Ereignisse im kirchlichen Leben Lendersdorfs während des Weltkrieges, item 1

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Ereignisse im kirchlichen Leben Lendersdorfs 

während des Weltkrieges.

 ... 

Der Ausbruch des Weltkrieges kam wie für alle Deutschen,

so auch für unsere Pfarrgemeinde, vollkommen überraschend.

In wenigen Tagen ballten sic die Gewitterwolken des Krieges

zusammen. Während die Seelsorgsgeistlichen am Samstag,

1. August im Beichtstuhl saßen, wurde hinter der Kirche die

Mobilmachung "ausgeschellt". Nur wenn man es selbst mit-

erlebt hat, kann man den unbeschreiblichen Eindruck ermes-

sen, als, nachdem die Schelle erklungen, der Text der Mo-

bilmachung mit lauter Stimme vom Ortspolizisten verlesen

wurde. Es war nachmittags 4 - 5 Uhr. Durch die Menge der

Gläubigen, die in der Kirche waren, ging eine tiefe Bewe-

gung. Es war keine Stunde verflossen, da umlagerten die

Jungmänner und Männer die Beichtstühle, die bereits wenige

Stunden später in der Nacht vom 1. zum 2. August um 2 Uhr

morgens sich in Köln stellen mußten. Sie alle wollten fast

ausnahmslos ihr Rechnung mit dem Ewigen ordnen, ehe sie

auszogen. Wenn auch der Mut noch so groß und die Begeiste-

rung zum Kampfe für das Vaterland entflammt war, so lauerte

doch hinter allem soldatischen Mut die beängstigende sorgen-

volle Frage: Wirst du die Heimat wiedersehen? Der Ortspfar-

rer Füssenich war für mehrere Stunden von der Pfarrer ab-

wesend. Als der Vikar gegen 7,30 Uhr abends an die Männer

und Jungmänner, die vom Arbeitsplatz heimgeeilt waren und

gebeichtet hatten, die hl. Kommunion austeilte, - ein bis

dahin nie gekannter Vorgang - ging durch die Reihe der die

Kirche füllenden Gläubigen eine tiefe Bewegung, lautes

Schluchzen erfüllte die Kirche, Gerade während das "Domine

non sum dignus" gebetet wurde, betrat der Pfarrer mit sei-

nem greisen Haupte die Kirce, stutzte ob des ungewöhnli-

chen Vorganges, und sein Gesicht wurde noch weißer als

sein weißes Haar. Auch er brach in Tränen aus und segnete

alsdann die zum Auszug bereiten Krieger. Fast die ganze

Nacht wurde Beichte gehört. Die vielen, die in den näch-

sten Tagen sich stellen mußten, strömten ebenfalls zum

Beichtstuhl. Als am nächsten Morgen, Sonntag, 2. August,

das Evangelium über den Untergang Jerusalems verlesen wurde,

ging wieder ein bedrückendes Schluchzen durch die Reihen


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Ereignisse im kirchlichen Leben Lendersdorfs 

während des Weltkrieges.

 ... 

Der Ausbruch des Weltkrieges kam wie für alle Deutschen,

so auch für unsere Pfarrgemeinde, vollkommen überraschend.

In wenigen Tagen ballten sic die Gewitterwolken des Krieges

zusammen. Während die Seelsorgsgeistlichen am Samstag,

1. August im Beichtstuhl saßen, wurde hinter der Kirche die

Mobilmachung "ausgeschellt". Nur wenn man es selbst mit-

erlebt hat, kann man den unbeschreiblichen Eindruck ermes-

sen, als, nachdem die Schelle erklungen, der Text der Mo-

bilmachung mit lauter Stimme vom Ortspolizisten verlesen

wurde. Es war nachmittags 4 - 5 Uhr. Durch die Menge der

Gläubigen, die in der Kirche waren, ging eine tiefe Bewe-

gung. Es war keine Stunde verflossen, da umlagerten die

Jungmänner und Männer die Beichtstühle, die bereits wenige

Stunden später in der Nacht vom 1. zum 2. August um 2 Uhr

morgens sich in Köln stellen mußten. Sie alle wollten fast

ausnahmslos ihr Rechnung mit dem Ewigen ordnen, ehe sie

auszogen. Wenn auch der Mut noch so groß und die Begeiste-

rung zum Kampfe für das Vaterland entflammt war, so lauerte

doch hinter allem soldatischen Mut die beängstigende sorgen-

volle Frage: Wirst du die Heimat wiedersehen? Der Ortspfar-

rer Füssenich war für mehrere Stunden von der Pfarrer ab-

wesend. Als der Vikar gegen 7,30 Uhr abends an die Männer

und Jungmänner, die vom Arbeitsplatz heimgeeilt waren und

gebeichtet hatten, die hl. Kommunion austeilte, - ein bis

dahin nie gekannter Vorgang - ging durch die Reihe der die

Kirche füllenden Gläubigen eine tiefe Bewegung, lautes

Schluchzen erfüllte die Kirche, Gerade während das "Domine

non sum dignus" gebetet wurde, betrat der Pfarrer mit sei-

nem greisen Haupte die Kirce, stutzte ob des ungewöhnli-

chen Vorganges, und sein Gesicht wurde noch weißer als

sein weißes Haar. Auch er brach in Tränen aus und segnete

alsdann die zum Auszug bereiten Krieger. Fast die ganze

Nacht wurde Beichte gehört. Die vielen, die in den näch-

sten Tagen sich stellen mußten, strömten ebenfalls zum

Beichtstuhl. Als am nächsten Morgen, Sonntag, 2. August,

das Evangelium über den Untergang Jerusalems verlesen wurde,

ging wieder ein bedrückendes Schluchzen durch die Reihen



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  • April 13, 2017 14:58:45 Kristina Wald

    Ereignisse im kirchlichen Leben Lendersdorfs 

    während des Weltkrieges.

     ... 

    Der Ausbruch des Weltkrieges kam wie für alle Deutschen,

    so auch für unsere Pfarrgemeinde, vollkommen überraschend.

    In wenigen Tagen ballten sic die Gewitterwolken des Krieges

    zusammen. Während die Seelsorgsgeistlichen am Samstag,

    1. August im Beichtstuhl saßen, wurde hinter der Kirche die

    Mobilmachung "ausgeschellt". Nur wenn man es selbst mit-

    erlebt hat, kann man den unbeschreiblichen Eindruck ermes-

    sen, als, nachdem die Schelle erklungen, der Text der Mo-

    bilmachung mit lauter Stimme vom Ortspolizisten verlesen

    wurde. Es war nachmittags 4 - 5 Uhr. Durch die Menge der

    Gläubigen, die in der Kirche waren, ging eine tiefe Bewe-

    gung. Es war keine Stunde verflossen, da umlagerten die

    Jungmänner und Männer die Beichtstühle, die bereits wenige

    Stunden später in der Nacht vom 1. zum 2. August um 2 Uhr

    morgens sich in Köln stellen mußten. Sie alle wollten fast

    ausnahmslos ihr Rechnung mit dem Ewigen ordnen, ehe sie

    auszogen. Wenn auch der Mut noch so groß und die Begeiste-

    rung zum Kampfe für das Vaterland entflammt war, so lauerte

    doch hinter allem soldatischen Mut die beängstigende sorgen-

    volle Frage: Wirst du die Heimat wiedersehen? Der Ortspfar-

    rer Füssenich war für mehrere Stunden von der Pfarrer ab-

    wesend. Als der Vikar gegen 7,30 Uhr abends an die Männer

    und Jungmänner, die vom Arbeitsplatz heimgeeilt waren und

    gebeichtet hatten, die hl. Kommunion austeilte, - ein bis

    dahin nie gekannter Vorgang - ging durch die Reihe der die

    Kirche füllenden Gläubigen eine tiefe Bewegung, lautes

    Schluchzen erfüllte die Kirche, Gerade während das "Domine

    non sum dignus" gebetet wurde, betrat der Pfarrer mit sei-

    nem greisen Haupte die Kirce, stutzte ob des ungewöhnli-

    chen Vorganges, und sein Gesicht wurde noch weißer als

    sein weißes Haar. Auch er brach in Tränen aus und segnete

    alsdann die zum Auszug bereiten Krieger. Fast die ganze

    Nacht wurde Beichte gehört. Die vielen, die in den näch-

    sten Tagen sich stellen mußten, strömten ebenfalls zum

    Beichtstuhl. Als am nächsten Morgen, Sonntag, 2. August,

    das Evangelium über den Untergang Jerusalems verlesen wurde,

    ging wieder ein bedrückendes Schluchzen durch die Reihen



  • April 5, 2017 21:05:14 Liam Smith

    Ereignisse im kirchlichen Leben Lendersdorfs 


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  • 50.768293||6.47891530000004||

    Düren - Lendersdorf

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  • Story location Düren - Lendersdorf
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7534 / 78903
Source
http://europeana1914-1918.eu/...
Contributor
Ralf Fackeldey
License
http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/


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