Maria von Stutterheim dokumentiert den Krieg, item 14
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Ein belgisches Luftschloß.
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Das Original vorstehender Skizze wurde im
Schloß Bosch südlich Antwerpen gefunden, als kurz
nach dem Abrücken der Belgier der Divisionsstab
das Schloß belegte.
Der Herr Kommandeur der Division hatte die
Freundlichkeit, uns das Schriftstück zu übersenden.
Die auf der Skizze befindlichen französisch geschrie-
benen Bemerkungen lauten in deutscher Ueber-
setzung:
"Friedens-Vertrag von Berlin (15. Oktober
1914).
Art. I. II. etc, etc.
Artikel XX: Belgien erhielt, um die durch die
Deutschen verübten Verheerungen auszugleichen,
die Pfalz, Rheinpreußen, das holländische Lim-
burg, die Mündungen der Schelde und das alte
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Großherzogtum Luxemburg. Es wird außerdem
eine Entschädigung von 6,782,669,782 Frank er-
halten."
Die Kindlichkeit des leider unbekannten belgi-
schen Politikers ist so herzerfreuend, daß wir dem
Zufall dankbar sind, der sie zur Kenntnis der
Oeffentlichkeit brachte. Das neutrale Holland in
dieser Weise zu bedenken, wie es hier auf dem
Papier geschah, würde ja den Verbündeten sicher-
lich keine weiteren Herzbeklemmungen gemacht
haben. Aber Frankreich anzusinnen, daß es alles
Land nördlich der Lauter an Belgien fallen lassen
würde, das ist der Gipfel. Uebrigens: am 15. Okto-
ber sollte dieser "Friede von Berlin" geschlossen
werden; schade, daß am 9. Oktober nicht Spandau,
sondern - Antwerpen erobert wurde.
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* Häusliches Leben in Russisch-Polen. Ein Unteroffizier
eines Landwehrregiments schildert - nach dem "Voigtl. An-
zeiger" - in einem Kartengruß an einen ehemaligen Schul-
freund in Plauen das häusliche Leben in Russisch-Polen kurz
und anschaulich also;
Hier laust sich der Vater,
Hier laust sich das Kind,
Hier laust sich der Herr
Und auch das Gesind'.
Ich sitz' als Quartiergast
In ihrer Mitt';
Erst schaue ich zu,
Dann lause ich mit . . .
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Die Soldatensprache.
Die Welt in Waffen hat wie jede besondere Welt ihre
eigene Sprache, die nicht nur für jedes Stück der Uniform,
sondern auch für alle Truppengattungen, Kameraden usw.
eigene Bezeichnungen kennt. Der Straßburger Universi-
tätsprofessor Horn hat dieser Soldatensprache eingehende
Untersuchungen gewidmet. Da heißen zum Beispiel bei der
Kavallerie die Kürassiere Klempner, Mehlsäcke oder Blech-
reiter, die Husaren Bindfadenjungen (wegen der Schnüre),
die roten Husaren Leuchtkäfer, die Ulanen werden in Bayern
reitende Laternenanzünder genannt. Die Artillerie heißt
die Bombe; bei ihr gibt es Bombenschmeißer. Die Feldar-
tilleristen müssen sich die Bezeichnung Knalldroschkenkutscher
gefallen lassen. die Fuß- und Festungsartilleristen nennt der
Soldat Kanonenwischer, Festungsbimser und Wallrutscher,
die österreichischen Gebirgsbatterien werden wegen der Maul-
esel nach dem lateinischen mulus die Mulibatterien genannt.
Bei der Infanterie gibt es Sandlatscher, Fußlatscher, Lachen-
patscher, Stoppelhopfer, Dreckstampfer. Die Jäger sind die
Laubfrösche, Grünspechte, die Pioniere Maulwürfe. Der
Train ist die Kolonne Brr! oder der Guß; die einzelnen Leu-
te sind Trainbauern, Zwiebackkutscher, oder wegen der blau-
en Uniform Veilchendragoner. Die Proviantbeamten sind
Mehlwürmer, über denen die Obermehlwürmer stehen,
Mehlsäcke oder Kommißbäcker; der Divisionsintendant ist
der Graupenmajor. In Oesterreich heißen nach Horn die
Intendanturbeamten der administrative Generalstab oder
die Zifferspione, während man die Verpflegungsverwalter
spöttisch Verschleppverwalter nennt. Unter den Ökonomie-
handwerkern sind Schuster die Pechhengste. Die Spiel-
leute sind Spielmöpse;; Spielhengste, das Federvieh oder
die Hühner, und sie werden daher oft mit "Ksch! Ksch!" ge-
scheucht. Von dem mit einem Knüppel verglichenen Stabe
der Tambours schreibt sich der Spottname Knüppelmusi-
kanten her; die Hornisten sind das Hornvieh. Der Tam-
bour ist ein Wirbeltier, Kalbsfelltrompeter oder Fellraßler,
das Musikkorps insgesamt der Klimbim. Der Rekrut ist
ein Remontekopf, Jungholz, Hammel. der Ersatz heißt bei
den alten Mannschaften im Felde der Schwamm. Die Er-
satzreservisten werden je nach der Gegend verschieden, als
Eskimos, Plattfüße, Setzkarpfen, bezeichnet. Für die kleinen
Leute der letzten Kompagnie finden sich Spitznamen in
reichster Auswahl: Mündungskork, Fummelkork, Bankstei-
ger, Stoppe oder Stöpsel, Brotbeutelhupfer, Schuhzwecken,
Sohlennägel, Zündkegel oder Sackratten. Ein linker Flü-
gelmann einer sächsischen Kompagnie wurde nach Horns
Mitteilungen "das Bauchkneppchen der Kompagnie" genannt.
Dagegen sind die großen Leute die Wischstöcke. Von der
Ausrüstung sind die Stiefel die Hochstapler, die Kähne
(Saalkähne, Elbkähne, Oderkähne), oder Quadratlatschen.
Der Tornister ist der Affe, der Brotbeutel heißt Frostbeu-
tel oder Fußsack, manchmal aber auch der Hungerbeutel;
das Gewehr heißt Knarre oder der Schießprügel, der Helm
die Hurratute oder Dunstkiepe, auch Dunstkübel. Das Sei-
tengewehr ist das Käse- oder Brotmesser, der Degen die
Plempe oder der Schlepper; der Koppelriemen heißt der
Schmachtriemen, die Beilpicken sind eiserne Kreuze oder Bri-
gadeschlüssel. Offiziere in Dienstanzug gehen in Hut und
Schleier, die verhüllte Fahne ist der Regimentsregenschirm,
das Dienstpferd der Dienstmops.
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Ein belgisches Luftschloß.
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Das Original vorstehender Skizze wurde im
Schloß Bosch südlich Antwerpen gefunden, als kurz
nach dem Abrücken der Belgier der Divisionsstab
das Schloß belegte.
Der Herr Kommandeur der Division hatte die
Freundlichkeit, uns das Schriftstück zu übersenden.
Die auf der Skizze befindlichen französisch geschrie-
benen Bemerkungen lauten in deutscher Ueber-
setzung:
"Friedens-Vertrag von Berlin (15. Oktober
1914).
Art. I. II. etc, etc.
Artikel XX: Belgien erhielt, um die durch die
Deutschen verübten Verheerungen auszugleichen,
die Pfalz, Rheinpreußen, das holländische Lim-
burg, die Mündungen der Schelde und das alte
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Großherzogtum Luxemburg. Es wird außerdem
eine Entschädigung von 6,782,669,782 Frank er-
halten."
Die Kindlichkeit des leider unbekannten belgi-
schen Politikers ist so herzerfreuend, daß wir dem
Zufall dankbar sind, der sie zur Kenntnis der
Oeffentlichkeit brachte. Das neutrale Holland in
dieser Weise zu bedenken, wie es hier auf dem
Papier geschah, würde ja den Verbündeten sicher-
lich keine weiteren Herzbeklemmungen gemacht
haben. Aber Frankreich anzusinnen, daß es alles
Land nördlich der Lauter an Belgien fallen lassen
würde, das ist der Gipfel. Uebrigens: am 15. Okto-
ber sollte dieser "Friede von Berlin" geschlossen
werden; schade, daß am 9. Oktober nicht Spandau,
sondern - Antwerpen erobert wurde.
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* Häusliches Leben in Russisch-Polen. Ein Unteroffizier
eines Landwehrregiments schildert - nach dem "Voigtl. An-
zeiger" - in einem Kartengruß an einen ehemaligen Schul-
freund in Plauen das häusliche Leben in Russisch-Polen kurz
und anschaulich also;
Hier laust sich der Vater,
Hier laust sich das Kind,
Hier laust sich der Herr
Und auch das Gesind'.
Ich sitz' als Quartiergast
In ihrer Mitt';
Erst schaue ich zu,
Dann lause ich mit . . .
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Description
Save description- 51.2194475||4.4024643||
Schloss Bosch
- 52.43158||13.318790000000035||||1
Berlin-Lichterfelde
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Story location Berlin-Lichterfelde
Document location Schloss Bosch
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- 12746 / 160820
- Contributor
- Wilfried Schulze-Weser
2017
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