Maria von Stutterheim dokumentiert den Krieg, item 10
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Zeitungsausschnitt links mit Illustration
Französischer Fliegerpfeil in natürlicher Grösse.
Fliegerpfeil, der auf die Landstrasse fiel.
Die Verkrümmung zeigt die Kraft des Geschosses.
Durch Fliegerpfeil getötetes Pferd.
Die punktierte Linie zeigt die Richtung an,
in der das Pferd getroffen wurde.
Zeitungsausschnitt mittig
Französische Fliegerpfeile.
(Vgl. die obenstehende Zeichnung.)
Der Oberst eines vor Verdun liegenden Regi-
ments hatte die freundlichkeit, uns französische
Fliegerpfeile einzuschicken, deren Abbildung wir
oben bringen, und schreibt dazu:
"Ich füge hier einige Pfeile bei, die ein Fran-
zösischer Flieger soeben die Güte hatte, als Visiten-
karte in unserem Unterkunftsorte abzugeben; die
krummgebogenen fielen auf die harte Straße, blie-
ben darin stecken und wurden so, wie sie sind, her-
ausgezogen. Der gerade gebleibene fiel in eine
Wiese, aus der wir ihn ausgruben. Ein Pfeil
traf ein Pferd unseres Gepäckwagens und verletzte
es so schwer, daß es getötet werden mußte. Der
Pfeil, der anscheinend auf seinen Knochen gestoßen
ist, durchbohrte das arme Tier völlig und drang
dann noch in den Boden. Leider war die arme
Rosinante aus gesundheitlichen gründen schon ver-
scharrt, als ich den Schauplatz des Trauerspiels be-
trat, anderenfalls hätte ich Ihnen einige Photos
zum besseren Verständnis des Vorganges gesandt.
So schicke ich Ihnen eine Zeichnung unseres Künst-
lers. Wie Sie aus der Form der Pfeile entnehmen
wollen, sind sie dem französischen Bajonett nach-
gebildet und eine ebenso niederträchtige Waffe wie
dieses. Zwar will ich nicht behaupten, daß es zu
den besonderen Annehmlichkeiten des Lebens ge-
hört, eines unserer Seitengewehre in den Leib ge-
jagt zu bekommen, aber es ist ohne Frage eine
anständigere Waffe als das französische Bajonett.
Auch ziehe ich unsere Fliegerbomben den tückischen
Pfeilen bei weitem vor, doch das ist Geschmack-
sache.
Aller Wahrscheinlichkeit nach dürfte die Maschine
zum Schleudern eine Art Kanone sein, die mittels
einer Treibscheibe die Pfeile in die gewollte Rich-
tung schießt, und zwar eine gezogenen Kanone, denn
zwei der beigefügten Pfeile, die wohl am Rande
des Bündels gesessen haben, zeigen deutlich die
Einschnitte der Züge. Offenbar hatte der Flieger
seinen Schuß in schräger Richtung nachab-
gegeben, ehe er über unserem Gepäck war, denn
zwei Kameraden , die er bereits überflogen hatte,
bemerkten plötzlich eine kleine, weiße Rauchwolke,
die sich in der Fahrtrichtung von dem Flugzeug
löste; dagegen bemerkten diejenigen, über denen
der Flieger bald darauf sich befand und die den
Pfeilgruß erhielten, weder etwas von einem
Schuß noch von den herabsausenden Pfeilen. Erst
ein Geräusch, das dem glich, das beim Ausschütten
Erbsensackes entsteht, erregte ihre Aufmerk-
samkeit, und nun sahen sie, daß der Weg, die ihn
begleitenden Bäume und Sträucher, sowie die bei-
derseits liegenden Wiesen mit kleinen, schräg sitzen-
den Pfeilen gespickt waren. Das getroffene Pferd,
dem sofort das Blut aus den Nüstern drang -
dessen Lunge also wohl verletzt war - begann zu
wanken und machte der Begleitmannschaft klar,
daß unser Herrgott sie vor einer recht ernsten Ge-
fahr bewahrt hatte."
Zeitungsausschnitt unten mittig
Frankreich! Deine Söhne sterben,
Deine Marken sind zerstört
Nicht durch Feindes Schuld! Verderben
Schuf der Freund, der dich betört!
Falscher Freund! Er raubt für immer,
Was dir Ruhm und Glanz verlieh
Und es stürzt mit dir in Trümmer,
Meine arme Normandie!
Von einem gefangenen Franzosen auf
Hohen-Asperg im Oktober 1914.
Zeitungsausschnitt rechts
Der Gefangene auf Hohen-Asperg.
Fremdes Volk in fremdem Baue,
Fremde Sprache, ist´s ein Traum?
Ich bin wach, doch was ich schaue,
Was ich hör´, ich fass es kaum!
Wars nicht gestern, als der wilden
Feinde graue Übermacht
Auf des Vaterland´s Gefilden
Uns bedrängt in heißer Schlacht?
Noch tönt mir der Gambre-Meuse
Heller Klang im Ohre nach!
Noch hör ich das Kampfgetöse,
der Kanonen Donnersprach`!
Und aus Feindesfeste blick´ich
Jetzt hinaus in´s Feindesland.
Tausend heiße Grüße schick´ich
Dahin, wo zum Waldesrand
Sacht die Abendsonn´geglitten!
Dort weit draußen such´ich sie,
Sie, für die ich hab´gestritten,
Meine teure Normandie!
Gleiche Sonn´vom gleichen Himmel
Leuchtet freundlich hier und dort,
Sieht dort auf das Kriegsgetümmel,
Auf Zerstörung, Brand und Mord,
Sieht hier auf ein Land im Frieden,
Das vom Kriege unberührt!
Ach! Ich wollt´, ihm wär beschieden,
Was mein Heimatland verspürt -
Beutegierige Barbaren? !
Rohes Volk, voll Trug und Haß? !
Frankreichs Untergang seit Jahren
Planend ohne Unterlaß? !
Hier nun wohnt es? Diese Städte,
Diese Dörfer, dieses Feld?
Nein! - Mit rohen Händen hätte
Man dies nicht erbaut, bestellt!
Stillen Fleiß und Gottvertrauen,
Heimatliebe atmet sie,
Diese Landschaft, anzuschauen
Schön wie meine Normandie!
Als wir, die gefangenen Feinde,
Zogen durch die Stadt daher
Still und ernst stand die Gemeinde,
Und manch Auge tränenschwer
Ruht´auf uns! - Barbareb hätten
Wut und Hohn und bittren Spott!
Doch sie achten auch in Ketten
Uns als Brüder noch vor Gott!
Wer ist´s, der den Brand entfachte,
Der dies stolze Volk umloht?
Wer ist´s der uns glauben machte,
Daß es frevelnd uns bedroht?
-
Zeitungsausschnitt links mit Illustration
Französischer Fliegerpfeil in natürlicher Grösse.
Fliegerpfeil, der auf die Landstrasse fiel.
Die Verkrümmung zeigt die Kraft des Geschosses.
Durch Fliegerpfeil getötetes Pferd.
Die punktierte Linie zeigt die Richtung an,
in der das Pferd getroffen wurde.
Zeitungsausschnitt mittig
Französische Fliegerpfeile.
(Vgl. die obenstehende Zeichnung.)
Der Oberst eines vor Verdun liegenden Regi-
ments hatte die freundlichkeit, uns französische
Fliegerpfeile einzuschicken, deren Abbildung wir
oben bringen, und schreibt dazu:
"Ich füge hier einige Pfeile bei, die ein Fran-
zösischer Flieger soeben die Güte hatte, als Visiten-
karte in unserem Unterkunftsorte abzugeben; die
krummgebogenen fielen auf die harte Straße, blie-
ben darin stecken und wurden so, wie sie sind, her-
ausgezogen. Der gerade gebleibene fiel in eine
Wiese, aus der wir ihn ausgruben. Ein Pfeil
traf ein Pferd unseres Gepäckwagens und verletzte
es so schwer, daß es getötet werden mußte. Der
Pfeil, der anscheinend auf seinen Knochen gestoßen
ist, durchbohrte das arme Tier völlig und drang
dann noch in den Boden. Leider war die arme
Rosinante aus gesundheitlichen gründen schon ver-
scharrt, als ich den Schauplatz des Trauerspiels be-
trat, anderenfalls hätte ich Ihnen einige Photos
zum besseren Verständnis des Vorganges gesandt.
So schicke ich Ihnen eine Zeichnung unseres Künst-
lers. Wie Sie aus der Form der Pfeile entnehmen
wollen, sind sie dem französischen Bajonett nach-
gebildet und eine ebenso niederträchtige Waffe wie
dieses. Zwar will ich nicht behaupten, daß es zu
den besonderen Annehmlichkeiten des Lebens ge-
hört, eines unserer Seitengewehre in den Leib ge-
jagt zu bekommen, aber es ist ohne Frage eine
anständigere Waffe als das französische Bajonett.
Auch ziehe ich unsere Fliegerbomben den tückischen
Pfeilen bei weitem vor, doch das ist Geschmack-
sache.
Aller Wahrscheinlichkeit nach dürfte die Maschine
zum Schleudern eine Art Kanone sein, die mittels
einer Treibscheibe die Pfeile in die gewollte Rich-
tung schießt, und zwar eine gezogenen Kanone, denn
zwei der beigefügten Pfeile, die wohl am Rande
des Bündels gesessen haben, zeigen deutlich die
Einschnitte der Züge. Offenbar hatte der Flieger
seinen Schuß in schräger Richtung nachab-
gegeben, ehe er über unserem Gepäck war, denn
zwei Kameraden , die er bereits überflogen hatte,
bemerkten plötzlich eine kleine, weiße Rauchwolke,
die sich in der Fahrtrichtung von dem Flugzeug
löste; dagegen bemerkten diejenigen, über denen
der Flieger bald darauf sich befand und die den
Pfeilgruß erhielten, weder etwas von einem
Schuß noch von den herabsausenden Pfeilen. Erst
ein Geräusch, das dem glich, das beim Ausschütten
Erbsensackes entsteht, erregte ihre Aufmerk-
samkeit, und nun sahen sie, daß der Weg, die ihn
begleitenden Bäume und Sträucher, sowie die bei-
derseits liegenden Wiesen mit kleinen, schräg sitzen-
den Pfeilen gespickt waren. Das getroffene Pferd,
dem sofort das Blut aus den Nüstern drang -
dessen Lunge also wohl verletzt war - begann zu
wanken und machte der Begleitmannschaft klar,
daß unser Herrgott sie vor einer recht ernsten Ge-
fahr bewahrt hatte."
Zeitungsausschnitt unten mittig
Frankreich! Deine Söhne sterben,
Deine Marken sind zerstört
Nicht durch Feindes Schuld! Verderben
Schuf der Freund, der dich betört!
Falscher Freund! Er raubt für immer,
Was dir Ruhm und Glanz verlieh
Und es stürzt mit dir in Trümmer,
Meine arme Normandie!
Von einem gefangenen Franzosen auf
Hohen-Asperg im Oktober 1914.
Zeitungsausschnitt rechts
Der Gefangene auf Hohen-Asperg.
Fremdes Volk in fremdem Baue,
Fremde Sprache, ist´s ein Traum?
Ich bin wach, doch was ich schaue,
Was ich hör´, ich fass es kaum!
Wars nicht gestern, als der wilden
Feinde graue Übermacht
Auf des Vaterland´s Gefilden
Uns bedrängt in heißer Schlacht?
Noch tönt mir der Gambre-Meuse
Heller Klang im Ohre nach!
Noch hör ich das Kampfgetöse,
der Kanonen Donnersprach`!
Und aus Feindesfeste blick´ich
Jetzt hinaus in´s Feindesland.
Tausend heiße Grüße schick´ich
Dahin, wo zum Waldesrand
Sacht die Abendsonn´geglitten!
Dort weit draußen such´ich sie,
Sie, für die ich hab´gestritten,
Meine teure Normandie!
Gleiche Sonn´vom gleichen Himmel
Leuchtet freundlich hier und dort,
Sieht dort auf das Kriegsgetümmel,
Auf Zerstörung, Brand und Mord,
Sieht hier auf ein Land im Frieden,
Das vom Kriege unberührt!
Ach! Ich wollt´, ihm wär beschieden,
Was mein Heimatland verspürt -
Beutegierige Barbaren? !
Rohes Volk, voll Trug und Haß? !
Frankreichs Untergang seit Jahren
Planend ohne Unterlaß? !
Hier nun wohnt es? Diese Städte,
Diese Dörfer, dieses Feld?
Nein! - Mit rohen Händen hätte
Man dies nicht erbaut, bestellt!
Stillen Fleiß und Gottvertrauen,
Heimatliebe atmet sie,
Diese Landschaft, anzuschauen
Schön wie meine Normandie!
Als wir, die gefangenen Feinde,
Zogen durch die Stadt daher
Still und ernst stand die Gemeinde,
Und manch Auge tränenschwer
Ruht´auf uns! - Barbareb hätten
Wut und Hohn und bittren Spott!
Doch sie achten auch in Ketten
Uns als Brüder noch vor Gott!
-
Zeitungsausschnitt links mit Illustration
Französischer Fliegerpfeil in natürlicher Grösse.
Fliegerpfeil, der auf die Landstrasse fiel.
Die Verkrümmung zeigt die Kraft des Geschosses.
Durch Fliegerpfeil getötetes Pferd.
Die punktierte Linie zeigt die Richtung an,
in der das Pferd getroffen wurde.
Zeitungsausschnitt mittig
Französische Fliegerpfeile.
(Vgl. die obenstehende Zeichnung.)
Der Oberst eines vor Verdun liegenden Regi-
ments hatte die freundlichkeit, uns französische
Fliegerpfeile einzuschicken, deren Abbildung wir
oben bringen, und schreibt dazu:
"Ich füge hier einige Pfeile bei, die ein Fran-
zösischer Flieger soeben die Güte hatte, als Visiten-
karte in unserem Unterkunftsorte abzugeben; die
krummgebogenen fielen auf die harte Straße, blie-
ben darin stecken und wurden so, wie sie sind, her-
ausgezogen. Der gerade gebleibene fiel in eine
Wiese, aus der wir ihn ausgruben. Ein Pfeil
traf ein Pferd unseres Gepäckwagens und verletzte
es so schwer, daß es getötet werden mußte. Der
Pfeil, der anscheinend auf seinen Knochen gestoßen
ist, durchbohrte das arme Tier völlig und drang
dann noch in den Boden. Leider war die arme
Rosinante aus gesundheitlichen gründen schon ver-
scharrt, als ich den Schauplatz des Trauerspiels be-
trat, anderenfalls hätte ich Ihnen einige Photos
zum besseren Verständnis des Vorganges gesandt.
So schicke ich Ihnen eine Zeichnung unseres Künst-
lers. Wie Sie aus der Form der Pfeile entnehmen
wollen, sind sie dem französischen Bajonett nach-
gebildet und eine ebenso niederträchtige Waffe wie
dieses. Zwar will ich nicht behaupten, daß es zu
den besonderen Annehmlichkeiten des Lebens ge-
hört, eines unserer Seitengewehre in den Leib ge-
jagt zu bekommen, aber es ist ohne Frage eine
anständigere Waffe als das französische Bajonett.
Auch ziehe ich unsere Fliegerbomben den tückischen
Pfeilen bei weitem vor, doch das ist Geschmack-
sache.
Aller Wahrscheinlichkeit nach dürfte die Maschine
zum Schleudern eine Art Kanone sein, die mittels
einer Treibscheibe die Pfeile in die gewollte Rich-
tung schießt, und zwar eine gezogenen Kanone, denn
zwei der beigefügten Pfeile, die wohl am Rande
des Bündels gesessen haben, zeigen deutlich die
Einschnitte der Züge. Offenbar hatte der Flieger
seinen Schuß in schräger Richtung nachab-
gegeben, ehe er über unserem Gepäck war, denn
zwei Kameraden , die er bereits überflogen hatte,
bemerkten plötzlich eine kleine, weiße Rauchwolke,
die sich in der Fahrtrichtung von dem Flugzeug
löste; dagegen bemerkten diejenigen, über denen
der Flieger bald darauf sich befand und die den
Pfeilgruß erhielten, weder etwas von einem
Schuß noch von den herabsausenden Pfeilen. Erst
ein Geräusch, das dem glich, das beim Ausschütten
Erbsensackes entsteht, erregte ihre Aufmerk-
samkeit, und nun sahen sie, daß der Weg, die ihn
begleitenden Bäume und Sträucher, sowie die bei-
derseits liegenden Wiesen mit kleinen, schräg sitzen-
den Pfeilen gespickt waren. Das getroffene Pferd,
dem sofort das Blut aus den Nüstern drang -
dessen Lunge also wohl verletzt war - begann zu
wanken und machte der Begleitmannschaft klar,
daß unser Herrgott sie vor einer recht ernsten Ge-
fahr bewahrt hatte."
Zeitungsausschnitt unten mittig
Frankreich! Deine Söhne sterben,
Deine Marken sind zerstört
Nicht durch Feindes Schuld! Verderben
Schuf der Freund, der dich betört!
Falscher Freund! Er raubt für immer,
Was dir Ruhm und Glanz verlieh
Und es stürzt mit dir in Trümmer,
Meine arme Normandie!
Von einem gefangenen Franzosen auf
Hohen-Asperg im Oktober 1914.
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Zeitungsausschnitt links mit Illustration
Französischer Fliegerpfeil in natürlicher Grösse.
Fliegerpfeil, der auf die Landstrasse fiel.
Die Verkrümmung zeigt die Kraft des Geschosses.
Durch Fliegerpfeil getötetes Pferd.
Die punktierte Linie zeigt die Richtung an,
in der das Pferd getroffen wurde.
Zeitungsausschnitt mittig
Französische Fliegerpfeile.
(Vgl. die obenstehende Zeichnung.)
Der Oberst eines vor Verdun liegenden Regi-
ments hatte die freundlichkeit, uns französische
Fliegerpfeile einzuschicken, deren Abbildung wir
oben bringen, und schreibt dazu:
"Ich füge hier einige Pfeile bei, die ein Fran-
zösischer Flieger soeben die Güte hatte, als Visiten-
karte in unserem Unterkunftsorte abzugeben; die
krummgebogenen fielen auf die harte Straße, blie-
ben darin stecken und wurden so, wie sie sind, her-
ausgezogen. Der gerade gebleibene fiel in eine
Wiese, aus der wir ihn ausgruben. Ein Pfeil
traf ein Pferd unseres Gepäckwagens und verletzte
es so schwer, daß es getötet werden mußte. Der
Pfeil, der anscheinend auf seinen Knochen gestoßen
ist, durchbohrte das arme Tier völlig und drang
dann noch in den Boden. Leider war die arme
Rosinante aus gesundheitlichen gründen schon ver-
scharrt, als ich den Schauplatz des Trauerspiels be-
trat, anderenfalls hätte ich Ihnen einige Photos
zum besseren Verständnis des Vorganges gesandt.
So schicke ich Ihnen eine Zeichnung unseres Künst-
lers. Wie Sie aus der Form der Pfeile entnehmen
wollen, sind sie dem französischen Bajonett nach-
gebildet und eine ebenso niederträchtige Waffe wie
dieses. Zwar will ich nicht behaupten, daß es zu
den besonderen Annehmlichkeiten des Lebens ge-
hört, eines unserer Seitengewehre in den Leib ge-
jagt zu bekommen, aber es ist ohne Frage eine
anständigere Waffe als das französische Bajonett.
Auch ziehe ich unsere Fliegerbomben den tückischen
Pfeilen bei weitem vor, doch das ist Geschmack-
sache.
Aller Wahrscheinlichkeit nach dürfte die Maschine
zum Schleudern eine Art Kanone sein, die mittels
einer Treibscheibe die Pfeile in die gewollte Rich-
tung schießt, und zwar eine gezogenen Kanone, denn
zwei der beigefügten Pfeile, die wohl am Rande
des Bündels gesessen haben, zeigen deutlich die
Einschnitte der Züge. Offenbar hatte der Flieger
seinen Schuß in schräger Richtung nachab-
gegeben, ehe er über unserem Gepäck war, denn
zwei Kameraden , die er bereits überflogen hatte,
bemerkten plötzlich eine kleine, weiße Rauchwolke,
die sich in der Fahrtrichtung von dem Flugzeug
löste; dagegen bemerkten diejenigen, über denen
der Flieger bald darauf sich befand und die den
Pfeilgruß erhielten, weder etwas von einem
Schuß noch von den herabsausenden Pfeilen. Erst
ein Geräusch, das dem glich, das beim Ausschütten
Erbsensackes entsteht, erregte ihre Aufmerk-
samkeit, und nun sahen sie, daß der Weg, die ihn
begleitenden Bäume und Sträucher, sowie die bei-
derseits liegenden Wiesen mit kleinen, schräg sitzen-
den Pfeilen gespickt waren. Das getroffene Pferd,
dem sofort das Blut aus den Nüstern drang -
dessen Lunge also wohl verletzt war - begann zu
wanken und machte der Begleitmannschaft klar,
daß unser Herrgott sie vor einer recht ernsten Ge-
fahr bewahrt hatte."
-
Zeitungsausschnitt links mit Illustration
Französischer Fliegerpfeil in natürlicher Grösse.
Fliegerpfeil, der auf die Landstrasse fiel.
Die Verkrümmung zeigt die Kraft des Geschosses.
Durch Fliegerpfeil getötetes Pferd.
Die punktierte Linie zeigt die Richtung an,
in der das Pferd getroffen wurde.
Zeitungsausschnitt mittig
Französische Fliegerpfeile.
(Vgl. die obenstehende Zeichnung.)
Der Oberst eines vor Verdun liegenden Regi-
ments hatte die freundlichkeit, uns französische
Fliegerpfeile einzuschicken, deren Abbildung wir
oben bringen, und schreibt dazu:
"Ich füge hier einige Pfeile bei, die ein Fran-
zösischer Flieger soeben die Güte hatte, als Visiten-
karte in unserem Unterkunftsorte abzugeben; die
krummgebogenen fielen auf die harte Straße, blie-
ben darin stecken und wurden so, wie sie sind, her-
ausgezogen. Der gerade gebleibene fiel in eine
Wiese, aus der wir ihn ausgruben. Ein Pfeil
traf ein Pferd unseres Gepäckwagens und verletzte
es so schwer, daß es getötet werden mußte. Der
Pfeil, der anscheinend auf seinen Knochen gestoßen
ist, durchbohrte das arme Tier völlig und drang
dann noch in den Boden. Leider war die arme
Rosinante aus gesundheitlichen gründen schon ver-
scharrt, als ich den Schauplatz des Trauerspiels be-
trat, anderenfalls hätte ich Ihnen einige Photos
zum besseren Verständnis des Vorganges gesandt.
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Berlin-Lichterfelde
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- Contributor
- Wilfried Schulze-Weser
Oct, 1914
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