Kriegstagebuch von Walther Huth, item 4

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...linke Seite

wieder fort. Da ich an der Jägerkaserne von den Oberjägern

Lenz und Schiepan den Bescheid bekam, daß

erst am 8. Tage, also am Sonnabend, Freiwillige

angenommen würden, so beschloß ich, Wilhelm

nach Berlin nachzufahren. Am Abend war ich nochmals

bei Hein´s, um mich zu verabschieden.

Dann packte ich meinen Koffer.

5. VIII. 1914   Früh um 2 Uhr verabschiedete ich mich

von Frau Ulrich, die immer noch hoffte, ich würde

nicht genommen werden. Mit gutem Mut fuhr

ich dann 2:50 von Naumburg ab. Der Zug war

schon ganz tüchtig besetzt und füllte sich immer

mehr. Überall wurden wir mit großem Jubel empfangen,

Kaffee und auch Brötchen wurden unter

die Reservisten ausgeteilt, kurz die Stimmung

der Bevölkerung war großartig. In Gräfenhainichen

hatten wir 1 Std. Aufenthalt, die ich zum Kaffeetrinken

benutzte. Um 1/4 10 landeten wir glücklich

in Wittenberg. Von hier bis Jüterbogk war

die einzige Strecke der ganzen Fahrt, wo man

wirklich gemütlich sitzen konnte. Um 2 Uhr kamen

wir in Berlin Anhalter Bahnhof an. Zunächst

stärkte ich mich im Wartesaal, dann gab ich

meinen Koffer ab und wanderte los, Leipziger


...rechte Seite

Str. bis Friedrichstr. sollte ich gehen, hatte mir

Wilhelm noch empfohlen. Aber unterwegs traf ich

auf eine Elektrische, an der "Alexanderplatz"

prangte, da konnte die Kaserne ja nicht weit

sein, also rein. Ich landete glücklich, ruhte mich

eine Weile aus und fand auch die Kaserne,

natürlich aber die Füsilier-Kaserne, die mir

leider nichts nützen konnte. Nun fragte ich

mich nach der Kaserne am Kupfergraben durch.

Dort traf ich Wilhelm gleich im Portal. Er nahm

mich mit auf seine Bude, dann tranken wir

in der Kantine Kaffee. Sehr spaßig war es,

wie er sich vergebens bemühte, richtig zu grüßen.

Es hatte sich nämlich noch kein Mensch um ihn

gekümmert, so grinsten die Unteroffiziere meistens.

Dann gab er sich große Mühe beim Feldwebel

und Adjutanten, mich unterzubringen, aber

vergebens, war Montag nichts zu machen ! Um

8 machte ich mich auf nach der Klopstockstr., um

Herrn Schmidt mit einem Besuch zu erfreuen.

Da er nicht zu Hause war, aß ich erst Abendbrot,

traf ihn hernach aber ebenso wenig. So fuhr ich

zurück nach Bahnhof Friedrichstr. und schlief im

"Brüsseler Hof". Geldschinderei und wenig

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wieder fort. Da ich an der Jägerkaserne von den Oberjägern

Lenz und Schiepan den Bescheid bekam, daß

erst am 8. Tage, also am Sonnabend, Freiwillige

angenommen würden, so beschloß ich, Wilhelm

nach Berlin nachzufahren. Am Abend war ich nochmals

bei Hein´s, um mich zu verabschieden.

Dann packte ich meinen Koffer.

5. VIII. 1914   Früh um 2 Uhr verabschiedete ich mich

von Frau Ulrich, die immer noch hoffte, ich würde

nicht genommen werden. Mit gutem Mut fuhr

ich dann 2:50 von Naumburg ab. Der Zug war

schon ganz tüchtig besetzt und füllte sich immer

mehr. Überall wurden wir mit großem Jubel empfangen,

Kaffee und auch Brötchen wurden unter

die Reservisten ausgeteilt, kurz die Stimmung

der Bevölkerung war großartig. In Gräfenhainichen

hatten wir 1 Std. Aufenthalt, die ich zum Kaffeetrinken

benutzte. Um 1/4 10 landeten wir glücklich

in Wittenberg. Von hier bis Jüterbogk war

die einzige Strecke der ganzen Fahrt, wo man

wirklich gemütlich sitzen konnte. Um 2 Uhr kamen

wir in Berlin Anhalter Bahnhof an. Zunächst

stärkte ich mich im Wartesaal, dann gab ich

meinen Koffer ab und wanderte los, Leipziger


...rechte Seite

Str. bis Friedrichstr. sollte ich gehen, hatte mir

Wilhelm noch empfohlen. Aber unterwegs traf ich

auf eine Elektrische, an der "Alexanderplatz"

prangte, da konnte die Kaserne ja nicht weit

sein, also rein. Ich landete glücklich, ruhte mich

eine Weile aus und fand auch die Kaserne,

natürlich aber die Füsilier-Kaserne, die mir

leider nichts nützen konnte. Nun fragte ich

mich nach der Kaserne am Kupfergraben durch.

Dort traf ich Wilhelm gleich im Portal. Er nahm

mich mit auf seine Bude, dann tranken wir

in der Kantine Kaffee. Sehr spaßig war es,

wie er sich vergebens bemühte, richtig zu grüßen.

Es hatte sich nämlich noch kein Mensch um ihn

gekümmert, so grinsten die Unteroffiziere meistens.

Dann gab er sich große Mühe beim Feldwebel

und Adjutanten, mich unterzubringen, aber

vergebens, war Montag nichts zu machen ! Um

8 machte ich mich auf nach der Klopstockstr., um

Herrn Schmidt mit einem Besuch zu erfreuen.

Da er nicht zu Hause war, aß ich erst Abendbrot,

traf ihn hernach aber ebenso wenig. So fuhr ich

zurück nach Bahnhof Friedrichstr. und schlief im

"Brüsseler Hof". Geldschinderei und wenig


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  • February 14, 2017 19:32:24 Rolf Kranz

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    wieder fort. Da ich an der Jägerkaserne von den Oberjägern

    Lenz und Schiepan den Bescheid bekam, daß

    erst am 8. Tage, also am Sonnabend, Freiwillige

    angenommen würden, so beschloß ich, Wilhelm

    nach Berlin nachzufahren. Am Abend war ich nochmals

    bei Hein´s, um mich zu verabschieden.

    Dann packte ich meinen Koffer.

    5. VIII. 1914   Früh um 2 Uhr verabschiedete ich mich

    von Frau Ulrich, die immer noch hoffte, ich würde

    nicht genommen werden. Mit gutem Mut fuhr

    ich dann 2:50 von Naumburg ab. Der Zug war

    schon ganz tüchtig besetzt und füllte sich immer

    mehr. Überall wurden wir mit großem Jubel empfangen,

    Kaffee und auch Brötchen wurden unter

    die Reservisten ausgeteilt, kurz die Stimmung

    der Bevölkerung war großartig. In Gräfenhainichen

    hatten wir 1 Std. Aufenthalt, die ich zum Kaffeetrinken

    benutzte. Um 1/4 10 landeten wir glücklich

    in Wittenberg. Von hier bis Jüterbogk war

    die einzige Strecke der ganzen Fahrt, wo man

    wirklich gemütlich sitzen konnte. Um 2 Uhr kamen

    wir in Berlin Anhalter Bahnhof an. Zunächst

    stärkte ich mich im Wartesaal, dann gab ich

    meinen Koffer ab und wanderte los, Leipziger


    ...rechte Seite

    Str. bis Friedrichstr. sollte ich gehen, hatte mir

    Wilhelm noch empfohlen. Aber unterwegs traf ich

    auf eine Elektrische, an der "Alexanderplatz"

    prangte, da konnte die Kaserne ja nicht weit

    sein, also rein. Ich landete glücklich, ruhte mich

    eine Weile aus und fand auch die Kaserne,

    natürlich aber die Füsilier-Kaserne, die mir

    leider nichts nützen konnte. Nun fragte ich

    mich nach der Kaserne am Kupfergraben durch.

    Dort traf ich Wilhelm gleich im Portal. Er nahm

    mich mit auf seine Bude, dann tranken wir

    in der Kantine Kaffee. Sehr spaßig war es,

    wie er sich vergebens bemühte, richtig zu grüßen.

    Es hatte sich nämlich noch kein Mensch um ihn

    gekümmert, so grinsten die Unteroffiziere meistens.

    Dann gab er sich große Mühe beim Feldwebel

    und Adjutanten, mich unterzubringen, aber

    vergebens, war Montag nichts zu machen ! Um

    8 machte ich mich auf nach der Klopstockstr., um

    Herrn Schmidt mit einem Besuch zu erfreuen.

    Da er nicht zu Hause war, aß ich erst Abendbrot,

    traf ihn hernach aber ebenso wenig. So fuhr ich

    zurück nach Bahnhof Friedrichstr. und schlief im

    "Brüsseler Hof". Geldschinderei und wenig

  • February 13, 2017 21:25:03 Rolf Kranz

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    wieder fort. Da ich an der Jägerkaserne von den Oberjägern

    Lenz und Schiepan den Bescheid bekam, daß

    erst am 8. Tage, also am Sonnabend, Freiwillige

    angenommen würden, so beschloß ich, Wilhelm

    nach Berlin nachzufahren. Am Abend war ich nochmals

    bei Hein´s, um mich zu verabschieden.

    Dann packte ich meinen Koffer.

    5. VIII. 1914   Früh um 2 Uhr verabschiedete ich mich

    von Frau Ulrich, die immer noch hoffte, ich würde

    nicht genommen werden. Mit gutem Mut fuhr

    ich dann 2:50 von Naumburg ab. Der Zug war

    schon ganz tüchtig besetzt und füllte sich immer

    mehr. Überall wurden wir mit großem Jubel empfangen,

    Kaffee und auch Brötchen wurden unter

    die Reservisten ausgeteilt, kurz die Stimmung

    der Bevölkerung war großartig. In Gräfenhainichen

    hatten wir 1 Std. Aufenthalt, die ich zum Kaffeetrinken

    benutzte. Um 1/4 10 landeten wir glücklich

    in Wittenberg. Von hier bis Jüterbogk war

    die einzige Strecke der ganzen Fahrt, wo man

    wirklich gemütlich sitzen konnte. Um 2 Uhr kamen

    wir in Berlin Anhalter Bahnhof an. Zunächst

    stärkte ich mich im Wartesaal, dann gab ich

    meinen Koffer ab und wanderte los, Leipziger


    ...rechte Seite

    Str. bis Friedrichstr. sollte ich gehen, hatte mir

    Wilhelm noch empfohlen. Aber unterwegs traf ich

    auf eine Elektrische, an der "Alexanderplatz"

    prangte, da konnte die Kaserne ja nicht weit

    sein, also rein. Ich landete glücklich, ruhte mich

    eine Weile aus und fand auch die Kaserne,

    natürlich aber die Füsilier-Kaserne, die mir

    leider nichts nützen konnte. Nun fragte ich

    mich nach der Kaserne am Kupfergraben durch.

    Dort traf ich Wilhelm gleich im Portal. Er nahm

    mich mit auf seine Bude, dann tranken wir

    in der Kantine Kaffee. Sehr spaßig war es,

    wie er sich vergebens bemühte, richtig zu grüßen.

    Es hatte sich nämlich noch kein Mensch um ihn

    gekümmert, so grinsten die Unteroffiziere meistens.

    Dann gab er sich große Mühe beim Feldwebel

    und Adjutanten, mich unterzubringen, aber

    vergebens, war Montag nichts zu machen ! Um

    8 machte ich mich auf nach der Klopstockstr., um

    Herrn Schmidt mit einem Besuch zu erfreuen.

    Da er nicht zu Hause war, aß ich erst Abendbrot,

    traf ihn hernach aber ebenso wenig. So fuhr ich

    zurück nach Bahnhof Friedrichstr. und schlief im

    "Brüsseler Hof". Geldschinderei und wenig


Description

Save description
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    Berlin, Alexanderkaserne

  • 51.13054289999999||13.577913399999943||

    Coswig (bei Dresden)

    ||1
Location(s)
  • Story location Coswig (bei Dresden)
  • Document location Berlin, Alexanderkaserne
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ID
2655 / 33549
Source
http://europeana1914-1918.eu/...
Contributor
Friedrich-Carl Hoffmann
License
http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/


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