Kriegstagebuch von Hans-Joachim Röhr aus Görlitz - Band 1, item 87

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S. 148

nichts mehr zu sehen sein. So wurden von Balken zu Balken

Drahtnetze gezogen und mit Tannenzweigen ausgesteckt, an

jeden Pfosten wurden aus Konservenbüchsen gearbeitete Leuchter

gehangen und von der Decke sollten Kreuze baumeln, die

mit Lichtern und buntem Papier geschmückt wurden, dieser

Gedanke stammte von mir und war auch meine Arbeit.

Kameraden fuhren nach Bapaume um aus den Trümmern

Schätze zu holen. Schütze A. de Langenlette, ein Hamburger

und zwei andere sammelten Teller und Tassen und Gläser

welche sie aus verschiedenen Häusern hervorzogen, fanden einen

Kinderwagen und gondelten mit ihrem Porzellan

heimwärts, unterwegs jedoch verlor das unentbehrliche

Bevörderungsmittel ein Rad und so musste ein grosser Teil

der Requesiten im Chauseegraben liegen bleiben.

      Die ganze Kompagnie war versammelt, alle Mann der

Gefechtskompagnie auf dem engen Stallboden, ein furchtbares

Gedränge, denn keiner sass stille; trotzdem draussen eisige

Kälte, war es hier mehr als mollig, Wärme lieferte ein

eisener Ofen und der Stall zu Genüge. Ein Klavier das

wir uns von irgendwoher ausgeborgt hatten, konnten wir

nicht auf den Boden bringen, aber schliesslich musste es auch

ohne Musik gehen. Sogar etlichen Weihnachtsschmuck fanden

Kameraden in Bapaume, trotz wir zwar keinen grossen Baum hatten

so kam er dennoch zur Geltung an den Kreuzen oder

an den Drahtnetzen. Die Kompagnie-Bäcker hatten Arbeit

bekommen, ein jeder Mann sollte ein Weissbrot erhalten


S. 149

und so bucken sie denn. 3 Kameraden waren nach

Deutschland geschickt worden, um allerlei Kleinigkeiten zu kaufen,

wie Messer, Hosenträger, Brustbeutel etc. etc., jedoch "versäumten"

die 3 Knecht Rupprechte die Züge und kamen erst nach

den Feiertagen zur Kompagnie zurück. - So näherte sich

allmählich der 24. Dezember und mit ihm auch die Post.

Ich erhielt einen ganzen Schwung Briefe und Pakete und

Päckchen. Von den Eltern, von Schwester Käthe, Voigts, Löhnerts, Flora

Müller, Lina Hübler, Lotte Harmuth, von Hoers, Hassbeckers, Sydows, von

Martin Raunsmüller, Häckerbeins, von meinem Lehrchef und und

von meinem Lehrkollegen Hans Schmidt. Alle kamen für mich

pünktlich an, etliche schon 2-3 Tage voraus, aber erst am Heiligen Abend

erbrach ich sie.

      Der Christfesttag brach an. Am Vormittag war noch allerlei                                  24. XII.

Arbeit zu erledigen, der Nachmittag war dienstfrei, am Abend

waren wir für uns allein. Der Baum ward angezündet und

Weihnachtslieder erklangen, aus rauhen Kehlen. Die Pakete

wurden erbrochen und die Briefe gelesen. Ich zog mich in

eine Ecke zurück und stürmte über die vielen Gaben, die

all den kleineren und grösseren Paketen entsprossen, ich gedachte

der lieben Eltern und Geschwister die daheim unterm Baume

sitzen und an die Ihren im Feindesland gedenken. Beim Lesen

der innigen Zeilen voller Liebe und Sorge, beschlich mich ein

grosses Heimweh und ich musste mit den Tränen kämpfen.

Dann losch ich das Lichtel, welches die Eltern extra eingepackt

hatten, hüllte mich in Decken und hing meinen Gedanken

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S. 148

nichts mehr zu sehen sein. So wurden von Balken zu Balken

Drahtnetze gezogen und mit Tannenzweigen ausgesteckt, an

jeden Pfosten wurden aus Konservenbüchsen gearbeitete Leuchter

gehangen und von der Decke sollten Kreuze baumeln, die

mit Lichtern und buntem Papier geschmückt wurden, dieser

Gedanke stammte von mir und war auch meine Arbeit.

Kameraden fuhren nach Bapaume um aus den Trümmern

Schätze zu holen. Schütze A. de Langenlette, ein Hamburger

und zwei andere sammelten Teller und Tassen und Gläser

welche sie aus verschiedenen Häusern hervorzogen, fanden einen

Kinderwagen und gondelten mit ihrem Porzellan

heimwärts, unterwegs jedoch verlor das unentbehrliche

Bevörderungsmittel ein Rad und so musste ein grosser Teil

der Requesiten im Chauseegraben liegen bleiben.

      Die ganze Kompagnie war versammelt, alle Mann der

Gefechtskompagnie auf dem engen Stallboden, ein furchtbares

Gedränge, denn keiner sass stille; trotzdem draussen eisige

Kälte, war es hier mehr als mollig, Wärme lieferte ein

eisener Ofen und der Stall zu Genüge. Ein Klavier das

wir uns von irgendwoher ausgeborgt hatten, konnten wir

nicht auf den Boden bringen, aber schliesslich musste es auch

ohne Musik gehen. Sogar etlichen Weihnachtsschmuck fanden

Kameraden in Bapaume, trotz wir zwar keinen grossen Baum hatten

so kam er dennoch zur Geltung an den Kreuzen oder

an den Drahtnetzen. Die Kompagnie-Bäcker hatten Arbeit

bekommen, ein jeder Mann sollte ein Weissbrot erhalten


S. 149

und so bucken sie denn. 3 Kameraden waren nach

Deutschland geschickt worden, um allerlei Kleinigkeiten zu kaufen,

wie Messer, Hosenträger, Brustbeutel etc. etc., jedoch "versäumten"

die 3 Knecht Rupprechte die Züge und kamen erst nach

den Feiertagen zur Kompagnie zurück. - So näherte sich

allmählich der 24. Dezember und mit ihm auch die Post.

Ich erhielt einen ganzen Schwung Briefe und Pakete und

Päckchen. Von den Eltern, von Schwester Käthe, Voigts, Löhnerts, Flora

Müller, Lina Hübler, Lotte Harmuth, von Hoers, Hassbeckers, Sydows, von

Martin Raunsmüller, Häckerbeins, von meinem Lehrchef und und

von meinem Lehrkollegen Hans Schmidt. Alle kamen für mich

pünktlich an, etliche schon 2-3 Tage voraus, aber erst am Heiligen Abend

erbrach ich sie.

      Der Christfesttag brach an. Am Vormittag war noch allerlei                                  24. XII.

Arbeit zu erledigen, der Nachmittag war dienstfrei, am Abend

waren wir für uns allein. Der Baum ward angezündet und

Weihnachtslieder erklangen, aus rauhen Kehlen. Die Pakete

wurden erbrochen und die Briefe gelesen. Ich zog mich in

eine Ecke zurück und stürmte über die vielen Gaben, die

all den kleineren und grösseren Paketen entsprossen, ich gedachte

der lieben Eltern und Geschwister die daheim unterm Baume

sitzen und an die Ihren im Feindesland gedenken. Beim Lesen

der innigen Zeilen voller Liebe und Sorge, beschlich mich ein

grosses Heimweh und ich musste mit den Tränen kämpfen.

Dann losch ich das Lichtel, welches die Eltern extra eingepackt

hatten, hüllte mich in Decken und hing meinen Gedanken


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  • April 1, 2017 07:05:07 Rolf Kranz

    S. 148

    nichts mehr zu sehen sein. So wurden von Balken zu Balken

    Drahtnetze gezogen und mit Tannenzweigen ausgesteckt, an

    jeden Pfosten wurden aus Konservenbüchsen gearbeitete Leuchter

    gehangen und von der Decke sollten Kreuze baumeln, die

    mit Lichtern und buntem Papier geschmückt wurden, dieser

    Gedanke stammte von mir und war auch meine Arbeit.

    Kameraden fuhren nach Bapaume um aus den Trümmern

    Schätze zu holen. Schütze A. de Langenlette, ein Hamburger

    und zwei andere sammelten Teller und Tassen und Gläser

    welche sie aus verschiedenen Häusern hervorzogen, fanden einen

    Kinderwagen und gondelten mit ihrem Porzellan

    heimwärts, unterwegs jedoch verlor das unentbehrliche

    Bevörderungsmittel ein Rad und so musste ein grosser Teil

    der Requesiten im Chauseegraben liegen bleiben.

          Die ganze Kompagnie war versammelt, alle Mann der

    Gefechtskompagnie auf dem engen Stallboden, ein furchtbares

    Gedränge, denn keiner sass stille; trotzdem draussen eisige

    Kälte, war es hier mehr als mollig, Wärme lieferte ein

    eisener Ofen und der Stall zu Genüge. Ein Klavier das

    wir uns von irgendwoher ausgeborgt hatten, konnten wir

    nicht auf den Boden bringen, aber schliesslich musste es auch

    ohne Musik gehen. Sogar etlichen Weihnachtsschmuck fanden

    Kameraden in Bapaume, trotz wir zwar keinen grossen Baum hatten

    so kam er dennoch zur Geltung an den Kreuzen oder

    an den Drahtnetzen. Die Kompagnie-Bäcker hatten Arbeit

    bekommen, ein jeder Mann sollte ein Weissbrot erhalten


    S. 149

    und so bucken sie denn. 3 Kameraden waren nach

    Deutschland geschickt worden, um allerlei Kleinigkeiten zu kaufen,

    wie Messer, Hosenträger, Brustbeutel etc. etc., jedoch "versäumten"

    die 3 Knecht Rupprechte die Züge und kamen erst nach

    den Feiertagen zur Kompagnie zurück. - So näherte sich

    allmählich der 24. Dezember und mit ihm auch die Post.

    Ich erhielt einen ganzen Schwung Briefe und Pakete und

    Päckchen. Von den Eltern, von Schwester Käthe, Voigts, Löhnerts, Flora

    Müller, Lina Hübler, Lotte Harmuth, von Hoers, Hassbeckers, Sydows, von

    Martin Raunsmüller, Häckerbeins, von meinem Lehrchef und und

    von meinem Lehrkollegen Hans Schmidt. Alle kamen für mich

    pünktlich an, etliche schon 2-3 Tage voraus, aber erst am Heiligen Abend

    erbrach ich sie.

          Der Christfesttag brach an. Am Vormittag war noch allerlei                                  24. XII.

    Arbeit zu erledigen, der Nachmittag war dienstfrei, am Abend

    waren wir für uns allein. Der Baum ward angezündet und

    Weihnachtslieder erklangen, aus rauhen Kehlen. Die Pakete

    wurden erbrochen und die Briefe gelesen. Ich zog mich in

    eine Ecke zurück und stürmte über die vielen Gaben, die

    all den kleineren und grösseren Paketen entsprossen, ich gedachte

    der lieben Eltern und Geschwister die daheim unterm Baume

    sitzen und an die Ihren im Feindesland gedenken. Beim Lesen

    der innigen Zeilen voller Liebe und Sorge, beschlich mich ein

    grosses Heimweh und ich musste mit den Tränen kämpfen.

    Dann losch ich das Lichtel, welches die Eltern extra eingepackt

    hatten, hüllte mich in Decken und hing meinen Gedanken

  • January 21, 2017 08:49:56 Rolf Kranz

    S. 148

    nichts mehr zu sehen sein. So wurden von Balken zu Balken

    Drahtnetze gezogen und mit Tannenzweigen ausgesteckt, an

    jeden Pfosten wurden aus Konservenbüchsen gearbeitete Leuchter

    gehangen und von der Decke sollten Kreuze baumeln, die

    mit Lichtern und buntem Papier geschmückt wurden, dieser

    Gedanke stammte von mir und war auch meine Arbeit.

    Kameraden fuhren nach Bapaume um aus den Trümmern

    Schätze zu holen. Schütze A. de Langenlette, ein Hamburger

    und zwei andere sammelten Teller und Tassen und Gläser

    welche sie aus verschiedenen Häusern hervorzogen, fanden einen

    Kinderwagen und gondelten mit ihrem Porzellan

    heimwärts, unterwegs jedoch verlor das unentbehrliche

    Bevörderungsmittel ein Rad und so musste ein grosser Teil

    der Requesiten im Chauseegraben liegen bleiben.

    Die ganze Kompagnie war versammelt, alle Mann der

    Gefechtskompagnie auf dem engen Stallboden, ein furchtbares

    Gedränge, denn keiner sass stille; trotzdem draussen eisige

    Kälte, war es hier mehr als mollig, Wärme lieferte ein

    eisener Ofen und der Stall zu Genüge. Ein Klavier das

    wir uns von irgendwoher ausgeborgt hatten, konnten wir

    nicht auf den Boden bringen, aber schliesslich musste es auch

    ohne Musik gehen. Sogar etlichen Weihnachtsschmuck fanden

    Kameraden in Bapaume, trotz wir zwar keinen grossen Baum hatten

    so kam er dennoch zur Geltung an den Kreuzen oder

    an den Drahtnetzen. Die Kompagnie-Bäcker hatten Arbeit

    bekommen, ein jeder Mann sollte ein Weissbrot erhalten


    S. 149

    und so bucken sie denn. 3 Kameraden waren nach

    Deutschland geschickt worden, um allerlei Kleinigkeiten zu kaufen,

    wie Messer, Hosenträger, Brustbeutel etc. etc., jedoch "versäumten"

    die 3 Knecht Rupprechte die Züge und kamen erst nach

    den Feiertagen zur Kompagnie zurück. - So näherte sich

    allmählich der 24. Dezember und mit ihm auch die Post.

    Ich erhielt einen ganzen Schwung Briefe und Pakete und

    Päckchen. Von den Eltern, von Schwester Käthe, Voigts, Löhnerts, Flora

    Müller, Lina Hübler, Lotte Harmuth, von Hoers, Hassbeckers, Sydows, von

    Martin Raunsmüller, Häckerbeins, von meinem Lehrchef und und

    von meinem Lehrkollegen Hans Schmidt. Alle kamen für mich

    pünktlich an, etliche schon 2-3 Tage voraus, aber erst am Heiligen Abend

    erbrach ich sie.

    24. XII.

    Der Christfesttag brach an. Am Vormittag war noch allerlei

    Arbeit zu erledigen, der Nachmittag war dienstfrei, am Abend

    waren wir für uns allein. Der Baum ward angezündet und

    Weihnachtslieder erklangen, aus rauhen Kehlen. Die Pakete

    wurden erbrochen und die Briefe gelesen. Ich zog mich in

    eine Ecke zurück und stürmte über die vielen Gaben, die

    all den kleineren und grösseren Paketen entsprossen, ich gedachte

    der lieben Eltern und Geschwister die daheim unterm Baume

    sitzen und an die Ihren im Feindesland gedenken. Beim Lesen

    der innigen Zeilen voller Liebe und Sorge, beschlich mich ein

    grosses Heimweh und ich musste mit den Tränen kämpfen.

    Dann losch ich das Lichtel, welches die Eltern extra eingepackt

    hatten, hüllte mich in Decken und hing meinen Gedanken


  • January 21, 2017 08:49:24 Rolf Kranz

    S. 148

    nichts mehr zu sehenn sein. So wurden von Balken zu Balken

    Drahtnetze gezogen und mit Tannenzweigen ausgesteckt, an

    jeden Pfosten wurden aus Konservenbüchsen gearbeitete Leuchter

    gehangen und von der Decke sollten Kreuze baumeln, die

    mit Lichtern und buntem Papier geschmückt wurden, dieser

    Gedanke stammte von mir und war auch meine Arbeit.

    Kameraden fuhren nach Bapaume um aus den Trümmern

    Schätze zu holen. Schütze A. de Langenlette, ein Hamburger

    und zwei andere sammelten Teller und Tassen und Gläser

    welche sie aus verschiedenen Häusern hervorzogen, fanden einen

    Kinderwagen und gondelten mit ihrem Porzellan

    heimwärts, unterwegs jedoch verlor das unentbehrliche

    Bevörderungsmittel ein Rad und so musste ein grosser Teil

    der Requesiten im Chauseegraben liegen bleiben.

    Die ganze Kompagnie war versammelt, alle Mann der

    Gefechtskompagnie auf dem engen Stallboden, ein furchtbares

    Gedränge, denn keiner sass stille; trotzdem draussen eisige

    Kälte, war es hier mehr als mollig, Wärme lieferte ein

    eisener Ofen und der Stall zu Genüge. Ein Klavier das

    wir uns von irgendwoher ausgeborgt hatten, konnten wir

    nicht auf den Boden bringen, aber schliesslich musste es auch

    ohne Musik gehen. Sogar etlichen Weihnachtsschmuck fanden

    Kameraden in Bapaume, trotz wir zwar keinen grossen Baum hatten

    so kam er dennoch zur Geltung an den Kreuzen oder

    an den Drahtnetzen. Die Kompagnie-Bäcker hatten Arbeit

    bekommen, ein jeder Mann sollte ein Weissbrot erhalten


    S. 149

    und so bucken sie denn. 3 Kameraden waren nach

    Deutschland geschickt worden, um allerlei Kleinigkeiten zu kaufen,

    wie Messer, Hosenträger, Brustbeutel etc. etc., jedoch "versäumten"

    die 3 Knecht Rupprechte die Züge und kamen erst nach

    den Feiertagen zur Kompagnie zurück. - So näherte sich

    allmählich der 24. Dezember und mit ihm auch die Post.

    Ich erhielt einen ganzen Schwung Briefe und Pakete und

    Päckchen. Von den Eltern, von Schwester Käthe, Voigts, Löhnerts, Flora

    Müller, Lina Hübler, Lotte Harmuth, von Hoers, Hassbeckers, Sydows, von

    Martin Raunsmüller, Häckerbeins, von meinem Lehrchef und und

    von meinem Lehrkollegen Hans Schmidt. Alle kamen für mich

    pünktlich an, etliche schon 2-3 Tage voraus, aber erst am Heiligen Abend

    erbrach ich sie.

    24. XII.

    Der Christfesttag brach an. Am Vormittag war noch allerlei

    Arbeit zu erledigen, der Nachmittag war dienstfrei, am Abend

    waren wir für uns allein. Der Baum ward angezündet und

    Weihnachtslieder erklangen, aus rauhen Kehlen. Die Pakete

    wurden erbrochen und die Briefe gelesen. Ich zog mich in

    eine Ecke zurück und stürmte über die vielen Gaben, die

    all den kleineren und grösseren Paketen entsprossen, ich gedachte

    der lieben Eltern und Geschwister die daheim unterm Baume

    sitzen und an die Ihren im Feindesland gedenken. Beim Lesen

    der innigen Zeilen voller Liebe und Sorge, beschlich mich ein

    grosses Heimweh und ich musste mit den Tränen kämpfen.

    Dann losch ich das Lichtel, welches die Eltern extra eingepackt

    hatten, hüllte mich in Decken und hing meinen Gedanken


  • December 22, 2016 13:53:46 Corinna Pichler (AUT)

    S. 148

    nichts mehr zu schön sein. So wurden von Balken zu Balken

    Drahtnetze gezogen und mit Tannenzweigen ausgesteckt, an

    jeden Pfosten wurden aus Konservenbüchsen gearbeitete Leuchter

    gehangen und von der Decke sollten Kreuze baumeln, die

    mit Lichtern und hinten Papier geschmückt wurden, dieser

    Gedanke stammte von mir und war auch meine Arbeit.

    Kameraden fuhren nach Bapaume um aus den Trümmern

    Schätze zu holen. Schütze A. de Langenlette, ein Hamburger

    und zwei andere sammelten Teller und Tassen und Gläser

    welche sie aus verschiedenen Häusern hervorzogen, fanden einen

    Kinderwagen und gondelten mit ihrem Porzellan

    heimwärts, unterwegs jedoch verlor das unentbehrliche

    Bevörderungsmittel ein Rad und so musste ein grosser Teil

    der Requesiten im Ehauseegraben liegen bleiben.

    Die ganze Kompagnie war versammelt, alle Mann der

    Gefechtskompagnie auf dem engen Stallboden, ein furchtbares

    Gedränge, denn keiner sass stille; trotzdem draussen eisige

    Kälte, war es hier mehr als mollig, Wärme lieferte ein

    eisener Ofen und der Stall zu Genüge. Ein Klavier das

    wir uns von irgendwoher ausgeborgt hatten, konnten wir

    nicht auf den Boden bringen, aber schliesslich musste es auch

    ohne Musik gehen. Sogar etlichen Weihnachtsschmuck fanden

    Kameraden in Bapaume, trotz wir zwar keinen grossen Baum hatten

    so kam er dennoch zur Geltung an den Kreuzen oder

    an den Drahtnetzen. Die Kompagnie-Bäcker hatten Arbeit

    bekommen, ein jeder Mann sollte ein Weissbrot erhalten


    S. 149

    und so bucken sie denn. 3 Kameraden waren nach

    Deutschland geschickt worden, um allerlei Kleinigkeiten zu kaufen,

    wie Messer, Hosenträger, Brustbeutel etc. etc., jedoch "versäumten"

    die 3 Knecht Rupprechte die Züge und kamen erst nach

    den Feiertagen zur Kompagnie zurück. - So näherte sich

    allmählich der 24. Dezember und mit ihm auch die Post.

    ich erhielt einen ganzen Schwung Briefe und Pakete und

    Päckchen. Von den Eltern, von Schwester Käthe, Vorgts, Löhnerts, Flora

    Müller, Lina Hubler, Lotte Harneuth, von Hoess, Hassbeckess, Sydons, von

    Martin Raumsmüller, Häckerbeins, von meinem Lehrchef und und

    von meinen Lehrkollegen Hans Schmidt. Alle kamen für mich

    pünktlich an, etliche schon 2-3 Tage voraus, aber erst am Heiligen Abend

    erbrach ich sie.

    24. XII.

    Der Christfesttag brach an. Am Vormittag war noch allerlei

    Arbeit zu erledigen, der Nachmittag war dienstfrei, am Abend

    warenw ir für uns allein. Der Baum ward angezündet und

    Weihnachtslieder erklangen, aus rauhen Kehlen. Die Pakete

    wurden erbrochen und die Briefe gelesen. Ich zog mich in

    eine Ecke zurück und stürmte über die vielen Gaben, die

    all den kleineren und grösseren Paketen entsprossen, ich gedachte

    der lieben Eltern und Geschwister die daheim unterm Baume

    sitzen und an die Ihren im Feindesland gedenken. Beim Lesen

    der innigen Zeilen voller Liebe und Sorge, beschlich mich ein

    grosses Heimweh und ich musste mit den Tränen kämpfen.

    Dann losch ich das Lichtel, welches die Eltern extra eingepackt

    hatten, hüllte mich in Decken und hing meinen Gedanken


  • December 22, 2016 13:53:37 Corinna Pichler (AUT)

    S. 148

    nichts mehr zu schön sein. So wurden von Balken zu Balken

    Drahtnetze gezogen und mit Tannenzweigen ausgesteckt, an

    jeden Pfosten wurden aus Konservenbüchsen gearbeitete Leuchter

    gehangen und von der Decke sollten Kreuze baumeln, die

    mit Lichtern und hinten Papier geschmückt wurden, dieser

    Gedanke stammte von mir und war auch meine Arbeit.

    Kameraden fuhren nach Bapaume um aus den Trümmern

    Schätze zu holen. Schütze A. de Langenlette, ein Hamburger

    und zwei andere sammelten Teller und Tassen und Gläser

    welche sie aus verschiedenen Häusern hervorzogen, fanden einen

    Kinderwagen und gondelten mit ihrem Porzellan

    heimwärts, unterwegs jedoch verlor das unentbehrliche

    Bevörderungsmittel ein Rad und so musste ein grosser Teil

    der Requesiten im Ehauseegraben liegen bleiben.

    Die ganze Kompagnie war versammelt, alle Mann der

    Gefechtskompagnie auf dem engen Stallboden, ein furchtbares

    Gedränge, denn keiner sass stille; trotzdem draussen eisige

    Kälte, war es hier mehr als mollig, Wärme lieferte ein

    eisener Ofen und der Stall zu Genüge. Ein Klavier das

    wir uns von irgendwoher ausgeborgt hatten, konnten wir

    nicht auf den Boden bringen, aber schliesslich musste es auch

    ohne Musik gehen. Sogar etlichen Weihnachtsschmuck fanden

    Kameraden in Bapaume, trotz wir zwar keinen grossen Baum hatten

    so kam er dennoch zur Geltung an den Kreuzen oder

    an den Drahtnetzen. Die Kompagnie-Bäcker hatten Arbeit

    bekommen, ein jeder Mann sollte ein Weissbrot erhalten


    S. 149

    und so bucken sie denn. 3 Kameraden waren nach

    Deutschland geschickt worden, um allerlei Kleinigkeiten zu kaufen,

    wie Messer, Hosenträger, Brustbeutel etc. etc., jedoch "versäumten"

    die 3 Knecht Rupprechte die Züge und kamen erst nach

    den Feiertagen zur Kompagnie zurück. - So näherte sich

    allmählich der 24. Dezember und mit ihm auch die Post.

    ich erhielt einen ganzen Schwung Briefe und Pakete und

    Päckchen. Von den Eltern, von Schwester Käthe, Vorgts, Löhnerts, Flora

    Müller, Lina Hubler, Lotte Harneuth, von Hoess, Hassbeckess, Sydons, von

    Martin Raumsmüller, Häckerbeins, von meinem Lehrchef und und

    von meinen Lehrkollegen Hans Schmidt. Alle kamen für mich

    pünktlich an, etliche schon 2-3 Tage voraus, aber erst am Heiligen Abend

    erbrach ich sie.

    24. XII.

    Der Christfesttag brach an. Am Vormittag war noch allerlei

    Arbeit zu erledigen, der Nachmittag war dienstfrei, am Abend

    warenw ir für uns allein. Der Baum ward angezündet und

    Weihnachtslieder erklangen, aus rauhen Kehlen. Die Pakete

    wurden erbrochen und die Briefe gelesen. Ich zog mich in

    eine Ecke zurück und stürmte über die vielen Gaben, die

    all den kleineren und grösseren Paketen entsprossen, ich gedachte

    der lieben Eltern und Geschwister die daheim unterm Baume

    sitzen und an die Ihren im Feindesland gedenken. Beim Lesen

    der innigen Zeilen voller Liebe und Sorge, beschlich mich ein

    grosses Heimweh und ich musste mit den Tränen kämpfen.

    Dann losch ich das Lichtel, welches die Eltern extra eingepackt

    hatten, hüllte mich in Dekcen und hing meinen Gedanken


  • December 22, 2016 13:53:25 Corinna Pichler (AUT)

    S. 148

    nichts mehr zu schön sein. So wurden von Balken zu Balken

    Drahtnetze gezogen und mit Tannenzweigen ausgesteckt, an

    jeden Pfosten wurden aus Konservenbüchsen gearbeitete Leuchter

    gehangen und von der Decke sollten Kreuze baumeln, die

    mit Lichtern und hinten Papier geschmückt wurden, dieser

    Gedanke stammte von mir und war auch meine Arbeit.

    Kameraden fuhren nach Bapaume um aus den Trümmern

    Schätze zu holen. Schütze A. de Langenlette, ein Hamburger

    und zwei andere sammelten Teller und Tassen und Gläser

    welche sie aus verschiedenen Häusern hervorzogen, fanden einen

    Kinderwagen und gondelten mit ihrem Porzellan

    heimwärts, unterwegs jedoch verlor das unentbehrliche

    Bevörderungsmittel ein Rad und so musste ein grosser Teil

    der Requesiten im Ehauseegraben liegen bleiben.

    Die ganze Kompagnie war versammelt, alle Mann der

    Gefechtskompagnie auf dem engen Stallboden, ein furchtbares

    Gedränge, denn keiner sass stille; trotzdem draussen eisige

    Kälte, war es hier mehr als mollig, Wärme lieferte ein

    eisener Ofen und der Stall zu Genüge. Ein Klavier das

    wir uns von irgendwoher ausgeborgt hatten, konnten wir

    nicht auf den Boden bringen, aber schliesslich musste es auch

    ohne Musik gehen. Sogar etlichen Weihnachtsschmuck fanden

    Kameraden in Bapaume, trotz wir zwar keinen grossen Baum hatten

    so kam er dennoch zur Geltung an den Kreuzen oder

    an den Drahtnetzen. Die Kompagnie-Bäcker hatten Arbeit

    bekommen, ein jeder Mann sollte ein Weissbrot erhalten


    S. 149

    und so bucken sie denn. 3 Kameraden waren nach

    Deutschland geschickt worden, um allerlei Kleinigkeiten zu kaufen,

    wie Messer, Hosenträger, Brustbeutel etc. etc., jedoch "versäumten"

    die 3 Knecht Rupprechte die Züge und kamen erst nach

    den Feiertagen zur Kompagnie zurück. - So näherte sich

    allmählich der 24. Dezember und mit ihm auch die Post.

    ich erhielt einen ganzen Schwung Briefe und Pakete und

    Päckchen. Von den Eltern, von Schwester Käthe, Vorgts, Löhnerts, Flora

    Müller, Lina Hubler, Lotte Harneuth, von Hoess, Hassbeckess, Sydons, von

    Martin Raumsmüller, Häckerbeins, von meinem Lehrchef und und

    von meinen Lehrkollegen Hans Schmidt. Alle kamen für mich

    pünktlich an, etliche schon 2-3 Tage voraus, aber erst am Heiligen Abend

    erbrach ich sie.

    24. XII.

    Der Christfesttag brach an. Am Vormittag war noch allerlei

    Arbeit zu erledigen, der Nachmittag war dienstfrei, am Abend

    warenw ir für uns allein. Der Baum ward angezündet und

    Weihnachtslieder erklangen, aus rauhen Kehlen. Die Pakete

    wurden erbrochen und die Briefe gelesen. Ich zog mich in

    eine Ecke zurück und stürmte über die vielen Gaben, die

    all den kleineren und grösseren Paketen entsprossen, ich gedachte

    der lieben Eltern und Geschwister die daheim unterm Baume

    sitzen und an die Ihren im Feindesland gedenken. Beim Lesen

    der innigen Zeilen voller Liebe und Sorge, beschlich mich ein

    grosses Heimweh und ich musste mit den Tränen kämpfen.

    Dann besah ich das Lichtel, welches die Eltern extra eingepackt

    hatten, hüllte mich in Dekcen und hing meinen Gedanken


  • December 22, 2016 13:45:56 Corinna Pichler (AUT)

    S. 148

    nichts mehr zu schön sein. So wurden von Balken zu Balken

    Drahtnetze gezogen und mit Tannenzweigen ausgesteckt, an

    jeden Pfosten wurden aus Konservenbüchsen gearbeitete Leuchter

    gehangen und von der Decke sollten Kreuze baumeln, die

    mit Lichtern und hinten Papier geschmückt wurden, dieser

    Gedanke stammte von mir und war auch meine Arbeit.

    Kameraden fuhren nach Bapaume um aus den Trümmern

    Schätze zu holen. Schütze A. de Langenlette, ein Hamburger

    und zwei andere sammelten Teller und Tassen und Gläser

    welche sie aus verschiedenen Häusern hervorzogen, fanden einen

    Kinderwagen und gondelten mit ihrem Porzellan

    heimwärts, unterwegs jedoch verlor das unentbehrliche

    Bevörderungsmittel ein Rad und so musste ein grosser Teil

    der Requesiten im Ehauseegraben liegen bleiben.

    Die ganze Kompagnie war versammelt, alle Mann der

    Gefechtskompagnie auf dem engen Stallboden, ein furchtbares

    Gedränge, denn keiner sass stille; trotzdem draussen eisige

    Kälte, war es hier mehr als mollig, Wärme lieferte ein

    eisener Ofen und der Stall zu Genüge. Ein Klavier das

    wir uns von irgendwoher ausgeborgt hatten, konnten wir

    nicht auf den Boden bringen, aber schliesslich musste es auch

    ohne Musik gehen. Sogar etlichen Weihnachtsschmuck fanden

    Kameraden in Bapaume, trotz wir zwar keinen grossen Baum hatten

    so kam er dennoch zur Geltung an den Kreuzen oder

    an den Drahtnetzen. Die Kompagnie-Bäcker hatten Arbeit

    bekommen, ein jeder Mann sollte ein Weissbrot erhalten


    S. 149



  • December 22, 2016 13:43:44 Corinna Pichler (AUT)

    S. 148

    nichts mehr zu schön sein. So wurden von Balken zu Balken

    Drahtnetze gezogen und mit Tannenzweigen ausgesteckt, an

    jeden Pfosten wurden aus Konservenbüchsen gearbeitete Leuchter

    gehangen und von der Decke sollten Kreuze baumeln, die

    mit Lichtern und hinten Papier geschmückt wurden, dieser

    Gedanke stammte von mir und war auch meine Arbeit.

    Kameraden fuhren nach Bapaume um aus den Trümmern

    Schätze zu holen. Schütze A. de Langenlette, ein Hamburger

    und zwei andere sammelten Teller und Tassen und Gläser

    welche sie aus verschiedenen Häusern hervorzogen, fanden einen

    Kinderwagen und gondelten mit ihrem Porzellan

    heimwärts, unterwegs jedoch verlor das unentbehrliche

    Bevörderungsmittel ein Rad und so musste ein grosser Teil

    der Requesiten im Ehauseegraben liegen bleiben.

    Die ganze Kompagnie war versammelt, alle Mann der

    Gefechtskompagnie auf dem engen Stallboden, ein furchtbares

    Gedränge, denn keiner sass stille; trotzdem draussen eisige

    Kälte, war es hier mehr als mollig, Wärme lieferte ein

    eisener Ofen und der Stall zu Genüge. Ein Klavier das

    wir uns von irgendwoher ausgeborgt hatten, konnten wir

    nicht auf den Boden bringen, aber


    S. 149



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