Feldpostbriefe und Feldpostkarten von Hauptmann Eugen Hahn aus Bösingen, item 149

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etwa. Ein trauriger Vorgang! - Wie wir dann nach Hause kommen, ob mit Fußmarsch, was ich glaube, oder mit Bahntransport, was nur bei guter innerer Ordnung in der Heimat möglich ist. weiß noch niemand. Wie w ir überhaupt ohne jede Nachricht seit Wochen sind. Wir w issen bloß so viel, dass wir aus einer mehrfach siegreich behaupteten Stellung bei Laon zurückmar-schieren mussten und dass zu Hause Unruhen waren. Seit Wochen ist unsre tägliche Frage, ist der König noch da und wie sieht es in Württemberg, in Stuttgart aus. Kein Mensch weiß Be-scheid. So müssen wir abwarten. bis Nachricht kommt. Morgen sollen wir Post holen in Geylich (an der Grenze). Über die politisch militärischen Vorgänge zu schreiben, erübrigt sich. Ich weiß nicht, welche Zensur zu Hause arbeitet. Dass mein Beruf und ganze Auflas-sung tief getroffen ist. ebenso wie Eure, werdet Ihr voll mitempfinden. Aber ich will, auch wenn mein Leben und meine Arbeit noch dunkel vor mir liegt, doch den Kopf nicht hängen lassen, sondern ich werde mit Hedwig zusammen sehen, wie wir uns eine erträgliche Zukunft schallen können. Meine Gedanken sind viel bei Euch, besonders das Ergehen der lieben El-tern liegt mir sehr am Herzen. Ich hoffe, dass Vater sich nicht allzu sehr alteriert hat über all die traurigen Vorgänge. Man muss versuchen, allmählich dies und jenes zu verstehen und die Hoffnung an unsrem Volk, das trotzdem Unmögliches geleistet hat in den letzten 4 1/2 Jahren, nicht verlieren. - Ob wir an Weihnachten schon zu Hause sind ? Ich bezweifle cs. man weiß nicht recht, ob man es überhaupt wünschen soll. Man muss ja doch allen Dingen den Laut lassen.

Ich habe einen sehr netten 2.Cen.St.Offz. bekommen, der mir eine große Stütze ist. Ich lasse ihn den ausschließlich militärischen feil (Marsch. Unterkunft) allein machen, sodass ich mich ganz den jetzt so überaus wichtigen Fragen der Disziplin, der Truppenstimmung. der politi-schen Lage, soweit sie sich aufs Heer bezieht, widmen kann. Es sind oft sehr große Schwie-rigkeiten. Und ich versuche. Rat und Vorschläge meinem herzoglichen Herrn so zu machen, dass man ehrlich vor Gegenwart und Zukunft bestehen kann.

Viele, viele herzliche Grüße Euch allen. Euch lieben Eltern und den Geschwistern. Hoffent-lich dürfen wir uns in nicht allzu ferner Zeit gesund Wiedersehen. Wir wollen immer zusam-menstehen. dass Eines des Anderen Stütze ist in den schweren Zeiten, die noch kommen. Lebt wohl. Ich grüße Euch alle herzlich Euer Eugen.

Sinzig am Rhein (bei Remagen) 23.X1.18 Liebe Eltern und Geschwister! Gestern Nacht kam ich nach 150 km Autotour aus der Eifel bei Prüm über das Ahrtal hier an. habe heute hier Be-sprechungen und fahre die nächste Nacht die Strecke wieder zu meiner Division zurück. Die-sen kurzen Einblick in die schöne Heimat möchte ich geschwind benützen, um Euch viel, vielmals zu grüßen. Ich hoffe, dass es Euch gut geht. Es ist eine schwere Zeit. Seit 5 Wochen sind wir ohne jegliche Nachrichten von zu Hause. Ist unser König noch da. gehl es all unsern Lieben gut und tausend andere Fragen gehen durch den Kopl. Aber es hilft nichts, verzagen und unruhig werden. Dann werden es andere erst recht.. So will ich lest glauben, dass es Euch, liebe Eltern und Geschwister, allen gut geht und dass wir in nicht zu ferner Zeit uns alle

Wiedersehen dürfen.

Wir haben schwere Tage hinter uns. sind ihrer aber Herr geworden und wollen auch die künf-tigen überwinden. Um die Mcnatswende gehen wir bei Sinzig über den Rhein, dann wohl noch 30 km ostwärts durch den Westerwald. Was dann wird, wissen wir nicht Hoffentlich Bahntransport nach Hause. Vielleicht auch Fußmarsch. Es ist noch gar nichts bekannt. Ge-sundheitlich geht es mir recht gut. Ich habe trotz primitivster Unterbringung seit Wochen alles sehr gut ausgehalten. Mit warmen Sachen bin ich gottlob ausreichend ausgestattet Es is ziemlich kalt droben im Gebirge <Eifel>. Hoffentlich kommen wir vor stärkerem Schneefall noch ins Rheintal. Der Empfang hier ist rührend. Ich bin heute Nacht in ein Haus gekommen, wo die Frau wie eine Mutter fur uns sorgt.

Nun lebt wohl! Viele herzliche Grüße den Grafenbergern. Reichenauern und Wibhngem. auch an Hermann. Das Regiment hält sich glänzend. -
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etwa. Ein trauriger Vorgang! - Wie wir dann nach Hause kommen, ob mit Fußmarsch, was ich glaube, oder mit Bahntransport, was nur bei guter innerer Ordnung in der Heimat möglich ist. weiß noch niemand. Wie w ir überhaupt ohne jede Nachricht seit Wochen sind. Wir w issen bloß so viel, dass wir aus einer mehrfach siegreich behaupteten Stellung bei Laon zurückmar-schieren mussten und dass zu Hause Unruhen waren. Seit Wochen ist unsre tägliche Frage, ist der König noch da und wie sieht es in Württemberg, in Stuttgart aus. Kein Mensch weiß Be-scheid. So müssen wir abwarten. bis Nachricht kommt. Morgen sollen wir Post holen in Geylich (an der Grenze). Über die politisch militärischen Vorgänge zu schreiben, erübrigt sich. Ich weiß nicht, welche Zensur zu Hause arbeitet. Dass mein Beruf und ganze Auflas-sung tief getroffen ist. ebenso wie Eure, werdet Ihr voll mitempfinden. Aber ich will, auch wenn mein Leben und meine Arbeit noch dunkel vor mir liegt, doch den Kopf nicht hängen lassen, sondern ich werde mit Hedwig zusammen sehen, wie wir uns eine erträgliche Zukunft schallen können. Meine Gedanken sind viel bei Euch, besonders das Ergehen der lieben El-tern liegt mir sehr am Herzen. Ich hoffe, dass Vater sich nicht allzu sehr alteriert hat über all die traurigen Vorgänge. Man muss versuchen, allmählich dies und jenes zu verstehen und die Hoffnung an unsrem Volk, das trotzdem Unmögliches geleistet hat in den letzten 4 1/2 Jahren, nicht verlieren. - Ob wir an Weihnachten schon zu Hause sind ? Ich bezweifle cs. man weiß nicht recht, ob man es überhaupt wünschen soll. Man muss ja doch allen Dingen den Laut lassen.

Ich habe einen sehr netten 2.Cen.St.Offz. bekommen, der mir eine große Stütze ist. Ich lasse ihn den ausschließlich militärischen feil (Marsch. Unterkunft) allein machen, sodass ich mich ganz den jetzt so überaus wichtigen Fragen der Disziplin, der Truppenstimmung. der politi-schen Lage, soweit sie sich aufs Heer bezieht, widmen kann. Es sind oft sehr große Schwie-rigkeiten. Und ich versuche. Rat und Vorschläge meinem herzoglichen Herrn so zu machen, dass man ehrlich vor Gegenwart und Zukunft bestehen kann.

Viele, viele herzliche Grüße Euch allen. Euch lieben Eltern und den Geschwistern. Hoffent-lich dürfen wir uns in nicht allzu ferner Zeit gesund Wiedersehen. Wir wollen immer zusam-menstehen. dass Eines des Anderen Stütze ist in den schweren Zeiten, die noch kommen. Lebt wohl. Ich grüße Euch alle herzlich Euer Eugen.

Sinzig am Rhein (bei Remagen) 23.X1.18 Liebe Eltern und Geschwister! Gestern Nacht kam ich nach 150 km Autotour aus der Eifel bei Prüm über das Ahrtal hier an. habe heute hier Be-sprechungen und fahre die nächste Nacht die Strecke wieder zu meiner Division zurück. Die-sen kurzen Einblick in die schöne Heimat möchte ich geschwind benützen, um Euch viel, vielmals zu grüßen. Ich hoffe, dass es Euch gut geht. Es ist eine schwere Zeit. Seit 5 Wochen sind wir ohne jegliche Nachrichten von zu Hause. Ist unser König noch da. gehl es all unsern Lieben gut und tausend andere Fragen gehen durch den Kopl. Aber es hilft nichts, verzagen und unruhig werden. Dann werden es andere erst recht.. So will ich lest glauben, dass es Euch, liebe Eltern und Geschwister, allen gut geht und dass wir in nicht zu ferner Zeit uns alle

Wiedersehen dürfen.

Wir haben schwere Tage hinter uns. sind ihrer aber Herr geworden und wollen auch die künf-tigen überwinden. Um die Mcnatswende gehen wir bei Sinzig über den Rhein, dann wohl noch 30 km ostwärts durch den Westerwald. Was dann wird, wissen wir nicht Hoffentlich Bahntransport nach Hause. Vielleicht auch Fußmarsch. Es ist noch gar nichts bekannt. Ge-sundheitlich geht es mir recht gut. Ich habe trotz primitivster Unterbringung seit Wochen alles sehr gut ausgehalten. Mit warmen Sachen bin ich gottlob ausreichend ausgestattet Es is ziemlich kalt droben im Gebirge <Eifel>. Hoffentlich kommen wir vor stärkerem Schneefall noch ins Rheintal. Der Empfang hier ist rührend. Ich bin heute Nacht in ein Haus gekommen, wo die Frau wie eine Mutter fur uns sorgt.

Nun lebt wohl! Viele herzliche Grüße den Grafenbergern. Reichenauern und Wibhngem. auch an Hermann. Das Regiment hält sich glänzend. -
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  • November 2, 2018 08:11:02 Zafiro Marti

    etwa. Ein trauriger Vorgang! - Wie wir dann nach Hause kommen, ob mit Fußmarsch, was ich glaube, oder mit Bahntransport, was nur bei guter innerer Ordnung in der Heimat möglich ist. weiß noch niemand. Wie w ir überhaupt ohne jede Nachricht seit Wochen sind. Wir w issen bloß so viel, dass wir aus einer mehrfach siegreich behaupteten Stellung bei Laon zurückmar-schieren mussten und dass zu Hause Unruhen waren. Seit Wochen ist unsre tägliche Frage, ist der König noch da und wie sieht es in Württemberg, in Stuttgart aus. Kein Mensch weiß Be-scheid. So müssen wir abwarten. bis Nachricht kommt. Morgen sollen wir Post holen in Geylich (an der Grenze). Über die politisch militärischen Vorgänge zu schreiben, erübrigt sich. Ich weiß nicht, welche Zensur zu Hause arbeitet. Dass mein Beruf und ganze Auflas-sung tief getroffen ist. ebenso wie Eure, werdet Ihr voll mitempfinden. Aber ich will, auch wenn mein Leben und meine Arbeit noch dunkel vor mir liegt, doch den Kopf nicht hängen lassen, sondern ich werde mit Hedwig zusammen sehen, wie wir uns eine erträgliche Zukunft schallen können. Meine Gedanken sind viel bei Euch, besonders das Ergehen der lieben El-tern liegt mir sehr am Herzen. Ich hoffe, dass Vater sich nicht allzu sehr alteriert hat über all die traurigen Vorgänge. Man muss versuchen, allmählich dies und jenes zu verstehen und die Hoffnung an unsrem Volk, das trotzdem Unmögliches geleistet hat in den letzten 4 1/2 Jahren, nicht verlieren. - Ob wir an Weihnachten schon zu Hause sind ? Ich bezweifle cs. man weiß nicht recht, ob man es überhaupt wünschen soll. Man muss ja doch allen Dingen den Laut lassen.

    Ich habe einen sehr netten 2.Cen.St.Offz. bekommen, der mir eine große Stütze ist. Ich lasse ihn den ausschließlich militärischen feil (Marsch. Unterkunft) allein machen, sodass ich mich ganz den jetzt so überaus wichtigen Fragen der Disziplin, der Truppenstimmung. der politi-schen Lage, soweit sie sich aufs Heer bezieht, widmen kann. Es sind oft sehr große Schwie-rigkeiten. Und ich versuche. Rat und Vorschläge meinem herzoglichen Herrn so zu machen, dass man ehrlich vor Gegenwart und Zukunft bestehen kann.

    Viele, viele herzliche Grüße Euch allen. Euch lieben Eltern und den Geschwistern. Hoffent-lich dürfen wir uns in nicht allzu ferner Zeit gesund Wiedersehen. Wir wollen immer zusam-menstehen. dass Eines des Anderen Stütze ist in den schweren Zeiten, die noch kommen. Lebt wohl. Ich grüße Euch alle herzlich Euer Eugen.

    Sinzig am Rhein (bei Remagen) 23.X1.18 Liebe Eltern und Geschwister! Gestern Nacht kam ich nach 150 km Autotour aus der Eifel bei Prüm über das Ahrtal hier an. habe heute hier Be-sprechungen und fahre die nächste Nacht die Strecke wieder zu meiner Division zurück. Die-sen kurzen Einblick in die schöne Heimat möchte ich geschwind benützen, um Euch viel, vielmals zu grüßen. Ich hoffe, dass es Euch gut geht. Es ist eine schwere Zeit. Seit 5 Wochen sind wir ohne jegliche Nachrichten von zu Hause. Ist unser König noch da. gehl es all unsern Lieben gut und tausend andere Fragen gehen durch den Kopl. Aber es hilft nichts, verzagen und unruhig werden. Dann werden es andere erst recht.. So will ich lest glauben, dass es Euch, liebe Eltern und Geschwister, allen gut geht und dass wir in nicht zu ferner Zeit uns alle

    Wiedersehen dürfen.

    Wir haben schwere Tage hinter uns. sind ihrer aber Herr geworden und wollen auch die künf-tigen überwinden. Um die Mcnatswende gehen wir bei Sinzig über den Rhein, dann wohl noch 30 km ostwärts durch den Westerwald. Was dann wird, wissen wir nicht Hoffentlich Bahntransport nach Hause. Vielleicht auch Fußmarsch. Es ist noch gar nichts bekannt. Ge-sundheitlich geht es mir recht gut. Ich habe trotz primitivster Unterbringung seit Wochen alles sehr gut ausgehalten. Mit warmen Sachen bin ich gottlob ausreichend ausgestattet Es is ziemlich kalt droben im Gebirge <Eifel>. Hoffentlich kommen wir vor stärkerem Schneefall noch ins Rheintal. Der Empfang hier ist rührend. Ich bin heute Nacht in ein Haus gekommen, wo die Frau wie eine Mutter fur uns sorgt.

    Nun lebt wohl! Viele herzliche Grüße den Grafenbergern. Reichenauern und Wibhngem. auch an Hermann. Das Regiment hält sich glänzend. -
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