Tagebuchaufzeichnungen von Georg Luber (leicht veränd. Abschrift), item 7

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         12.

in den Krieg gezogen? Daher stiegen arge

Gedanken in uns auf u. jeder sagte sich, was

habe ich denn verschuldet, daß ich hier unter

diesen Räubern und Horden so elend zugrunde

gehen muß. Doch sollte bald eine Wendung

kommen, denn der Franzose sah selbst, daß

es so nicht mehr lange weiter gehen könne.

Da die Folgen der Krankheit sehr bedenklich

wurden, mußte das Lager geräumt werden.

Indessen war in letzter Zeit die

Uneinigkeit zwischen bay. u. preuß. Kameraden

so gestiegen, daß uns der Franzose

sortieren wollte. Demnach wurde ein Transport

zusammengestellt v. 500 Mann in welchen

auch ich eingereiht wurde. Vor dem Abmarsch

wurde uns bekannt gemacht, viel Wasser

zu trinken, denn die Reise dauere sehr lang

u. Wasser gibt es unterwegs nicht. So

tranken wir wie die Kamele vor Aufbruch

einer 8tägig. Wüstenreise. Die Fahrt

dauerte 3 Tg. u. Nächte, sodaß mancher schon am

2ten Tg. kein Brot mehr hatte. Wie es aber

inzwischen in den luftdicht verschlossenen Vieh-

wagen ausschaute, kann ich hier unmöglich

ausführen. Am 3ten Tag nachts 11 Uhr waren

wir an unserem Ziele angelangt. Dasselbe


      13.

war das große Sammellager Canandre.

Als uns nun in den lang ersehnten Baracken

die Ruhestätte angewiesen war, ging es übers

Wasser her um den Durst zu löschen, vor allem

aber die Augen auszureiben, die schon über 4 Wch.

kein Wasser mehr gesehen haben. Am nächsten

Tag wurden wir mit Kleidern versehen, konnten

uns baden, erhielten frische Wäsche u. was uns

sonst noch fehlte, wie Decken, Zelt, Strohsack,

Eßgeschirr u. den lang ersehnten Löffel. Das Essen

war ziemlich ausreichend für unseren ausgehungerten

Magen. Daher erholten wir uns wieder

etwas, da wir uns täglich reinigen u. waschen

konnten. Arbeit war hier noch nicht vorhanden.

Endlich wurde uns die Freude zuteil, als wir

am 20.V. eine Karte schreiben konnten, welche

aber leider erst nach 4 Wch. in der lb. Heimat

ankam. Wie sich die zu Hause freuten kann man

sich leicht denken, da man bisher für vermißt

erklärt wurde. Am Pfingstsonntag wurden wir

zur 124. Komp. zusammengestellt. Wir verließen

das Lager u. kamen nach einer 3tägig. Bahnfahrt

in einem Buchenwald an, wo wir wieder unter

Bäumen logierten bis in 14 Tg. einige Baracken

aufgestellt wurden. Nun befanden wir uns



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         12.

in den Krieg gezogen? Daher stiegen arge

Gedanken in uns auf u. jeder sagte sich, was

habe ich denn verschuldet, daß ich hier unter

diesen Räubern und Horden so elend zugrunde

gehen muß. Doch sollte bald eine Wendung

kommen, denn der Franzose sah selbst, daß

es so nicht mehr lange weiter gehen könne.

Da die Folgen der Krankheit sehr bedenklich

wurden, mußte das Lager geräumt werden.

Indessen war in letzter Zeit die

Uneinigkeit zwischen bay. u. preuß. Kameraden

so gestiegen, daß uns der Franzose

sortieren wollte. Demnach wurde ein Transport

zusammengestellt v. 500 Mann in welchen

auch ich eingereiht wurde. Vor dem Abmarsch

wurde uns bekannt gemacht, viel Wasser

zu trinken, denn die Reise dauere sehr lang

u. Wasser gibt es unterwegs nicht. So

tranken wir wie die Kamele vor Aufbruch

einer 8tägig. Wüstenreise. Die Fahrt

dauerte 3 Tg. u. Nächte, sodaß mancher schon am

2ten Tg. kein Brot mehr hatte. Wie es aber

inzwischen in den luftdicht verschlossenen Vieh-

wagen ausschaute, kann ich hier unmöglich

ausführen. Am 3ten Tag nachts 11 Uhr waren

wir an unserem Ziele angelangt. Dasselbe


      13.

war das große Sammellager Canandre.

Als uns nun in den lang ersehnten Baracken

die Ruhestätte angewiesen war, ging es übers

Wasser her um den Durst zu löschen, vor allem

aber die Augen auszureiben, die schon über 4 Wch.

kein Wasser mehr gesehen haben. Am nächsten

Tag wurden wir mit Kleidern versehen, konnten

uns baden, erhielten frische Wäsche u. was uns

sonst noch fehlte, wie Decken, Zelt, Strohsack,

Eßgeschirr u. den lang ersehnten Löffel. Das Essen

war ziemlich ausreichend für unseren ausgehungerten

Magen. Daher erholten wir uns wieder

etwas, da wir uns täglich reinigen u. waschen

konnten. Arbeit war hier noch nicht vorhanden.

Endlich wurde uns die Freude zuteil, als wir

am 20.V. eine Karte schreiben konnten, welche

aber leider erst nach 4 Wch. in der lb. Heimat

ankam. Wie sich die zu Hause freuten kann man

sich leicht denken, da man bisher für vermißt

erklärt wurde. Am Pfingstsonntag wurden wir

zur 124. Komp. zusammengestellt. Wir verließen

das Lager u. kamen nach einer 3tägig. Bahnfahrt

in einem Buchenwald an, wo wir wieder unter

Bäumen logierten bis in 14 Tg. einige Baracken

aufgestellt wurden. Nun befanden wir uns




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  • March 31, 2017 19:30:13 Rolf Kranz

             12.

    in den Krieg gezogen? Daher stiegen arge

    Gedanken in uns auf u. jeder sagte sich, was

    habe ich denn verschuldet, daß ich hier unter

    diesen Räubern und Horden so elend zugrunde

    gehen muß. Doch sollte bald eine Wendung

    kommen, denn der Franzose sah selbst, daß

    es so nicht mehr lange weiter gehen könne.

    Da die Folgen der Krankheit sehr bedenklich

    wurden, mußte das Lager geräumt werden.

    Indessen war in letzter Zeit die

    Uneinigkeit zwischen bay. u. preuß. Kameraden

    so gestiegen, daß uns der Franzose

    sortieren wollte. Demnach wurde ein Transport

    zusammengestellt v. 500 Mann in welchen

    auch ich eingereiht wurde. Vor dem Abmarsch

    wurde uns bekannt gemacht, viel Wasser

    zu trinken, denn die Reise dauere sehr lang

    u. Wasser gibt es unterwegs nicht. So

    tranken wir wie die Kamele vor Aufbruch

    einer 8tägig. Wüstenreise. Die Fahrt

    dauerte 3 Tg. u. Nächte, sodaß mancher schon am

    2ten Tg. kein Brot mehr hatte. Wie es aber

    inzwischen in den luftdicht verschlossenen Vieh-

    wagen ausschaute, kann ich hier unmöglich

    ausführen. Am 3ten Tag nachts 11 Uhr waren

    wir an unserem Ziele angelangt. Dasselbe


          13.

    war das große Sammellager Canandre.

    Als uns nun in den lang ersehnten Baracken

    die Ruhestätte angewiesen war, ging es übers

    Wasser her um den Durst zu löschen, vor allem

    aber die Augen auszureiben, die schon über 4 Wch.

    kein Wasser mehr gesehen haben. Am nächsten

    Tag wurden wir mit Kleidern versehen, konnten

    uns baden, erhielten frische Wäsche u. was uns

    sonst noch fehlte, wie Decken, Zelt, Strohsack,

    Eßgeschirr u. den lang ersehnten Löffel. Das Essen

    war ziemlich ausreichend für unseren ausgehungerten

    Magen. Daher erholten wir uns wieder

    etwas, da wir uns täglich reinigen u. waschen

    konnten. Arbeit war hier noch nicht vorhanden.

    Endlich wurde uns die Freude zuteil, als wir

    am 20.V. eine Karte schreiben konnten, welche

    aber leider erst nach 4 Wch. in der lb. Heimat

    ankam. Wie sich die zu Hause freuten kann man

    sich leicht denken, da man bisher für vermißt

    erklärt wurde. Am Pfingstsonntag wurden wir

    zur 124. Komp. zusammengestellt. Wir verließen

    das Lager u. kamen nach einer 3tägig. Bahnfahrt

    in einem Buchenwald an, wo wir wieder unter

    Bäumen logierten bis in 14 Tg. einige Baracken

    aufgestellt wurden. Nun befanden wir uns



  • March 31, 2017 18:57:45 Rolf Kranz

             12.

    in den Krieg gezogen? Daher stiegen arge

    Gedanken in uns auf u. jeder sagte sich, was

    habe ich denn verschuldet, daß ich hier unter

    diesen Räubern und Horden so elend zugrunde

    gehen muß. Doch sollte bald eine Wendung

    kommen, denn der Franzose sah selbst, daß

    es so nicht mehr lange weiter gehen könne.

    Da die Folgen der Krankheit sehr bedenklich

    wurden, mußte das Lager geräumt werden.

    Indessen war in letzter Zeit die

    Uneinigkeit zwischen bay. u. preuß. Kameraden

    so gestiegen, daß uns der Franzose

    sortieren wollte. Demnach wurde ein Transport

    zusammengestellt v. 500 Mann in welchen

    auch ich eingereiht wurde. Vor dem Abmarsch

    wurde uns bekannt gemacht, viel Wasser

    zu trinken, denn die Reise dauere sehr lang

    u. Wasser gibt es unterwegs nicht. So

    tranken wir wie die Kamele vor Aufbruch

    einer 8tägig. Wüstenreise. Die Fahrt

    dauerte 3 Tg. u. Nächte, sodaß mancher schon am

    2ten Tg. kein Brot mehr hatte. Wie es aber

    inzwischen in den luftdicht verschlossenen Vieh-

    wagen ausschaute, kann ich hier unmöglich

    ausführen. Am 3ten Tag nachts 11 Uhr waren

    wir an unserem Ziele angelangt. Dasselbe


          13.

    war das große Sammellager Canandre.

    Als uns nun in den lang ersehnten Baracken

    die Ruhestätte angewiesen war, ging es übers

    Wasser her um den Durst zu löschen, vor allem

    aber die Augen auszureiben, die schon über 4 Wch.

    kein Wasser mehr gesehen haben. Am nächsten

    Tag wurden wir mit Kleidern versehen, konnten

    uns baden, erhielten frische Wäsche u. was uns

    sonst noch fehlte, wie Decken, Zelt, Strohsack,

    Eßgeschirr u. den lang ersehnten Löffel. Das Essen

    war ziemlich ausreichend für unseren ausgehungerten

    Magen. Daher erholten wir uns wieder

    etwas, da wir uns täglich reinigen u. waschen

    konnten. Arbeit war hier noch nicht vorhanden.

    Endlich wurde uns die Freude zuteil, als wir

    am 20.V. eine Karte schreiben konnten, welche

    aber leider erst nach 4 Wch. in der lb. Heimat

    ankam. Wie sich die zu Hause freuten kann man

    sich leicht denken, da man bisher für vermißt

    erklärt wurde. Am Pfingstsonntag wurden wir

    zur 124. Komp. zusammengestellt. Wir verließen

    das Lager u. kamen nach einer 3tägig. Bahnfahrt

    in einem Buchenwald an, wo wir wieder unter

    Bäumen logierten bis in 14 Tg. einige Baracken

    aufgestellt wurden. Nun befanden wir uns




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    http://europeana1914-1918.eu/...
    Contributor
    Werner Luber
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    http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/


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