Foto, Militärpass und Kriegstagebuch von Hans Julius Kähler (09.12.1895-19.02.1972) , item 45

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- 3 -

Sonnabendabend gegen 11 Uhr wieder in Straßburg zu sein. Hier eben angelangt, wurde
bekannt, daß es am Mittwoch in die Vogesen geht. Wegen meiner Versetzung zur
Maschinengewehr-Abteilung mußte ich zur ärztlichen Untersuchung und wurde für tauglich
befunden. Ich fürchtete daher, nicht mit in die Vogesen zu kommen, da ich evtl. vorher
wegkommen könnte. Ich freute mich nämlich mal ein Gebirge zu sehen. Mittwoch um 13 Uhr
ging es los. Um 2,30 Uhr fuhr der Zug nach Wisches, von hier ein kleiner Marsch den Berg
hinauf, der uns allen fast den Atem nahm. Endlich oben angekommen, mußte gleich geschanzt
werden, Es war sehr beschwerlich, denn mit unseren kleinen Spaten ging es nur mühsam voran.
Nur eine Hacke konnte bei dem steinigen Boden helfen und so haben wir die ganze Nacht
geschuftet. Um 9 Uhr morgens waren wir dann todmüde aber fertig. Um 11,30 Uhr kam der
General zur Besichtigung (vorher waren wir noch schnell durchgeregnet) und äußerte sich sehr
zufrieden mit unserer Arbeit

Den Graben zumachen, losmaschieren über Berge und Täler ging es nach Grendelbruch und
ließ die Uhr 20 werden. Hier bekamen wir zum erstenmal seit Mittwoch 10 Uhr wieder etwas
warmes zu essen. Inzwischen hatten wir ein wenig Brot gegessen und waren direkt
ausgehungert. Doch unsere Quartierwirtin in Grendelbruch setzte uns ein großartiges
Abendbrot vor, das mit gutem Appetit verzehrt wurde. Mein Quartierkamerad war
Kleinschrodt. Freitag war Gruppenschießen, das sehr schlecht ausfiel. Nachmittags ging es
wieder mit der Bahn zurück nach Straßburg, wo wir mit Musik - das erste Mal - zur Kaserne
gebracht wurden.
Wenn ich nun noch die Schönheiten beschreiben wollte, die ich in den Vogesen an Bergen,
Tälern, Dörfern, Wälder und Felsen gesehen habe, würde es zu weit führen. Nur das kann ich
sagen, es war außerordentlich schön und romantisch. Auch habe ich dort in den Bergen Spuren
von den ersten Kriegstagen gesehen. Ein von Kugeln durchlöchertes Gehöft, 2 Massengräber
und Verschanzungen der Franzosen. Am folgenden Tage trat der Augenblick ein auf den ich
lange wartete. Ich wurde zur Maschinengewehr-Kompanie versetzt. Der Versetzung erfolgt
zum größten Ärger meines Unteroffiziers, dessen Gunst ich mir am vorletzten Tage durch
einige Äußerungen verscherzt habe. Meine Sachen mußte ich abgeben und fort gings zur
Manteuffel-Kaserne. Nun will ich noch einiges zum Schluß nachfüllen. Die Namen meiner
Kameraden waren Achenbach, Andersen u. .... Mein Vorgesetzter, Gefreiter Tribian, war ein
ganz famoser Mensch. Unteroffizier Wiener dagegen war ein höhnischer und mir, sowie auch
allen meinen Kameraden und den anderen Unteroffizieren, unsympatischer Mensch. "Was sie
wohl einfällt, ich glaubs ihnen wohl. Sie haben wohl einen Vogel, sie Schweinepriester usw."
Dann der Zugführer, Offizier Beuse, ein schneidiger Mensch, aber auch ein strenger
Vorgesetzter. Ich habe ihn manchmal bewundert. Er war 18 Monate im Feld gewesen und mit
dem Eisernen Kreuz 1. und 2. Klasse ausgezeichnet worden. Dem folgten noch Feldwebel
Schmitz und Hauptmann Züge.

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Sonnabendabend gegen 11 Uhr wieder in Straßburg zu sein. Hier eben angelangt, wurde
bekannt, daß es am Mittwoch in die Vogesen geht. Wegen meiner Versetzung zur
Maschinengewehr-Abteilung mußte ich zur ärztlichen Untersuchung und wurde für tauglich
befunden. Ich fürchtete daher, nicht mit in die Vogesen zu kommen, da ich evtl. vorher
wegkommen könnte. Ich freute mich nämlich mal ein Gebirge zu sehen. Mittwoch um 13 Uhr
ging es los. Um 2,30 Uhr fuhr der Zug nach Wisches, von hier ein kleiner Marsch den Berg
hinauf, der uns allen fast den Atem nahm. Endlich oben angekommen, mußte gleich geschanzt
werden, Es war sehr beschwerlich, denn mit unseren kleinen Spaten ging es nur mühsam voran.
Nur eine Hacke konnte bei dem steinigen Boden helfen und so haben wir die ganze Nacht
geschuftet. Um 9 Uhr morgens waren wir dann todmüde aber fertig. Um 11,30 Uhr kam der
General zur Besichtigung (vorher waren wir noch schnell durchgeregnet) und äußerte sich sehr
zufrieden mit unserer Arbeit

Den Graben zumachen, losmaschieren über Berge und Täler ging es nach Grendelbruch und
ließ die Uhr 20 werden. Hier bekamen wir zum erstenmal seit Mittwoch 10 Uhr wieder etwas
warmes zu essen. Inzwischen hatten wir ein wenig Brot gegessen und waren direkt
ausgehungert. Doch unsere Quartierwirtin in Grendelbruch setzte uns ein großartiges
Abendbrot vor, das mit gutem Appetit verzehrt wurde. Mein Quartierkamerad war
Kleinschrodt. Freitag war Gruppenschießen, das sehr schlecht ausfiel. Nachmittags ging es
wieder mit der Bahn zurück nach Straßburg, wo wir mit Musik - das erste Mal - zur Kaserne
gebracht wurden.
Wenn ich nun noch die Schönheiten beschreiben wollte, die ich in den Vogesen an Bergen,
Tälern, Dörfern, Wälder und Felsen gesehen habe, würde es zu weit führen. Nur das kann ich
sagen, es war außerordentlich schön und romantisch. Auch habe ich dort in den Bergen Spuren
von den ersten Kriegstagen gesehen. Ein von Kugeln durchlöchertes Gehöft, 2 Massengräber
und Verschanzungen der Franzosen. Am folgenden Tage trat der Augenblick ein auf den ich
lange wartete. Ich wurde zur Maschinengewehr-Kompanie versetzt. Der Versetzung erfolgt
zum größten Ärger meines Unteroffiziers, dessen Gunst ich mir am vorletzten Tage durch
einige Äußerungen verscherzt habe. Meine Sachen mußte ich abgeben und fort gings zur
Manteuffel-Kaserne. Nun will ich noch einiges zum Schluß nachfüllen. Die Namen meiner
Kameraden waren Achenbach, Andersen u. .... Mein Vorgesetzter, Gefreiter Tribian, war ein
ganz famoser Mensch. Unteroffizier Wiener dagegen war ein höhnischer und mir, sowie auch
allen meinen Kameraden und den anderen Unteroffizieren, unsympatischer Mensch. "Was sie
wohl einfällt, ich glaubs ihnen wohl. Sie haben wohl einen Vogel, sie Schweinepriester usw."
Dann der Zugführer, Offizier Beuse, ein schneidiger Mensch, aber auch ein strenger
Vorgesetzter. Ich habe ihn manchmal bewundert. Er war 18 Monate im Feld gewesen und mit
dem Eisernen Kreuz 1. und 2. Klasse ausgezeichnet worden. Dem folgten noch Feldwebel
Schmitz und Hauptmann Züge.


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  • August 20, 2018 20:53:03 Miriam Bartsch

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    Sonnabendabend gegen 11 Uhr wieder in Straßburg zu sein. Hier eben angelangt, wurde
    bekannt, daß es am Mittwoch in die Vogesen geht. Wegen meiner Versetzung zur
    Maschinengewehr-Abteilung mußte ich zur ärztlichen Untersuchung und wurde für tauglich
    befunden. Ich fürchtete daher, nicht mit in die Vogesen zu kommen, da ich evtl. vorher
    wegkommen könnte. Ich freute mich nämlich mal ein Gebirge zu sehen. Mittwoch um 13 Uhr
    ging es los. Um 2,30 Uhr fuhr der Zug nach Wisches, von hier ein kleiner Marsch den Berg
    hinauf, der uns allen fast den Atem nahm. Endlich oben angekommen, mußte gleich geschanzt
    werden, Es war sehr beschwerlich, denn mit unseren kleinen Spaten ging es nur mühsam voran.
    Nur eine Hacke konnte bei dem steinigen Boden helfen und so haben wir die ganze Nacht
    geschuftet. Um 9 Uhr morgens waren wir dann todmüde aber fertig. Um 11,30 Uhr kam der
    General zur Besichtigung (vorher waren wir noch schnell durchgeregnet) und äußerte sich sehr
    zufrieden mit unserer Arbeit

    Den Graben zumachen, losmaschieren über Berge und Täler ging es nach Grendelbruch und
    ließ die Uhr 20 werden. Hier bekamen wir zum erstenmal seit Mittwoch 10 Uhr wieder etwas
    warmes zu essen. Inzwischen hatten wir ein wenig Brot gegessen und waren direkt
    ausgehungert. Doch unsere Quartierwirtin in Grendelbruch setzte uns ein großartiges
    Abendbrot vor, das mit gutem Appetit verzehrt wurde. Mein Quartierkamerad war
    Kleinschrodt. Freitag war Gruppenschießen, das sehr schlecht ausfiel. Nachmittags ging es
    wieder mit der Bahn zurück nach Straßburg, wo wir mit Musik - das erste Mal - zur Kaserne
    gebracht wurden.
    Wenn ich nun noch die Schönheiten beschreiben wollte, die ich in den Vogesen an Bergen,
    Tälern, Dörfern, Wälder und Felsen gesehen habe, würde es zu weit führen. Nur das kann ich
    sagen, es war außerordentlich schön und romantisch. Auch habe ich dort in den Bergen Spuren
    von den ersten Kriegstagen gesehen. Ein von Kugeln durchlöchertes Gehöft, 2 Massengräber
    und Verschanzungen der Franzosen. Am folgenden Tage trat der Augenblick ein auf den ich
    lange wartete. Ich wurde zur Maschinengewehr-Kompanie versetzt. Der Versetzung erfolgt
    zum größten Ärger meines Unteroffiziers, dessen Gunst ich mir am vorletzten Tage durch
    einige Äußerungen verscherzt habe. Meine Sachen mußte ich abgeben und fort gings zur
    Manteuffel-Kaserne. Nun will ich noch einiges zum Schluß nachfüllen. Die Namen meiner
    Kameraden waren Achenbach, Andersen u. .... Mein Vorgesetzter, Gefreiter Tribian, war ein
    ganz famoser Mensch. Unteroffizier Wiener dagegen war ein höhnischer und mir, sowie auch
    allen meinen Kameraden und den anderen Unteroffizieren, unsympatischer Mensch. "Was sie
    wohl einfällt, ich glaubs ihnen wohl. Sie haben wohl einen Vogel, sie Schweinepriester usw."
    Dann der Zugführer, Offizier Beuse, ein schneidiger Mensch, aber auch ein strenger
    Vorgesetzter. Ich habe ihn manchmal bewundert. Er war 18 Monate im Feld gewesen und mit
    dem Eisernen Kreuz 1. und 2. Klasse ausgezeichnet worden. Dem folgten noch Feldwebel
    Schmitz und Hauptmann Züge.


  • June 23, 2018 23:32:21 Valentin Willmann

    Sonnabendabend gegen 11 Uhr wieder in Straßburg zu sein. Hier eben angelangt, wurde
    bekannt, daß es am Mittwoch in die Vogesen geht. Wegen meiner Versetzung zur
    Maschinengewehr-Abteilung mußte ich zur ärztlichen Untersuchung und wurde für tauglich
    befunden. Ich fürchtete daher, nicht mit in die Vogesen zu kommen, da ich evtl. vorher
    wegkommen könnte. Ich freute mich nämlich mal ein Gebirge zu sehen. Mittwoch um 13 Uhr
    ging es los. Um 2,30 Uhr fuhr der Zug nach Wisches, von hier ein kleiner Marsch den Berg
    hinauf, der uns allen fast den Atem nahm. Endlich oben angekommen, mußte gleich geschanzt
    werden, Es war sehr beschwerlich, denn mit unseren kleinen Spaten ging es nur mühsam voran.
    Nur eine Hacke konnte bei dem steinigen Boden helfen und so haben wir die ganze Nacht
    geschuftet. Um 9 Uhr morgens waren wir dann todmüde aber fertig. Um 11,30 Uhr kam der
    General zur Besichtigung (vorher waren wir noch schnell durchgeregnet) und äußerte sich sehr
    zufrieden mit unserer Arbeit

    Den Graben zumachen, losmaschieren über Berge und Täler ging es nach Grendelbruch und
    ließ die Uhr 20 werden. Hier bekamen wir zum erstenmal seit Mittwoch 10 Uhr wieder etwas
    warmes zu essen. Inzwischen hatten wir ein wenig Brot gegessen und waren direkt
    ausgehungert. Doch unsere Quartierwirtin in Grendelbruch setzte uns ein großartiges
    Abendbrot vor, das mit gutem Appetit verzehrt wurde. Mein Quartierkamerad war
    Kleinschrodt. Freitag war Gruppenschießen, das sehr schlecht ausfiel. Nachmittags ging es
    wieder mit der Bahn zurück nach Straßburg, wo wir mit Musik - das erste Mal - zur Kaserne
    gebracht wurden.
    Wenn ich nun noch die Schönheiten beschreiben wollte, die ich in den Vogesen an Bergen,
    Tälern, Dörfern, Wälder und Felsen gesehen habe, würde es zu weit führen. Nur das kann ich
    sagen, es war außerordentlich schön und romantisch. Auch habe ich dort in den Bergen Spuren
    von den ersten Kriegstagen gesehen. Ein von Kugeln durchlöchertes Gehöft, 2 Massengräber
    und Verschanzungen der Franzosen. Am folgenden Tage trat der Augenblick ein auf den ich
    lange wartete. Ich wurde zur Maschinengewehr-Kompanie versetzt. Der Versetzung erfolgt
    zum größten Ärger meines Unteroffiziers, dessen Gunst ich mir am vorletzten Tage durch
    einige Äußerungen verscherzt habe. Meine Sachen mußte ich abgeben und fort gings zur
    Manteuffel-Kaserne. Nun will ich noch einiges zum Schluß nachfüllen. Die Namen meiner
    Kameraden waren Achenbach, Andersen u. .... Mein Vorgesetzter, Gefreiter Tribian, war ein
    ganz famoser Mensch. Unteroffizier Wiener dagegen war ein höhnischer und mir, sowie auch
    allen meinen Kameraden und den anderen Unteroffizieren, unsympatischer Mensch. "Was sie
    wohl einfällt, ich glaubs ihnen wohl. Sie haben wohl einen Vogel, sie Schweinepriester usw."
    Dann der Zugführer, Offizier Beuse, ein schneidiger Mensch, aber auch ein strenger
    Vorgesetzter. Ich habe ihn manchmal bewundert. Er war 18 Monate im Feld gewesen und mit
    dem Eisernen Kreuz 1. und 2. Klasse ausgezeichnet worden. Dem folgten noch Feldwebel
    Schmitz und Hauptmann Züge.


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1864 / 22062
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Jürgen Kähler
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