Ereignisse im kirchlichen Leben Lendersdorfs während des Weltkrieges, item 7

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7

Form als Zivilgefangener, daß er sich jeden Tag auf dem

Bürgermeisteramt in Rölsdorf melden mußte. Bei der engen

Zusammenarbeit zwischen der kirchlichen und staatlichen Jugendpflege, deren letztere auch der Vikar von Lendersdorf

leitete, bestand ein sehr großes Vertrauensverhältnis zwischen den Zivilbehörden und den Seelsorgern, und

so wurde dieses Anordnung der Zivilgefangenschaft, verbunden

mit täglicher Meldung, sehr milde gehandhabt, eine

Milde, die sich bewährte; denn  der junge Mann war ein

sehr beliebtes Mitglied des katholischen Jünglingsvereins.

Leider starb er in Lendersdorf im Mai 1918, ohne

seine Heimat wiedergesehen zu haben. Er wurde, da Leichentransportsperre

bestand, im Monat Mai auf dem Lendersdorfer

Friedhof in einem Zinksarge beerdigt. Sobald die

Leichentransportsperre aufgehoben war, wurde die Leiche

nach Brüssel gebracht und dort beigesetzt.

Eine besondere Aufgabe fiel der Seelsorgsgeistlichkett [sic]

zu, als russische Kriegsgefangene in ein Gefangenenlager

ins Dorf kamen. Die Gefangenen waren zum Teil römische,

zum Teil unierte Katholiken. Eine Reihe davon waren auch

Orthodoxe. Jedenfalls freuten sich alle, wenn der Vikar

des Ortes das Gefangenenlager besuchte. Den Gefangenen

wurde das Leben, soweit das möglich war, erträglich gestaltet.

Der Vikar, der eine Jugendabteilung der Turnerschaft

unterhielt, konnte auch mit den Gefangenen unter

selbstverständlicher Aufsicht der Vorgesetzten, gelegentliche

Turnstunden abhalten. Wenn sie sich auch gegenseitig

nicht verstanden, so wurde die Sprache des herzlichen

Wohlwollens doch verstanden. Auch sie erhielten gelegentlich

aus Sammlungen der Ortsbewohner Liebesgaben, Zigarren

und sonstige Gebrauchsgegenstände. Ein einziger von

den Gefangenen starb in Lendersdorf während der Gefangenschaft

und wurde auf dem dortigen Friedhofe beerdigt.

Der Dienst an der Zivilbevölkerung.

Gleich zu Beginn des Krieges wurden die Lebensmittel

rationiert. Es wurden öffentliche Verteilungsstellen

für einzelne Küchenartikel und Lebensmittel eingerichtet.

Der Landwirtschaft wurde mit der längeren Dauer des

Krieges das Saatgut zugemessen. Alles andere mußte abgeliefert

werden, nicht nur um der Zivilbevölkerung zu

dienen, sondern auch um die Versorgung des Heeres sicherzustellen.

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Form als Zivilgefangener, daß er sich jeden Tag auf dem

Bürgermeisteramt in Rölsdorf melden mußte. Bei der engen

Zusammenarbeit zwischen der kirchlichen und staatlichen Jugendpflege, deren letztere auch der Vikar von Lendersdorf

leitete, bestand ein sehr großes Vertrauensverhältnis zwischen den Zivilbehörden und den Seelsorgern, und

so wurde dieses Anordnung der Zivilgefangenschaft, verbunden

mit täglicher Meldung, sehr milde gehandhabt, eine

Milde, die sich bewährte; denn  der junge Mann war ein

sehr beliebtes Mitglied des katholischen Jünglingsvereins.

Leider starb er in Lendersdorf im Mai 1918, ohne

seine Heimat wiedergesehen zu haben. Er wurde, da Leichentransportsperre

bestand, im Monat Mai auf dem Lendersdorfer

Friedhof in einem Zinksarge beerdigt. Sobald die

Leichentransportsperre aufgehoben war, wurde die Leiche

nach Brüssel gebracht und dort beigesetzt.

Eine besondere Aufgabe fiel der Seelsorgsgeistlichkett [sic]

zu, als russische Kriegsgefangene in ein Gefangenenlager

ins Dorf kamen. Die Gefangenen waren zum Teil römische,

zum Teil unierte Katholiken. Eine Reihe davon waren auch

Orthodoxe. Jedenfalls freuten sich alle, wenn der Vikar

des Ortes das Gefangenenlager besuchte. Den Gefangenen

wurde das Leben, soweit das möglich war, erträglich gestaltet.

Der Vikar, der eine Jugendabteilung der Turnerschaft

unterhielt, konnte auch mit den Gefangenen unter

selbstverständlicher Aufsicht der Vorgesetzten, gelegentliche

Turnstunden abhalten. Wenn sie sich auch gegenseitig

nicht verstanden, so wurde die Sprache des herzlichen

Wohlwollens doch verstanden. Auch sie erhielten gelegentlich

aus Sammlungen der Ortsbewohner Liebesgaben, Zigarren

und sonstige Gebrauchsgegenstände. Ein einziger von

den Gefangenen starb in Lendersdorf während der Gefangenschaft

und wurde auf dem dortigen Friedhofe beerdigt.

Der Dienst an der Zivilbevölkerung.

Gleich zu Beginn des Krieges wurden die Lebensmittel

rationiert. Es wurden öffentliche Verteilungsstellen

für einzelne Küchenartikel und Lebensmittel eingerichtet.

Der Landwirtschaft wurde mit der längeren Dauer des

Krieges das Saatgut zugemessen. Alles andere mußte abgeliefert

werden, nicht nur um der Zivilbevölkerung zu

dienen, sondern auch um die Versorgung des Heeres sicherzustellen.


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  • February 8, 2018 01:50:58 Matthias Sohr

    7

    Form als Zivilgefangener, daß er sich jeden Tag auf dem

    Bürgermeisteramt in Rölsdorf melden mußte. Bei der engen

    Zusammenarbeit zwischen der kirchlichen und staatlichen Jugendpflege, deren letztere auch der Vikar von Lendersdorf

    leitete, bestand ein sehr großes Vertrauensverhältnis zwischen den Zivilbehörden und den Seelsorgern, und

    so wurde dieses Anordnung der Zivilgefangenschaft, verbunden

    mit täglicher Meldung, sehr milde gehandhabt, eine

    Milde, die sich bewährte; denn  der junge Mann war ein

    sehr beliebtes Mitglied des katholischen Jünglingsvereins.

    Leider starb er in Lendersdorf im Mai 1918, ohne

    seine Heimat wiedergesehen zu haben. Er wurde, da Leichentransportsperre

    bestand, im Monat Mai auf dem Lendersdorfer

    Friedhof in einem Zinksarge beerdigt. Sobald die

    Leichentransportsperre aufgehoben war, wurde die Leiche

    nach Brüssel gebracht und dort beigesetzt.

    Eine besondere Aufgabe fiel der Seelsorgsgeistlichkett [sic]

    zu, als russische Kriegsgefangene in ein Gefangenenlager

    ins Dorf kamen. Die Gefangenen waren zum Teil römische,

    zum Teil unierte Katholiken. Eine Reihe davon waren auch

    Orthodoxe. Jedenfalls freuten sich alle, wenn der Vikar

    des Ortes das Gefangenenlager besuchte. Den Gefangenen

    wurde das Leben, soweit das möglich war, erträglich gestaltet.

    Der Vikar, der eine Jugendabteilung der Turnerschaft

    unterhielt, konnte auch mit den Gefangenen unter

    selbstverständlicher Aufsicht der Vorgesetzten, gelegentliche

    Turnstunden abhalten. Wenn sie sich auch gegenseitig

    nicht verstanden, so wurde die Sprache des herzlichen

    Wohlwollens doch verstanden. Auch sie erhielten gelegentlich

    aus Sammlungen der Ortsbewohner Liebesgaben, Zigarren

    und sonstige Gebrauchsgegenstände. Ein einziger von

    den Gefangenen starb in Lendersdorf während der Gefangenschaft

    und wurde auf dem dortigen Friedhofe beerdigt.

    Der Dienst an der Zivilbevölkerung.

    Gleich zu Beginn des Krieges wurden die Lebensmittel

    rationiert. Es wurden öffentliche Verteilungsstellen

    für einzelne Küchenartikel und Lebensmittel eingerichtet.

    Der Landwirtschaft wurde mit der längeren Dauer des

    Krieges das Saatgut zugemessen. Alles andere mußte abgeliefert

    werden, nicht nur um der Zivilbevölkerung zu

    dienen, sondern auch um die Versorgung des Heeres sicherzustellen.


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    Düren - Lendersdorf

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7534 / 78911
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http://europeana1914-1918.eu/...
Contributor
Ralf Fackeldey
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http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/


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