Fotos, Feldpost und Zeichnung von Jakob Hecht, item 9

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...linke Seite

jetzt in der Erinnnerung in viel angenehmeren

Farben sich darstellt, Farben, die

mich sogar unwillkürlich zu einem Lachen

zwingen - man kann ja leicht lachen,

wenn die Geschichte vorbei ist -. Die Welt

mit künstlerischen Augen anzusehn, das war

mir gründlichst vergangen in diesen Tagen,

wo ich in nicht passenden Infanteriestiefeln

mit halben Stollen, einer schmutzigen

Drillichhose und einem viel zu großen

Waffenrock stack. Daß das Gesicht sich diesem

würdevollen Äußeren ebenfalls

anpassen mußte, ist selbstverständlich:

Ein naives, großes Staunen, als

ob sich plötzlich die ganze Welt verändert

hätte, ein ungeschicktes Benehmen,

selbst dem simpelsten Bauernunteroffizier

gegenüber, ein ungläubiges Betrachten


...rechte Seite

der eigenen Figur - ein richtiger Rekrut.

Mit der Zeit entdeckte ich mich selbst

wieder. Das Leben hatte etwas abenteuerliches,

besonders die Zeit in Döberitz und

Berlin. Von einer Pflege der Kunst keine

Spur - und plötzlich, im Felde, da ist

die Sache ganz anders. Sonderbarerweise

erwacht gerade hier, wo man keine Sekunde

des Lebens sicher ist, wo die grausam

schöne Melodie der vorbeizischenden

Infanteriekugeln, das Summen der Granaten

unserm Dasein plötzlich ein Ende

zu machen droht, der Sinn für alles

Erhabene und Schöne. Hier greife ich wieder

zu Bleistift und Pinsel - und ich muß

es gestehen, es ist mir schon mancher schöner

Wurf gelungen. Ich will Dich jedoch nicht

belästigen mit Schilderungen der verschiedenen


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...linke Seite

jetzt in der Erinnnerung in viel angenehmeren

Farben sich darstellt, Farben, die

mich sogar unwillkürlich zu einem Lachen

zwingen - man kann ja leicht lachen,

wenn die Geschichte vorbei ist -. Die Welt

mit künstlerischen Augen anzusehn, das war

mir gründlichst vergangen in diesen Tagen,

wo ich in nicht passenden Infanteriestiefeln

mit halben Stollen, einer schmutzigen

Drillichhose und einem viel zu großen

Waffenrock stack. Daß das Gesicht sich diesem

würdevollen Äußeren ebenfalls

anpassen mußte, ist selbstverständlich:

Ein naives, großes Staunen, als

ob sich plötzlich die ganze Welt verändert

hätte, ein ungeschicktes Benehmen,

selbst dem simpelsten Bauernunteroffizier

gegenüber, ein ungläubiges Betrachten


...rechte Seite

der eigenen Figur - ein richtiger Rekrut.

Mit der Zeit entdeckte ich mich selbst

wieder. Das Leben hatte etwas abenteuerliches,

besonders die Zeit in Döberitz und

Berlin. Von einer Pflege der Kunst keine

Spur - und plötzlich, im Felde, da ist

die Sache ganz anders. Sonderbarerweise

erwacht gerade hier, wo man keine Sekunde

des Lebens sicher ist, wo die grausam

schöne Melodie der vorbeizischenden

Infanteriekugeln, das Summen der Granaten

unserm Dasein plötzlich ein Ende

zu machen droht, der Sinn für alles

Erhabene und Schöne. Hier greife ich wieder

zu Bleistift und Pinsel - und ich muß

es gestehen, es ist mir schon mancher schöner

Wurf gelungen. Ich will Dich jedoch nicht

belästigen mit Schilderungen der verschiedenen



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  • January 8, 2017 20:26:48 Rolf Kranz

    ...linke Seite

    jetzt in der Erinnnerung in viel angenehmeren

    Farben sich darstellt, Farben, die

    mich sogar unwillkürlich zu einem Lachen

    zwingen - man kann ja leicht lachen,

    wenn die Geschichte vorbei ist -. Die Welt

    mit künstlerischen Augen anzusehn, das war

    mir gründlichst vergangen in diesen Tagen,

    wo ich in nicht passenden Infanteriestiefeln

    mit halben Stollen, einer schmutzigen

    Drillichhose und einem viel zu großen

    Waffenrock stack. Daß das Gesicht sich diesem

    würdevollen Äußeren ebenfalls

    anpassen mußte, ist selbstverständlich:

    Ein naives, großes Staunen, als

    ob sich plötzlich die ganze Welt verändert

    hätte, ein ungeschicktes Benehmen,

    selbst dem simpelsten Bauernunteroffizier

    gegenüber, ein ungläubiges Betrachten


    ...rechte Seite

    der eigenen Figur - ein richtiger Rekrut.

    Mit der Zeit entdeckte ich mich selbst

    wieder. Das Leben hatte etwas abenteuerliches,

    besonders die Zeit in Döberitz und

    Berlin. Von einer Pflege der Kunst keine

    Spur - und plötzlich, im Felde, da ist

    die Sache ganz anders. Sonderbarerweise

    erwacht gerade hier, wo man keine Sekunde

    des Lebens sicher ist, wo die grausam

    schöne Melodie der vorbeizischenden

    Infanteriekugeln, das Summen der Granaten

    unserm Dasein plötzlich ein Ende

    zu machen droht, der Sinn für alles

    Erhabene und Schöne. Hier greife ich wieder

    zu Bleistift und Pinsel - und ich muß

    es gestehen, es ist mir schon mancher schöner

    Wurf gelungen. Ich will Dich jedoch nicht

    belästigen mit Schilderungen der verschiedenen


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    St. Mihiel

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  • Story location St. Mihiel
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2174 / 28809
Source
http://europeana1914-1918.eu/...
Contributor
Ruth Pausch
License
http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/


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