Liebesbriefe zwischen Fritz Kreisel und Trudel Joseger, item 60

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60

 linke Seite 

Sonst bin ich aber froh, will gern alles ertragen, alle Entbehrungen auf mich nehmen; wenn ich nur so gesund bleibe. Trockenes Brot oder überhaupt  keins muß aber auch mit gegessen werden. Ich bin es nun langsam gewöhnt. Und es schmeckt auch. Hungrig läßt sich auch gut schlafengehen. Ich bin so zufrieden.

    Butter, Wurst usw. gehören jetzt zu den guten Sachen und habe ich längs "Lebewohl" gesagt. Wenn mir das wöchentliche Paket meiner Mutter diese guten Sachen auftischt, ist natürlich große Freude und das allereinzige Lachen in der ganzen Woche, wenn man mal wieder sowas aus dem lieben, guten Zivil-Menschenleben bekommt, ein Lächeln alle Tage nun abends.

    Andermal mehr! wenn Dein lieber Brief mir übergeben wird. Heute ist mir alles Lachen  vergangen .     

                                                                                                                

                      In Treue und Liebe

                      "ewig Dein",  Dein Fritze

 

 rechte Seite                                                                         Zittau, 16. Februar 1916

                                                                                                           Mittwoch

Mein seelengutes, liebes Trudeherz!

    Mein einzig geliebtes Bräutchen!

        Mein holdes, süßes Kind!

            Mein Bräutchen!

 

Schon aus meine Anrede siehst Du, daß ich Dich herzzerreißend, wahnsinnig liebe und immer noch trotz des schweren, alles Weiche tötenden Soldatenberufes noch schwärmerisch sein kann.

    Heute mitten in der Woche bin ich aber auch in besonderer Stimmung. Heute war ja die Besichtigung durch den General, der wollte sehen, ob wir auch fürs Feld bald fertig wären. Na, wir haben ihm  Alles vorgemacht, daß er staunte: "Achtung, präsentiert´s Gewehr!  Das Gewehr über! Ganze Kompagnie im Gleichschritt marsch! --- Geradeaus von dem kleinen Birkenwäldchen in Richtung des Kirchturms von Kleinschönau feindliche Artillerie --- in Gruppen links marschiert auf --- marsch, marsch --- zum Schuß --- fertig --- Visier 700 --- Schützenfeuer --- bum, bäng, bäng --- krachten unsere Platzpatronen --- Stoppen --- Durchladen --- halb rechts anreitende Kavallerie ---Schützenfeuer --- Lebhafter feuern --- dritter Zug weiterfeuern ---! Halb links in Richtung des großen Waldes am Waldesrande feindliche Schützen --- Erster und zweiter Zug nach links herausschwärmen --- Stellung --- volle Deckung --- eingraben --- Sprung auf, marsch, marsch --- nieder --- Sprung auf -- marsch, marsch --- Bajonette pflanzt auf --- zum Sturm auf, marsch, marsch --- fällt das Gewehr--- hurra, hurra, hurra ---- knien auf den zurückweichenden Gegner Schützenfeuer ---  So sieht ein Gefecht aus, mein liebes Herzel! Vorher war natürlich Einzelbesichtigung für uns jeden Einzelnen, ob tadellose, stramme Haltung und Stellung, blitzblanke Uniform und Waffen. Daneben noch Fechten, Paradeschritt, Wendungen, Gewehrgriffe, tipptopp alles. Das war so mal für mich. Da war ich wieder weg, nach diesen so anstrengenden letzten Tagen. Natürlich hatten wir die größte

 

 

 

 

 

    

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 linke Seite 

Sonst bin ich aber froh, will gern alles ertragen, alle Entbehrungen auf mich nehmen; wenn ich nur so gesund bleibe. Trockenes Brot oder überhaupt  keins muß aber auch mit gegessen werden. Ich bin es nun langsam gewöhnt. Und es schmeckt auch. Hungrig läßt sich auch gut schlafengehen. Ich bin so zufrieden.

    Butter, Wurst usw. gehören jetzt zu den guten Sachen und habe ich längs "Lebewohl" gesagt. Wenn mir das wöchentliche Paket meiner Mutter diese guten Sachen auftischt, ist natürlich große Freude und das allereinzige Lachen in der ganzen Woche, wenn man mal wieder sowas aus dem lieben, guten Zivil-Menschenleben bekommt, ein Lächeln alle Tage nun abends.

    Andermal mehr! wenn Dein lieber Brief mir übergeben wird. Heute ist mir alles Lachen  vergangen .     

                                                                                                                

                      In Treue und Liebe

                      "ewig Dein",  Dein Fritze

 

 rechte Seite                                                                         Zittau, 16. Februar 1916

                                                                                                           Mittwoch

Mein seelengutes, liebes Trudeherz!

    Mein einzig geliebtes Bräutchen!

        Mein holdes, süßes Kind!

            Mein Bräutchen!

 

Schon aus meine Anrede siehst Du, daß ich Dich herzzerreißend, wahnsinnig liebe und immer noch trotz des schweren, alles Weiche tötenden Soldatenberufes noch schwärmerisch sein kann.

    Heute mitten in der Woche bin ich aber auch in besonderer Stimmung. Heute war ja die Besichtigung durch den General, der wollte sehen, ob wir auch fürs Feld bald fertig wären. Na, wir haben ihm  Alles vorgemacht, daß er staunte: "Achtung, präsentiert´s Gewehr!  Das Gewehr über! Ganze Kompagnie im Gleichschritt marsch! --- Geradeaus von dem kleinen Birkenwäldchen in Richtung des Kirchturms von Kleinschönau feindliche Artillerie --- in Gruppen links marschiert auf --- marsch, marsch --- zum Schuß --- fertig --- Visier 700 --- Schützenfeuer --- bum, bäng, bäng --- krachten unsere Platzpatronen --- Stoppen --- Durchladen --- halb rechts anreitende Kavallerie ---Schützenfeuer --- Lebhafter feuern --- dritter Zug weiterfeuern ---! Halb links in Richtung des großen Waldes am Waldesrande feindliche Schützen --- Erster und zweiter Zug nach links herausschwärmen --- Stellung --- volle Deckung --- eingraben --- Sprung auf, marsch, marsch --- nieder --- Sprung auf -- marsch, marsch --- Bajonette pflanzt auf --- zum Sturm auf, marsch, marsch --- fällt das Gewehr--- hurra, hurra, hurra ---- knien auf den zurückweichenden Gegner Schützenfeuer ---  So sieht ein Gefecht aus, mein liebes Herzel! Vorher war natürlich Einzelbesichtigung für uns jeden Einzelnen, ob tadellose, stramme Haltung und Stellung, blitzblanke Uniform und Waffen. Daneben noch Fechten, Paradeschritt, Wendungen, Gewehrgriffe, tipptopp alles. Das war so mal für mich. Da war ich wieder weg, nach diesen so anstrengenden letzten Tagen. Natürlich hatten wir die größte

 

 

 

 

 

    

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1968 / 23803
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Reinhard Nestler
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http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/


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