Feldpostbriefe und Feldpostkarten von Hauptmann Eugen Hahn aus Bösingen, item 148

Edit transcription:
...
Transcription saved
Enhance your transcribing experience by using full-screen mode

Transcription

You have to be logged in to transcribe. Please login or register and click the pencil-button again

I.XI.18 Liebe Eltern! Ihr werdet nun wieder in Ulm angekommen sein. Hedwig schrieb mir kurz von einer Begegnung auf dem Stuttg. Bahnhof. Ihr werdet froh sein, nun wieder zu Hau-se zu sein. Wie hat sich denn die Magdfrage geregelt? Ich wäre sehr froh, wenn Ihr da gut versorgt wäret. Am Kostenpunkt darf es sicher nicht liegen. Und ich bin gern bereit, das mit großer Freude auf mich zu nehmen, um damit der I. Mutter eine kleine Entlastung zu bringen. Denn so klein der Haushalt, das Geläuf hört halt doch nicht auf und da ist Mutter doch zu sehr der Ruhe und Ausspannung bedürftig.

Mir selbst geht es recht gut. Wir warten natürlich alle mit Spannung auf die kommenden Din-ge und haben das bestimmte Gefühl, dass die Westfront, da. wo sie nachzugeben schien, wie-der in Ordnung kam und gefestigt ist. Ich habe absolutes Vertrauen, dass - wenn es zum Äu-ßersten kommen sollte - der Schutz der Grenzen sicher gelingt. Stehen doch noch 300 tüchti-ge Divisionen im Feld und von Männern geführt, die ihr Handwerk verstehen. Hoffentlich findet auch die Heimat den verlorenen Kopf wieder und wird allmählich der panikartigen Ge-rüchte Herr, als ob Deutschlands Grenzen bedroht wären. Wenn die politische Leitung sich von weiteren Auswüchsen fern hält und kraftvoll ihre Absichten durchhält, ohne zu sehr ins Ultrafahrwasser zu kommen, wird sich die Sache schon wieder einrenken!

Wenn Ostreich aus dem Leim geht, so wird dadurch die Lage nicht wesentlich verschlimmert werden, denn Hilfe hatten wir von denen ja noch nie. - Wenn wir Mut und Vertrauen nicht verlieren, ist die Sache noch nicht verloren.

Den Geschwistern viele herzliche Grüße, besonders herzliche Euch Euer treuer Sohn Eugen.
Rückzug (November 1918)

8.XI. Liebe Eltern! Ein Rasttag zwischen die Märsche hinein lässt mich geschwind zum Schreiben kommen. Das Unwesentliche - im Großen betrachtet voraus: es geht mir persön-lich recht gut. meine Gesundheit ist in Ordnung.. Die letzten Wochen stellten wohl große An-forderungen. die kommenden werden noch größere stellen. Aber wenn auch der Krieg als Waffenergebnis verloren ist. so ist damit Deutschland nicht verloren. Wir werden alle fest mitarbeiten an seinem Auferstehen. Ich gebe mich keinem Zweifel darüber hin. dass wir schwere Zeiten vor uns haben, gerade wir aktiven Offiziere. Und dass auch unser Generalstab an seinem Glanz schwer eingebüßt hat. ist ebenso sicher. Doch wird uns das nicht niederzie-hen. Ich will sehen, was die Zeit fordert und versuchen, ihre Anforderungen zu erfüllen. Zu Schmerz und Klage ist jetzt keine Zeit. Jedenlalls nicht fur unsere Generation. Ich denke sehr viel an Euch und hoffe, dass Ihr die schweren Wochen erträglich übersteht. Die Nachrichten-verbindungen sind denkbar schlecht. Es können deshalb gut längere Unterbrechungen in der Nachrichtenübermittlung eintreten. Das Wetter ist sehr schlecht, die Märsche außerordentlich anstrengend, die Stimmung der Leute lässt zu wünschen übrig. Aber es wird schon wieder

besser werden, eines schönen Tages.

Wie geht es den Schwestern und Hermann? Auch ihnen herzliche Grüße. Ich holle, dass es Vater erträglich geht und dass Mutter in der I laushaltung nicht /u iel zu tun hat.

Lebt wohl! Ich denke viel an Euch und schicke Euch in treuer Liebe viele herzliche Grüße Euer tr. Sohn Eugen.

Bei Marche (Belgien) 16.XI. Nachm. Liebe Eltern und Geschwister! Ich habe erst heute nach mehreren Wochen Gelegenheit. Euch Nachricht zu geben. Zunächst die Tatsache, dass es mir gut geht, dass ich gesund und wohlauf bin. Wir sind jetzt aus der Gegend Dinant, wo wir über die Maas gingen, im Rückmarsch nach Deutschland. Wir werden etwa am 20.XI. südlich Vielsalm über die Grenze kommen und dann über Prüm Ahrtal an den Rhein Vormarschie-ren Ober den Rhein müssen wir Anfang Dezember Zwischen Koblenz und Bonn bei Linz
147

Transcription saved

I.XI.18 Liebe Eltern! Ihr werdet nun wieder in Ulm angekommen sein. Hedwig schrieb mir kurz von einer Begegnung auf dem Stuttg. Bahnhof. Ihr werdet froh sein, nun wieder zu Hau-se zu sein. Wie hat sich denn die Magdfrage geregelt? Ich wäre sehr froh, wenn Ihr da gut versorgt wäret. Am Kostenpunkt darf es sicher nicht liegen. Und ich bin gern bereit, das mit großer Freude auf mich zu nehmen, um damit der I. Mutter eine kleine Entlastung zu bringen. Denn so klein der Haushalt, das Geläuf hört halt doch nicht auf und da ist Mutter doch zu sehr der Ruhe und Ausspannung bedürftig.

Mir selbst geht es recht gut. Wir warten natürlich alle mit Spannung auf die kommenden Din-ge und haben das bestimmte Gefühl, dass die Westfront, da. wo sie nachzugeben schien, wie-der in Ordnung kam und gefestigt ist. Ich habe absolutes Vertrauen, dass - wenn es zum Äu-ßersten kommen sollte - der Schutz der Grenzen sicher gelingt. Stehen doch noch 300 tüchti-ge Divisionen im Feld und von Männern geführt, die ihr Handwerk verstehen. Hoffentlich findet auch die Heimat den verlorenen Kopf wieder und wird allmählich der panikartigen Ge-rüchte Herr, als ob Deutschlands Grenzen bedroht wären. Wenn die politische Leitung sich von weiteren Auswüchsen fern hält und kraftvoll ihre Absichten durchhält, ohne zu sehr ins Ultrafahrwasser zu kommen, wird sich die Sache schon wieder einrenken!

Wenn Ostreich aus dem Leim geht, so wird dadurch die Lage nicht wesentlich verschlimmert werden, denn Hilfe hatten wir von denen ja noch nie. - Wenn wir Mut und Vertrauen nicht verlieren, ist die Sache noch nicht verloren.

Den Geschwistern viele herzliche Grüße, besonders herzliche Euch Euer treuer Sohn Eugen.
Rückzug (November 1918)

8.XI. Liebe Eltern! Ein Rasttag zwischen die Märsche hinein lässt mich geschwind zum Schreiben kommen. Das Unwesentliche - im Großen betrachtet voraus: es geht mir persön-lich recht gut. meine Gesundheit ist in Ordnung.. Die letzten Wochen stellten wohl große An-forderungen. die kommenden werden noch größere stellen. Aber wenn auch der Krieg als Waffenergebnis verloren ist. so ist damit Deutschland nicht verloren. Wir werden alle fest mitarbeiten an seinem Auferstehen. Ich gebe mich keinem Zweifel darüber hin. dass wir schwere Zeiten vor uns haben, gerade wir aktiven Offiziere. Und dass auch unser Generalstab an seinem Glanz schwer eingebüßt hat. ist ebenso sicher. Doch wird uns das nicht niederzie-hen. Ich will sehen, was die Zeit fordert und versuchen, ihre Anforderungen zu erfüllen. Zu Schmerz und Klage ist jetzt keine Zeit. Jedenlalls nicht fur unsere Generation. Ich denke sehr viel an Euch und hoffe, dass Ihr die schweren Wochen erträglich übersteht. Die Nachrichten-verbindungen sind denkbar schlecht. Es können deshalb gut längere Unterbrechungen in der Nachrichtenübermittlung eintreten. Das Wetter ist sehr schlecht, die Märsche außerordentlich anstrengend, die Stimmung der Leute lässt zu wünschen übrig. Aber es wird schon wieder

besser werden, eines schönen Tages.

Wie geht es den Schwestern und Hermann? Auch ihnen herzliche Grüße. Ich holle, dass es Vater erträglich geht und dass Mutter in der I laushaltung nicht /u iel zu tun hat.

Lebt wohl! Ich denke viel an Euch und schicke Euch in treuer Liebe viele herzliche Grüße Euer tr. Sohn Eugen.

Bei Marche (Belgien) 16.XI. Nachm. Liebe Eltern und Geschwister! Ich habe erst heute nach mehreren Wochen Gelegenheit. Euch Nachricht zu geben. Zunächst die Tatsache, dass es mir gut geht, dass ich gesund und wohlauf bin. Wir sind jetzt aus der Gegend Dinant, wo wir über die Maas gingen, im Rückmarsch nach Deutschland. Wir werden etwa am 20.XI. südlich Vielsalm über die Grenze kommen und dann über Prüm Ahrtal an den Rhein Vormarschie-ren Ober den Rhein müssen wir Anfang Dezember Zwischen Koblenz und Bonn bei Linz
147


Transcription history
  • November 2, 2018 08:06:59 Zafiro Marti

    I.XI.18 Liebe Eltern! Ihr werdet nun wieder in Ulm angekommen sein. Hedwig schrieb mir kurz von einer Begegnung auf dem Stuttg. Bahnhof. Ihr werdet froh sein, nun wieder zu Hau-se zu sein. Wie hat sich denn die Magdfrage geregelt? Ich wäre sehr froh, wenn Ihr da gut versorgt wäret. Am Kostenpunkt darf es sicher nicht liegen. Und ich bin gern bereit, das mit großer Freude auf mich zu nehmen, um damit der I. Mutter eine kleine Entlastung zu bringen. Denn so klein der Haushalt, das Geläuf hört halt doch nicht auf und da ist Mutter doch zu sehr der Ruhe und Ausspannung bedürftig.

    Mir selbst geht es recht gut. Wir warten natürlich alle mit Spannung auf die kommenden Din-ge und haben das bestimmte Gefühl, dass die Westfront, da. wo sie nachzugeben schien, wie-der in Ordnung kam und gefestigt ist. Ich habe absolutes Vertrauen, dass - wenn es zum Äu-ßersten kommen sollte - der Schutz der Grenzen sicher gelingt. Stehen doch noch 300 tüchti-ge Divisionen im Feld und von Männern geführt, die ihr Handwerk verstehen. Hoffentlich findet auch die Heimat den verlorenen Kopf wieder und wird allmählich der panikartigen Ge-rüchte Herr, als ob Deutschlands Grenzen bedroht wären. Wenn die politische Leitung sich von weiteren Auswüchsen fern hält und kraftvoll ihre Absichten durchhält, ohne zu sehr ins Ultrafahrwasser zu kommen, wird sich die Sache schon wieder einrenken!

    Wenn Ostreich aus dem Leim geht, so wird dadurch die Lage nicht wesentlich verschlimmert werden, denn Hilfe hatten wir von denen ja noch nie. - Wenn wir Mut und Vertrauen nicht verlieren, ist die Sache noch nicht verloren.

    Den Geschwistern viele herzliche Grüße, besonders herzliche Euch Euer treuer Sohn Eugen.
    Rückzug (November 1918)

    8.XI. Liebe Eltern! Ein Rasttag zwischen die Märsche hinein lässt mich geschwind zum Schreiben kommen. Das Unwesentliche - im Großen betrachtet voraus: es geht mir persön-lich recht gut. meine Gesundheit ist in Ordnung.. Die letzten Wochen stellten wohl große An-forderungen. die kommenden werden noch größere stellen. Aber wenn auch der Krieg als Waffenergebnis verloren ist. so ist damit Deutschland nicht verloren. Wir werden alle fest mitarbeiten an seinem Auferstehen. Ich gebe mich keinem Zweifel darüber hin. dass wir schwere Zeiten vor uns haben, gerade wir aktiven Offiziere. Und dass auch unser Generalstab an seinem Glanz schwer eingebüßt hat. ist ebenso sicher. Doch wird uns das nicht niederzie-hen. Ich will sehen, was die Zeit fordert und versuchen, ihre Anforderungen zu erfüllen. Zu Schmerz und Klage ist jetzt keine Zeit. Jedenlalls nicht fur unsere Generation. Ich denke sehr viel an Euch und hoffe, dass Ihr die schweren Wochen erträglich übersteht. Die Nachrichten-verbindungen sind denkbar schlecht. Es können deshalb gut längere Unterbrechungen in der Nachrichtenübermittlung eintreten. Das Wetter ist sehr schlecht, die Märsche außerordentlich anstrengend, die Stimmung der Leute lässt zu wünschen übrig. Aber es wird schon wieder

    besser werden, eines schönen Tages.

    Wie geht es den Schwestern und Hermann? Auch ihnen herzliche Grüße. Ich holle, dass es Vater erträglich geht und dass Mutter in der I laushaltung nicht /u iel zu tun hat.

    Lebt wohl! Ich denke viel an Euch und schicke Euch in treuer Liebe viele herzliche Grüße Euer tr. Sohn Eugen.

    Bei Marche (Belgien) 16.XI. Nachm. Liebe Eltern und Geschwister! Ich habe erst heute nach mehreren Wochen Gelegenheit. Euch Nachricht zu geben. Zunächst die Tatsache, dass es mir gut geht, dass ich gesund und wohlauf bin. Wir sind jetzt aus der Gegend Dinant, wo wir über die Maas gingen, im Rückmarsch nach Deutschland. Wir werden etwa am 20.XI. südlich Vielsalm über die Grenze kommen und dann über Prüm Ahrtal an den Rhein Vormarschie-ren Ober den Rhein müssen wir Anfang Dezember Zwischen Koblenz und Bonn bei Linz
    147


Description

Save description
  • 48.2386002||8.558508500000016||

    Bösingen

    ||1
Location(s)
  • Story location Bösingen
Login and add location


ID
6555 / 78041
Source
http://europeana1914-1918.eu/...
Contributor
Sibylle Schreiber
License
http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/


Login to edit the languages

Login to edit the fronts
  • Eastern Front
  • Italian Front
  • Western Front

Login to add keywords
  • Artillery
  • Trench Life

Login and add links

Notes and questions

Login to leave a note