Ereignisse im kirchlichen Leben Lendersdorfs während des Weltkrieges, item 9
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an Mehl, Zucker und an sonstigen Dingen des häuslichen Bedarfs
im Verlaufe der Kriegszeit verwogen und verteilt
wurden. Im großen und ganzen lief der Apparat nach einiger
zeit reibungslos.
+ Von besonderer Bedeutung wurde innerhalb der Lebensmittelabteilung
die Hindenburgspende. Sie war vom Generalfeldmarschall
auf Anregung gewünscht worden. Sie bestand
darin, daß die Gläubigen Fleischspenden bei ihren Schlachtungen
abgaben, das dann sorgsam bereitet und entweder an d [sic]
die Front versandt wurde, aber auch gelegentlich besonders
kränklichen und bedürftigen Familien überlassen wurde. Sie
wurde für die Bürgermeisterei so sorgfältig durchgeführt,
daß sich der damalige Erzbischof von Köln, Kardinal von
Hartmann, durch den Lendersdorfer Vikar Vortrag halten
ließ und die durchgeführte Ordnung als musterhaft der
Reichsverwaltung der Hindenburgspende mitteilen ließ.
Die Folge davon war, daß der Vikar nun auch in eine besondere
Reichskommission hineingenommen wurde, die in Berlin
eine besondere Ausbildung erhielt, um auch rednerisch beruhigend
und aufklärend im Lande unter der Bevölkerung tätig
zu sein. So wurde das wirtschaftliche Leben zur Seelsorge
und die Seelsorge zur Wirtschaft. Aber es waren Jahre, in
denen die ständige gegenseitige Hilfeleistung eine unlösliche
Volksgemeinschaft zusammenschmiedete.
ad 2. Besonders schwierig war die Abschätzungskommission
für die Landwirtschaft. Zu 4 bis 5 Personen zog die Kommission unter Vorsitz des Vikars auf die Bauernhöfe. Das vorhandene
Getreide wurde geschätzt, ein bestimmtes Quantum
wurde als Saatgut und für die Selbstversorgung belassen.
Es mußte nach einzelnen Getreidearten, namentlich Hafer
und Gerste, alles abgeschätzt werden. Und der verbleibende
Rest hätte rücksichtslos beschlagnahmt werden müssen. Der
Krieg ist eben hart, nicht nur in Feindesland, sondern
auch in der Heimat. Auch hier spielten sich manchmal herzzerreißende
Szenen ab, wenn der Landwirt feststellte,
daß ihm das verbleibende Quantum entweder nicht reichte für
die Ernährung der Tiere, namentlich der Zugtiere, oder
für das Saatgut nicht reichte. Auch hier mußte immer wieder
unter schonender Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften
ein Kompromiß geschlossen werden, um nicht durch unnötige
Härte den Willen der Bevölkerung zum Durchhalten zu schwächen.
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an Mehl, Zucker und an sonstigen Dingen des häuslichen Bedarfs
im Verlaufe der Kriegszeit verwogen und verteilt
wurden. Im großen und ganzen lief der Apparat nach einiger
zeit reibungslos.
+ Von besonderer Bedeutung wurde innerhalb der Lebensmittelabteilung
die Hindenburgspende. Sie war vom Generalfeldmarschall
auf Anregung gewünscht worden. Sie bestand
darin, daß die Gläubigen Fleischspenden bei ihren Schlachtungen
abgaben, das dann sorgsam bereitet und entweder an d [sic]
die Front versandt wurde, aber auch gelegentlich besonders
kränklichen und bedürftigen Familien überlassen wurde. Sie
wurde für die Bürgermeisterei so sorgfältig durchgeführt,
daß sich der damalige Erzbischof von Köln, Kardinal von
Hartmann, durch den Lendersdorfer Vikar Vortrag halten
ließ und die durchgeführte Ordnung als musterhaft der
Reichsverwaltung der Hindenburgspende mitteilen ließ.
Die Folge davon war, daß der Vikar nun auch in eine besondere
Reichskommission hineingenommen wurde, die in Berlin
eine besondere Ausbildung erhielt, um auch rednerisch beruhigend
und aufklärend im Lande unter der Bevölkerung tätig
zu sein. So wurde das wirtschaftliche Leben zur Seelsorge
und die Seelsorge zur Wirtschaft. Aber es waren Jahre, in
denen die ständige gegenseitige Hilfeleistung eine unlösliche
Volksgemeinschaft zusammenschmiedete.
ad 2. Besonders schwierig war die Abschätzungskommission
für die Landwirtschaft. Zu 4 bis 5 Personen zog die Kommission unter Vorsitz des Vikars auf die Bauernhöfe. Das vorhandene
Getreide wurde geschätzt, ein bestimmtes Quantum
wurde als Saatgut und für die Selbstversorgung belassen.
Es mußte nach einzelnen Getreidearten, namentlich Hafer
und Gerste, alles abgeschätzt werden. Und der verbleibende
Rest hätte rücksichtslos beschlagnahmt werden müssen. Der
Krieg ist eben hart, nicht nur in Feindesland, sondern
auch in der Heimat. Auch hier spielten sich manchmal herzzerreißende
Szenen ab, wenn der Landwirt feststellte,
daß ihm das verbleibende Quantum entweder nicht reichte für
die Ernährung der Tiere, namentlich der Zugtiere, oder
für das Saatgut nicht reichte. Auch hier mußte immer wieder
unter schonender Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften
ein Kompromiß geschlossen werden, um nicht durch unnötige
Härte den Willen der Bevölkerung zum Durchhalten zu schwächen.
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Save description- 50.768293||6.47891530000004||||1
Düren - Lendersdorf
Location(s)
Story location Düren - Lendersdorf
- ID
- 7534 / 78913
- Contributor
- Ralf Fackeldey
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