Kriegstagebuch von Hans-Joachim Röhr aus Görlitz - Band 1, item 73

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S. 126

Foto 62: Einschlagende Granate


verschwanden. Ein heftiger Wind schleifte all diese schaurigen Gestalten

in phantastischen Verrenkungen über die Hügel dahin und vermischte

sie mit dem jagenden Regengewölk. Ich wusste, welche Menschen

dort in der brüllenden Hölle aushielten, zwischen den zerbrochenen

Stämmen, zwischen den unterteilenden Stahlplatten und

aus den schwarzen Rauchgebilden herniederpolternder Lehm und

Steinbrocken, geduckt in Bodenfurchen lagen, oder von Granatloch zu

Granatloch sprangen. Dort hinten, hinter dem Hügelkamm, hockte,

ich wusste es, das Trüpplein der heroischen Verteidiger der Monquet Ferme

noch immer in seinen zwei unterirdischen Kellern. In Thiepval

stand unsere weit vorspringende Stellung noch fest wie ein von

den Wogen fast schon überspülter Fels in der Brandung. Die

Landstrasse war noch, bis in die Gegend von Martinpuich gut erkennbar.

Dort stieg sie den Hügel hinein, aber die Pappeln wurden

immer unordentlicher, geknickt, zerspellt, umgelegt, schliesslich nur


S. 127

noch Stümpfe. Zuletzt verschwanden sie und mit ihnen die immer

undeutlicher gewordene Strasse völlig, noch ehe die Höhe erreicht war,

in dem Braungrau des Geländes, so wie sich ein Fusspfad auf einem

Acker verliert, wenn der Pflug über ihn mit dahingegangen ist. Dort

war ja auch der Erdboden wirklich umgepflügt, viel tiefer, als es

der mächtigste Dampflug getan haben würde. Dort war ja alles

und jedes: Häuser, Hecken, Gartenmauern, Bäume, Sträucher,

Kornfelder, Wiesenraine mit dem durch die Granaten aufgerissenen

Erdreich und Felsboden in einen wüsten schauerlichen Brei

zusammengewühlt und vermengt mit zerissenen Stacheldrähten,

Betonklötzen, zerschossenen Unterständen, Granatsplittern, Waffen,

Menschengebein - es war eine überall gleichförmige, schreckliche

Wüste geworden, in der sich mit allen anderen Formen auch die

Strasse verlor. - 

     Seit jenen Augusttagen ist wieder fast ein halbes Jahr                            Nov. 16 - Februar 17.

vergangen: Die Schlacht hat weitergetobt, und langsam ist ihre

vorwärtsfressende Brandung immer näher an Bapaume

herangerückt. Nachdem die Engländer den Höhenrücken, auf dem Pozières

und die Wälder gelegen, endlich erobert hatten, kam

der Kampf von neuen zum Stehen, an der nächsten Höhenlinie,

derjenigen, längs der im grossen und ganzen heute unsere

Stellung verläuft. Hier reiben sich die Orte aneinander, deren

Namen heute die grossen Kampfgebiete dieser Gegend bezeichnen,

wie Pys, Warlencourt und die "Butte" von Warlencourt, Eaucourt,

Gueudecourt, Le Transloy. Mit der Kampfzone hat sich immer

weiter nach Norden, auch die Verwüstung vorgeschoben.

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S. 126

Foto 62: Einschlagende Granate


verschwanden. Ein heftiger Wind schleifte all diese schaurigen Gestalten

in phantastischen Verrenkungen über die Hügel dahin und vermischte

sie mit dem jagenden Regengewölk. Ich wusste, welche Menschen

dort in der brüllenden Hölle aushielten, zwischen den zerbrochenen

Stämmen, zwischen den unterteilenden Stahlplatten und

aus den schwarzen Rauchgebilden herniederpolternder Lehm und

Steinbrocken, geduckt in Bodenfurchen lagen, oder von Granatloch zu

Granatloch sprangen. Dort hinten, hinter dem Hügelkamm, hockte,

ich wusste es, das Trüpplein der heroischen Verteidiger der Monquet Ferme

noch immer in seinen zwei unterirdischen Kellern. In Thiepval

stand unsere weit vorspringende Stellung noch fest wie ein von

den Wogen fast schon überspülter Fels in der Brandung. Die

Landstrasse war noch, bis in die Gegend von Martinpuich gut erkennbar.

Dort stieg sie den Hügel hinein, aber die Pappeln wurden

immer unordentlicher, geknickt, zerspellt, umgelegt, schliesslich nur


S. 127

noch Stümpfe. Zuletzt verschwanden sie und mit ihnen die immer

undeutlicher gewordene Strasse völlig, noch ehe die Höhe erreicht war,

in dem Braungrau des Geländes, so wie sich ein Fusspfad auf einem

Acker verliert, wenn der Pflug über ihn mit dahingegangen ist. Dort

war ja auch der Erdboden wirklich umgepflügt, viel tiefer, als es

der mächtigste Dampflug getan haben würde. Dort war ja alles

und jedes: Häuser, Hecken, Gartenmauern, Bäume, Sträucher,

Kornfelder, Wiesenraine mit dem durch die Granaten aufgerissenen

Erdreich und Felsboden in einen wüsten schauerlichen Brei

zusammengewühlt und vermengt mit zerissenen Stacheldrähten,

Betonklötzen, zerschossenen Unterständen, Granatsplittern, Waffen,

Menschengebein - es war eine überall gleichförmige, schreckliche

Wüste geworden, in der sich mit allen anderen Formen auch die

Strasse verlor. - 

     Seit jenen Augusttagen ist wieder fast ein halbes Jahr                            Nov. 16 - Februar 17.

vergangen: Die Schlacht hat weitergetobt, und langsam ist ihre

vorwärtsfressende Brandung immer näher an Bapaume

herangerückt. Nachdem die Engländer den Höhenrücken, auf dem Pozières

und die Wälder gelegen, endlich erobert hatten, kam

der Kampf von neuen zum Stehen, an der nächsten Höhenlinie,

derjenigen, längs der im grossen und ganzen heute unsere

Stellung verläuft. Hier reiben sich die Orte aneinander, deren

Namen heute die grossen Kampfgebiete dieser Gegend bezeichnen,

wie Pys, Warlencourt und die "Butte" von Warlencourt, Eaucourt,

Gueudecourt, Le Transloy. Mit der Kampfzone hat sich immer

weiter nach Norden, auch die Verwüstung vorgeschoben.


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  • March 31, 2017 21:12:51 Rolf Kranz

    S. 126

    Foto 62: Einschlagende Granate


    verschwanden. Ein heftiger Wind schleifte all diese schaurigen Gestalten

    in phantastischen Verrenkungen über die Hügel dahin und vermischte

    sie mit dem jagenden Regengewölk. Ich wusste, welche Menschen

    dort in der brüllenden Hölle aushielten, zwischen den zerbrochenen

    Stämmen, zwischen den unterteilenden Stahlplatten und

    aus den schwarzen Rauchgebilden herniederpolternder Lehm und

    Steinbrocken, geduckt in Bodenfurchen lagen, oder von Granatloch zu

    Granatloch sprangen. Dort hinten, hinter dem Hügelkamm, hockte,

    ich wusste es, das Trüpplein der heroischen Verteidiger der Monquet Ferme

    noch immer in seinen zwei unterirdischen Kellern. In Thiepval

    stand unsere weit vorspringende Stellung noch fest wie ein von

    den Wogen fast schon überspülter Fels in der Brandung. Die

    Landstrasse war noch, bis in die Gegend von Martinpuich gut erkennbar.

    Dort stieg sie den Hügel hinein, aber die Pappeln wurden

    immer unordentlicher, geknickt, zerspellt, umgelegt, schliesslich nur


    S. 127

    noch Stümpfe. Zuletzt verschwanden sie und mit ihnen die immer

    undeutlicher gewordene Strasse völlig, noch ehe die Höhe erreicht war,

    in dem Braungrau des Geländes, so wie sich ein Fusspfad auf einem

    Acker verliert, wenn der Pflug über ihn mit dahingegangen ist. Dort

    war ja auch der Erdboden wirklich umgepflügt, viel tiefer, als es

    der mächtigste Dampflug getan haben würde. Dort war ja alles

    und jedes: Häuser, Hecken, Gartenmauern, Bäume, Sträucher,

    Kornfelder, Wiesenraine mit dem durch die Granaten aufgerissenen

    Erdreich und Felsboden in einen wüsten schauerlichen Brei

    zusammengewühlt und vermengt mit zerissenen Stacheldrähten,

    Betonklötzen, zerschossenen Unterständen, Granatsplittern, Waffen,

    Menschengebein - es war eine überall gleichförmige, schreckliche

    Wüste geworden, in der sich mit allen anderen Formen auch die

    Strasse verlor. - 

         Seit jenen Augusttagen ist wieder fast ein halbes Jahr                            Nov. 16 - Februar 17.

    vergangen: Die Schlacht hat weitergetobt, und langsam ist ihre

    vorwärtsfressende Brandung immer näher an Bapaume

    herangerückt. Nachdem die Engländer den Höhenrücken, auf dem Pozières

    und die Wälder gelegen, endlich erobert hatten, kam

    der Kampf von neuen zum Stehen, an der nächsten Höhenlinie,

    derjenigen, längs der im grossen und ganzen heute unsere

    Stellung verläuft. Hier reiben sich die Orte aneinander, deren

    Namen heute die grossen Kampfgebiete dieser Gegend bezeichnen,

    wie Pys, Warlencourt und die "Butte" von Warlencourt, Eaucourt,

    Gueudecourt, Le Transloy. Mit der Kampfzone hat sich immer

    weiter nach Norden, auch die Verwüstung vorgeschoben.

  • March 31, 2017 21:05:05 Rolf Kranz

    S. 126

    Foto 62: Einschlagende Granate


    verschwanden. Ein heftiger Wind schleifte all diese schaurigen Gestalten

    in phantastischen Verrenkungen über die Hügel dahin und vermischte

    sie mit dem jagenden Regengewölk. Ich wusste, welche Menschen

    dort in der brüllenden Hölle aushielten, zwischen den zerbrochenen

    Stämmen, zwischen den unterteilenden Stahlplatten und

    aus den schwarzen Rauchgebilden herniederpolternder Lehm und

    Steinbrocken, geduckt in Bodenfurchen lagen, oder von Granatloch zu

    Granatloch sprangen. Dort hinten, hinter dem Hügelkamm, hockte,

    ich wusste es, das Trüpplein der heroischen Verteidiger der Monquet Ferme

    noch immer in seinen zwei unterirdischen Kellern. In Thiepval

    stand unsere weit vorspringende Stellung noch fest wie ein von

    den Wogen fast schon überspülter Fels in der Brandung. Die

    Landstrasse war noch, bis in die Gegend von Martinpuich gut erkennbar.

    Dort stieg sie den Hügel hinein, aber die Pappeln wurden

    immer unordentlicher, geknickt, zerspellt, umgelegt, schliesslich nur


    S. 127

    noch Stümpfe. Zuletzt verschwanden sie und mit ihnen die immer

    undeutlicher gewordene Strasse völlig, noch ehe die Höhe erreicht war,

    in dem Braungrau des Geländes, so wie sich ein Fusspfad auf einem

    Acker verliert, wenn der Pflug über ihn mit dahingegangen ist. Dort

    war ja auch der Erdboden wirklich umgepflügt, viel tiefer, als es

    der mächtigste Dampflug getan haben würde. Dort war ja alles

    und jedes: Häuser, Hecken, Gartenmauern, Bäume, Sträucher,

    Kornfelder, Wiesenraine mit dem durch die Granaten aufgerissenen

    Erdreich und Felsboden in einen wüsten schauerlichen Brei

    zusammengewühlt und vermengt mit zerissenen Stacheldrähten,

    Betonklötzen, zerschossenen Unterständen, Granatsplittern, Waffen,

    Menschengebein - es war eine überall gleichförmige, schreckliche

    Wüste geworden, in der sich mit allen anderen Formen auch die

    Strasse verlor. - 

         Seit jenen Augusttagen ist wieder fast ein halbes Jahr                            Nov. 16 - Februar 17.

    vergangen: Die Schlacht hat weitergetobt, und langsam ist ihre

    vorwärtsfressende Brandung immer näher an Bapaume

    herangerückt. Nachdem die Engländer den Höhenrücken, auf dem Pozières

    und die Wälder gelegen, endlich erobert hatten, kam

    der Kampf von neuen zum Stehen, an der nächsten Höhenlinie,

    derjenigen, längs der im grossen und ganzen heute unsere

    Stellung verläuft. Hier reiben sich die Orte aneinander, deren

    Namen heute die grossen Kampfgebiete dieser Gegend bezeichnen,

    wie Pys, Warlenocurt und die "Butte" von Warlencourt, Eoucourt,

    Gueredecourt, Le Transley. Mit der Kampfzone hat sich immer

    weiter nach Norden, auch die Verwüstung vorgeschoben.


  • January 17, 2017 20:00:50 Rolf Kranz

    S. 126

    Foto 62: Einschlagende Granate


    verschwanden. Ein heftiger Wind schleifte all diese schaurigen Gestalten

    in phantastischen Verrenkungen über die Hügel dahin und vermischte

    sie mit dem jagenden Regengewölk. Ich wusste, welche Menschen

    dort in der brüllenden Hölle aushielten, zwischen den zerbrochenen

    Stämmen, zwischen den unterteilenden Stahlplatten sind

    aus den schwarzen Rauchgebilden herniederpolternder Lehm und

    Steinbrocken, geduckt in Bodenfurchen lagen, oder von Granatloch zu

    Granatloch sprangen. Dort hinten, hinter dem Hügelkamm, hockte,

    ich wusste es, das Trüpplein der heroischen Verteidiger der Monquet Ferme

    noch immer in seinen zwei unterirdischen Kellern. In Thiepral

    stand unsere weit vorspringende Stellung noch fest wie ein von

    den Wogen fast schon überspülter Fels in der Brandung. Die

    Landstrasse war noch, bis in die Gegend von Martinpuich gut erkennbar.

    Dort stieg sie den Hügel hinein, aber die Pappeln wurden

    immer unordentlicher, geknickt, zerspellt, umgelegt, schliesslich nur


    S. 127

    noch Stümpfe. Zuletzt verschwanden sie und mit ihnen die immer

    undeutlicher gewordene Strasse völlig, noch ehe die Höhe erreicht war,

    in dem Braungrau des Geländes, so wie sich ein Fusspfad auf einem

    Acker verliert, wenn der Pflug über ihn mit dahingegangen ist. Dort

    war ja auch der Erdboden wirklich ungepflügt, viel tiefer, als es

    der mächtigste Dampflug getan haben würde. Dort war ja alles

    und jedes: Häuser, Kirchen, Gesteinmauern, Bäume, Sträuche,

    Kornfelder, Wiesenraine mit dem durch die Granaten aufgerissenen

    Erdreich und Felsboden in einen wüsten schauerlichen Brei

    zusammengewühlt und vermengt mit zerissenen Stacheldrähten,

    Betonklötzen, zerstossenen Unterständen, Granatsplittern, Waffen,

    Menschengebein - es war eine überall gleichförmige, schreckliche

    Wüste geworden, in der sich mit allen anderen Formen auch die

    Strasse verlor. -

    Nov. 16, Februar 17

    Seit jenen Augusttagen ist wieder fast ein halbes Jahr

    vergangen: Die Schlacht hat weitergetobt, und langsam ist ihre

    vorwärtsfressende Brandung immer näher an Bapaume

    herangerückt. Nachdem die Engländer den Höhenrücken, auf dem Pozieres

    und die Wälder gelegen, endlich erobert hatten, kam

    der Kampf von neuen zum Stehen, an der nächsten Höhenlinie,

    derjenigen, längs der im grossen und ganzen heute unsere

    Stellung verläuft. Hier reiben sich die Orte aneinander, deren

    Namen heute die grossen Kampfgebiete dieser Gegend bezeichnen,

    wie Pys, Warlenocurt und die "Butte" von Warlencourt, Eoucourt,

    Gueredecourt, Le Transley. Mit der Kampfzone hat sich immer

    weiter nach Norden, auch die Verwüstung vorgeschoben.


  • December 21, 2016 12:04:15 Corinna Pichler (AUT)

    S. 126

    Foto 62: Einschlagende Granate


    verschwanden. Ein heftiger Wind schleifte all diese schaurigen Gestalten

    in phantastische Kerenlängen über die Hügel dahin und vermischte

    sich mit dem gegnerischen Regengewölk. Ich wusste, welche Menschen

    dort in der brüllenden Hölle aushhielten, zwischen den zerbrochenen

    Stämmen, zwischen den untertrübenden Stahlplatten und

    aus dem schwarzen Rauchgebilden herniederpolternde Lehm und

    Steinbrocken, gedrückt in Bodenfurchen lagen, oder von Granatloch zu

    Granatloch sprangen. Dort hinten, hinter dem Hügelkamm, hockte,

    ich wusste es, das Trüpplein der heroischen Verteidiger der Monquent Forme

    noch immer in seinen zwei unterirdischen Kellern. In Thiepral

    stand unsere weit vorspringende Stellung noch fest wie ein von

    dem Wagen fast schon überspülter Fels in der Brandung. Die

    Landstrasse war noch, bis zu die Gegend von Martinpuich gut erkennbar.

    Dort stieg sie den Hügel hinein, aber die Pappeln wurden

    immer unordentlicher, geknickt, zerspellt, umgelegt, schliesslich nur


    S. 127

    noch Stümpfe. Zuletzt verschwanden sie und mit ihren die immer

    undeutlicher gewordene Strasse völlig, noch ehe die Höhe erreicht war,

    in dem Braungrau des Geländes, so wie sich ein Fusspfad auf einem

    Acker verliert, wenn der Pflug über ihn mit dahingegangen ist. Dort

    war ja auch der Erdboden wirklich ungepflegt, viel tiefer, als es

    der mächtigste Dampflug getan haben würde. Dort war ja alles

    und jeder: Häuser, Kirchen, Gesteinmauern, Bäume, Sträuche,

    Kornfelder, Wiesenreime mit dem durch die Granaten aufgerissenen

    Erdreich und Felsboden in einen wüsten schauerlichen Brei

    zusammengewühlt und vermengt mit zerissenen Stacheldrähten,

    Betonklötzen, zerstossenen Unterständen, Granatsplittern,Waffen,

    Menschengebein - es war eine überall gleichförmige, schreckliche

    Wüste geworden, in der sich mit allen anderen Formen auch die

    Strasse verlor. -

    Nov. 16, Februar 17

    Seit jenen Augusttagen ist wieder fast ein halbes Jahr

    vergangen: Die Schlacht hat weitergetobt, und langsam ist ihre

    vorwärtsfressende Brandung immer näher an Bapaume

    herangerückt. Nachdem die Engländer den Höhenrücken, auf dem Pozieves

    und die Wälder gelegen, endlich erobert hatten, kam

    der Kampf von neuen zum Stehen, an der nächsten Höhenlinie,

    derjenigen, Längs der im grossen und ganzen heute unsere

    Stellung verläuft. Hier reiben sich die Orte aneinander, deren

    Namen heute die grossen Kampfgebiete dieser Gegend bezeichnen,

    wie Pys, Warlenocurt und die "Butte" von Warlencourt, Eoucourt,

    Gueredecourt, Le Transley. Mit der Kampfzone hat sich immer

    weiter nach Norden, auch die Verwüstung vorgeschoben.


  • December 21, 2016 12:04:05 Corinna Pichler (AUT)

    S. 126

    Foto 62: Einschlagende Granate


    verschwanden. Ein heftiger Wind schleifte all diese schaurigen Gestalten

    in phantastische Kerenlängen über die Hügel dahin und vermischte

    sich mit dem gegnerischen Regengewölk. Ich wusste, welche Menschen

    dort in der brüllenden Hölle aushhielten, zwischen den zerbrochenen

    Stämmen, zwischen den untertrübenden Stahlplatten und

    aus dem schwarzen Rauchgebilden herniederpolternde Lehm und

    Steinbrocken, gedrückt in Bodenfurchen lagen, oder von Granatloch zu

    Granatloch sprangen. Dort hinten, hinter dem Hügelkamm, hockte,

    ich wusste es, das Trüpplein der heroischen Verteidiger der Monquent Forme

    noch immer in seinen zwei unterirdischen Kellern. In Thiepral

    stand unsere weit vorspringende Stellung noch fest wie ein von

    dem Wagen fast schon überspülter Fels in der Brandung. Die

    Landstrasse war noch, bis zu die Gegend von Martinpuich gut erkennbar.

    Dort stieg sie den Hügel hinein, aber die Pappeln wurden

    immer unordentlicher, geknickt, zerspellt, umgelegt, schliesslich nur


    S. 127

    noch Stümpfe. Zuletzt verschwanden sie und mit ihren die immer

    undeutlicher gewordene Strasse völlig, noch ehe die Höhe erreicht war,

    in dem Braungrau des Geländes, so wie sich ein Fusspfad auf einem

    Acker verliert, wenn der Pflug über ihn mit dahingegangen ist. Dort

    war ja auch der Erdboden wirklich ungepflegt, viel tiefer, als es

    der mächtigste Dampflug getan haben würde. Dort war ja alles

    und jeder: Häuser, Kirchen, Gesteinmauern, Bäume, Sträuche,

    Kornfelder, Wiesenreime mit dem durch die Granaten aufgerissenen

    Erdreich und Felsboden in einen wüsten schauerlichen Brei

    zusammengewühlt und vermengt mit zerissenen Stacheldrähten,

    Betonklötzen, zerstossenen Unterständen, Granatsplittern,Waffen,

    Menschengebein - es war eine überall gleichförmige, schreckliche

    Wüste geworden, in der sich mit allen anderen Formen auch die

    Strasse verlor. -

    Nov. 16, Februar 17

    Seit jenen Augusttagen ist wieder fast ein halbes Jahr

    vergangen: Die Schlacht hat weitergetobt, und langsam ist ihre

    vorwärtsfressende Brandung immer näher an Bapaume

    herangerückt. Nachdem die Engländer den Höhenrücken, auf dem Pozieves

    und die Wälder gelegen, endlich erobert hatten, kam

    der Kampf von neuen zum Stehen, an der nächsten Höhenlinie,

    derjenigen, Längs der im grossen und ganzen heute unsere

    Stellung verläuft. Hier reiben sich die Orte aneinander, deren

    Namen heute die grossen Kampfgebiete dieser Gegend bezeichnen,

    wie Pys, Warlenocurt und die "Butte" vonWarlencourt, Eoucourt,

    Gueredecourt, Le Transley. Mit der Kampfzone hat sich immer

    weiter nach Norden, auch die Verwüstung vorgeschoben.


  • December 21, 2016 11:55:03 Corinna Pichler (AUT)

    S. 126

    Foto 62: Einschlagende Granate


    verschwanden. Ein heftiger Wind schleifte all diese schaurigen Gestalten

    in phantastische Kerenlängen über die Hügel dahin und vermischte

    sich mit dem gegnerischen Regengewölk. Ich wusste, welche Menschen

    dort in der brüllenden Hölle aushhielten, zwischen den zerbrochenen

    Stämmen, zwischen den untertrübenden Stahlplatten und

    aus dem schwarzen Rauchgebilden herniederpolternde Lehm und

    Steinbrocken, gedrückt in Bodenfurchen lagen, oder von Granatloch zu

    Granatloch sprangen. Dort hinten, hinter dem Hügelkamm, hockte,

    ich wusste es, das Trüpplein der heroischen Verteidiger der Monquent Forme

    noch immer in seinen zwei unterirdischen Kellern. In Thiepral

    stand unsere weit vorspringende Stellung noch fest wie ein von

    dem Wagen fast schon überspülter Fels in der Brandung. Die

    Landstrasse war noch, bis zu die Gegend von Martinpuich gut erkennbar.

    Dort stieg sie den Hügel hinein, aber die Pappeln wurden

    immer unordentlicher, geknickt, zerspellt, umgelegt, schliesslich nur


    S. 127


  • December 21, 2016 11:54:59 Corinna Pichler (AUT)

    S. 126

    Foto 62: Einschlagende Granate


    verschwanden. Ein heftiger Wind schleifte all diese schaurigen Gestalten

    in phantastische Kerenlängen über die Hügel dahin und vermischte

    sich mit dem gegnerischen Regengewölk. Ich wusste, welche Menschen

    dort in der brüllenden Hölle aushhielten, zwischen den zerbrochenen

    Stämmen, zwischen den untertrübenden Stahlplatten und

    aus dem schwarzen Rauchgebilden herniederpolternde Lehm und

    Steinbrocken, gedrückt in Bodenfurchen lagen, oder von Granatloch zu

    Granatloch sprangen. Dort hinten, hinter dem Hügelkamm, hockte,

    ich wusste es, das Trüpplein der heroischen Verteidiger der Monquent Forme

    noch immer in seinen zwei unterirdischen Kellern. In Thiepral

    stand unsere weit vorspringende Stellung noch fest wie ein von

    dem Wagen fast schon überspülter Fels in der Brandung. Die

    Landstrasse war noch, bis zu die Gegend von Martinpuich gut erkennbar.

    Dort stieg sie den Hügel hinan, aber die Pappeln wurden

    immer unordentlicher, geknickt, zerspellt, umgelegt, schliesslich nur


    S. 127


Description

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  • 50.0802852||2.7999211||

    Warlencourt

  • 50.087688||2.755717||

    Pys

  • 50.059125||2.84136||

    Gueudecourt

  • 50.058064||2.889622||

    Le Transloy

  • 51.14917321173399||14.993941222412104||

    Görlitz

    ||1
Location(s)
  • Story location Görlitz
  • Document location Warlencourt
  • Additional document location Pys
  • Additional document location Gueudecourt
  • Additional document location Le Transloy
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ID
12796 / 168624
Source
http://europeana1914-1918.eu/...
Contributor
Heike Knothe
License
http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/


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