Hedwig Nehlsen schreibt ihrem Mann Wilhelm an die Ostfront - 1914, item 2
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Mutter geht es auch gut. In der Nacht aber
vom Donnerstag zum Freitag haben wir
allerlei durchgemacht. Toni hatte furchtbare Schmerzen,
als die ersten Anzeichen der Geburt da waren,
schickten wir zur Hebamme, das war
1/2 2 Uhr; ich zog mich inzwischen an; Toni hatte
doch noch starke Schmerzen. Da mit einem-
mal kam das Kindchen zum Vorschein u.
fing auch fix an zu schreien. Kannst dir den-
ken, Schatzel, was mir für Angst hatten, so
ohne sachgemäße Hilfe. Mindestens eine 3/4
Stunde mußten wir auf die Hebamme war-
ten. Es ging aber alles gut ab, nur mußte
Toni wieder genäht werden, wobei ich auch
assistierte, und nun kann sie wieder
14 Tge. fest liegen. Dann werden noch 8-14
Tage drauf hingehen, bis sie wieder zu Kräften
gekommen ist und in der Wirtschaft han-
tieren kann. Sie ist recht matt, und kann
durchaus nicht schlafen. Ich will nur hoffen, daß
alles gut heilt, denn die Verantwortung
meinerseits ist mächtig groß. Das gerinste
Versehen kann ein Kindbettfieber oder
Blutvergiftung hervorrufen und dann ist
guter Rat teuer. Vorläufig bin ich fast
gar nicht aus der Schlafstube herausgekommen.
Der kleine Junge ist sehr ruhig bis jetzt, schläft
viel. Toni ist ein bischen enttäuscht, daß es
kein Mädel ist.
Du mein Männele, du bist gewiß schon
böse, daß ich noch nicht eher geschrieben habe,
aber nun kannst Du dirs wohl denken, daß
ich nicht dazu kommen konnte. Auch jetzt
muß ich den Brief andauernd unterbrechen,
Die Kinder sind furchtbar unruhig heute abend.
Um 3 Uhr habe ich den Brief angefangen und
jetzt ist es bereits bald 12 Uhr nachts. Wenn das
eine Kind fertig ist mit heulen, fängt das
andre an, dann muß Toni wieder besorgt
werden. Und so geht es von einem Morgen
zum andern. Da kannst du mirs glauben,
daß ich todmüde und manchmal recht quitterig
und ärgerlich bin. Ich wollte dir so herzlich
gern einen guten langen Brief schreiben,
aber ich habe keine innere Ruhe dazu. Sei mir
nicht böse, Liebster. Ich will Schluß machen.
Ich schreibe Dir öfter eine Karte und wenn
ich in Stimmung bin, einen guten langen
Brief.- Ich werde wohl in 4 Wochen von
hier abreisen, Mama u. Toni aber bleiben
hier, wenn sich die Kriegsverhältnisse so
günstig weiter entwickeln. Mir läßt es
hier aber nicht länger Ruhe, ich muß wieder
heim in unser Reich.
Leb wohl, Du mein innigst geliebter Mann.
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Mutter geht es auch gut. In der Nacht aber
vom Donnerstag zum Freitag haben wir
allerlei durchgemacht. Toni hatte furchtbare Schmerzen,
als die ersten Anzeichen der Geburt da waren,
schickten wir zur Hebamme, das war
1/2 2 Uhr; ich zog mich inzwischen an; Toni hatte
doch noch starke Schmerzen. Da mit einem-
mal kam das Kindchen zum Vorschein u.
fing auch fix an zu schreien. Kannst dir den-
ken, Schatzerl, was mir für Angst hatten, so
ohne sachgemäße Hilfe. Mindestens eine 3/4
Stunde mußten wir auf die Hebamme war-
ten. Es ging aber alles gut ab, nur mußte
Toni wieder genäht werden, wobei ich auch
assistierte, und nun kann sie wieder
14 Tge. fest liegen. Dann werden noch 8-14
Tage drauf hingehen, bis sie wieder zu Kräften
gekommen ist und in der Wirtschaft han-
tieren kann. Sie ist recht matt, und kann
durchaus nicht schlafen. Ich will nur hoffen, daß
alles gut heilt, denn die Verantwortung
meinerseits ist mächtig groß. Das gerinste
Versehen kann ein Kindbettfieber oder
Blutvergiftung hervorrufen und dann ist
guter Rat teuer. Vorläufig bin ich fast
gar nicht aus der Schlafstubeherausgekommen.
Der kleine Junge ist sehr ruhig bis jetzt, schläft
viel. Toni ist ein bischen enttäuscht, daß es
kein Mädel ist.
Du mein Männele, du bist gewiß schon
böse, daß ich noch nicht gleich geschrieben habe,
aber nun kannst Du dirs wohl denken, daß
ich nicht dazu kommen konnte. Auch jetzt
muß ich den Brief andauernd unterbrechen,
Die Kinder sind furchtbar unruhig heute abend.
Um 3 Uhr habe ich den Brief angefangen und
jetzt ist es bereits bald 12 Uhr nachts. Wenn das
eine Kind fertig ist mit heulen, fängt das
andre an, dann muß Toni wieder besorgt
werden. Und so geht es von einem Morgen
zum andern. Da kannst du mirs glauben,
daß ich todmüde und manchmal recht
und
bin. Ich wollte dir so herzlich
gern einen guten langen Brief schreiben,
aber ich habe kaum immer Ruhe dazu. Sei mir
nicht böse, Liebster. Ich will Schluß machen.
Ich schreibe Dir öfter eine Karte und wenn
ich in Stimmung bin, einen guten langen
Brief.- Ich werde wohl in 4 Wochen von
hier abreisen, Mama u. Toni aber bleiben
hier, wenn sich die Kriegsverhältnisse so
günstig weiter entwickeln. Mir läßt es
hier aber nicht länger Ruhe, ich muß wieder
heim in unser Reich.
Leb wohl, Du mein innigst geliebter Mann.
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Mutter geht es auch gut. In der Nacht aber
vom Donnerstag zum Freitag haben wir
allerlei durchgemacht. Toni hatte furchtbare Schmerzen,
als die ersten Anzeichen der Geburt da waren,
schickten wir zur Hebamme, das war
1/2 2 Uhr; ich zog mich inzwischen an; Toni hatte
doch noch starke Schmerzen. Da mit einem-
mal kam das Kindchen zum Vorschein u.
fing auch fix an zu schreien. Kannst dir den-
ken, Schatzerl, was mir für Angst hatten, so
ohne sachgemäße Hilfe. Mindestens eine 3/4
Stunde mußten wir auf die Hebamme war-
ten. Es ging aber alles gut ab, nur mußte
Toni wieder genäht werden, wobei ich auch
assistierte, und nun kann sie wieder
14 Tge. fest liegen. Dann werden noch 8-14
Tage drauf hingehen, bis sie wieder zu Kräften
gekommen ist und in der Wirtschaft han-
tieren kann. Sie ist recht matt, und kann
durchaus nicht schlafen. Ich will nur hoffen, daß
alles gut heilt, denn die Verantwortung
meinerseits ist mächtig groß. Das gerinste
Versehen kann ein Kindbettfieber oder
Blutvergiftung hervorrufen und dann ist
guter Rat teuer. Vorläufig bin ich fast
gar nicht aus der Schlafstubeherausgekommen.
Der kleine Junge ist sehr ruhig bis jetzt, schläft
viel. Toni ist ein bischen enttäuscht, daß es
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Mutter geht es auch gut. In der Nacht aber
vom Donnerstag zum Freitag haben wir
allerlei durchgemacht. Toni hatte furchtbare Schmerzen,
als die ersten Anzeichen der Geburt da waren,
schickten wir zur Hebamme, das war
1/2 2 Uhr; ich zog mich inzwischen an; Toni hatte
doch noch starke Schmerzen. Da mit einem-
mal kam das Kindchen zum Vorschein u.
fing auch fix an zu schreien. Kannst dir den-
ken, Schatzerl, was mir für Angst hatten, so
ohne sachgemäße Hilfe.
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- Eberhard Nehlsen
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