Briefe von Walther Huth an seine Eltern und Bekannte , item 95

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dann noch eins: Ihr lest oft in der Zeitung: Bei

Dingsda nur Artilleriekämpfe. Die infamen Schwarzen [Artilleristen]

haben aber die Unsitte uns u. die hinter der

Front liegenden Ortschaften reichlich zu bedenken,

weil sie sich selbst nicht finden. Wir kriegen bei allem

den Segen ab.

     Jetzt würden vielleicht die aktiven Regimenter des

15. AK [Armeekorps] nichts mehr von Schokoladesoldaten reden, wenn

sie mal in diesen Stellungen hier nur 24 Stunden

gehaust hätten. Die 136er werden ja vor Ypern

Bescheid sagen können, was wir hier treiben. Sie

habens selbst erfahren müssen, da sie die erste

Reserve waren, die eintraf, als der Franzmann

unsere Linie durchbrochen hatte. Das Reg. wurde fast

ganz aufgerieben. Dann kamen andere Reg. von

Reims u. wir vom Norden. Nun steht die Linie

wieder fest. Aber die Schuld an den Verlusten tragen

die aktiven Reg., die sich haben überraschen u.

überrennen lassen.

         Über Albrechts Wohlbefinden freue ich mich herzlich,

vielleicht bekommt er einige Tage Heimatsurlaub.

Schreibt mir bitte recht oft, wie es zuhause u. im

Revier aussieht.

                    Euch alle grüßt innigst

                                         Euer dankbarer Walther.


...rechte Seite


149.            Brief an Tante Gretchen.

                                                  Im Graben nordwestlich Angres  23. V. 15.

              Liebe Tante !

     Heute am Pfingstsamstag bekam ich Dein Päckchen.

Zu rauchen ist jetzt von der Kompagnie aus fast

immer vorhanden, aber frage nicht, was ! Patent-

Gummizigarren u. ganz furchtbare Zigaretten. Rauchen

ist aber die einzige Beschäftigung, bei der einen

das Sausen u. Krachen der Granaten nicht stören

kann. Da kannst Du Dir denken, mit welcher Freude

solch Päckchen aufgenommen wird. Also herzlichen Dank !

Verzeih`, daß ich nicht öfter schreib, ich bin nur dazu

gekommen, nachhaus ab u. zu ein Lebenszeichen zu

schicken. Schon die letzte Woche vor Ypern saßen wir

eigentlich keinen Augenblick. Dann bekam das Reg.

1000 Mann Ersatz, wurde alarmiert u. nach Loisan

verladen. Von dort marschierten wir nach Vendin le

Vieil, am Tag darauf gings bis Givenchy, wo unser

Bat. die Kompagnieführer der ersten 3 Komp. verlor

durch Granatfeuer. nach 2 oder 3 Tagen marschierten

wir ab zur Unterstützung des R. Reg 11 über Angres,

Sauchez bis kurz hinter Ablain, wo wir in Stellung

gingen. Es folgten 3 furchtbare Tage, in denen das

Bat. ungefähr 250 Mann verlor. Wir hatten das

Glück durch energischen Gegenstoß einen französischen





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dann noch eins: Ihr lest oft in der Zeitung: Bei

Dingsda nur Artilleriekämpfe. Die infamen Schwarzen [Artilleristen]

haben aber die Unsitte uns u. die hinter der

Front liegenden Ortschaften reichlich zu bedenken,

weil sie sich selbst nicht finden. Wir kriegen bei allem

den Segen ab.

     Jetzt würden vielleicht die aktiven Regimenter des

15. AK [Armeekorps] nichts mehr von Schokoladesoldaten reden, wenn

sie mal in diesen Stellungen hier nur 24 Stunden

gehaust hätten. Die 136er werden ja vor Ypern

Bescheid sagen können, was wir hier treiben. Sie

habens selbst erfahren müssen, da sie die erste

Reserve waren, die eintraf, als der Franzmann

unsere Linie durchbrochen hatte. Das Reg. wurde fast

ganz aufgerieben. Dann kamen andere Reg. von

Reims u. wir vom Norden. Nun steht die Linie

wieder fest. Aber die Schuld an den Verlusten tragen

die aktiven Reg., die sich haben überraschen u.

überrennen lassen.

         Über Albrechts Wohlbefinden freue ich mich herzlich,

vielleicht bekommt er einige Tage Heimatsurlaub.

Schreibt mir bitte recht oft, wie es zuhause u. im

Revier aussieht.

                    Euch alle grüßt innigst

                                         Euer dankbarer Walther.


...rechte Seite


149.            Brief an Tante Gretchen.

                                                  Im Graben nordwestlich Angres  23. V. 15.

              Liebe Tante !

     Heute am Pfingstsamstag bekam ich Dein Päckchen.

Zu rauchen ist jetzt von der Kompagnie aus fast

immer vorhanden, aber frage nicht, was ! Patent-

Gummizigarren u. ganz furchtbare Zigaretten. Rauchen

ist aber die einzige Beschäftigung, bei der einen

das Sausen u. Krachen der Granaten nicht stören

kann. Da kannst Du Dir denken, mit welcher Freude

solch Päckchen aufgenommen wird. Also herzlichen Dank !

Verzeih`, daß ich nicht öfter schreib, ich bin nur dazu

gekommen, nachhaus ab u. zu ein Lebenszeichen zu

schicken. Schon die letzte Woche vor Ypern saßen wir

eigentlich keinen Augenblick. Dann bekam das Reg.

1000 Mann Ersatz, wurde alarmiert u. nach Loisan

verladen. Von dort marschierten wir nach Vendin le

Vieil, am Tag darauf gings bis Givenchy, wo unser

Bat. die Kompagnieführer der ersten 3 Komp. verlor

durch Granatfeuer. nach 2 oder 3 Tagen marschierten

wir ab zur Unterstützung des R. Reg 11 über Angres,

Sauchez bis kurz hinter Ablain, wo wir in Stellung

gingen. Es folgten 3 furchtbare Tage, in denen das

Bat. ungefähr 250 Mann verlor. Wir hatten das

Glück durch energischen Gegenstoß einen französischen






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  • February 6, 2017 18:39:04 Rolf Kranz

    ...linke Seite

    dann noch eins: Ihr lest oft in der Zeitung: Bei

    Dingsda nur Artilleriekämpfe. Die infamen Schwarzen [Artilleristen]

    haben aber die Unsitte uns u. die hinter der

    Front liegenden Ortschaften reichlich zu bedenken,

    weil sie sich selbst nicht finden. Wir kriegen bei allem

    den Segen ab.

         Jetzt würden vielleicht die aktiven Regimenter des

    15. AK [Armeekorps] nichts mehr von Schokoladesoldaten reden, wenn

    sie mal in diesen Stellungen hier nur 24 Stunden

    gehaust hätten. Die 136er werden ja vor Ypern

    Bescheid sagen können, was wir hier treiben. Sie

    habens selbst erfahren müssen, da sie die erste

    Reserve waren, die eintraf, als der Franzmann

    unsere Linie durchbrochen hatte. Das Reg. wurde fast

    ganz aufgerieben. Dann kamen andere Reg. von

    Reims u. wir vom Norden. Nun steht die Linie

    wieder fest. Aber die Schuld an den Verlusten tragen

    die aktiven Reg., die sich haben überraschen u.

    überrennen lassen.

             Über Albrechts Wohlbefinden freue ich mich herzlich,

    vielleicht bekommt er einige Tage Heimatsurlaub.

    Schreibt mir bitte recht oft, wie es zuhause u. im

    Revier aussieht.

                        Euch alle grüßt innigst

                                             Euer dankbarer Walther.


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    149.            Brief an Tante Gretchen.

                                                      Im Graben nordwestlich Angres  23. V. 15.

                  Liebe Tante !

         Heute am Pfingstsamstag bekam ich Dein Päckchen.

    Zu rauchen ist jetzt von der Kompagnie aus fast

    immer vorhanden, aber frage nicht, was ! Patent-

    Gummizigarren u. ganz furchtbare Zigaretten. Rauchen

    ist aber die einzige Beschäftigung, bei der einen

    das Sausen u. Krachen der Granaten nicht stören

    kann. Da kannst Du Dir denken, mit welcher Freude

    solch Päckchen aufgenommen wird. Also herzlichen Dank !

    Verzeih`, daß ich nicht öfter schreib, ich bin nur dazu

    gekommen, nachhaus ab u. zu ein Lebenszeichen zu

    schicken. Schon die letzte Woche vor Ypern saßen wir

    eigentlich keinen Augenblick. Dann bekam das Reg.

    1000 Mann Ersatz, wurde alarmiert u. nach Loisan

    verladen. Von dort marschierten wir nach Vendin le

    Vieil, am Tag darauf gings bis Givenchy, wo unser

    Bat. die Kompagnieführer der ersten 3 Komp. verlor

    durch Granatfeuer. nach 2 oder 3 Tagen marschierten

    wir ab zur Unterstützung des R. Reg 11 über Angres,

    Sauchez bis kurz hinter Ablain, wo wir in Stellung

    gingen. Es folgten 3 furchtbare Tage, in denen das

    Bat. ungefähr 250 Mann verlor. Wir hatten das

    Glück durch energischen Gegenstoß einen französischen





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2656 / 33702
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http://europeana1914-1918.eu/...
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Friedrich-Carl Hoffmann
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http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/


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