Zeitungen aus der Kriegszeit 1914, item 21
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item 21
1. Spalte
TÜRKEI.½
Neueste Nachrichten.
Konstantinopel, 1. August. Den Blättern
zufolge wird die türkische Torpedobootsflottille unter
Kommando des Admirals Limbus Pascha zum
Hochseemanöver in den Archipel auslaufen.
JAPAN.
Japan und Rußland.
Man schreibt der "Frkf. Ztg.": Angesichts der
russischen Mobilisierung an der Westgrenze des
Reichs ist die Ansicht des Grafen Okuma, eines genauen
Kenners japanischer und russischer Heeresverhältnisse,
über die Gefahren, in die sich Rußland
im Kriegsfalle stürzen würde, besonders lehrreich.
Graf Okuma hat vor kurzem eine Broschüre veröffentlicht,
in der er über einen japanischen Revanchekrieg
und einen Krieg Rußlands mit den
Weltmächten genaue Untersuchungen anstellt. Aus
diesen geht hervor, daß Rußland im Falle kriegerischer
Verwicklungen in Europa durch Japan in eine
recht ungünstige militärische Lage gebracht werden
würde, so daß tatsächlich ein Waffengang im
Westen für das Zarenreich unberechenbare Folgen
im fernen Osten zeitigen könnte. Die Broschüre des
Grafen Okuma hat großen Eindruck in Japan gemacht,
da der Nachweis geführt wird, daß die Russen
gar nicht in der Lage seien, einen sieghaften Krieg
mit Japan zu führen. Letzteres werde innerhalb
eines Monats ein Heer von 1 ½ Millionen Soldaten
gegn [sic] Rußland aufstellen, das bestenfalls imstande
sei, nach 3 Monaten höchstens 1 Million Soldaten
gegen Russland aufstellen, das bestenfalls im- [sic]
Dies wäre nur denkbar, wenn die europäischen
Kräfte nicht durch einen Feldzug im Westen gefesselt
würden
_________________________
VOM KRIEGSSCHAUPLATZ.
Neue Gefechte.
Mailand, 30. Juli. Der Secolo erhält aus
Nisch eine Privatmeldung über den Kampf bei
Semendria der bei Sonnenaufgang begonnen
hat, um 8 Uhr früh unterbrochen und am Nachmittag
wieder aufgenommen wurde. Die Serben hätten
dem übermächtigen Gegner den lebhaftesten
Widerstand entgegengesetzt; auf beiden Seiten seien
einige hundert Tote zu verzeichnen. Wenn
die Serben auch Semendria preisgeben
mußte (sic), so würden doch Posonka, Jagodin und
Porotin drei schwere Etappen für das Eindringen
der österreichischen Truppen nach dem Süden bedeuten.
An der bosnischen Grenze hätten einige
hundert Serben die kleine Festung Lesitza stundenlang
gegen Tausende von österreichischen Truppen
verteidigt; sie seien dann abgezogen, nachdem
sie dem Gegner beträchtliche Verluste verursacht
hätten.
Erneutes Bombardement von Belgrad.
Semlin, 30.Juli. Um ½ 9 Uhr morgens ist
die Beschießung Belgrads wieder aufgenommen
worden und heute donnern die Geschütze nicht nur
von der Laudon-Schanze, sondern auch von der noch
näher gelegenen Eugen-Schanze. Die Monitore sind
bisher nicht vorgefahren. Die Station ist vollkommen
verödet. Alle Türen sind abgesperrt und oben
im Stockwerk sind etwa zwanzig Soldaten untergebracht;
diese werden voraussichtlich von dort den
Feind mit Kleingewehrfeuer zu bestreichen suchen.
Heue mittag 12 Uhr müssen alle Ortsfremden
Semlin, das in der ersten Feuerlinie liegt,
verlassen. Auch alle hier anwesenden fremden
Korrespondenten werden von dieser
Verfügung betroffen.
Wien, 1. Aug. Zwei Grenzjäger haben unter
feindlichem Feuer die angeschwollene Deine durchschwommen
und eine serbische Telefonleitung zerstört.
_____________________________
ZUR TAGESGESCHICHTE.
Zur Stärke der Parteien im deutschen Reichstag,
In der Presse sind die Zahlen über die Stärke der
Konservativen, Nationalliberalen und Freisinnigen
in letzter Zeit verschieden angegeben worden. Auf
Grund amtlichen Materials stellen sich diese Zahlen
wie folgt dar: Die drittstärkste Partei ist jetzt die
fortschrittliche Volkspartei mit 46 Mitgliedern (Januar
1912: 41 Mitglieder und 1 Hospitant). Es folgt
die nationalliberale Fraktion mit 40 Mitgliedern
und 5 Hospitanten (es ist der gleiche Stand
wie 1912). Die konservative Fraktion zählt 39
Mitglieder und 2 Hospitanten). (Januar 1912: 43
Mitglieder und 2 Hospitanten) . Während die
Nationalliberalen keine Einbuße erlitten, verloren
die Konservativen 4 Mandate, die Freisinnigen
gewannen 4 Mandate. Die fortschrittliche
Volkspartei gewann von den Konservativen
Hagennow-Grevesmühlen und Labiau-Wehlau, von
den Nationalliberalen Waldeck und Koburg, die ihre
Verluste durch den Gewinn der konservativen Mandate
in Salzwedel-Gardelegen und Stendal-Offenburg
wettmachten. Der austretende Hospitant der
Nationalliberalen Hestermann wurde durch den
neuen Hospitanten Schröder (Elbing) ersetzt. Der
Hospitant Roeser ist der fortschrittlichen Fraktion
[sic]
_______________________________
EINHEIMISCHES.
Eisenach , den 1.August.
Erlaß.
Im Anschluß an den im 2. Blatt der "Eisenacher
Zeitung"" veröffentlichten Erlaß des Kommandierenden
Generals bestimme ich:
Gemäß dem Abschnitt: Vom Kriegs- und Belagerungszustand
der "Vorschrift über den Waffengebrauch
des Militärs und seine Mitwirkung zur Unterdrückung
innerer Unruhen" vom 19. März 1914,
Ziffer 1 gelten für den Kriegszustand
die Vorschriften des preußischen Gesetzes
vom 4. Juni 1851.
2. Spalte
§ 8
Wer in einem in Belagerungszustand erklärten
Orte oder Distrikte der vorsätzlichen Brandstiftung,
der vorsätzlichen Verursachung einer Überschwemmung
oder des Angriffs oder des Widerstandes
gegen die bewaffnete Macht oder Abgeordnete der
Zivil- oder Militärbehörde in offener Gewalt und
mit Waffen oder gefährlichen Werkzeugen versehen
sich schuldig macht, wird mit dem Tode bestraft.
Sind mildernde Umstände vorhanden, so kann,
statt der Todesstrafe, auf 10 - 20jährige Zuchthausstrafe
erkannt werden.
§ 9.
Wer in einem in Belagerungszustand erklärten
Orte oder Distrikte
a) in Beziehung auf die Zahl, die Marschrichtung
oder angebliche Siege der Feinde oder
Aufrührer wissentlich falsche Gerüchte ausstreut
oder verbreitet, welche geeignet sind,
die Zivil- oder Militärbehörden hinsichtlich
ihrer Maßregeln irre zu führen, oder
b) ein bei Erklärung des Belagerungszustandes
oder während desselben vom Militärbefehlshaber
im Interesse der öffentlichen Sicherheit
erlassenes Verbot übertritt, oder zu solcher
Übertretung auffordert oder anreizt,
oder
c) zu dem Verbrechen des Aufruhrs, der tätlichen
Widersetzlichkeit, der Befreiung eines
Gefangenen oder zu einem anderen im § 8
vorgesehenen Verbrechen, wenn auch ohne
Erfolg auffordert oder anreizt, oder
d) Personen des Soldatenstandes zu Verbrechen
gegen die Subordination oder Vergehungen
gegen die militärische Zucht und Ordnung
zu verleiten sucht,
soll, wenn die bestehenden Gesetze keine höhere Freiheitsstrafe
bestimmen, mit Gefängnis bis zu einem
Jahre bestraft werden.
Eisenach, den 1. August 1914.
Kgl. Preußisches Garnison -
Kommando.
Krug von Nidda,
Major und Garnisonsältester.
___________________________
* Vom Hofe. Ihre Königlichen Hoheiten, Großherzog
Wilhelm Ernst und Großherzogin
Feodora haben heute vormittag Schloß
Wilhelmsthal verlassen und sind mit dem Automobil
nach Weimar gefahren, woselbst bereits die Ankunft
erfolgte. Das Großherzogliche Hoflager in
Wilhelmsthal ist vorerst aufgehoben. Die beiden
Kinder unseres Großherzogspaares verbleiben jedoch
bis auf weiteres in Wilhelmsthal.
* Der Kriegszustand macht sich schon gleich in den
ersten Tagen auch im täglichen Leben bemerkbar.
Mit der Bequemlichkeit und Selbstverständlichkeit,
die der Mensch von heutzutage beansprucht,
ist es vorbei. So werden jetzt auf dem
Postamt postlagernde Briefe nicht mehr
ausgehändigt. Die Post verlangt einen von der Polizei
ausgefertigten Ausweis, die Polizei
weigert sich aber, diesen auszustellen, so
daß der Gesuchsteller von der Post zur Polizei und
wieder umgekehrt hin- und herläuft, ohne in den
Besitz seiner Briefschaften zu kommen. Dieser Zustand,
der ja ganz unnötig ist, liegt wohl nur daran,
daß die Polizei nur noch nicht vom richtigen
Orte aus angewiesen ist, den von der Post verlangten
Schein auszustellen. - Was sich gestern auf
der Sparkasse in Eisenach abspielte, war kein
schönes Bild selbstbewußten Benehmens, wie es sich
für Deutsche geziemt. Von den Vormittagsstunden
an war die Kasse von Hunderten belagert,
ein Polizeigebot mußte herangeholt
werden, um Ordnung zu schaffen! Aber der sich
überstürzenden Erregung wurde sie natürlich
nicht Herr. Wilde Szenen spielten sich ab,
die einen weinten, die anderen lachten und
des Gedränges war kein Ende bis in den Nachmittag
hinein. Im übrigen geht nun alles seinen
Gang weiter. Die Brücken und Eisenbahnüberführungen
werden von gestern an von
Veteranen bewacht. Post und Bahn arbeiten
fieberhaft. Vor der Hauptpost am Markt müssen
die Jahrmarktstände geräumt werden, damit
der Zugang zur Post ungehindert ist. Durch Deutschlands
Ultimatum an Rußland, die Anfrage an
Frankreich ist die Entscheidung nun nicht
mehr aufzuhalten. Stündlich kann sie fallen. Alle
Deutschen werden sich des großen Augenblicks würdig
zeigen und siegesgewiß in die Zukunft
blicken.
* Der Kriegszustand wurde heute vormittag mittels
Trommelwirbel vom hiesigen Bataillon
allgemein zur öffentlichen Kenntnis gebracht. Um
Irrtümer zu vermeiden, sei besonders darauf aufmerksam
gemacht, daß dies mit einer Kriegserklärung
nichts zu tun hat, sondern daß damit nur
die besonderen militärische Gesetze in Kraft treten. 7
* Das Publikum und die Kriegsgefahr. Wie
immer in Zeiten irgend einer Krisis so ist auch
augenblicklich bei der drohenden Kriegsgefahr eine
übertriebene Ängstlichkeit im Publikum
zu beobachten. So war gestern ein Ansturm auf
Lebensmittel, speziell Mehl, Kartoffeln usw.
zu beobachten, wie das wohl eben nur in solch unruhigen
Zeiten möglich ist. Die Kartoffelwagen
wurden geradezu gestürmt, ebenso die Mühlen und
sonstigen derartigen Geschäfte. Die Folgen eines
solchen unverständigen Andranges bleiben natürlich
nicht aus, so steigerten sich die Preise für die Kartoffeln,
die am vormittag noch 4 M. der Zentner
kosteten, nachmittags auf 6 M. und mehr.
Mehl ist der Zentner um 10 - 11 M. gestiegen.
Selbstverständlich steigen dann auch alle übrigen
Lebensmittelpreise und die Frage ist berechtigt, ob
diese Steigerung schon jetzt begründet ist? und man
muß sagen nein, aber das Publikum ist ja selber
schuld, indem es plötzlich so gewaltige Einkäufe
macht, daß die Geschäfte ja schließlich töricht wären,
wenn sie dem Bedarf in dieser Weise nicht Rechnung
tragen wollten durch Erhöhung der Preise.
Wie sollen schließlich mit einmal diese großen Anforderungen
erfüllt werden können? Wie soll es werden,
wenn wirklich ein Krieg ausbricht? Dem
3. Spalte
kaufenden Publikum kann nicht genug zur Ruhe
und Besonnenheit geraten werden und man möge
doch bedenken, daß durch übertriebene Ängstlichkeit
erst recht Verwirrung im öffentlichen Leben hervorgerufen
wird. Mag doch kommen, was da will,
es wird sich Rat schaffen lassen und letzten Endes
haben doch auch Stadt- und Staatsbehörden die
Verpflichtung, in solch ernsten Zeiten einzugreifen,
um einer ungerechtfertigten Verteuerung der wichtigsten
Lebensmittel Schranken zu ziehen und man
darf wohl die Hoffnung aussprechen und das Vertrauen
haben, daß auch Eisenach keine Ausnahme
hierbei machen wird. Also nochmals: ruhig
Blut nicht nur im Abheben des Geldes von den
Sparkassen, sondern auch beim Einkauf
von Lebensmitteln.
Zur Preissteigerung.
Herr Oberbürgermeister Schmieder macht folgendes
bekannt: Gegenüber der gewissenlosen Preissteigerung,
welche einzelne Bauern und Kaufleute
jetzt, ohne jeden inneren Grund, eintreten
lassen, sind vom hiesigen Gemeindevorstand
Verhandlungen mit benachbarten Städten eingeleitet,
welche darauf abzielen, daß die Namen derjenigen
Händler, welche in dieser Weise eine
vermeintliche Notlage zum Schaden der
Allgemeinheit ausnützen, öffentlich
bekannt gemacht werden.
* Diskont-Erhöhung. Die deutsche Reichsbank
hat den Wechseldiskont von 4 auf 5
Prozent, den Lombard - Zinsfuß von 5 auf
6 Prozent erhöht.
*Auf der hiesigen Sparkasse ist erfreulicherweise
im Verkehr seit dem heutigen Tage ein wesentlicher
Umschwung eingetreten. Im Gegensatz zu
gestern haben eine ganze Anzahl Leute Einzahlungen
gemacht, darunter sogar, wie wir vernehmen,
Posten in Höhe von 30 000 Mark.
*Das Schützenfest kann infolge der drohenden
Kriegsgefahr nicht stattfinden! Diese Bekanntmachung
erläßt der Vorstand der Schützengilde
in der heutigen Nummer der "Eisenacher Zeitung".
Infolge der gegenwärtigen allgemeinen Weltlage
hat sich der Vorstand der Schützengilde veranlaßt
gesehen, das Schützenfest, das vom heutigen Sonnabend
bis zum 9. August in der Milchkammer abgehalten
werden sollte, ihrerseits aufzuheben. Der
Beschluß wurde in einer heute vormittag im "Deutschen
Haus" abgehaltenen Sitzung des Vorstandes
und Ausschusses einmütig beschlossen. Wie wir
weiter vernehmen, wird die Schützengilde heute
nachmittag 4 Uhr eine weitere Sitzung im Schützenhaus
"Phantasie" abhalten, und den Budenbesitzern
das bereits bezahlte Platzgeld zurückgeben. Es ist
den Budenbesitzern freigestellt, sich an den
Gemeindevorstand oder an die Polizei zu wenden, daß
sie die einmal aufgestellten Buden stehen und darin
Vorstellungen geben lassen können.
* Ausfall des Pferderennens. Die Rennen auf
dem Boxberg bei Gotha am 2. und 3. August werden
wegen der drohenden Kriegsgefahr aufgehoben.
* Sommertheater Tivoli. Am Sonntag und Montag
findet die Aufführung der Operettenneuheit
"Bummelmädels" statt. Das Stück wird an
allen besseren Bühnen mit größtem Erfolg
aufgeführt.
31. JULI 1914.
Die Rosen blühen, wie Blut, so rot -
und Lindenblüten bestreuen den Rasen . . .
Morgen liegen wir starr und tot . . .
Die Kriegs-Drommeten blasen!
Gleich Lauffeuer flog von Haus zu Haus
vom dräuenden Kriege schreckende Kunde, -
von Schlachtendonner! Begeisterungsbraus
erschallet, von Munde zu Munde!
Vielleicht - schon morgen
wir horchen
auf einsamer Wacht,
Vorposten auf spähender Runde,
im Schatten der Nacht,
auf kaltem Gestein,
ins Schlachtfeld hinein . . .
Die Rosen blühen, wie Blut, so rot -
die letzten weih´ ich den treuen Lieben,
die mich begleitet in Kampf und Not:
den Freunden, die mir geblieben!
Und rufst du mich, mein Vaterland,
zu blutig-erbittertem Streite -
ich bin dir ergeben mit Herz und Hand -
so morgen und allezeit, wie heute!
Für Freiheit und Recht
ins Gefecht
nur tapfer hinein!
Verderben der feindlichen Meute!!
Deine Söhne sind da!
"Hurra Germania!"
Walther Sturm
________________________
Theater, Kunst und Wissenschaft.
Alte Studentenmusik. Aus Halle berichtet man:
Die hiesige Studentenverbindung "Fridericiana",
eine der ältesten Sängerschaften Deutschlands, veranstaltete
ein interessantes Konzert unter dem Titel
"Alte Studentenmusik". Einen Teil der Lieder, die
vielleicht seit Jahrhunderten nicht mehr gehört wurden,
hat der Leiter der Chöre der "Fridericiana",
Otto Volkmann, modernisiert, sodaß man überall die
Grundstimmung, eine gesunde, heitere Lebensauffassung,
heraushörte. "Einstmals sah ich ein Jungfräulein""
und "Holla, gut Gesell" von Johann
Hartmann Schein (1586 bis 1630) eröffneten den
Abend. In bunter Reihe folgten Studentenlieder
von Dichtern und Komponisten des 17., 18. und 19.
Jahrhunderts, zwei Gesänge von Ad. Krieger (1634
bis 1666), prachtvolle und schlichte Volkslieder, weiter
ein etwas schwülstiger "Festgruß an Martin
Opitz" von Heinrich Albert (1604 bis 1651), der
anläßlich des Einzugs von Martin Opitz in
Königsberg 1638 entstand, ein Orchestertrio von Stamitz
sowie ein "Mailied" von Christian August Gebler.
"Von der edlen Musik", ferner die Studentenserenade
von Mozart in D-Dur, deren -Textdichter nicht
mehr bekannt ist, die Sonata da camera u. v .a. Um
4. Spalte
das Konzert machten sich außer den Sängern der
"Fridericiana" das Hallische Stadtheaterorchester
und vor allem Robert Spörry (Berlin) verdient,
der seinen Gesang mit der Fiedel begleitete und
starke Wirkungen erzielte.
Ein internationaler Musikwettstreit wird von der
Stadt Nantes zu Pfingsten des kommenden Jahres
vorbereitet. Der Wettstreit erstreckt sich auf
Chorgesang, also auf Gesangvereine, und auf Fanfaren-
und Bläserkonzerte, und ist von der Stadtverwaltung
mit sehr ansehnlichen Preisen ausgestattet.
Das städtische Parlament von Nantes hat
bereits 30 000 Franks bewilligt, die sowohl in
Ehrenpreisen wie auch in Geldpreisen an die am
Wettkampf teilnehmenden Vereine verteilt werden.
_____________________
VERMISCHTES.
Die verprügelte "Braut".
s.h. Breslau, 30. Juli. Ein tragikomisches
Intermezzo, das vor einiger Zeit in der Stadt
viel belacht worden war, fand nun vor Gericht seine
Fortsetzung und "Sühne". Eine kaum 16 Jahre
alte Arbeiterstochter unterhielt mit einem
nicht viel älteren jungen Manne ein Liebesverhältnis.
Auf einem gemeinsamen Spaziergang
hatten die beiden Liebenden nun eines Tages das
Unglück, dem Vater des Mädchens zu begegnen, der
zunächst seinem Töchterlein handgreiflich die Grundlehren
der kindlichen Pflichten usw. beibrachte.
Der "Bräutigam" fühlte sich, nachdem er sich von
der Überraschung, die der unvermutete Anblick seines
zukünftigen Schwiegervaters erholt hatte [sic], verpflichtet,
seiner "Braut" zu Hilfe zu kommen; aber
der nun einmal schon in seinem tiefsten Inneren empörte
"Schwiegervater" versetzte sofort auch dem
jungen Manne einige fühlbare "Antworten". Die
Folge war eine Klage gegen den Schwiegervater,
der auch tatsächlich zu 6 Mark Geldstrafe verurteilt
wurde. Aber auch der hoffnungsvolle Schwiegersohn
bekam zu den allerdings schon verschmerzten
Prügeln, ebenfalls 6 Mark Strafe, weil er zu dem
Termin nicht erschienen war. Der Versöhnung der
beiden steht nun nichts mehr im Wege.
* Lustiges. Der Mustergatte. Sie:
John, du sprachst letzte Nacht aus dem Schlafe. - Er:
O verzeihe, wenn ich dich unterbrochen haben sollte.
- Ein Mangel. In den Lustigen Blättern
erzählt jemand: Eine recht naive Mutter hatte ihr
Töchterchen, eine gesunde Siebzehnjährige, mit Verwandten
nach Zinnowitz gehen lassen, wo der Backfisch
sich fleißig im Wasser tummelte. - Gelegentlich
traf die Mama mit einem Arzt zusammen und
fragte ihn, ob er kalte Seebäder für nützlich hielte.
- "Das kommt ganz darauf an!" erwiderte der
Arzt, "zum Beispiel empfehle ich sie unbedingt bei
Skrophulose und Rachitis!" "Himmlischer Vater",
schrie die besorgte Mutter auf, "Elsbeth hat weder
das eine noch das andere!" - In der
Instruktionsstunde. Leutnant: Müller, womit putzt
der Kavallerist sein Pferd? - Soldat: Mit Lust
und Liebe, Herr Leutnant. - Zustimmung.
"Ich gebe nichts auf Schönheit und auf Reichtum",
sagte sie, "der Mann, den ich heiraten werde, muß
ein Held sein". "Du hast recht, meine Tochter",
antwortete der Vater, "das muß er sein." - Die
Kenner. Zwei Ehemänner unterhalten sich.
"Paß auf", sagte der deine, "du wirst immer beobachten
können, daß die Frau die Stimme senkt, wenn
sie etwas von dir haben will." "Das ist richtig",
sagt der andere, "und sie hebt sie, wenn sies gekriegt
hat." - Gatte: "Beim Jupiter! Ich möchte
etwas recht Aufregendes lesen, etwas, das einem das
Blut in Wallung bringt." - Die hilfreiche Gattin:
"Hier ist die Rechnung meiner Schneiderin, Schatz!"
_______________________
Depeschen und letzte Nachrichten.
Naumburg, 1. Aug. Der Redakteur Blechschmidt
vom Zeitzer Volksboten war wegen Beleidigung
der Zeitzer Stadtverordneten vom Schöffengericht
zu 300 M. Geldstrafe verurteilt worden. Die
hiesige Strafkammer wandelte heute diese Strafe in
3 Monate Gefängnis um.
Weißenfels a. S., 1. Aug. Auf der Grube
Elisabeth bei Mücheln wurden gestern 7 Bergleute
durch niedergehende Kohlenmassen verschüttet. Vier
von ihnen konnten wieder befreit werden, die drei
anderen, ein Aufseher und zwei Bergleute, sind
umgekommen.
Hildesheim, 1. Aug. Eine Schreckenstat
hat sich gestern nachmittag im Hause Osterthor Nr. 2
ereignet. In ihrer Wohnung wurde die Witwe
Nagel mit ihren zwei Töchtern im Alter von 18 und
21 Jahren und ihrem 14jährigen Sohne tot aufgefunden.
Alle vier hatten sich durch Gas vergiftet
und, um die volle Wirkung zu erzielen, noch Morphium
in Sekt genommen. Aus hinterlassenen
Briefen geht hervor, daß die Kinder beschlossen hatten,
wegen eines unheilbaren Leidens der Mutter
mit ihr gemeinsam in den Tod zu gehen.
Breslau, 1. Aug. Der allgemeine Studentenausschuß
der Universität hat ein Ergebenheitstelegramm
an den Kaiser gerichtet, in dem es heißt,
daß die Breslauer Studentenschaft auch heute von
demselben Geiste beseelt ist, wie die Kommilitonen
aus der Zeit der Befreiungs- und Einigungskriege.
München, 1. Aug. Eine große Menge brachte
dem König eine begeisterte Ovation dar. Der König
hielt eine Ansprache und flehte den reichsten
Segen auf die Armee herab.
Paris, 1. Aug. Gestern abend gab ein Unbekannter
im Cafe Croissant mehrere Revolverschüsse
auf Jaures, den bekannten Sozialistenführer, ab,
der schwer verwundet wurde. Jaures ist seinen
schweren Verletzungen erlegen.
Newyork, 1. Aug. Wie dem "Berl. Tagebl."
gemeldet wird, erwartet man eine gewaltige Abwanderung
Gestellungspflichtiger nach Europa.
Österreichische und serbische Reservisten haben
bereits zu tausenden die Stadt verlassen.
Neuyork, 1. Aug. Die Neuyorker Baumwollbörse
schloß gestern um 11,15 Uhr. Bis Dienstag
findet kein Verkehr statt. Die Kaffeebörse bleibt
bis Montag geschlossen. Die Direktion der Effektenbörse
kündigt an, daß bis auf weiteres alle Lieferungen
dispensiert sind.
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item 21
1. Spalte
TÜRKEI.½
Neueste Nachrichten.
Konstantinopel, 1. August. Den Blättern
zufolge wird die türkische Torpedobootsflottille unter
Kommando des Admirals Limbus Pascha zum
Hochseemanöver in den Archipel auslaufen.
JAPAN.
Japan und Rußland.
Man schreibt der "Frkf. Ztg.": Angesichts der
russischen Mobilisierung an der Westgrenze des
Reichs ist die Ansicht des Grafen Okuma, eines genauen
Kenners japanischer und russischer Heeresverhältnisse,
über die Gefahren, in die sich Rußland
im Kriegsfalle stürzen würde, besonders lehrreich.
Graf Okuma hat vor kurzem eine Broschüre veröffentlicht,
in der er über einen japanischen Revanchekrieg
und einen Krieg Rußlands mit den
Weltmächten genaue Untersuchungen anstellt. Aus
diesen geht hervor, daß Rußland im Falle kriegerischer
Verwicklungen in Europa durch Japan in eine
recht ungünstige militärische Lage gebracht werden
würde, so daß tatsächlich ein Waffengang im
Westen für das Zarenreich unberechenbare Folgen
im fernen Osten zeitigen könnte. Die Broschüre des
Grafen Okuma hat großen Eindruck in Japan gemacht,
da der Nachweis geführt wird, daß die Russen
gar nicht in der Lage seien, einen sieghaften Krieg
mit Japan zu führen. Letzteres werde innerhalb
eines Monats ein Heer von 1 ½ Millionen Soldaten
gegn [sic] Rußland aufstellen, das bestenfalls imstande
sei, nach 3 Monaten höchstens 1 Million Soldaten
gegen Russland aufstellen, das bestenfalls im- [sic]
Dies wäre nur denkbar, wenn die europäischen
Kräfte nicht durch einen Feldzug im Westen gefesselt
würden
_________________________
VOM KRIEGSSCHAUPLATZ.
Neue Gefechte.
Mailand, 30. Juli. Der Secolo erhält aus
Nisch eine Privatmeldung über den Kampf bei
Semendria der bei Sonnenaufgang begonnen
hat, um 8 Uhr früh unterbrochen und am Nachmittag
wieder aufgenommen wurde. Die Serben hätten
dem übermächtigen Gegner den lebhaftesten
Widerstand entgegengesetzt; auf beiden Seiten seien
einige hundert Tote zu verzeichnen. Wenn
die Serben auch Semendria preisgeben
mußte (sic), so würden doch Posonka, Jagodin und
Porotin drei schwere Etappen für das Eindringen
der österreichischen Truppen nach dem Süden bedeuten.
An der bosnischen Grenze hätten einige
hundert Serben die kleine Festung Lesitza stundenlang
gegen Tausende von österreichischen Truppen
verteidigt; sie seien dann abgezogen, nachdem
sie dem Gegner beträchtliche Verluste verursacht
hätten.
Erneutes Bombardement von Belgrad.
Semlin, 30.Juli. Um ½ 9 Uhr morgens ist
die Beschießung Belgrads wieder aufgenommen
worden und heute donnern die Geschütze nicht nur
von der Laudon-Schanze, sondern auch von der noch
näher gelegenen Eugen-Schanze. Die Monitore sind
bisher nicht vorgefahren. Die Station ist vollkommen
verödet. Alle Türen sind abgesperrt und oben
im Stockwerk sind etwa zwanzig Soldaten untergebracht;
diese werden voraussichtlich von dort den
Feind mit Kleingewehrfeuer zu bestreichen suchen.
Heue mittag 12 Uhr müssen alle Ortsfremden
Semlin, das in der ersten Feuerlinie liegt,
verlassen. Auch alle hier anwesenden fremden
Korrespondenten werden von dieser
Verfügung betroffen.
Wien, 1. Aug. Zwei Grenzjäger haben unter
feindlichem Feuer die angeschwollene Deine durchschwommen
und eine serbische Telefonleitung zerstört.
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ZUR TAGESGESCHICHTE.
Zur Stärke der Parteien im deutschen Reichstag,
In der Presse sind die Zahlen über die Stärke der
Konservativen, Nationalliberalen und Freisinnigen
in letzter Zeit verschieden angegeben worden. Auf
Grund amtlichen Materials stellen sich diese Zahlen
wie folgt dar: Die drittstärkste Partei ist jetzt die
fortschrittliche Volkspartei mit 46 Mitgliedern (Januar
1912: 41 Mitglieder und 1 Hospitant). Es folgt
die nationalliberale Fraktion mit 40 Mitgliedern
und 5 Hospitanten (es ist der gleiche Stand
wie 1912). Die konservative Fraktion zählt 39
Mitglieder und 2 Hospitanten). (Januar 1912: 43
Mitglieder und 2 Hospitanten) . Während die
Nationalliberalen keine Einbuße erlitten, verloren
die Konservativen 4 Mandate, die Freisinnigen
gewannen 4 Mandate. Die fortschrittliche
Volkspartei gewann von den Konservativen
Hagennow-Grevesmühlen und Labiau-Wehlau, von
den Nationalliberalen Waldeck und Koburg, die ihre
Verluste durch den Gewinn der konservativen Mandate
in Salzwedel-Gardelegen und Stendal-Offenburg
wettmachten. Der austretende Hospitant der
Nationalliberalen Hestermann wurde durch den
neuen Hospitanten Schröder (Elbing) ersetzt. Der
Hospitant Roeser ist der fortschrittlichen Fraktion
[sic]
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EINHEIMISCHES.
Eisenach , den 1.August.
Erlaß.
Im Anschluß an den im 2. Blatt der "Eisenacher
Zeitung"" veröffentlichten Erlaß des Kommandierenden
Generals bestimme ich:
Gemäß dem Abschnitt: Vom Kriegs- und Belagerungszustand
der "Vorschrift über den Waffengebrauch
des Militärs und seine Mitwirkung zur Unterdrückung
innerer Unruhen" vom 19. März 1914,
Ziffer 1 gelten für den Kriegszustand
die Vorschriften des preußischen Gesetzes
vom 4. Juni 1851.
2. Spalte
§ 8
Wer in einem in Belagerungszustand erklärten
Orte oder Distrikte der vorsätzlichen Brandstiftung,
der vorsätzlichen Verursachung einer Überschwemmung
oder des Angriffs oder des Widerstandes
gegen die bewaffnete Macht oder Abgeordnete der
Zivil- oder Militärbehörde in offener Gewalt und
mit Waffen oder gefährlichen Werkzeugen versehen
sich schuldig macht, wird mit dem Tode bestraft.
Sind mildernde Umstände vorhanden, so kann,
statt der Todesstrafe, auf 10 - 20jährige Zuchthausstrafe
erkannt werden.
§ 9.
Wer in einem in Belagerungszustand erklärten
Orte oder Distrikte
a) in Beziehung auf die Zahl, die Marschrichtung
oder angebliche Siege der Feinde oder
Aufrührer wissentlich falsche Gerüchte ausstreut
oder verbreitet, welche geeignet sind,
die Zivil- oder Militärbehörden hinsichtlich
ihrer Maßregeln irre zu führen, oder
b) ein bei Erklärung des Belagerungszustandes
oder während desselben vom Militärbefehlshaber
im Interesse der öffentlichen Sicherheit
erlassenes Verbot übertritt, oder zu solcher
Übertretung auffordert oder anreizt,
oder
c) zu dem Verbrechen des Aufruhrs, der tätlichen
Widersetzlichkeit, der Befreiung eines
Gefangenen oder zu einem anderen im § 8
vorgesehenen Verbrechen, wenn auch ohne
Erfolg auffordert oder anreizt, oder
d) Personen des Soldatenstandes zu Verbrechen
gegen die Subordination oder Vergehungen
gegen die militärische Zucht und Ordnung
zu verleiten sucht,
soll, wenn die bestehenden Gesetze keine höhere Freiheitsstrafe
bestimmen, mit Gefängnis bis zu einem
Jahre bestraft werden.
Eisenach, den 1. August 1914.
Kgl. Preußisches Garnison -
Kommando.
Krug von Nidda,
Major und Garnisonsältester.
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* Vom Hofe. Ihre Königlichen Hoheiten, Großherzog
Wilhelm Ernst und Großherzogin
Feodora haben heute vormittag Schloß
Wilhelmsthal verlassen und sind mit dem Automobil
nach Weimar gefahren, woselbst bereits die Ankunft
erfolgte. Das Großherzogliche Hoflager in
Wilhelmsthal ist vorerst aufgehoben. Die beiden
Kinder unseres Großherzogspaares verbleiben jedoch
bis auf weiteres in Wilhelmsthal.
* Der Kriegszustand macht sich schon gleich in den
ersten Tagen auch im täglichen Leben bemerkbar.
Mit der Bequemlichkeit und Selbstverständlichkeit,
die der Mensch von heutzutage beansprucht,
ist es vorbei. So werden jetzt auf dem
Postamt postlagernde Briefe nicht mehr
ausgehändigt. Die Post verlangt einen von der Polizei
ausgefertigten Ausweis, die Polizei
weigert sich aber, diesen auszustellen, so
daß der Gesuchsteller von der Post zur Polizei und
wieder umgekehrt hin- und herläuft, ohne in den
Besitz seiner Briefschaften zu kommen. Dieser Zustand,
der ja ganz unnötig ist, liegt wohl nur daran,
daß die Polizei nur noch nicht vom richtigen
Orte aus angewiesen ist, den von der Post verlangten
Schein auszustellen. - Was sich gestern auf
der Sparkasse in Eisenach abspielte, war kein
schönes Bild selbstbewußten Benehmens, wie es sich
für Deutsche geziemt. Von den Vormittagsstunden
an war die Kasse von Hunderten belagert,
ein Polizeigebot mußte herangeholt
werden, um Ordnung zu schaffen! Aber der sich
überstürzenden Erregung wurde sie natürlich
nicht Herr. Wilde Szenen spielten sich ab,
die einen weinten, die anderen lachten und
des Gedränges war kein Ende bis in den Nachmittag
hinein. Im übrigen geht nun alles seinen
Gang weiter. Die Brücken und Eisenbahnüberführungen
werden von gestern an von
Veteranen bewacht. Post und Bahn arbeiten
fieberhaft. Vor der Hauptpost am Markt müssen
die Jahrmarktstände geräumt werden, damit
der Zugang zur Post ungehindert ist. Durch Deutschlands
Ultimatum an Rußland, die Anfrage an
Frankreich ist die Entscheidung nun nicht
mehr aufzuhalten. Stündlich kann sie fallen. Alle
Deutschen werden sich des großen Augenblicks würdig
zeigen und siegesgewiß in die Zukunft
blicken.
* Der Kriegszustand wurde heute vormittag mittels
Trommelwirbel vom hiesigen Bataillon
allgemein zur öffentlichen Kenntnis gebracht. Um
Irrtümer zu vermeiden, sei besonders darauf aufmerksam
gemacht, daß dies mit einer Kriegserklärung
nichts zu tun hat, sondern daß damit nur
die besonderen militärische Gesetze in Kraft treten. 7
* Das Publikum und die Kriegsgefahr. Wie
immer in Zeiten irgend einer Krisis so ist auch
augenblicklich bei der drohenden Kriegsgefahr eine
übertriebene Ängstlichkeit im Publikum
zu beobachten. So war gestern ein Ansturm auf
Lebensmittel, speziell Mehl, Kartoffeln usw.
zu beobachten, wie das wohl eben nur in solch unruhigen
Zeiten möglich ist. Die Kartoffelwagen
wurden geradezu gestürmt, ebenso die Mühlen und
sonstigen derartigen Geschäfte. Die Folgen eines
solchen unverständigen Andranges bleiben natürlich
nicht aus, so steigerten sich die Preise für die Kartoffeln,
die am vormittag noch 4 M. der Zentner
kosteten, nachmittags auf 6 M. und mehr.
Mehl ist der Zentner um 10 - 11 M. gestiegen.
Selbstverständlich steigen dann auch alle übrigen
Lebensmittelpreise und die Frage ist berechtigt, ob
diese Steigerung schon jetzt begründet ist? und man
muß sagen nein, aber das Publikum ist ja selber
schuld, indem es plötzlich so gewaltige Einkäufe
macht, daß die Geschäfte ja schließlich töricht wären,
wenn sie dem Bedarf in dieser Weise nicht Rechnung
tragen wollten durch Erhöhung der Preise.
Wie sollen schließlich mit einmal diese großen Anforderungen
erfüllt werden können? Wie soll es werden,
wenn wirklich ein Krieg ausbricht? Dem
3. Spalte
kaufenden Publikum kann nicht genug zur Ruhe
und Besonnenheit geraten werden und man möge
doch bedenken, daß durch übertriebene Ängstlichkeit
erst recht Verwirrung im öffentlichen Leben hervorgerufen
wird. Mag doch kommen, was da will,
es wird sich Rat schaffen lassen und letzten Endes
haben doch auch Stadt- und Staatsbehörden die
Verpflichtung, in solch ernsten Zeiten einzugreifen,
um einer ungerechtfertigten Verteuerung der wichtigsten
Lebensmittel Schranken zu ziehen und man
darf wohl die Hoffnung aussprechen und das Vertrauen
haben, daß auch Eisenach keine Ausnahme
hierbei machen wird. Also nochmals: ruhig
Blut nicht nur im Abheben des Geldes von den
Sparkassen, sondern auch beim Einkauf
von Lebensmitteln.
Zur Preissteigerung.
Herr Oberbürgermeister Schmieder macht folgendes
bekannt: Gegenüber der gewissenlosen Preissteigerung,
welche einzelne Bauern und Kaufleute
jetzt, ohne jeden inneren Grund, eintreten
lassen, sind vom hiesigen Gemeindevorstand
Verhandlungen mit benachbarten Städten eingeleitet,
welche darauf abzielen, daß die Namen derjenigen
Händler, welche in dieser Weise eine
vermeintliche Notlage zum Schaden der
Allgemeinheit ausnützen, öffentlich
bekannt gemacht werden.
* Diskont-Erhöhung. Die deutsche Reichsbank
hat den Wechseldiskont von 4 auf 5
Prozent, den Lombard - Zinsfuß von 5 auf
6 Prozent erhöht.
*Auf der hiesigen Sparkasse ist erfreulicherweise
im Verkehr seit dem heutigen Tage ein wesentlicher
Umschwung eingetreten. Im Gegensatz zu
gestern haben eine ganze Anzahl Leute Einzahlungen
gemacht, darunter sogar, wie wir vernehmen,
Posten in Höhe von 30 000 Mark.
*Das Schützenfest kann infolge der drohenden
Kriegsgefahr nicht stattfinden! Diese Bekanntmachung
erläßt der Vorstand der Schützengilde
in der heutigen Nummer der "Eisenacher Zeitung".
Infolge der gegenwärtigen allgemeinen Weltlage
hat sich der Vorstand der Schützengilde veranlaßt
gesehen, das Schützenfest, das vom heutigen Sonnabend
bis zum 9. August in der Milchkammer abgehalten
werden sollte, ihrerseits aufzuheben. Der
Beschluß wurde in einer heute vormittag im "Deutschen
Haus" abgehaltenen Sitzung des Vorstandes
und Ausschusses einmütig beschlossen. Wie wir
weiter vernehmen, wird die Schützengilde heute
nachmittag 4 Uhr eine weitere Sitzung im Schützenhaus
"Phantasie" abhalten, und den Budenbesitzern
das bereits bezahlte Platzgeld zurückgeben. Es ist
den Budenbesitzern freigestellt, sich an den
Gemeindevorstand oder an die Polizei zu wenden, daß
sie die einmal aufgestellten Buden stehen und darin
Vorstellungen geben lassen können.
* Ausfall des Pferderennens. Die Rennen auf
dem Boxberg bei Gotha am 2. und 3. August werden
wegen der drohenden Kriegsgefahr aufgehoben.
* Sommertheater Tivoli. Am Sonntag und Montag
findet die Aufführung der Operettenneuheit
"Bummelmädels" statt. Das Stück wird an
allen besseren Bühnen mit größtem Erfolg
aufgeführt.
31. JULI 1914.
Die Rosen blühen, wie Blut, so rot -
und Lindenblüten bestreuen den Rasen . . .
Morgen liegen wir starr und tot . . .
Die Kriegs-Drommeten blasen!
Gleich Lauffeuer flog von Haus zu Haus
vom dräuenden Kriege schreckende Kunde, -
von Schlachtendonner! Begeisterungsbraus
erschallet, von Munde zu Munde!
Vielleicht - schon morgen
wir horchen
auf einsamer Wacht,
Vorposten auf spähender Runde,
im Schatten der Nacht,
auf kaltem Gestein,
ins Schlachtfeld hinein . . .
Die Rosen blühen, wie Blut, so rot -
die letzten weih´ ich den treuen Lieben,
die mich begleitet in Kampf und Not:
den Freunden, die mir geblieben!
Und rufst du mich, mein Vaterland,
zu blutig-erbittertem Streite -
ich bin dir ergeben mit Herz und Hand -
so morgen und allezeit, wie heute!
Für Freiheit und Recht
ins Gefecht
nur tapfer hinein!
Verderben der feindlichen Meute!!
Deine Söhne sind da!
"Hurra Germania!"
Walther Sturm
________________________
Theater, Kunst und Wissenschaft.
Alte Studentenmusik. Aus Halle berichtet man:
Die hiesige Studentenverbindung "Fridericiana",
eine der ältesten Sängerschaften Deutschlands, veranstaltete
ein interessantes Konzert unter dem Titel
"Alte Studentenmusik". Einen Teil der Lieder, die
vielleicht seit Jahrhunderten nicht mehr gehört wurden,
hat der Leiter der Chöre der "Fridericiana",
Otto Volkmann, modernisiert, sodaß man überall die
Grundstimmung, eine gesunde, heitere Lebensauffassung,
heraushörte. "Einstmals sah ich ein Jungfräulein""
und "Holla, gut Gesell" von Johann
Hartmann Schein (1586 bis 1630) eröffneten den
Abend. In bunter Reihe folgten Studentenlieder
von Dichtern und Komponisten des 17., 18. und 19.
Jahrhunderts, zwei Gesänge von Ad. Krieger (1634
bis 1666), prachtvolle und schlichte Volkslieder, weiter
ein etwas schwülstiger "Festgruß an Martin
Opitz" von Heinrich Albert (1604 bis 1651), der
anläßlich des Einzugs von Martin Opitz in
Königsberg 1638 entstand, ein Orchestertrio von Stamitz
sowie ein "Mailied" von Christian August Gebler.
"Von der edlen Musik", ferner die Studentenserenade
von Mozart in D-Dur, deren -Textdichter nicht
mehr bekannt ist, die Sonata da camera u. v .a. Um
4. Spalte
das Konzert machten sich außer den Sängern der
"Fridericiana" das Hallische Stadtheaterorchester
und vor allem Robert Spörry (Berlin) verdient,
der seinen Gesang mit der Fiedel begleitete und
starke Wirkungen erzielte.
Ein internationaler Musikwettstreit wird von der
Stadt Nantes zu Pfingsten des kommenden Jahres
vorbereitet. Der Wettstreit erstreckt sich auf
Chorgesang, also auf Gesangvereine, und auf Fanfaren-
und Bläserkonzerte, und ist von der Stadtverwaltung
mit sehr ansehnlichen Preisen ausgestattet.
Das städtische Parlament von Nantes hat
bereits 30 000 Franks bewilligt, die sowohl in
Ehrenpreisen wie auch in Geldpreisen an die am
Wettkampf teilnehmenden Vereine verteilt werden.
_____________________
VERMISCHTES.
Die verprügelte "Braut".
s.h. Breslau, 30. Juli. Ein tragikomisches
Intermezzo, das vor einiger Zeit in der Stadt
viel belacht worden war, fand nun vor Gericht seine
Fortsetzung und "Sühne". Eine kaum 16 Jahre
alte Arbeiterstochter unterhielt mit einem
nicht viel älteren jungen Manne ein Liebesverhältnis.
Auf einem gemeinsamen Spaziergang
hatten die beiden Liebenden nun eines Tages das
Unglück, dem Vater des Mädchens zu begegnen, der
zunächst seinem Töchterlein handgreiflich die Grundlehren
der kindlichen Pflichten usw. beibrachte.
Der "Bräutigam" fühlte sich, nachdem er sich von
der Überraschung, die der unvermutete Anblick seines
zukünftigen Schwiegervaters erholt hatte [sic], verpflichtet,
seiner "Braut" zu Hilfe zu kommen; aber
der nun einmal schon in seinem tiefsten Inneren empörte
"Schwiegervater" versetzte sofort auch dem
jungen Manne einige fühlbare "Antworten". Die
Folge war eine Klage gegen den Schwiegervater,
der auch tatsächlich zu 6 Mark Geldstrafe verurteilt
wurde. Aber auch der hoffnungsvolle Schwiegersohn
bekam zu den allerdings schon verschmerzten
Prügeln, ebenfalls 6 Mark Strafe, weil er zu dem
Termin nicht erschienen war. Der Versöhnung der
beiden steht nun nichts mehr im Wege.
* Lustiges. Der Mustergatte. Sie:
John, du sprachst letzte Nacht aus dem Schlafe. - Er:
O verzeihe, wenn ich dich unterbrochen haben sollte.
- Ein Mangel. In den Lustigen Blättern
erzählt jemand: Eine recht naive Mutter hatte ihr
Töchterchen, eine gesunde Siebzehnjährige, mit Verwandten
nach Zinnowitz gehen lassen, wo der Backfisch
sich fleißig im Wasser tummelte. - Gelegentlich
traf die Mama mit einem Arzt zusammen und
fragte ihn, ob er kalte Seebäder für nützlich hielte.
- "Das kommt ganz darauf an!" erwiderte der
Arzt, "zum Beispiel empfehle ich sie unbedingt bei
Skrophulose und Rachitis!" "Himmlischer Vater",
schrie die besorgte Mutter auf, "Elsbeth hat weder
das eine noch das andere!" - In der
Instruktionsstunde. Leutnant: Müller, womit putzt
der Kavallerist sein Pferd? - Soldat: Mit Lust
und Liebe, Herr Leutnant. - Zustimmung.
"Ich gebe nichts auf Schönheit und auf Reichtum",
sagte sie, "der Mann, den ich heiraten werde, muß
ein Held sein". "Du hast recht, meine Tochter",
antwortete der Vater, "das muß er sein." - Die
Kenner. Zwei Ehemänner unterhalten sich.
"Paß auf", sagte der deine, "du wirst immer beobachten
können, daß die Frau die Stimme senkt, wenn
sie etwas von dir haben will." "Das ist richtig",
sagt der andere, "und sie hebt sie, wenn sies gekriegt
hat." - Gatte: "Beim Jupiter! Ich möchte
etwas recht Aufregendes lesen, etwas, das einem das
Blut in Wallung bringt." - Die hilfreiche Gattin:
"Hier ist die Rechnung meiner Schneiderin, Schatz!"
_______________________
Depeschen und letzte Nachrichten.
Naumburg, 1. Aug. Der Redakteur Blechschmidt
vom Zeitzer Volksboten war wegen Beleidigung
der Zeitzer Stadtverordneten vom Schöffengericht
zu 300 M. Geldstrafe verurteilt worden. Die
hiesige Strafkammer wandelte heute diese Strafe in
3 Monate Gefängnis um.
Weißenfels a. S., 1. Aug. Auf der Grube
Elisabeth bei Mücheln wurden gestern 7 Bergleute
durch niedergehende Kohlenmassen verschüttet. Vier
von ihnen konnten wieder befreit werden, die drei
anderen, ein Aufseher und zwei Bergleute, sind
umgekommen.
Hildesheim, 1. Aug. Eine Schreckenstat
hat sich gestern nachmittag im Hause Osterthor Nr. 2
ereignet. In ihrer Wohnung wurde die Witwe
Nagel mit ihren zwei Töchtern im Alter von 18 und
21 Jahren und ihrem 14jährigen Sohne tot aufgefunden.
Alle vier hatten sich durch Gas vergiftet
und, um die volle Wirkung zu erzielen, noch Morphium
in Sekt genommen. Aus hinterlassenen
Briefen geht hervor, daß die Kinder beschlossen hatten,
wegen eines unheilbaren Leidens der Mutter
mit ihr gemeinsam in den Tod zu gehen.
Breslau, 1. Aug. Der allgemeine Studentenausschuß
der Universität hat ein Ergebenheitstelegramm
an den Kaiser gerichtet, in dem es heißt,
daß die Breslauer Studentenschaft auch heute von
demselben Geiste beseelt ist, wie die Kommilitonen
aus der Zeit der Befreiungs- und Einigungskriege.
-
item 21
1. Spalte
TÜRKEI.½
Neueste Nachrichten.
Konstantinopel, 1. August. Den Blättern
zufolge wird die türkische Torpedobootsflottille unter
Kommando des Admirals Limbus Pascha zum
Hochseemanöver in den Archipel auslaufen.
JAPAN.
Japan und Rußland.
Man schreibt der "Frkf. Ztg.": Angesichts der
russischen Mobilisierung an der Westgrenze des
Reichs ist die Ansicht des Grafen Okuma, eines genauen
Kenners japanischer und russischer Heeresverhältnisse,
über die Gefahren, in die sich Rußland
im Kriegsfalle stürzen würde, besonders lehrreich.
Graf Okuma hat vor kurzem eine Broschüre veröffentlicht,
in der er über einen japanischen Revanchekrieg
und einen Krieg Rußlands mit den
Weltmächten genaue Untersuchungen anstellt. Aus
diesen geht hervor, daß Rußland im Falle kriegerischer
Verwicklungen in Europa durch Japan in eine
recht ungünstige militärische Lage gebracht werden
würde, so daß tatsächlich ein Waffengang im
Westen für das Zarenreich unberechenbare Folgen
im fernen Osten zeitigen könnte. Die Broschüre des
Grafen Okuma hat großen Eindruck in Japan gemacht,
da der Nachweis geführt wird, daß die Russen
gar nicht in der Lage seien, einen sieghaften Krieg
mit Japan zu führen. Letzteres werde innerhalb
eines Monats ein Heer von 1 ½ Millionen Soldaten
gegn [sic] Rußland aufstellen, das bestenfalls imstande
sei, nach 3 Monaten höchstens 1 Million Soldaten
gegen Russland aufstellen, das bestenfalls im- [sic]
Dies wäre nur denkbar, wenn die europäischen
Kräfte nicht durch einen Feldzug im Westen gefesselt
würden
_________________________
VOM KRIEGSSCHAUPLATZ.
Neue Gefechte.
Mailand, 30. Juli. Der Secolo erhält aus
Nisch eine Privatmeldung über den Kampf bei
Semendria der bei Sonnenaufgang begonnen
hat, um 8 Uhr früh unterbrochen und am Nachmittag
wieder aufgenommen wurde. Die Serben hätten
dem übermächtigen Gegner den lebhaftesten
Widerstand entgegengesetzt; auf beiden Seiten seien
einige hundert Tote zu verzeichnen. Wenn
die Serben auch Semendria preisgeben
mußte (sic), so würden doch Posonka, Jagodin und
Porotin drei schwere Etappen für das Eindringen
der österreichischen Truppen nach dem Süden bedeuten.
An der bosnischen Grenze hätten einige
hundert Serben die kleine Festung Lesitza stundenlang
gegen Tausende von österreichischen Truppen
verteidigt; sie seien dann abgezogen, nachdem
sie dem Gegner beträchtliche Verluste verursacht
hätten.
Erneutes Bombardement von Belgrad.
Semlin, 30.Juli. Um ½ 9 Uhr morgens ist
die Beschießung Belgrads wieder aufgenommen
worden und heute donnern die Geschütze nicht nur
von der Laudon-Schanze, sondern auch von der noch
näher gelegenen Eugen-Schanze. Die Monitore sind
bisher nicht vorgefahren. Die Station ist vollkommen
verödet. Alle Türen sind abgesperrt und oben
im Stockwerk sind etwa zwanzig Soldaten untergebracht;
diese werden voraussichtlich von dort den
Feind mit Kleingewehrfeuer zu bestreichen suchen.
Heue mittag 12 Uhr müssen alle Ortsfremden
Semlin, das in der ersten Feuerlinie liegt,
verlassen. Auch alle hier anwesenden fremden
Korrespondenten werden von dieser
Verfügung betroffen.
Wien, 1. Aug. Zwei Grenzjäger haben unter
feindlichem Feuer die angeschwollene Deine durchschwommen
und eine serbische Telefonleitung zerstört.
_____________________________
ZUR TAGESGESCHICHTE.
Zur Stärke der Parteien im deutschen Reichstag,
In der Presse sind die Zahlen über die Stärke der
Konservativen, Nationalliberalen und Freisinnigen
in letzter Zeit verschieden angegeben worden. Auf
Grund amtlichen Materials stellen sich diese Zahlen
wie folgt dar: Die drittstärkste Partei ist jetzt die
fortschrittliche Volkspartei mit 46 Mitgliedern (Januar
1912: 41 Mitglieder und 1 Hospitant). Es folgt
die nationalliberale Fraktion mit 40 Mitgliedern
und 5 Hospitanten (es ist der gleiche Stand
wie 1912). Die konservative Fraktion zählt 39
Mitglieder und 2 Hospitanten). (Januar 1912: 43
Mitglieder und 2 Hospitanten) . Während die
Nationalliberalen keine Einbuße erlitten, verloren
die Konservativen 4 Mandate, die Freisinnigen
gewannen 4 Mandate. Die fortschrittliche
Volkspartei gewann von den Konservativen
Hagennow-Grevesmühlen und Labiau-Wehlau, von
den Nationalliberalen Waldeck und Koburg, die ihre
Verluste durch den Gewinn der konservativen Mandate
in Salzwedel-Gardelegen und Stendal-Offenburg
wettmachten. Der austretende Hospitant der
Nationalliberalen Hestermann wurde durch den
neuen Hospitanten Schröder (Elbing) ersetzt. Der
Hospitant Roeser ist der fortschrittlichen Fraktion
[sic]
_______________________________
EINHEIMISCHES.
Eisenach , den 1.August.
Erlaß.
Im Anschluß an den im 2. Blatt der "Eisenacher
Zeitung"" veröffentlichten Erlaß des Kommandierenden
Generals bestimme ich:
Gemäß dem Abschnitt: Vom Kriegs- und Belagerungszustand
der "Vorschrift über den Waffengebrauch
des Militärs und seine Mitwirkung zur Unterdrückung
innerer Unruhen" vom 19. März 1914,
Ziffer 1 gelten für den Kriegszustand
die Vorschriften des preußischen Gesetzes
vom 4. Juni 1851.
2. Spalte
§ 8
Wer in einem in Belagerungszustand erklärten
Orte oder Distrikte der vorsätzlichen Brandstiftung,
der vorsätzlichen Verursachung einer Überschwemmung
oder des Angriffs oder des Widerstandes
gegen die bewaffnete Macht oder Abgeordnete der
Zivil- oder Militärbehörde in offener Gewalt und
mit Waffen oder gefährlichen Werkzeugen versehen
sich schuldig macht, wird mit dem Tode bestraft.
Sind mildernde Umstände vorhanden, so kann,
statt der Todesstrafe, auf 10 - 20jährige Zuchthausstrafe
erkannt werden.
§ 9.
Wer in einem in Belagerungszustand erklärten
Orte oder Distrikte
a) in Beziehung auf die Zahl, die Marschrichtung
oder angebliche Siege der Feinde oder
Aufrührer wissentlich falsche Gerüchte ausstreut
oder verbreitet, welche geeignet sind,
die Zivil- oder Militärbehörden hinsichtlich
ihrer Maßregeln irre zu führen, oder
b) ein bei Erklärung des Belagerungszustandes
oder während desselben vom Militärbefehlshaber
im Interesse der öffentlichen Sicherheit
erlassenes Verbot übertritt, oder zu solcher
Übertretung auffordert oder anreizt,
oder
c) zu dem Verbrechen des Aufruhrs, der tätlichen
Widersetzlichkeit, der Befreiung eines
Gefangenen oder zu einem anderen im § 8
vorgesehenen Verbrechen, wenn auch ohne
Erfolg auffordert oder anreizt, oder
d) Personen des Soldatenstandes zu Verbrechen
gegen die Subordination oder Vergehungen
gegen die militärische Zucht und Ordnung
zu verleiten sucht,
soll, wenn die bestehenden Gesetze keine höhere Freiheitsstrafe
bestimmen, mit Gefängnis bis zu einem
Jahre bestraft werden.
Eisenach, den 1. August 1914.
Kgl. Preußisches Garnison -
Kommando.
Krug von Nidda,
Major und Garnisonsältester.
___________________________
* Vom Hofe. Ihre Königlichen Hoheiten, Großherzog
Wilhelm Ernst und Großherzogin
Feodora haben heute vormittag Schloß
Wilhelmsthal verlassen und sind mit dem Automobil
nach Weimar gefahren, woselbst bereits die Ankunft
erfolgte. Das Großherzogliche Hoflager in
Wilhelmsthal ist vorerst aufgehoben. Die beiden
Kinder unseres Großherzogspaares verbleiben jedoch
bis auf weiteres in Wilhelmsthal.
* Der Kriegszustand macht sich schon gleich in den
ersten Tagen auch im täglichen Leben bemerkbar.
Mit der Bequemlichkeit und Selbstverständlichkeit,
die der Mensch von heutzutage beansprucht,
ist es vorbei. So werden jetzt auf dem
Postamt postlagernde Briefe nicht mehr
ausgehändigt. Die Post verlangt einen von der Polizei
ausgefertigten Ausweis, die Polizei
weigert sich aber, diesen auszustellen, so
daß der Gesuchsteller von der Post zur Polizei und
wieder umgekehrt hin- und herläuft, ohne in den
Besitz seiner Briefschaften zu kommen. Dieser Zustand,
der ja ganz unnötig ist, liegt wohl nur daran,
daß die Polizei nur noch nicht vom richtigen
Orte aus angewiesen ist, den von der Post verlangten
Schein auszustellen. - Was sich gestern auf
der Sparkasse in Eisenach abspielte, war kein
schönes Bild selbstbewußten Benehmens, wie es sich
für Deutsche geziemt. Von den Vormittagsstunden
an war die Kasse von Hunderten belagert,
ein Polizeigebot mußte herangeholt
werden, um Ordnung zu schaffen! Aber der sich
überstürzenden Erregung wurde sie natürlich
nicht Herr. Wilde Szenen spielten sich ab,
die einen weinten, die anderen lachten und
des Gedränges war kein Ende bis in den Nachmittag
hinein. Im übrigen geht nun alles seinen
Gang weiter. Die Brücken und Eisenbahnüberführungen
werden von gestern an von
Veteranen bewacht. Post und Bahn arbeiten
fieberhaft. Vor der Hauptpost am Markt müssen
die Jahrmarktstände geräumt werden, damit
der Zugang zur Post ungehindert ist. Durch Deutschlands
Ultimatum an Rußland, die Anfrage an
Frankreich ist die Entscheidung nun nicht
mehr aufzuhalten. Stündlich kann sie fallen. Alle
Deutschen werden sich des großen Augenblicks würdig
zeigen und siegesgewiß in die Zukunft
blicken.
* Der Kriegszustand wurde heute vormittag mittels
Trommelwirbel vom hiesigen Bataillon
allgemein zur öffentlichen Kenntnis gebracht. Um
Irrtümer zu vermeiden, sei besonders darauf aufmerksam
gemacht, daß dies mit einer Kriegserklärung
nichts zu tun hat, sondern daß damit nur
die besonderen militärische Gesetze in Kraft treten. 7
* Das Publikum und die Kriegsgefahr. Wie
immer in Zeiten irgend einer Krisis so ist auch
augenblicklich bei der drohenden Kriegsgefahr eine
übertriebene Ängstlichkeit im Publikum
zu beobachten. So war gestern ein Ansturm auf
Lebensmittel, speziell Mehl, Kartoffeln usw.
zu beobachten, wie das wohl eben nur in solch unruhigen
Zeiten möglich ist. Die Kartoffelwagen
wurden geradezu gestürmt, ebenso die Mühlen und
sonstigen derartigen Geschäfte. Die Folgen eines
solchen unverständigen Andranges bleiben natürlich
nicht aus, so steigerten sich die Preise für die Kartoffeln,
die am vormittag noch 4 M. der Zentner
kosteten, nachmittags auf 6 M. und mehr.
Mehl ist der Zentner um 10 - 11 M. gestiegen.
Selbstverständlich steigen dann auch alle übrigen
Lebensmittelpreise und die Frage ist berechtigt, ob
diese Steigerung schon jetzt begründet ist? und man
muß sagen nein, aber das Publikum ist ja selber
schuld, indem es plötzlich so gewaltige Einkäufe
macht, daß die Geschäfte ja schließlich töricht wären,
wenn sie dem Bedarf in dieser Weise nicht Rechnung
tragen wollten durch Erhöhung der Preise.
Wie sollen schließlich mit einmal diese großen Anforderungen
erfüllt werden können? Wie soll es werden,
wenn wirklich ein Krieg ausbricht? Dem
3. Spalte
kaufenden Publikum kann nicht genug zur Ruhe
und Besonnenheit geraten werden und man möge
doch bedenken, daß durch übertriebene Ängstlichkeit
erst recht Verwirrung im öffentlichen Leben hervorgerufen
wird. Mag doch kommen, was da will,
es wird sich Rat schaffen lassen und letzten Endes
haben doch auch Stadt- und Staatsbehörden die
Verpflichtung, in solch ernsten Zeiten einzugreifen,
um einer ungerechtfertigten Verteuerung der wichtigsten
Lebensmittel Schranken zu ziehen und man
darf wohl die Hoffnung aussprechen und das Vertrauen
haben, daß auch Eisenach keine Ausnahme
hierbei machen wird. Also nochmals: ruhig
Blut nicht nur im Abheben des Geldes von den
Sparkassen, sondern auch beim Einkauf
von Lebensmitteln.
Zur Preissteigerung.
Herr Oberbürgermeister Schmieder macht folgendes
bekannt: Gegenüber der gewissenlosen Preissteigerung,
welche einzelne Bauern und Kaufleute
jetzt, ohne jeden inneren Grund, eintreten
lassen, sind vom hiesigen Gemeindevorstand
Verhandlungen mit benachbarten Städten eingeleitet,
welche darauf abzielen, daß die Namen derjenigen
Händler, welche in dieser Weise eine
vermeintliche Notlage zum Schaden der
Allgemeinheit ausnützen, öffentlich
bekannt gemacht werden.
* Diskont-Erhöhung. Die deutsche Reichsbank
hat den Wechseldiskont von 4 auf 5
Prozent, den Lombard - Zinsfuß von 5 auf
6 Prozent erhöht.
*Auf der hiesigen Sparkasse ist erfreulicherweise
im Verkehr seit dem heutigen Tage ein wesentlicher
Umschwung eingetreten. Im Gegensatz zu
gestern haben eine ganze Anzahl Leute Einzahlungen
gemacht, darunter sogar, wie wir vernehmen,
Posten in Höhe von 30 000 Mark.
*Das Schützenfest kann infolge der drohenden
Kriegsgefahr nicht stattfinden! Diese Bekanntmachung
erläßt der Vorstand der Schützengilde
in der heutigen Nummer der "Eisenacher Zeitung".
Infolge der gegenwärtigen allgemeinen Weltlage
hat sich der Vorstand der Schützengilde veranlaßt
gesehen, das Schützenfest, das vom heutigen Sonnabend
bis zum 9. August in der Milchkammer abgehalten
werden sollte, ihrerseits aufzuheben. Der
Beschluß wurde in einer heute vormittag im "Deutschen
Haus" abgehaltenen Sitzung des Vorstandes
und Ausschusses einmütig beschlossen. Wie wir
weiter vernehmen, wird die Schützengilde heute
nachmittag 4 Uhr eine weitere Sitzung im Schützenhaus
"Phantasie" abhalten, und den Budenbesitzern
das bereits bezahlte Platzgeld zurückgeben. Es ist
den Budenbesitzern freigestellt, sich an den
Gemeindevorstand oder an die Polizei zu wenden, daß
sie die einmal aufgestellten Buden stehen und darin
Vorstellungen geben lassen können.
* Ausfall des Pferderennens. Die Rennen auf
dem Boxberg bei Gotha am 2. und 3. August werden
wegen der drohenden Kriegsgefahr aufgehoben.
* Sommertheater Tivoli. Am Sonntag und Montag
findet die Aufführung der Operettenneuheit
"Bummelmädels" statt. Das Stück wird an
allen besseren Bühnen mit größtem Erfolg
aufgeführt.
31. JULI 1914.
Die Rosen blühen, wie Blut, so rot -
und Lindenblüten bestreuen den Rasen . . .
Morgen liegen wir starr und tot . . .
Die Kriegs-Drommeten blasen!
Gleich Lauffeuer flog von Haus zu Haus
vom dräuenden Kriege schreckende Kunde, -
von Schlachtendonner! Begeisterungsbraus
erschallet, von Munde zu Munde!
Vielleicht - schon morgen
wir horchen
auf einsamer Wacht,
Vorposten auf spähender Runde,
im Schatten der Nacht,
auf kaltem Gestein,
ins Schlachtfeld hinein . . .
Die Rosen blühen, wie Blut, so rot -
die letzten weih´ ich den treuen Lieben,
die mich begleitet in Kampf und Not:
den Freunden, die mir geblieben!
Und rufst du mich, mein Vaterland,
zu blutig-erbittertem Streite -
ich bin dir ergeben mit Herz und Hand -
so morgen und allezeit, wie heute!
Für Freiheit und Recht
ins Gefecht
nur tapfer hinein!
Verderben der feindlichen Meute!!
Deine Söhne sind da!
"Hurra Germania!"
Walther Sturm
________________________
Theater, Kunst und Wissenschaft.
Alte Studentenmusik. Aus Halle berichtet man:
Die hiesige Studentenverbindung "Fridericiana",
eine der ältesten Sängerschaften Deutschlands, veranstaltete
ein interessantes Konzert unter dem Titel
"Alte Studentenmusik". Einen Teil der Lieder, die
vielleicht seit Jahrhunderten nicht mehr gehört wurden,
hat der Leiter der Chöre der "Fridericiana",
Otto Volkmann, modernisiert, sodaß man überall die
Grundstimmung, eine gesunde, heitere Lebensauffassung,
heraushörte. "Einstmals sah ich ein Jungfräulein""
und "Holla, gut Gesell" von Johann
Hartmann Schein (1586 bis 1630) eröffneten den
Abend. In bunter Reihe folgten Studentenlieder
von Dichtern und Komponisten des 17., 18. und 19.
Jahrhunderts, zwei Gesänge von Ad. Krieger (1634
bis 1666), prachtvolle und schlichte Volkslieder, weiter
ein etwas schwülstiger "Festgruß an Martin
Opitz" von Heinrich Albert (1604 bis 1651), der
anläßlich des Einzugs von Martin Opitz in
Königsberg 1638 entstand, ein Orchestertrio von Stamitz
sowie ein "Mailied" von Christian August Gebler.
"Von der edlen Musik", ferner die Studentenserenade
von Mozart in D-Dur, deren -Textdichter nicht
mehr bekannt ist, die Sonata da camera u. v .a. Um
4. Spalte
das Konzert machten sich außer den Sängern der
"Fridericiana" das Hallische Stadtheaterorchester
und vor allem Robert Spörry (Berlin) verdient,
der seinen Gesang mit der Fiedel begleitete und
starke Wirkungen erzielte.
Ein internationaler Musikwettstreit wird von der
Stadt Nantes zu Pfingsten des kommenden Jahres
vorbereitet. Der Wettstreit erstreckt sich auf
Chorgesang, also auf Gesangvereine, und auf Fanfaren-
und Bläserkonzerte, und ist von der Stadtverwaltung
mit sehr ansehnlichen Preisen ausgestattet.
Das städtische Parlament von Nantes hat
bereits 30 000 Franks bewilligt, die sowohl in
Ehrenpreisen wie auch in Geldpreisen an die am
Wettkampf teilnehmenden Vereine verteilt werden.
_____________________
VERMISCHTES.
Die verprügelte "Braut".
s.h. Breslau, 30. Juli. Ein tragikomisches
Intermezzo, das vor einiger Zeit in der Stadt
viel belacht worden war, fand nun vor Gericht seine
Fortsetzung und "Sühne". Eine kaum 16 Jahre
alte Arbeiterstochter unterhielt mit einem
nicht viel älteren jungen Manne ein Liebesverhältnis.
Auf einem gemeinsamen Spaziergang
hatten die beiden Liebenden nun eines Tages das
Unglück, dem Vater des Mädchens zu begegnen, der
zunächst seinem Töchterlein handgreiflich die Grundlehren
der kindlichen Pflichten usw. beibrachte.
Der "Bräutigam" fühlte sich, nachdem er sich von
der Überraschung, die der unvermutete Anblick seines
zukünftigen Schwiegervaters erholt hatte [sic], verpflichtet,
seiner "Braut" zu Hilfe zu kommen; aber
der nun einmal schon in seinem tiefsten Inneren empörte
"Schwiegervater" versetzte sofort auch dem
jungen Manne einige fühlbare "Antworten". Die
Folge war eine Klage gegen den Schwiegervater,
der auch tatsächlich zu 6 Mark Geldstrafe verurteilt
wurde. Aber auch der hoffnungsvolle Schwiegersohn
bekam zu den allerdings schon verschmerzten
Prügeln, ebenfalls 6 Mark Strafe, weil er zu dem
Termin nicht erschienen war. Der Versöhnung der
beiden steht nun nichts mehr im Wege.
* Lustiges. Der Mustergatte. Sie:
John, du sprachst letzte Nacht aus dem Schlafe. - Er:
O verzeihe, wenn ich dich unterbrochen haben sollte.
- Ein Mangel. In den Lustigen Blättern
erzählt jemand: Eine recht naive Mutter hatte ihr
Töchterchen, eine gesunde Siebzehnjährige, mit Verwandten
nach Zinnowitz gehen lassen, wo der Backfisch
sich fleißig im Wasser tummelte. - Gelegentlich
traf die Mama mit einem Arzt zusammen und
fragte ihn, ob er kalte Seebäder für nützlich hielte.
- "Das kommt ganz darauf an!" erwiderte der
Arzt, "zum Beispiel empfehle ich sie unbedingt bei
Skrophulose und Rachitis!" "Himmlischer Vater",
schrie die besorgte Mutter auf, "Elsbeth hat weder
das eine noch das andere!" - In der
Instruktionsstunde. Leutnant: Müller, womit putzt
der Kavallerist sein Pferd? - Soldat: Mit Lust
und Liebe, Herr Leutnant. - Zustimmung.
"Ich gebe nichts auf Schönheit und auf Reichtum",
sagte sie, "der Mann, den ich heiraten werde, muß
ein Held sein". "Du hast recht, meine Tochter",
antwortete der Vater, "das muß er sein." - Die
Kenner. Zwei Ehemänner unterhalten sich.
"Paß auf", sagte der deine, "du wirst immer beobachten
können, daß die Frau die Stimme senkt, wenn
sie etwas von dir haben will." "Das ist richtig",
sagt der andere, "und sie hebt sie, wenn sies gekriegt
hat." - Gatte: "Beim Jupiter! Ich möchte
etwas recht Aufregendes lesen, etwas, das einem das
Blut in Wallung bringt." - Die hilfreiche Gattin:
"Hier ist die Rechnung meiner Schneiderin, Schatz!"
_______________________
Depeschen und letzte Nachrichten.
Naumburg, 1. Aug. Der Redakteur Blechschmidt
vom Zeitzer Volksboten war wegen Beleidigung
der Zeitzer Stadtverordneten vom Schöffengericht
zu 300 M. Geldstrafe verurteilt worden. Die
hiesige Strafkammer wandelte heute diese Strafe in
3 Monate Gefängnis um.
-
item 21
1. Spalte
TÜRKEI.½
Neueste Nachrichten.
Konstantinopel, 1. August. Den Blättern
zufolge wird die türkische Torpedobootsflottille unter
Kommando des Admirals Limbus Pascha zum
Hochseemanöver in den Archipel auslaufen.
JAPAN.
Japan und Rußland.
Man schreibt der "Frkf. Ztg.": Angesichts der
russischen Mobilisierung an der Westgrenze des
Reichs ist die Ansicht des Grafen Okuma, eines genauen
Kenners japanischer und russischer Heeresverhältnisse,
über die Gefahren, in die sich Rußland
im Kriegsfalle stürzen würde, besonders lehrreich.
Graf Okuma hat vor kurzem eine Broschüre veröffentlicht,
in der er über einen japanischen Revanchekrieg
und einen Krieg Rußlands mit den
Weltmächten genaue Untersuchungen anstellt. Aus
diesen geht hervor, daß Rußland im Falle kriegerischer
Verwicklungen in Europa durch Japan in eine
recht ungünstige militärische Lage gebracht werden
würde, so daß tatsächlich ein Waffengang im
Westen für das Zarenreich unberechenbare Folgen
im fernen Osten zeitigen könnte. Die Broschüre des
Grafen Okuma hat großen Eindruck in Japan gemacht,
da der Nachweis geführt wird, daß die Russen
gar nicht in der Lage seien, einen sieghaften Krieg
mit Japan zu führen. Letzteres werde innerhalb
eines Monats ein Heer von 1 ½ Millionen Soldaten
gegn [sic] Rußland aufstellen, das bestenfalls imstande
sei, nach 3 Monaten höchstens 1 Million Soldaten
gegen Russland aufstellen, das bestenfalls im- [sic]
Dies wäre nur denkbar, wenn die europäischen
Kräfte nicht durch einen Feldzug im Westen gefesselt
würden
_________________________
VOM KRIEGSSCHAUPLATZ.
Neue Gefechte.
Mailand, 30. Juli. Der Secolo erhält aus
Nisch eine Privatmeldung über den Kampf bei
Semendria der bei Sonnenaufgang begonnen
hat, um 8 Uhr früh unterbrochen und am Nachmittag
wieder aufgenommen wurde. Die Serben hätten
dem übermächtigen Gegner den lebhaftesten
Widerstand entgegengesetzt; auf beiden Seiten seien
einige hundert Tote zu verzeichnen. Wenn
die Serben auch Semendria preisgeben
mußte (sic), so würden doch Posonka, Jagodin und
Porotin drei schwere Etappen für das Eindringen
der österreichischen Truppen nach dem Süden bedeuten.
An der bosnischen Grenze hätten einige
hundert Serben die kleine Festung Lesitza stundenlang
gegen Tausende von österreichischen Truppen
verteidigt; sie seien dann abgezogen, nachdem
sie dem Gegner beträchtliche Verluste verursacht
hätten.
Erneutes Bombardement von Belgrad.
Semlin, 30.Juli. Um ½ 9 Uhr morgens ist
die Beschießung Belgrads wieder aufgenommen
worden und heute donnern die Geschütze nicht nur
von der Laudon-Schanze, sondern auch von der noch
näher gelegenen Eugen-Schanze. Die Monitore sind
bisher nicht vorgefahren. Die Station ist vollkommen
verödet. Alle Türen sind abgesperrt und oben
im Stockwerk sind etwa zwanzig Soldaten untergebracht;
diese werden voraussichtlich von dort den
Feind mit Kleingewehrfeuer zu bestreichen suchen.
Heue mittag 12 Uhr müssen alle Ortsfremden
Semlin, das in der ersten Feuerlinie liegt,
verlassen. Auch alle hier anwesenden fremden
Korrespondenten werden von dieser
Verfügung betroffen.
Wien, 1. Aug. Zwei Grenzjäger haben unter
feindlichem Feuer die angeschwollene Deine durchschwommen
und eine serbische Telefonleitung zerstört.
_____________________________
ZUR TAGESGESCHICHTE.
Zur Stärke der Parteien im deutschen Reichstag,
In der Presse sind die Zahlen über die Stärke der
Konservativen, Nationalliberalen und Freisinnigen
in letzter Zeit verschieden angegeben worden. Auf
Grund amtlichen Materials stellen sich diese Zahlen
wie folgt dar: Die drittstärkste Partei ist jetzt die
fortschrittliche Volkspartei mit 46 Mitgliedern (Januar
1912: 41 Mitglieder und 1 Hospitant). Es folgt
die nationalliberale Fraktion mit 40 Mitgliedern
und 5 Hospitanten (es ist der gleiche Stand
wie 1912). Die konservative Fraktion zählt 39
Mitglieder und 2 Hospitanten). (Januar 1912: 43
Mitglieder und 2 Hospitanten) . Während die
Nationalliberalen keine Einbuße erlitten, verloren
die Konservativen 4 Mandate, die Freisinnigen
gewannen 4 Mandate. Die fortschrittliche
Volkspartei gewann von den Konservativen
Hagennow-Grevesmühlen und Labiau-Wehlau, von
den Nationalliberalen Waldeck und Koburg, die ihre
Verluste durch den Gewinn der konservativen Mandate
in Salzwedel-Gardelegen und Stendal-Offenburg
wettmachten. Der austretende Hospitant der
Nationalliberalen Hestermann wurde durch den
neuen Hospitanten Schröder (Elbing) ersetzt. Der
Hospitant Roeser ist der fortschrittlichen Fraktion
[sic]
_______________________________
EINHEIMISCHES.
Eisenach , den 1.August.
Erlaß.
Im Anschluß an den im 2. Blatt der "Eisenacher
Zeitung"" veröffentlichten Erlaß des Kommandierenden
Generals bestimme ich:
Gemäß dem Abschnitt: Vom Kriegs- und Belagerungszustand
der "Vorschrift über den Waffengebrauch
des Militärs und seine Mitwirkung zur Unterdrückung
innerer Unruhen" vom 19. März 1914,
Ziffer 1 gelten für den Kriegszustand
die Vorschriften des preußischen Gesetzes
vom 4. Juni 1851.
2. Spalte
§ 8
Wer in einem in Belagerungszustand erklärten
Orte oder Distrikte der vorsätzlichen Brandstiftung,
der vorsätzlichen Verursachung einer Überschwemmung
oder des Angriffs oder des Widerstandes
gegen die bewaffnete Macht oder Abgeordnete der
Zivil- oder Militärbehörde in offener Gewalt und
mit Waffen oder gefährlichen Werkzeugen versehen
sich schuldig macht, wird mit dem Tode bestraft.
Sind mildernde Umstände vorhanden, so kann,
statt der Todesstrafe, auf 10 - 20jährige Zuchthausstrafe
erkannt werden.
§ 9.
Wer in einem in Belagerungszustand erklärten
Orte oder Distrikte
a) in Beziehung auf die Zahl, die Marschrichtung
oder angebliche Siege der Feinde oder
Aufrührer wissentlich falsche Gerüchte ausstreut
oder verbreitet, welche geeignet sind,
die Zivil- oder Militärbehörden hinsichtlich
ihrer Maßregeln irre zu führen, oder
b) ein bei Erklärung des Belagerungszustandes
oder während desselben vom Militärbefehlshaber
im Interesse der öffentlichen Sicherheit
erlassenes Verbot übertritt, oder zu solcher
Übertretung auffordert oder anreizt,
oder
c) zu dem Verbrechen des Aufruhrs, der tätlichen
Widersetzlichkeit, der Befreiung eines
Gefangenen oder zu einem anderen im § 8
vorgesehenen Verbrechen, wenn auch ohne
Erfolg auffordert oder anreizt, oder
d) Personen des Soldatenstandes zu Verbrechen
gegen die Subordination oder Vergehungen
gegen die militärische Zucht und Ordnung
zu verleiten sucht,
soll, wenn die bestehenden Gesetze keine höhere Freiheitsstrafe
bestimmen, mit Gefängnis bis zu einem
Jahre bestraft werden.
Eisenach, den 1. August 1914.
Kgl. Preußisches Garnison -
Kommando.
Krug von Nidda,
Major und Garnisonsältester.
___________________________
* Vom Hofe. Ihre Königlichen Hoheiten, Großherzog
Wilhelm Ernst und Großherzogin
Feodora haben heute vormittag Schloß
Wilhelmsthal verlassen und sind mit dem Automobil
nach Weimar gefahren, woselbst bereits die Ankunft
erfolgte. Das Großherzogliche Hoflager in
Wilhelmsthal ist vorerst aufgehoben. Die beiden
Kinder unseres Großherzogspaares verbleiben jedoch
bis auf weiteres in Wilhelmsthal.
* Der Kriegszustand macht sich schon gleich in den
ersten Tagen auch im täglichen Leben bemerkbar.
Mit der Bequemlichkeit und Selbstverständlichkeit,
die der Mensch von heutzutage beansprucht,
ist es vorbei. So werden jetzt auf dem
Postamt postlagernde Briefe nicht mehr
ausgehändigt. Die Post verlangt einen von der Polizei
ausgefertigten Ausweis, die Polizei
weigert sich aber, diesen auszustellen, so
daß der Gesuchsteller von der Post zur Polizei und
wieder umgekehrt hin- und herläuft, ohne in den
Besitz seiner Briefschaften zu kommen. Dieser Zustand,
der ja ganz unnötig ist, liegt wohl nur daran,
daß die Polizei nur noch nicht vom richtigen
Orte aus angewiesen ist, den von der Post verlangten
Schein auszustellen. - Was sich gestern auf
der Sparkasse in Eisenach abspielte, war kein
schönes Bild selbstbewußten Benehmens, wie es sich
für Deutsche geziemt. Von den Vormittagsstunden
an war die Kasse von Hunderten belagert,
ein Polizeigebot mußte herangeholt
werden, um Ordnung zu schaffen! Aber der sich
überstürzenden Erregung wurde sie natürlich
nicht Herr. Wilde Szenen spielten sich ab,
die einen weinten, die anderen lachten und
des Gedränges war kein Ende bis in den Nachmittag
hinein. Im übrigen geht nun alles seinen
Gang weiter. Die Brücken und Eisenbahnüberführungen
werden von gestern an von
Veteranen bewacht. Post und Bahn arbeiten
fieberhaft. Vor der Hauptpost am Markt müssen
die Jahrmarktstände geräumt werden, damit
der Zugang zur Post ungehindert ist. Durch Deutschlands
Ultimatum an Rußland, die Anfrage an
Frankreich ist die Entscheidung nun nicht
mehr aufzuhalten. Stündlich kann sie fallen. Alle
Deutschen werden sich des großen Augenblicks würdig
zeigen und siegesgewiß in die Zukunft
blicken.
* Der Kriegszustand wurde heute vormittag mittels
Trommelwirbel vom hiesigen Bataillon
allgemein zur öffentlichen Kenntnis gebracht. Um
Irrtümer zu vermeiden, sei besonders darauf aufmerksam
gemacht, daß dies mit einer Kriegserklärung
nichts zu tun hat, sondern daß damit nur
die besonderen militärische Gesetze in Kraft treten. 7
* Das Publikum und die Kriegsgefahr. Wie
immer in Zeiten irgend einer Krisis so ist auch
augenblicklich bei der drohenden Kriegsgefahr eine
übertriebene Ängstlichkeit im Publikum
zu beobachten. So war gestern ein Ansturm auf
Lebensmittel, speziell Mehl, Kartoffeln usw.
zu beobachten, wie das wohl eben nur in solch unruhigen
Zeiten möglich ist. Die Kartoffelwagen
wurden geradezu gestürmt, ebenso die Mühlen und
sonstigen derartigen Geschäfte. Die Folgen eines
solchen unverständigen Andranges bleiben natürlich
nicht aus, so steigerten sich die Preise für die Kartoffeln,
die am vormittag noch 4 M. der Zentner
kosteten, nachmittags auf 6 M. und mehr.
Mehl ist der Zentner um 10 - 11 M. gestiegen.
Selbstverständlich steigen dann auch alle übrigen
Lebensmittelpreise und die Frage ist berechtigt, ob
diese Steigerung schon jetzt begründet ist? und man
muß sagen nein, aber das Publikum ist ja selber
schuld, indem es plötzlich so gewaltige Einkäufe
macht, daß die Geschäfte ja schließlich töricht wären,
wenn sie dem Bedarf in dieser Weise nicht Rechnung
tragen wollten durch Erhöhung der Preise.
Wie sollen schließlich mit einmal diese großen Anforderungen
erfüllt werden können? Wie soll es werden,
wenn wirklich ein Krieg ausbricht? Dem
3. Spalte
kaufenden Publikum kann nicht genug zur Ruhe
und Besonnenheit geraten werden und man möge
doch bedenken, daß durch übertriebene Ängstlichkeit
erst recht Verwirrung im öffentlichen Leben hervorgerufen
wird. Mag doch kommen, was da will,
es wird sich Rat schaffen lassen und letzten Endes
haben doch auch Stadt- und Staatsbehörden die
Verpflichtung, in solch ernsten Zeiten einzugreifen,
um einer ungerechtfertigten Verteuerung der wichtigsten
Lebensmittel Schranken zu ziehen und man
darf wohl die Hoffnung aussprechen und das Vertrauen
haben, daß auch Eisenach keine Ausnahme
hierbei machen wird. Also nochmals: ruhig
Blut nicht nur im Abheben des Geldes von den
Sparkassen, sondern auch beim Einkauf
von Lebensmitteln.
Zur Preissteigerung.
Herr Oberbürgermeister Schmieder macht folgendes
bekannt: Gegenüber der gewissenlosen Preissteigerung,
welche einzelne Bauern und Kaufleute
jetzt, ohne jeden inneren Grund, eintreten
lassen, sind vom hiesigen Gemeindevorstand
Verhandlungen mit benachbarten Städten eingeleitet,
welche darauf abzielen, daß die Namen derjenigen
Händler, welche in dieser Weise eine
vermeintliche Notlage zum Schaden der
Allgemeinheit ausnützen, öffentlich
bekannt gemacht werden.
* Diskont-Erhöhung. Die deutsche Reichsbank
hat den Wechseldiskont von 4 auf 5
Prozent, den Lombard - Zinsfuß von 5 auf
6 Prozent erhöht.
*Auf der hiesigen Sparkasse ist erfreulicherweise
im Verkehr seit dem heutigen Tage ein wesentlicher
Umschwung eingetreten. Im Gegensatz zu
gestern haben eine ganze Anzahl Leute Einzahlungen
gemacht, darunter sogar, wie wir vernehmen,
Posten in Höhe von 30 000 Mark.
*Das Schützenfest kann infolge der drohenden
Kriegsgefahr nicht stattfinden! Diese Bekanntmachung
erläßt der Vorstand der Schützengilde
in der heutigen Nummer der "Eisenacher Zeitung".
Infolge der gegenwärtigen allgemeinen Weltlage
hat sich der Vorstand der Schützengilde veranlaßt
gesehen, das Schützenfest, das vom heutigen Sonnabend
bis zum 9. August in der Milchkammer abgehalten
werden sollte, ihrerseits aufzuheben. Der
Beschluß wurde in einer heute vormittag im "Deutschen
Haus" abgehaltenen Sitzung des Vorstandes
und Ausschusses einmütig beschlossen. Wie wir
weiter vernehmen, wird die Schützengilde heute
nachmittag 4 Uhr eine weitere Sitzung im Schützenhaus
"Phantasie" abhalten, und den Budenbesitzern
das bereits bezahlte Platzgeld zurückgeben. Es ist
den Budenbesitzern freigestellt, sich an den
Gemeindevorstand oder an die Polizei zu wenden, daß
sie die einmal aufgestellten Buden stehen und darin
Vorstellungen geben lassen können.
* Ausfall des Pferderennens. Die Rennen auf
dem Boxberg bei Gotha am 2. und 3. August werden
wegen der drohenden Kriegsgefahr aufgehoben.
* Sommertheater Tivoli. Am Sonntag und Montag
findet die Aufführung der Operettenneuheit
"Bummelmädels" statt. Das Stück wird an
allen besseren Bühnen mit größtem Erfolg
aufgeführt.
31. JULI 1914.
Die Rosen blühen, wie Blut, so rot -
und Lindenblüten bestreuen den Rasen . . .
Morgen liegen wir starr und tot . . .
Die Kriegs-Drommeten blasen!
Gleich Lauffeuer flog von Haus zu Haus
vom dräuenden Kriege schreckende Kunde, -
von Schlachtendonner! Begeisterungsbraus
erschallet, von Munde zu Munde!
Vielleicht - schon morgen
wir horchen
auf einsamer Wacht,
Vorposten auf spähender Runde,
im Schatten der Nacht,
auf kaltem Gestein,
ins Schlachtfeld hinein . . .
Die Rosen blühen, wie Blut, so rot -
die letzten weih´ ich den treuen Lieben,
die mich begleitet in Kampf und Not:
den Freunden, die mir geblieben!
Und rufst du mich, mein Vaterland,
zu blutig-erbittertem Streite -
ich bin dir ergeben mit Herz und Hand -
so morgen und allezeit, wie heute!
Für Freiheit und Recht
ins Gefecht
nur tapfer hinein!
Verderben der feindlichen Meute!!
Deine Söhne sind da!
"Hurra Germania!"
Walther Sturm
________________________
Theater, Kunst und Wissenschaft.
Alte Studentenmusik. Aus Halle berichtet man:
Die hiesige Studentenverbindung "Fridericiana",
eine der ältesten Sängerschaften Deutschlands, veranstaltete
ein interessantes Konzert unter dem Titel
"Alte Studentenmusik". Einen Teil der Lieder, die
vielleicht seit Jahrhunderten nicht mehr gehört wurden,
hat der Leiter der Chöre der "Fridericiana",
Otto Volkmann, modernisiert, sodaß man überall die
Grundstimmung, eine gesunde, heitere Lebensauffassung,
heraushörte. "Einstmals sah ich ein Jungfräulein""
und "Holla, gut Gesell" von Johann
Hartmann Schein (1586 bis 1630) eröffneten den
Abend. In bunter Reihe folgten Studentenlieder
von Dichtern und Komponisten des 17., 18. und 19.
Jahrhunderts, zwei Gesänge von Ad. Krieger (1634
bis 1666), prachtvolle und schlichte Volkslieder, weiter
ein etwas schwülstiger "Festgruß an Martin
Opitz" von Heinrich Albert (1604 bis 1651), der
anläßlich des Einzugs von Martin Opitz in
Königsberg 1638 entstand, ein Orchestertrio von Stamitz
sowie ein "Mailied" von Christian August Gebler.
"Von der edlen Musik", ferner die Studentenserenade
von Mozart in D-Dur, deren -Textdichter nicht
mehr bekannt ist, die Sonata da camera u. v .a. Um
4. Spalte
das Konzert machten sich außer den Sängern der
"Fridericiana" das Hallische Stadtheaterorchester
und vor allem Robert Spörry (Berlin) verdient,
der seinen Gesang mit der Fiedel begleitete und
starke Wirkungen erzielte.
Ein internationaler Musikwettstreit wird von der
Stadt Nantes zu Pfingsten des kommenden Jahres
vorbereitet. Der Wettstreit erstreckt sich auf
Chorgesang, also auf Gesangvereine, und auf Fanfaren-
und Bläserkonzerte, und ist von der Stadtverwaltung
mit sehr ansehnlichen Preisen ausgestattet.
Das städtische Parlament von Nantes hat
bereits 30 000 Franks bewilligt, die sowohl in
Ehrenpreisen wie auch in Geldpreisen an die am
Wettkampf teilnehmenden Vereine verteilt werden.
_____________________
VERMISCHTES.
Die verprügelte "Braut".
s.h. Breslau, 30. Juli. Ein tragikomisches
Intermezzo, das vor einiger Zeit in der Stadt
viel belacht worden war, fand nun vor Gericht seine
Fortsetzung und "Sühne". Eine kaum 16 Jahre
alte Arbeiterstochter unterhielt mit einem
nicht viel älteren jungen Manne ein Liebesverhältnis.
Auf einem gemeinsamen Spaziergang
hatten die beiden Liebenden nun eines Tages das
Unglück, dem Vater des Mädchens zu begegnen, der
zunächst seinem Töchterlein handgreiflich die Grundlehren
der kindlichen Pflichten usw. beibrachte.
Der "Bräutigam" fühlte sich, nachdem er sich von
der Überraschung, die der unvermutete Anblick seines
zukünftigen Schwiegervaters erholt hatte [sic], verpflichtet,
seiner "Braut" zu Hilfe zu kommen; aber
der nun einmal schon in seinem tiefsten Inneren empörte
"Schwiegervater" versetzte sofort auch dem
jungen Manne einige fühlbare "Antworten".
-
item 21
1. Spalte
TÜRKEI.½
Neueste Nachrichten.
Konstantinopel, 1. August. Den Blättern
zufolge wird die türkische Torpedobootsflottille unter
Kommando des Admirals Limbus Pascha zum
Hochseemanöver in den Archipel auslaufen.
JAPAN.
Japan und Rußland.
Man schreibt der "Frkf. Ztg.": Angesichts der
russischen Mobilisierung an der Westgrenze des
Reichs ist die Ansicht des Grafen Okuma, eines genauen
Kenners japanischer und russischer Heeresverhältnisse,
über die Gefahren, in die sich Rußland
im Kriegsfalle stürzen würde, besonders lehrreich.
Graf Okuma hat vor kurzem eine Broschüre veröffentlicht,
in der er über einen japanischen Revanchekrieg
und einen Krieg Rußlands mit den
Weltmächten genaue Untersuchungen anstellt. Aus
diesen geht hervor, daß Rußland im Falle kriegerischer
Verwicklungen in Europa durch Japan in eine
recht ungünstige militärische Lage gebracht werden
würde, so daß tatsächlich ein Waffengang im
Westen für das Zarenreich unberechenbare Folgen
im fernen Osten zeitigen könnte. Die Broschüre des
Grafen Okuma hat großen Eindruck in Japan gemacht,
da der Nachweis geführt wird, daß die Russen
gar nicht in der Lage seien, einen sieghaften Krieg
mit Japan zu führen. Letzteres werde innerhalb
eines Monats ein Heer von 1 ½ Millionen Soldaten
gegn [sic] Rußland aufstellen, das bestenfalls imstande
sei, nach 3 Monaten höchstens 1 Million Soldaten
gegen Russland aufstellen, das bestenfalls im- [sic]
Dies wäre nur denkbar, wenn die europäischen
Kräfte nicht durch einen Feldzug im Westen gefesselt
würden
_________________________
VOM KRIEGSSCHAUPLATZ.
Neue Gefechte.
Mailand, 30. Juli. Der Secolo erhält aus
Nisch eine Privatmeldung über den Kampf bei
Semendria der bei Sonnenaufgang begonnen
hat, um 8 Uhr früh unterbrochen und am Nachmittag
wieder aufgenommen wurde. Die Serben hätten
dem übermächtigen Gegner den lebhaftesten
Widerstand entgegengesetzt; auf beiden Seiten seien
einige hundert Tote zu verzeichnen. Wenn
die Serben auch Semendria preisgeben
mußte (sic), so würden doch Posonka, Jagodin und
Porotin drei schwere Etappen für das Eindringen
der österreichischen Truppen nach dem Süden bedeuten.
An der bosnischen Grenze hätten einige
hundert Serben die kleine Festung Lesitza stundenlang
gegen Tausende von österreichischen Truppen
verteidigt; sie seien dann abgezogen, nachdem
sie dem Gegner beträchtliche Verluste verursacht
hätten.
Erneutes Bombardement von Belgrad.
Semlin, 30.Juli. Um ½ 9 Uhr morgens ist
die Beschießung Belgrads wieder aufgenommen
worden und heute donnern die Geschütze nicht nur
von der Laudon-Schanze, sondern auch von der noch
näher gelegenen Eugen-Schanze. Die Monitore sind
bisher nicht vorgefahren. Die Station ist vollkommen
verödet. Alle Türen sind abgesperrt und oben
im Stockwerk sind etwa zwanzig Soldaten untergebracht;
diese werden voraussichtlich von dort den
Feind mit Kleingewehrfeuer zu bestreichen suchen.
Heue mittag 12 Uhr müssen alle Ortsfremden
Semlin, das in der ersten Feuerlinie liegt,
verlassen. Auch alle hier anwesenden fremden
Korrespondenten werden von dieser
Verfügung betroffen.
Wien, 1. Aug. Zwei Grenzjäger haben unter
feindlichem Feuer die angeschwollene Deine durchschwommen
und eine serbische Telefonleitung zerstört.
_____________________________
ZUR TAGESGESCHICHTE.
Zur Stärke der Parteien im deutschen Reichstag,
In der Presse sind die Zahlen über die Stärke der
Konservativen, Nationalliberalen und Freisinnigen
in letzter Zeit verschieden angegeben worden. Auf
Grund amtlichen Materials stellen sich diese Zahlen
wie folgt dar: Die drittstärkste Partei ist jetzt die
fortschrittliche Volkspartei mit 46 Mitgliedern (Januar
1912: 41 Mitglieder und 1 Hospitant). Es folgt
die nationalliberale Fraktion mit 40 Mitgliedern
und 5 Hospitanten (es ist der gleiche Stand
wie 1912). Die konservative Fraktion zählt 39
Mitglieder und 2 Hospitanten). (Januar 1912: 43
Mitglieder und 2 Hospitanten) . Während die
Nationalliberalen keine Einbuße erlitten, verloren
die Konservativen 4 Mandate, die Freisinnigen
gewannen 4 Mandate. Die fortschrittliche
Volkspartei gewann von den Konservativen
Hagennow-Grevesmühlen und Labiau-Wehlau, von
den Nationalliberalen Waldeck und Koburg, die ihre
Verluste durch den Gewinn der konservativen Mandate
in Salzwedel-Gardelegen und Stendal-Offenburg
wettmachten. Der austretende Hospitant der
Nationalliberalen Hestermann wurde durch den
neuen Hospitanten Schröder (Elbing) ersetzt. Der
Hospitant Roeser ist der fortschrittlichen Fraktion
[sic]
_______________________________
EINHEIMISCHES.
Eisenach , den 1.August.
Erlaß.
Im Anschluß an den im 2. Blatt der "Eisenacher
Zeitung"" veröffentlichten Erlaß des Kommandierenden
Generals bestimme ich:
Gemäß dem Abschnitt: Vom Kriegs- und Belagerungszustand
der "Vorschrift über den Waffengebrauch
des Militärs und seine Mitwirkung zur Unterdrückung
innerer Unruhen" vom 19. März 1914,
Ziffer 1 gelten für den Kriegszustand
die Vorschriften des preußischen Gesetzes
vom 4. Juni 1851.
2. Spalte
§ 8
Wer in einem in Belagerungszustand erklärten
Orte oder Distrikte der vorsätzlichen Brandstiftung,
der vorsätzlichen Verursachung einer Überschwemmung
oder des Angriffs oder des Widerstandes
gegen die bewaffnete Macht oder Abgeordnete der
Zivil- oder Militärbehörde in offener Gewalt und
mit Waffen oder gefährlichen Werkzeugen versehen
sich schuldig macht, wird mit dem Tode bestraft.
Sind mildernde Umstände vorhanden, so kann,
statt der Todesstrafe, auf 10 - 20jährige Zuchthausstrafe
erkannt werden.
§ 9.
Wer in einem in Belagerungszustand erklärten
Orte oder Distrikte
a) in Beziehung auf die Zahl, die Marschrichtung
oder angebliche Siege der Feinde oder
Aufrührer wissentlich falsche Gerüchte ausstreut
oder verbreitet, welche geeignet sind,
die Zivil- oder Militärbehörden hinsichtlich
ihrer Maßregeln irre zu führen, oder
b) ein bei Erklärung des Belagerungszustandes
oder während desselben vom Militärbefehlshaber
im Interesse der öffentlichen Sicherheit
erlassenes Verbot übertritt, oder zu solcher
Übertretung auffordert oder anreizt,
oder
c) zu dem Verbrechen des Aufruhrs, der tätlichen
Widersetzlichkeit, der Befreiung eines
Gefangenen oder zu einem anderen im § 8
vorgesehenen Verbrechen, wenn auch ohne
Erfolg auffordert oder anreizt, oder
d) Personen des Soldatenstandes zu Verbrechen
gegen die Subordination oder Vergehungen
gegen die militärische Zucht und Ordnung
zu verleiten sucht,
soll, wenn die bestehenden Gesetze keine höhere Freiheitsstrafe
bestimmen, mit Gefängnis bis zu einem
Jahre bestraft werden.
Eisenach, den 1. August 1914.
Kgl. Preußisches Garnison -
Kommando.
Krug von Nidda,
Major und Garnisonsältester.
___________________________
* Vom Hofe. Ihre Königlichen Hoheiten, Großherzog
Wilhelm Ernst und Großherzogin
Feodora haben heute vormittag Schloß
Wilhelmsthal verlassen und sind mit dem Automobil
nach Weimar gefahren, woselbst bereits die Ankunft
erfolgte. Das Großherzogliche Hoflager in
Wilhelmsthal ist vorerst aufgehoben. Die beiden
Kinder unseres Großherzogspaares verbleiben jedoch
bis auf weiteres in Wilhelmsthal.
* Der Kriegszustand macht sich schon gleich in den
ersten Tagen auch im täglichen Leben bemerkbar.
Mit der Bequemlichkeit und Selbstverständlichkeit,
die der Mensch von heutzutage beansprucht,
ist es vorbei. So werden jetzt auf dem
Postamt postlagernde Briefe nicht mehr
ausgehändigt. Die Post verlangt einen von der Polizei
ausgefertigten Ausweis, die Polizei
weigert sich aber, diesen auszustellen, so
daß der Gesuchsteller von der Post zur Polizei und
wieder umgekehrt hin- und herläuft, ohne in den
Besitz seiner Briefschaften zu kommen. Dieser Zustand,
der ja ganz unnötig ist, liegt wohl nur daran,
daß die Polizei nur noch nicht vom richtigen
Orte aus angewiesen ist, den von der Post verlangten
Schein auszustellen. - Was sich gestern auf
der Sparkasse in Eisenach abspielte, war kein
schönes Bild selbstbewußten Benehmens, wie es sich
für Deutsche geziemt. Von den Vormittagsstunden
an war die Kasse von Hunderten belagert,
ein Polizeigebot mußte herangeholt
werden, um Ordnung zu schaffen! Aber der sich
überstürzenden Erregung wurde sie natürlich
nicht Herr. Wilde Szenen spielten sich ab,
die einen weinten, die anderen lachten und
des Gedränges war kein Ende bis in den Nachmittag
hinein. Im übrigen geht nun alles seinen
Gang weiter. Die Brücken und Eisenbahnüberführungen
werden von gestern an von
Veteranen bewacht. Post und Bahn arbeiten
fieberhaft. Vor der Hauptpost am Markt müssen
die Jahrmarktstände geräumt werden, damit
der Zugang zur Post ungehindert ist. Durch Deutschlands
Ultimatum an Rußland, die Anfrage an
Frankreich ist die Entscheidung nun nicht
mehr aufzuhalten. Stündlich kann sie fallen. Alle
Deutschen werden sich des großen Augenblicks würdig
zeigen und siegesgewiß in die Zukunft
blicken.
* Der Kriegszustand wurde heute vormittag mittels
Trommelwirbel vom hiesigen Bataillon
allgemein zur öffentlichen Kenntnis gebracht. Um
Irrtümer zu vermeiden, sei besonders darauf aufmerksam
gemacht, daß dies mit einer Kriegserklärung
nichts zu tun hat, sondern daß damit nur
die besonderen militärische Gesetze in Kraft treten. 7
* Das Publikum und die Kriegsgefahr. Wie
immer in Zeiten irgend einer Krisis so ist auch
augenblicklich bei der drohenden Kriegsgefahr eine
übertriebene Ängstlichkeit im Publikum
zu beobachten. So war gestern ein Ansturm auf
Lebensmittel, speziell Mehl, Kartoffeln usw.
zu beobachten, wie das wohl eben nur in solch unruhigen
Zeiten möglich ist. Die Kartoffelwagen
wurden geradezu gestürmt, ebenso die Mühlen und
sonstigen derartigen Geschäfte. Die Folgen eines
solchen unverständigen Andranges bleiben natürlich
nicht aus, so steigerten sich die Preise für die Kartoffeln,
die am vormittag noch 4 M. der Zentner
kosteten, nachmittags auf 6 M. und mehr.
Mehl ist der Zentner um 10 - 11 M. gestiegen.
Selbstverständlich steigen dann auch alle übrigen
Lebensmittelpreise und die Frage ist berechtigt, ob
diese Steigerung schon jetzt begründet ist? und man
muß sagen nein, aber das Publikum ist ja selber
schuld, indem es plötzlich so gewaltige Einkäufe
macht, daß die Geschäfte ja schließlich töricht wären,
wenn sie dem Bedarf in dieser Weise nicht Rechnung
tragen wollten durch Erhöhung der Preise.
Wie sollen schließlich mit einmal diese großen Anforderungen
erfüllt werden können? Wie soll es werden,
wenn wirklich ein Krieg ausbricht? Dem
3. Spalte
kaufenden Publikum kann nicht genug zur Ruhe
und Besonnenheit geraten werden und man möge
doch bedenken, daß durch übertriebene Ängstlichkeit
erst recht Verwirrung im öffentlichen Leben hervorgerufen
wird. Mag doch kommen, was da will,
es wird sich Rat schaffen lassen und letzten Endes
haben doch auch Stadt- und Staatsbehörden die
Verpflichtung, in solch ernsten Zeiten einzugreifen,
um einer ungerechtfertigten Verteuerung der wichtigsten
Lebensmittel Schranken zu ziehen und man
darf wohl die Hoffnung aussprechen und das Vertrauen
haben, daß auch Eisenach keine Ausnahme
hierbei machen wird. Also nochmals: ruhig
Blut nicht nur im Abheben des Geldes von den
Sparkassen, sondern auch beim Einkauf
von Lebensmitteln.
Zur Preissteigerung.
Herr Oberbürgermeister Schmieder macht folgendes
bekannt: Gegenüber der gewissenlosen Preissteigerung,
welche einzelne Bauern und Kaufleute
jetzt, ohne jeden inneren Grund, eintreten
lassen, sind vom hiesigen Gemeindevorstand
Verhandlungen mit benachbarten Städten eingeleitet,
welche darauf abzielen, daß die Namen derjenigen
Händler, welche in dieser Weise eine
vermeintliche Notlage zum Schaden der
Allgemeinheit ausnützen, öffentlich
bekannt gemacht werden.
* Diskont-Erhöhung. Die deutsche Reichsbank
hat den Wechseldiskont von 4 auf 5
Prozent, den Lombard - Zinsfuß von 5 auf
6 Prozent erhöht.
*Auf der hiesigen Sparkasse ist erfreulicherweise
im Verkehr seit dem heutigen Tage ein wesentlicher
Umschwung eingetreten. Im Gegensatz zu
gestern haben eine ganze Anzahl Leute Einzahlungen
gemacht, darunter sogar, wie wir vernehmen,
Posten in Höhe von 30 000 Mark.
*Das Schützenfest kann infolge der drohenden
Kriegsgefahr nicht stattfinden! Diese Bekanntmachung
erläßt der Vorstand der Schützengilde
in der heutigen Nummer der "Eisenacher Zeitung".
Infolge der gegenwärtigen allgemeinen Weltlage
hat sich der Vorstand der Schützengilde veranlaßt
gesehen, das Schützenfest, das vom heutigen Sonnabend
bis zum 9. August in der Milchkammer abgehalten
werden sollte, ihrerseits aufzuheben. Der
Beschluß wurde in einer heute vormittag im "Deutschen
Haus" abgehaltenen Sitzung des Vorstandes
und Ausschusses einmütig beschlossen. Wie wir
weiter vernehmen, wird die Schützengilde heute
nachmittag 4 Uhr eine weitere Sitzung im Schützenhaus
"Phantasie" abhalten, und den Budenbesitzern
das bereits bezahlte Platzgeld zurückgeben. Es ist
den Budenbesitzern freigestellt, sich an den
Gemeindevorstand oder an die Polizei zu wenden, daß
sie die einmal aufgestellten Buden stehen und darin
Vorstellungen geben lassen können.
* Ausfall des Pferderennens. Die Rennen auf
dem Boxberg bei Gotha am 2. und 3. August werden
wegen der drohenden Kriegsgefahr aufgehoben.
* Sommertheater Tivoli. Am Sonntag und Montag
findet die Aufführung der Operettenneuheit
"Bummelmädels" statt. Das Stück wird an
allen besseren Bühnen mit größtem Erfolg
aufgeführt.
31. JULI 1914.
Die Rosen blühen, wie Blut, so rot -
und Lindenblüten bestreuen den Rasen . . .
Morgen liegen wir starr und tot . . .
Die Kriegs-Drommeten blasen!
Gleich Lauffeuer flog von Haus zu Haus
vom dräuenden Kriege schreckende Kunde, -
von Schlachtendonner! Begeisterungsbraus
erschallet, von Munde zu Munde!
Vielleicht - schon morgen
wir horchen
auf einsamer Wacht,
Vorposten auf spähender Runde,
im Schatten der Nacht,
auf kaltem Gestein,
ins Schlachtfeld hinein . . .
Die Rosen blühen, wie Blut, so rot -
die letzten weih´ ich den treuen Lieben,
die mich begleitet in Kampf und Not:
den Freunden, die mir geblieben!
Und rufst du mich, mein Vaterland,
zu blutig-erbittertem Streite -
ich bin dir ergeben mit Herz und Hand -
so morgen und allezeit, wie heute!
Für Freiheit und Recht
ins Gefecht
nur tapfer hinein!
Verderben der feindlichen Meute!!
Deine Söhne sind da!
"Hurra Germania!"
Walther Sturm
________________________
Theater, Kunst und Wissenschaft.
Alte Studentenmusik. Aus Halle berichtet man:
Die hiesige Studentenverbindung "Fridericiana",
eine der ältesten Sängerschaften Deutschlands, veranstaltete
ein interessantes Konzert unter dem Titel
"Alte Studentenmusik". Einen Teil der Lieder, die
vielleicht seit Jahrhunderten nicht mehr gehört wurden,
hat der Leiter der Chöre der "Fridericiana",
Otto Volkmann, modernisiert, sodaß man überall die
Grundstimmung, eine gesunde, heitere Lebensauffassung,
heraushörte. "Einstmals sah ich ein Jungfräulein""
und "Holla, gut Gesell" von Johann
Hartmann Schein (1586 bis 1630) eröffneten den
Abend. In bunter Reihe folgten Studentenlieder
von Dichtern und Komponisten des 17., 18. und 19.
Jahrhunderts, zwei Gesänge von Ad. Krieger (1634
bis 1666), prachtvolle und schlichte Volkslieder, weiter
ein etwas schwülstiger "Festgruß an Martin
Opitz" von Heinrich Albert (1604 bis 1651), der
anläßlich des Einzugs von Martin Opitz in
Königsberg 1638 entstand, ein Orchestertrio von Stamitz
sowie ein "Mailied" von Christian August Gebler.
"Von der edlen Musik", ferner die Studentenserenade
von Mozart in D-Dur, deren -Textdichter nicht
mehr bekannt ist, die Sonata da camera u. v .a. Um
4. Spalte
das Konzert machten sich außer den Sängern der
"Fridericiana" das Hallische Stadtheaterorchester
und vor allem Robert Spörry (Berlin) verdient,
der seinen Gesang mit der Fiedel begleitete und
starke Wirkungen erzielte.
Ein internationaler Musikwettstreit wird von der
Stadt Nantes zu Pfingsten des kommenden Jahres
vorbereitet. Der Wettstreit erstreckt sich auf
Chorgesang, also auf Gesangvereine, und auf Fanfaren-
und Bläserkonzerte, und ist von der Stadtverwaltung
mit sehr ansehnlichen Preisen ausgestattet.
Das städtische Parlament von Nantes hat
bereits 30 000 Franks bewilligt, die sowohl in
Ehrenpreisen wie auch in Geldpreisen an die am
Wettkampf teilnehmenden Vereine verteilt werden.
_____________________
VERMISCHTES.
Die verprügelte "Braut".
s.h. Breslau, 30. Juli. Ein tragikomisches
Intermezzo, das vor einiger Zeit in der Stadt
viel belacht worden war, fand nun vor Gericht seine
Fortsetzung und "Sühne". Eine kaum 16 Jahre
alte Arbeiterstochter unterhielt mit einem
nicht viel älteren jungen Manne ein Liebesverhältnis.
Auf einem gemeinsamen Spaziergang
hatten die beiden Liebenden nun eines Tages das
Unglück, dem Vater des Mädchens zu begegnen, der
zunächst seinem Töchterlein handgreiflich die Grundlehren
der kindlichen Pflichten usw. beibrachte.
Der "Bräutigam" fühlte sich, nachdem er sich von
der Überraschung, die der unvermutete Anblick seines
zukünftigen Schwiegervaters erholt hatte [sic], verpflichtet,
seiner "Braut" zu Hilfe zu kommen; aber
der nun einmal schon in seinem tiefsten Inneren empörte
"Schwiegervater" versetzte sofort auch dem
jungen Manne einige fühlbare "Antworten".
-
item 21
1. Spalte
TÜRKEI.½
Neueste Nachrichten.
Konstantinopel, 1. August. Den Blättern
zufolge wird die türkische Torpedobootsflottille unter
Kommando des Admirals Limbus Pascha zum
Hochseemanöver in den Archipel auslaufen.
JAPAN.
Japan und Rußland.
Man schreibt der "Frkf. Ztg.": Angesichts der
russischen Mobilisierung an der Westgrenze des
Reichs ist die Ansicht des Grafen Okuma, eines genauen
Kenners japanischer und russischer Heeresverhältnisse,
über die Gefahren, in die sich Rußland
im Kriegsfalle stürzen würde, besonders lehrreich.
Graf Okuma hat vor kurzem eine Broschüre veröffentlicht,
in der er über einen japanischen Revanchekrieg
und einen Krieg Rußlands mit den
Weltmächten genaue Untersuchungen anstellt. Aus
diesen geht hervor, daß Rußland im Falle kriegerischer
Verwicklungen in Europa durch Japan in eine
recht ungünstige militärische Lage gebracht werden
würde, so daß tatsächlich ein Waffengang im
Westen für das Zarenreich unberechenbare Folgen
im fernen Osten zeitigen könnte. Die Broschüre des
Grafen Okuma hat großen Eindruck in Japan gemacht,
da der Nachweis geführt wird, daß die Russen
gar nicht in der Lage seien, einen sieghaften Krieg
mit Japan zu führen. Letzteres werde innerhalb
eines Monats ein Heer von 1 ½ Millionen Soldaten
gegn [sic] Rußland aufstellen, das bestenfalls imstande
sei, nach 3 Monaten höchstens 1 Million Soldaten
gegen Russland aufstellen, das bestenfalls im- [sic]
Dies wäre nur denkbar, wenn die europäischen
Kräfte nicht durch einen Feldzug im Westen gefesselt
würden
_________________________
VOM KRIEGSSCHAUPLATZ.
Neue Gefechte.
Mailand, 30. Juli. Der Secolo erhält aus
Nisch eine Privatmeldung über den Kampf bei
Semendria der bei Sonnenaufgang begonnen
hat, um 8 Uhr früh unterbrochen und am Nachmittag
wieder aufgenommen wurde. Die Serben hätten
dem übermächtigen Gegner den lebhaftesten
Widerstand entgegengesetzt; auf beiden Seiten seien
einige hundert Tote zu verzeichnen. Wenn
die Serben auch Semendria preisgeben
mußte (sic), so würden doch Posonka, Jagodin und
Porotin drei schwere Etappen für das Eindringen
der österreichischen Truppen nach dem Süden bedeuten.
An der bosnischen Grenze hätten einige
hundert Serben die kleine Festung Lesitza stundenlang
gegen Tausende von österreichischen Truppen
verteidigt; sie seien dann abgezogen, nachdem
sie dem Gegner beträchtliche Verluste verursacht
hätten.
Erneutes Bombardement von Belgrad.
Semlin, 30.Juli. Um ½ 9 Uhr morgens ist
die Beschießung Belgrads wieder aufgenommen
worden und heute donnern die Geschütze nicht nur
von der Laudon-Schanze, sondern auch von der noch
näher gelegenen Eugen-Schanze. Die Monitore sind
bisher nicht vorgefahren. Die Station ist vollkommen
verödet. Alle Türen sind abgesperrt und oben
im Stockwerk sind etwa zwanzig Soldaten untergebracht;
diese werden voraussichtlich von dort den
Feind mit Kleingewehrfeuer zu bestreichen suchen.
Heue mittag 12 Uhr müssen alle Ortsfremden
Semlin, das in der ersten Feuerlinie liegt,
verlassen. Auch alle hier anwesenden fremden
Korrespondenten werden von dieser
Verfügung betroffen.
Wien, 1. Aug. Zwei Grenzjäger haben unter
feindlichem Feuer die angeschwollene Deine durchschwommen
und eine serbische Telefonleitung zerstört.
_____________________________
ZUR TAGESGESCHICHTE.
Zur Stärke der Parteien im deutschen Reichstag,
In der Presse sind die Zahlen über die Stärke der
Konservativen, Nationalliberalen und Freisinnigen
in letzter Zeit verschieden angegeben worden. Auf
Grund amtlichen Materials stellen sich diese Zahlen
wie folgt dar: Die drittstärkste Partei ist jetzt die
fortschrittliche Volkspartei mit 46 Mitgliedern (Januar
1912: 41 Mitglieder und 1 Hospitant). Es folgt
die nationalliberale Fraktion mit 40 Mitgliedern
und 5 Hospitanten (es ist der gleiche Stand
wie 1912). Die konservative Fraktion zählt 39
Mitglieder und 2 Hospitanten). (Januar 1912: 43
Mitglieder und 2 Hospitanten) . Während die
Nationalliberalen keine Einbuße erlitten, verloren
die Konservativen 4 Mandate, die Freisinnigen
gewannen 4 Mandate. Die fortschrittliche
Volkspartei gewann von den Konservativen
Hagennow-Grevesmühlen und Labiau-Wehlau, von
den Nationalliberalen Waldeck und Koburg, die ihre
Verluste durch den Gewinn der konservativen Mandate
in Salzwedel-Gardelegen und Stendal-Offenburg
wettmachten. Der austretende Hospitant der
Nationalliberalen Hestermann wurde durch den
neuen Hospitanten Schröder (Elbing) ersetzt. Der
Hospitant Roeser ist der fortschrittlichen Fraktion
[sic]
_______________________________
EINHEIMISCHES.
Eisenach , den 1.August.
Erlaß.
Im Anschluß an den im 2. Blatt der "Eisenacher
Zeitung"" veröffentlichten Erlaß des Kommandierenden
Generals bestimme ich:
Gemäß dem Abschnitt: Vom Kriegs- und Belagerungszustand
der "Vorschrift über den Waffengebrauch
des Militärs und seine Mitwirkung zur Unterdrückung
innerer Unruhen" vom 19. März 1914,
Ziffer 1 gelten für den Kriegszustand
die Vorschriften des preußischen Gesetzes
vom 4. Juni 1851.
2. Spalte
§ 8
Wer in einem in Belagerungszustand erklärten
Orte oder Distrikte der vorsätzlichen Brandstiftung,
der vorsätzlichen Verursachung einer Überschwemmung
oder des Angriffs oder des Widerstandes
gegen die bewaffnete Macht oder Abgeordnete der
Zivil- oder Militärbehörde in offener Gewalt und
mit Waffen oder gefährlichen Werkzeugen versehen
sich schuldig macht, wird mit dem Tode bestraft.
Sind mildernde Umstände vorhanden, so kann,
statt der Todesstrafe, auf 10 - 20jährige Zuchthausstrafe
erkannt werden.
§ 9.
Wer in einem in Belagerungszustand erklärten
Orte oder Distrikte
a) in Beziehung auf die Zahl, die Marschrichtung
oder angebliche Siege der Feinde oder
Aufrührer wissentlich falsche Gerüchte ausstreut
oder verbreitet, welche geeignet sind,
die Zivil- oder Militärbehörden hinsichtlich
ihrer Maßregeln irre zu führen, oder
b) ein bei Erklärung des Belagerungszustandes
oder während desselben vom Militärbefehlshaber
im Interesse der öffentlichen Sicherheit
erlassenes Verbot übertritt, oder zu solcher
Übertretung auffordert oder anreizt,
oder
c) zu dem Verbrechen des Aufruhrs, der tätlichen
Widersetzlichkeit, der Befreiung eines
Gefangenen oder zu einem anderen im § 8
vorgesehenen Verbrechen, wenn auch ohne
Erfolg auffordert oder anreizt, oder
d) Personen des Soldatenstandes zu Verbrechen
gegen die Subordination oder Vergehungen
gegen die militärische Zucht und Ordnung
zu verleiten sucht,
soll, wenn die bestehenden Gesetze keine höhere Freiheitsstrafe
bestimmen, mit Gefängnis bis zu einem
Jahre bestraft werden.
Eisenach, den 1. August 1914.
Kgl. Preußisches Garnison -
Kommando.
Krug von Nidda,
Major und Garnisonsältester.
___________________________
* Vom Hofe. Ihre Königlichen Hoheiten, Großherzog
Wilhelm Ernst und Großherzogin
Feodora haben heute vormittag Schloß
Wilhelmsthal verlassen und sind mit dem Automobil
nach Weimar gefahren, woselbst bereits die Ankunft
erfolgte. Das Großherzogliche Hoflager in
Wilhelmsthal ist vorerst aufgehoben. Die beiden
Kinder unseres Großherzogspaares verbleiben jedoch
bis auf weiteres in Wilhelmsthal.
* Der Kriegszustand macht sich schon gleich in den
ersten Tagen auch im täglichen Leben bemerkbar.
Mit der Bequemlichkeit und Selbstverständlichkeit,
die der Mensch von heutzutage beansprucht,
ist es vorbei. So werden jetzt auf dem
Postamt postlagernde Briefe nicht mehr
ausgehändigt. Die Post verlangt einen von der Polizei
ausgefertigten Ausweis, die Polizei
weigert sich aber, diesen auszustellen, so
daß der Gesuchsteller von der Post zur Polizei und
wieder umgekehrt hin- und herläuft, ohne in den
Besitz seiner Briefschaften zu kommen. Dieser Zustand,
der ja ganz unnötig ist, liegt wohl nur daran,
daß die Polizei nur noch nicht vom richtigen
Orte aus angewiesen ist, den von der Post verlangten
Schein auszustellen. - Was sich gestern auf
der Sparkasse in Eisenach abspielte, war kein
schönes Bild selbstbewußten Benehmens, wie es sich
für Deutsche geziemt. Von den Vormittagsstunden
an war die Kasse von Hunderten belagert,
ein Polizeigebot mußte herangeholt
werden, um Ordnung zu schaffen! Aber der sich
überstürzenden Erregung wurde sie natürlich
nicht Herr. Wilde Szenen spielten sich ab,
die einen weinten, die anderen lachten und
des Gedränges war kein Ende bis in den Nachmittag
hinein. Im übrigen geht nun alles seinen
Gang weiter. Die Brücken und Eisenbahnüberführungen
werden von gestern an von
Veteranen bewacht. Post und Bahn arbeiten
fieberhaft. Vor der Hauptpost am Markt müssen
die Jahrmarktstände geräumt werden, damit
der Zugang zur Post ungehindert ist. Durch Deutschlands
Ultimatum an Rußland, die Anfrage an
Frankreich ist die Entscheidung nun nicht
mehr aufzuhalten. Stündlich kann sie fallen. Alle
Deutschen werden sich des großen Augenblicks würdig
zeigen und siegesgewiß in die Zukunft
blicken.
* Der Kriegszustand wurde heute vormittag mittels
Trommelwirbel vom hiesigen Bataillon
allgemein zur öffentlichen Kenntnis gebracht. Um
Irrtümer zu vermeiden, sei besonders darauf aufmerksam
gemacht, daß dies mit einer Kriegserklärung
nichts zu tun hat, sondern daß damit nur
die besonderen militärische Gesetze in Kraft treten. 7
* Das Publikum und die Kriegsgefahr. Wie
immer in Zeiten irgend einer Krisis so ist auch
augenblicklich bei der drohenden Kriegsgefahr eine
übertriebene Ängstlichkeit im Publikum
zu beobachten. So war gestern ein Ansturm auf
Lebensmittel, speziell Mehl, Kartoffeln usw.
zu beobachten, wie das wohl eben nur in solch unruhigen
Zeiten möglich ist. Die Kartoffelwagen
wurden geradezu gestürmt, ebenso die Mühlen und
sonstigen derartigen Geschäfte. Die Folgen eines
solchen unverständigen Andranges bleiben natürlich
nicht aus, so steigerten sich die Preise für die Kartoffeln,
die am vormittag noch 4 M. der Zentner
kosteten, nachmittags auf 6 M. und mehr.
Mehl ist der Zentner um 10 - 11 M. gestiegen.
Selbstverständlich steigen dann auch alle übrigen
Lebensmittelpreise und die Frage ist berechtigt, ob
diese Steigerung schon jetzt begründet ist? und man
muß sagen nein, aber das Publikum ist ja selber
schuld, indem es plötzlich so gewaltige Einkäufe
macht, daß die Geschäfte ja schließlich töricht wären,
wenn sie dem Bedarf in dieser Weise nicht Rechnung
tragen wollten durch Erhöhung der Preise.
Wie sollen schließlich mit einmal diese großen Anforderungen
erfüllt werden können? Wie soll es werden,
wenn wirklich ein Krieg ausbricht? Dem
3. Spalte
kaufenden Publikum kann nicht genug zur Ruhe
und Besonnenheit geraten werden und man möge
doch bedenken, daß durch übertriebene Ängstlichkeit
erst recht Verwirrung im öffentlichen Leben hervorgerufen
wird. Mag doch kommen, was da will,
es wird sich Rat schaffen lassen und letzten Endes
haben doch auch Stadt- und Staatsbehörden die
Verpflichtung, in solch ernsten Zeiten einzugreifen,
um einer ungerechtfertigten Verteuerung der wichtigsten
Lebensmittel Schranken zu ziehen und man
darf wohl die Hoffnung aussprechen und das Vertrauen
haben, daß auch Eisenach keine Ausnahme
hierbei machen wird. Also nochmals: ruhig
Blut nicht nur im Abheben des Geldes von den
Sparkassen, sondern auch beim Einkauf
von Lebensmitteln.
Zur Preissteigerung.
Herr Oberbürgermeister Schmieder macht folgendes
bekannt: Gegenüber der gewissenlosen Preissteigerung,
welche einzelne Bauern und Kaufleute
jetzt, ohne jeden inneren Grund, eintreten
lassen, sind vom hiesigen Gemeindevorstand
Verhandlungen mit benachbarten Städten eingeleitet,
welche darauf abzielen, daß die Namen derjenigen
Händler, welche in dieser Weise eine
vermeintliche Notlage zum Schaden der
Allgemeinheit ausnützen, öffentlich
bekannt gemacht werden.
* Diskont-Erhöhung. Die deutsche Reichsbank
hat den Wechseldiskont von 4 auf 5
Prozent, den Lombard - Zinsfuß von 5 auf
6 Prozent erhöht.
*Auf der hiesigen Sparkasse ist erfreulicherweise
im Verkehr seit dem heutigen Tage ein wesentlicher
Umschwung eingetreten. Im Gegensatz zu
gestern haben eine ganze Anzahl Leute Einzahlungen
gemacht, darunter sogar, wie wir vernehmen,
Posten in Höhe von 30 000 Mark.
*Das Schützenfest kann infolge der drohenden
Kriegsgefahr nicht stattfinden! Diese Bekanntmachung
erläßt der Vorstand der Schützengilde
in der heutigen Nummer der "Eisenacher Zeitung".
Infolge der gegenwärtigen allgemeinen Weltlage
hat sich der Vorstand der Schützengilde veranlaßt
gesehen, das Schützenfest, das vom heutigen Sonnabend
bis zum 9. August in der Milchkammer abgehalten
werden sollte, ihrerseits aufzuheben. Der
Beschluß wurde in einer heute vormittag im "Deutschen
Haus" abgehaltenen Sitzung des Vorstandes
und Ausschusses einmütig beschlossen. Wie wir
weiter vernehmen, wird die Schützengilde heute
nachmittag 4 Uhr eine weitere Sitzung im Schützenhaus
"Phantasie" abhalten, und den Budenbesitzern
das bereits bezahlte Platzgeld zurückgeben. Es ist
den Budenbesitzern freigestellt, sich an den
Gemeindevorstand oder an die Polizei zu wenden, daß
sie die einmal aufgestellten Buden stehen und darin
Vorstellungen geben lassen können.
* Ausfall des Pferderennens. Die Rennen auf
dem Boxberg bei Gotha am 2. und 3. August werden
wegen der drohenden Kriegsgefahr aufgehoben.
* Sommertheater Tivoli. Am Sonntag und Montag
findet die Aufführung der Operettenneuheit
"Bummelmädels" statt. Das Stück wird an
allen besseren Bühnen mit größtem Erfolg
aufgeführt.
31. JULI 1914.
Die Rosen blühen, wie Blut, so rot -
und Lindenblüten bestreuen den Rasen . . .
Morgen liegen wir starr und tot . . .
Die Kriegs-Drommeten blasen!
Gleich Lauffeuer flog von Haus zu Haus
vom dräuenden Kriege schreckende Kunde, -
von Schlachtendonner! Begeisterungsbraus
erschallet, von Munde zu Munde!
Vielleicht - schon morgen
wir horchen
auf einsamer Wacht,
Vorposten auf spähender Runde,
im Schatten der Nacht,
auf kaltem Gestein,
ins Schlachtfeld hinein . . .
Die Rosen blühen, wie Blut, so rot -
die letzten weih´ ich den treuen Lieben,
die mich begleitet in Kampf und Not:
den Freunden, die mir geblieben!
Und rufst du mich, mein Vaterland,
zu blutig-erbittertem Streite -
ich bin dir ergeben mit Herz und Hand -
so morgen und allezeit, wie heute!
Für Freiheit und Recht
ins Gefecht
nur tapfer hinein!
Verderben der feindlichen Meute!!
Deine Söhne sind da!
"Hurra Germania!"
Walther Sturm
________________________
Theater, Kunst und Wissenschaft.
Alte Studentenmusik. Aus Halle berichtet man:
Die hiesige Studentenverbindung "Fridericiana",
eine der ältesten Sängerschaften Deutschlands, veranstaltete
ein interessantes Konzert unter dem Titel
"Alte Studentenmusik". Einen Teil der Lieder, die
vielleicht seit Jahrhunderten nicht mehr gehört wurden,
hat der Leiter der Chöre der "Fridericiana",
Otto Volkmann, modernisiert, sodaß man überall die
Grundstimmung, eine gesunde, heitere Lebensauffassung,
heraushörte. "Einstmals sah ich ein Jungfräulein""
und "Holla, gut Gesell" von Johann
Hartmann Schein (1586 bis 1630) eröffneten den
Abend. In bunter Reihe folgten Studentenlieder
von Dichtern und Komponisten des 17., 18. und 19.
Jahrhunderts, zwei Gesänge von Ad. Krieger (1634
bis 1666), prachtvolle und schlichte Volkslieder, weiter
ein etwas schwülstiger "Festgruß an Martin
Opitz" von Heinrich Albert (1604 bis 1651), der
anläßlich des Einzugs von Martin Opitz in
Königsberg 1638 entstand, ein Orchestertrio von Stamitz
sowie ein "Mailied" von Christian August Gebler.
"Von der edlen Musik", ferner die Studentenserenade
von Mozart in D-Dur, deren -Textdichter nicht
mehr bekannt ist, die Sonata da camera u. v .a. Um
4. Spalte
das Konzert machten sich außer den Sängern der
"Fridericiana" das Hallische Stadtheaterorchester
und vor allem Robert Spörry (Berlin) verdient,
der seinen Gesang mit der Fiedel begleitete und
starke Wirkungen erzielte.
-
item 21
1. Spalte
TÜRKEI.½
Neueste Nachrichten.
Konstantinopel, 1. August. Den Blättern
zufolge wird die türkische Torpedobootsflottille unter
Kommando des Admirals Limbus Pascha zum
Hochseemanöver in den Archipel auslaufen.
JAPAN.
Japan und Rußland.
Man schreibt der "Frkf. Ztg.": Angesichts der
russischen Mobilisierung an der Westgrenze des
Reichs ist die Ansicht des Grafen Okuma, eines genauen
Kenners japanischer und russischer Heeresverhältnisse,
über die Gefahren, in die sich Rußland
im Kriegsfalle stürzen würde, besonders lehrreich.
Graf Okuma hat vor kurzem eine Broschüre veröffentlicht,
in der er über einen japanischen Revanchekrieg
und einen Krieg Rußlands mit den
Weltmächten genaue Untersuchungen anstellt. Aus
diesen geht hervor, daß Rußland im Falle kriegerischer
Verwicklungen in Europa durch Japan in eine
recht ungünstige militärische Lage gebracht werden
würde, so daß tatsächlich ein Waffengang im
Westen für das Zarenreich unberechenbare Folgen
im fernen Osten zeitigen könnte. Die Broschüre des
Grafen Okuma hat großen Eindruck in Japan gemacht,
da der Nachweis geführt wird, daß die Russen
gar nicht in der Lage seien, einen sieghaften Krieg
mit Japan zu führen. Letzteres werde innerhalb
eines Monats ein Heer von 1 ½ Millionen Soldaten
gegn [sic] Rußland aufstellen, das bestenfalls imstande
sei, nach 3 Monaten höchstens 1 Million Soldaten
gegen Russland aufstellen, das bestenfalls im- [sic]
Dies wäre nur denkbar, wenn die europäischen
Kräfte nicht durch einen Feldzug im Westen gefesselt
würden
_________________________
VOM KRIEGSSCHAUPLATZ.
Neue Gefechte.
Mailand, 30. Juli. Der Secolo erhält aus
Nisch eine Privatmeldung über den Kampf bei
Semendria der bei Sonnenaufgang begonnen
hat, um 8 Uhr früh unterbrochen und am Nachmittag
wieder aufgenommen wurde. Die Serben hätten
dem übermächtigen Gegner den lebhaftesten
Widerstand entgegengesetzt; auf beiden Seiten seien
einige hundert Tote zu verzeichnen. Wenn
die Serben auch Semendria preisgeben
mußte (sic), so würden doch Posonka, Jagodin und
Porotin drei schwere Etappen für das Eindringen
der österreichischen Truppen nach dem Süden bedeuten.
An der bosnischen Grenze hätten einige
hundert Serben die kleine Festung Lesitza stundenlang
gegen Tausende von österreichischen Truppen
verteidigt; sie seien dann abgezogen, nachdem
sie dem Gegner beträchtliche Verluste verursacht
hätten.
Erneutes Bombardement von Belgrad.
Semlin, 30.Juli. Um ½ 9 Uhr morgens ist
die Beschießung Belgrads wieder aufgenommen
worden und heute donnern die Geschütze nicht nur
von der Laudon-Schanze, sondern auch von der noch
näher gelegenen Eugen-Schanze. Die Monitore sind
bisher nicht vorgefahren. Die Station ist vollkommen
verödet. Alle Türen sind abgesperrt und oben
im Stockwerk sind etwa zwanzig Soldaten untergebracht;
diese werden voraussichtlich von dort den
Feind mit Kleingewehrfeuer zu bestreichen suchen.
Heue mittag 12 Uhr müssen alle Ortsfremden
Semlin, das in der ersten Feuerlinie liegt,
verlassen. Auch alle hier anwesenden fremden
Korrespondenten werden von dieser
Verfügung betroffen.
Wien, 1. Aug. Zwei Grenzjäger haben unter
feindlichem Feuer die angeschwollene Deine durchschwommen
und eine serbische Telefonleitung zerstört.
_____________________________
ZUR TAGESGESCHICHTE.
Zur Stärke der Parteien im deutschen Reichstag,
In der Presse sind die Zahlen über die Stärke der
Konservativen, Nationalliberalen und Freisinnigen
in letzter Zeit verschieden angegeben worden. Auf
Grund amtlichen Materials stellen sich diese Zahlen
wie folgt dar: Die drittstärkste Partei ist jetzt die
fortschrittliche Volkspartei mit 46 Mitgliedern (Januar
1912: 41 Mitglieder und 1 Hospitant). Es folgt
die nationalliberale Fraktion mit 40 Mitgliedern
und 5 Hospitanten (es ist der gleiche Stand
wie 1912). Die konservative Fraktion zählt 39
Mitglieder und 2 Hospitanten). (Januar 1912: 43
Mitglieder und 2 Hospitanten) . Während die
Nationalliberalen keine Einbuße erlitten, verloren
die Konservativen 4 Mandate, die Freisinnigen
gewannen 4 Mandate. Die fortschrittliche
Volkspartei gewann von den Konservativen
Hagennow-Grevesmühlen und Labiau-Wehlau, von
den Nationalliberalen Waldeck und Koburg, die ihre
Verluste durch den Gewinn der konservativen Mandate
in Salzwedel-Gardelegen und Stendal-Offenburg
wettmachten. Der austretende Hospitant der
Nationalliberalen Hestermann wurde durch den
neuen Hospitanten Schröder (Elbing) ersetzt. Der
Hospitant Roeser ist der fortschrittlichen Fraktion
[sic]
_______________________________
EINHEIMISCHES.
Eisenach , den 1.August.
Erlaß.
Im Anschluß an den im 2. Blatt der "Eisenacher
Zeitung"" veröffentlichten Erlaß des Kommandierenden
Generals bestimme ich:
Gemäß dem Abschnitt: Vom Kriegs- und Belagerungszustand
der "Vorschrift über den Waffengebrauch
des Militärs und seine Mitwirkung zur Unterdrückung
innerer Unruhen" vom 19. März 1914,
Ziffer 1 gelten für den Kriegszustand
die Vorschriften des preußischen Gesetzes
vom 4. Juni 1851.
2. Spalte
§ 8
Wer in einem in Belagerungszustand erklärten
Orte oder Distrikte der vorsätzlichen Brandstiftung,
der vorsätzlichen Verursachung einer Überschwemmung
oder des Angriffs oder des Widerstandes
gegen die bewaffnete Macht oder Abgeordnete der
Zivil- oder Militärbehörde in offener Gewalt und
mit Waffen oder gefährlichen Werkzeugen versehen
sich schuldig macht, wird mit dem Tode bestraft.
Sind mildernde Umstände vorhanden, so kann,
statt der Todesstrafe, auf 10 - 20jährige Zuchthausstrafe
erkannt werden.
§ 9.
Wer in einem in Belagerungszustand erklärten
Orte oder Distrikte
a) in Beziehung auf die Zahl, die Marschrichtung
oder angebliche Siege der Feinde oder
Aufrührer wissentlich falsche Gerüchte ausstreut
oder verbreitet, welche geeignet sind,
die Zivil- oder Militärbehörden hinsichtlich
ihrer Maßregeln irre zu führen, oder
b) ein bei Erklärung des Belagerungszustandes
oder während desselben vom Militärbefehlshaber
im Interesse der öffentlichen Sicherheit
erlassenes Verbot übertritt, oder zu solcher
Übertretung auffordert oder anreizt,
oder
c) zu dem Verbrechen des Aufruhrs, der tätlichen
Widersetzlichkeit, der Befreiung eines
Gefangenen oder zu einem anderen im § 8
vorgesehenen Verbrechen, wenn auch ohne
Erfolg auffordert oder anreizt, oder
d) Personen des Soldatenstandes zu Verbrechen
gegen die Subordination oder Vergehungen
gegen die militärische Zucht und Ordnung
zu verleiten sucht,
soll, wenn die bestehenden Gesetze keine höhere Freiheitsstrafe
bestimmen, mit Gefängnis bis zu einem
Jahre bestraft werden.
Eisenach, den 1. August 1914.
Kgl. Preußisches Garnison -
Kommando.
Krug von Nidda,
Major und Garnisonsältester.
___________________________
* Vom Hofe. Ihre Königlichen Hoheiten, Großherzog
Wilhelm Ernst und Großherzogin
Feodora haben heute vormittag Schloß
Wilhelmsthal verlassen und sind mit dem Automobil
nach Weimar gefahren, woselbst bereits die Ankunft
erfolgte. Das Großherzogliche Hoflager in
Wilhelmsthal ist vorerst aufgehoben. Die beiden
Kinder unseres Großherzogspaares verbleiben jedoch
bis auf weiteres in Wilhelmsthal.
* Der Kriegszustand macht sich schon gleich in den
ersten Tagen auch im täglichen Leben bemerkbar.
Mit der Bequemlichkeit und Selbstverständlichkeit,
die der Mensch von heutzutage beansprucht,
ist es vorbei. So werden jetzt auf dem
Postamt postlagernde Briefe nicht mehr
ausgehändigt. Die Post verlangt einen von der Polizei
ausgefertigten Ausweis, die Polizei
weigert sich aber, diesen auszustellen, so
daß der Gesuchsteller von der Post zur Polizei und
wieder umgekehrt hin- und herläuft, ohne in den
Besitz seiner Briefschaften zu kommen. Dieser Zustand,
der ja ganz unnötig ist, liegt wohl nur daran,
daß die Polizei nur noch nicht vom richtigen
Orte aus angewiesen ist, den von der Post verlangten
Schein auszustellen. - Was sich gestern auf
der Sparkasse in Eisenach abspielte, war kein
schönes Bild selbstbewußten Benehmens, wie es sich
für Deutsche geziemt. Von den Vormittagsstunden
an war die Kasse von Hunderten belagert,
ein Polizeigebot mußte herangeholt
werden, um Ordnung zu schaffen! Aber der sich
überstürzenden Erregung wurde sie natürlich
nicht Herr. Wilde Szenen spielten sich ab,
die einen weinten, die anderen lachten und
des Gedränges war kein Ende bis in den Nachmittag
hinein. Im übrigen geht nun alles seinen
Gang weiter. Die Brücken und Eisenbahnüberführungen
werden von gestern an von
Veteranen bewacht. Post und Bahn arbeiten
fieberhaft. Vor der Hauptpost am Markt müssen
die Jahrmarktstände geräumt werden, damit
der Zugang zur Post ungehindert ist. Durch Deutschlands
Ultimatum an Rußland, die Anfrage an
Frankreich ist die Entscheidung nun nicht
mehr aufzuhalten. Stündlich kann sie fallen. Alle
Deutschen werden sich des großen Augenblicks würdig
zeigen und siegesgewiß in die Zukunft
blicken.
* Der Kriegszustand wurde heute vormittag mittels
Trommelwirbel vom hiesigen Bataillon
allgemein zur öffentlichen Kenntnis gebracht. Um
Irrtümer zu vermeiden, sei besonders darauf aufmerksam
gemacht, daß dies mit einer Kriegserklärung
nichts zu tun hat, sondern daß damit nur
die besonderen militärische Gesetze in Kraft treten. 7
* Das Publikum und die Kriegsgefahr. Wie
immer in Zeiten irgend einer Krisis so ist auch
augenblicklich bei der drohenden Kriegsgefahr eine
übertriebene Ängstlichkeit im Publikum
zu beobachten. So war gestern ein Ansturm auf
Lebensmittel, speziell Mehl, Kartoffeln usw.
zu beobachten, wie das wohl eben nur in solch unruhigen
Zeiten möglich ist. Die Kartoffelwagen
wurden geradezu gestürmt, ebenso die Mühlen und
sonstigen derartigen Geschäfte. Die Folgen eines
solchen unverständigen Andranges bleiben natürlich
nicht aus, so steigerten sich die Preise für die Kartoffeln,
die am vormittag noch 4 M. der Zentner
kosteten, nachmittags auf 6 M. und mehr.
Mehl ist der Zentner um 10 - 11 M. gestiegen.
Selbstverständlich steigen dann auch alle übrigen
Lebensmittelpreise und die Frage ist berechtigt, ob
diese Steigerung schon jetzt begründet ist? und man
muß sagen nein, aber das Publikum ist ja selber
schuld, indem es plötzlich so gewaltige Einkäufe
macht, daß die Geschäfte ja schließlich töricht wären,
wenn sie dem Bedarf in dieser Weise nicht Rechnung
tragen wollten durch Erhöhung der Preise.
Wie sollen schließlich mit einmal diese großen Anforderungen
erfüllt werden können? Wie soll es werden,
wenn wirklich ein Krieg ausbricht? Dem
3. Spalte
kaufenden Publikum kann nicht genug zur Ruhe
und Besonnenheit geraten werden und man möge
doch bedenken, daß durch übertriebene Ängstlichkeit
erst recht Verwirrung im öffentlichen Leben hervorgerufen
wird. Mag doch kommen, was da will,
es wird sich Rat schaffen lassen und letzten Endes
haben doch auch Stadt- und Staatsbehörden die
Verpflichtung, in solch ernsten Zeiten einzugreifen,
um einer ungerechtfertigten Verteuerung der wichtigsten
Lebensmittel Schranken zu ziehen und man
darf wohl die Hoffnung aussprechen und das Vertrauen
haben, daß auch Eisenach keine Ausnahme
hierbei machen wird. Also nochmals: ruhig
Blut nicht nur im Abheben des Geldes von den
Sparkassen, sondern auch beim Einkauf
von Lebensmitteln.
Zur Preissteigerung.
Herr Oberbürgermeister Schmieder macht folgendes
bekannt: Gegenüber der gewissenlosen Preissteigerung,
welche einzelne Bauern und Kaufleute
jetzt, ohne jeden inneren Grund, eintreten
lassen, sind vom hiesigen Gemeindevorstand
Verhandlungen mit benachbarten Städten eingeleitet,
welche darauf abzielen, daß die Namen derjenigen
Händler, welche in dieser Weise eine
vermeintliche Notlage zum Schaden der
Allgemeinheit ausnützen, öffentlich
bekannt gemacht werden.
* Diskont-Erhöhung. Die deutsche Reichsbank
hat den Wechseldiskont von 4 auf 5
Prozent, den Lombard - Zinsfuß von 5 auf
6 Prozent erhöht.
*Auf der hiesigen Sparkasse ist erfreulicherweise
im Verkehr seit dem heutigen Tage ein wesentlicher
Umschwung eingetreten. Im Gegensatz zu
gestern haben eine ganze Anzahl Leute Einzahlungen
gemacht, darunter sogar, wie wir vernehmen,
Posten in Höhe von 30 000 Mark.
*Das Schützenfest kann infolge der drohenden
Kriegsgefahr nicht stattfinden! Diese Bekanntmachung
erläßt der Vorstand der Schützengilde
in der heutigen Nummer der "Eisenacher Zeitung".
Infolge der gegenwärtigen allgemeinen Weltlage
hat sich der Vorstand der Schützengilde veranlaßt
gesehen, das Schützenfest, das vom heutigen Sonnabend
bis zum 9. August in der Milchkammer abgehalten
werden sollte, ihrerseits aufzuheben. Der
Beschluß wurde in einer heute vormittag im "Deutschen
Haus" abgehaltenen Sitzung des Vorstandes
und Ausschusses einmütig beschlossen. Wie wir
weiter vernehmen, wird die Schützengilde heute
nachmittag 4 Uhr eine weitere Sitzung im Schützenhaus
"Phantasie" abhalten, und den Budenbesitzern
das bereits bezahlte Platzgeld zurückgeben. Es ist
den Budenbesitzern freigestellt, sich an den
Gemeindevorstand oder an die Polizei zu wenden, daß
sie die einmal aufgestellten Buden stehen und darin
Vorstellungen geben lassen können.
* Ausfall des Pferderennens. Die Rennen auf
dem Boxberg bei Gotha am 2. und 3. August werden
wegen der drohenden Kriegsgefahr aufgehoben.
* Sommertheater Tivoli. Am Sonntag und Montag
findet die Aufführung der Operettenneuheit
"Bummelmädels" statt. Das Stück wird an
allen besseren Bühnen mit größtem Erfolg
aufgeführt.
31. JULI 1914.
Die Rosen blühen, wie Blut, so rot -
und Lindenblüten bestreuen den Rasen . . .
Morgen liegen wir starr und tot . . .
Die Kriegs-Drommeten blasen!
Gleich Lauffeuer flog von Haus zu Haus
vom dräuenden Kriege schreckende Kunde, -
von Schlachtendonner! Begeisterungsbraus
erschallet, von Munde zu Munde!
Vielleicht - schon morgen
wir horchen
auf einsamer Wacht,
Vorposten auf spähender Runde,
im Schatten der Nacht,
auf kaltem Gestein,
ins Schlachtfeld hinein . . .
Die Rosen blühen, wie Blut, so rot -
die letzten weih´ ich den treuen Lieben,
die mich begleitet in Kampf und Not:
den Freunden, die mir geblieben!
Und rufst du mich, mein Vaterland,
zu blutig-erbittertem Streite -
ich bin dir ergeben mit Herz und Hand -
so morgen und allezeit, wie heute!
Für Freiheit und Recht
ins Gefecht
nur tapfer hinein!
Verderben der feindlichen Meute!!
Deine Söhne sind da!
"Hurra Germania!"
Walther Sturm
________________________
Theater, Kunst und Wissenschaft.
Alte Studentenmusik. Aus Halle berichtet man:
Die hiesige Studentenverbindung "Fridericiana",
eine der ältesten Sängerschaften Deutschlands, veranstaltete
ein interessantes Konzert unter dem Titel
"Alte Studentenmusik". Einen Teil der Lieder, die
vielleicht seit Jahrhunderten nicht mehr gehört wurden,
hat der Leiter der Chöre der "Fridericiana",
Otto Volkmann, modernisiert, sodaß man überall die
Grundstimmung, eine gesunde, heitere Lebensauffassung,
heraushörte. "Einstmals sah ich ein Jungfräulein""
und "Holla, gut Gesell" von Johann
Hartmann Schein (1586 bis 1630) eröffneten den
Abend. In bunter Reihe folgten Studentenlieder
von Dichtern und Komponisten des 17., 18. und 19.
Jahrhunderts, zwei Gesänge von Ad. Krieger (1634
bis 1666), prachtvolle und schlichte Volkslieder, weiter
ein etwas schwülstiger "Festgruß an Martin
Opitz" von Heinrich Albert (1604 bis 1651), der
anläßlich des Einzugs von Martin Opitz in
Königsberg 1638 entstand, ein Orchestertrio von Stamitz
sowie ein "Mailied" von Christian August Gebler.
"Von der edlen Musik", ferner die Studentenserenade
von Mozart in D-Dur, deren -Textdichter nicht
mehr bekannt ist, dieSonata da camera u. v .a. Um
4. Spalte
das Konzert machten sich außer den Sängern der
"Fridericiana" das Hallische Stadtheaterorchester
und vor allem Robert Spörry (Berlin) verdient,
der seinen Gesang mit der Fiedel begleitete und
starke Wirkungen erzielte.
-
item 21
1. Spalte
TÜRKEI.½
Neueste Nachrichten.
Konstantinopel, 1. August. Den Blättern
zufolge wird die türkische Torpedobootsflottille unter
Kommando des Admirals Limbus Pascha zum
Hochseemanöver in den Archipel auslaufen.
JAPAN.
Japan und Rußland.
Man schreibt der "Frkf. Ztg.": Angesichts der
russischen Mobilisierung an der Westgrenze des
Reichs ist die Ansicht des Grafen Okuma, eines genauen
Kenners japanischer und russischer Heeresverhältnisse,
über die Gefahren, in die sich Rußland
im Kriegsfalle stürzen würde, besonders lehrreich.
Graf Okuma hat vor kurzem eine Broschüre veröffentlicht,
in der er über einen japanischen Revanchekrieg
und einen Krieg Rußlands mit den
Weltmächten genaue Untersuchungen anstellt. Aus
diesen geht hervor, daß Rußland im Falle kriegerischer
Verwicklungen in Europa durch Japan in eine
recht ungünstige militärische Lage gebracht werden
würde, so daß tatsächlich ein Waffengang im
Westen für das Zarenreich unberechenbare Folgen
im fernen Osten zeitigen könnte. Die Broschüre des
Grafen Okuma hat großen Eindruck in Japan gemacht,
da der Nachweis geführt wird, daß die Russen
gar nicht in der Lage seien, einen sieghaften Krieg
mit Japan zu führen. Letzteres werde innerhalb
eines Monats ein Heer von 1 ½ Millionen Soldaten
gegn [sic] Rußland aufstellen, das bestenfalls imstande
sei, nach 3 Monaten höchstens 1 Million Soldaten
gegen Russland aufstellen, das bestenfalls im- [sic]
Dies wäre nur denkbar, wenn die europäischen
Kräfte nicht durch einen Feldzug im Westen gefesselt
würden
_________________________
VOM KRIEGSSCHAUPLATZ.
Neue Gefechte.
Mailand, 30. Juli. Der Secolo erhält aus
Nisch eine Privatmeldung über den Kampf bei
Semendria der bei Sonnenaufgang begonnen
hat, um 8 Uhr früh unterbrochen und am Nachmittag
wieder aufgenommen wurde. Die Serben hätten
dem übermächtigen Gegner den lebhaftesten
Widerstand entgegengesetzt; auf beiden Seiten seien
einige hundert Tote zu verzeichnen. Wenn
die Serben auch Semendria preisgeben
mußte (sic), so würden doch Posonka, Jagodin und
Porotin drei schwere Etappen für das Eindringen
der österreichischen Truppen nach dem Süden bedeuten.
An der bosnischen Grenze hätten einige
hundert Serben die kleine Festung Lesitza stundenlang
gegen Tausende von österreichischen Truppen
verteidigt; sie seien dann abgezogen, nachdem
sie dem Gegner beträchtliche Verluste verursacht
hätten.
Erneutes Bombardement von Belgrad.
Semlin, 30.Juli. Um ½ 9 Uhr morgens ist
die Beschießung Belgrads wieder aufgenommen
worden und heute donnern die Geschütze nicht nur
von der Laudon-Schanze, sondern auch von der noch
näher gelegenen Eugen-Schanze. Die Monitore sind
bisher nicht vorgefahren. Die Station ist vollkommen
verödet. Alle Türen sind abgesperrt und oben
im Stockwerk sind etwa zwanzig Soldaten untergebracht;
diese werden voraussichtlich von dort den
Feind mit Kleingewehrfeuer zu bestreichen suchen.
Heue mittag 12 Uhr müssen alle Ortsfremden
Semlin, das in der ersten Feuerlinie liegt,
verlassen. Auch alle hier anwesenden fremden
Korrespondenten werden von dieser
Verfügung betroffen.
Wien, 1. Aug. Zwei Grenzjäger haben unter
feindlichem Feuer die angeschwollene Deine durchschwommen
und eine serbische Telefonleitung zerstört.
_____________________________
ZUR TAGESGESCHICHTE.
Zur Stärke der Parteien im deutschen Reichstag,
In der Presse sind die Zahlen über die Stärke der
Konservativen, Nationalliberalen und Freisinnigen
in letzter Zeit verschieden angegeben worden. Auf
Grund amtlichen Materials stellen sich diese Zahlen
wie folgt dar: Die drittstärkste Partei ist jetzt die
fortschrittliche Volkspartei mit 46 Mitgliedern (Januar
1912: 41 Mitglieder und 1 Hospitant). Es folgt
die nationalliberale Fraktion mit 40 Mitgliedern
und 5 Hospitanten (es ist der gleiche Stand
wie 1912). Die konservative Fraktion zählt 39
Mitglieder und 2 Hospitanten). (Januar 1912: 43
Mitglieder und 2 Hospitanten) . Während die
Nationalliberalen keine Einbuße erlitten, verloren
die Konservativen 4 Mandate, die Freisinnigen
gewannen 4 Mandate. Die fortschrittliche
Volkspartei gewann von den Konservativen
Hagennow-Grevesmühlen und Labiau-Wehlau, von
den Nationalliberalen Waldeck und Koburg, die ihre
Verluste durch den Gewinn der konservativen Mandate
in Salzwedel-Gardelegen und Stendal-Offenburg
wettmachten. Der austretende Hospitant der
Nationalliberalen Hestermann wurde durch den
neuen Hospitanten Schröder (Elbing) ersetzt. Der
Hospitant Roeser ist der fortschrittlichen Fraktion
[sic]
_______________________________
EINHEIMISCHES.
Eisenach , den 1.August.
Erlaß.
Im Anschluß an den im 2. Blatt der "Eisenacher
Zeitung"" veröffentlichten Erlaß des Kommandierenden
Generals bestimme ich:
Gemäß dem Abschnitt: Vom Kriegs- und Belagerungszustand
der "Vorschrift über den Waffengebrauch
des Militärs und seine Mitwirkung zur Unterdrückung
innerer Unruhen" vom 19. März 1914,
Ziffer 1 gelten für den Kriegszustand
die Vorschriften des preußischen Gesetzes
vom 4. Juni 1851.
2. Spalte
§ 8
Wer in einem in Belagerungszustand erklärten
Orte oder Distrikte der vorsätzlichen Brandstiftung,
der vorsätzlichen Verursachung einer Überschwemmung
oder des Angriffs oder des Widerstandes
gegen die bewaffnete Macht oder Abgeordnete der
Zivil- oder Militärbehörde in offener Gewalt und
mit Waffen oder gefährlichen Werkzeugen versehen
sich schuldig macht, wird mit dem Tode bestraft.
Sind mildernde Umstände vorhanden, so kann,
statt der Todesstrafe, auf 10 - 20jährige Zuchthausstrafe
erkannt werden.
§ 9.
Wer in einem in Belagerungszustand erklärten
Orte oder Distrikte
a) in Beziehung auf die Zahl, die Marschrichtung
oder angebliche Siege der Feinde oder
Aufrührer wissentlich falsche Gerüchte ausstreut
oder verbreitet, welche geeignet sind,
die Zivil- oder Militärbehörden hinsichtlich
ihrer Maßregeln irre zu führen, oder
b) ein bei Erklärung des Belagerungszustandes
oder während desselben vom Militärbefehlshaber
im Interesse der öffentlichen Sicherheit
erlassenes Verbot übertritt, oder zu solcher
Übertretung auffordert oder anreizt,
oder
c) zu dem Verbrechen des Aufruhrs, der tätlichen
Widersetzlichkeit, der Befreiung eines
Gefangenen oder zu einem anderen im § 8
vorgesehenen Verbrechen, wenn auch ohne
Erfolg auffordert oder anreizt, oder
d) Personen des Soldatenstandes zu Verbrechen
gegen die Subordination oder Vergehungen
gegen die militärische Zucht und Ordnung
zu verleiten sucht,
soll, wenn die bestehenden Gesetze keine höhere Freiheitsstrafe
bestimmen, mit Gefängnis bis zu einem
Jahre bestraft werden.
Eisenach, den 1. August 1914.
Kgl. Preußisches Garnison -
Kommando.
Krug von Nidda,
Major und Garnisonsältester.
___________________________
* Vom Hofe. Ihre Königlichen Hoheiten, Großherzog
Wilhelm Ernst und Großherzogin
Feodora haben heute vormittag Schloß
Wilhelmsthal verlassen und sind mit dem Automobil
nach Weimar gefahren, woselbst bereits die Ankunft
erfolgte. Das Großherzogliche Hoflager in
Wilhelmsthal ist vorerst aufgehoben. Die beiden
Kinder unseres Großherzogspaares verbleiben jedoch
bis auf weiteres in Wilhelmsthal.
* Der Kriegszustand macht sich schon gleich in den
ersten Tagen auch im täglichen Leben bemerkbar.
Mit der Bequemlichkeit und Selbstverständlichkeit,
die der Mensch von heutzutage beansprucht,
ist es vorbei. So werden jetzt auf dem
Postamt postlagernde Briefe nicht mehr
ausgehändigt. Die Post verlangt einen von der Polizei
ausgefertigten Ausweis, die Polizei
weigert sich aber, diesen auszustellen, so
daß der Gesuchsteller von der Post zur Polizei und
wieder umgekehrt hin- und herläuft, ohne in den
Besitz seiner Briefschaften zu kommen. Dieser Zustand,
der ja ganz unnötig ist, liegt wohl nur daran,
daß die Polizei nur noch nicht vom richtigen
Orte aus angewiesen ist, den von der Post verlangten
Schein auszustellen. - Was sich gestern auf
der Sparkasse in Eisenach abspielte, war kein
schönes Bild selbstbewußten Benehmens, wie es sich
für Deutsche geziemt. Von den Vormittagsstunden
an war die Kasse von Hunderten belagert,
ein Polizeigebot mußte herangeholt
werden, um Ordnung zu schaffen! Aber der sich
überstürzenden Erregung wurde sie natürlich
nicht Herr. Wilde Szenen spielten sich ab,
die einen weinten, die anderen lachten und
des Gedränges war kein Ende bis in den Nachmittag
hinein. Im übrigen geht nun alles seinen
Gang weiter. Die Brücken und Eisenbahnüberführungen
werden von gestern an von
Veteranen bewacht. Post und Bahn arbeiten
fieberhaft. Vor der Hauptpost am Markt müssen
die Jahrmarktstände geräumt werden, damit
der Zugang zur Post ungehindert ist. Durch Deutschlands
Ultimatum an Rußland, die Anfrage an
Frankreich ist die Entscheidung nun nicht
mehr aufzuhalten. Stündlich kann sie fallen. Alle
Deutschen werden sich des großen Augenblicks würdig
zeigen und siegesgewiß in die Zukunft
blicken.
* Der Kriegszustand wurde heute vormittag mittels
Trommelwirbel vom hiesigen Bataillon
allgemein zur öffentlichen Kenntnis gebracht. Um
Irrtümer zu vermeiden, sei besonders darauf aufmerksam
gemacht, daß dies mit einer Kriegserklärung
nichts zu tun hat, sondern daß damit nur
die besonderen militärische Gesetze in Kraft treten. 7
* Das Publikum und die Kriegsgefahr. Wie
immer in Zeiten irgend einer Krisis so ist auch
augenblicklich bei der drohenden Kriegsgefahr eine
übertriebene Ängstlichkeit im Publikum
zu beobachten. So war gestern ein Ansturm auf
Lebensmittel, speziell Mehl, Kartoffeln usw.
zu beobachten, wie das wohl eben nur in solch unruhigen
Zeiten möglich ist. Die Kartoffelwagen
wurden geradezu gestürmt, ebenso die Mühlen und
sonstigen derartigen Geschäfte. Die Folgen eines
solchen unverständigen Andranges bleiben natürlich
nicht aus, so steigerten sich die Preise für die Kartoffeln,
die am vormittag noch 4 M. der Zentner
kosteten, nachmittags auf 6 M. und mehr.
Mehl ist der Zentner um 10 - 11 M. gestiegen.
Selbstverständlich steigen dann auch alle übrigen
Lebensmittelpreise und die Frage ist berechtigt, ob
diese Steigerung schon jetzt begründet ist? und man
muß sagen nein, aber das Publikum ist ja selber
schuld, indem es plötzlich so gewaltige Einkäufe
macht, daß die Geschäfte ja schließlich töricht wären,
wenn sie dem Bedarf in dieser Weise nicht Rechnung
tragen wollten durch Erhöhung der Preise.
Wie sollen schließlich mit einmal diese großen Anforderungen
erfüllt werden können? Wie soll es werden,
wenn wirklich ein Krieg ausbricht? Dem
3. Spalte
kaufenden Publikum kann nicht genug zur Ruhe
und Besonnenheit geraten werden und man möge
doch bedenken, daß durch übertriebene Ängstlichkeit
erst recht Verwirrung im öffentlichen Leben hervorgerufen
wird. Mag doch kommen, was da will,
es wird sich Rat schaffen lassen und letzten Endes
haben doch auch Stadt- und Staatsbehörden die
Verpflichtung, in solch ernsten Zeiten einzugreifen,
um einer ungerechtfertigten Verteuerung der wichtigsten
Lebensmittel Schranken zu ziehen und man
darf wohl die Hoffnung aussprechen und das Vertrauen
haben, daß auch Eisenach keine Ausnahme
hierbei machen wird. Also nochmals: ruhig
Blut nicht nur im Abheben des Geldes von den
Sparkassen, sondern auch beim Einkauf
von Lebensmitteln.
Zur Preissteigerung.
Herr Oberbürgermeister Schmieder macht folgendes
bekannt: Gegenüber der gewissenlosen Preissteigerung,
welche einzelne Bauern und Kaufleute
jetzt, ohne jeden inneren Grund, eintreten
lassen, sind vom hiesigen Gemeindevorstand
Verhandlungen mit benachbarten Städten eingeleitet,
welche darauf abzielen, daß die Namen derjenigen
Händler, welche in dieser Weise eine
vermeintliche Notlage zum Schaden der
Allgemeinheit ausnützen, öffentlich
bekannt gemacht werden.
* Diskont-Erhöhung. Die deutsche Reichsbank
hat den Wechseldiskont von 4 auf 5
Prozent, den Lombard - Zinsfuß von 5 auf
6 Prozent erhöht.
*Auf der hiesigen Sparkasse ist erfreulicherweise
im Verkehr seit dem heutigen Tage ein wesentlicher
Umschwung eingetreten. Im Gegensatz zu
gestern haben eine ganze Anzahl Leute Einzahlungen
gemacht, darunter sogar, wie wir vernehmen,
Posten in Höhe von 30 000 Mark.
*Das Schützenfest kann infolge der drohenden
Kriegsgefahr nicht stattfinden! Diese Bekanntmachung
erläßt der Vorstand der Schützengilde
in der heutigen Nummer der "Eisenacher Zeitung".
Infolge der gegenwärtigen allgemeinen Weltlage
hat sich der Vorstand der Schützengilde veranlaßt
gesehen, das Schützenfest, das vom heutigen Sonnabend
bis zum 9. August in der Milchkammer abgehalten
werden sollte, ihrerseits aufzuheben. Der
Beschluß wurde in einer heute vormittag im "Deutschen
Haus" abgehaltenen Sitzung des Vorstandes
und Ausschusses einmütig beschlossen. Wie wir
weiter vernehmen, wird die Schützengilde heute
nachmittag 4 Uhr eine weitere Sitzung im Schützenhaus
"Phantasie" abhalten, und den Budenbesitzern
das bereits bezahlte Platzgeld zurückgeben. Es ist
den Budenbesitzern freigestellt, sich an den
Gemeindevorstand oder an die Polizei zu wenden, daß
sie die einmal aufgestellten Buden stehen und darin
Vorstellungen geben lassen können.
* Ausfall des Pferderennens. Die Rennen auf
dem Boxberg bei Gotha am 2. und 3. August werden
wegen der drohenden Kriegsgefahr aufgehoben.
* Sommertheater Tivoli. Am Sonntag und Montag
findet die Aufführung der Operettenneuheit
"Bummelmädels" statt. Das Stück wird an
allen besseren Bühnen mit größtem Erfolg
aufgeführt.
31. JULI 1914.
Die Rosen blühen, wie Blut, so rot -
und Lindenblüten bestreuen den Rasen . . .
Morgen liegen wir starr und tot . . .
Die Kriegs-Drommeten blasen!
Gleich Lauffeuer flog von Haus zu Haus
vom dräuenden Kriege schreckende Kunde, -
von Schlachtendonner! Begeisterungsbraus
erschallet, von Munde zu Munde!
Vielleicht - schon morgen
wir horchen
auf einsamer Wacht,
Vorposten auf spähender Runde,
im Schatten der Nacht,
auf kaltem Gestein,
ins Schlachtfeld hinein . . .
Die Rosen blühen, wie Blut, so rot -
die letzten weih´ ich den treuen Lieben,
die mich begleitet in Kampf und Not:
den Freunden, die mir geblieben!
Und rufst du mich, mein Vaterland,
zu blutig-erbittertem Streite -
ich bin dir ergeben mit Herz und Hand -
so morgen und allezeit, wie heute!
Für Freiheit und Recht
ins Gefecht
nur tapfer hinein!
Verderben der feindlichen Meute!!
Deine Söhne sind da!
"Hurra Germania!"
Walther Sturm
________________________
Theater, Kunst und Wissenschaft.
Alte Studentenmusik. Aus Halle berichtet man:
Die hiesige Studentenverbindung "Fridericiana",
eine der ältesten Sängerschaften Deutschlands, veranstaltete
ein interessantes Konzert unter dem Titel
"Alte Studentenmusik". Einen Teil der Lieder, die
vielleicht seit Jahrhunderten nicht mehr gehört wurden,
hat der Leiter der Chöre der "Fridericiana",
Otto Volkmann, modernisiert, sodaß man überall die
Grundstimmung, eine gesunde, heitere Lebensauffassung,
heraushörte. "Einstmals sah ich ein Jungfräulein""
und "Holla, gut Gesell" von Johann
Hartmann Schein (1586 bis 1630) eröffneten den
Abend. In bunter Reihe folgten Studentenlieder
von Dichtern und Komponisten des 17., 18. und 19.
Jahrhunderts, zwei Gesänge von Ad. Krieger (1634
bis 1666), prachtvolle und schlichte Volkslieder, weiter
ein etwas schwülstiger "Festgruß an Martin
Opitz" von Heinrich Albert (1604 bis 1651), der
anläßlich des Einzugs von Martin Opitz in
Königsberg 1638 entstand, ein Orchestertrio von Stamitz
sowie ein "Mailied" von Christian August Gebler.
"Von der edlen Musik", ferner die Studentenserenade
von Mozart in D-Dur, deren -Textdichter nicht
mehr bekannt ist, dieSonata da camera u. v .a. Um
-
item 21
1. Spalte
TÜRKEI.½
Neueste Nachrichten.
Konstantinopel, 1. August. Den Blättern
zufolge wird die türkische Torpedobootsflottille unter
Kommando des Admirals Limbus Pascha zum
Hochseemanöver in den Archipel auslaufen.
JAPAN.
Japan und Rußland.
Man schreibt der "Frkf. Ztg.": Angesichts der
russischen Mobilisierung an der Westgrenze des
Reichs ist die Ansicht des Grafen Okuma, eines genauen
Kenners japanischer und russischer Heeresverhältnisse,
über die Gefahren, in die sich Rußland
im Kriegsfalle stürzen würde, besonders lehrreich.
Graf Okuma hat vor kurzem eine Broschüre veröffentlicht,
in der er über einen japanischen Revanchekrieg
und einen Krieg Rußlands mit den
Weltmächten genaue Untersuchungen anstellt. Aus
diesen geht hervor, daß Rußland im Falle kriegerischer
Verwicklungen in Europa durch Japan in eine
recht ungünstige militärische Lage gebracht werden
würde, so daß tatsächlich ein Waffengang im
Westen für das Zarenreich unberechenbare Folgen
im fernen Osten zeitigen könnte. Die Broschüre des
Grafen Okuma hat großen Eindruck in Japan gemacht,
da der Nachweis geführt wird, daß die Russen
gar nicht in der Lage seien, einen sieghaften Krieg
mit Japan zu führen. Letzteres werde innerhalb
eines Monats ein Heer von 1 ½ Millionen Soldaten
gegn [sic] Rußland aufstellen, das bestenfalls imstande
sei, nach 3 Monaten höchstens 1 Million Soldaten
gegen Russland aufstellen, das bestenfalls im- [sic]
Dies wäre nur denkbar, wenn die europäischen
Kräfte nicht durch einen Feldzug im Westen gefesselt
würden
_________________________
VOM KRIEGSSCHAUPLATZ.
Neue Gefechte.
Mailand, 30. Juli. Der Secolo erhält aus
Nisch eine Privatmeldung über den Kampf bei
Semendria der bei Sonnenaufgang begonnen
hat, um 8 Uhr früh unterbrochen und am Nachmittag
wieder aufgenommen wurde. Die Serben hätten
dem übermächtigen Gegner den lebhaftesten
Widerstand entgegengesetzt; auf beiden Seiten seien
einige hundert Tote zu verzeichnen. Wenn
die Serben auch Semendria preisgeben
mußte (sic), so würden doch Posonka, Jagodin und
Porotin drei schwere Etappen für das Eindringen
der österreichischen Truppen nach dem Süden bedeuten.
An der bosnischen Grenze hätten einige
hundert Serben die kleine Festung Lesitza stundenlang
gegen Tausende von österreichischen Truppen
verteidigt; sie seien dann abgezogen, nachdem
sie dem Gegner beträchtliche Verluste verursacht
hätten.
Erneutes Bombardement von Belgrad.
Semlin, 30.Juli. Um ½ 9 Uhr morgens ist
die Beschießung Belgrads wieder aufgenommen
worden und heute donnern die Geschütze nicht nur
von der Laudon-Schanze, sondern auch von der noch
näher gelegenen Eugen-Schanze. Die Monitore sind
bisher nicht vorgefahren. Die Station ist vollkommen
verödet. Alle Türen sind abgesperrt und oben
im Stockwerk sind etwa zwanzig Soldaten untergebracht;
diese werden voraussichtlich von dort den
Feind mit Kleingewehrfeuer zu bestreichen suchen.
Heue mittag 12 Uhr müssen alle Ortsfremden
Semlin, das in der ersten Feuerlinie liegt,
verlassen. Auch alle hier anwesenden fremden
Korrespondenten werden von dieser
Verfügung betroffen.
Wien, 1. Aug. Zwei Grenzjäger haben unter
feindlichem Feuer die angeschwollene Deine durchschwommen
und eine serbische Telefonleitung zerstört.
_____________________________
ZUR TAGESGESCHICHTE.
Zur Stärke der Parteien im deutschen Reichstag,
In der Presse sind die Zahlen über die Stärke der
Konservativen, Nationalliberalen und Freisinnigen
in letzter Zeit verschieden angegeben worden. Auf
Grund amtlichen Materials stellen sich diese Zahlen
wie folgt dar: Die drittstärkste Partei ist jetzt die
fortschrittliche Volkspartei mit 46 Mitgliedern (Januar
1912: 41 Mitglieder und 1 Hospitant). Es folgt
die nationalliberale Fraktion mit 40 Mitgliedern
und 5 Hospitanten (es ist der gleiche Stand
wie 1912). Die konservative Fraktion zählt 39
Mitglieder und 2 Hospitanten). (Januar 1912: 43
Mitglieder und 2 Hospitanten) . Während die
Nationalliberalen keine Einbuße erlitten, verloren
die Konservativen 4 Mandate, die Freisinnigen
gewannen 4 Mandate. Die fortschrittliche
Volkspartei gewann von den Konservativen
Hagennow-Grevesmühlen und Labiau-Wehlau, von
den Nationalliberalen Waldeck und Koburg, die ihre
Verluste durch den Gewinn der konservativen Mandate
in Salzwedel-Gardelegen und Stendal-Offenburg
wettmachten. Der austretende Hospitant der
Nationalliberalen Hestermann wurde durch den
neuen Hospitanten Schröder (Elbing) ersetzt. Der
Hospitant Roeser ist der fortschrittlichen Fraktion
[sic]
_______________________________
EINHEIMISCHES.
Eisenach , den 1.August.
Erlaß.
Im Anschluß an den im 2. Blatt der "Eisenacher
Zeitung"" veröffentlichten Erlaß des Kommandierenden
Generals bestimme ich:
Gemäß dem Abschnitt: Vom Kriegs- und Belagerungszustand
der "Vorschrift über den Waffengebrauch
des Militärs und seine Mitwirkung zur Unterdrückung
innerer Unruhen" vom 19. März 1914,
Ziffer 1 gelten für den Kriegszustand
die Vorschriften des preußischen Gesetzes
vom 4. Juni 1851.
2. Spalte
§ 8
Wer in einem in Belagerungszustand erklärten
Orte oder Distrikte der vorsätzlichen Brandstiftung,
der vorsätzlichen Verursachung einer Überschwemmung
oder des Angriffs oder des Widerstandes
gegen die bewaffnete Macht oder Abgeordnete der
Zivil- oder Militärbehörde in offener Gewalt und
mit Waffen oder gefährlichen Werkzeugen versehen
sich schuldig macht, wird mit dem Tode bestraft.
Sind mildernde Umstände vorhanden, so kann,
statt der Todesstrafe, auf 10 - 20jährige Zuchthausstrafe
erkannt werden.
§ 9.
Wer in einem in Belagerungszustand erklärten
Orte oder Distrikte
a) in Beziehung auf die Zahl, die Marschrichtung
oder angebliche Siege der Feinde oder
Aufrührer wissentlich falsche Gerüchte ausstreut
oder verbreitet, welche geeignet sind,
die Zivil- oder Militärbehörden hinsichtlich
ihrer Maßregeln irre zu führen, oder
b) ein bei Erklärung des Belagerungszustandes
oder während desselben vom Militärbefehlshaber
im Interesse der öffentlichen Sicherheit
erlassenes Verbot übertritt, oder zu solcher
Übertretung auffordert oder anreizt,
oder
c) zu dem Verbrechen des Aufruhrs, der tätlichen
Widersetzlichkeit, der Befreiung eines
Gefangenen oder zu einem anderen im § 8
vorgesehenen Verbrechen, wenn auch ohne
Erfolg auffordert oder anreizt, oder
d) Personen des Soldatenstandes zu Verbrechen
gegen die Subordination oder Vergehungen
gegen die militärische Zucht und Ordnung
zu verleiten sucht,
soll, wenn die bestehenden Gesetze keine höhere Freiheitsstrafe
bestimmen, mit Gefängnis bis zu einem
Jahre bestraft werden.
Eisenach, den 1. August 1914.
Kgl. Preußisches Garnison -
Kommando.
Krug von Nidda,
Major und Garnisonsältester.
___________________________
* Vom Hofe. Ihre Königlichen Hoheiten, Großherzog
Wilhelm Ernst und Großherzogin
Feodora haben heute vormittag Schloß
Wilhelmsthal verlassen und sind mit dem Automobil
nach Weimar gefahren, woselbst bereits die Ankunft
erfolgte. Das Großherzogliche Hoflager in
Wilhelmsthal ist vorerst aufgehoben. Die beiden
Kinder unseres Großherzogspaares verbleiben jedoch
bis auf weiteres in Wilhelmsthal.
* Der Kriegszustand macht sich schon gleich in den
ersten Tagen auch im täglichen Leben bemerkbar.
Mit der Bequemlichkeit und Selbstverständlichkeit,
die der Mensch von heutzutage beansprucht,
ist es vorbei. So werden jetzt auf dem
Postamt postlagernde Briefe nicht mehr
ausgehändigt. Die Post verlangt einen von der Polizei
ausgefertigten Ausweis, die Polizei
weigert sich aber, diesen auszustellen, so
daß der Gesuchsteller von der Post zur Polizei und
wieder umgekehrt hin- und herläuft, ohne in den
Besitz seiner Briefschaften zu kommen. Dieser Zustand,
der ja ganz unnötig ist, liegt wohl nur daran,
daß die Polizei nur noch nicht vom richtigen
Orte aus angewiesen ist, den von der Post verlangten
Schein auszustellen. - Was sich gestern auf
der Sparkasse in Eisenach abspielte, war kein
schönes Bild selbstbewußten Benehmens, wie es sich
für Deutsche geziemt. Von den Vormittagsstunden
an war die Kasse von Hunderten belagert,
ein Polizeigebot mußte herangeholt
werden, um Ordnung zu schaffen! Aber der sich
überstürzenden Erregung wurde sie natürlich
nicht Herr. Wilde Szenen spielten sich ab,
die einen weinten, die anderen lachten und
des Gedränges war kein Ende bis in den Nachmittag
hinein. Im übrigen geht nun alles seinen
Gang weiter. Die Brücken und Eisenbahnüberführungen
werden von gestern an von
Veteranen bewacht. Post und Bahn arbeiten
fieberhaft. Vor der Hauptpost am Markt müssen
die Jahrmarktstände geräumt werden, damit
der Zugang zur Post ungehindert ist. Durch Deutschlands
Ultimatum an Rußland, die Anfrage an
Frankreich ist die Entscheidung nun nicht
mehr aufzuhalten. Stündlich kann sie fallen. Alle
Deutschen werden sich des großen Augenblicks würdig
zeigen und siegesgewiß in die Zukunft
blicken.
* Der Kriegszustand wurde heute vormittag mittels
Trommelwirbel vom hiesigen Bataillon
allgemein zur öffentlichen Kenntnis gebracht. Um
Irrtümer zu vermeiden, sei besonders darauf aufmerksam
gemacht, daß dies mit einer Kriegserklärung
nichts zu tun hat, sondern daß damit nur
die besonderen militärische Gesetze in Kraft treten. 7
* Das Publikum und die Kriegsgefahr. Wie
immer in Zeiten irgend einer Krisis so ist auch
augenblicklich bei der drohenden Kriegsgefahr eine
übertriebene Ängstlichkeit im Publikum
zu beobachten. So war gestern ein Ansturm auf
Lebensmittel, speziell Mehl, Kartoffeln usw.
zu beobachten, wie das wohl eben nur in solch unruhigen
Zeiten möglich ist. Die Kartoffelwagen
wurden geradezu gestürmt, ebenso die Mühlen und
sonstigen derartigen Geschäfte. Die Folgen eines
solchen unverständigen Andranges bleiben natürlich
nicht aus, so steigerten sich die Preise für die Kartoffeln,
die am vormittag noch 4 M. der Zentner
kosteten, nachmittags auf 6 M. und mehr.
Mehl ist der Zentner um 10 - 11 M. gestiegen.
Selbstverständlich steigen dann auch alle übrigen
Lebensmittelpreise und die Frage ist berechtigt, ob
diese Steigerung schon jetzt begründet ist? und man
muß sagen nein, aber das Publikum ist ja selber
schuld, indem es plötzlich so gewaltige Einkäufe
macht, daß die Geschäfte ja schließlich töricht wären,
wenn sie dem Bedarf in dieser Weise nicht Rechnung
tragen wollten durch Erhöhung der Preise.
Wie sollen schließlich mit einmal diese großen Anforderungen
erfüllt werden können? Wie soll es werden,
wenn wirklich ein Krieg ausbricht? Dem
3. Spalte
kaufenden Publikum kann nicht genug zur Ruhe
und Besonnenheit geraten werden und man möge
doch bedenken, daß durch übertriebene Ängstlichkeit
erst recht Verwirrung im öffentlichen Leben hervorgerufen
wird. Mag doch kommen, was da will,
es wird sich Rat schaffen lassen und letzten Endes
haben doch auch Stadt- und Staatsbehörden die
Verpflichtung, in solch ernsten Zeiten einzugreifen,
um einer ungerechtfertigten Verteuerung der wichtigsten
Lebensmittel Schranken zu ziehen und man
darf wohl die Hoffnung aussprechen und das Vertrauen
haben, daß auch Eisenach keine Ausnahme
hierbei machen wird. Also nochmals: ruhig
Blut nicht nur im Abheben des Geldes von den
Sparkassen, sondern auch beim Einkauf
von Lebensmitteln.
Zur Preissteigerung.
Herr Oberbürgermeister Schmieder macht folgendes
bekannt: Gegenüber der gewissenlosen Preissteigerung,
welche einzelne Bauern und Kaufleute
jetzt, ohne jeden inneren Grund, eintreten
lassen, sind vom hiesigen Gemeindevorstand
Verhandlungen mit benachbarten Städten eingeleitet,
welche darauf abzielen, daß die Namen derjenigen
Händler, welche in dieser Weise eine
vermeintliche Notlage zum Schaden der
Allgemeinheit ausnützen, öffentlich
bekannt gemacht werden.
* Diskont-Erhöhung. Die deutsche Reichsbank
hat den Wechseldiskont von 4 auf 5
Prozent, den Lombard - Zinsfuß von 5 auf
6 Prozent erhöht.
*Auf der hiesigen Sparkasse ist erfreulicherweise
im Verkehr seit dem heutigen Tage ein wesentlicher
Umschwung eingetreten. Im Gegensatz zu
gestern haben eine ganze Anzahl Leute Einzahlungen
gemacht, darunter sogar, wie wir vernehmen,
Posten in Höhe von 30 000 Mark.
*Das Schützenfest kann infolge der drohenden
Kriegsgefahr nicht stattfinden! Diese Bekanntmachung
erläßt der Vorstand der Schützengilde
in der heutigen Nummer der "Eisenacher Zeitung".
Infolge der gegenwärtigen allgemeinen Weltlage
hat sich der Vorstand der Schützengilde veranlaßt
gesehen, das Schützenfest, das vom heutigen Sonnabend
bis zum 9. August in der Milchkammer abgehalten
werden sollte, ihrerseits aufzuheben. Der
Beschluß wurde in einer heute vormittag im "Deutschen
Haus" abgehaltenen Sitzung des Vorstandes
und Ausschusses einmütig beschlossen. Wie wir
weiter vernehmen, wird die Schützengilde heute
nachmittag 4 Uhr eine weitere Sitzung im Schützenhaus
"Phantasie" abhalten, und den Budenbesitzern
das bereits bezahlte Platzgeld zurückgeben. Es ist
den Budenbesitzern freigestellt, sich an den
Gemeindevorstand oder an die Polizei zu wenden, daß
sie die einmal aufgestellten Buden stehen und darin
Vorstellungen geben lassen können.
* Ausfall des Pferderennens. Die Rennen auf
dem Boxberg bei Gotha am 2. und 3. August werden
wegen der drohenden Kriegsgefahr aufgehoben.
* Sommertheater Tivoli. Am Sonntag und Montag
findet die Aufführung der Operettenneuheit
"Bummelmädels" statt. Das Stück wird an
allen besseren Bühnen mit größtem Erfolg
aufgeführt.
31. JULI 1914.
Die Rosen blühen, wie Blut, so rot -
und Lindenblüten bestreuen den Rasen . . .
Morgen liegen wir starr und tot . . .
Die Kriegs-Drommeten blasen!
Gleich Lauffeuer flog von Haus zu Haus
vom dräuenden Kriege schreckende Kunde, -
von Schlachtendonner! Begeisterungsbraus
erschallet, von Munde zu Munde!
Vielleicht - schon morgen
wir horchen
auf einsamer Wacht,
Vorposten auf spähender Runde,
im Schatten der Nacht,
auf kaltem Gestein,
ins Schlachtfeld hinein . . .
Die Rosen blühen, wie Blut, so rot -
die letzten weih´ ich den treuen Lieben,
die mich begleitet in Kampf und Not:
den Freunden, die mir geblieben!
Und rufst du mich, mein Vaterland,
zu blutig-erbittertem Streite -
ich bin dir ergeben mit Herz und Hand -
so morgen und allezeit, wie heute!
Für Freiheit und Recht
ins Gefecht
nur tapfer hinein!
Verderben der feindlichen Meute!!
Deine Söhne sind da!
"Hurra Germania!"
Walther Sturm
________________________
-
item 21
1. Spalte
TÜRKEI.½
Neueste Nachrichten.
Konstantinopel, 1. August. Den Blättern
zufolge wird die türkische Torpedobootsflottille unter
Kommando des Admirals Limbus Pascha zum
Hochseemanöver in den Archipel auslaufen.
JAPAN.
Japan und Rußland.
Man schreibt der "Frkf. Ztg.": Angesichts der
russischen Mobilisierung an der Westgrenze des
Reichs ist die Ansicht des Grafen Okuma, eines genauen
Kenners japanischer und russischer Heeresverhältnisse,
über die Gefahren, in die sich Rußland
im Kriegsfalle stürzen würde, besonders lehrreich.
Graf Okuma hat vor kurzem eine Broschüre veröffentlicht,
in der er über einen japanischen Revanchekrieg
und einen Krieg Rußlands mit den
Weltmächten genaue Untersuchungen anstellt. Aus
diesen geht hervor, daß Rußland im Falle kriegerischer
Verwicklungen in Europa durch Japan in eine
recht ungünstige militärische Lage gebracht werden
würde, so daß tatsächlich ein Waffengang im
Westen für das Zarenreich unberechenbare Folgen
im fernen Osten zeitigen könnte. Die Broschüre des
Grafen Okuma hat großen Eindruck in Japan gemacht,
da der Nachweis geführt wird, daß die Russen
gar nicht in der Lage seien, einen sieghaften Krieg
mit Japan zu führen. Letzteres werde innerhalb
eines Monats ein Heer von 1 ½ Millionen Soldaten
gegn [sic] Rußland aufstellen, das bestenfalls imstande
sei, nach 3 Monaten höchstens 1 Million Soldaten
gegen Russland aufstellen, das bestenfalls im- [sic]
Dies wäre nur denkbar, wenn die europäischen
Kräfte nicht durch einen Feldzug im Westen gefesselt
würden
_________________________
VOM KRIEGSSCHAUPLATZ.
Neue Gefechte.
Mailand, 30. Juli. Der Secolo erhält aus
Nisch eine Privatmeldung über den Kampf bei
Semendria der bei Sonnenaufgang begonnen
hat, um 8 Uhr früh unterbrochen und am Nachmittag
wieder aufgenommen wurde. Die Serben hätten
dem übermächtigen Gegner den lebhaftesten
Widerstand entgegengesetzt; auf beiden Seiten seien
einige hundert Tote zu verzeichnen. Wenn
die Serben auch Semendria preisgeben
mußte (sic), so würden doch Posonka, Jagodin und
Porotin drei schwere Etappen für das Eindringen
der österreichischen Truppen nach dem Süden bedeuten.
An der bosnischen Grenze hätten einige
hundert Serben die kleine Festung Lesitza stundenlang
gegen Tausende von österreichischen Truppen
verteidigt; sie seien dann abgezogen, nachdem
sie dem Gegner beträchtliche Verluste verursacht
hätten.
Erneutes Bombardement von Belgrad.
Semlin, 30.Juli. Um ½ 9 Uhr morgens ist
die Beschießung Belgrads wieder aufgenommen
worden und heute donnern die Geschütze nicht nur
von der Laudon-Schanze, sondern auch von der noch
näher gelegenen Eugen-Schanze. Die Monitore sind
bisher nicht vorgefahren. Die Station ist vollkommen
verödet. Alle Türen sind abgesperrt und oben
im Stockwerk sind etwa zwanzig Soldaten untergebracht;
diese werden voraussichtlich von dort den
Feind mit Kleingewehrfeuer zu bestreichen suchen.
Heue mittag 12 Uhr müssen alle Ortsfremden
Semlin, das in der ersten Feuerlinie liegt,
verlassen. Auch alle hier anwesenden fremden
Korrespondenten werden von dieser
Verfügung betroffen.
Wien, 1. Aug. Zwei Grenzjäger haben unter
feindlichem Feuer die angeschwollene Deine durchschwommen
und eine serbische Telefonleitung zerstört.
_____________________________
ZUR TAGESGESCHICHTE.
Zur Stärke der Parteien im deutschen Reichstag,
In der Presse sind die Zahlen über die Stärke der
Konservativen, Nationalliberalen und Freisinnigen
in letzter Zeit verschieden angegeben worden. Auf
Grund amtlichen Materials stellen sich diese Zahlen
wie folgt dar: Die drittstärkste Partei ist jetzt die
fortschrittliche Volkspartei mit 46 Mitgliedern (Januar
1912: 41 Mitglieder und 1 Hospitant). Es folgt
die nationalliberale Fraktion mit 40 Mitgliedern
und 5 Hospitanten (es ist der gleiche Stand
wie 1912). Die konservative Fraktion zählt 39
Mitglieder und 2 Hospitanten). (Januar 1912: 43
Mitglieder und 2 Hospitanten) . Während die
Nationalliberalen keine Einbuße erlitten, verloren
die Konservativen 4 Mandate, die Freisinnigen
gewannen 4 Mandate. Die fortschrittliche
Volkspartei gewann von den Konservativen
Hagennow-Grevesmühlen und Labiau-Wehlau, von
den Nationalliberalen Waldeck und Koburg, die ihre
Verluste durch den Gewinn der konservativen Mandate
in Salzwedel-Gardelegen und Stendal-Offenburg
wettmachten. Der austretende Hospitant der
Nationalliberalen Hestermann wurde durch den
neuen Hospitanten Schröder (Elbing) ersetzt. Der
Hospitant Roeser ist der fortschrittlichen Fraktion
[sic]
_______________________________
EINHEIMISCHES.
Eisenach , den 1.August.
Erlaß.
Im Anschluß an den im 2. Blatt der "Eisenacher
Zeitung"" veröffentlichten Erlaß des Kommandierenden
Generals bestimme ich:
Gemäß dem Abschnitt: Vom Kriegs- und Belagerungszustand
der "Vorschrift über den Waffengebrauch
des Militärs und seine Mitwirkung zur Unterdrückung
innerer Unruhen" vom 19. März 1914,
Ziffer 1 gelten für den Kriegszustand
die Vorschriften des preußischen Gesetzes
vom 4. Juni 1851.
2. Spalte
§ 8
Wer in einem in Belagerungszustand erklärten
Orte oder Distrikte der vorsätzlichen Brandstiftung,
der vorsätzlichen Verursachung einer Überschwemmung
oder des Angriffs oder des Widerstandes
gegen die bewaffnete Macht oder Abgeordnete der
Zivil- oder Militärbehörde in offener Gewalt und
mit Waffen oder gefährlichen Werkzeugen versehen
sich schuldig macht, wird mit dem Tode bestraft.
Sind mildernde Umstände vorhanden, so kann,
statt der Todesstrafe, auf 10 - 20jährige Zuchthausstrafe
erkannt werden.
§ 9.
Wer in einem in Belagerungszustand erklärten
Orte oder Distrikte
a) in Beziehung auf die Zahl, die Marschrichtung
oder angebliche Siege der Feinde oder
Aufrührer wissentlich falsche Gerüchte ausstreut
oder verbreitet, welche geeignet sind,
die Zivil- oder Militärbehörden hinsichtlich
ihrer Maßregeln irre zu führen, oder
b) ein bei Erklärung des Belagerungszustandes
oder während desselben vom Militärbefehlshaber
im Interesse der öffentlichen Sicherheit
erlassenes Verbot übertritt, oder zu solcher
Übertretung auffordert oder anreizt,
oder
c) zu dem Verbrechen des Aufruhrs, der tätlichen
Widersetzlichkeit, der Befreiung eines
Gefangenen oder zu einem anderen im § 8
vorgesehenen Verbrechen, wenn auch ohne
Erfolg auffordert oder anreizt, oder
d) Personen des Soldatenstandes zu Verbrechen
gegen die Subordination oder Vergehungen
gegen die militärische Zucht und Ordnung
zu verleiten sucht,
soll, wenn die bestehenden Gesetze keine höhere Freiheitsstrafe
bestimmen, mit Gefängnis bis zu einem
Jahre bestraft werden.
Eisenach, den 1. August 1914.
Kgl. Preußisches Garnison -
Kommando.
Krug von Nidda,
Major und Garnisonsältester.
___________________________
* Vom Hofe. Ihre Königlichen Hoheiten, Großherzog
Wilhelm Ernst und Großherzogin
Feodora haben heute vormittag Schloß
Wilhelmsthal verlassen und sind mit dem Automobil
nach Weimar gefahren, woselbst bereits die Ankunft
erfolgte. Das Großherzogliche Hoflager in
Wilhelmsthal ist vorerst aufgehoben. Die beiden
Kinder unseres Großherzogspaares verbleiben jedoch
bis auf weiteres in Wilhelmsthal.
* Der Kriegszustand macht sich schon gleich in den
ersten Tagen auch im täglichen Leben bemerkbar.
Mit der Bequemlichkeit und Selbstverständlichkeit,
die der Mensch von heutzutage beansprucht,
ist es vorbei. So werden jetzt auf dem
Postamt postlagernde Briefe nicht mehr
ausgehändigt. Die Post verlangt einen von der Polizei
ausgefertigten Ausweis, die Polizei
weigert sich aber, diesen auszustellen, so
daß der Gesuchsteller von der Post zur Polizei und
wieder umgekehrt hin- und herläuft, ohne in den
Besitz seiner Briefschaften zu kommen. Dieser Zustand,
der ja ganz unnötig ist, liegt wohl nur daran,
daß die Polizei nur noch nicht vom richtigen
Orte aus angewiesen ist, den von der Post verlangten
Schein auszustellen. - Was sich gestern auf
der Sparkasse in Eisenach abspielte, war kein
schönes Bild selbstbewußten Benehmens, wie es sich
für Deutsche geziemt. Von den Vormittagsstunden
an war die Kasse von Hunderten belagert,
ein Polizeigebot mußte herangeholt
werden, um Ordnung zu schaffen! Aber der sich
überstürzenden Erregung wurde sie natürlich
nicht Herr. Wilde Szenen spielten sich ab,
die einen weinten, die anderen lachten und
des Gedränges war kein Ende bis in den Nachmittag
hinein. Im übrigen geht nun alles seinen
Gang weiter. Die Brücken und Eisenbahnüberführungen
werden von gestern an von
Veteranen bewacht. Post und Bahn arbeiten
fieberhaft. Vor der Hauptpost am Markt müssen
die Jahrmarktstände geräumt werden, damit
der Zugang zur Post ungehindert ist. Durch Deutschlands
Ultimatum an Rußland, die Anfrage an
Frankreich ist die Entscheidung nun nicht
mehr aufzuhalten. Stündlich kann sie fallen. Alle
Deutschen werden sich des großen Augenblicks würdig
zeigen und siegesgewiß in die Zukunft
blicken.
* Der Kriegszustand wurde heute vormittag mittels
Trommelwirbel vom hiesigen Bataillon
allgemein zur öffentlichen Kenntnis gebracht. Um
Irrtümer zu vermeiden, sei besonders darauf aufmerksam
gemacht, daß dies mit einer Kriegserklärung
nichts zu tun hat, sondern daß damit nur
die besonderen militärische Gesetze in Kraft treten. 7
* Das Publikum und die Kriegsgefahr. Wie
immer in Zeiten irgend einer Krisis so ist auch
augenblicklich bei der drohenden Kriegsgefahr eine
übertriebene Ängstlichkeit im Publikum
zu beobachten. So war gestern ein Ansturm auf
Lebensmittel, speziell Mehl, Kartoffeln usw.
zu beobachten, wie das wohl eben nur in solch unruhigen
Zeiten möglich ist. Die Kartoffelwagen
wurden geradezu gestürmt, ebenso die Mühlen und
sonstigen derartigen Geschäfte. Die Folgen eines
solchen unverständigen Andranges bleiben natürlich
nicht aus, so steigerten sich die Preise für die Kartoffeln,
die am vormittag noch 4 M. der Zentner
kosteten, nachmittags auf 6 M. und mehr.
Mehl ist der Zentner um 10 - 11 M. gestiegen.
Selbstverständlich steigen dann auch alle übrigen
Lebensmittelpreise und die Frage ist berechtigt, ob
diese Steigerung schon jetzt begründet ist? und man
muß sagen nein, aber das Publikum ist ja selber
schuld, indem es plötzlich so gewaltige Einkäufe
macht, daß die Geschäfte ja schließlich töricht wären,
wenn sie dem Bedarf in dieser Weise nicht Rechnung
tragen wollten durch Erhöhung der Preise.
Wie sollen schließlich mit einmal diese großen Anforderungen
erfüllt werden können? Wie soll es werden,
wenn wirklich ein Krieg ausbricht? Dem
3. Spalte
kaufenden Publikum kann nicht genug zur Ruhe
und Besonnenheit geraten werden und man möge
doch bedenken, daß durch übertriebene Ängstlichkeit
erst recht Verwirrung im öffentlichen Leben hervorgerufen
wird. Mag doch kommen, was da will,
es wird sich Rat schaffen lassen und letzten Endes
haben doch auch Stadt- und Staatsbehörden die
Verpflichtung, in solch ernsten Zeiten einzugreifen,
um einer ungerechtfertigten Verteuerung der wichtigsten
Lebensmittel Schranken zu ziehen und man
darf wohl die Hoffnung aussprechen und das Vertrauen
haben, daß auch Eisenach keine Ausnahme
hierbei machen wird. Also nochmals: ruhig
Blut nicht nur im Abheben des Geldes von den
Sparkassen, sondern auch beim Einkauf
von Lebensmitteln.
Zur Preissteigerung.
Herr Oberbürgermeister Schmieder macht folgendes
bekannt: Gegenüber der gewissenlosen Preissteigerung,
welche einzelne Bauern und Kaufleute
jetzt, ohne jeden inneren Grund, eintreten
lassen, sind vom hiesigen Gemeindevorstand
Verhandlungen mit benachbarten Städten eingeleitet,
welche darauf abzielen, daß die Namen derjenigen
Händler, welche in dieser Weise eine
vermeintliche Notlage zum Schaden der
Allgemeinheit ausnützen, öffentlich
bekannt gemacht werden.
* Diskont-Erhöhung. Die deutsche Reichsbank
hat den Wechseldiskont von 4 auf 5
Prozent, den Lombard - Zinsfuß von 5 auf
6 Prozent erhöht.
*Auf der hiesigen Sparkasse ist erfreulicherweise
im Verkehr seit dem heutigen Tage ein wesentlicher
Umschwung eingetreten. Im Gegensatz zu
gestern haben eine ganze Anzahl Leute Einzahlungen
gemacht, darunter sogar, wie wir vernehmen,
Posten in Höhe von 30 000 Mark.
*Das Schützenfest kann infolge der drohenden
Kriegsgefahr nicht stattfinden! Diese Bekanntmachung
erläßt der Vorstand der Schützengilde
in der heutigen Nummer der "Eisenacher Zeitung".
Infolge der gegenwärtigen allgemeinen Weltlage
hat sich der Vorstand der Schützengilde veranlaßt
gesehen, das Schützenfest, das vom heutigen Sonnabend
bis zum 9. August in der Milchkammer abgehalten
werden sollte, ihrerseits aufzuheben. Der
Beschluß wurde in einer heute vormittag im "Deutschen
Haus" abgehaltenen Sitzung des Vorstandes
und Ausschusses einmütig beschlossen. Wie wir
weiter vernehmen, wird die Schützengilde heute
nachmittag 4 Uhr eine weitere Sitzung im Schützenhaus
"Phantasie" abhalten, und den Budenbesitzern
das bereits bezahlte Platzgeld zurückgeben. Es ist
den Budenbesitzern freigestellt, sich an den
Gemeindevorstand oder an die Polizei zu wenden, daß
sie die einmal aufgestellten Buden stehen und darin
Vorstellungen geben lassen können.
* Ausfall des Pferderennens. Die Rennen auf
dem Boxberg bei Gotha am 2. und 3. August werden
wegen der drohenden Kriegsgefahr aufgehoben.
* Sommertheater Tivoli. Am Sonntag und Montag
findet die Aufführung der Operettenneuheit
"Bummelmädels" statt. Das Stück wird an
allen besseren Bühnen mit größtem Erfolg
aufgeführt.
31. JULI 1914.
Die Rosen blühen, wie Blut, so rot -
und Lindenblüten bestreuen den Rasen . . .
Morgen liegen wir starr und tot . . .
Die Kriegs-Drommeten blasen!
Gleich Lauffeuer flog von Haus zu Haus
vom dräuenden Kriege schreckende Kunde, -
von Schlachtendonner! Begeisterungsbraus
erschallet, von Munde zu Munde!
Vielleicht - schon morgen
wir horchen
auf einsamer Wacht,
Vorposten auf spähender Runde,
im Schatten der Nacht,
auf kaltem Gestein,
ins Schlachtfeld hinein . . .
-
item 21
1. Spalte
TÜRKEI.½
Neueste Nachrichten.
Konstantinopel, 1. August. Den Blättern
zufolge wird die türkische Torpedobootsflottille unter
Kommando des Admirals Limbus Pascha zum
Hochseemanöver in den Archipel auslaufen.
JAPAN.
Japan und Rußland.
Man schreibt der "Frkf. Ztg.": Angesichts der
russischen Mobilisierung an der Westgrenze des
Reichs ist die Ansicht des Grafen Okuma, eines genauen
Kenners japanischer und russischer Heeresverhältnisse,
über die Gefahren, in die sich Rußland
im Kriegsfalle stürzen würde, besonders lehrreich.
Graf Okuma hat vor kurzem eine Broschüre veröffentlicht,
in der er über einen japanischen Revanchekrieg
und einen Krieg Rußlands mit den
Weltmächten genaue Untersuchungen anstellt. Aus
diesen geht hervor, daß Rußland im Falle kriegerischer
Verwicklungen in Europa durch Japan in eine
recht ungünstige militärische Lage gebracht werden
würde, so daß tatsächlich ein Waffengang im
Westen für das Zarenreich unberechenbare Folgen
im fernen Osten zeitigen könnte. Die Broschüre des
Grafen Okuma hat großen Eindruck in Japan gemacht,
da der Nachweis geführt wird, daß die Russen
gar nicht in der Lage seien, einen sieghaften Krieg
mit Japan zu führen. Letzteres werde innerhalb
eines Monats ein Heer von 1 ½ Millionen Soldaten
gegn [sic] Rußland aufstellen, das bestenfalls imstande
sei, nach 3 Monaten höchstens 1 Million Soldaten
gegen Russland aufstellen, das bestenfalls im- [sic]
Dies wäre nur denkbar, wenn die europäischen
Kräfte nicht durch einen Feldzug im Westen gefesselt
würden
_________________________
VOM KRIEGSSCHAUPLATZ.
Neue Gefechte.
Mailand, 30. Juli. Der Secolo erhält aus
Nisch eine Privatmeldung über den Kampf bei
Semendria der bei Sonnenaufgang begonnen
hat, um 8 Uhr früh unterbrochen und am Nachmittag
wieder aufgenommen wurde. Die Serben hätten
dem übermächtigen Gegner den lebhaftesten
Widerstand entgegengesetzt; auf beiden Seiten seien
einige hundert Tote zu verzeichnen. Wenn
die Serben auch Semendria preisgeben
mußte (sic), so würden doch Posonka, Jagodin und
Porotin drei schwere Etappen für das Eindringen
der österreichischen Truppen nach dem Süden bedeuten.
An der bosnischen Grenze hätten einige
hundert Serben die kleine Festung Lesitza stundenlang
gegen Tausende von österreichischen Truppen
verteidigt; sie seien dann abgezogen, nachdem
sie dem Gegner beträchtliche Verluste verursacht
hätten.
Erneutes Bombardement von Belgrad.
Semlin, 30.Juli. Um ½ 9 Uhr morgens ist
die Beschießung Belgrads wieder aufgenommen
worden und heute donnern die Geschütze nicht nur
von der Laudon-Schanze, sondern auch von der noch
näher gelegenen Eugen-Schanze. Die Monitore sind
bisher nicht vorgefahren. Die Station ist vollkommen
verödet. Alle Türen sind abgesperrt und oben
im Stockwerk sind etwa zwanzig Soldaten untergebracht;
diese werden voraussichtlich von dort den
Feind mit Kleingewehrfeuer zu bestreichen suchen.
Heue mittag 12 Uhr müssen alle Ortsfremden
Semlin, das in der ersten Feuerlinie liegt,
verlassen. Auch alle hier anwesenden fremden
Korrespondenten werden von dieser
Verfügung betroffen.
Wien, 1. Aug. Zwei Grenzjäger haben unter
feindlichem Feuer die angeschwollene Deine durchschwommen
und eine serbische Telefonleitung zerstört.
_____________________________
ZUR TAGESGESCHICHTE.
Zur Stärke der Parteien im deutschen Reichstag,
In der Presse sind die Zahlen über die Stärke der
Konservativen, Nationalliberalen und Freisinnigen
in letzter Zeit verschieden angegeben worden. Auf
Grund amtlichen Materials stellen sich diese Zahlen
wie folgt dar: Die drittstärkste Partei ist jetzt die
fortschrittliche Volkspartei mit 46 Mitgliedern (Januar
1912: 41 Mitglieder und 1 Hospitant). Es folgt
die nationalliberale Fraktion mit 40 Mitgliedern
und 5 Hospitanten (es ist der gleiche Stand
wie 1912). Die konservative Fraktion zählt 39
Mitglieder und 2 Hospitanten). (Januar 1912: 43
Mitglieder und 2 Hospitanten) . Während die
Nationalliberalen keine Einbuße erlitten, verloren
die Konservativen 4 Mandate, die Freisinnigen
gewannen 4 Mandate. Die fortschrittliche
Volkspartei gewann von den Konservativen
Hagennow-Grevesmühlen und Labiau-Wehlau, von
den Nationalliberalen Waldeck und Koburg, die ihre
Verluste durch den Gewinn der konservativen Mandate
in Salzwedel-Gardelegen und Stendal-Offenburg
wettmachten. Der austretende Hospitant der
Nationalliberalen Hestermann wurde durch den
neuen Hospitanten Schröder (Elbing) ersetzt. Der
Hospitant Roeser ist der fortschrittlichen Fraktion
[sic]
_______________________________
EINHEIMISCHES.
Eisenach , den 1.August.
Erlaß.
Im Anschluß an den im 2. Blatt der "Eisenacher
Zeitung"" veröffentlichten Erlaß des Kommandierenden
Generals bestimme ich:
Gemäß dem Abschnitt: Vom Kriegs- und Belagerungszustand
der "Vorschrift über den Waffengebrauch
des Militärs und seine Mitwirkung zur Unterdrückung
innerer Unruhen" vom 19. März 1914,
Ziffer 1 gelten für den Kriegszustand
die Vorschriften des preußischen Gesetzes
vom 4. Juni 1851.
2. Spalte
§ 8
Wer in einem in Belagerungszustand erklärten
Orte oder Distrikte der vorsätzlichen Brandstiftung,
der vorsätzlichen Verursachung einer Überschwemmung
oder des Angriffs oder des Widerstandes
gegen die bewaffnete Macht oder Abgeordnete der
Zivil- oder Militärbehörde in offener Gewalt und
mit Waffen oder gefährlichen Werkzeugen versehen
sich schuldig macht, wird mit dem Tode bestraft.
Sind mildernde Umstände vorhanden, so kann,
statt der Todesstrafe, auf 10 - 20jährige Zuchthausstrafe
erkannt werden.
§ 9.
Wer in einem in Belagerungszustand erklärten
Orte oder Distrikte
a) in Beziehung auf die Zahl, die Marschrichtung
oder angebliche Siege der Feinde oder
Aufrührer wissentlich falsche Gerüchte ausstreut
oder verbreitet, welche geeignet sind,
die Zivil- oder Militärbehörden hinsichtlich
ihrer Maßregeln irre zu führen, oder
b) ein bei Erklärung des Belagerungszustandes
oder während desselben vom Militärbefehlshaber
im Interesse der öffentlichen Sicherheit
erlassenes Verbot übertritt, oder zu solcher
Übertretung auffordert oder anreizt,
oder
c) zu dem Verbrechen des Aufruhrs, der tätlichen
Widersetzlichkeit, der Befreiung eines
Gefangenen oder zu einem anderen im § 8
vorgesehenen Verbrechen, wenn auch ohne
Erfolg auffordert oder anreizt, oder
d) Personen des Soldatenstandes zu Verbrechen
gegen die Subordination oder Vergehungen
gegen die militärische Zucht und Ordnung
zu verleiten sucht,
soll, wenn die bestehenden Gesetze keine höhere Freiheitsstrafe
bestimmen, mit Gefängnis bis zu einem
Jahre bestraft werden.
Eisenach, den 1. August 1914.
Kgl. Preußisches Garnison -
Kommando.
Krug von Nidda,
Major und Garnisonsältester.
___________________________
* Vom Hofe. Ihre Königlichen Hoheiten, Großherzog
Wilhelm Ernst und Großherzogin
Feodora haben heute vormittag Schloß
Wilhelmsthal verlassen und sind mit dem Automobil
nach Weimar gefahren, woselbst bereits die Ankunft
erfolgte. Das Großherzogliche Hoflager in
Wilhelmsthal ist vorerst aufgehoben. Die beiden
Kinder unseres Großherzogspaares verbleiben jedoch
bis auf weiteres in Wilhelmsthal.
* Der Kriegszustand macht sich schon gleich in den
ersten Tagen auch im täglichen Leben bemerkbar.
Mit der Bequemlichkeit und Selbstverständlichkeit,
die der Mensch von heutzutage beansprucht,
ist es vorbei. So werden jetzt auf dem
Postamt postlagernde Briefe nicht mehr
ausgehändigt. Die Post verlangt einen von der Polizei
ausgefertigten Ausweis, die Polizei
weigert sich aber, diesen auszustellen, so
daß der Gesuchsteller von der Post zur Polizei und
wieder umgekehrt hin- und herläuft, ohne in den
Besitz seiner Briefschaften zu kommen. Dieser Zustand,
der ja ganz unnötig ist, liegt wohl nur daran,
daß die Polizei nur noch nicht vom richtigen
Orte aus angewiesen ist, den von der Post verlangten
Schein auszustellen. - Was sich gestern auf
der Sparkasse in Eisenach abspielte, war kein
schönes Bild selbstbewußten Benehmens, wie es sich
für Deutsche geziemt. Von den Vormittagsstunden
an war die Kasse von Hunderten belagert,
ein Polizeigebot mußte herangeholt
werden, um Ordnung zu schaffen! Aber der sich
überstürzenden Erregung wurde sie natürlich
nicht Herr. Wilde Szenen spielten sich ab,
die einen weinten, die anderen lachten und
des Gedränges war kein Ende bis in den Nachmittag
hinein. Im übrigen geht nun alles seinen
Gang weiter. Die Brücken und Eisenbahnüberführungen
werden von gestern an von
Veteranen bewacht. Post und Bahn arbeiten
fieberhaft. Vor der Hauptpost am Markt müssen
die Jahrmarktstände geräumt werden, damit
der Zugang zur Post ungehindert ist. Durch Deutschlands
Ultimatum an Rußland, die Anfrage an
Frankreich ist die Entscheidung nun nicht
mehr aufzuhalten. Stündlich kann sie fallen. Alle
Deutschen werden sich des großen Augenblicks würdig
zeigen und siegesgewiß in die Zukunft
blicken.
* Der Kriegszustand wurde heute vormittag mittels
Trommelwirbel vom hiesigen Bataillon
allgemein zur öffentlichen Kenntnis gebracht. Um
Irrtümer zu vermeiden, sei besonders darauf aufmerksam
gemacht, daß dies mit einer Kriegserklärung
nichts zu tun hat, sondern daß damit nur
die besonderen militärische Gesetze in Kraft treten. 7
* Das Publikum und die Kriegsgefahr. Wie
immer in Zeiten irgend einer Krisis so ist auch
augenblicklich bei der drohenden Kriegsgefahr eine
übertriebene Ängstlichkeit im Publikum
zu beobachten. So war gestern ein Ansturm auf
Lebensmittel, speziell Mehl, Kartoffeln usw.
zu beobachten, wie das wohl eben nur in solch unruhigen
Zeiten möglich ist. Die Kartoffelwagen
wurden geradezu gestürmt, ebenso die Mühlen und
sonstigen derartigen Geschäfte. Die Folgen eines
solchen unverständigen Andranges bleiben natürlich
nicht aus, so steigerten sich die Preise für die Kartoffeln,
die am vormittag noch 4 M. der Zentner
kosteten, nachmittags auf 6 M. und mehr.
Mehl ist der Zentner um 10 - 11 M. gestiegen.
Selbstverständlich steigen dann auch alle übrigen
Lebensmittelpreise und die Frage ist berechtigt, ob
diese Steigerung schon jetzt begründet ist? und man
muß sagen nein, aber das Publikum ist ja selber
schuld, indem es plötzlich so gewaltige Einkäufe
macht, daß die Geschäfte ja schließlich töricht wären,
wenn sie dem Bedarf in dieser Weise nicht Rechnung
tragen wollten durch Erhöhung der Preise.
Wie sollen schließlich mit einmal diese großen Anforderungen
erfüllt werden können? Wie soll es werden,
wenn wirklich ein Krieg ausbricht? Dem
3. Spalte
kaufenden Publikum kann nicht genug zur Ruhe
und Besonnenheit geraten werden und man möge
doch bedenken, daß durch übertriebene Ängstlichkeit
erst recht Verwirrung im öffentlichen Leben hervorgerufen
wird. Mag doch kommen, was da will,
es wird sich Rat schaffen lassen und letzten Endes
haben doch auch Stadt- und Staatsbehörden die
Verpflichtung, in solch ernsten Zeiten einzugreifen,
um einer ungerechtfertigten Verteuerung der wichtigsten
Lebensmittel Schranken zu ziehen und man
darf wohl die Hoffnung aussprechen und das Vertrauen
haben, daß auch Eisenach keine Ausnahme
hierbei machen wird. Also nochmals: ruhig
Blut nicht nur im Abheben des Geldes von den
Sparkassen, sondern auch beim Einkauf
von Lebensmitteln.
Zur Preissteigerung.
Herr Oberbürgermeister Schmieder macht folgendes
bekannt: Gegenüber der gewissenlosen Preissteigerung,
welche einzelne Bauern und Kaufleute
jetzt, ohne jeden inneren Grund, eintreten
lassen, sind vom hiesigen Gemeindevorstand
Verhandlungen mit benachbarten Städten eingeleitet,
welche darauf abzielen, daß die Namen derjenigen
Händler, welche in dieser Weise eine
vermeintliche Notlage zum Schaden der
Allgemeinheit ausnützen, öffentlich
bekannt gemacht werden.
* Diskont-Erhöhung. Die deutsche Reichsbank
hat den Wechseldiskont von 4 auf 5
Prozent, den Lombard - Zinsfuß von 5 auf
6 Prozent erhöht.
*Auf der hiesigen Sparkasse ist erfreulicherweise
im Verkehr seit dem heutigen Tage ein wesentlicher
Umschwung eingetreten. Im Gegensatz zu
gestern haben eine ganze Anzahl Leute Einzahlungen
gemacht, darunter sogar, wie wir vernehmen,
Posten in Höhe von 30 000 Mark.
*Das Schützenfest kann infolge der drohenden
Kriegsgefahr nicht stattfinden! Diese Bekanntmachung
erläßt der Vorstand der Schützengilde
in der heutigen Nummer der "Eisenacher Zeitung".
Infolge der gegenwärtigen allgemeinen Weltlage
hat sich der Vorstand der Schützengilde veranlaßt
gesehen, das Schützenfest, das vom heutigen Sonnabend
bis zum 9. August in der Milchkammer abgehalten
werden sollte, ihrerseits aufzuheben. Der
Beschluß wurde in einer heute vormittag im "Deutschen
Haus" abgehaltenen Sitzung des Vorstandes
und Ausschusses einmütig beschlossen. Wie wir
weiter vernehmen, wird die Schützengilde heute
nachmittag 4 Uhr eine weitere Sitzung im Schützenhaus
"Phantasie" abhalten, und den Budenbesitzern
das bereits bezahlte Platzgeld zurückgeben. Es ist
den Budenbesitzern freigestellt, sich an den
Gemeindevorstand oder an die Polizei zu wenden, daß
sie die einmal aufgestellten Buden stehen und darin
Vorstellungen geben lassen können.
* Ausfall des Pferderennens. Die Rennen auf
dem Boxberg bei Gotha am 2. und 3. August werden
wegen der drohenden Kriegsgefahr aufgehoben.
* Sommertheater Tivoli. Am Sonntag und Montag
findet die Aufführung der Operettenneuheit
"Bummelmädels" statt. Das Stück wird an
allen besseren Bühnen mit größtem Erfolg
aufgeführt.
31. JULI 1914.
Die Rosen blühen, wie Blut, so rot -
und Lindenblüten bestreuen den Rasen . . .
Morgen liegen wir starr und tot . . .
Die Kriegs-Drommeten blasen!
Gleich Lauffeuer flog von Haus zu Haus
vom dräuenden Kriege schreckende Kunde, -
von Schlachtendonner! Begeisterungsbraus
erschallet, von Munde zu Munde!
Vielleicht - scbon morgen
wir horchen
auf einsamer Wacht,
Vorposten auf spähender Runde,
im Schatten der Nacht,
auf kaltem Gestein,
ins Schlachtfeld hinein . . .
-
item 21
1. Spalte
TÜRKEI.½
Neueste Nachrichten.
Konstantinopel, 1. August. Den Blättern
zufolge wird die türkische Torpedobootsflottille unter
Kommando des Admirals Limbus Pascha zum
Hochseemanöver in den Archipel auslaufen.
JAPAN.
Japan und Rußland.
Man schreibt der "Frkf. Ztg.": Angesichts der
russischen Mobilisierung an der Westgrenze des
Reichs ist die Ansicht des Grafen Okuma, eines genauen
Kenners japanischer und russischer Heeresverhältnisse,
über die Gefahren, in die sich Rußland
im Kriegsfalle stürzen würde, besonders lehrreich.
Graf Okuma hat vor kurzem eine Broschüre veröffentlicht,
in der er über einen japanischen Revanchekrieg
und einen Krieg Rußlands mit den
Weltmächten genaue Untersuchungen anstellt. Aus
diesen geht hervor, daß Rußland im Falle kriegerischer
Verwicklungen in Europa durch Japan in eine
recht ungünstige militärische Lage gebracht werden
würde, so daß tatsächlich ein Waffengang im
Westen für das Zarenreich unberechenbare Folgen
im fernen Osten zeitigen könnte. Die Broschüre des
Grafen Okuma hat großen Eindruck in Japan gemacht,
da der Nachweis geführt wird, daß die Russen
gar nicht in der Lage seien, einen sieghaften Krieg
mit Japan zu führen. Letzteres werde innerhalb
eines Monats ein Heer von 1 ½ Millionen Soldaten
gegn [sic] Rußland aufstellen, das bestenfalls imstande
sei, nach 3 Monaten höchstens 1 Million Soldaten
gegen Russland aufstellen, das bestenfalls im- [sic]
Dies wäre nur denkbar, wenn die europäischen
Kräfte nicht durch einen Feldzug im Westen gefesselt
würden
_________________________
VOM KRIEGSSCHAUPLATZ.
Neue Gefechte.
Mailand, 30. Juli. Der Secolo erhält aus
Nisch eine Privatmeldung über den Kampf bei
Semendria der bei Sonnenaufgang begonnen
hat, um 8 Uhr früh unterbrochen und am Nachmittag
wieder aufgenommen wurde. Die Serben hätten
dem übermächtigen Gegner den lebhaftesten
Widerstand entgegengesetzt; auf beiden Seiten seien
einige hundert Tote zu verzeichnen. Wenn
die Serben auch Semendria preisgeben
mußte (sic), so würden doch Posonka, Jagodin und
Porotin drei schwere Etappen für das Eindringen
der österreichischen Truppen nach dem Süden bedeuten.
An der bosnischen Grenze hätten einige
hundert Serben die kleine Festung Lesitza stundenlang
gegen Tausende von österreichischen Truppen
verteidigt; sie seien dann abgezogen, nachdem
sie dem Gegner beträchtliche Verluste verursacht
hätten.
Erneutes Bombardement von Belgrad.
Semlin, 30.Juli. Um ½ 9 Uhr morgens ist
die Beschießung Belgrads wieder aufgenommen
worden und heute donnern die Geschütze nicht nur
von der Laudon-Schanze, sondern auch von der noch
näher gelegenen Eugen-Schanze. Die Monitore sind
bisher nicht vorgefahren. Die Station ist vollkommen
verödet. Alle Türen sind abgesperrt und oben
im Stockwerk sind etwa zwanzig Soldaten untergebracht;
diese werden voraussichtlich von dort den
Feind mit Kleingewehrfeuer zu bestreichen suchen.
Heue mittag 12 Uhr müssen alle Ortsfremden
Semlin, das in der ersten Feuerlinie liegt,
verlassen. Auch alle hier anwesenden fremden
Korrespondenten werden von dieser
Verfügung betroffen.
Wien, 1. Aug. Zwei Grenzjäger haben unter
feindlichem Feuer die angeschwollene Deine durchschwommen
und eine serbische Telefonleitung zerstört.
_____________________________
ZUR TAGESGESCHICHTE.
Zur Stärke der Parteien im deutschen Reichstag,
In der Presse sind die Zahlen über die Stärke der
Konservativen, Nationalliberalen und Freisinnigen
in letzter Zeit verschieden angegeben worden. Auf
Grund amtlichen Materials stellen sich diese Zahlen
wie folgt dar: Die drittstärkste Partei ist jetzt die
fortschrittliche Volkspartei mit 46 Mitgliedern (Januar
1912: 41 Mitglieder und 1 Hospitant). Es folgt
die nationalliberale Fraktion mit 40 Mitgliedern
und 5 Hospitanten (es ist der gleiche Stand
wie 1912). Die konservative Fraktion zählt 39
Mitglieder und 2 Hospitanten). (Januar 1912: 43
Mitglieder und 2 Hospitanten) . Während die
Nationalliberalen keine Einbuße erlitten, verloren
die Konservativen 4 Mandate, die Freisinnigen
gewannen 4 Mandate. Die fortschrittliche
Volkspartei gewann von den Konservativen
Hagennow-Grevesmühlen und Labiau-Wehlau, von
den Nationalliberalen Waldeck und Koburg, die ihre
Verluste durch den Gewinn der konservativen Mandate
in Salzwedel-Gardelegen und Stendal-Offenburg
wettmachten. Der austretende Hospitant der
Nationalliberalen Hestermann wurde durch den
neuen Hospitanten Schröder (Elbing) ersetzt. Der
Hospitant Roeser ist der fortschrittlichen Fraktion
[sic]
_______________________________
EINHEIMISCHES.
Eisenach , den 1.August.
Erlaß.
Im Anschluß an den im 2. Blatt der "Eisenacher
Zeitung"" veröffentlichten Erlaß des Kommandierenden
Generals bestimme ich:
Gemäß dem Abschnitt: Vom Kriegs- und Belagerungszustand
der "Vorschrift über den Waffengebrauch
des Militärs und seine Mitwirkung zur Unterdrückung
innerer Unruhen" vom 19. März 1914,
Ziffer 1 gelten für den Kriegszustand
die Vorschriften des preußischen Gesetzes
vom 4. Juni 1851.
2. Spalte
§ 8
Wer in einem in Belagerungszustand erklärten
Orte oder Distrikte der vorsätzlichen Brandstiftung,
der vorsätzlichen Verursachung einer Überschwemmung
oder des Angriffs oder des Widerstandes
gegen die bewaffnete Macht oder Abgeordnete der
Zivil- oder Militärbehörde in offener Gewalt und
mit Waffen oder gefährlichen Werkzeugen versehen
sich schuldig macht, wird mit dem Tode bestraft.
Sind mildernde Umstände vorhanden, so kann,
statt der Todesstrafe, auf 10 - 20jährige Zuchthausstrafe
erkannt werden.
§ 9.
Wer in einem in Belagerungszustand erklärten
Orte oder Distrikte
a) in Beziehung auf die Zahl, die Marschrichtung
oder angebliche Siege der Feinde oder
Aufrührer wissentlich falsche Gerüchte ausstreut
oder verbreitet, welche geeignet sind,
die Zivil- oder Militärbehörden hinsichtlich
ihrer Maßregeln irre zu führen, oder
b) ein bei Erklärung des Belagerungszustandes
oder während desselben vom Militärbefehlshaber
im Interesse der öffentlichen Sicherheit
erlassenes Verbot übertritt, oder zu solcher
Übertretung auffordert oder anreizt,
oder
c) zu dem Verbrechen des Aufruhrs, der tätlichen
Widersetzlichkeit, der Befreiung eines
Gefangenen oder zu einem anderen im § 8
vorgesehenen Verbrechen, wenn auch ohne
Erfolg auffordert oder anreizt, oder
d) Personen des Soldatenstandes zu Verbrechen
gegen die Subordination oder Vergehungen
gegen die militärische Zucht und Ordnung
zu verleiten sucht,
soll, wenn die bestehenden Gesetze keine höhere Freiheitsstrafe
bestimmen, mit Gefängnis bis zu einem
Jahre bestraft werden.
Eisenach, den 1. August 1914.
Kgl. Preußisches Garnison -
Kommando.
Krug von Nidda,
Major und Garnisonsältester.
___________________________
* Vom Hofe. Ihre Königlichen Hoheiten, Großherzog
Wilhelm Ernst und Großherzogin
Feodora haben heute vormittag Schloß
Wilhelmsthal verlassen und sind mit dem Automobil
nach Weimar gefahren, woselbst bereits die Ankunft
erfolgte. Das Großherzogliche Hoflager in
Wilhelmsthal ist vorerst aufgehoben. Die beiden
Kinder unseres Großherzogspaares verbleiben jedoch
bis auf weiteres in Wilhelmsthal.
* Der Kriegszustand macht sich schon gleich in den
ersten Tagen auch im täglichen Leben bemerkbar.
Mit der Bequemlichkeit und Selbstverständlichkeit,
die der Mensch von heutzutage beansprucht,
ist es vorbei. So werden jetzt auf dem
Postamt postlagernde Briefe nicht mehr
ausgehändigt. Die Post verlangt einen von der Polizei
ausgefertigten Ausweis, die Polizei
weigert sich aber, diesen auszustellen, so
daß der Gesuchsteller von der Post zur Polizei und
wieder umgekehrt hin- und herläuft, ohne in den
Besitz seiner Briefschaften zu kommen. Dieser Zustand,
der ja ganz unnötig ist, liegt wohl nur daran,
daß die Polizei nur noch nicht vom richtigen
Orte aus angewiesen ist, den von der Post verlangten
Schein auszustellen. - Was sich gestern auf
der Sparkasse in Eisenach abspielte, war kein
schönes Bild selbstbewußten Benehmens, wie es sich
für Deutsche geziemt. Von den Vormittagsstunden
an war die Kasse von Hunderten belagert,
ein Polizeigebot mußte herangeholt
werden, um Ordnung zu schaffen! Aber der sich
überstürzenden Erregung wurde sie natürlich
nicht Herr. Wilde Szenen spielten sich ab,
die einen weinten, die anderen lachten und
des Gedränges war kein Ende bis in den Nachmittag
hinein. Im übrigen geht nun alles seinen
Gang weiter. Die Brücken und Eisenbahnüberführungen
werden von gestern an von
Veteranen bewacht. Post und Bahn arbeiten
fieberhaft. Vor der Hauptpost am Markt müssen
die Jahrmarktstände geräumt werden, damit
der Zugang zur Post ungehindert ist. Durch Deutschlands
Ultimatum an Rußland, die Anfrage an
Frankreich ist die Entscheidung nun nicht
mehr aufzuhalten. Stündlich kann sie fallen. Alle
Deutschen werden sich des großen Augenblicks würdig
zeigen und siegesgewiß in die Zukunft
blicken.
* Der Kriegszustand wurde heute vormittag mittels
Trommelwirbel vom hiesigen Bataillon
allgemein zur öffentlichen Kenntnis gebracht. Um
Irrtümer zu vermeiden, sei besonders darauf aufmerksam
gemacht, daß dies mit einer Kriegserklärung
nichts zu tun hat, sondern daß damit nur
die besonderen militärische Gesetze in Kraft treten. 7
* Das Publikum und die Kriegsgefahr. Wie
immer in Zeiten irgend einer Krisis so ist auch
augenblicklich bei der drohenden Kriegsgefahr eine
übertriebene Ängstlichkeit im Publikum
zu beobachten. So war gestern ein Ansturm auf
Lebensmittel, speziell Mehl, Kartoffeln usw.
zu beobachten, wie das wohl eben nur in solch unruhigen
Zeiten möglich ist. Die Kartoffelwagen
wurden geradezu gestürmt, ebenso die Mühlen und
sonstigen derartigen Geschäfte. Die Folgen eines
solchen unverständigen Andranges bleiben natürlich
nicht aus, so steigerten sich die Preise für die Kartoffeln,
die am vormittag noch 4 M. der Zentner
kosteten, nachmittags auf 6 M. und mehr.
Mehl ist der Zentner um 10 - 11 M. gestiegen.
Selbstverständlich steigen dann auch alle übrigen
Lebensmittelpreise und die Frage ist berechtigt, ob
diese Steigerung schon jetzt begründet ist? und man
muß sagen nein, aber das Publikum ist ja selber
schuld, indem es plötzlich so gewaltige Einkäufe
macht, daß die Geschäfte ja schließlich töricht wären,
wenn sie dem Bedarf in dieser Weise nicht Rechnung
tragen wollten durch Erhöhung der Preise.
Wie sollen schließlich mit einmal diese großen Anforderungen
erfüllt werden können? Wie soll es werden,
wenn wirklich ein Krieg ausbricht? Dem
3. Spalte
kaufenden Publikum kann nicht genug zur Ruhe
und Besonnenheit geraten werden und man möge
doch bedenken, daß durch übertriebene Ängstlichkeit
erst recht Verwirrung im öffentlichen Leben hervorgerufen
wird. Mag doch kommen, was da will,
es wird sich Rat schaffen lassen und letzten Endes
haben doch auch Stadt- und Staatsbehörden die
Verpflichtung, in solch ernsten Zeiten einzugreifen,
um einer ungerechtfertigten Verteuerung der wichtigsten
Lebensmittel Schranken zu ziehen und man
darf wohl die Hoffnung aussprechen und das Vertrauen
haben, daß auch Eisenach keine Ausnahme
hierbei machen wird. Also nochmals: ruhig
Blut nicht nur im Abheben des Geldes von den
Sparkassen, sondern auch beim Einkauf
von Lebensmitteln.
Zur Preissteigerung.
Herr Oberbürgermeister Schmieder macht folgendes
bekannt: Gegenüber der gewissenlosen Preissteigerung,
welche einzelne Bauern und Kaufleute
jetzt, ohne jeden inneren Grund, eintreten
lassen, sind vom hiesigen Gemeindevorstand
Verhandlungen mit benachbarten Städten eingeleitet,
welche darauf abzielen, daß die Namen derjenigen
Händler, welche in dieser Weise eine
vermeintliche Notlage zum Schaden der
Allgemeinheit ausnützen, öffentlich
bekannt gemacht werden.
* Diskont-Erhöhung. Die deutsche Reichsbank
hat den Wechseldiskont von 4 auf 5
Prozent, den Lombard - Zinsfuß von 5 auf
6 Prozent erhöht.
*Auf der hiesigen Sparkasse ist erfreulicherweise
im Verkehr seit dem heutigen Tage ein wesentlicher
Umschwung eingetreten. Im Gegensatz zu
gestern haben eine ganze Anzahl Leute Einzahlungen
gemacht, darunter sogar, wie wir vernehmen,
Posten in Höhe von 30 000 Mark.
*Das Schützenfest kann infolge der drohenden
Kriegsgefahr nicht stattfinden! Diese Bekanntmachung
erläßt der Vorstand der Schützengilde
in der heutigen Nummer der "Eisenacher Zeitung".
Infolge der gegenwärtigen allgemeinen Weltlage
hat sich der Vorstand der Schützengilde veranlaßt
gesehen, das Schützenfest, das vom heutigen Sonnabend
bis zum 9. August in der Milchkammer abgehalten
werden sollte, ihrerseits aufzuheben. Der
Beschluß wurde in einer heute vormittag im "Deutschen
Haus" abgehaltenen Sitzung des Vorstandes
und Ausschusses einmütig beschlossen. Wie wir
weiter vernehmen, wird die Schützengilde heute
nachmittag 4 Uhr eine weitere Sitzung im Schützenhaus
"Phantasie" abhalten, und den Budenbesitzern
das bereits bezahlte Platzgeld zurückgeben. Es ist
den Budenbesitzern freigestellt, sich an den
Gemeindevorstand oder an die Polizei zu wenden, daß
sie die einmal aufgestellten Buden stehen und darin
Vorstellungen geben lassen können.
* Ausfall des Pferderennens. Die Rennen auf
dem Boxberg bei Gotha am 2. und 3. August werden
wegen der drohenden Kriegsgefahr aufgehoben.
* Sommertheater Tivoli. Am Sonntag und Montag
findet die Aufführung der Operettenneuheit
"Bummelmädels" statt. Das Stück wird an
allen besseren Bühnen mit größtem Erfolg
aufgeführt.
-
item 21
1. Spalte
TÜRKEI.½
Neueste Nachrichten.
Konstantinopel, 1. August. Den Blättern
zufolge wird die türkische Torpedobootsflottille unter
Kommando des Admirals Limbus Pascha zum
Hochseemanöver in den Archipel auslaufen.
JAPAN.
Japan und Rußland.
Man schreibt der "Frkf. Ztg.": Angesichts der
russischen Mobilisierung an der Westgrenze des
Reichs ist die Ansicht des Grafen Okuma, eines genauen
Kenners japanischer und russischer Heeresverhältnisse,
über die Gefahren, in die sich Rußland
im Kriegsfalle stürzen würde, besonders lehrreich.
Graf Okuma hat vor kurzem eine Broschüre veröffentlicht,
in der er über einen japanischen Revanchekrieg
und einen Krieg Rußlands mit den
Weltmächten genaue Untersuchungen anstellt. Aus
diesen geht hervor, daß Rußland im Falle kriegerischer
Verwicklungen in Europa durch Japan in eine
recht ungünstige militärische Lage gebracht werden
würde, so daß tatsächlich ein Waffengang im
Westen für das Zarenreich unberechenbare Folgen
im fernen Osten zeitigen könnte. Die Broschüre des
Grafen Okuma hat großen Eindruck in Japan gemacht,
da der Nachweis geführt wird, daß die Russen
gar nicht in der Lage seien, einen sieghaften Krieg
mit Japan zu führen. Letzteres werde innerhalb
eines Monats ein Heer von 1 ½ Millionen Soldaten
gegn [sic] Rußland aufstellen, das bestenfalls imstande
sei, nach 3 Monaten höchstens 1 Million Soldaten
gegen Russland aufstellen, das bestenfalls im- [sic]
Dies wäre nur denkbar, wenn die europäischen
Kräfte nicht durch einen Feldzug im Westen gefesselt
würden
_________________________
VOM KRIEGSSCHAUPLATZ.
Neue Gefechte.
Mailand, 30. Juli. Der Secolo erhält aus
Nisch eine Privatmeldung über den Kampf bei
Semendria der bei Sonnenaufgang begonnen
hat, um 8 Uhr früh unterbrochen und am Nachmittag
wieder aufgenommen wurde. Die Serben hätten
dem übermächtigen Gegner den lebhaftesten
Widerstand entgegengesetzt; auf beiden Seiten seien
einige hundert Tote zu verzeichnen. Wenn
die Serben auch Semendria preisgeben
mußte (sic), so würden doch Posonka, Jagodin und
Porotin drei schwere Etappen für das Eindringen
der österreichischen Truppen nach dem Süden bedeuten.
An der bosnischen Grenze hätten einige
hundert Serben die kleine Festung Lesitza stundenlang
gegen Tausende von österreichischen Truppen
verteidigt; sie seien dann abgezogen, nachdem
sie dem Gegner beträchtliche Verluste verursacht
hätten.
Erneutes Bombardement von Belgrad.
Semlin, 30.Juli. Um ½ 9 Uhr morgens ist
die Beschießung Belgrads wieder aufgenommen
worden und heute donnern die Geschütze nicht nur
von der Laudon-Schanze, sondern auch von der noch
näher gelegenen Eugen-Schanze. Die Monitore sind
bisher nicht vorgefahren. Die Station ist vollkommen
verödet. Alle Türen sind abgesperrt und oben
im Stockwerk sind etwa zwanzig Soldaten untergebracht;
diese werden voraussichtlich von dort den
Feind mit Kleingewehrfeuer zu bestreichen suchen.
Heue mittag 12 Uhr müssen alle Ortsfremden
Semlin, das in der ersten Feuerlinie liegt,
verlassen. Auch alle hier anwesenden fremden
Korrespondenten werden von dieser
Verfügung betroffen.
Wien, 1. Aug. Zwei Grenzjäger haben unter
feindlichem Feuer die angeschwollene Deine durchschwommen
und eine serbische Telefonleitung zerstört.
_____________________________
ZUR TAGESGESCHICHTE.
Zur Stärke der Parteien im deutschen Reichstag,
In der Presse sind die Zahlen über die Stärke der
Konservativen, Nationalliberalen und Freisinnigen
in letzter Zeit verschieden angegeben worden. Auf
Grund amtlichen Materials stellen sich diese Zahlen
wie folgt dar: Die drittstärkste Partei ist jetzt die
fortschrittliche Volkspartei mit 46 Mitgliedern (Januar
1912: 41 Mitglieder und 1 Hospitant). Es folgt
die nationalliberale Fraktion mit 40 Mitgliedern
und 5 Hospitanten (es ist der gleiche Stand
wie 1912). Die konservative Fraktion zählt 39
Mitglieder und 2 Hospitanten). (Januar 1912: 43
Mitglieder und 2 Hospitanten) . Während die
Nationalliberalen keine Einbuße erlitten, verloren
die Konservativen 4 Mandate, die Freisinnigen
gewannen 4 Mandate. Die fortschrittliche
Volkspartei gewann von den Konservativen
Hagennow-Grevesmühlen und Labiau-Wehlau, von
den Nationalliberalen Waldeck und Koburg, die ihre
Verluste durch den Gewinn der konservativen Mandate
in Salzwedel-Gardelegen und Stendal-Offenburg
wettmachten. Der austretende Hospitant der
Nationalliberalen Hestermann wurde durch den
neuen Hospitanten Schröder (Elbing) ersetzt. Der
Hospitant Roeser ist der fortschrittlichen Fraktion
[sic]
_______________________________
EINHEIMISCHES.
Eisenach , den 1.August.
Erlaß.
Im Anschluß an den im 2. Blatt der "Eisenacher
Zeitung"" veröffentlichten Erlaß des Kommandierenden
Generals bestimme ich:
Gemäß dem Abschnitt: Vom Kriegs- und Belagerungszustand
der "Vorschrift über den Waffengebrauch
des Militärs und seine Mitwirkung zur Unterdrückung
innerer Unruhen" vom 19. März 1914,
Ziffer 1 gelten für den Kriegszustand
die Vorschriften des preußischen Gesetzes
vom 4. Juni 1851.
2. Spalte
§ 8
Wer in einem in Belagerungszustand erklärten
Orte oder Distrikte der vorsätzlichen Brandstiftung,
der vorsätzlichen Verursachung einer Überschwemmung
oder des Angriffs oder des Widerstandes
gegen die bewaffnete Macht oder Abgeordnete der
Zivil- oder Militärbehörde in offener Gewalt und
mit Waffen oder gefährlichen Werkzeugen versehen
sich schuldig macht, wird mit dem Tode bestraft.
Sind mildernde Umstände vorhanden, so kann,
statt der Todesstrafe, auf 10 - 20jährige Zuchthausstrafe
erkannt werden.
§ 9.
Wer in einem in Belagerungszustand erklärten
Orte oder Distrikte
a) in Beziehung auf die Zahl, die Marschrichtung
oder angebliche Siege der Feinde oder
Aufrührer wissentlich falsche Gerüchte ausstreut
oder verbreitet, welche geeignet sind,
die Zivil- oder Militärbehörden hinsichtlich
ihrer Maßregeln irre zu führen, oder
b) ein bei Erklärung des Belagerungszustandes
oder während desselben vom Militärbefehlshaber
im Interesse der öffentlichen Sicherheit
erlassenes Verbot übertritt, oder zu solcher
Übertretung auffordert oder anreizt,
oder
c) zu dem Verbrechen des Aufruhrs, der tätlichen
Widersetzlichkeit, der Befreiung eines
Gefangenen oder zu einem anderen im § 8
vorgesehenen Verbrechen, wenn auch ohne
Erfolg auffordert oder anreizt, oder
d) Personen des Soldatenstandes zu Verbrechen
gegen die Subordination oder Vergehungen
gegen die militärische Zucht und Ordnung
zu verleiten sucht,
soll, wenn die bestehenden Gesetze keine höhere Freiheitsstrafe
bestimmen, mit Gefängnis bis zu einem
Jahre bestraft werden.
Eisenach, den 1. August 1914.
Kgl. Preußisches Garnison -
Kommando.
Krug von Nidda,
Major und Garnisonsältester.
___________________________
* Vom Hofe. Ihre Königlichen Hoheiten, Großherzog
Wilhelm Ernst und Großherzogin
Feodora haben heute vormittag Schloß
Wilhelmsthal verlassen und sind mit dem Automobil
nach Weimar gefahren, woselbst bereits die Ankunft
erfolgte. Das Großherzogliche Hoflager in
Wilhelmsthal ist vorerst aufgehoben. Die beiden
Kinder unseres Großherzogspaares verbleiben jedoch
bis auf weiteres in Wilhelmsthal.
* Der Kriegszustand macht sich schon gleich in den
ersten Tagen auch im täglichen Leben bemerkbar.
Mit der Bequemlichkeit und Selbstverständlichkeit,
die der Mensch von heutzutage beansprucht,
ist es vorbei. So werden jetzt auf dem
Postamt postlagernde Briefe nicht mehr
ausgehändigt. Die Post verlangt einen von der Polizei
ausgefertigten Ausweis, die Polizei
weigert sich aber, diesen auszustellen, so
daß der Gesuchsteller von der Post zur Polizei und
wieder umgekehrt hin- und herläuft, ohne in den
Besitz seiner Briefschaften zu kommen. Dieser Zustand,
der ja ganz unnötig ist, liegt wohl nur daran,
daß die Polizei nur noch nicht vom richtigen
Orte aus angewiesen ist, den von der Post verlangten
Schein auszustellen. - Was sich gestern auf
der Sparkasse in Eisenach abspielte, war kein
schönes Bild selbstbewußten Benehmens, wie es sich
für Deutsche geziemt. Von den Vormittagsstunden
an war die Kasse von Hunderten belagert,
ein Polizeigebot mußte herangeholt
werden, um Ordnung zu schaffen! Aber der sich
überstürzenden Erregung wurde sie natürlich
nicht Herr. Wilde Szenen spielten sich ab,
die einen weinten, die anderen lachten und
des Gedränges war kein Ende bis in den Nachmittag
hinein. Im übrigen geht nun alles seinen
Gang weiter. Die Brücken und Eisenbahnüberführungen
werden von gestern an von
Veteranen bewacht. Post und Bahn arbeiten
fieberhaft. Vor der Hauptpost am Markt müssen
die Jahrmarktstände geräumt werden, damit
der Zugang zur Post ungehindert ist. Durch Deutschlands
Ultimatum an Rußland, die Anfrage an
Frankreich ist die Entscheidung nun nicht
mehr aufzuhalten. Stündlich kann sie fallen. Alle
Deutschen werden sich des großen Augenblicks würdig
zeigen und siegesgewiß in die Zukunft
blicken.
* Der Kriegszustand wurde heute vormittag mittels
Trommelwirbel vom hiesigen Bataillon
allgemein zur öffentlichen Kenntnis gebracht. Um
Irrtümer zu vermeiden, sei besonders darauf aufmerksam
gemacht, daß dies mit einer Kriegserklärung
nichts zu tun hat, sondern daß damit nur
die besonderen militärische Gesetze in Kraft treten. 7
* Das Publikum und die Kriegsgefahr. Wie
immer in Zeiten irgend einer Krisis so ist auch
augenblicklich bei der drohenden Kriegsgefahr eine
übertriebene Ängstlichkeit im Publikum
zu beobachten. So war gestern ein Ansturm auf
Lebensmittel, speziell Mehl, Kartoffeln usw.
zu beobachten, wie das wohl eben nur in solch unruhigen
Zeiten möglich ist. Die Kartoffelwagen
wurden geradezu gestürmt, ebenso die Mühlen und
sonstigen derartigen Geschäfte. Die Folgen eines
solchen unverständigen Andranges bleiben natürlich
nicht aus, so steigerten sich die Preise für die Kartoffeln,
die am vormittag noch 4 M. der Zentner
kosteten, nachmittags auf 6 M. und mehr.
Mehl ist der Zentner um 10 - 11 M. gestiegen.
Selbstverständlich steigen dann auch alle übrigen
Lebensmittelpreise und die Frage ist berechtigt, ob
diese Steigerung schon jetzt begründet ist? und man
muß sagen nein, aber das Publikum ist ja selber
schuld, indem es plötzlich so gewaltige Einkäufe
macht, daß die Geschäfte ja schließlich töricht wären,
wenn sie dem Bedarf in dieser Weise nicht Rechnung
tragen wollten durch Erhöhung der Preise.
Wie sollen schließlich mit einmal diese großen Anforderungen
erfüllt werden können? Wie soll es werden,
wenn wirklich ein Krieg ausbricht? Dem
3. Spalte
kaufenden Publikum kann nicht genug zur Ruhe
und Besonnenheit geraten werden und man möge
doch bedenken, daß durch übertriebene Ängstlichkeit
erst recht Verwirrung im öffentlichen Leben hervorgerufen
wird. Mag doch kommen, was da will,
es wird sich Rat schaffen lassen und letzten Endes
haben doch auch Stadt- und Staatsbehörden die
Verpflichtung, in solch ernsten Zeiten einzugreifen,
um einer ungerechtfertigten Verteuerung der wichtigsten
Lebensmittel Schranken zu ziehen und man
darf wohl die Hoffnung aussprechen und das Vertrauen
haben, daß auch Eisenach keine Ausnahme
hierbei machen wird. Also nochmals: ruhig
Blut nicht nur im Abheben des Geldes von den
Sparkassen, sondern auch beim Einkauf
von Lebensmitteln.
Zur Preissteigerung.
Herr Oberbürgermeister Schmieder macht folgendes
bekannt: Gegenüber der gewissenlosen Preissteigerung,
welche einzelne Bauern und Kaufleute
jetzt, ohne jeden inneren Grund, eintreten
lassen, sind vom hiesigen Gemeindevorstand
Verhandlungen mit benachbarten Städten eingeleitet,
welche darauf abzielen, daß die Namen derjenigen
Händler, welche in dieser Weise eine
vermeintliche Notlage zum Schaden der
Allgemeinheit ausnützen, öffentlich
bekannt gemacht werden.
* Diskont-Erhöhung. Die deutsche Reichsbank
hat den Wechseldiskont von 4 auf 5
Prozent, den Lombard - Zinsfuß von 5 auf
6 Prozent erhöht.
*Auf der hiesigen Sparkasse ist erfreulicherweise
im Verkehr seit dem heutigen Tage ein wesentlicher
Umschwung eingetreten. Im Gegensatz zu
gestern haben eine ganze Anzahl Leute Einzahlungen
gemacht, darunter sogar, wie wir vernehmen,
Posten in Höhe von 30 000 Mark.
*Das Schützenfest kann infolge der drohenden
Kriegsgefahr nicht stattfinden! Diese Bekanntmachung
erläßt der Vorstand der Schützengilde
in der heutigen Nummer der "Eisenacher Zeitung".
Infolge der gegenwärtigen allgemeinen Weltlage
hat sich der Vorstand der Schützengilde veranlaßt
gesehen, das Schützenfest, das vom heutigen Sonnabend
bis zum 9. August in der Milchkammer abgehalten
werden sollte, ihrerseits aufzuheben. Der
Beschluß wurde in einer heute vormittag im "Deutschen
Haus" abgehaltenen Sitzung des Vorstandes
und Ausschusses einmütig beschlossen. Wie wir
weiter vernehmen, wird die Schützengilde heute
nachmittag 4 Uhr eine weitere Sitzung im Schützenhaus
"Phantasie" abhalten, und den Budenbesitzern
das bereits bezahlte Platzgeld zurückgeben. Es ist
den Budenbesitzern freigestellt, sich an den
Gemeindevorstand oder an die Polizei zu wenden, daß
sie die einmal aufgestellten Buden stehen und darin
Vorstellungen geben lassen können.
-
item 21
1. Spalte
TÜRKEI.½
Neueste Nachrichten.
Konstantinopel, 1. August. Den Blättern
zufolge wird die türkische Torpedobootsflottille unter
Kommando des Admirals Limbus Pascha zum
Hochseemanöver in den Archipel auslaufen.
JAPAN.
Japan und Rußland.
Man schreibt der "Frkf. Ztg.": Angesichts der
russischen Mobilisierung an der Westgrenze des
Reichs ist die Ansicht des Grafen Okuma, eines genauen
Kenners japanischer und russischer Heeresverhältnisse,
über die Gefahren, in die sich Rußland
im Kriegsfalle stürzen würde, besonders lehrreich.
Graf Okuma hat vor kurzem eine Broschüre veröffentlicht,
in der er über einen japanischen Revanchekrieg
und einen Krieg Rußlands mit den
Weltmächten genaue Untersuchungen anstellt. Aus
diesen geht hervor, daß Rußland im Falle kriegerischer
Verwicklungen in Europa durch Japan in eine
recht ungünstige militärische Lage gebracht werden
würde, so daß tatsächlich ein Waffengang im
Westen für das Zarenreich unberechenbare Folgen
im fernen Osten zeitigen könnte. Die Broschüre des
Grafen Okuma hat großen Eindruck in Japan gemacht,
da der Nachweis geführt wird, daß die Russen
gar nicht in der Lage seien, einen sieghaften Krieg
mit Japan zu führen. Letzteres werde innerhalb
eines Monats ein Heer von 1 ½ Millionen Soldaten
gegn [sic] Rußland aufstellen, das bestenfalls imstande
sei, nach 3 Monaten höchstens 1 Million Soldaten
gegen Russland aufstellen, das bestenfalls im- [sic]
Dies wäre nur denkbar, wenn die europäischen
Kräfte nicht durch einen Feldzug im Westen gefesselt
würden
_________________________
VOM KRIEGSSCHAUPLATZ.
Neue Gefechte.
Mailand, 30. Juli. Der Secolo erhält aus
Nisch eine Privatmeldung über den Kampf bei
Semendria der bei Sonnenaufgang begonnen
hat, um 8 Uhr früh unterbrochen und am Nachmittag
wieder aufgenommen wurde. Die Serben hätten
dem übermächtigen Gegner den lebhaftesten
Widerstand entgegengesetzt; auf beiden Seiten seien
einige hundert Tote zu verzeichnen. Wenn
die Serben auch Semendria preisgeben
mußte (sic), so würden doch Posonka, Jagodin und
Porotin drei schwere Etappen für das Eindringen
der österreichischen Truppen nach dem Süden bedeuten.
An der bosnischen Grenze hätten einige
hundert Serben die kleine Festung Lesitza stundenlang
gegen Tausende von österreichischen Truppen
verteidigt; sie seien dann abgezogen, nachdem
sie dem Gegner beträchtliche Verluste verursacht
hätten.
Erneutes Bombardement von Belgrad.
Semlin, 30.Juli. Um ½ 9 Uhr morgens ist
die Beschießung Belgrads wieder aufgenommen
worden und heute donnern die Geschütze nicht nur
von der Laudon-Schanze, sondern auch von der noch
näher gelegenen Eugen-Schanze. Die Monitore sind
bisher nicht vorgefahren. Die Station ist vollkommen
verödet. Alle Türen sind abgesperrt und oben
im Stockwerk sind etwa zwanzig Soldaten untergebracht;
diese werden voraussichtlich von dort den
Feind mit Kleingewehrfeuer zu bestreichen suchen.
Heue mittag 12 Uhr müssen alle Ortsfremden
Semlin, das in der ersten Feuerlinie liegt,
verlassen. Auch alle hier anwesenden fremden
Korrespondenten werden von dieser
Verfügung betroffen.
Wien, 1. Aug. Zwei Grenzjäger haben unter
feindlichem Feuer die angeschwollene Deine durchschwommen
und eine serbische Telefonleitung zerstört.
_____________________________
ZUR TAGESGESCHICHTE.
Zur Stärke der Parteien im deutschen Reichstag,
In der Presse sind die Zahlen über die Stärke der
Konservativen, Nationalliberalen und Freisinnigen
in letzter Zeit verschieden angegeben worden. Auf
Grund amtlichen Materials stellen sich diese Zahlen
wie folgt dar: Die drittstärkste Partei ist jetzt die
fortschrittliche Volkspartei mit 46 Mitgliedern (Januar
1912: 41 Mitglieder und 1 Hospitant). Es folgt
die nationalliberale Fraktion mit 40 Mitgliedern
und 5 Hospitanten (es ist der gleiche Stand
wie 1912). Die konservative Fraktion zählt 39
Mitglieder und 2 Hospitanten). (Januar 1912: 43
Mitglieder und 2 Hospitanten) . Während die
Nationalliberalen keine Einbuße erlitten, verloren
die Konservativen 4 Mandate, die Freisinnigen
gewannen 4 Mandate. Die fortschrittliche
Volkspartei gewann von den Konservativen
Hagennow-Grevesmühlen und Labiau-Wehlau, von
den Nationalliberalen Waldeck und Koburg, die ihre
Verluste durch den Gewinn der konservativen Mandate
in Salzwedel-Gardelegen und Stendal-Offenburg
wettmachten. Der austretende Hospitant der
Nationalliberalen Hestermann wurde durch den
neuen Hospitanten Schröder (Elbing) ersetzt. Der
Hospitant Roeser ist der fortschrittlichen Fraktion
[sic]
_______________________________
EINHEIMISCHES.
Eisenach , den 1.August.
Erlaß.
Im Anschluß an den im 2. Blatt der "Eisenacher
Zeitung"" veröffentlichten Erlaß des Kommandierenden
Generals bestimme ich:
Gemäß dem Abschnitt: Vom Kriegs- und Belagerungszustand
der "Vorschrift über den Waffengebrauch
des Militärs und seine Mitwirkung zur Unterdrückung
innerer Unruhen" vom 19. März 1914,
Ziffer 1 gelten für den Kriegszustand
die Vorschriften des preußischen Gesetzes
vom 4. Juni 1851.
2. Spalte
§ 8
Wer in einem in Belagerungszustand erklärten
Orte oder Distrikte der vorsätzlichen Brandstiftung,
der vorsätzlichen Verursachung einer Überschwemmung
oder des Angriffs oder des Widerstandes
gegen die bewaffnete Macht oder Abgeordnete der
Zivil- oder Militärbehörde in offener Gewalt und
mit Waffen oder gefährlichen Werkzeugen versehen
sich schuldig macht, wird mit dem Tode bestraft.
Sind mildernde Umstände vorhanden, so kann,
statt der Todesstrafe, auf 10 - 20jährige Zuchthausstrafe
erkannt werden.
§ 9.
Wer in einem in Belagerungszustand erklärten
Orte oder Distrikte
a) in Beziehung auf die Zahl, die Marschrichtung
oder angebliche Siege der Feinde oder
Aufrührer wissentlich falsche Gerüchte ausstreut
oder verbreitet, welche geeignet sind,
die Zivil- oder Militärbehörden hinsichtlich
ihrer Maßregeln irre zu führen, oder
b) ein bei Erklärung des Belagerungszustandes
oder während desselben vom Militärbefehlshaber
im Interesse der öffentlichen Sicherheit
erlassenes Verbot übertritt, oder zu solcher
Übertretung auffordert oder anreizt,
oder
c) zu dem Verbrechen des Aufruhrs, der tätlichen
Widersetzlichkeit, der Befreiung eines
Gefangenen oder zu einem anderen im § 8
vorgesehenen Verbrechen, wenn auch ohne
Erfolg auffordert oder anreizt, oder
d) Personen des Soldatenstandes zu Verbrechen
gegen die Subordination oder Vergehungen
gegen die militärische Zucht und Ordnung
zu verleiten sucht,
soll, wenn die bestehenden Gesetze keine höhere Freiheitsstrafe
bestimmen, mit Gefängnis bis zu einem
Jahre bestraft werden.
Eisenach, den 1. August 1914.
Kgl. Preußisches Garnison -
Kommando.
Krug von Nidda,
Major und Garnisonsältester.
___________________________
* Vom Hofe. Ihre Königlichen Hoheiten, Großherzog
Wilhelm Ernst und Großherzogin
Feodora haben heute vormittag Schloß
Wilhelmsthal verlassen und sind mit dem Automobil
nach Weimar gefahren, woselbst bereits die Ankunft
erfolgte. Das Großherzogliche Hoflager in
Wilhelmsthal ist vorerst aufgehoben. Die beiden
Kinder unseres Großherzogspaares verbleiben jedoch
bis auf weiteres in Wilhelmsthal.
* Der Kriegszustand macht sich schon gleich in den
ersten Tagen auch im täglichen Leben bemerkbar.
Mit der Bequemlichkeit und Selbstverständlichkeit,
die der Mensch von heutzutage beansprucht,
ist es vorbei. So werden jetzt auf dem
Postamt postlagernde Briefe nicht mehr
ausgehändigt. Die Post verlangt einen von der Polizei
ausgefertigten Ausweis, die Polizei
weigert sich aber, diesen auszustellen, so
daß der Gesuchsteller von der Post zur Polizei und
wieder umgekehrt hin- und herläuft, ohne in den
Besitz seiner Briefschaften zu kommen. Dieser Zustand,
der ja ganz unnötig ist, liegt wohl nur daran,
daß die Polizei nur noch nicht vom richtigen
Orte aus angewiesen ist, den von der Post verlangten
Schein auszustellen. - Was sich gestern auf
der Sparkasse in Eisenach abspielte, war kein
schönes Bild selbstbewußten Benehmens, wie es sich
für Deutsche geziemt. Von den Vormittagsstunden
an war die Kasse von Hunderten belagert,
ein Polizeigebot mußte herangeholt
werden, um Ordnung zu schaffen! Aber der sich
überstürzenden Erregung wurde sie natürlich
nicht Herr. Wilde Szenen spielten sich ab,
die einen weinten, die anderen lachten und
des Gedränges war kein Ende bis in den Nachmittag
hinein. Im übrigen geht nun alles seinen
Gang weiter. Die Brücken und Eisenbahnüberführungen
werden von gestern an von
Veteranen bewacht. Post und Bahn arbeiten
fieberhaft. Vor der Hauptpost am Markt müssen
die Jahrmarktstände geräumt werden, damit
der Zugang zur Post ungehindert ist. Durch Deutschlands
Ultimatum an Rußland, die Anfrage an
Frankreich ist die Entscheidung nun nicht
mehr aufzuhalten. Stündlich kann sie fallen. Alle
Deutschen werden sich des großen Augenblicks würdig
zeigen und siegesgewiß in die Zukunft
blicken.
* Der Kriegszustand wurde heute vormittag mittels
Trommelwirbel vom hiesigen Bataillon
allgemein zur öffentlichen Kenntnis gebracht. Um
Irrtümer zu vermeiden, sei besonders darauf aufmerksam
gemacht, daß dies mit einer Kriegserklärung
nichts zu tun hat, sondern daß damit nur
die besonderen militärische Gesetze in Kraft treten. 7
* Das Publikum und die Kriegsgefahr. Wie
immer in Zeiten irgend einer Krisis so ist auch
augenblicklich bei der drohenden Kriegsgefahr eine
übertriebene Ängstlichkeit im Publikum
zu beobachten. So war gestern ein Ansturm auf
Lebensmittel, speziell Mehl, Kartoffeln usw.
zu beobachten, wie das wohl eben nur in solch unruhigen
Zeiten möglich ist. Die Kartoffelwagen
wurden geradezu gestürmt, ebenso die Mühlen und
sonstigen derartigen Geschäfte. Die Folgen eines
solchen unverständigen Andranges bleiben natürlich
nicht aus, so steigerten sich die Preise für die Kartoffeln,
die am vormittag noch 4 M. der Zentner
kosteten, nachmittags auf 6 M. und mehr.
Mehl ist der Zentner um 10 - 11 M. gestiegen.
Selbstverständlich steigen dann auch alle übrigen
Lebensmittelpreise und die Frage ist berechtigt, ob
diese Steigerung schon jetzt begründet ist? und man
muß sagen nein, aber das Publikum ist ja selber
schuld, indem es plötzlich so gewaltige Einkäufe
macht, daß die Geschäfte ja schließlich töricht wären,
wenn sie dem Bedarf in dieser Weise nicht Rechnung
tragen wollten durch Erhöhung der Preise.
Wie sollen schließlich mit einmal diese großen Anforderungen
erfüllt werden können? Wie soll es werden,
wenn wirklich ein Krieg ausbricht? Dem
3. Spalte
kaufenden Publikum kann nicht genug zur Ruhe
und Besonnenheit geraten werden und man möge
doch bedenken, daß durch übertriebene Ängstlichkeit
erst recht Verwirrung im öffentlichen Leben hervorgerufen
wird. Mag doch kommen, was da will,
es wird sich Rat schaffen lassen und letzten Endes
haben doch auch Stadt- und Staatsbehörden die
Verpflichtung, in solch ernsten Zeiten einzugreifen,
um einer ungerechtfertigten Verteuerung der wichtigsten
Lebensmittel Schranken zu ziehen und man
darf wohl die Hoffnung aussprechen und das Vertrauen
haben, daß auch Eisenach keine Ausnahme
hierbei machen wird. Also nochmals: ruhig
Blut nicht nur im Abheben des Geldes von den
Sparkassen, sondern auch beim Einkauf
von Lebensmitteln.
Zur Preissteigerung.
Herr Oberbürgermeister Schmieder macht folgendes
bekannt: Gegenüber der gewissenlosen Preissteigerung,
welche einzelne Bauern und Kaufleute
jetzt, ohne jeden inneren Grund, eintreten
lassen, sind vom hiesigen Gemeindevorstand
Verhandlungen mit benachbarten Städten eingeleitet,
welche darauf abzielen, daß die Namen derjenigen
Händler, welche in dieser Weise eine
vermeintliche Notlage zum Schaden der
Allgemeinheit ausnützen, öffentlich
bekannt gemacht werden.
* Diskont-Erhöhung. Die deutsche Reichsbank
hat den Wechseldiskont von 4 auf 5
Prozent, den Lombard - Zinsfuß von 5 auf
6 Prozent erhöht.
*Auf der hiesigen Sparkasse ist erfreulicherweise
im Verkehr seit dem heutigen Tage ein wesentlicher
Umschwung eingetreten. Im Gegensatz zu
gestern haben eine ganze Anzahl Leute Einzahlungen
gemacht, darunter sogar, wie wir vernehmen,
Posten in Höhe von 30 000 Mark.
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item 21
1. Spalte
TÜRKEI.½
Neueste Nachrichten.
Konstantinopel, 1. August. Den Blättern
zufolge wird die türkische Torpedobootsflottille unter
Kommando des Admirals Limbus Pascha zum
Hochseemanöver in den Archipel auslaufen.
JAPAN.
Japan und Rußland.
Man schreibt der "Frkf. Ztg.": Angesichts der
russischen Mobilisierung an der Westgrenze des
Reichs ist die Ansicht des Grafen Okuma, eines genauen
Kenners japanischer und russischer Heeresverhältnisse,
über die Gefahren, in die sich Rußland
im Kriegsfalle stürzen würde, besonders lehrreich.
Graf Okuma hat vor kurzem eine Broschüre veröffentlicht,
in der er über einen japanischen Revanchekrieg
und einen Krieg Rußlands mit den
Weltmächten genaue Untersuchungen anstellt. Aus
diesen geht hervor, daß Rußland im Falle kriegerischer
Verwicklungen in Europa durch Japan in eine
recht ungünstige militärische Lage gebracht werden
würde, so daß tatsächlich ein Waffengang im
Westen für das Zarenreich unberechenbare Folgen
im fernen Osten zeitigen könnte. Die Broschüre des
Grafen Okuma hat großen Eindruck in Japan gemacht,
da der Nachweis geführt wird, daß die Russen
gar nicht in der Lage seien, einen sieghaften Krieg
mit Japan zu führen. Letzteres werde innerhalb
eines Monats ein Heer von 1 ½ Millionen Soldaten
gegn [sic] Rußland aufstellen, das bestenfalls imstande
sei, nach 3 Monaten höchstens 1 Million Soldaten
gegen Russland aufstellen, das bestenfalls im- [sic]
Dies wäre nur denkbar, wenn die europäischen
Kräfte nicht durch einen Feldzug im Westen gefesselt
würden
_________________________
VOM KRIEGSSCHAUPLATZ.
Neue Gefechte.
Mailand, 30. Juli. Der Secolo erhält aus
Nisch eine Privatmeldung über den Kampf bei
Semendria der bei Sonnenaufgang begonnen
hat, um 8 Uhr früh unterbrochen und am Nachmittag
wieder aufgenommen wurde. Die Serben hätten
dem übermächtigen Gegner den lebhaftesten
Widerstand entgegengesetzt; auf beiden Seiten seien
einige hundert Tote zu verzeichnen. Wenn
die Serben auch Semendria preisgeben
mußte (sic), so würden doch Posonka, Jagodin und
Porotin drei schwere Etappen für das Eindringen
der österreichischen Truppen nach dem Süden bedeuten.
An der bosnischen Grenze hätten einige
hundert Serben die kleine Festung Lesitza stundenlang
gegen Tausende von österreichischen Truppen
verteidigt; sie seien dann abgezogen, nachdem
sie dem Gegner beträchtliche Verluste verursacht
hätten.
Erneutes Bombardement von Belgrad.
Semlin, 30.Juli. Um ½ 9 Uhr morgens ist
die Beschießung Belgrads wieder aufgenommen
worden und heute donnern die Geschütze nicht nur
von der Laudon-Schanze, sondern auch von der noch
näher gelegenen Eugen-Schanze. Die Monitore sind
bisher nicht vorgefahren. Die Station ist vollkommen
verödet. Alle Türen sind abgesperrt und oben
im Stockwerk sind etwa zwanzig Soldaten untergebracht;
diese werden voraussichtlich von dort den
Feind mit Kleingewehrfeuer zu bestreichen suchen.
Heue mittag 12 Uhr müssen alle Ortsfremden
Semlin, das in der ersten Feuerlinie liegt,
verlassen. Auch alle hier anwesenden fremden
Korrespondenten werden von dieser
Verfügung betroffen.
Wien, 1. Aug. Zwei Grenzjäger haben unter
feindlichem Feuer die angeschwollene Deine durchschwommen
und eine serbische Telefonleitung zerstört.
_____________________________
ZUR TAGESGESCHICHTE.
Zur Stärke der Parteien im deutschen Reichstag,
In der Presse sind die Zahlen über die Stärke der
Konservativen, Nationalliberalen und Freisinnigen
in letzter Zeit verschieden angegeben worden. Auf
Grund amtlichen Materials stellen sich diese Zahlen
wie folgt dar: Die drittstärkste Partei ist jetzt die
fortschrittliche Volkspartei mit 46 Mitgliedern (Januar
1912: 41 Mitglieder und 1 Hospitant). Es folgt
die nationalliberale Fraktion mit 40 Mitgliedern
und 5 Hospitanten (es ist der gleiche Stand
wie 1912). Die konservative Fraktion zählt 39
Mitglieder und 2 Hospitanten). (Januar 1912: 43
Mitglieder und 2 Hospitanten) . Während die
Nationalliberalen keine Einbuße erlitten, verloren
die Konservativen 4 Mandate, die Freisinnigen
gewannen 4 Mandate. Die fortschrittliche
Volkspartei gewann von den Konservativen
Hagennow-Grevesmühlen und Labiau-Wehlau, von
den Nationalliberalen Waldeck und Koburg, die ihre
Verluste durch den Gewinn der konservativen Mandate
in Salzwedel-Gardelegen und Stendal-Offenburg
wettmachten. Der austretende Hospitant der
Nationalliberalen Hestermann wurde durch den
neuen Hospitanten Schröder (Elbing) ersetzt. Der
Hospitant Roeser ist der fortschrittlichen Fraktion
[sic]
_______________________________
EINHEIMISCHES.
Eisenach , den 1.August.
Erlaß.
Im Anschluß an den im 2. Blatt der "Eisenacher
Zeitung"" veröffentlichten Erlaß des Kommandierenden
Generals bestimme ich:
Gemäß dem Abschnitt: Vom Kriegs- und Belagerungszustand
der "Vorschrift über den Waffengebrauch
des Militärs und seine Mitwirkung zur Unterdrückung
innerer Unruhen" vom 19. März 1914,
Ziffer 1 gelten für den Kriegszustand
die Vorschriften des preußischen Gesetzes
vom 4. Juni 1851.
2. Spalte
§ 8
Wer in einem in Belagerungszustand erklärten
Orte oder Distrikte der vorsätzlichen Brandstiftung,
der vorsätzlichen Verursachung einer Überschwemmung
oder des Angriffs oder des Widerstandes
gegen die bewaffnete Macht oder Abgeordnete der
Zivil- oder Militärbehörde in offener Gewalt und
mit Waffen oder gefährlichen Werkzeugen versehen
sich schuldig macht, wird mit dem Tode bestraft.
Sind mildernde Umstände vorhanden, so kann,
statt der Todesstrafe, auf 10 - 20jährige Zuchthausstrafe
erkannt werden.
§ 9.
Wer in einem in Belagerungszustand erklärten
Orte oder Distrikte
a) in Beziehung auf die Zahl, die Marschrichtung
oder angebliche Siege der Feinde oder
Aufrührer wissentlich falsche Gerüchte ausstreut
oder verbreitet, welche geeignet sind,
die Zivil- oder Militärbehörden hinsichtlich
ihrer Maßregeln irre zu führen, oder
b) ein bei Erklärung des Belagerungszustandes
oder während desselben vom Militärbefehlshaber
im Interesse der öffentlichen Sicherheit
erlassenes Verbot übertritt, oder zu solcher
Übertretung auffordert oder anreizt,
oder
c) zu dem Verbrechen des Aufruhrs, der tätlichen
Widersetzlichkeit, der Befreiung eines
Gefangenen oder zu einem anderen im § 8
vorgesehenen Verbrechen, wenn auch ohne
Erfolg auffordert oder anreizt, oder
d) Personen des Soldatenstandes zu Verbrechen
gegen die Subordination oder Vergehungen
gegen die militärische Zucht und Ordnung
zu verleiten sucht,
soll, wenn die bestehenden Gesetze keine höhere Freiheitsstrafe
bestimmen, mit Gefängnis bis zu einem
Jahre bestraft werden.
Eisenach, den 1. August 1914.
Kgl. Preußisches Garnison -
Kommando.
Krug von Nidda,
Major und Garnisonsältester.
___________________________
* Vom Hofe. Ihre Königlichen Hoheiten, Großherzog
Wilhelm Ernst und Großherzogin
Feodora haben heute vormittag Schloß
Wilhelmsthal verlassen und sind mit dem Automobil
nach Weimar gefahren, woselbst bereits die Ankunft
erfolgte. Das Großherzogliche Hoflager in
Wilhelmsthal ist vorerst aufgehoben. Die beiden
Kinder unseres Großherzogspaares verbleiben jedoch
bis auf weiteres in Wilhelmsthal.
* Der Kriegszustand macht sich schon gleich in den
ersten Tagen auch im täglichen Leben bemerkbar.
Mit der Bequemlichkeit und Selbstverständlichkeit,
die der Mensch von heutzutage beansprucht,
ist es vorbei. So werden jetzt auf dem
Postamt postlagernde Briefe nicht mehr
ausgehändigt. Die Post verlangt einen von der Polizei
ausgefertigten Ausweis, die Polizei
weigert sich aber, diesen auszustellen, so
daß der Gesuchsteller von der Post zur Polizei und
wieder umgekehrt hin- und herläuft, ohne in den
Besitz seiner Briefschaften zu kommen. Dieser Zustand,
der ja ganz unnötig ist, liegt wohl nur daran,
daß die Polizei nur noch nicht vom richtigen
Orte aus angewiesen ist, den von der Post verlangten
Schein auszustellen. - Was sich gestern auf
der Sparkasse in Eisenach abspielte, war kein
schönes Bild selbstbewußten Benehmens, wie es sich
für Deutsche geziemt. Von den Vormittagsstunden
an war die Kasse von Hunderten belagert,
ein Polizeigebot mußte herangeholt
werden, um Ordnung zu schaffen! Aber der sich
überstürzenden Erregung wurde sie natürlich
nicht Herr. Wilde Szenen spielten sich ab,
die einen weinten, die anderen lachten und
des Gedränges war kein Ende bis in den Nachmittag
hinein. Im übrigen geht nun alles seinen
Gang weiter. Die Brücken und Eisenbahnüberführungen
werden von gestern an von
Veteranen bewacht. Post und Bahn arbeiten
fieberhaft. Vor der Hauptpost am Markt müssen
die Jahrmarktstände geräumt werden, damit
der Zugang zur Post ungehindert ist. Durch Deutschlands
Ultimatum an Rußland, die Anfrage an
Frankreich ist die Entscheidung nun nicht
mehr aufzuhalten. Stündlich kann sie fallen. Alle
Deutschen werden sich des großen Augenblicks würdig
zeigen und siegesgewiß in die Zukunft
blicken.
* Der Kriegszustand wurde heute vormittag mittels
Trommelwirbel vom hiesigen Bataillon
allgemein zur öffentlichen Kenntnis gebracht. Um
Irrtümer zu vermeiden, sei besonders darauf aufmerksam
gemacht, daß dies mit einer Kriegserklärung
nichts zu tun hat, sondern daß damit nur
die besonderen militärische Gesetze in Kraft treten. 7
* Das Publikum und die Kriegsgefahr. Wie
immer in Zeiten irgend einer Krisis so ist auch
augenblicklich bei der drohenden Kriegsgefahr eine
übertriebene Ängstlichkeit im Publikum
zu beobachten. So war gestern ein Ansturm auf
Lebensmittel, speziell Mehl, Kartoffeln usw.
zu beobachten, wie das wohl eben nur in solch unruhigen
Zeiten möglich ist. Die Kartoffelwagen
wurden geradezu gestürmt, ebenso die Mühlen und
sonstigen derartigen Geschäfte. Die Folgen eines
solchen unverständigen Andranges bleiben natürlich
nicht aus, so steigerten sich die Preise für die Kartoffeln,
die am vormittag noch 4 M. der Zentner
kosteten, nachmittags auf 6 M. und mehr.
Mehl ist der Zentner um 10 - 11 M. gestiegen.
Selbstverständlich steigen dann auch alle übrigen
Lebensmittelpreise und die Frage ist berechtigt, ob
diese Steigerung schon jetzt begründet ist? und man
muß sagen nein, aber das Publikum ist ja selber
schuld, indem es plötzlich so gewaltige Einkäufe
macht, daß die Geschäfte ja schließlich töricht wären,
wenn sie dem Bedarf in dieser Weise nicht Rechnung
tragen wollten durch Erhöhung der Preise.
Wie sollen schließlich mit einmal diese großen Anforderungen
erfüllt werden können? Wie soll es werden,
wenn wirklich ein Krieg ausbricht? Dem
3. Spalte
kaufenden Publikum kann nicht genug zur Ruhe
und Besonnenheit geraten werden und man möge
doch bedenken, daß durch übertriebene Ängstlichkeit
erst recht Verwirrung im öffentlichen Leben hervorgerufen
wird. Mag doch kommen, was da will,
es wird sich Rat schaffen lassen und letzten Endes
haben doch auch Stadt- und Staatsbehörden die
Verpflichtung, in solch ernsten Zeiten einzugreifen,
um einer ungerechtfertigten Verteuerung der wichtigsten
Lebensmittel Schranken zu ziehen und man
darf wohl die Hoffnung aussprechen und das Vertrauen
haben, daß auch Eisenach keine Ausnahme
hierbei machen wird. Also nochmals: ruhig
Blut nicht nur im Abheben des Geldes von den
Sparkassen, sondern auch beim Einkauf
von Lebensmitteln.
Zur Preissteigerung.
Herr Oberbürgermeister Schmieder macht folgendes
bekannt: Gegenüber der gewissenlosen Preissteigerung,
welche einzelne Bauern und Kaufleute
jetzt, ohne jeden inneren Grund, eintreten
lassen, sind vom hiesigen Gemeindevorstand
Verhandlungen mit benachbarten Städten eingeleitet,
welche darauf abzielen, daß die Namen derjenigen
Händler, welche in dieser Weise eine
vermeintliche Notlage zum Schaden der
Allgemeinheit ausnützen, öffentlich
bekannt gemacht werden.
-
item 21
1. Spalte
TÜRKEI.½
Neueste Nachrichten.
Konstantinopel, 1. August. Den Blättern
zufolge wird die türkische Torpedobootsflottille unter
Kommando des Admirals Limbus Pascha zum
Hochseemanöver in den Archipel auslaufen.
JAPAN.
Japan und Rußland.
Man schreibt der "Frkf. Ztg.": Angesichts der
russischen Mobilisierung an der Westgrenze des
Reichs ist die Ansicht des Grafen Okuma, eines genauen
Kenners japanischer und russischer Heeresverhältnisse,
über die Gefahren, in die sich Rußland
im Kriegsfalle stürzen würde, besonders lehrreich.
Graf Okuma hat vor kurzem eine Broschüre veröffentlicht,
in der er über einen japanischen Revanchekrieg
und einen Krieg Rußlands mit den
Weltmächten genaue Untersuchungen anstellt. Aus
diesen geht hervor, daß Rußland im Falle kriegerischer
Verwicklungen in Europa durch Japan in eine
recht ungünstige militärische Lage gebracht werden
würde, so daß tatsächlich ein Waffengang im
Westen für das Zarenreich unberechenbare Folgen
im fernen Osten zeitigen könnte. Die Broschüre des
Grafen Okuma hat großen Eindruck in Japan gemacht,
da der Nachweis geführt wird, daß die Russen
gar nicht in der Lage seien, einen sieghaften Krieg
mit Japan zu führen. Letzteres werde innerhalb
eines Monats ein Heer von 1 ½ Millionen Soldaten
gegn [sic] Rußland aufstellen, das bestenfalls imstande
sei, nach 3 Monaten höchstens 1 Million Soldaten
gegen Russland aufstellen, das bestenfalls im- [sic]
Dies wäre nur denkbar, wenn die europäischen
Kräfte nicht durch einen Feldzug im Westen gefesselt
würden
_________________________
VOM KRIEGSSCHAUPLATZ.
Neue Gefechte.
Mailand, 30. Juli. Der Secolo erhält aus
Nisch eine Privatmeldung über den Kampf bei
Semendria der bei Sonnenaufgang begonnen
hat, um 8 Uhr früh unterbrochen und am Nachmittag
wieder aufgenommen wurde. Die Serben hätten
dem übermächtigen Gegner den lebhaftesten
Widerstand entgegengesetzt; auf beiden Seiten seien
einige hundert Tote zu verzeichnen. Wenn
die Serben auch Semendria preisgeben
mußte (sic), so würden doch Posonka, Jagodin und
Porotin drei schwere Etappen für das Eindringen
der österreichischen Truppen nach dem Süden bedeuten.
An der bosnischen Grenze hätten einige
hundert Serben die kleine Festung Lesitza stundenlang
gegen Tausende von österreichischen Truppen
verteidigt; sie seien dann abgezogen, nachdem
sie dem Gegner beträchtliche Verluste verursacht
hätten.
Erneutes Bombardement von Belgrad.
Semlin, 30.Juli. Um ½ 9 Uhr morgens ist
die Beschießung Belgrads wieder aufgenommen
worden und heute donnern die Geschütze nicht nur
von der Laudon-Schanze, sondern auch von der noch
näher gelegenen Eugen-Schanze. Die Monitore sind
bisher nicht vorgefahren. Die Station ist vollkommen
verödet. Alle Türen sind abgesperrt und oben
im Stockwerk sind etwa zwanzig Soldaten untergebracht;
diese werden voraussichtlich von dort den
Feind mit Kleingewehrfeuer zu bestreichen suchen.
Heue mittag 12 Uhr müssen alle Ortsfremden
Semlin, das in der ersten Feuerlinie liegt,
verlassen. Auch alle hier anwesenden fremden
Korrespondenten werden von dieser
Verfügung betroffen.
Wien, 1. Aug. Zwei Grenzjäger haben unter
feindlichem Feuer die angeschwollene Deine durchschwommen
und eine serbische Telefonleitung zerstört.
_____________________________
ZUR TAGESGESCHICHTE.
Zur Stärke der Parteien im deutschen Reichstag,
In der Presse sind die Zahlen über die Stärke der
Konservativen, Nationalliberalen und Freisinnigen
in letzter Zeit verschieden angegeben worden. Auf
Grund amtlichen Materials stellen sich diese Zahlen
wie folgt dar: Die drittstärkste Partei ist jetzt die
fortschrittliche Volkspartei mit 46 Mitgliedern (Januar
1912: 41 Mitglieder und 1 Hospitant). Es folgt
die nationalliberale Fraktion mit 40 Mitgliedern
und 5 Hospitanten (es ist der gleiche Stand
wie 1912). Die konservative Fraktion zählt 39
Mitglieder und 2 Hospitanten). (Januar 1912: 43
Mitglieder und 2 Hospitanten) . Während die
Nationalliberalen keine Einbuße erlitten, verloren
die Konservativen 4 Mandate, die Freisinnigen
gewannen 4 Mandate. Die fortschrittliche
Volkspartei gewann von den Konservativen
Hagennow-Grevesmühlen und Labiau-Wehlau, von
den Nationalliberalen Waldeck und Koburg, die ihre
Verluste durch den Gewinn der konservativen Mandate
in Salzwedel-Gardelegen und Stendal-Offenburg
wettmachten. Der austretende Hospitant der
Nationalliberalen Hestermann wurde durch den
neuen Hospitanten Schröder (Elbing) ersetzt. Der
Hospitant Roeser ist der fortschrittlichen Fraktion
[sic]
_______________________________
EINHEIMISCHES.
Eisenach , den 1.August.
Erlaß.
Im Anschluß an den im 2. Blatt der "Eisenacher
Zeitung"" veröffentlichten Erlaß des Kommandierenden
Generals bestimme ich:
Gemäß dem Abschnitt: Vom Kriegs- und Belagerungszustand
der "Vorschrift über den Waffengebrauch
des Militärs und seine Mitwirkung zur Unterdrückung
innerer Unruhen" vom 19. März 1914,
Ziffer 1 gelten für den Kriegszustand
die Vorschriften des preußischen Gesetzes
vom 4. Juni 1851.
2. Spalte
§ 8
Wer in einem in Belagerungszustand erklärten
Orte oder Distrikte der vorsätzlichen Brandstiftung,
der vorsätzlichen Verursachung einer Überschwemmung
oder des Angriffs oder des Widerstandes
gegen die bewaffnete Macht oder Abgeordnete der
Zivil- oder Militärbehörde in offener Gewalt und
mit Waffen oder gefährlichen Werkzeugen versehen
sich schuldig macht, wird mit dem Tode bestraft.
Sind mildernde Umstände vorhanden, so kann,
statt der Todesstrafe, auf 10 - 20jährige Zuchthausstrafe
erkannt werden.
§ 9.
Wer in einem in Belagerungszustand erklärten
Orte oder Distrikte
a) in Beziehung auf die Zahl, die Marschrichtung
oder angebliche Siege der Feinde oder
Aufrührer wissentlich falsche Gerüchte ausstreut
oder verbreitet, welche geeignet sind,
die Zivil- oder Militärbehörden hinsichtlich
ihrer Maßregeln irre zu führen, oder
b) ein bei Erklärung des Belagerungszustandes
oder während desselben vom Militärbefehlshaber
im Interesse der öffentlichen Sicherheit
erlassenes Verbot übertritt, oder zu solcher
Übertretung auffordert oder anreizt,
oder
c) zu dem Verbrechen des Aufruhrs, der tätlichen
Widersetzlichkeit, der Befreiung eines
Gefangenen oder zu einem anderen im § 8
vorgesehenen Verbrechen, wenn auch ohne
Erfolg auffordert oder anreizt, oder
d) Personen des Soldatenstandes zu Verbrechen
gegen die Subordination oder Vergehungen
gegen die militärische Zucht und Ordnung
zu verleiten sucht,
soll, wenn die bestehenden Gesetze keine höhere Freiheitsstrafe
bestimmen, mit Gefängnis bis zu einem
Jahre bestraft werden.
Eisenach, den 1. August 1914.
Kgl. Preußisches Garnison -
Kommando.
Krug von Nidda,
Major und Garnisonsältester.
___________________________
* Vom Hofe. Ihre Königlichen Hoheiten, Großherzog
Wilhelm Ernst und Großherzogin
Feodora haben heute vormittag Schloß
Wilhelmsthal verlassen und sind mit dem Automobil
nach Weimar gefahren, woselbst bereits die Ankunft
erfolgte. Das Großherzogliche Hoflager in
Wilhelmsthal ist vorerst aufgehoben. Die beiden
Kinder unseres Großherzogspaares verbleiben jedoch
bis auf weiteres in Wilhelmsthal.
* Der Kriegszustand macht sich schon gleich in den
ersten Tagen auch im täglichen Leben bemerkbar.
Mit der Bequemlichkeit und Selbstverständlichkeit,
die der Mensch von heutzutage beansprucht,
ist es vorbei. So werden jetzt auf dem
Postamt postlagernde Briefe nicht mehr
ausgehändigt. Die Post verlangt einen von der Polizei
ausgefertigten Ausweis, die Polizei
weigert sich aber, diesen auszustellen, so
daß der Gesuchsteller von der Post zur Polizei und
wieder umgekehrt hin- und herläuft, ohne in den
Besitz seiner Briefschaften zu kommen. Dieser Zustand,
der ja ganz unnötig ist, liegt wohl nur daran,
daß die Polizei nur noch nicht vom richtigen
Orte aus angewiesen ist, den von der Post verlangten
Schein auszustellen. - Was sich gestern auf
der Sparkasse in Eisenach abspielte, war kein
schönes Bild selbstbewußten Benehmens, wie es sich
für Deutsche geziemt. Von den Vormittagsstunden
an war die Kasse von Hunderten belagert,
ein Polizeigebot mußte herangeholt
werden, um Ordnung zu schaffen! Aber der sich
überstürzenden Erregung wurde sie natürlich
nicht Herr. Wilde Szenen spielten sich ab,
die einen weinten, die anderen lachten und
des Gedränges war kein Ende bis in den Nachmittag
hinein. Im übrigen geht nun alles seinen
Gang weiter. Die Brücken und Eisenbahnüberführungen
werden von gestern an von
Veteranen bewacht. Post und Bahn arbeiten
fieberhaft. Vor der Hauptpost am Markt müssen
die Jahrmarktstände geräumt werden, damit
der Zugang zur Post ungehindert ist. Durch Deutschlands
Ultimatum an Rußland, die Anfrage an
Frankreich ist die Entscheidung nun nicht
mehr aufzuhalten. Stündlich kann sie fallen. Alle
Deutschen werden sich des großen Augenblicks würdig
zeigen und siegesgewiß in die Zukunft
blicken.
* Der Kriegszustand wurde heute vormittag mittels
Trommelwirbel vom hiesigen Bataillon
allgemein zur öffentlichen Kenntnis gebracht. Um
Irrtümer zu vermeiden, sei besonders darauf aufmerksam
gemacht, daß dies mit einer Kriegserklärung
nichts zu tun hat, sondern daß damit nur
die besonderen militärische Gesetze in Kraft treten. 7
* Das Publikum und die Kriegsgefahr. Wie
immer in Zeiten irgend einer Krisis so ist auch
augenblicklich bei der drohenden Kriegsgefahr eine
übertriebene Ängstlichkeit im Publikum
zu beobachten. So war gestern ein Ansturm auf
Lebensmittel, speziell Mehl, Kartoffeln usw.
zu beobachten, wie das wohl eben nur in solch unruhigen
Zeiten möglich ist. Die Kartoffelwagen
wurden geradezu gestürmt, ebenso die Mühlen und
sonstigen derartigen Geschäfte. Die Folgen eines
solchen unverständigen Andranges bleiben natürlich
nicht aus, so steigerten sich die Preise für die Kartoffeln,
die am vormittag noch 4 M. der Zentner
kosteten, nachmittags auf 6 M. und mehr.
Mehl ist der Zentner um 10 - 11 M. gestiegen.
Selbstverständlich steigen dann auch alle übrigen
Lebensmittelpreise und die Frage ist berechtigt, ob
diese Steigerung schon jetzt begründet ist? und man
muß sagen nein, aber das Publikum ist ja selber
schuld, indem es plötzlich so gewaltige Einkäufe
macht, daß die Geschäfte ja schließlich töricht wären,
wenn sie dem Bedarf in dieser Weise nicht Rechnung
tragen wollten durch Erhöhung der Preise.
Wie sollen schließlich mit einmal diese großen Anforderungen
erfüllt werden können? Wie soll es werden,
wenn wirklich ein Krieg ausbricht? Dem
3. Spalte
kaufenden Publikum kann nicht genug zur Ruhe
und Besonnenheit geraten werden und man möge
doch bedenken, daß durch übertriebene Ängstlichkeit
erst recht Verwirrung im öffentlichen Leben hervorgerufen
wird. Mag doch kommen, was da will,
es wird sich Rat schaffen lassen und letzten Endes
haben doch auch Stadt- und Staatsbehörden die
Verpflichtung, in solch ernsten Zeiten einzugreifen,
um einer ungerechtfertigten Verteuerung der wichtigsten
Lebensmittel Schranken zu ziehen und man
darf wohl die Hoffnung aussprechen und das Vertrauen
haben, daß auch Eisenach keine Ausnahme
hierbei machen wird. Also nochmals: ruhig
Blut nicht nur im Abheben des Geldes von den
Sparkassen, sondern auch beim Einkauf
von Lebensmitteln.
Zur Preissteigerung.
Herr Oberbürgermeister Schmieder macht folgendes
bekannt: Gegenüber der gewissenlosen Preissteigerung,
welche einzelne Bauern und Kaufleute
jetzt, ohne jeden inneren Grund, eintreten
lassen, sind vom hiesigen Gemeindevorstand
Verhandlungen mit benachbarten Städten eingeleitet,
welche darauf abzielen, daß die Namen derjenigen
Händler, welche in dieser Weise eine vermeintliche
Notlage zum Schaden der
Allgemeinheit ausnützen, öffentlich
bekannt gemacht werden.
-
item 21
1. Spalte
TÜRKEI.½
Neueste Nachrichten.
Konstantinopel, 1. August. Den Blättern
zufolge wird die türkische Torpedobootsflottille unter
Kommando des Admirals Limbus Pascha zum
Hochseemanöver in den Archipel auslaufen.
JAPAN.
Japan und Rußland.
Man schreibt der "Frkf. Ztg.": Angesichts der
russischen Mobilisierung an der Westgrenze des
Reichs ist die Ansicht des Grafen Okuma, eines genauen
Kenners japanischer und russischer Heeresverhältnisse,
über die Gefahren, in die sich Rußland
im Kriegsfalle stürzen würde, besonders lehrreich.
Graf Okuma hat vor kurzem eine Broschüre veröffentlicht,
in der er über einen japanischen Revanchekrieg
und einen Krieg Rußlands mit den
Weltmächten genaue Untersuchungen anstellt. Aus
diesen geht hervor, daß Rußland im Falle kriegerischer
Verwicklungen in Europa durch Japan in eine
recht ungünstige militärische Lage gebracht werden
würde, so daß tatsächlich ein Waffengang im
Westen für das Zarenreich unberechenbare Folgen
im fernen Osten zeitigen könnte. Die Broschüre des
Grafen Okuma hat großen Eindruck in Japan gemacht,
da der Nachweis geführt wird, daß die Russen
gar nicht in der Lage seien, einen sieghaften Krieg
mit Japan zu führen. Letzteres werde innerhalb
eines Monats ein Heer von 1 ½ Millionen Soldaten
gegn [sic] Rußland aufstellen, das bestenfalls imstande
sei, nach 3 Monaten höchstens 1 Million Soldaten
gegen Russland aufstellen, das bestenfalls im- [sic]
Dies wäre nur denkbar, wenn die europäischen
Kräfte nicht durch einen Feldzug im Westen gefesselt
würden
_________________________
VOM KRIEGSSCHAUPLATZ.
Neue Gefechte.
Mailand, 30. Juli. Der Secolo erhält aus
Nisch eine Privatmeldung über den Kampf bei
Semendria der bei Sonnenaufgang begonnen
hat, um 8 Uhr früh unterbrochen und am Nachmittag
wieder aufgenommen wurde. Die Serben hätten
dem übermächtigen Gegner den lebhaftesten
Widerstand entgegengesetzt; auf beiden Seiten seien
einige hundert Tote zu verzeichnen. Wenn
die Serben auch Semendria preisgeben
mußte (sic), so würden doch Posonka, Jagodin und
Porotin drei schwere Etappen für das Eindringen
der österreichischen Truppen nach dem Süden bedeuten.
An der bosnischen Grenze hätten einige
hundert Serben die kleine Festung Lesitza stundenlang
gegen Tausende von österreichischen Truppen
verteidigt; sie seien dann abgezogen, nachdem
sie dem Gegner beträchtliche Verluste verursacht
hätten.
Erneutes Bombardement von Belgrad.
Semlin, 30.Juli. Um ½ 9 Uhr morgens ist
die Beschießung Belgrads wieder aufgenommen
worden und heute donnern die Geschütze nicht nur
von der Laudon-Schanze, sondern auch von der noch
näher gelegenen Eugen-Schanze. Die Monitore sind
bisher nicht vorgefahren. Die Station ist vollkommen
verödet. Alle Türen sind abgesperrt und oben
im Stockwerk sind etwa zwanzig Soldaten untergebracht;
diese werden voraussichtlich von dort den
Feind mit Kleingewehrfeuer zu bestreichen suchen.
Heue mittag 12 Uhr müssen alle Ortsfremden
Semlin, das in der ersten Feuerlinie liegt,
verlassen. Auch alle hier anwesenden fremden
Korrespondenten werden von dieser
Verfügung betroffen.
Wien, 1. Aug. Zwei Grenzjäger haben unter
feindlichem Feuer die angeschwollene Deine durchschwommen
und eine serbische Telefonleitung zerstört.
_____________________________
ZUR TAGESGESCHICHTE.
Zur Stärke der Parteien im deutschen Reichstag,
In der Presse sind die Zahlen über die Stärke der
Konservativen, Nationalliberalen und Freisinnigen
in letzter Zeit verschieden angegeben worden. Auf
Grund amtlichen Materials stellen sich diese Zahlen
wie folgt dar: Die drittstärkste Partei ist jetzt die
fortschrittliche Volkspartei mit 46 Mitgliedern (Januar
1912: 41 Mitglieder und 1 Hospitant). Es folgt
die nationalliberale Fraktion mit 40 Mitgliedern
und 5 Hospitanten (es ist der gleiche Stand
wie 1912). Die konservative Fraktion zählt 39
Mitglieder und 2 Hospitanten). (Januar 1912: 43
Mitglieder und 2 Hospitanten) . Während die
Nationalliberalen keine Einbuße erlitten, verloren
die Konservativen 4 Mandate, die Freisinnigen
gewannen 4 Mandate. Die fortschrittliche
Volkspartei gewann von den Konservativen
Hagennow-Grevesmühlen und Labiau-Wehlau, von
den Nationalliberalen Waldeck und Koburg, die ihre
Verluste durch den Gewinn der konservativen Mandate
in Salzwedel-Gardelegen und Stendal-Offenburg
wettmachten. Der austretende Hospitant der
Nationalliberalen Hestermann wurde durch den
neuen Hospitanten Schröder (Elbing) ersetzt. Der
Hospitant Roeser ist der fortschrittlichen Fraktion
[sic]
_______________________________
EINHEIMISCHES.
Eisenach , den 1.August.
Erlaß.
Im Anschluß an den im 2. Blatt der "Eisenacher
Zeitung"" veröffentlichten Erlaß des Kommandierenden
Generals bestimme ich:
Gemäß dem Abschnitt: Vom Kriegs- und Belagerungszustand
der "Vorschrift über den Waffengebrauch
des Militärs und seine Mitwirkung zur Unterdrückung
innerer Unruhen" vom 19. März 1914,
Ziffer 1 gelten für den Kriegszustand
die Vorschriften des preußischen Gesetzes
vom 4. Juni 1851.
2. Spalte
§ 8
Wer in einem in Belagerungszustand erklärten
Orte oder Distrikte der vorsätzlichen Brandstiftung,
der vorsätzlichen Verursachung einer Überschwemmung
oder des Angriffs oder des Widerstandes
gegen die bewaffnete Macht oder Abgeordnete der
Zivil- oder Militärbehörde in offener Gewalt und
mit Waffen oder gefährlichen Werkzeugen versehen
sich schuldig macht, wird mit dem Tode bestraft.
Sind mildernde Umstände vorhanden, so kann,
statt der Todesstrafe, auf 10 - 20jährige Zuchthausstrafe
erkannt werden.
§ 9.
Wer in einem in Belagerungszustand erklärten
Orte oder Distrikte
a) in Beziehung auf die Zahl, die Marschrichtung
oder angebliche Siege der Feinde oder
Aufrührer wissentlich falsche Gerüchte ausstreut
oder verbreitet, welche geeignet sind,
die Zivil- oder Militärbehörden hinsichtlich
ihrer Maßregeln irre zu führen, oder
b) ein bei Erklärung des Belagerungszustandes
oder während desselben vom Militärbefehlshaber
im Interesse der öffentlichen Sicherheit
erlassenes Verbot übertritt, oder zu solcher
Übertretung auffordert oder anreizt,
oder
c) zu dem Verbrechen des Aufruhrs, der tätlichen
Widersetzlichkeit, der Befreiung eines
Gefangenen oder zu einem anderen im § 8
vorgesehenen Verbrechen, wenn auch ohne
Erfolg auffordert oder anreizt, oder
d) Personen des Soldatenstandes zu Verbrechen
gegen die Subordination oder Vergehungen
gegen die militärische Zucht und Ordnung
zu verleiten sucht,
soll, wenn die bestehenden Gesetze keine höhere Freiheitsstrafe
bestimmen, mit Gefängnis bis zu einem
Jahre bestraft werden.
Eisenach, den 1. August 1914.
Kgl. Preußisches Garnison -
Kommando.
Krug von Nidda,
Major und Garnisonsältester.
___________________________
* Vom Hofe. Ihre Königlichen Hoheiten, Großherzog
Wilhelm Ernst und Großherzogin
Feodora haben heute vormittag Schloß
Wilhelmsthal verlassen und sind mit dem Automobil
nach Weimar gefahren, woselbst bereits die Ankunft
erfolgte. Das Großherzogliche Hoflager in
Wilhelmsthal ist vorerst aufgehoben. Die beiden
Kinder unseres Großherzogspaares verbleiben jedoch
bis auf weiteres in Wilhelmsthal.
* Der Kriegszustand macht sich schon gleich in den
ersten Tagen auch im täglichen Leben bemerkbar.
Mit der Bequemlichkeit und Selbstverständlichkeit,
die der Mensch von heutzutage beansprucht,
ist es vorbei. So werden jetzt auf dem
Postamt postlagernde Briefe nicht mehr
ausgehändigt. Die Post verlangt einen von der Polizei
ausgefertigten Ausweis, die Polizei
weigert sich aber, diesen auszustellen, so
daß der Gesuchsteller von der Post zur Polizei und
wieder umgekehrt hin- und herläuft, ohne in den
Besitz seiner Briefschaften zu kommen. Dieser Zustand,
der ja ganz unnötig ist, liegt wohl nur daran,
daß die Polizei nur noch nicht vom richtigen
Orte aus angewiesen ist, den von der Post verlangten
Schein auszustellen. - Was sich gestern auf
der Sparkasse in Eisenach abspielte, war kein
schönes Bild selbstbewußten Benehmens, wie es sich
für Deutsche geziemt. Von den Vormittagsstunden
an war die Kasse von Hunderten belagert,
ein Polizeigebot mußte herangeholt
werden, um Ordnung zu schaffen! Aber der sich
überstürzenden Erregung wurde sie natürlich
nicht Herr. Wilde Szenen spielten sich ab,
die einen weinten, die anderen lachten und
des Gedränges war kein Ende bis in den Nachmittag
hinein. Im übrigen geht nun alles seinen
Gang weiter. Die Brücken und Eisenbahnüberführungen
werden von gestern an von
Veteranen bewacht. Post und Bahn arbeiten
fieberhaft. Vor der Hauptpost am Markt müssen
die Jahrmarktstände geräumt werden, damit
der Zugang zur Post ungehindert ist. Durch Deutschlands
Ultimatum an Rußland, die Anfrage an
Frankreich ist die Entscheidung nun nicht
mehr aufzuhalten. Stündlich kann sie fallen. Alle
Deutschen werden sich des großen Augenblicks würdig
zeigen und siegesgewiß in die Zukunft
blicken.
* Der Kriegszustand wurde heute vormittag mittels
Trommelwirbel vom hiesigen Bataillon
allgemein zur öffentlichen Kenntnis gebracht. Um
Irrtümer zu vermeiden, sei besonders darauf aufmerksam
gemacht, daß dies mit einer Kriegserklärung
nichts zu tun hat, sondern daß damit nur
die besonderen militärische Gesetze in Kraft treten. 7
* Das Publikum und die Kriegsgefahr. Wie
immer in Zeiten irgend einer Krisis so ist auch
augenblicklich bei der drohenden Kriegsgefahr eine
übertriebene Ängstlichkeit im Publikum
zu beobachten. So war gestern ein Ansturm auf
Lebensmittel, speziell Mehl, Kartoffeln usw.
zu beobachten, wie das wohl eben nur in solch unruhigen
Zeiten möglich ist. Die Kartoffelwagen
wurden geradezu gestürmt, ebenso die Mühlen und
sonstigen derartigen Geschäfte. Die Folgen eines
solchen unverständigen Andranges bleiben natürlich
nicht aus, so steigerten sich die Preise für die Kartoffeln,
die am vormittag noch 4 M. der Zentner
kosteten, nachmittags auf 6 M. und mehr.
Mehl ist der Zentner um 10 - 11 M. gestiegen.
Selbstverständlich steigen dann auch alle übrigen
Lebensmittelpreise und die Frage ist berechtigt, ob
diese Steigerung schon jetzt begründet ist? und man
muß sagen nein, aber das Publikum ist ja selber
schuld, indem es plötzlich so gewaltige Einkäufe
macht, daß die Geschäfte ja schließlich töricht wären,
wenn sie dem Bedarf in dieser Weise nicht Rechnung
tragen wollten durch Erhöhung der Preise.
Wie sollen schließlich mit einmal diese großen Anforderungen
erfüllt werden können? Wie soll es werden,
wenn wirklich ein Krieg ausbricht? Dem
3. Spalte
kaufenden Publikum kann nicht genug zur Ruhe
und Besonnenheit geraten werden und man möge
doch bedenken, daß durch übertriebene Ängstlichkeit
erst recht Verwirrung im öffentlichen Leben hervorgerufen
wird. Mag doch kommen, was da will,
es wird sich Rat schaffen lassen und letzten Endes
haben doch auch Stadt- und Staatsbehörden die
Verpflichtung, in solch ernsten Zeiten einzugreifen,
um einer ungerechtfertigten Verteuerung der wichtigsten
Lebensmittel Schranken zu ziehen und man
darf wohl die Hoffnung aussprechen und das Vertrauen
haben, daß auch Eisenach keine Ausnahme
hierbei machen wird. Also nochmals: ruhig
Blut nicht nur im Abheben des Geldes von den
Sparkassen, sondern auch beim Einkauf
von Lebensmitteln.
-
item 21
1. Spalte
TÜRKEI.½
Neueste Nachrichten.
Konstantinopel, 1. August. Den Blättern
zufolge wird die türkische Torpedobootsflottille unter
Kommando des Admirals Limbus Pascha zum
Hochseemanöver in den Archipel auslaufen.
JAPAN.
Japan und Rußland.
Man schreibt der "Frkf. Ztg.": Angesichts der
russischen Mobilisierung an der Westgrenze des
Reichs ist die Ansicht des Grafen Okuma, eines genauen
Kenners japanischer und russischer Heeresverhältnisse,
über die Gefahren, in die sich Rußland
im Kriegsfalle stürzen würde, besonders lehrreich.
Graf Okuma hat vor kurzem eine Broschüre veröffentlicht,
in der er über einen japanischen Revanchekrieg
und einen Krieg Rußlands mit den
Weltmächten genaue Untersuchungen anstellt. Aus
diesen geht hervor, daß Rußland im Falle kriegerischer
Verwicklungen in Europa durch Japan in eine
recht ungünstige militärische Lage gebracht werden
würde, so daß tatsächlich ein Waffengang im
Westen für das Zarenreich unberechenbare Folgen
im fernen Osten zeitigen könnte. Die Broschüre des
Grafen Okuma hat großen Eindruck in Japan gemacht,
da der Nachweis geführt wird, daß die Russen
gar nicht in der Lage seien, einen sieghaften Krieg
mit Japan zu führen. Letzteres werde innerhalb
eines Monats ein Heer von 1 ½ Millionen Soldaten
gegn [sic] Rußland aufstellen, das bestenfalls imstande
sei, nach 3 Monaten höchstens 1 Million Soldaten
gegen Russland aufstellen, das bestenfalls im- [sic]
Dies wäre nur denkbar, wenn die europäischen
Kräfte nicht durch einen Feldzug im Westen gefesselt
würden
_________________________
VOM KRIEGSSCHAUPLATZ.
Neue Gefechte.
Mailand, 30. Juli. Der Secolo erhält aus
Nisch eine Privatmeldung über den Kampf bei
Semendria der bei Sonnenaufgang begonnen
hat, um 8 Uhr früh unterbrochen und am Nachmittag
wieder aufgenommen wurde. Die Serben hätten
dem übermächtigen Gegner den lebhaftesten
Widerstand entgegengesetzt; auf beiden Seiten seien
einige hundert Tote zu verzeichnen. Wenn
die Serben auch Semendria preisgeben
mußte (sic), so würden doch Posonka, Jagodin und
Porotin drei schwere Etappen für das Eindringen
der österreichischen Truppen nach dem Süden bedeuten.
An der bosnischen Grenze hätten einige
hundert Serben die kleine Festung Lesitza stundenlang
gegen Tausende von österreichischen Truppen
verteidigt; sie seien dann abgezogen, nachdem
sie dem Gegner beträchtliche Verluste verursacht
hätten.
Erneutes Bombardement von Belgrad.
Semlin, 30.Juli. Um ½ 9 Uhr morgens ist
die Beschießung Belgrads wieder aufgenommen
worden und heute donnern die Geschütze nicht nur
von der Laudon-Schanze, sondern auch von der noch
näher gelegenen Eugen-Schanze. Die Monitore sind
bisher nicht vorgefahren. Die Station ist vollkommen
verödet. Alle Türen sind abgesperrt und oben
im Stockwerk sind etwa zwanzig Soldaten untergebracht;
diese werden voraussichtlich von dort den
Feind mit Kleingewehrfeuer zu bestreichen suchen.
Heue mittag 12 Uhr müssen alle Ortsfremden
Semlin, das in der ersten Feuerlinie liegt,
verlassen. Auch alle hier anwesenden fremden
Korrespondenten werden von dieser
Verfügung betroffen.
Wien, 1. Aug. Zwei Grenzjäger haben unter
feindlichem Feuer die angeschwollene Deine durchschwommen
und eine serbische Telefonleitung zerstört.
_____________________________
ZUR TAGESGESCHICHTE.
Zur Stärke der Parteien im deutschen Reichstag,
In der Presse sind die Zahlen über die Stärke der
Konservativen, Nationalliberalen und Freisinnigen
in letzter Zeit verschieden angegeben worden. Auf
Grund amtlichen Materials stellen sich diese Zahlen
wie folgt dar: Die drittstärkste Partei ist jetzt die
fortschrittliche Volkspartei mit 46 Mitgliedern (Januar
1912: 41 Mitglieder und 1 Hospitant). Es folgt
die nationalliberale Fraktion mit 40 Mitgliedern
und 5 Hospitanten (es ist der gleiche Stand
wie 1912). Die konservative Fraktion zählt 39
Mitglieder und 2 Hospitanten). (Januar 1912: 43
Mitglieder und 2 Hospitanten) . Während die
Nationalliberalen keine Einbuße erlitten, verloren
die Konservativen 4 Mandate, die Freisinnigen
gewannen 4 Mandate. Die fortschrittliche
Volkspartei gewann von den Konservativen
Hagennow-Grevesmühlen und Labiau-Wehlau, von
den Nationalliberalen Waldeck und Koburg, die ihre
Verluste durch den Gewinn der konservativen Mandate
in Salzwedel-Gardelegen und Stendal-Offenburg
wettmachten. Der austretende Hospitant der
Nationalliberalen Hestermann wurde durch den
neuen Hospitanten Schröder (Elbing) ersetzt. Der
Hospitant Roeser ist der fortschrittlichen Fraktion
[sic]
_______________________________
EINHEIMISCHES.
Eisenach , den 1.August.
Erlaß.
Im Anschluß an den im 2. Blatt der "Eisenacher
Zeitung"" veröffentlichten Erlaß des Kommandierenden
Generals bestimme ich:
Gemäß dem Abschnitt: Vom Kriegs- und Belagerungszustand
der "Vorschrift über den Waffengebrauch
des Militärs und seine Mitwirkung zur Unterdrückung
innerer Unruhen" vom 19. März 1914,
Ziffer 1 gelten für den Kriegszustand
die Vorschriften des preußischen Gesetzes
vom 4. Juni 1851.
2. Spalte
§ 8
Wer in einem in Belagerungszustand erklärten
Orte oder Distrikte der vorsätzlichen Brandstiftung,
der vorsätzlichen Verursachung einer Überschwemmung
oder des Angriffs oder des Widerstandes
gegen die bewaffnete Macht oder Abgeordnete der
Zivil- oder Militärbehörde in offener Gewalt und
mit Waffen oder gefährlichen Werkzeugen versehen
sich schuldig macht, wird mit dem Tode bestraft.
Sind mildernde Umstände vorhanden, so kann,
statt der Todesstrafe, auf 10 - 20jährige Zuchthausstrafe
erkannt werden.
§ 9.
Wer in einem in Belagerungszustand erklärten
Orte oder Distrikte
a) in Beziehung auf die Zahl, die Marschrichtung
oder angebliche Siege der Feinde oder
Aufrührer wissentlich falsche Gerüchte ausstreut
oder verbreitet, welche geeignet sind,
die Zivil- oder Militärbehörden hinsichtlich
ihrer Maßregeln irre zu führen, oder
b) ein bei Erklärung des Belagerungszustandes
oder während desselben vom Militärbefehlshaber
im Interesse der öffentlichen Sicherheit
erlassenes Verbot übertritt, oder zu solcher
Übertretung auffordert oder anreizt,
oder
c) zu dem Verbrechen des Aufruhrs, der tätlichen
Widersetzlichkeit, der Befreiung eines
Gefangenen oder zu einem anderen im § 8
vorgesehenen Verbrechen, wenn auch ohne
Erfolg auffordert oder anreizt, oder
d) Personen des Soldatenstandes zu Verbrechen
gegen die Subordination oder Vergehungen
gegen die militärische Zucht und Ordnung
zu verleiten sucht,
soll, wenn die bestehenden Gesetze keine höhere Freiheitsstrafe
bestimmen, mit Gefängnis bis zu einem
Jahre bestraft werden.
Eisenach, den 1. August 1914.
Kgl. Preußisches Garnison -
Kommando.
Krug von Nidda,
Major und Garnisonsältester.
___________________________
* Vom Hofe. Ihre Königlichen Hoheiten, Großherzog
Wilhelm Ernst und Großherzogin
Feodora haben heute vormittag Schloß
Wilhelmsthal verlassen und sind mit dem Automobil
nach Weimar gefahren, woselbst bereits die Ankunft
erfolgte. Das Großherzogliche Hoflager in
Wilhelmsthal ist vorerst aufgehoben. Die beiden
Kinder unseres Großherzogspaares verbleiben jedoch
bis auf weiteres in Wilhelmsthal.
* Der Kriegszustand macht sich schon gleich in den
ersten Tagen auch im täglichen Leben bemerkbar.
Mit der Bequemlichkeit und Selbstverständlichkeit,
die der Mensch von heutzutage beansprucht,
ist es vorbei. So werden jetzt auf dem
Postamt postlagernde Briefe nicht mehr
ausgehändigt. Die Post verlangt einen von der Polizei
ausgefertigten Ausweis, die Polizei
weigert sich aber, diesen auszustellen, so
daß der Gesuchsteller von der Post zur Polizei und
wieder umgekehrt hin- und herläuft, ohne in den
Besitz seiner Briefschaften zu kommen. Dieser Zustand,
der ja ganz unnötig ist, liegt wohl nur daran,
daß die Polizei nur noch nicht vom richtigen
Orte aus angewiesen ist, den von der Post verlangten
Schein auszustellen. - Was sich gestern auf
der Sparkasse in Eisenach abspielte, war kein
schönes Bild selbstbewußten Benehmens, wie es sich
für Deutsche geziemt. Von den Vormittagsstunden
an war die Kasse von Hunderten belagert,
ein Polizeigebot mußte herangeholt
werden, um Ordnung zu schaffen! Aber der sich
überstürzenden Erregung wurde sie natürlich
nicht Herr. Wilde Szenen spielten sich ab,
die einen weinten, die anderen lachten und
des Gedränges war kein Ende bis in den Nachmittag
hinein. Im übrigen geht nun alles seinen
Gang weiter. Die Brücken und Eisenbahnüberführungen
werden von gestern an von
Veteranen bewacht. Post und Bahn arbeiten
fieberhaft. Vor der Hauptpost am Markt müssen
die Jahrmarktstände geräumt werden, damit
der Zugang zur Post ungehindert ist. Durch Deutschlands
Ultimatum an Rußland, die Anfrage an
Frankreich ist die Entscheidung nun nicht
mehr aufzuhalten. Stündlich kann sie fallen. Alle
Deutschen werden sich des großen Augenblicks würdig
zeigen und siegesgewiß in die Zukunft
blicken.
* Der Kriegszustand wurde heute vormittag mittels
Trommelwirbel vom hiesigen Bataillon
allgemein zur öffentlichen Kenntnis gebracht. Um
Irrtümer zu vermeiden, sei besonders darauf aufmerksam
gemacht, daß dies mit einer Kriegserklärung
nichts zu tun hat, sondern daß damit nur
die besonderen militärische Gesetze in Kraft treten. 7
* Das Publikum und die Kriegsgefahr. Wie
immer in Zeiten irgend einer Krisis so ist auch
augenblicklich bei der drohenden Kriegsgefahr eine
übertriebene Ängstlichkeit im Publikum
zu beobachten. So war gestern ein Ansturm auf
Lebensmittel, speziell Mehl, Kartoffeln usw.
zu beobachten, wie das wohl eben nur in solch unruhigen
Zeiten möglich ist. Die Kartoffelwagen
wurden geradezu gestürmt, ebenso die Mühlen und
sonstigen derartigen Geschäfte. Die Folgen eines
solchen unverständigen Andranges bleiben natürlich
nicht aus, so steigerten sich die Preise für die Kartoffeln,
die am vormittag noch 4 M. der Zentner
kosteten, nachmittags auf 6 M. und mehr.
Mehl ist der Zentner um 10 - 11 M. gestiegen.
Selbstverständlich steigen dann auch alle übrigen
Lebensmittelpreise und die Frage ist berechtigt, ob
diese Steigerung schon jetzt begründet ist? und man
muß sagen nein, aber das Publikum ist ja selber
schuld, indem es plötzlich so gewaltige Einkäufe
macht, daß die Geschäfte ja schließlich töricht wären,
wenn sie dem Bedarf in dieser Weise nicht Rechnung
tragen wollten durch Erhöhung der Preise.
Wie sollen schließlich mit einmal diese großen Anforderungen
erfüllt werden können? Wie soll es werden,
wenn wirklich ein Krieg ausbricht? Dem
-
item 21
1. Spalte
TÜRKEI.½
Neueste Nachrichten.
Konstantinopel, 1. August. Den Blättern
zufolge wird die türkische Torpedobootsflottille unter
Kommando des Admirals Limbus Pascha zum
Hochseemanöver in den Archipel auslaufen.
JAPAN.
Japan und Rußland.
Man schreibt der "Frkf. Ztg.": Angesichts der
russischen Mobilisierung an der Westgrenze des
Reichs ist die Ansicht des Grafen Okuma, eines genauen
Kenners japanischer und russischer Heeresverhältnisse,
über die Gefahren, in die sich Rußland
im Kriegsfalle stürzen würde, besonders lehrreich.
Graf Okuma hat vor kurzem eine Broschüre veröffentlicht,
in der er über einen japanischen Revanchekrieg
und einen Krieg Rußlands mit den
Weltmächten genaue Untersuchungen anstellt. Aus
diesen geht hervor, daß Rußland im Falle kriegerischer
Verwicklungen in Europa durch Japan in eine
recht ungünstige militärische Lage gebracht werden
würde, so daß tatsächlich ein Waffengang im
Westen für das Zarenreich unberechenbare Folgen
im fernen Osten zeitigen könnte. Die Broschüre des
Grafen Okuma hat großen Eindruck in Japan gemacht,
da der Nachweis geführt wird, daß die Russen
gar nicht in der Lage seien, einen sieghaften Krieg
mit Japan zu führen. Letzteres werde innerhalb
eines Monats ein Heer von 1 ½ Millionen Soldaten
gegn [sic] Rußland aufstellen, das bestenfalls imstande
sei, nach 3 Monaten höchstens 1 Million Soldaten
gegen Russland aufstellen, das bestenfalls im- [sic]
Dies wäre nur denkbar, wenn die europäischen
Kräfte nicht durch einen Feldzug im Westen gefesselt
würden
_________________________
VOM KRIEGSSCHAUPLATZ.
Neue Gefechte.
Mailand, 30. Juli. Der Secolo erhält aus
Nisch eine Privatmeldung über den Kampf bei
Semendria der bei Sonnenaufgang begonnen
hat, um 8 Uhr früh unterbrochen und am Nachmittag
wieder aufgenommen wurde. Die Serben hätten
dem übermächtigen Gegner den lebhaftesten
Widerstand entgegengesetzt; auf beiden Seiten seien
einige hundert Tote zu verzeichnen. Wenn
die Serben auch Semendria preisgeben
mußte (sic), so würden doch Posonka, Jagodin und
Porotin drei schwere Etappen für das Eindringen
der österreichischen Truppen nach dem Süden bedeuten.
An der bosnischen Grenze hätten einige
hundert Serben die kleine Festung Lesitza stundenlang
gegen Tausende von österreichischen Truppen
verteidigt; sie seien dann abgezogen, nachdem
sie dem Gegner beträchtliche Verluste verursacht
hätten.
Erneutes Bombardement von Belgrad.
Semlin, 30.Juli. Um ½ 9 Uhr morgens ist
die Beschießung Belgrads wieder aufgenommen
worden und heute donnern die Geschütze nicht nur
von der Laudon-Schanze, sondern auch von der noch
näher gelegenen Eugen-Schanze. Die Monitore sind
bisher nicht vorgefahren. Die Station ist vollkommen
verödet. Alle Türen sind abgesperrt und oben
im Stockwerk sind etwa zwanzig Soldaten untergebracht;
diese werden voraussichtlich von dort den
Feind mit Kleingewehrfeuer zu bestreichen suchen.
Heue mittag 12 Uhr müssen alle Ortsfremden
Semlin, das in der ersten Feuerlinie liegt,
verlassen. Auch alle hier anwesenden fremden
Korrespondenten werden von dieser
Verfügung betroffen.
Wien, 1. Aug. Zwei Grenzjäger haben unter
feindlichem Feuer die angeschwollene Deine durchschwommen
und eine serbische Telefonleitung zerstört.
_____________________________
ZUR TAGESGESCHICHTE.
Zur Stärke der Parteien im deutschen Reichstag,
In der Presse sind die Zahlen über die Stärke der
Konservativen, Nationalliberalen und Freisinnigen
in letzter Zeit verschieden angegeben worden. Auf
Grund amtlichen Materials stellen sich diese Zahlen
wie folgt dar: Die drittstärkste Partei ist jetzt die
fortschrittliche Volkspartei mit 46 Mitgliedern (Januar
1912: 41 Mitglieder und 1 Hospitant). Es folgt
die nationalliberale Fraktion mit 40 Mitgliedern
und 5 Hospitanten (es ist der gleiche Stand
wie 1912). Die konservative Fraktion zählt 39
Mitglieder und 2 Hospitanten). (Januar 1912: 43
Mitglieder und 2 Hospitanten) . Während die
Nationalliberalen keine Einbuße erlitten, verloren
die Konservativen 4 Mandate, die Freisinnigen
gewannen 4 Mandate. Die fortschrittliche
Volkspartei gewann von den Konservativen
Hagennow-Grevesmühlen und Labiau-Wehlau, von
den Nationalliberalen Waldeck und Koburg, die ihre
Verluste durch den Gewinn der konservativen Mandate
in Salzwedel-Gardelegen und Stendal-Offenburg
wettmachten. Der austretende Hospitant der
Nationalliberalen Hestermann wurde durch den
neuen Hospitanten Schröder (Elbing) ersetzt. Der
Hospitant Roeser ist der fortschrittlichen Fraktion
[sic]
_______________________________
EINHEIMISCHES.
Eisenach , den 1.August.
Erlaß.
Im Anschluß an den im 2. Blatt der "Eisenacher
Zeitung"" veröffentlichten Erlaß des Kommandierenden
Generals bestimme ich:
Gemäß dem Abschnitt: Vom Kriegs- und Belagerungszustand
der "Vorschrift über den Waffengebrauch
des Militärs und seine Mitwirkung zur Unterdrückung
innerer Unruhen" vom 19. März 1914,
Ziffer 1 gelten für den Kriegszustand
die Vorschriften des preußischen Gesetzes
vom 4. Juni 1851.
2. Spalte
§ 8
Wer in einem in Belagerungszustand erklärten
Orte oder Distrikte der vorsätzlichen Brandstiftung,
der vorsätzlichen Verursachung einer Überschwemmung
oder des Angriffs oder des Widerstandes
gegen die bewaffnete Macht oder Abgeordnete der
Zivil- oder Militärbehörde in offener Gewalt und
mit Waffen oder gefährlichen Werkzeugen versehen
sich schuldig macht, wird mit dem Tode bestraft.
Sind mildernde Umstände vorhanden, so kann,
statt der Todesstrafe, auf 10 - 20jährige Zuchthausstrafe
erkannt werden.
§ 9.
Wer in einem in Belagerungszustand erklärten
Orte oder Distrikte
a) in Beziehung auf die Zahl, die Marschrichtung
oder angebliche Siege der Feinde oder
Aufrührer wissentlich falsche Gerüchte ausstreut
oder verbreitet, welche geeignet sind,
die Zivil- oder Militärbehörden hinsichtlich
ihrer Maßregeln irre zu führen, oder
b) ein bei Erklärung des Belagerungszustandes
oder während desselben vom Militärbefehlshaber
im Interesse der öffentlichen Sicherheit
erlassenes Verbot übertritt, oder zu solcher
Übertretung auffordert oder anreizt,
oder
c) zu dem Verbrechen des Aufruhrs, der tätlichen
Widersetzlichkeit, der Befreiung eines
Gefangenen oder zu einem anderen im § 8
vorgesehenen Verbrechen, wenn auch ohne
Erfolg auffordert oder anreizt, oder
d) Personen des Soldatenstandes zu Verbrechen
gegen die Subordination oder Vergehungen
gegen die militärische Zucht und Ordnung
zu verleiten sucht,
soll, wenn die bestehenden Gesetze keine höhere Freiheitsstrafe
bestimmen, mit Gefängnis bis zu einem
Jahre bestraft werden.
Eisenach, den 1. August 1914.
Kgl. Preußisches Garnison -
Kommando.
Krug von Nidda,
Major und Garnisonsältester.
___________________________
* Vom Hofe. Ihre Königlichen Hoheiten, Großherzog
Wilhelm Ernst und Großherzogin
Feodora haben heute vormittag Schloß
Wilhelmsthal verlassen und sind mit dem Automobil
nach Weimar gefahren, woselbst bereits die Ankunft
erfolgte. Das Großherzogliche Hoflager in
Wilhelmsthal ist vorerst aufgehoben. Die beiden
Kinder unseres Großherzogspaares verbleiben jedoch
bis auf weiteres in Wilhelmsthal.
* Der Kriegszustand macht sich schon gleich in den
ersten Tagen auch im täglichen Leben bemerkbar.
Mit der Bequemlichkeit und Selbstverständlichkeit,
die der Mensch von heutzutage beansprucht,
ist es vorbei. So werden jetzt auf dem
Postamt postlagernde Briefe nicht mehr
ausgehändigt. Die Post verlangt einen von der Polizei
ausgefertigten Ausweis, die Polizei
weigert sich aber, diesen auszustellen, so
daß der Gesuchsteller von der Post zur Polizei und
wieder umgekehrt hin- und herläuft, ohne in den
Besitz seiner Briefschaften zu kommen. Dieser Zustand,
der ja ganz unnötig ist, liegt wohl nur daran,
daß die Polizei nur noch nicht vom richtigen
Orte aus angewiesen ist, den von der Post verlangten
Schein auszustellen. - Was sich gestern auf
der Sparkasse in Eisenach abspielte, war kein
schönes Bild selbstbewußten Benehmens, wie es sich
für Deutsche geziemt. Von den Vormittagsstunden
an war die Kasse von Hunderten belagert,
ein Polizeigebot mußte herangeholt
werden, um Ordnung zu schaffen! Aber der sich
überstürzenden Erregung wurde sie natürlich
nicht Herr. Wilde Szenen spielten sich ab,
die einen weinten, die anderen lachten und
des Gedränges war kein Ende bis in den Nachmittag
hinein. Im übrigen geht nun alles seinen
Gang weiter. Die Brücken und Eisenbahnüberführungen
werden von gestern an von
Veteranen bewacht. Post und Bahn arbeiten
fieberhaft. Vor der Hauptpost am Markt müssen
die Jahrmarktstände geräumt werden, damit
der Zugang zur Post ungehindert ist. Durch Deutschlands
Ultimatum an Rußland, die Anfrage an
Frankreich ist die Entscheidung nun nicht
mehr aufzuhalten. Stündlich kann sie fallen. Alle
Deutschen werden sich des großen Augenblicks würdig
zeigen und siegesgewiß in die Zukunft
blicken.
-
item 21
1. Spalte
TÜRKEI.½
Neueste Nachrichten.
Konstantinopel, 1. August. Den Blättern
zufolge wird die türkische Torpedobootsflottille unter
Kommando des Admirals Limbus Pascha zum
Hochseemanöver in den Archipel auslaufen.
JAPAN.
Japan und Rußland.
Man schreibt der "Frkf. Ztg.": Angesichts der
russischen Mobilisierung an der Westgrenze des
Reichs ist die Ansicht des Grafen Okuma, eines genauen
Kenners japanischer und russischer Heeresverhältnisse,
über die Gefahren, in die sich Rußland
im Kriegsfalle stürzen würde, besonders lehrreich.
Graf Okuma hat vor kurzem eine Broschüre veröffentlicht,
in der er über einen japanischen Revanchekrieg
und einen Krieg Rußlands mit den
Weltmächten genaue Untersuchungen anstellt. Aus
diesen geht hervor, daß Rußland im Falle kriegerischer
Verwicklungen in Europa durch Japan in eine
recht ungünstige militärische Lage gebracht werden
würde, so daß tatsächlich ein Waffengang im
Westen für das Zarenreich unberechenbare Folgen
im fernen Osten zeitigen könnte. Die Broschüre des
Grafen Okuma hat großen Eindruck in Japan gemacht,
da der Nachweis geführt wird, daß die Russen
gar nicht in der Lage seien, einen sieghaften Krieg
mit Japan zu führen. Letzteres werde innerhalb
eines Monats ein Heer von 1 ½ Millionen Soldaten
gegn [sic] Rußland aufstellen, das bestenfalls imstande
sei, nach 3 Monaten höchstens 1 Million Soldaten
gegen Russland aufstellen, das bestenfalls im- [sic]
Dies wäre nur denkbar, wenn die europäischen
Kräfte nicht durch einen Feldzug im Westen gefesselt
würden
_________________________
VOM KRIEGSSCHAUPLATZ.
Neue Gefechte.
Mailand, 30. Juli. Der Secolo erhält aus
Nisch eine Privatmeldung über den Kampf bei
Semendria der bei Sonnenaufgang begonnen
hat, um 8 Uhr früh unterbrochen und am Nachmittag
wieder aufgenommen wurde. Die Serben hätten
dem übermächtigen Gegner den lebhaftesten
Widerstand entgegengesetzt; auf beiden Seiten seien
einige hundert Tote zu verzeichnen. Wenn
die Serben auch Semendria preisgeben
mußte (sic), so würden doch Posonka, Jagodin und
Porotin drei schwere Etappen für das Eindringen
der österreichischen Truppen nach dem Süden bedeuten.
An der bosnischen Grenze hätten einige
hundert Serben die kleine Festung Lesitza stundenlang
gegen Tausende von österreichischen Truppen
verteidigt; sie seien dann abgezogen, nachdem
sie dem Gegner beträchtliche Verluste verursacht
hätten.
Erneutes Bombardement von Belgrad.
Semlin, 30.Juli. Um ½ 9 Uhr morgens ist
die Beschießung Belgrads wieder aufgenommen
worden und heute donnern die Geschütze nicht nur
von der Laudon-Schanze, sondern auch von der noch
näher gelegenen Eugen-Schanze. Die Monitore sind
bisher nicht vorgefahren. Die Station ist vollkommen
verödet. Alle Türen sind abgesperrt und oben
im Stockwerk sind etwa zwanzig Soldaten untergebracht;
diese werden voraussichtlich von dort den
Feind mit Kleingewehrfeuer zu bestreichen suchen.
Heue mittag 12 Uhr müssen alle Ortsfremden
Semlin, das in der ersten Feuerlinie liegt,
verlassen. Auch alle hier anwesenden fremden
Korrespondenten werden von dieser
Verfügung betroffen.
Wien, 1. Aug. Zwei Grenzjäger haben unter
feindlichem Feuer die angeschwollene Deine durchschwommen
und eine serbische Telefonleitung zerstört.
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ZUR TAGESGESCHICHTE.
Zur Stärke der Parteien im deutschen Reichstag,
In der Presse sind die Zahlen über die Stärke der
Konservativen, Nationalliberalen und Freisinnigen
in letzter Zeit verschieden angegeben worden. Auf
Grund amtlichen Materials stellen sich diese Zahlen
wie folgt dar: Die drittstärkste Partei ist jetzt die
fortschrittliche Volkspartei mit 46 Mitgliedern (Januar
1912: 41 Mitglieder und 1 Hospitant). Es folgt
die nationalliberale Fraktion mit 40 Mitgliedern
und 5 Hospitanten (es ist der gleiche Stand
wie 1912). Die konservative Fraktion zählt 39
Mitglieder und 2 Hospitanten). (Januar 1912: 43
Mitglieder und 2 Hospitanten) . Während die
Nationalliberalen keine Einbuße erlitten, verloren
die Konservativen 4 Mandate, die Freisinnigen
gewannen 4 Mandate. Die fortschrittliche
Volkspartei gewann von den Konservativen
Hagennow-Grevesmühlen und Labiau-Wehlau, von
den Nationalliberalen Waldeck und Koburg, die ihre
Verluste durch den Gewinn der konservativen Mandate
in Salzwedel-Gardelegen und Stendal-Offenburg
wettmachten. Der austretende Hospitant der
Nationalliberalen Hestermann wurde durch den
neuen Hospitanten Schröder (Elbing) ersetzt. Der
Hospitant Roeser ist der fortschrittlichen Fraktion
[sic]
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EINHEIMISCHES.
Eisenach , den 1.August.
Erlaß.
Im Anschluß an den im 2. Blatt der "Eisenacher
Zeitung"" veröffentlichten Erlaß des Kommandierenden
Generals bestimme ich:
Gemäß dem Abschnitt: Vom Kriegs- und Belagerungszustand
der "Vorschrift über den Waffengebrauch
des Militärs und seine Mitwirkung zur Unterdrückung
innerer Unruhen" vom 19. März 1914,
Ziffer 1 gelten für den Kriegszustand
die Vorschriften des preußischen Gesetzes
vom 4. Juni 1851.
2. Spalte
§ 8
Wer in einem in Belagerungszustand erklärten
Orte oder Distrikte der vorsätzlichen Brandstiftung,
der vorsätzlichen Verursachung einer Überschwemmung
oder des Angriffs oder des Widerstandes
gegen die bewaffnete Macht oder Abgeordnete der
Zivil- oder Militärbehörde in offener Gewalt und
mit Waffen oder gefährlichen Werkzeugen versehen
sich schuldig macht, wird mit dem Tode bestraft.
Sind mildernde Umstände vorhanden, so kann,
statt der Todesstrafe, auf 10 - 20jährige Zuchthausstrafe
erkannt werden.
§ 9.
Wer in einem in Belagerungszustand erklärten
Orte oder Distrikte
a) in Beziehung auf die Zahl, die Marschrichtung
oder angebliche Siege der Feinde oder
Aufrührer wissentlich falsche Gerüchte ausstreut
oder verbreitet, welche geeignet sind,
die Zivil- oder Militärbehörden hinsichtlich
ihrer Maßregeln irre zu führen, oder
b) ein bei Erklärung des Belagerungszustandes
oder während desselben vom Militärbefehlshaber
im Interesse der öffentlichen Sicherheit
erlassenes Verbot übertritt, oder zu solcher
Übertretung auffordert oder anreizt,
oder
c) zu dem Verbrechen des Aufruhrs, der tätlichen
Widersetzlichkeit, der Befreiung eines
Gefangenen oder zu einem anderen im § 8
vorgesehenen Verbrechen, wenn auch ohne
Erfolg auffordert oder anreizt, oder
d) Personen des Soldatenstandes zu Verbrechen
gegen die Subordination oder Vergehungen
gegen die militärische Zucht und Ordnung
zu verleiten sucht,
soll, wenn die bestehenden Gesetze keine höhere Freiheitsstrafe
bestimmen, mit Gefängnis bis zu einem
Jahre bestraft werden.
Eisenach, den 1. August 1914.
Kgl. Preußisches Garnison -
Kommando.
Krug von Nidda,
Major und Garnisonsältester.
___________________________
* Vom Hofe. Ihre Königlichen Hoheiten, Großherzog
Wilhelm Ernst und Großherzogin
Feodora haben heute vormittag Schloß
Wilhelmsthal verlassen und sind mit dem Automobil
nach Weimar gefahren, woselbst bereits die Ankunft
erfolgte. Das Großherzogliche Hoflager in
Wilhelmsthal ist vorerst aufgehoben. Die beiden
Kinder unseres Großherzogspaares verbleiben jedoch
bis auf weiteres in Wilhelmsthal.
-
item 21
1. Spalte
TÜRKEI.½
Neueste Nachrichten.
Konstantinopel, 1. August. Den Blättern
zufolge wird die türkische Torpedobootsflottille unter
Kommando des Admirals Limbus Pascha zum
Hochseemanöver in den Archipel auslaufen.
JAPAN.
Japan und Rußland.
Man schreibt der "Frkf. Ztg.": Angesichts der
russischen Mobilisierung an der Westgrenze des
Reichs ist die Ansicht des Grafen Okuma, eines genauen
Kenners japanischer und russischer Heeresverhältnisse,
über die Gefahren, in die sich Rußland
im Kriegsfalle stürzen würde, besonders lehrreich.
Graf Okuma hat vor kurzem eine Broschüre veröffentlicht,
in der er über einen japanischen Revanchekrieg
und einen Krieg Rußlands mit den
Weltmächten genaue Untersuchungen anstellt. Aus
diesen geht hervor, daß Rußland im Falle kriegerischer
Verwicklungen in Europa durch Japan in eine
recht ungünstige militärische Lage gebracht werden
würde, so daß tatsächlich ein Waffengang im
Westen für das Zarenreich unberechenbare Folgen
im fernen Osten zeitigen könnte. Die Broschüre des
Grafen Okuma hat großen Eindruck in Japan gemacht,
da der Nachweis geführt wird, daß die Russen
gar nicht in der Lage seien, einen sieghaften Krieg
mit Japan zu führen. Letzteres werde innerhalb
eines Monats ein Heer von 1 ½ Millionen Soldaten
gegn [sic] Rußland aufstellen, das bestenfalls imstande
sei, nach 3 Monaten höchstens 1 Million Soldaten
gegen Russland aufstellen, das bestenfalls im- [sic]
Dies wäre nur denkbar, wenn die europäischen
Kräfte nicht durch einen Feldzug im Westen gefesselt
würden
_________________________
VOM KRIEGSSCHAUPLATZ.
Neue Gefechte.
Mailand, 30. Juli. Der Secolo erhält aus
Nisch eine Privatmeldung über den Kampf bei
Semendria der bei Sonnenaufgang begonnen
hat, um 8 Uhr früh unterbrochen und am Nachmittag
wieder aufgenommen wurde. Die Serben hätten
dem übermächtigen Gegner den lebhaftesten
Widerstand entgegengesetzt; auf beiden Seiten seien
einige hundert Tote zu verzeichnen. Wenn
die Serben auch Semendria preisgeben
mußte (sic), so würden doch Posonka, Jagodin und
Porotin drei schwere Etappen für das Eindringen
der österreichischen Truppen nach dem Süden bedeuten.
An der bosnischen Grenze hätten einige
hundert Serben die kleine Festung Lesitza stundenlang
gegen Tausende von österreichischen Truppen
verteidigt; sie seien dann abgezogen, nachdem
sie dem Gegner beträchtliche Verluste verursacht
hätten.
Erneutes Bombardement von Belgrad.
Semlin, 30.Juli. Um ½ 9 Uhr morgens ist
die Beschießung Belgrads wieder aufgenommen
worden und heute donnern die Geschütze nicht nur
von der Laudon-Schanze, sondern auch von der noch
näher gelegenen Eugen-Schanze. Die Monitore sind
bisher nicht vorgefahren. Die Station ist vollkommen
verödet. Alle Türen sind abgesperrt und oben
im Stockwerk sind etwa zwanzig Soldaten untergebracht;
diese werden voraussichtlich von dort den
Feind mit Kleingewehrfeuer zu bestreichen suchen.
Heue mittag 12 Uhr müssen alle Ortsfremden
Semlin, das in der ersten Feuerlinie liegt,
verlassen. Auch alle hier anwesenden fremden
Korrespondenten werden von dieser
Verfügung betroffen.
Wien, 1. Aug. Zwei Grenzjäger haben unter
feindlichem Feuer die angeschwollene Deine durchschwommen
und eine serbische Telefonleitung zerstört.
_____________________________
ZUR TAGESGESCHICHTE.
Zur Stärke der Parteien im deutschen Reichstag,
In der Presse sind die Zahlen über die Stärke der
Konservativen, Nationalliberalen und Freisinnigen
in letzter Zeit verschieden angegeben worden. Auf
Grund amtlichen Materials stellen sich diese Zahlen
wie folgt dar: Die drittstärkste Partei ist jetzt die
fortschrittliche Volkspartei mit 46 Mitgliedern (Januar
1912: 41 Mitglieder und 1 Hospitant). Es folgt
die nationalliberale Fraktion mit 40 Mitgliedern
und 5 Hospitanten (es ist der gleiche Stand
wie 1912). Die konservative Fraktion zählt 39
Mitglieder und 2 Hospitanten). (Januar 1912: 43
Mitglieder und 2 Hospitanten) . Während die
Nationalliberalen keine Einbuße erlitten, verloren
die Konservativen 4 Mandate, die Freisinnigen
gewannen 4 Mandate. Die fortschrittliche
Volkspartei gewann von den Konservativen
Hagennow-Grevesmühlen und Labiau-Wehlau, von
den Nationalliberalen Waldeck und Koburg, die ihre
Verluste durch den Gewinn der konservativen Mandate
in Salzwedel-Gardelegen und Stendal-Offenburg
wettmachten. Der austretende Hospitant der
Nationalliberalen Hestermann wurde durch den
neuen Hospitanten Schröder (Elbing) ersetzt. Der
Hospitant Roeser ist der fortschrittlichen Fraktion
[sic]
_______________________________
EINHEIMISCHES.
Eisenach , den 1.August.
Erlaß.
Im Anschluß an den im 2. Blatt der "Eisenacher
Zeitung"" veröffentlichten Erlaß des Kommandierenden
Generals bestimme ich:
Gemäß dem Abschnitt: Vom Kriegs- und Belagerungszustand
der "Vorschrift über den Waffengebrauch
des Militärs und seine Mitwirkung zur Unterdrückung
innerer Unruhen" vom 19. März 1914,
Ziffer 1 gelten für den Kriegszustand
die Vorschriften des preußischen Gesetzes
vom 4. Juni 1851.
2. Spalte
§ 8
Wer in einem in Belagerungszustand erklärten
Orte oder Distrikte der vorsätzlichen Brandstiftung,
der vorsätzlichen Verursachung einer Überschwemmung
oder des Angriffs oder des Widerstandes
gegen die bewaffnete Macht oder Abgeordnete der
Zivil- oder Militärbehörde in offener Gewalt und
mit Waffen oder gefährlichen Werkzeugen versehen
sich schuldig macht, wird mit dem Tode bestraft.
Sind mildernde Umstände vorhanden, so kann,
statt der Todesstrafe, auf 10 - 20jährige Zuchthausstrafe
erkannt werden.
§ 9.
Wer in einem in Belagerungszustand erklärten
Orte oder Distrikte
a) in Beziehung auf die Zahl, die Marschrichtung
oder angebliche Siege der Feinde oder
Aufrührer wissentlich falsche Gerüchte ausstreut
oder verbreitet, welche geeignet sind,
die Zivil- oder Militärbehörden hinsichtlich
ihrer Maßregeln irre zu führen, oder
b) ein bei Erklärung des Belagerungszustandes
oder während desselben vom Militärbefehlshaber
im Interesse der öffentlichen Sicherheit
erlassenes Verbot übertritt, oder zu solcher
Übertretung auffordert oder anreizt,
oder
c) zu dem Verbrechen des Aufruhrs, der tätlichen
Widersetzlichkeit, der Befreiung eines
Gefangenen oder zu einem anderen im § 8
vorgesehenen Verbrechen, wenn auch ohne
Erfolg auffordert oder anreizt, oder
d) Personen des Soldatenstandes zu Verbrechen
gegen die Subordination oder Vergehungen
gegen die militärische Zucht und Ordnung
zu verleiten sucht,
soll, wenn die bestehenden Gesetze keine höhere Freiheitsstrafe
bestimmen, mit Gefängnis bis zu einem
Jahre bestraft werden.
Eisenach, den 1. August 1914.
Kgl. Preußisches Garnison -
Kommando.
Krug von Nidda,
Major und Garnisonsältester.
___________________________
-
item 21
1. Spalte
TÜRKEI.
Neueste Nachrichten.
Konstantinopel, 1. August. Den Blättern
zufolge wird die türkische Torpedobootsflottille unter
Kommando des Admirals Limbus Pascha zum
Hochseemanöver in den Archipel auslaufen.
JAPAN.
Japan und Rußland.
Man schreibt der "Frkf. Ztg.": Angesichts der
russischen Mobilisierung an der Westgrenze des
Reichs ist die Ansicht des Grafen Okuma, eines genauen
Kenners japanischer und russischer Heeresverhältnisse,
über die Gefahren, in die sich Rußland
im Kriegsfalle stürzen würde, besonders lehrreich.
Graf Okuma hat vor kurzem eine Broschüre veröffentlicht,
in der er über einen japanischen Revanchekrieg
und einen Krieg Rußlands mit den
Weltmächten genaue Untersuchungen anstellt. Aus
diesen geht hervor, daß Rußland im Falle kriegerischer
Verwicklungen in Europa durch Japan in eine
recht ungünstige militärische Lage gebracht werden
würde, so daß tatsächlich ein Waffengang im
Westen für das Zarenreich unberechenbare Folgen
im fernen Osten zeitigen könnte. Die Broschüre des
Grafen Okuma hat großen Eindruck in Japan gemacht,
da der Nachweis geführt wird, daß die Russen
gar nicht in der Lage seien, einen sieghaften Krieg
mit Japan zu führen. Letzteres werde innerhalb
eines Monats ein Heer von 1 ½ Millionen Soldaten
gegn [sic] Rußland aufstellen, das bestenfalls imstande
sei, nach 3 Monaten höchstens 1 Million Soldaten
gegen Russland aufstellen, das bestenfalls im- [sic]
Dies wäre nur denkbar, wenn die europäischen
Kräfte nicht durch einen Feldzug im Westen gefesselt
würden
_________________________
VOM KRIEGSSCHAUPLATZ.
Neue Gefechte.
Mailand, 30. Juli. Der Secolo erhält aus
Nisch eine Privatmeldung über den Kampf bei
Semendria der bei Sonnenaufgang begonnen
hat, um 8 Uhr früh unterbrochen und am Nachmittag
wieder aufgenommen wurde. Die Serben hätten
dem übermächtigen Gegner den lebhaftesten
Widerstand entgegengesetzt; auf beiden Seiten seien
einige hundert Tote zu verzeichnen. Wenn
die Serben auch Semendria preisgeben
mußte (sic), so würden doch Posonka, Jagodin und
Porotin drei schwere Etappen für das Eindringen
der österreichischen Truppen nach dem Süden bedeuten.
An der bosnischen Grenze hätten einige
hundert Serben die kleine Festung Lesitza stundenlang
gegen Tausende von österreichischen Truppen
verteidigt; sie seien dann abgezogen, nachdem
sie dem Gegner beträchtliche Verluste verursacht
hätten.
Erneutes Bombardement von Belgrad.
Semlin, 30.Juli. Um 1/2 9 Uhr morgens ist
die Beschießung Belgrads wieder aufgenommen
worden und heute donnern die Geschütze nicht nur
von der Laudon-Schanze, sondern auch von der noch
näher gelegenen Eugen-Schanze. Die Monitore sind
bisher nicht vorgefahren. Die Station ist vollkommen
verödet. Alle Türen sind abgesperrt und oben
im Stockwerk sind etwa zwanzig Soldaten untergebracht;
diese werden voraussichtlich von dort den
Feind mit Kleingewehrfeuer zu bestreichen suchen.
Heue mittag 12 Uhr müssen alle Ortsfremden
Semlin, das in der ersten Feuerlinie liegt,
verlassen. Auch alle hier anwesenden fremden
Korrespondenten werden von dieser
Verfügung betroffen.
Wien, 1. Aug. Zwei Grenzjäger haben unter
feindlichem Feuer die angeschwollene Deine durchschwommen
und eine serbische Telefonleitung zerstört.
_____________________________
ZUR TAGESGESCHICHTE.
Zur Stärke der Parteien im deutschen Reichstag,
In der Presse sind die Zahlen über die Stärke der
Konservativen, Nationalliberalen und Freisinnigen
in letzter Zeit verschieden angegeben worden. Auf
Grund amtlichen Materials stellen sich diese Zahlen
wie folgt dar: Die drittstärkste Partei ist jetzt die
fortschrittliche Volkspartei mit 46 Mitgliedern (Januar
1912: 41 Mitglieder und 1 Hospitant). Es folgt
die nationalliberale Fraktion mit 40 Mitgliedern
und 5 Hospitanten (es ist der gleiche Stand
wie 1912). Die konservative Fraktion zählt 39
Mitglieder und 2 Hospitanten). (Januar 1912: 43
Mitglieder und 2 Hospitanten) . Während die
Nationalliberalen keine Einbuße erlitten, verloren
die Konservativen 4 Mandate, die Freisinnigen
gewannen 4 Mandate. Die fortschrittliche
Volkspartei gewann von den Konservativen
Hagennow-Grevesmühlen und Labiau-Wehlau, von
den Nationalliberalen Waldeck und Koburg, die ihre
Verluste durch den Gewinn der konservativen Mandate
in Salzwedel-Gardelegen und Stendal-Offenburg
wettmachten. Der austretende Hospitant der
Nationalliberalen Hestermann wurde durch den
neuen Hospitanten Schröder (Elbing) ersetzt. Der
Hospitant Roeser ist der fortschrittlichen Fraktion
[sic]
_______________________________
EINHEIMISCHES.
Eisenach , den 1.August.
Erlaß.
Im Anschluß an den im 2. Blatt der "Eisenacher
Zeitung"" veröffentlichten Erlaß des Kommandierenden
Generals bestimme ich:
Gemäß dem Abschnitt: Vom Kriegs- und Belagerungszustand
der "Vorschrift über den Waffengebrauch
des Militärs und seine Mitwirkung zur Unterdrückung
innerer Unruhen" vom 19. März 1914,
Ziffer 1 gelten für den Kriegszustand
die Vorschriften des preußischen Gesetzes
vom 4. Juni 1851.
2. Spalte
§ 8
Wer in einem in Belagerungszustand erklärten
Orte oder Distrikte der vorsätzlichen Brandstiftung,
der vorsätzlichen Verursachung einer Überschwemmung
oder des Angriffs oder des Widerstandes
gegen die bewaffnete Macht oder Abgeordnete der
Zivil- oder Militärbehörde in offener Gewalt und
mit Waffen oder gefährlichen Werkzeugen versehen
sich schuldig macht, wird mit dem Tode bestraft.
Sind mildernde Umstände vorhanden, so kann,
statt der Todesstrafe, auf 10 - 20jährige Zuchthausstrafe
erkannt werden.
§ 9.
Wer in einem in Belagerungszustand erklärten
Orte oder Distrikte
a) in Beziehung auf die Zahl, die Marschrichtung
oder angebliche Siege der Feinde oder
Aufrührer wissentlich falsche Gerüchte ausstreut
oder verbreitet, welche geeignet sind,
die Zivil- oder Militärbehörden hinsichtlich
ihrer Maßregeln irre zu führen, oder
b) ein bei Erklärung des Belagerungszustandes
oder während desselben vom Militärbefehlshaber
im Interesse der öffentlichen Sicherheit
erlassenes Verbot übertritt, oder zu solcher
Übertretung auffordert oder anreizt,
oder
c) zu dem Verbrechen des Aufruhrs, der tätlichen
Widersetzlichkeit, der Befreiung eines
Gefangenen oder zu einem anderen im § 8
vorgesehenen Verbrechen, wenn auch ohne
Erfolg auffordert oder anreizt, oder
d) Personen des Soldatenstandes zu Verbrechen
gegen die Subordination oder Vergehungen
gegen die militärische Zucht und Ordnung
zu verleiten sucht,
soll, wenn die bestehenden Gesetze keine höhere Freiheitsstrafe
bestimmen, mit Gefängnis bis zu einem
Jahre bestraft werden.
Eisenach, den 1. August 1914.
Kgl. Preußisches Garnison -
Kommando.
Krug von Nidda,
Major und Garnisonsältester.
___________________________
-
item 21
1. Spalte
TÜRKEI.
Neueste Nachrichten.
Konstantinopel, 1. August. Den Blättern
zufolge wird die türkische Torpedobootsflottille unter
Kommando des Admirals Limbus Pascha zum
Hochseemanöver in den Archipel auslaufen.
JAPAN.
Japan und Rußland.
Man schreibt der "Frkf. Ztg.": Angesichts der
russischen Mobilisierung an der Westgrenze des
Reichs ist die Ansicht des Grafen Okuma, eines genauen
Kenners japanischer und russischer Heeresverhältnisse,
über die Gefahren, in die sich Rußland
im Kriegsfalle stürzen würde, besonders lehrreich.
Graf Okuma hat vor kurzem eine Broschüre veröffentlicht,
in der er über einen japanischen Revanchekrieg
und einen Krieg Rußlands mit den
Weltmächten genaue Untersuchungen anstellt. Aus
diesen geht hervor, daß Rußland im Falle kriegerischer
Verwicklungen in Europa durch Japan in eine
recht ungünstige militärische Lage gebracht werden
würde, so daß tatsächlich ein Waffengang im
Westen für das Zarenreich unberechenbare Folgen
im fernen Osten zeitigen könnte. Die Broschüre des
Grafen Okuma hat großen Eindruck in Japan gemacht,
da der Nachweis geführt wird, daß die Russen
gar nicht in der Lage seien, einen sieghaften Krieg
mit Japan zu führen. Letzteres werde innerhalb
eines Monats ein Heer von 1 ½ Millionen Soldaten
gegn [sic] Rußland aufstellen, das bestenfalls imstande
sei, nach 3 Monaten höchstens 1 Million Soldaten
gegen Russland aufstellen, das bestenfalls im- [sic]
Dies wäre nur denkbar, wenn die europäischen
Kräfte nicht durch einen Feldzug im Westen gefesselt
würden
_________________________
VOM KRIEGSSCHAUPLATZ.
Neue Gefechte.
Mailand, 30. Juli. Der Secolo erhält aus
Nisch eine Privatmeldung über den Kampf bei
Semendria der bei Sonnenaufgang begonnen
hat, um 8 Uhr früh unterbrochen und am Nachmittag
wieder aufgenommen wurde. Die Serben hätten
dem übermächtigen Gegner den lebhaftesten
Widerstand entgegengesetzt; auf beiden Seiten seien
einige hundert Tote zu verzeichnen. Wenn
die Serben auch Semendria preisgeben
mußte (sic), so würden doch Posonka, Jagodin und
Porotin drei schwere Etappen für das Eindringen
der österreichischen Truppen nach dem Süden bedeuten.
An der bosnischen Grenze hätten einige
hundert Serben die kleine Festung Lesitza stundenlang
gegen Tausende von österreichischen Truppen
verteidigt; sie seien dann abgezogen, nachdem
sie dem Gegner beträchtliche Verluste verursacht
hätten.
Erneutes Bombardement von Belgrad.
Semlin, 30.Juli. Um 1/2 9 Uhr morgens ist
die Beschießung Belgrads wieder aufgenommen
worden und heute donnern die Geschütze nicht nur
von der Laudon-Schanze, sondern auch von der noch
näher gelegenen Eugen-Schanze. Die Monitore sind
bisher nicht vorgefahren. Die Station ist vollkommen
verödet. Alle Türen sind abgesperrt und oben
im Stockwerk sind etwa zwanzig Soldaten untergebracht;
diese werden voraussichtlich von dort den
Feind mit Kleingewehrfeuer zu bestreichen suchen.
Heue mittag 12 Uhr müssen alle Ortsfremden
Semlin, das in der ersten Feuerlinie liegt,
verlassen. Auch alle hier anwesenden fremden
Korrespondenten werden von dieser
Verfügung betroffen.
Wien, 1. Aug. Zwei Grenzjäger haben unter
feindlichem Feuer die angeschwollene Deine durchschwommen
und eine serbische Telefonleitung zerstört.
_____________________________
ZUR TAGESGESCHICHTE.
Zur Stärke der Parteien im deutschen Reichstag,
In der Presse sind die Zahlen über die Stärke der
Konservativen, Nationalliberalen und Freisinnigen
in letzter Zeit verschieden angegeben worden. Auf
Grund amtlichen Materials stellen sich diese Zahlen
wie folgt dar: Die drittstärkste Partei ist jetzt die
fortschrittliche Volkspartei mit 46 Mitgliedern (Januar
1912: 41 Mitglieder und 1 Hospitant). Es folgt
die nationalliberale Fraktion mit 40 Mitgliedern
und 5 Hospitanten (es ist der gleiche Stand
wie 1912). Die konservative Fraktion zählt 39
Mitglieder und 2 Hospitanten). (Januar 1912: 43
Mitglieder und 2 Hospitanten) . Während die
Nationalliberalen keine Einbuße erlitten, verloren
die Konservativen 4 Mandate, die Freisinnigen
gewannen 4 Mandate. Die fortschrittliche
Volkspartei gewann von den Konservativen
Hagennow-Grevesmühlen und Labiau-Wehlau, von
den Nationalliberalen Waldeck und Koburg, die ihre
Verluste durch den Gewinn der konservativen Mandate
in Salzwedel-Gardelegen und Stendal-Offenburg
wettmachten. Der austretende Hospitant der
Nationalliberalen Hestermann wurde durch den
neuen Hospitanten Schröder (Elbing) ersetzt. Der
Hospitant Roeser ist der fortschrittlichen Fraktion
[sic]
_______________________________
EINHEIMISCHES.
Eisenach , den 1.August.
Erlaß.
Im Anschluß an den im 2. Blatt der "Eisenacher
Zeitung"" veröffentlichten Erlaß des Kommandierenden
Generals bestimme ich:
Gemäß dem Abschnitt: Vom Kriegs- und Belagerungszustand
der "Vorschrift über den Waffengebrauch
des Militärs und seine Mitwirkung zur Unterdrückung
innerer Unruhen" vom 19. März 1914,
Ziffer 1 gelten für den Kriegszustand
die Vorschriften des preußischen Gesetzes
vom 4. Juni 1851.
2. Spalte
§ 8
Wer in einem in Belagerungszustand erklärten
Orte oder Distrikte der vorsätzlichen Brandstiftung,
der vorsätzlichen Verursachung einer Überschwemmung
oder des Angriffs oder des Widerstandes
gegen die bewaffnete Macht oder Abgeordnete der
Zivil- oder Militärbehörde in offener Gewalt und
mit Waffen oder gefährlichen Werkzeugen versehen
sich schuldig macht, wird mit dem Tode bestraft.
Sind mildernde Umstände vorhanden, so kann,
statt der Todesstrafe, auf 10 - 20jährige Zuchthausstrafe
erkannt werden.
§ 9.
Wer in einem in Belagerungszustand erklärten
Orte oder Distrikte
a) in Beziehung auf die Zahl, die Marschrichtung
oder angebliche Siege der Feinde oder
Aufrührer wissentlich falsche Gerüchte ausstreut
oder verbreitet, welche geeignet sind,
die Zivil- oder Militärbehörden hinsichtlich
ihrer Maßregeln irre zu führen, oder
b) ein bei Erklärung des Belagerungszustandes
oder während desselben vom Militärbefehlshaber
im Interesse der öffentlichen Sicherheit
erlassenes Verbot übertritt, oder zu solcher
Übertretung auffordert oder anreizt,
oder
c) zu dem Verbrechen des Aufruhrs, der tätlichen
Widersetzlichkeit, der Befreiung eines
Gefangenen oder zu einem anderen im § 8
vorgesehenen Verbrechen, wenn auch ohne
Erfolg auffordert oder anreizt, oder
d) Personen des Soldatenstandes zu Verbrechen
gegen die Subordination oder Vergehungen
gegen die militärische Zucht und Ordnung
zu verleiten sucht,
soll, wenn die bestehenden Gesetze keine höhere Freiheitsstrafe
bestimmen, mit Gefängnis bis zu einem
Jahre bestraft werden.
Eisenach, den 1. August 1914.
Kgl. Preußisches Garnison -
Kommando.
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item 21
1. Spalte
TÜRKEI.
Neueste Nachrichten.
Konstantinopel, 1. August. Den Blättern
zufolge wird die türkische Torpedobootsflottille unter
Kommando des Admirals Limbus Pascha zum
Hochseemanöver in den Archipel auslaufen.
JAPAN.
Japan und Rußland.
Man schreibt der "Frkf. Ztg.": Angesichts der
russischen Mobilisierung an der Westgrenze des
Reichs ist die Ansicht des Grafen Okuma, eines genauen
Kenners japanischer und russischer Heeresverhältnisse,
über die Gefahren, in die sich Rußland
im Kriegsfalle stürzen würde, besonders lehrreich.
Graf Okuma hat vor kurzem eine Broschüre veröffentlicht,
in der er über einen japanischen Revanchekrieg
und einen Krieg Rußlands mit den
Weltmächten genaue Untersuchungen anstellt. Aus
diesen geht hervor, daß Rußland im Falle kriegerischer
Verwicklungen in Europa durch Japan in eine
recht ungünstige militärische Lage gebracht werden
würde, so daß tatsächlich ein Waffengang im
Westen für das Zarenreich unberechenbare Folgen
im fernen Osten zeitigen könnte. Die Broschüre des
Grafen Okuma hat großen Eindruck in Japan gemacht,
da der Nachweis geführt wird, daß die Russen
gar nicht in der Lage seien, einen sieghaften Krieg
mit Japan zu führen. Letzteres werde innerhalb
eines Monats ein Heer von 1 ½ Millionen Soldaten
gegn [sic] Rußland aufstellen, das bestenfalls imstande
sei, nach 3 Monaten höchstens 1 Million Soldaten
gegen Russland aufstellen, das bestenfalls im- [sic]
Dies wäre nur denkbar, wenn die europäischen
Kräfte nicht durch einen Feldzug im Westen gefesselt
würden
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VOM KRIEGSSCHAUPLATZ.
Neue Gefechte.
Mailand, 30. Juli. Der Secolo erhält aus
Nisch eine Privatmeldung über den Kampf bei
Semendria der bei Sonnenaufgang begonnen
hat, um 8 Uhr früh unterbrochen und am Nachmittag
wieder aufgenommen wurde. Die Serben hätten
dem übermächtigen Gegner den lebhaftesten
Widerstand entgegengesetzt; auf beiden Seiten seien
einige hundert Tote zu verzeichnen. Wenn
die Serben auch Semendria preisgeben
mußte (sic), so würden doch Posonka, Jagodin und
Porotin drei schwere Etappen für das Eindringen
der österreichischen Truppen nach dem Süden bedeuten.
An der bosnischen Grenze hätten einige
hundert Serben die kleine Festung Lesitza stundenlang
gegen Tausende von österreichischen Truppen
verteidigt; sie seien dann abgezogen, nachdem
sie dem Gegner beträchtliche Verluste verursacht
hätten.
Erneutes Bombardement von Belgrad.
Semlin, 30.Juli. Um 1/2 9 Uhr morgens ist
die Beschießung Belgrads wieder aufgenommen
worden und heute donnern die Geschütze nicht nur
von der Laudon-Schanze, sondern auch von der noch
näher gelegenen Eugen-Schanze. Die Monitore sind
bisher nicht vorgefahren. Die Station ist vollkommen
verödet. Alle Türen sind abgesperrt und oben
im Stockwerk sind etwa zwanzig Soldaten untergebracht;
diese werden voraussichtlich von dort den
Feind mit Kleingewehrfeuer zu bestreichen suchen.
Heue mittag 12 Uhr müssen alle Ortsfremden
Semlin, das in der ersten Feuerlinie liegt,
verlassen. Auch alle hier anwesenden fremden
Korrespondenten werden von dieser
Verfügung betroffen.
Wien, 1. Aug. Zwei Grenzjäger haben unter
feindlichem Feuer die angeschwollene Deine durchschwommen
und eine serbische Telefonleitung zerstört.
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ZUR TAGESGESCHICHTE.
Zur Stärke der Parteien im deutschen Reichstag,
In der Presse sind die Zahlen über die Stärke der
Konservativen, Nationalliberalen und Freisinnigen
in letzter Zeit verschieden angegeben worden. Auf
Grund amtlichen Materials stellen sich diese Zahlen
wie folgt dar: Die drittstärkste Partei ist jetzt die
fortschrittliche Volkspartei mit 46 Mitgliedern (Januar
1912: 41 Mitglieder und 1 Hospitant). Es folgt
die nationalliberale Fraktion mit 40 Mitgliedern
und 5 Hospitanten (es ist der gleiche Stand
wie 1912). Die konservative Fraktion zählt 39
Mitglieder und 2 Hospitanten). (Januar 1912: 43
Mitglieder und 2 Hospitanten) . Während die
Nationalliberalen keine Einbuße erlitten, verloren
die Konservativen 4 Mandate, die Freisinnigen
gewannen 4 Mandate. Die fortschrittliche
Volkspartei gewann von den Konservativen
Hagennow-Grevesmühlen und Labiau-Wehlau, von
den Nationalliberalen Waldeck und Koburg, die ihre
Verluste durch den Gewinn der konservativen Mandate
in Salzwedel-Gardelegen und Stendal-Offenburg
wettmachten. Der austretende Hospitant der
Nationalliberalen Hestermann wurde durch den
neuen Hospitanten Schröder (Elbing) ersetzt. Der
Hospitant Roeser ist der fortschrittlichen Fraktion
[sic]
_______________________________
EINHEIMISCHES.
Eisenach , den 1.August.
Erlaß.
Im Anschluß an den im 2. Blatt der "Eisenacher
Zeitung"" veröffentlichten Erlaß des Kommandierenden
Generals bestimme ich:
Gemäß dem Abschnitt: Vom Kriegs- und Belagerungszustand
der "Vorschrift über den Waffengebrauch
des Militärs und seine Mitwirkung zur Unterdrückung
innerer Unruhen" vom 19. März 1914,
Ziffer 1 gelten für den Kriegszustand
die Vorschriften des preußischen Gesetzes
vom 4. Juni 1851.
2. Spalte
§ 8
Wer in einem in Belagerungszustand erklärten
Orte oder Distrikte der vorsätzlichen Brandstiftung,
der vorsätzlichen Verursachung einer Überschwemmung
oder des Angriffs oder des Widerstandes
gegen die bewaffnete Macht oder Abgeordnete der
Zivil- oder Militärbehörde in offener Gewalt und
mit Waffen oder gefährlichen Werkzeugen versehen
sich schuldig macht, wird mit dem Tode bestraft.
Sind mildernde Umstände vorhanden, so kann,
statt der Todesstrafe, auf 10 - 20jährige Zuchthausstrafe
erkannt werden.
§ 9.
Wer in einem in Belagerungszustand erklärten
Orte oder Distrikte
a) in Beziehung auf die Zahl, die Marschrichtung
oder angebliche Siege der Feinde oder
Aufrührer wissentlich falsche Gerüchte ausstreut
oder verbreitet, welche geeignet sind,
die Zivil- oder Militärbehörden hinsichtlich
ihrer Maßregeln irre zu führen, oder
b) ein bei Erklärung des Belagerungszustandes
oder während desselben vom Militärbefehlshaber
im Interesse der öffentlichen Sicherheit
erlassenes Verbot übertritt, oder zu solcher
Übertretung auffordert oder anreizt,
oder
c) zu dem Verbrechen des Aufruhrs, der tätlichen
Widersetzlichkeit, der Befreiung eines
Gefangenen oder zu einem anderen im § 8
vorgesehenen Verbrechen, wenn auch ohne
Erfolg auffordert oder anreizt, oder
d) Personen des Soldatenstandes zu Verbrechen
gegen die Subordination oder Vergehungen
gegen die militärische Zucht und Ordnung
zu verleiten sucht,
soll, wenn die bestehenden Gesetze keine höhere Freiheitsstrafe
bestimmen, mit Gefängnis bis zu einem
Jahre bestraft werden.
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item 21
1. Spalte
TÜRKEI.
Neueste Nachrichten.
Konstantinopel, 1. August. Den Blättern
zufolge wird die türkische Torpedobootsflottille unter
Kommando des Admirals Limbus Pascha zum
Hochseemanöver in den Archipel auslaufen.
JAPAN.
Japan und Rußland.
Man schreibt der "Frkf. Ztg.": Angesichts der
russischen Mobilisierung an der Westgrenze des
Reichs ist die Ansicht des Grafen Okuma, eines genauen
Kenners japanischer und russischer Heeresverhältnisse,
über die Gefahren, in die sich Rußland
im Kriegsfalle stürzen würde, besonders lehrreich.
Graf Okuma hat vor kurzem eine Broschüre veröffentlicht,
in der er über einen japanischen Revanchekrieg
und einen Krieg Rußlands mit den
Weltmächten genaue Untersuchungen anstellt. Aus
diesen geht hervor, daß Rußland im Falle kriegerischer
Verwicklungen in Europa durch Japan in eine
recht ungünstige militärische Lage gebracht werden
würde, so daß tatsächlich ein Waffengang im
Westen für das Zarenreich unberechenbare Folgen
im fernen Osten zeitigen könnte. Die Broschüre des
Grafen Okuma hat großen Eindruck in Japan gemacht,
da der Nachweis geführt wird, daß die Russen
gar nicht in der Lage seien, einen sieghaften Krieg
mit Japan zu führen. Letzteres werde innerhalb
eines Monats ein Heer von 1 ½ Millionen Soldaten
gegn [sic] Rußland aufstellen, das bestenfalls imstande
sei, nach 3 Monaten höchstens 1 Million Soldaten
gegen Russland aufstellen, das bestenfalls im- [sic]
Dies wäre nur denkbar, wenn die europäischen
Kräfte nicht durch einen Feldzug im Westen gefesselt
würden
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VOM KRIEGSSCHAUPLATZ.
Neue Gefechte.
Mailand, 30. Juli. Der Secolo erhält aus
Nisch eine Privatmeldung über den Kampf bei
Semendria der bei Sonnenaufgang begonnen
hat, um 8 Uhr früh unterbrochen und am Nachmittag
wieder aufgenommen wurde. Die Serben hätten
dem übermächtigen Gegner den lebhaftesten
Widerstand entgegengesetzt; auf beiden Seiten seien
einige hundert Tote zu verzeichnen. Wenn
die Serben auch Semendria preisgeben
mußte (sic), so würden doch Posonka, Jagodin und
Porotin drei schwere Etappen für das Eindringen
der österreichischen Truppen nach dem Süden bedeuten.
An der bosnischen Grenze hätten einige
hundert Serben die kleine Festung Lesitza stundenlang
gegen Tausende von österreichischen Truppen
verteidigt; sie seien dann abgezogen, nachdem
sie dem Gegner beträchtliche Verluste verursacht
hätten.
Erneutes Bombardement von Belgrad.
Semlin, 30.Juli. Um 1/2 9 Uhr morgens ist
die Beschießung Belgrads wieder aufgenommen
worden und heute donnern die Geschütze nicht nur
von der Laudon-Schanze, sondern auch von der noch
näher gelegenen Eugen-Schanze. Die Monitore sind
bisher nicht vorgefahren. Die Station ist vollkommen
verödet. Alle Türen sind abgesperrt und oben
im Stockwerk sind etwa zwanzig Soldaten untergebracht;
diese werden voraussichtlich von dort den
Feind mit Kleingewehrfeuer zu bestreichen suchen.
Heue mittag 12 Uhr müssen alle Ortsfremden
Semlin, das in der ersten Feuerlinie liegt,
verlassen. Auch alle hier anwesenden fremden
Korrespondenten werden von dieser
Verfügung betroffen.
Wien, 1. Aug. Zwei Grenzjäger haben unter
feindlichem Feuer die angeschwollene Deine durchschwommen
und eine serbische Telefonleitung zerstört.
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ZUR TAGESGESCHICHTE.
Zur Stärke der Parteien im deutschen Reichstag,
In der Presse sind die Zahlen über die Stärke der
Konservativen, Nationalliberalen und Freisinnigen
in letzter Zeit verschieden angegeben worden. Auf
Grund amtlichen Materials stellen sich diese Zahlen
wie folgt dar: Die drittstärkste Partei ist jetzt die
fortschrittliche Volkspartei mit 46 Mitgliedern (Januar
1912: 41 Mitglieder und 1 Hospitant). Es folgt
die nationalliberale Fraktion mit 40 Mitgliedern
und 5 Hospitanten (es ist der gleiche Stand
wie 1912). Die konservative Fraktion zählt 39
Mitglieder und 2 Hospitanten). (Januar 1912: 43
Mitglieder und 2 Hospitanten) . Während die
Nationalliberalen keine Einbuße erlitten, verloren
die Konservativen 4 Mandate, die Freisinnigen
gewannen 4 Mandate. Die fortschrittliche
Volkspartei gewann von den Konservativen
Hagennow-Grevesmühlen und Labiau-Wehlau, von
den Nationalliberalen Waldeck und Koburg, die ihre
Verluste durch den Gewinn der konservativen Mandate
in Salzwedel-Gardelegen und Stendal-Offenburg
wettmachten. Der austretende Hospitant der
Nationalliberalen Hestermann wurde durch den
neuen Hospitanten Schröder (Elbing) ersetzt. Der
Hospitant Roeser ist der fortschrittlichen Fraktion
[sic]
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EINHEIMISCHES.
Eisenach , den 1.August.
Erlaß.
Im Anschluß an den im 2. Blatt der "Eisenacher
Zeitung"" veröffentlichten Erlaß des Kommandierenden
Generals bestimme ich:
Gemäß dem Abschnitt: Vom Kriegs- und Belagerungszustand
der "Vorschrift über den Waffengebrauch
des Militärs und seine Mitwirkung zur Unterdrückung
innerer Unruhen" vom 19. März 1914,
Ziffer 1 gelten für den Kriegszustand
die Vorschriften des preußischen Gesetzes
vom 4. Juni 1851.
2. Spalte
§ 8
Wer in einem in Belagerungszustand erklärten
Orte oder Distrikte der vorsätzlichen Brandstiftung,
der vorsätzlichen Verursachung einer Überschwemmung
oder des Angriffs oder des Widerstandes
gegen die bewaffnete Macht oder Abgeordnete der
Zivil- oder Militärbehörde in offener Gewalt und
mit Waffen oder gefährlichen Werkzeugen versehen
sich schuldig macht, wird mit dem Tode bestraft.
Sind mildernde Umstände vorhanden, so kann,
statt der Todesstrafe, auf 10 - 20jährige Zuchthausstrafe
erkannt werden.
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item 21
1. Spalte
TÜRKEI.
Neueste Nachrichten.
Konstantinopel, 1. August. Den Blättern
zufolge wird die türkische Torpedobootsflottille unter
Kommando des Admirals Limbus Pascha zum
Hochseemanöver in den Archipel auslaufen.
JAPAN.
Japan und Rußland.
Man schreibt der "Frkf. Ztg.": Angesichts der
russischen Mobilisierung an der Westgrenze des
Reichs ist die Ansicht des Grafen Okuma, eines genauen
Kenners japanischer und russischer Heeresverhältnisse,
über die Gefahren, in die sich Rußland
im Kriegsfalle stürzen würde, besonders lehrreich.
Graf Okuma hat vor kurzem eine Broschüre veröffentlicht,
in der er über einen japanischen Revanchekrieg
und einen Krieg Rußlands mit den
Weltmächten genaue Untersuchungen anstellt. Aus
diesen geht hervor, daß Rußland im Falle kriegerischer
Verwicklungen in Europa durch Japan in eine
recht ungünstige militärische Lage gebracht werden
würde, so daß tatsächlich ein Waffengang im
Westen für das Zarenreich unberechenbare Folgen
im fernen Osten zeitigen könnte. Die Broschüre des
Grafen Okuma hat großen Eindruck in Japan gemacht,
da der Nachweis geführt wird, daß die Russen
gar nicht in der Lage seien, einen sieghaften Krieg
mit Japan zu führen. Letzteres werde innerhalb
eines Monats ein Heer von 1 ½ Millionen Soldaten
gegn [sic] Rußland aufstellen, das bestenfalls imstande
sei, nach 3 Monaten höchstens 1 Million Soldaten
gegen Russland aufstellen, das bestenfalls im- [sic]
Dies wäre nur denkbar, wenn die europäischen
Kräfte nicht durch einen Feldzug im Westen gefesselt
würden
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VOM KRIEGSSCHAUPLATZ.
Neue Gefechte.
Mailand, 30. Juli. Der Secolo erhält aus
Nisch eine Privatmeldung über den Kampf bei
Semendria der bei Sonnenaufgang begonnen
hat, um 8 Uhr früh unterbrochen und am Nachmittag
wieder aufgenommen wurde. Die Serben hätten
dem übermächtigen Gegner den lebhaftesten
Widerstand entgegengesetzt; auf beiden Seiten seien
einige hundert Tote zu verzeichnen. Wenn
die Serben auch Semendria preisgeben
mußte (sic), so würden doch Posonka, Jagodin und
Porotin drei schwere Etappen für das Eindringen
der österreichischen Truppen nach dem Süden bedeuten.
An der bosnischen Grenze hätten einige
hundert Serben die kleine Festung Lesitza stundenlang
gegen Tausende von österreichischen Truppen
verteidigt; sie seien dann abgezogen, nachdem
sie dem Gegner beträchtliche Verluste verursacht
hätten.
Erneutes Bombardement von Belgrad.
Semlin, 30.Juli. Um 1/2 9 Uhr morgens ist
die Beschießung Belgrads wieder aufgenommen
worden und heute donnern die Geschütze nicht nur
von der Laudon-Schanze, sondern auch von der noch
näher gelegenen Eugen-Schanze. Die Monitore sind
bisher nicht vorgefahren. Die Station ist vollkommen
verödet. Alle Türen sind abgesperrt und oben
im Stockwerk sind etwa zwanzig Soldaten untergebracht;
diese werden voraussichtlich von dort den
Feind mit Kleingewehrfeuer zu bestreichen suchen.
Heue mittag 12 Uhr müssen alle Ortsfremden
Semlin, das in der ersten Feuerlinie liegt,
verlassen. Auch alle hier anwesenden fremden
Korrespondenten werden von dieser
Verfügung betroffen.
Wien, 1. Aug. Zwei Grenzjäger haben unter
feindlichem Feuer die angeschwollene Deine durchschwommen
und eine serbische Telefonleitung zerstört.
_____________________________
ZUR TAGESGESCHICHTE.
Zur Stärke der Parteien im deutschen Reichstag,
In der Presse sind die Zahlen über die Stärke der
Konservativen, Nationalliberalen und Freisinnigen
in letzter Zeit verschieden angegeben worden. Auf
Grund amtlichen Materials stellen sich diese Zahlen
wie folgt dar: Die drittstärkste Partei ist jetzt die
fortschrittliche Volkspartei mit 46 Mitgliedern (Januar
1912: 41 Mitglieder und 1 Hospitant). Es folgt
die nationalliberale Fraktion mit 40 Mitgliedern
und 5 Hospitanten (es ist der gleiche Stand
wie 1912). Die konservative Fraktion zählt 39
Mitglieder und 2 Hospitanten). (Januar 1912: 43
Mitglieder und 2 Hospitanten) . Während die
Nationalliberalen keine Einbuße erlitten, verloren
die Konservativen 4 Mandate, die Freisinnigen
gewannen 4 Mandate. Die fortschrittliche
Volkspartei gewann von den Konservativen
Hagennow-Grevesmühlen und Labiau-Wehlau, von
den Nationalliberalen Waldeck und Koburg, die ihre
Verluste durch den Gewinn der konservativen Mandate
in Salzwedel-Gardelegen und Stendal-Offenburg
wettmachten. Der austretende Hospitant der
Nationalliberalen Hestermann wurde durch den
neuen Hospitanten Schröder (Elbing) ersetzt. Der
Hospitant Roeser ist der fortschrittlichen Fraktion
[sic]
_______________________________
EINHEIMISCHES.
Eisenach , den 1.August.
Erlaß.
Im Anschluß an den im 2. Blatt der "Eisenacher
Zeitung"" veröffentlichten Erlaß des Kommandierenden
Generals bestimme ich:
Gemäß dem Abschnitt: Vom Kriegs- und Belagerungszustand
der "Vorschrift über den Waffengebrauch
des Militärs und seine Mitwirkung zur Unterdrückung
innerer Unruhen" vom 19. März 1914,
Ziffer 1 gelten für den Kriegszustand
die Vorschriften des preußischen Gesetzes
vom 4. Juni 1851.
2. Spalte
§ 8
Wer in einem in Belagerungszustand erklärten
Orte oder Distrikte der vorsätzlichen Brandstiftung,
der vorsätzlichen Verursachung einer Überschwemmung
oder des Angriffs oder des Widerstandes
gegen die bewaffnete Macht oder Abgeordnete der
Zivil- oder Militärbehörde in offener Gewalt und
mit Waffen oder gefährlichen Werkzeugen versehen
sich schuldig macht, wird mit dem Tode bestraft.
-
item 21
1. Spalte
TÜRKEI.
Neueste Nachrichten.
Konstantinopel, 1. August. Den Blättern
zufolge wird die türkische Torpedobootsflottille unter
Kommando des Admirals Limbus Pascha zum
Hochseemanöver in den Archipel auslaufen.
JAPAN.
Japan und Rußland.
Man schreibt der "Frkf. Ztg.": Angesichts der
russischen Mobilisierung an der Westgrenze des
Reichs ist die Ansicht des Grafen Okuma, eines genauen
Kenners japanischer und russischer Heeresverhältnisse,
über die Gefahren, in die sich Rußland
im Kriegsfalle stürzen würde, besonders lehrreich.
Graf Okuma hat vor kurzem eine Broschüre veröffentlicht,
in der er über einen japanischen Revanchekrieg
und einen Krieg Rußlands mit den
Weltmächten genaue Untersuchungen anstellt. Aus
diesen geht hervor, daß Rußland im Falle kriegerischer
Verwicklungen in Europa durch Japan in eine
recht ungünstige militärische Lage gebracht werden
würde, so daß tatsächlich ein Waffengang im
Westen für das Zarenreich unberechenbare Folgen
im fernen Osten zeitigen könnte. Die Broschüre des
Grafen Okuma hat großen Eindruck in Japan gemacht,
da der Nachweis geführt wird, daß die Russen
gar nicht in der Lage seien, einen sieghaften Krieg
mit Japan zu führen. Letzteres werde innerhalb
eines Monats ein Heer von 1 ½ Millionen Soldaten
gegn [sic] Rußland aufstellen, das bestenfalls imstande
sei, nach 3 Monaten höchstens 1 Million Soldaten
gegen Russland aufstellen, das bestenfalls im- [sic]
Dies wäre nur denkbar, wenn die europäischen
Kräfte nicht durch einen Feldzug im Westen gefesselt
würden
_________________________
VOM KRIEGSSCHAUPLATZ.
Neue Gefechte.
Mailand, 30. Juli. Der Secolo erhält aus
Nisch eine Privatmeldung über den Kampf bei
Semendria der bei Sonnenaufgang begonnen
hat, um 8 Uhr früh unterbrochen und am Nachmittag
wieder aufgenommen wurde. Die Serben hätten
dem übermächtigen Gegner den lebhaftesten
Widerstand entgegengesetzt; auf beiden Seiten seien
einige hundert Tote zu verzeichnen. Wenn
die Serben auch Semendria preisgeben
mußte (sic), so würden doch Posonka, Jagodin und
Porotin drei schwere Etappen für das Eindringen
der österreichischen Truppen nach dem Süden bedeuten.
An der bosnischen Grenze hätten einige
hundert Serben die kleine Festung Lesitza stundenlang
gegen Tausende von österreichischen Truppen
verteidigt; sie seien dann abgezogen, nachdem
sie dem Gegner beträchtliche Verluste verursacht
hätten.
Erneutes Bombardement von Belgrad.
Semlin, 30.Juli. Um 1/2 9 Uhr morgens ist
die Beschießung Belgrads wieder aufgenommen
worden und heute donnern die Geschütze nicht nur
von der Laudon-Schanze, sondern auch von der noch
näher gelegenen Eugen-Schanze. Die Monitore sind
bisher nicht vorgefahren. Die Station ist vollkommen
verödet. Alle Türen sind abgesperrt und oben
im Stockwerk sind etwa zwanzig Soldaten untergebracht;
diese werden voraussichtlich von dort den
Feind mit Kleingewehrfeuer zu bestreichen suchen.
Heue mittag 12 Uhr müssen alle Ortsfremden
Semlin, das in der ersten Feuerlinie liegt,
verlassen. Auch alle hier anwesenden fremden
Korrespondenten werden von dieser
Verfügung betroffen.
Wien, 1. Aug. Zwei Grenzjäger haben unter
feindlichem Feuer die angeschwollene Deine durchschwommen
und eine serbische Telefonleitung zerstört.
_____________________________
ZUR TAGESGESCHICHTE.
Zur Stärke der Parteien im deutschen Reichstag,
In der Presse sind die Zahlen über die Stärke der
Konservativen, Nationalliberalen und Freisinnigen
in letzter Zeit verschieden angegeben worden. Auf
Grund amtlichen Materials stellen sich diese Zahlen
wie folgt dar: Die drittstärkste Partei ist jetzt die
fortschrittliche Volkspartei mit 46 Mitgliedern (Januar
1912: 41 Mitglieder und 1 Hospitant). Es folgt
die nationalliberale Fraktion mit 40 Mitgliedern
und 5 Hospitanten (es ist der gleiche Stand
wie 1912). Die konservative Fraktion zählt 39
Mitglieder und 2 Hospitanten). (Januar 1912: 43
Mitglieder und 2 Hospitanten) . Während die
Nationalliberalen keine Einbuße erlitten, verloren
die Konservativen 4 Mandate, die Freisinnigen
gewannen 4 Mandate. Die fortschrittliche
Volkspartei gewann von den Konservativen
Hagennow-Grevesmühlen und Labiau-Wehlau, von
den Nationalliberalen Waldeck und Koburg, die ihre
Verluste durch den Gewinn der konservativen Mandate
in Salzwedel-Gardelegen und Stendal-Offenburg
wettmachten. Der austretende Hospitant der
Nationalliberalen Hestermann wurde durch den
neuen Hospitanten Schröder (Elbing) ersetzt. Der
Hospitant Roeser ist der fortschrittlichen Fraktion
[sic]
_______________________________
EINHEIMISCHES.
Eisenach , den 1.August.
Erlaß.
Im Anschluß an den im 2. Blatt der "Eisenacher
Zeitung"" veröffentlichten Erlaß des Kommandierenden
Generals bestimme ich:
Gemäß dem Abschnitt: Vom Kriegs- und Belagerungszustand
der "Vorschrift über den Waffengebrauch
des Militärs und seine Mitwirkung zur Unterdrückung
innerer Unruhen" vom 19. März 1914,
Ziffer 1 gelten für den Kriegszustand
die Vorschriften des preußischen Gesetzes
vom 4. Juni 1851.
-
item 21
1. Spalte
TÜRKEI.
Neueste Nachrichten.
Konstantinopel, 1. August. Den Blättern
zufolge wird die türkische Torpedobootsflottille unter
Kommando des Admirals Limbus Pascha zum
Hochseemanöver in den Archipel auslaufen.
JAPAN.
Japan und Rußland.
Man schreibt der "Frkf. Ztg.": Angesichts der
russischen Mobilisierung an der Westgrenze des
Reichs ist die Ansicht des Grafen Okuma, eines genauen
Kenners japanischer und russischer Heeresverhältnisse,
über die Gefahren, in die sich Rußland
im Kriegsfalle stürzen würde, besonders lehrreich.
Graf Okuma hat vor kurzem eine Broschüre veröffentlicht,
in der er über einen japanischen Revanchekrieg
und einen Krieg Rußlands mit den
Weltmächten genaue Untersuchungen anstellt. Aus
diesen geht hervor, daß Rußland im Falle kriegerischer
Verwicklungen in Europa durch Japan in eine
recht ungünstige militärische Lage gebracht werden
würde, so daß tatsächlich ein Waffengang im
Westen für das Zarenreich unberechenbare Folgen
im fernen Osten zeitigen könnte. Die Broschüre des
Grafen Okuma hat großen Eindruck in Japan gemacht,
da der Nachweis geführt wird, daß die Russen
gar nicht in der Lage seien, einen sieghaften Krieg
mit Japan zu führen. Letzteres werde innerhalb
eines Monats ein Heer von 1 ½ Millionen Soldaten
gegn [sic] Rußland aufstellen, das bestenfalls imstande
sei, nach 3 Monaten höchstens 1 Million Soldaten
gegen Russland aufstellen, das bestenfalls im- [sic]
Dies wäre nur denkbar, wenn die europäischen
Kräfte nicht durch einen Feldzug im Westen gefesselt
würden
_________________________
VOM KRIEGSSCHAUPLATZ.
Neue Gefechte.
Mailand, 30. Juli. Der Secolo erhält aus
Nisch eine Privatmeldung über den Kampf bei
Semendria der bei Sonnenaufgang begonnen
hat, um 8 Uhr früh unterbrochen und am Nachmittag
wieder aufgenommen wurde. Die Serben hätten
dem übermächtigen Gegner den lebhaftesten
Widerstand entgegengesetzt; auf beiden Seiten seien
einige hundert Tote zu verzeichnen. Wenn
die Serben auch Semendria preisgeben
mußte (sic), so würden doch Posonka, Jagodin und
Porotin drei schwere Etappen für das Eindringen
der österreichischen Truppen nach dem Süden bedeuten.
An der bosnischen Grenze hätten einige
hundert Serben die kleine Festung Lesitza stundenlang
gegen Tausende von österreichischen Truppen
verteidigt; sie seien dann abgezogen, nachdem
sie dem Gegner beträchtliche Verluste verursacht
hätten.
Erneutes Bombardement von Belgrad.
Semlin, 30.Juli. Um 1/2 9 Uhr morgens ist
die Beschießung Belgrads wieder aufgenommen
worden und heute donnern die Geschütze nicht nur
von der Laudon-Schanze, sondern auch von der noch
näher gelegenen Eugen-Schanze. Die Monitore sind
bisher nicht vorgefahren. Die Station ist vollkommen
verödet. Alle Türen sind abgesperrt und oben
im Stockwerk sind etwa zwanzig Soldaten untergebracht;
diese werden voraussichtlich von dort den
Feind mit Kleingewehrfeuer zu bestreichen suchen.
Heue mittag 12 Uhr müssen alle Ortsfremden
Semlin, das in der ersten Feuerlinie liegt,
verlassen. Auch alle hier anwesenden fremden
Korrespondenten werden von dieser
Verfügung betroffen.
Wien, 1. Aug. Zwei Grenzjäger haben unter
feindlichem Feuer die angeschwollene Deine durchschwommen
und eine serbische Telefonleitung zerstört.
_____________________________
ZUR TAGESGESCHICHTE.
Zur Stärke der Parteien im deutschen Reichstag,
In der Presse sind die Zahlen über die Stärke der
Konservativen, Nationalliberalen und Freisinnigen
in letzter Zeit verschieden angegeben worden. Auf
Grund amtlichen Materials stellen sich diese Zahlen
wie folgt dar: Die drittstärkste Partei ist jetzt die
fortschrittliche Volkspartei mit 46 Mitgliedern (Januar
1912: 41 Mitglieder und 1 Hospitant). Es folgt
die nationalliberale Fraktion mit 40 Mitgliedern
und 5 Hospitanten (es ist der gleiche Stand
wie 1912). Die konservative Fraktion zählt 39
Mitglieder und 2 Hospitanten). (Januar 1912: 43
Mitglieder und 2 Hospitanten) . Während die
Nationalliberalen keine Einbuße erlitten, verloren
die Konservativen 4 Mandate, die Freisinnigen
gewannen 4 Mandate. Die fortschrittliche
Volkspartei gewann von den Konservativen
Hagennow-Grevesmühlen und Labiau-Wehlau, von
den Nationalliberalen Waldeck und Koburg, die ihre
Verluste durch den Gewinn der konservativen Mandate
in Salzwedel-Gardelegen und Stendal-Offenburg
wettmachten. Der austretende Hospitant der
Nationalliberalen Hestermann wurde durch den
neuen Hospitanten Schröder (Elbing) ersetzt. Der
Hospitant Roeser ist der fortschrittlichen Fraktion
[sic]
_______________________________
EINHEIMISCHES.
Eisenach , den 1.August.
Erlaß.
Im Anschluß an den im 2. Blatt der "Eisenacher
Zeitung"" veröffentlichten Erlaß des Kommandierenden
Generals bestimme ich:
Gemäß dem Abschnitt: Vom Kriegs- und Belagerungszustand
der "Vorschrift über den Waffengebrauch
des Militärs und seine Mitwirkung zur Unterdrückung
innerer Unruhen" vom 19. März 1914,
Ziffer 1 gelten für den Kriegszustand
die Vorschriften des preußischen Gesetzes
vom 4. Juni 1851.
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item 21
1. Spalte
TÜRKEI.
Neueste Nachrichten.
Konstantinopel, 1. August. Den Blättern
zufolge wird die türkische Torpedobootsflottille unter
Kommando des Admirals Limbus Pascha zum
Hochseemanöver in den Archipel auslaufen.
JAPAN.
Japan und Rußland.
Man schreibt der "Frkf. Ztg.": Angesichts der
russischen Mobilisierung an der Westgrenze des
Reichs ist die Ansicht des Grafen Okuma, eines genauen
Kenners japanischer und russischer Heeresverhältnisse,
über die Gefahren, in die sich Rußland
im Kriegsfalle stürzen würde, besonders lehrreich.
Graf Okuma hat vor kurzem eine Broschüre veröffentlicht,
in der er über einen japanischen Revanchekrieg
und einen Krieg Rußlands mit den
Weltmächten genaue Untersuchungen anstellt. Aus
diesen geht hervor, daß Rußland im Falle kriegerischer
Verwicklungen in Europa durch Japan in eine
recht ungünstige militärische Lage gebracht werden
würde, so daß tatsächlich ein Waffengang im
Westen für das Zarenreich unberechenbare Folgen
im fernen Osten zeitigen könnte. Die Broschüre des
Grafen Okuma hat großen Eindruck in Japan gemacht,
da der Nachweis geführt wird, daß die Russen
gar nicht in der Lage seien, einen sieghaften Krieg
mit Japan zu führen. Letzteres werde innerhalb
eines Monats ein Heer von 1 ½ Millionen Soldaten
gegn [sic] Rußland aufstellen, das bestenfalls imstande
sei, nach 3 Monaten höchstens 1 Million Soldaten
gegen Russland aufstellen, das bestenfalls im- [sic]
Dies wäre nur denkbar, wenn die europäischen
Kräfte nicht durch einen Feldzug im Westen gefesselt
würden
_________________________
VOM KRIEGSSCHAUPLATZ.
Neue Gefechte.
Mailand, 30. Juli. Der Secolo erhält aus
Nisch eine Privatmeldung über den Kampf bei
Semendria der bei Sonnenaufgang begonnen
hat, um 8 Uhr früh unterbrochen und am Nachmittag
wieder aufgenommen wurde. Die Serben hätten
dem übermächtigen Gegner den lebhaftesten
Widerstand entgegengesetzt; auf beiden Seiten seien
einige hundert Tote zu verzeichnen. Wenn
die Serben auch Semendria preisgeben
mußte (sic), so würden doch Posonka, Jagodin und
Porotin drei schwere Etappen für das Eindringen
der österreichischen Truppen nach dem Süden bedeuten.
An der bosnischen Grenze hätten einige
hundert Serben die kleine Festung Lesitza stundenlang
gegen Tausende von österreichischen Truppen
verteidigt; sie seien dann abgezogen, nachdem
sie dem Gegner beträchtliche Verluste verursacht
hätten.
Erneutes Bombardement von Belgrad.
Semlin, 30.Juli. Um 1/2 9 Uhr morgens ist
die Beschießung Belgrads wieder aufgenommen
worden und heute donnern die Geschütze nicht nur
von der Laudon-Schanze, sondern auch von der noch
näher gelegenen Eugen-Schanze. Die Monitore sind
bisher nicht vorgefahren. Die Station ist vollkommen
verödet. Alle Türen sind abgesperrt und oben
im Stockwerk sind etwa zwanzig Soldaten untergebracht;
diese werden voraussichtlich von dort den
Feind mit Kleingewehrfeuer zu bestreichen suchen.
Heue mittag 12 Uhr müssen alle Ortsfremden
Semlin, das in der ersten Feuerlinie liegt,
verlassen. Auch alle hier anwesenden fremden
Korrespondenten werden von dieser
Verfügung betroffen.
Wien, 1. Aug. Zwei Grenzjäger haben unter
feindlichem Feuer die angeschwollene Deine durchschwommen
und eine serbische Telefonleitung zerstört.
_____________________________
ZUR TAGESGESCHICHTE.
Zur Stärke der Parteien im deutschen Reichstag,
In der Presse sind die Zahlen über die Stärke der
Konservativen, Nationalliberalen und Freisinnigen
in letzter Zeit verschieden angegeben worden. Auf
Grund amtlichen Materials stellen sich diese Zahlen
wie folgt dar: Die drittstärkste Partei ist jetzt die
fortschrittliche Volkspartei mit 46 Mitgliedern (Januar
1912: 41 Mitglieder und 1 Hospitant). Es folgt
die nationalliberale Fraktion mit 40 Mitgliedern
und 5 Hospitanten (es ist der gleiche Stand
wie 1912). Die konservative Fraktion zählt 39
Mitglieder und 2 Hospitanten). (Januar 1912: 43
Mitglieder und 2 Hospitanten) . Während die
Nationalliberalen keine Einbuße erlitten, verloren
die Konservativen 4 Mandate, die Freisinnigen
gewannen 4 Mandate. Die fortschrittliche
Volkspartei gewann von den Konservativen
Hagennow-Grevesmühlen und Labiau-Wehlau, von
den Nationalliberalen Waldeck und Koburg, die ihre
Verluste durch den Gewinn der konservativen Mandate
in Salzwedel-Gardelegen und Stendal-Offenburg
wettmachten. Der austretende Hospitant der
Nationalliberalen Hestermann wurde durch den
neuen Hospitanten Schröder (Elbing) ersetzt. Der
Hospitant Roeser ist der fortschrittlichen Fraktion
[sic]
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item 21
1. Spalte
TÜRKEI.
Neueste Nachrichten.
Konstantinopel, 1. August. Den Blättern
zufolge wird die türkische Torpedobootsflottille unter
Kommando des Admirals Limbus Pascha zum
Hochseemanöver in den Archipel auslaufen.
JAPAN.
Japan und Rußland.
Man schreibt der "Frkf. Ztg.": Angesichts der
russischen Mobilisierung an der Westgrenze des
Reichs ist die Ansicht des Grafen Okuma, eines genauen
Kenners japanischer und russischer Heeresverhältnisse,
über die Gefahren, in die sich Rußland
im Kriegsfalle stürzen würde, besonders lehrreich.
Graf Okuma hat vor kurzem eine Broschüre veröffentlicht,
in der er über einen japanischen Revanchekrieg
und einen Krieg Rußlands mit den
Weltmächten genaue Untersuchungen anstellt. Aus
diesen geht hervor, daß Rußland im Falle kriegerischer
Verwicklungen in Europa durch Japan in eine
recht ungünstige militärische Lage gebracht werden
würde, so daß tatsächlich ein Waffengang im
Westen für das Zarenreich unberechenbare Folgen
im fernen Osten zeitigen könnte. Die Broschüre des
Grafen Okuma hat großen Eindruck in Japan gemacht,
da der Nachweis geführt wird, daß die Russen
gar nicht in der Lage seien, einen sieghaften Krieg
mit Japan zu führen. Letzteres werde innerhalb
eines Monats ein Heer von 1 ½ Millionen Soldaten
gegn [sic] Rußland aufstellen, das bestenfalls imstande
sei, nach 3 Monaten höchstens 1 Million Soldaten
gegen Russland aufstellen, das bestenfalls im- [sic]
Dies wäre nur denkbar, wenn die europäischen
Kräfte nicht durch einen Feldzug im Westen gefesselt
würden
_________________________
VOM KRIEGSSCHAUPLATZ.
Neue Gefechte.
Mailand, 30. Juli. Der Secolo erhält aus
Nisch eine Privatmeldung über den Kampf bei
Semendria der bei Sonnenaufgang begonnen
hat, um 8 Uhr früh unterbrochen und am Nachmittag
wieder aufgenommen wurde. Die Serben hätten
dem übermächtigen Gegner den lebhaftesten
Widerstand entgegengesetzt; auf beiden Seiten seien
einige hundert Tote zu verzeichnen. Wenn
die Serben auch Semendria preisgeben
mußte (sic), so würden doch Posonka, Jagodin und
Porotin drei schwere Etappen für das Eindringen
der österreichischen Truppen nach dem Süden bedeuten.
An der bosnischen Grenze hätten einige
hundert Serben die kleine Festung Lesitza stundenlang
gegen Tausende von österreichischen Truppen
verteidigt; sie seien dann abgezogen, nachdem
sie dem Gegner beträchtliche Verluste verursacht
hätten.
Erneutes Bombardement von Belgrad.
Semlin, 30.Juli. Um 1/2 9 Uhr morgens ist
die Beschießung Belgrads wieder aufgenommen
worden und heute donnern die Geschütze nicht nur
von der Laudon-Schanze, sondern auch von der noch
näher gelegenen Eugen-Schanze. Die Monitore sind
bisher nicht vorgefahren. Die Station ist vollkommen
verödet. Alle Türen sind abgesperrt und oben
im Stockwerk sind etwa zwanzig Soldaten untergebracht;
diese werden voraussichtlich von dort den
Feind mit Kleingewehrfeuer zu bestreichen suchen.
Heue mittag 12 Uhr müssen alle Ortsfremden
Semlin, das in der ersten Feuerlinie liegt,
verlassen. Auch alle hier anwesenden fremden
Korrespondenten werden von dieser
Verfügung betroffen.
Wien, 1. Aug. Zwei Grenzjäger haben unter
feindlichem Feuer die angeschwollene Deine durchschwommen
und eine serbische Telefonleitung zerstört.
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item 21
1. Spalte
TÜRKEI.
Neueste Nachrichten.
Konstantinopel, 1. August. Den Blättern
zufolge wird die türkische Torpedobootsflottille unter
Kommando des Admirals Limbus Pascha zum
Hochseemanöver in den Archipel auslaufen.
JAPAN.
Japan und Rußland.
Man schreibt der "Frkf. Ztg.": Angesichts der
russischen Mobilisierung an der Westgrenze des
Reichs ist die Ansicht des Grafen Okuma, eines genauen
Kenners japanischer und russischer Heeresverhältnisse,
über die Gefahren, in die sich Rußland
im Kriegsfalle stürzen würde, besonders lehrreich.
Graf Okuma hat vor kurzem eine Broschüre veröffentlicht,
in der er über einen japanischen Revanchekrieg
und einen Krieg Rußlands mit den
Weltmächten genaue Untersuchungen anstellt. Aus
diesen geht hervor, daß Rußland im Falle kriegerischer
Verwicklungen in Europa durch Japan in eine
recht ungünstige militärische Lage gebracht werden
würde, so daß tatsächlich ein Waffengang im
Westen für das Zarenreich unberechenbare Folgen
im fernen Osten zeitigen könnte. Die Broschüre des
Grafen Okuma hat großen Eindruck in Japan gemacht,
da der Nachweis geführt wird, daß die Russen
gar nicht in der Lage seien, einen sieghaften Krieg
mit Japan zu führen. Letzteres werde innerhalb
eines Monats ein Heer von 1 ½ Millionen Soldaten
gegn [sic] Rußland aufstellen, das bestenfalls imstande
sei, nach 3 Monaten höchstens 1 Million Soldaten
gegen Russland aufstellen, das bestenfalls im- [sic]
Dies wäre nur denkbar, wenn die europäischen
Kräfte nicht durch einen Feldzug im Westen gefesselt
würden
_________________________
VOM KRIEGSSCHAUPLATZ.
Neue Gefechte.
Mailand, 30. Juli. Der Secolo erhält aus
Nisch eine Privatmeldung über den Kampf bei
Semendria der bei Sonnenaufgang begonnen
hat, um 8 Uhr früh unterbrochen und am Nachmittag
wieder aufgenommen wurde. Die Serben hätten
dem übermächtigen Gegner den lebhaftesten
Widerstand entgegengesetzt; auf beiden Seiten seien
einige hundert Tote zu verzeichnen. Wenn
die Serben auch Semendria preisgeben
mußte (sic), so würden doch Posonka, Jagodin und
Porotin drei schwere Etappen für das Eindringen
der österreichischen Truppen nach dem Süden bedeuten.
An der bosnischen Grenze hätten einige
hundert Serben die kleine Festung Lesitza stundenlang
gegen Tausende von österreichischen Truppen
verteidigt; sie seien dann abgezogen, nachdem
sie dem Gegner beträchtliche Verluste verursacht
hätten.
Erneutes Bombardement von Belgrad.
Semlin, 30.Juli. Um 1/2 9 Uhr morgens ist
die Beschießung Belgrads wieder aufgenommen
worden und heute donnern die Geschütze nicht nur
von der Laudon-Schanze, sondern auch von der noch
näher gelegenen Eugen-Schanze. Die Monitore sind
bisher nicht vorgefahren. Die Station ist vollkommen
verödet. Alle Türen sind abgesperrt und oben
im Stockwerk sind etwa zwanzig Soldaten untergebracht;
diese werden voraussichtlich von dort den
Feind mit Kleingewehrfeuer zu bestreichen suchen.
Heue mittag 12 Uhr müssen alle Ortsfremden
Semlin, das in der ersten Feuerlinie liegt,
verlassen. Auch alle hier anwesenden fremden
Korrespondenten werden von dieser
Verfügung betroffen.
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item 21
1. Spalte
TÜRKEI.
Neueste Nachrichten.
Konstantinopel, 1. August. Den Blättern
zufolge wird die türkische Torpedobootsflottille unter
Kommando des Admirals Limbus Pascha zum
Hochseemanöver in den Archipel auslaufen.
JAPAN.
Japan und Rußland.
Man schreibt der "Frkf. Ztg.": Angesichts der
russischen Mobilisierung an der Westgrenze des
Reichs ist die Ansicht des Grafen Okuma, eines genauen
Kenners japanischer und russischer Heeresverhältnisse,
über die Gefahren, in die sich Rußland
im Kriegsfalle stürzen würde, besonders lehrreich.
Graf Okuma hat vor kurzem eine Broschüre veröffentlicht,
in der er über einen japanischen Revanchekrieg
und einen Krieg Rußlands mit den
Weltmächten genaue Untersuchungen anstellt. Aus
diesen geht hervor, daß Rußland im Falle kriegerischer
Verwicklungen in Europa durch Japan in eine
recht ungünstige militärische Lage gebracht werden
würde, so daß tatsächlich ein Waffengang im
Westen für das Zarenreich unberechenbare Folgen
im fernen Osten zeitigen könnte. Die Broschüre des
Grafen Okuma hat großen Eindruck in Japan gemacht,
da der Nachweis geführt wird, daß die Russen
gar nicht in der Lage seien, einen sieghaften Krieg
mit Japan zu führen. Letzteres werde innerhalb
eines Monats ein Heer von 1 ½ Millionen Soldaten
gegn [sic] Rußland aufstellen, das bestenfalls imstande
sei, nach 3 Monaten höchstens 1 Million Soldaten
gegen Russland aufstellen, das bestenfalls im- [sic]
Dies wäre nur denkbar, wenn die europäischen
Kräfte nicht durch einen Feldzug im Westen gefesselt
würden
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VOM KRIEGSSCHAUPLATZ.
Neue Gefechte.
Mailand, 30. Juli. Der Secolo erhält aus
Nisch eine Privatmeldung über den Kampf bei
Semendria der bei Sonnenaufgang begonnen
hat, um 8 Uhr früh unterbrochen und am Nachmittag
wieder aufgenommen wurde. Die Serben hätten
dem übermächtigen Gegner den lebhaftesten
Widerstand entgegengesetzt; auf beiden Seiten seien
einige hundert Tote zu verzeichnen. Wenn
die Serben auch Semendria preisgeben
mußte (sic), so würden doch Posonka, Jagodin und
Porotin drei schwere Etappen für das Eindringen
der österreichischen Truppen nach dem Süden bedeuten.
An der bosnischen Grenze hätten einige
hundert Serben die kleine Festung Lesitza stundenlang
gegen Tausende von österreichischen Truppen
verteidigt; sie seien dann abgezogen, nachdem
sie dem Gegner beträchtliche Verluste verursacht
hätten.
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item 21
1. Spalte
TÜRKEI.
Neueste Nachrichten.
Konstantinopel, 1. August. Den Blättern
zufolge wird die türkische Torpedobootsflottille unter
Kommando des Admirals Limbus Pascha zum
Hochseemanöver in den Archipel auslaufen.
JAPAN.
Japan und Rußland.
Man schreibt der "Frkf. Ztg.": Angesichts der
russischen Mobilisierung an der Westgrenze des
Reichs ist die Ansicht des Grafen Okuma, eines genauen
Kenners japanischer und russischer Heeresverhältnisse,
über die Gefahren, in die sich Rußland
im Kriegsfalle stürzen würde, besonders lehrreich.
Graf Okuma hat vor kurzem eine Broschüre veröffentlicht,
in der er über einen japanischen Revanchekrieg
und einen Krieg Rußlands mit den
Weltmächten genaue Untersuchungen anstellt. Aus
diesen geht hervor, daß Rußland im Falle kriegerischer
Verwicklungen in Europa durch Japan in eine
recht ungünstige militärische Lage gebracht werden
würde, so daß tatsächlich ein Waffengang im
Westen für das Zarenreich unberechenbare Folgen
im fernen Osten zeitigen könnte. Die Broschüre des
Grafen Okuma hat großen Eindruck in Japan gemacht,
da der Nachweis geführt wird, daß die Russen
gar nicht in der Lage seien, einen sieghaften Krieg
mit Japan zu führen. Letzteres werde innerhalb
eines Monats ein Heer von 1 ½ Millionen Soldaten
gegn [sic] Rußland aufstellen, das bestenfalls imstande
sei, nach 3 Monaten höchstens 1 Million Soldaten
gegen Russland aufstellen, das bestenfalls im- [sic]
Dies wäre nur denkbar, wenn die europäischen
Kräfte nicht durch einen Feldzug im Westen gefesselt
würden
_________________________
VOM KRIEGSSCHAUPLATZ.
Neue Gefechte.
Mailand, 30. Juli. Der Secolo erhält aus
Nisch eine Privatmeldung über den Kampf bei
Semendria der bei Sonnenaufgang begonnen
hat, um 8 Uhr früh unterbrochen und am Nachmittag
wieder aufgenommen wurde. Die Serben hätten
dem übermächtigen Gegner den lebhaftesten
Widerstand entgegengesetzt; auf beiden Seiten seien
einige hundert Tote zu verzeichnen. Wenn
die Serben auch Semendria preisgeben
mußte (sic), so würden doch Posonka, Jagodin und
Porotin drei schwere Etappen für das Eindringen
der österreichischen Truppen nach dem Süden bedeuten.
An der bosnischen Grenze hätten einige
hundert Serben die kleine Festung Lesitza stundenlang
gegen Tausende von österreichischen Truppen
verteidigt; sie seien dann abgezogen, nachdem
sie dem Gegner beträchtliche Verluste verursacht
hätten.
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item 21
1. Spalte
TÜRKEI.
Neueste Nachrichten.
Konstantinopel, 1. August. Den Blättern
zufolge wird die türkische Torpedobootsflottille unter
Kommando des Admirals Limbus Pascha zum
Hochseemanöver in den Archipel auslaufen.
JAPAN.
Japan und Rußland.
Man schreibt der "Frkf. Ztg.": Angesichts der
russischen Mobilisierung an der Westgrenze des
Reichs ist die Ansicht des Grafen Okuma, eines genauen
Kenners japanischer und russischer Heeresverhältnisse,
über die Gefahren, in die sich Rußland
im Kriegsfalle stürzen würde, besonders lehrreich.
Graf Okuma hat vor kurzem eine Broschüre veröffentlicht,
in der er über einen japanischen Revanchekrieg
und einen Krieg Rußlands mit den
Weltmächten genaue Untersuchungen anstellt. Aus
diesen geht hervor, daß Rußland im Falle kriegerischer
Verwicklungen in Europa durch Japan in eine
recht ungünstige militärische Lage gebracht werden
würde, so daß tatsächlich ein Waffengang im
Westen für das Zarenreich unberechenbare Folgen
im fernen Osten zeitigen könnte. Die Broschüre des
Grafen Okuma hat großen Eindruck in Japan gemacht,
da der Nachweis geführt wird, daß die Russen
gar nicht in der Lage seien, einen sieghaften Krieg
mit Japan zu führen. Letzteres werde innerhalb
eines Monats ein Heer von 1 ½ Millionen Soldaten
gegn [sic] Rußland aufstellen, das bestenfalls imstande
sei, nach 3 Monaten höchstens 1 Million Soldaten
gegen Russland aufstellen, das bestenfalls im- [sic]
Dies wäre nur denkbar, wenn die europäischen
Kräfte nicht durch einen Feldzug im Westen gefesselt
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Konstantinopel, 1. August. Den Blättern
zufolge wird die türkische Torpedobootsflottille unter
Kommando des Admirals Limbus Pascha zum
Hochseemanöver in den Archipel auslaufen.
JAPAN.
Japan und Rußland.
Man schreibt der "Frkf. Ztg.": Angesichts der
russischen Mobilisierung an der Westgrenze des
Reichs ist die Ansicht des Grafen Okuma, eines genauen
Kenners japanischer und russischer Heeresverhältnisse,
über die Gefahren, in die sich Rußland
im Kriegsfalle stürzen würde, besonders lehrreich.
Graf Okuma hat vor kurzem eine Broschüre veröffentlicht,
in der er über einen japanischen Revanchekrieg
und einen Krieg Rußlands mit den
Weltmächten genaue Untersuchungen anstellt. Aus
diesen geht hervor, daß Rußland im Falle kriegerischer
Verwicklungen in Europa durch Japan in eine
recht ungünstige militärische Lage gebracht werden
würde, so daß tatsächlich ein Waffengang im
Westen für das Zarenreich unberechenbare Folgen
im fernen Osten zeitigen könnte. Die Broschüre des
Grafen Okuma hat großen Eindruck in Japan gemacht,
da der Nachweis geführt wird, daß die Russen
gar nicht in der Lage seien, einen sieghaften Krieg
mit Japan zu führen. Letzteres werde innerhalb
eines Monats ein Heer von 1 1/2 Millionen Soldaten
gegn [sic] Rußland aufstellen, das bestenfalls imstande
sei, nach 3 Monaten höchstens 1 Million Soldaten
gegen Russland aufstellen, das bestenfalls im- [sic]
Dies wäre nur denkbar, wenn die europäischen
Kräfte nicht durch einen Feldzug im Westen gefesselt
würden
_________________________
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item 21
1. Spalte
TÜRKEI.
Neueste Nachrichten.
Konstantinopel, 1. August. Den Blättern
zufolge wird die türkische Torpedobootsflottille unter
Kommando des Admirals Limbus Pascha zum
Hochseemanöver in den Archipel auslaufen.
JAPAN.
Japan und Rußland.
Man schreibt der "Frkf. Ztg.": Angesichts der
russischen Mobilisierung an der Westgrenze des
Reichs ist die Ansicht des Grafen Okuma, eines genauen
Kenners japanischer und russischer Heeresverhältnisse,
über die Gefahren, in die sich Rußland
im Kriegsfalle stürzen würde, besonders lehrreich.
Graf Okuma hat vor kurzem eine Broschüre veröffentlicht,
in der er über einen japanischen Revanchekrieg
und einen Krieg Rußlands mit den
Weltmächten genaue Untersuchungen anstellt. Aus
diesen geht hervor, daß Rußland im Falle kriegerischer
Verwicklungen in Europa durch Japan in eine
recht ungünstige militärische Lage gebracht werden
würde, so daß tatsächlich ein Waffengang im
Westen für das Zarenreich unberechenbare Folgen
im fernen Osten zeitigen könnte. Die Broschüre des
Grafen Okuma hat großen Eindruck in Japan gemacht,
da der Nachweis geführt wird, daß die Russen
gar nicht in der Lage seien, einen sieghaften Krieg
mit Japan zu führen. Letzteres werde innerhalb
eines Monats ein Heer von 1 1/2 Millionen Soldaten
gegn [sic] Rußland aufstellen, das bestenfalls imstande
sei, nach 3 Monaten höchstens 1 Million Soldaten
gegen Russland aufstellen, das bestenfalls im- [sic]
Dies wäre nur denkbar, wenn die europäischen
Kräfte nicht durch einen Feldzug im Westen gefesselt
würden.
-
item 21
1. Spalte
TÜRKEI.
Neueste Nachrichten.
Konstantinopel, 1. August. Den Blättern
zufolge wird die türkische Torpedobootsflottille unter
Kommando des Admirals Limbus Pascha zum
Hochseemanöver in den Archipel auslaufen.
Description
Save description- 52.5201126||13.404510699999946||||1
Berlin, Saalfeld, Leipzig
Location(s)
Story location Berlin, Saalfeld, Leipzig
- ID
- 15725 / 166531
- Contributor
- Karl Döbling
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