Kriegstagebuch von Walther Huth, item 15

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...linke Seite

Wenn dieses Elend nur bald zu Ende wäre ! Ein

großes Menschenschlachthaus ist der Krieg, er ist

unserer Zeit unwürdig. Da sitzt man nun in

einem engen Lehmloch und darf kaum mal die

Nase erheben und emporspähen, abgeschnitten von

jeder Verbindung. Wenn es gut geht, gibt es

einen Sturm, bei dem 50% ihr Fell retten. Glücklich

die, die bei Zeiten ein Loch in den Balg bekommen !

Sie haben jetzt Ruhe ! Essen ist Luxus !

Am Abend gingen alle Truppen außer der 2/202

und einigen Teilen von 208 zurück. Wir bekamen

den Befehl erst am nächsten Tage früh.

1.XI.  Unsere Lage wurde unerträglich. Wir wurden

von 3 Seiten eingeschlossen und hatten selbst im

Graben ziemlich Verluste. In der Morgenfrühe

kam der Befehl zum Rückmarsch, natürlich zu

spät, da es schon zu hell war. So mußten wir

noch den ganzen Tag über aushalten, ohne Essen,

nur einige die noch eiserne Ration hatten, teilten

sie auf (ohne Befehl natürlich). Meinen

Schweinebraten teilte ich mit 2 Kameraden.

Gegen Abend war klarer Himmel, der Mond

stand hell über uns und beleuchtete mit magischem

Licht den traurigen Zug, wie wir zu vier


...rechte Seite

und vier unsere und fremde Verwundete

zurücktrugen, die schon seit 4 Tagen umherlagen. Auch

sämtliche Gewehre wurden mitgenommen. Es

war ein niederdrückender Anblick. Wir wurden

sonderbarer Weise fast garnicht beschossen und

gelangten glücklich zur Kolonnenbrücke. Dort

erfuhren wir, daß auch alle anderen Regimenter

sich zurückzogen, auch die Artillerie, da der

der Feind die Dämme durchstochen und so das

Gelände unter Wasser gesetzt hatte. 202 erhielt

ein Lob wegen tollen Draufgängertums, wir

sollten beim Sturm alles mit uns mitreißen.

207 blieb trotzdem zurück. Der Bahndamm war

aber abgesehen davon nicht zu stürmen, da

noch ein breiter Wassergraben davor lag. Diese

Tage wird keiner von denen, die mit uns im

Schützengraben lagen, vergessen, wie wir dem

Feind auf 150-100, z.T sogar auf noch

nähere Entfernung gegenüberlagen. Wir

gelangten glücklich in unsere alten Quartiere

und bekamen feines Essen aus der Gulaschkanone.

2.XI.  Früh bekamen wir Feldpost und zu

meiner großen Freude auch von Tante Gretchen

10 Zigarren in zwei kleinen Päckchen. Endlich

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...linke Seite

Wenn dieses Elend nur bald zu Ende wäre ! Ein

großes Menschenschlachthaus ist der Krieg, er ist

unserer Zeit unwürdig. Da sitzt man nun in

einem engen Lehmloch und darf kaum mal die

Nase erheben und emporspähen, abgeschnitten von

jeder Verbindung. Wenn es gut geht, gibt es

einen Sturm, bei dem 50% ihr Fell retten. Glücklich

die, die bei Zeiten ein Loch in den Balg bekommen !

Sie haben jetzt Ruhe ! Essen ist Luxus !

Am Abend gingen alle Truppen außer der 2/202

und einigen Teilen von 208 zurück. Wir bekamen

den Befehl erst am nächsten Tage früh.

1.XI.  Unsere Lage wurde unerträglich. Wir wurden

von 3 Seiten eingeschlossen und hatten selbst im

Graben ziemlich Verluste. In der Morgenfrühe

kam der Befehl zum Rückmarsch, natürlich zu

spät, da es schon zu hell war. So mußten wir

noch den ganzen Tag über aushalten, ohne Essen,

nur einige die noch eiserne Ration hatten, teilten

sie auf (ohne Befehl natürlich). Meinen

Schweinebraten teilte ich mit 2 Kameraden.

Gegen Abend war klarer Himmel, der Mond

stand hell über uns und beleuchtete mit magischem

Licht den traurigen Zug, wie wir zu vier


...rechte Seite

und vier unsere und fremde Verwundete

zurücktrugen, die schon seit 4 Tagen umherlagen. Auch

sämtliche Gewehre wurden mitgenommen. Es

war ein niederdrückender Anblick. Wir wurden

sonderbarer Weise fast garnicht beschossen und

gelangten glücklich zur Kolonnenbrücke. Dort

erfuhren wir, daß auch alle anderen Regimenter

sich zurückzogen, auch die Artillerie, da der

der Feind die Dämme durchstochen und so das

Gelände unter Wasser gesetzt hatte. 202 erhielt

ein Lob wegen tollen Draufgängertums, wir

sollten beim Sturm alles mit uns mitreißen.

207 blieb trotzdem zurück. Der Bahndamm war

aber abgesehen davon nicht zu stürmen, da

noch ein breiter Wassergraben davor lag. Diese

Tage wird keiner von denen, die mit uns im

Schützengraben lagen, vergessen, wie wir dem

Feind auf 150-100, z.T sogar auf noch

nähere Entfernung gegenüberlagen. Wir

gelangten glücklich in unsere alten Quartiere

und bekamen feines Essen aus der Gulaschkanone.

2.XI.  Früh bekamen wir Feldpost und zu

meiner großen Freude auch von Tante Gretchen

10 Zigarren in zwei kleinen Päckchen. Endlich


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  • February 18, 2017 21:10:15 Rolf Kranz

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    Wenn dieses Elend nur bald zu Ende wäre ! Ein

    großes Menschenschlachthaus ist der Krieg, er ist

    unserer Zeit unwürdig. Da sitzt man nun in

    einem engen Lehmloch und darf kaum mal die

    Nase erheben und emporspähen, abgeschnitten von

    jeder Verbindung. Wenn es gut geht, gibt es

    einen Sturm, bei dem 50% ihr Fell retten. Glücklich

    die, die bei Zeiten ein Loch in den Balg bekommen !

    Sie haben jetzt Ruhe ! Essen ist Luxus !

    Am Abend gingen alle Truppen außer der 2/202

    und einigen Teilen von 208 zurück. Wir bekamen

    den Befehl erst am nächsten Tage früh.

    1.XI.  Unsere Lage wurde unerträglich. Wir wurden

    von 3 Seiten eingeschlossen und hatten selbst im

    Graben ziemlich Verluste. In der Morgenfrühe

    kam der Befehl zum Rückmarsch, natürlich zu

    spät, da es schon zu hell war. So mußten wir

    noch den ganzen Tag über aushalten, ohne Essen,

    nur einige die noch eiserne Ration hatten, teilten

    sie auf (ohne Befehl natürlich). Meinen

    Schweinebraten teilte ich mit 2 Kameraden.

    Gegen Abend war klarer Himmel, der Mond

    stand hell über uns und beleuchtete mit magischem

    Licht den traurigen Zug, wie wir zu vier


    ...rechte Seite

    und vier unsere und fremde Verwundete

    zurücktrugen, die schon seit 4 Tagen umherlagen. Auch

    sämtliche Gewehre wurden mitgenommen. Es

    war ein niederdrückender Anblick. Wir wurden

    sonderbarer Weise fast garnicht beschossen und

    gelangten glücklich zur Kolonnenbrücke. Dort

    erfuhren wir, daß auch alle anderen Regimenter

    sich zurückzogen, auch die Artillerie, da der

    der Feind die Dämme durchstochen und so das

    Gelände unter Wasser gesetzt hatte. 202 erhielt

    ein Lob wegen tollen Draufgängertums, wir

    sollten beim Sturm alles mit uns mitreißen.

    207 blieb trotzdem zurück. Der Bahndamm war

    aber abgesehen davon nicht zu stürmen, da

    noch ein breiter Wassergraben davor lag. Diese

    Tage wird keiner von denen, die mit uns im

    Schützengraben lagen, vergessen, wie wir dem

    Feind auf 150-100, z.T sogar auf noch

    nähere Entfernung gegenüberlagen. Wir

    gelangten glücklich in unsere alten Quartiere

    und bekamen feines Essen aus der Gulaschkanone.

    2.XI.  Früh bekamen wir Feldpost und zu

    meiner großen Freude auch von Tante Gretchen

    10 Zigarren in zwei kleinen Päckchen. Endlich

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  • 51.013895497633136||2.8974249933594365||

    vor Diksmuide

  • 51.13054289999999||13.577913399999943||

    Coswig (bei Dresden)

    ||1
Location(s)
  • Story location Coswig (bei Dresden)
  • Document location vor Diksmuide
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ID
2655 / 33560
Source
http://europeana1914-1918.eu/...
Contributor
Friedrich-Carl Hoffmann
License
http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/


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