uns nichts
an. Wir müssen aus dem angeführten Grunde jede gegen
Oesterreich gerichtete Droh- und Kriegsaktion als eine
Bedrohung Deutschlands auffassen. Militäri-
sche Vorbereitungen Rußlands müssen notwendigerweise
entsprechende Maßnahmen auf deutscher
Seite zur Folge haben.
*
Einberufung des Reichstags?
Geheimrat Jungheim, der Direktor des Reichstages, hat
einen Urlaub abgebrochen und ist in Berlin einge-
troffen. Der Reichstagspräsident Dr. Kämpf weilt
ebenfalls in der Reichshauptstadt.
Militärische Vorbereitungen in Deutschland.
Regensburg, 30. Juli.
Vom Truppenübungsplatz Grafenwöhr wird ge-
meldet: Um elf Uhr vormittags wurde gestern auf dem Truppen-
übungsplatz durch Meldereiter folgender Befehl bekanntgegeben:
"Uebung sofort abbrechen, einrücken, packen und zur Ab-
reise in die Garnison bereit halten."
Das 2. Fußartillerieregiment in Metz ist sofort abgereist. Das
4. Feldartillerieregiment, das 6. Infanterieregiment, das 9. Feld-
artillerieregiment und das 11. Infanterieregiment werden sogleich in
ihre Garnisonen zurückkehren.
Gestern wurde zum Transport von Truppen ein Leerzug mit
fünfundvierzig Waggons nach dem Truppenübungsplatz
Grafenwöhr gesandt. Die Mitteilungen wurden hier von maß-
gebender Stelle bestätigt.
Leipzig, 30. Juli.
Die Truppen der Leipziger Garnison, die sich auf
Truppenübungsplätzen befanden, sind sämtlich nach Leipzig zurück-
gekehrt. Sämtliche Urlauber der Marine, soweit sie sich
in Sachsen und Thüringen aufhielten, sind bereits am Montag
nach Kiel und Wilhelmshaven zurückbeordert worden und haben
sich sofort nach ihren Standorten begeben.
-
item 5
Nr. 177. XXVI. Jahrgang Berliner Freitag, 31. Juli 1914
M o r g e n = Z e i t u n g
mit
Täglichem Unterhaltungs-Blatt . Illustrierter Moden-Zeitung
Illustrierter Familien-Zeitung . Illustierter Kinder-Zeitung
Haus Feld Garten . Technischer Umschau . Lustiger Ecke
Man abonniert bei allen Reichs-Postanstalten sowie Land-
briefträgern für 1 M. 65 Pf. viertelj. oder 55 Pf. monatl.;
Zustellung durch den Briefträger viertelj. 42 Pf. mehr. Unsere
Agenturen liefern das Blatt für 70 Pf. monatlich frei Haus.
Erscheint täglich, mit Ausnahme der Tage nach den Sonn-
und Feiertagen. Insertionspreis für die Zeile 60 Pf. Kleine
Anzeigen 10 Pf. das Wort; das fette Einleitungswort 20 Pf.
Redaktion und Expedition Berlin 3 W. Jerusalemer Straße 40-43
Die Oesterreicher in Belgrad.
Teilweise Mobilmachung in Rußland. - Militärische Maßnahmen Deutschlands.
1. Spalte
Allen Mächten Europas ist es um eine Lokalisierung des
österreichisch-serbischen Krieges zu tun. Ginge es nach Deutsch-
land, Italien, England und Frankreich, so würde jeder Staats-
bürger dieser Länder in aller Seelenruhe seiner friedlichen
Berufstätigkeit nachgehen können. Nur Rußland macht
die Sache des "kleinen Bruders" zu der seinen, und trifft alle
Anstalten, um ihm, falls es ihm an den Kragen geht, mit
seiner Heeresmacht zu Hilfe zu eilen. Rußland hat die
Mobilmachung von 16 Armeekorps angeordnet.
Es hat diese Maßregeln ergriffen, obwohl Oesterreich wieder-
holt erklärt hat, es gehe nicht auf Territorialerwerb in Serbien
aus, Rußland macht mobil, obwohl es weiß, daß Deutschland
kraft des Bündnisvertrages bei einem Angriff Rußlands auf
Oesterreich sich an die Seite der Doppelmonarchie stellen muß,
weil ein starkes Oesterreich Deutschlands Lebensinteresse ist.
Rußland kann nicht einwenden, seine Mobilisierung richte sich
nur gegen die österreichischen Grenzen und ginge uns nichts
an. Wir müssen aus dem angeführten Grunde jede gegen
Oesterreich gerichtete Droh- und Kriegsaktion als eine
Bedrohung Deutschlands auffassen. Militäri-
sche Vorbereitungen Rußlands müssen notwendigerweise
entsprechende Maßnahmen auf deutscher
Seite zur Folge haben.
*
Einberufung des Reichstags?
Geheimrat Jungheim, der Direktor des Reichstages, hat
einen Urlaub abgebrochen und ist in Berlin einge-
troffen. Der Reichstagspräsident Dr. Kämpf weilt
ebenfalls in der Reichshauptstadt.
Militärische Vorbereitungen in Deutschland.
Regensburg, 30. Juli.
Vom Truppenübungsplatz Grafenwöhr wird ge-
meldet: Um elf Uhr vormittags wurde gestern auf dem Truppen-
übungsplatz durch Meldereiter folgender Befehl bekanntgegeben:
"Uebung sofort abbrechen, einrücken, packen und zur Ab-
reise in die Garnison bereit halten."
Das 2. Fußartillerieregiment in Metz ist sofort abgereist. Das
4. Feldartillerieregiment, das 6. Infanterieregiment, das 9. Feld-
artillerieregiment und das 11. Infanterieregiment werden sogleich in
ihre Garnisonen zurückkehren.
Gestern wurde zum Transport von Truppen ein Leerzug mit
fünfundvierzig Waggons nach dem Truppenübungsplatz
Grafenwöhr gesandt. Die Mitteilungen wurden hier von maß-
gebender Stelle bestätigt.
Leipzig, 30. Juli.
Die Truppen der Leipziger Garnison, die sich auf
Truppenübungsplätzen b efanden, sind sämtlich nach Leipzig zurück-
gekehrt. Sämtliche Urlauber der Marine, soweit sie sich
in Sachsen und Thüringen aufhielten, sind bereits am Montag
nach Kiel und Wilhelmshaven zurückbeordert worden und haben
sich sofort nach ihren Standorten begeben.
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Teilweise Mobilmachung in Rußland. - Militärische Maßnahmen Deutschlands.
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Allen Mächten Europas ist es um eine Lokalisierung des
österreichisch-serbischen Krieges zu tun. Ginge es nach Deutsch-
land, Italien, England und Frankreich, so würde jeder Staats-
bürger dieser Länder in aller Seelenruhe seiner friedlichen
Berufstätigkeit nachgehen können. Nur Rußland macht
die Sache des "kleinen Bruders" zu der seinen, und trifft alle
Anstalten, um ihm, falls es ihm an den Kragen geht, mit
seiner Heeresmacht zu Hilfe zu eilen. Rußland hat die
Mobilmachung von 16 Armeekorps angeordnet.
Es hat diese Maßregeln ergriffen, obwohl Oesterreich wieder-
holt erklärt hat, es gehe nicht auf Territorialerwerb in Serbien
aus, Rußland macht mobil, obwohl es weiß, daß Deutschland
kraft des Bündnisvertrages bei einem Angriff Rußlands auf
Oesterreich sich an die Seite der Doppelmonarchie stellen muß,
weil ein starkes Oesterreich Deutschlands Lebensinteresse ist.
Rußland kann nicht einwenden, seine Mobilisierung richte sich
nur gegen die österreichischen Grenzen und ginge uns nichts
an. Wir müssen aus dem angeführten Grunde jede gegen
Oesterreich gerichtete Droh- und Kriegsaktion als eine
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"Uebung sofort abbrechen, einrücken, packen und zur Ab-
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Das 2. Fußartillerieregiment in Metz ist sofort abgereist. Das
4. Feldartillerieregiment, das 6. Infanterieregiment, das 9. Feld-
artillerieregiment und das 11. Infanterieregiment werden sogleich in
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land, Italien, England und Frankreich, so würde jeder Staats-
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die Sache des "kleinen Bruders" zu der seinen, und trifft alle
Anstalten, um ihm, falls es ihm an den Kragen geht, mit
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Es hat diese Maßregeln ergriffen, obwohl Oesterreich wieder-
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kraft des Bündnisvertrages bei einem Angriff Rußlands auf
Oesterreich sich an die Seite der Doppelmonarchie stellen muß,
weil ein starkes Oesterreich Deutschlands Lebensinteresse ist.
Rußland kann nicht einwenden, seine Mobilisierung richte sich
nur gegen die österreichischen Grenzen und ginge uns nichts
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Oesterreich gerichtete Droh- und Kriegsaktion als eine
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"Uebung sofort abbrechen, einrücken, packen und zur Ab-
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Das 2. Fußartillerieregiment in Metz ist sofort abgereist. Das
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österreichisch-serbischen Krieges zu tun. Ginge es nach Deutsch-
land, Italien, England und Frankreich, so würde jeder Staats-
bürger dieser Länder in aller Seelenruhe seiner friedlichen
Berufstätigkeit nachgehen können. Nur Rußland macht
die Sache des "kleinen Bruders" zu der seinen, und trifft alle
Anstalten, um ihm, falls es ihm an den Kragen geht, mit
seiner Heeresmacht zu Hilfe zu eilen. Rußland hat die
Mobilmachung von 16 Armeekorps angeordnet.
Es hat diese Maßregeln ergriffen, obwohl Oesterreich wieder-
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aus, Rußland macht mobil, obwohl es weiß, daß Deutschland
kraft des Bündnisvertrages bei einem Angriff Rußlands auf
Oesterreich sich an die Seite der Doppelmonarchie stellen muß,
weil ein starkes Oesterreich Deutschlands Lebensinteresse ist.
Rußland kann nicht einwenden, seine Mobilisierung richte sich
nur gegen die österreichischen Grenzen und ginge uns nichts
an. Wir müssen aus dem angeführten Grunde jede gegen
Oesterreich gerichtete Droh- und Kriegsaktion als eine
Bedrohung Deutschlands auffassen. Militäri-
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*
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einen Urlaub abgebrochen und ist in Berlin einge-
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"Uebung sofort abbrechen, einrücken, packen und zur Ab-
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Das 2. Fußartillerieregiment in Metz ist sofort abgereist. Das
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österreichisch-serbischen Krieges zu tun. Ginge es nach Deutsch-
land, Italien, England und Frankreich, so würde jeder Staats-
bürger dieser Länder in aller Seelenruhe seiner friedlichen
Berufstätigkeit nachgehen können. Nur Rußland macht
die Sache des "kleinen Bruders" zu der seinen, und trifft alle
Anstalten, um ihm, falls es ihm an den Kragen geht, mit
seiner Heeresmacht zu Hilfe zu eilen. Rußland hat die
Mobilmachung von 16 Armeekorps angeordnet.
Es hat diese Maßregeln ergriffen, obwohl Oesterreich wieder-
holt erklärt hat, es gehe nicht auf Territorialerwerb in Serbien
aus, Rußland macht mobil, obwohl es weiß, daß Deutschland
kraft des Bündnisvertrages bei einem Angriff Rußlands auf
Oesterreich sich an die Seite der Doppelmonarchie stellen muß,
weil ein starkes Oesterreich Deutschlands Lebensinteresse ist.
Rußland kann nicht einwenden, seine Mobilisierung richte sich
nur gegen die österreichischen Grenzen und ginge uns nichts
an. Wir müssen aus dem angeführten Grunde jede gegen
Oesterreich gerichtete Droh- und Kriegsaktion als eine
Bedrohung Deutschlands auffassen. Militäri-
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*
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einen Urlaub abgebrochen und ist in Berlin einge-
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land, Italien, England und Frankreich, so würde jeder Staats-
bürger dieser Länder in aller Seelenruhe seiner friedlichen
Berufstätigkeit nachgehen können. Nur Rußland macht
die Sache des "kleinen Bruders" zu der seinen, und trifft alle
Anstalten, um ihm, falls es ihm an den Kragen geht, mit
seiner Heeresmacht zu Hilfe zu eilen. Rußland hat die
Mobilmachung von 16 Armeekorps angeordnet.
Es hat diese Maßregeln ergriffen, obwohl Oesterreich wieder-
holt erklärt hat, es gehe nicht auf Territorialerwerb in Serbien
aus, Rußland macht mobil, obwohl es weiß, daß Deutschland
kraft des Bündnisvertrages bei einem Angriff Rußlands auf
Oesterreich sich an die Seite der Doppelmonarchie stellen muß,
weil ein starkes Oesterreich Deutschlands Lebensinteresse ist.
Rußland kann nicht einwenden, seine Mobilisierung richte sich
nur gegen die österreichischen Grenzen und ginge uns nichts
an. Wir müssen aus dem angeführten Grunde jede gegen
Oesterreich gerichtete Droh- und Kriegsaktion als eine
Bedrohung Deutschlands auffassen. Militäri-
sche Vorbereitungen Rußlands müssen notwendigerweise
entsprechende Maßnahmen auf deutscher
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*
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einen Urlaub abgebrochen und ist in Berlin einge-
troffen. Der Reichstagspräsident Dr. Kämpf weilt
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Militärische Vorbereitungen in Deutschland.
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Vom Truppenübungsplatz Grafenwöhr wird ge-
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"Uebung sofort abbrechen, einrücken, packen und zur Ab-
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*
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land, Italien, England und Frankreich, so würde jeder Staats-
bürger dieser Länder in aller Seelenruhe seiner friedlichen
Berufstätigkeit nachgehen können. Nur Rußland macht
die Sache des "kleinen Bruders" zu der seinen, und trifft alle
Anstalten, um ihm, falls es ihm an den Kragen geht, mit
seiner Heeresmacht zu Hilfe zu eilen. Rußland hat die
Mobilmachung von 16 Armeekorps angeordnet.
Es hat diese Maßregeln ergriffen, obwohl Oesterreich wieder-
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aus, Rußland macht mobil, obwohl es weiß, daß Deutschland
kraft des Bündnisvertrages bei einem Angriff Rußlands auf
Oesterreich sich an die Seite der Doppelmonarchie stellen muß,
weil ein starkes Oesterreich Deutschlands Lebensinteresse ist.
Rußland kann nicht einwenden, seine Mobilisierung richte sich
nur gegen die österreichischen Grenzen und ginge uns nichts
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österreichisch-serbischen Krieges zu tun. Ginge es nach Deutsch-
land, Italien, England und Frankreich, so würde jeder Staats-
bürger dieser Länder in aller Seelenruhe seiner friedlichen
Berufstätigkeit nachgehen können. Nur Rußland macht
die Sache des "kleinen Bruders" zu der seinen, und trifft alle
Anstalten, um ihm, falls es ihm an den Kragen geht, mit
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Mobilmachung von 16 Armeekorps angeordnet.
Es hat diese Maßregeln ergriffen, obwohl Oesterreich wieder-
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aus, Rußland macht mobil, obwohl es weiß, daß Deutschland
kraft des Bündnisvertrages bei einem Angriff Rußlands auf
Oesterreich sich an die Seite der Doppelmonarchie stellen muß,
weil ein starkes Oesterreich Deutschlands Lebensinteresse ist.
Rußland kann nicht einwenden, seine Mobilisierung richte sich
nur gegen die österreichischen Grenzen und ginge uns nichts
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Anstalten, um ihm, falls es ihm an den Kragen geht, mit
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Mobilmachung von 16 Armeekorps angeordnet.
Es hat diese Maßregeln ergriffen, obwohl Oesterreich wieder-
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aus, Rußland macht mobil, obwohl es weiß, daß Deutschland
kraft des Bündnisvertrages bei einem Angriff Rußlands auf
Oesterreich sich an die Seite der Doppelmonarchie stellen muß,
weil ein starkes Oesterreich Deutschlands Lebensinteresse ist.
Rußland kann nicht einwenden, seine Mobilisierung richte sich
nur gegen die österreichischen Grenzen und ginge uns nichts
an. Wir müssen aus dem angeführten Grunde jede gegen
Oesterreich gerichtete Droh- und Kriegsaktion als eine
Bedrohung Deutschlands auffassen. Militäri-
sche Vorbereitungen Rußlands müssen notwendigerweise
entsprechende Maßnahmen auf deutscher
Seite zur Folge haben.
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item 5
Nr. 177. XXVI. Jahrgang Berliner Freitag, 31. Juli 1914
M o r g e n = Z e i t u n g
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Berlin, Saalfeld, Leipzig
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- ID
- 15725 / 166515
- Contributor
- Karl Döbling
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