Briefe des Seekadetten Dr. Curt Richter, item 8
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bleiben da. " Panikartig stürzten ca. 300 Mann der Stammbesatzung
zum Packen, und nachts wurden sie bei Scheinwerferlicht ausgesetzt.
Es war unheimlich und dazu die Erwartung der feindlichen Torpedoboote.
Vorher war ein Telegramme eingelaufen, dass alle roten
Schiffe als feindlich zu behandeln seien, die "Schlesien" sei
Kriegsschiff und im Flottenverband. Um 11 1/2 Uhr war alles
ausgeschifft und die Munition für unsere 8,8 Kanonen, die einzigen,
die wir noch hatten, wurde klargemacht. Von den Seekadetten ging
keiner von Bord. Jetzt sollten wir zu 200 Mann das Schiff retten,
unausgebildete Mannschaften. Es bestand die Absicht, sich ins
neutrale Ausland durchzuschlagen und sich dort internieren zu
lassen. Wir mussten eilen und eine Pinass und ein Kutter blieben
zurück. Darauf gründete sich das Torpedierungsgerücht zusammen
mit der wirklichen Absicht des A. und S. Raates. Ein Teil
von uns kam in den Heizraum, eine Hölle, kann ich Dir sagen.
In jener Nacht des Durchbruchs aus Flensburg stand ich am 8,8
Geschütz, klar zum Feueren. Wir mussten bestimmt hinter jeder
Ecke der dunklen Förde ein feindliches T Boot vermuten und vor
der Fördesollte die "Bayern" liegen. (unser modernstes).
Streng abgeblendet fuhren wir und fluchten auf die Funken, die aus
dem Schornstein kamen. Es gelang, und als wir aus der Förde heraus
waren, brachten die Offiziere 3 Hurras aus. Sie hatten so ziemlich
mit Vernichtung gerechnet. Ich hörte noch wie unser Kapitänleutant
einen der Ausreisser bat, seine Frau aufzusuchen und ihr
seine letzten Grüsse zu bringen. Am nächsten Morgen hatten die
Seekadetten das Schiff bis zu den dänischen Hoheitsgewässern gebracht
auf die Reede von Marstal. Wir funkten dort einen Tag mit
allen Regierungen der Welt, und der Erfolg war, dass wir das
Schiff bis Swinemünde heizen mussten und zwo Minensperren
passieren. In 24 Stunden waren wir dort. Ich war in der Maschine.
Unter sehr anderen Umständen sah ich Heringsdorf wieder. Jetzt
sind wir Heizer und ruinieren uns so ziemlich, Der Dienst ist zu
anstrengend. Jeder hofft auf Erlösung. Ob es wird?
Ich muss schliessen. Schreibt um Gottes willen, was
bei Euch los ist, ob es Euch noch gutgeht. Wir haben jedenfalls
eine tolle Kriegsfahrt gemacht und sind zum E.K. eingegeben.
Besten Gruss
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bleiben da. " Panikartig stürzten ca. 300 Mann der Stammbesatzung
zum Packen, und nachts wurden sie bei Scheinwerferlicht ausgesetzt.
Es war unheimlich und dazu die Erwartung der feindlichen Torpedoboote.
Vorher war ein Telegramme eingelaufen, dass alle roten
Schiffe als feindlich zu behandeln seien, die "Schlesien" sei
Kriegsschiff und im Flottenverband. Um 11 1/2 Uhr war alles
ausgeschifft und die Munition für un sere 8,8 Kanonen, die einzigen,
die wir noch hatten, wurde klargemacht. Von den Seekadetten ging
keiner von Bord. Jetzt sollten wir zu 200 Mann das Schiff retten,
unausgebildete Mannschaften. Es bestand die Absicht, sich ins
neutrale Ausland durchzuschlagen und sich dort internieren zu
lassen. Wir mussten eilen und eine Pinass und ein Kutter blieben
zurück. Darauf gründete sich das Torpedierungsgerücht zusammen
mit der wirklichen Absicht des A. und S. Raates. Ein Teil
von uns kam in den Heizraum, eine Hölle, kann ich Dir sagen.
In jener Nacht des Durchbruchs aus Flensburg stand ich am 8,8
Geschütz, klar zum Feueren. Wir mussten bestimmt hinter jeder
Ecke der dunklen Förde ein feindliches T Boot vermuten und vor
der Fördesollte die "Bayern" liegen. (unser modernstes).
Streng abgeblendet fuhren wir und fluchten auf die Funken, die aus
dem Schornstein kamen. Es gelang, und als wir aus der Förde heraus
waren, brachten die Offiziere 3 Hurras aus. Sie hatten so ziemlich
mit Vernichtung gerechnet. Ich hörte noch wie unser Kapitänleutant
einen der Ausreisser bat, seine Frau aufzusuchen und ihr
seine letzten Grüsse zu bringen. Am nächsten Morgen hatten die
Seekadetten das Schiff bis zu den dänischen Hoheitsgewässern gebracht
auf die Reede von Marstal. Wir funkten dort einen Tag mit
allen Regierungen der Welt, und der Erfolg war, dass wir das
Schiff bis Swinemünde heizen mussten und zwo Minensperren
passieren. In 24 Stunden waren wir dort. Ich war in der Maschine.
Unter sehr anderen Umständen sah ich Heringsdorf wieder. Jetzt
sind wir Heizer und ruinieren uns so ziemlich, Der Dienst ist zu
anstrengend. Jeder hofft auf Erlösung. Ob es wird?
Ich muss schliessen. Schreibt um Gottes willen, was
bei Euch los ist, ob es Euch noch gutgeht. Wir haben jedenfalls
eine tolle Kriegsfahrt gemacht und sind zum E.K. eingegeben.
Besten Gruss
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bleiben da. " Panikartig stürzten ca. 300 Mann der Stammbesatzung
zum Packen, und nachts wurden sie bei Scheinwerferlicht ausgesetzt.
Es war unheimlich und dazu die Erwartung der feindlichen Torpedoboote.
Vorher war ein Telegramme eingelaufen, dass alle roten
Schiffe als feindlich zu behandeln seien, die "Schlesien" sei
Kriegsschiff und im Flottenverband. Um 11 1/2 Uhr war alles
ausgeschifft und die Munition für un sere 8,8 Kanonen, die einzigen,
die wir noch hatten, wurde klargemacht. Von den Seekadetten ging
keiner von Bord. Jetzt sollten wir zu 200 Mann das Schiff retten,
unausgebildete Mannschaften. Es bestand die Absicht, sich ins
neutrale Ausland durchzuschlagen und sich dort internieren zu
lassen. Wir mussten eilen und eine Pinass und ein Kutter blieben
zurück. Darauf gründete sich das Torpedierungsgerücht zusammen
mit der wirklichen Absicht des A. und S. Raates. Ein Teil
von uns kam in den Heizraum, eine Hölle, kann ich Dir sagen.
In jener Nacht des Durchbruchs aus Flensburg stand ich am 8,8
Geschütz, klar zum Feueren. Wir mussten bestimmt hinter jeder
Ecke der dunklen Förde ein feindliches T Boot vermuten und vor
der Fördesollte die "Bayern" liegen. (unser modernstes).
Streng abgeblendet fuhren wir und fluchten auf die Funken, die aus
dem Schornstein kamen. Es gelang, und als wir aus der Förde heraus
waren, brachten die Offiziere 3 Hurras aus. Sie hatten so ziemlich
mit Vernichtung gerechnet. Ich hörte noch wie unser Kapitänleutant
einen der Ausreisser bat, seine Frau aufzusuchen und ihr
seine letzten Grüsse zu bringen. Am nächsten Morgen hatten die
Seekadetten das Schiff bis zu den dänischen Hoheitsgewässern gebracht
auf die Reede von Marstal. Wir funkten dort einen Tag mit
allen Regierungen der Welt, und der Erfolg war, dass wir das
Schiff bis Swinemünde heizen mussten und zwo Minensperren
passieren. In 24 Stunden waren wir dort. Ich war in der Maschine.
Unter sehr anderen Umständen sah ich Heringsdorf wieder. Jetzt
sind wir Heizer und ruinieren uns so ziemlich, Der Dienst ist zu
anstrengend. Jeder hofft auf Erlösung. Ob es wird?
Ich muss schliessen. Schreibt um Gottes willen, was
bei Euch los ist, ob es Euch noch gutgeht. Wir haben jedenfalls
eine tolle Kriegsfahrt gemacht und sind zum E.K. eingegeben.
Besten Gruss
Description
Save description- 54.7937431||9.4469964||
Flensburg
- 53.9100327||14.2475775||
Swinemünde
- 53.9573545||14.1541603||
Heringsdorf
- 54.856712822476304||10.517588327734416||
Marstal
- 54.32038126091106||10.10787919555662||||1
Kiel
Location(s)
Story location Kiel
Document location Flensburg
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Additional document location Swinemünde
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Additional document location Heringsdorf
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Additional document location Marstal
- ID
- 1877 / 22352
- Contributor
- Horst Richter
November 5, 1918 – November 16, 1918
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- Deutsch
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- Naval Warfare
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