Tagebuchaufzeichnungen von Georg Luber (leicht veränd. Abschrift), item 5

Edit transcription:
...
Transcription saved
Enhance your transcribing experience by using full-screen mode

Transcription

You have to be logged in to transcribe. Please login or register and click the pencil-button again

      8.

Portemonaies, Uhren, Messer, Rasiermesser u.

Apparate, Feldflaschen, ja sogar die Kopfbedeckung

ab, sodaß viele noch 14 Tg. ohne Kopfbedeckung

herum liefen. Wer sich weigerte bekam einen

Fußtritt oder Kolbenstoß. So mochten wir

ungefähr 1 km gelaufen sein, woselbst wir

gezählt wurden an die 3000 Mann. In Abteilungen

zu 200-300 Mann wurden wir zur

Regt. Stelle geführt, wo uns noch alles

vorhandene abgenommen wurde. Nach diesem

folgte ein Marsch von zirka 7 Std. bis wir

zur Divisions Stelle kamen, woselbst Briefe,

Karten, Photographien, Erkennungsmarke

u. Soldbuch abgegeben werden mußten. Um

4 Uhr nachm. erschien eine Anzahl Kavallerie,

die uns als Begleitung zugewiesen wurde.

Abermals setzte sich der Transport von einigen

tausend Mann in Bewegung u. endlich um

11 Uhr nachts kamen wir am Ziele an.

Der Hunger u. Durst der sich unterwegs

einstellte, nötigte manchen, das gelbe Wasser, das

auf der Straße lief, mit einer leeren Büchse

aufzufangen u. bekam zum Lohn dafür

einen tüchtigen Lanzenstoß. Endlich einmal

unter Dach sagten wir uns, als wir von

weitem schon die Baracken stehen ahen.


      9.

Es sehnte sich ja ein jeder nach einem trockenen

Plätzchen, denn seit mittag regnete u. schneite

es ununterbrochen auf uns herab. Aber welcher

Schrecken überkam uns, als vor uns ein Drahtkäfig

geöffnet u. hinter uns wieder verschlossen wurde.

Demnach standen wir wieder unter freiem Himmel.

Durch andauernden Regen war der Boden aufgeweicht,

wodurch ein Morast entstand, der durch das

Nichtvorhandensein von Aborten nebenbei noch

einen sehr unangenehmen Geruch verbreitete. Trotz

aller Anstrengung wach zu bleiben bis zum

kommendeen Morgen, wurden wir durch die vielen

Entbehrungen von Schlaf, Hunger u. Durst vom

ersteren überwältigt u. in den Morast geworfen.

So lag ich auch unter andern u. als ich

erwachte konnte ich kaum stehen, denn meine Füße

waren erstarrt. Durch große Anstrengung mit

großen Schmerzen verbunden, gelang es mir nach

u. nach einige Bewegung zu verschaffen. Endlich

nachmittags 4 Uhr gab es 150 gr. Brot u. 1/4 ltr.

Flußwasser welches unsere Tagesportion 8 Tg.

lang blieb. Am 27. d. Mts. ging es um eine

kleine Strecke weiter, wo wir hofften es sollte

besser werden. Hier gab es das erste warme

Essen, welches in 1/4 ltr. Reis oder Bohnen

bestand. Wasser war ebenso knapp wie im

ersten Lager. Als wir uns zur Ruhe in die



Transcription saved

      8.

Portemonaies, Uhren, Messer, Rasiermesser u.

Apparate, Feldflaschen, ja sogar die Kopfbedeckung

ab, sodaß viele noch 14 Tg. ohne Kopfbedeckung

herum liefen. Wer sich weigerte bekam einen

Fußtritt oder Kolbenstoß. So mochten wir

ungefähr 1 km gelaufen sein, woselbst wir

gezählt wurden an die 3000 Mann. In Abteilungen

zu 200-300 Mann wurden wir zur

Regt. Stelle geführt, wo uns noch alles

vorhandene abgenommen wurde. Nach diesem

folgte ein Marsch von zirka 7 Std. bis wir

zur Divisions Stelle kamen, woselbst Briefe,

Karten, Photographien, Erkennungsmarke

u. Soldbuch abgegeben werden mußten. Um

4 Uhr nachm. erschien eine Anzahl Kavallerie,

die uns als Begleitung zugewiesen wurde.

Abermals setzte sich der Transport von einigen

tausend Mann in Bewegung u. endlich um

11 Uhr nachts kamen wir am Ziele an.

Der Hunger u. Durst der sich unterwegs

einstellte, nötigte manchen, das gelbe Wasser, das

auf der Straße lief, mit einer leeren Büchse

aufzufangen u. bekam zum Lohn dafür

einen tüchtigen Lanzenstoß. Endlich einmal

unter Dach sagten wir uns, als wir von

weitem schon die Baracken stehen ahen.


      9.

Es sehnte sich ja ein jeder nach einem trockenen

Plätzchen, denn seit mittag regnete u. schneite

es ununterbrochen auf uns herab. Aber welcher

Schrecken überkam uns, als vor uns ein Drahtkäfig

geöffnet u. hinter uns wieder verschlossen wurde.

Demnach standen wir wieder unter freiem Himmel.

Durch andauernden Regen war der Boden aufgeweicht,

wodurch ein Morast entstand, der durch das

Nichtvorhandensein von Aborten nebenbei noch

einen sehr unangenehmen Geruch verbreitete. Trotz

aller Anstrengung wach zu bleiben bis zum

kommendeen Morgen, wurden wir durch die vielen

Entbehrungen von Schlaf, Hunger u. Durst vom

ersteren überwältigt u. in den Morast geworfen.

So lag ich auch unter andern u. als ich

erwachte konnte ich kaum stehen, denn meine Füße

waren erstarrt. Durch große Anstrengung mit

großen Schmerzen verbunden, gelang es mir nach

u. nach einige Bewegung zu verschaffen. Endlich

nachmittags 4 Uhr gab es 150 gr. Brot u. 1/4 ltr.

Flußwasser welches unsere Tagesportion 8 Tg.

lang blieb. Am 27. d. Mts. ging es um eine

kleine Strecke weiter, wo wir hofften es sollte

besser werden. Hier gab es das erste warme

Essen, welches in 1/4 ltr. Reis oder Bohnen

bestand. Wasser war ebenso knapp wie im

ersten Lager. Als wir uns zur Ruhe in die




Transcription history
  • March 29, 2017 19:14:50 Rolf Kranz

          8.

    Portemonaies, Uhren, Messer, Rasiermesser u.

    Apparate, Feldflaschen, ja sogar die Kopfbedeckung

    ab, sodaß viele noch 14 Tg. ohne Kopfbedeckung

    herum liefen. Wer sich weigerte bekam einen

    Fußtritt oder Kolbenstoß. So mochten wir

    ungefähr 1 km gelaufen sein, woselbst wir

    gezählt wurden an die 3000 Mann. In Abteilungen

    zu 200-300 Mann wurden wir zur

    Regt. Stelle geführt, wo uns noch alles

    vorhandene abgenommen wurde. Nach diesem

    folgte ein Marsch von zirka 7 Std. bis wir

    zur Divisions Stelle kamen, woselbst Briefe,

    Karten, Photographien, Erkennungsmarke

    u. Soldbuch abgegeben werden mußten. Um

    4 Uhr nachm. erschien eine Anzahl Kavallerie,

    die uns als Begleitung zugewiesen wurde.

    Abermals setzte sich der Transport von einigen

    tausend Mann in Bewegung u. endlich um

    11 Uhr nachts kamen wir am Ziele an.

    Der Hunger u. Durst der sich unterwegs

    einstellte, nötigte manchen, das gelbe Wasser, das

    auf der Straße lief, mit einer leeren Büchse

    aufzufangen u. bekam zum Lohn dafür

    einen tüchtigen Lanzenstoß. Endlich einmal

    unter Dach sagten wir uns, als wir von

    weitem schon die Baracken stehen ahen.


          9.

    Es sehnte sich ja ein jeder nach einem trockenen

    Plätzchen, denn seit mittag regnete u. schneite

    es ununterbrochen auf uns herab. Aber welcher

    Schrecken überkam uns, als vor uns ein Drahtkäfig

    geöffnet u. hinter uns wieder verschlossen wurde.

    Demnach standen wir wieder unter freiem Himmel.

    Durch andauernden Regen war der Boden aufgeweicht,

    wodurch ein Morast entstand, der durch das

    Nichtvorhandensein von Aborten nebenbei noch

    einen sehr unangenehmen Geruch verbreitete. Trotz

    aller Anstrengung wach zu bleiben bis zum

    kommendeen Morgen, wurden wir durch die vielen

    Entbehrungen von Schlaf, Hunger u. Durst vom

    ersteren überwältigt u. in den Morast geworfen.

    So lag ich auch unter andern u. als ich

    erwachte konnte ich kaum stehen, denn meine Füße

    waren erstarrt. Durch große Anstrengung mit

    großen Schmerzen verbunden, gelang es mir nach

    u. nach einige Bewegung zu verschaffen. Endlich

    nachmittags 4 Uhr gab es 150 gr. Brot u. 1/4 ltr.

    Flußwasser welches unsere Tagesportion 8 Tg.

    lang blieb. Am 27. d. Mts. ging es um eine

    kleine Strecke weiter, wo wir hofften es sollte

    besser werden. Hier gab es das erste warme

    Essen, welches in 1/4 ltr. Reis oder Bohnen

    bestand. Wasser war ebenso knapp wie im

    ersten Lager. Als wir uns zur Ruhe in die



Description

Save description
    Location(s)
    Login and add location


    ID
    2742 / 35297
    Source
    http://europeana1914-1918.eu/...
    Contributor
    Werner Luber
    License
    http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/


    Login to edit the languages

    Login to edit the fronts
    • Western Front

    Login to add keywords
    • Prisoners of War
    • Trench Life

    Login and add links

    Notes and questions

    Login to leave a note