Maria von Stutterheim dokumentiert den Krieg, item 24

Edit transcription:
...
Transcription saved
Enhance your transcribing experience by using full-screen mode

Transcription

You have to be logged in to transcribe. Please login or register and click the pencil-button again

 Bildunterschrift unter dem Foto oben links 

Westlicher Kriegsschauplatz

Massengrab b. Dannevoux (Verdun) 7 Offiziere u. 48 Mann v. Inftr. Rgt. 130, 135 & 145

 Bildunterschrift unter dem Foto unten links 

680  Laon  La Porte d'Ardon

 über dem Foto oben rechts , handschriftlich

Reserve-Lazarett-Günzel-Sanatorium

Else Liebert

 Text unten rechts 

Ein gemütlicher Unterstand an der Aisne.

Ein Berliner Architekt, der als Reserveoffizier an der Aisne steht, schickt seinem in Berlin lebenden Vater die hier wiedergegebene, von ihm gezeichnete Skizze eines in den Lehm eingebauten Unterstandes. Er schreibt dazu folgendes:

"Dieser Unterstand zeichnet sich vor den sonst üblichen seiner Art durch den besonderen Luxus seines inneren Ausbaus und seiner Einrichtung aus. Wie aus der Skizze erkenntlich, siehst Du da ein Sofa mit  Goldbrobatüberzug (aus dem Sclosse in O.), einen Ofen, Glasoberlicht usw. Die Mitte des großen Tisches ziert eine "Petroleumplampe" mit Lampenschirm. Letzteren habe ich aus der gelben Wachspapierhülle Deines Weihnachtspaketes hergestellt. Die inneren Wandflächen sowohl wie die Fußboden- und Deckenflächen dieses geräumigen, pompösen Unterstandes sind völlig mit Pappelholzbrettern verschalt und erzeugen dadurch eine gewisse Behaglichkeit. Auf der Tischplatte (ehemalige Eingangstür zum Schloßkeller in O.) habe ich in der Skizze die Platzverteilung der Einwohner mittels Bleistifts vermerkt. An der dem Beschauer zugekehrten Wand des Unterstandes ist der Fernsprecher angebracht, der mit dem in einer Höhle weiter rückwärts untergebrachten Bataillonsstab verbunden ist. Auch kann man von hier aus mit sämtlichen anderen Truppenteilen im Gefechtsbereich unseres Armeekorps und deren Stäben verbunden werden. In diesem Unterstand, der nicht mit Unrecht "Die Aisneburg" genannt wird - ein benachbarter Unterstand wurde von seinem Besitzer humorvollerweise "Die andere Burg" benannt - pflege ich, wenn der Dienst im Schützengraben mich nicht in Anspruch nimmt, mit unserem Kompagnieführer, Oberleutant M., einem Leutnant der Reserve Dr.  R. (Oberlehrer) und zwei Fahnenjunkern tagsüber und des Abends zu wohnen, während zum Schlafen besondere Unterstände dienen. Abends beim Essen fällt mitunter ein Regenwurm auf die Tischplatte oder direkt ins Trinkglas, was immer allgemeine Heiterkeit hervorruft. Abends, wenn der Feind es gestattet, hält Leutnant Dr. R. Vorlesungen aus "Faust", "Trompeter von Sättingen", "Hermann und Dorothea", "Romanzero" u. dgl. Und über all diesen Spaß hinweg sausen und pfeifen die feindlichen und freundlichen Granaten, Schrapnells und Gewehrkugeln, von denen erstere mit fürchterlichem Getöse in der Umgebung auseinanderkrachen, so daß die Wände unseres Unterstandes in Schwanken geraten."

Transcription saved

 Bildunterschrift unter dem Foto oben links 

Westlicher Kriegsschauplatz

Massengrab b. Dannevoux (Verdun) 7 Offiziere u. 48 Mann v. Inftr. Rgt. 130, 135 & 145

 Bildunterschrift unter dem Foto unten links 

680  Laon  La Porte d'Ardon

 über dem Foto oben rechts , handschriftlich

Reserve-Lazarett-Günzel-Sanatorium

Else Liebert

 Text unten rechts 

Ein gemütlicher Unterstand an der Aisne.

Ein Berliner Architekt, der als Reserveoffizier an der Aisne steht, schickt seinem in Berlin lebenden Vater die hier wiedergegebene, von ihm gezeichnete Skizze eines in den Lehm eingebauten Unterstandes. Er schreibt dazu folgendes:

"Dieser Unterstand zeichnet sich vor den sonst üblichen seiner Art durch den besonderen Luxus seines inneren Ausbaus und seiner Einrichtung aus. Wie aus der Skizze erkenntlich, siehst Du da ein Sofa mit  Goldbrobatüberzug (aus dem Sclosse in O.), einen Ofen, Glasoberlicht usw. Die Mitte des großen Tisches ziert eine "Petroleumplampe" mit Lampenschirm. Letzteren habe ich aus der gelben Wachspapierhülle Deines Weihnachtspaketes hergestellt. Die inneren Wandflächen sowohl wie die Fußboden- und Deckenflächen dieses geräumigen, pompösen Unterstandes sind völlig mit Pappelholzbrettern verschalt und erzeugen dadurch eine gewisse Behaglichkeit. Auf der Tischplatte (ehemalige Eingangstür zum Schloßkeller in O.) habe ich in der Skizze die Platzverteilung der Einwohner mittels Bleistifts vermerkt. An der dem Beschauer zugekehrten Wand des Unterstandes ist der Fernsprecher angebracht, der mit dem in einer Höhle weiter rückwärts untergebrachten Bataillonsstab verbunden ist. Auch kann man von hier aus mit sämtlichen anderen Truppenteilen im Gefechtsbereich unseres Armeekorps und deren Stäben verbunden werden. In diesem Unterstand, der nicht mit Unrecht "Die Aisneburg" genannt wird - ein benachbarter Unterstand wurde von seinem Besitzer humorvollerweise "Die andere Burg" benannt - pflege ich, wenn der Dienst im Schützengraben mich nicht in Anspruch nimmt, mit unserem Kompagnieführer, Oberleutant M., einem Leutnant der Reserve Dr.  R. (Oberlehrer) und zwei Fahnenjunkern tagsüber und des Abends zu wohnen, während zum Schlafen besondere Unterstände dienen. Abends beim Essen fällt mitunter ein Regenwurm auf die Tischplatte oder direkt ins Trinkglas, was immer allgemeine Heiterkeit hervorruft. Abends, wenn der Feind es gestattet, hält Leutnant Dr. R. Vorlesungen aus "Faust", "Trompeter von Sättingen", "Hermann und Dorothea", "Romanzero" u. dgl. Und über all diesen Spaß hinweg sausen und pfeifen die feindlichen und freundlichen Granaten, Schrapnells und Gewehrkugeln, von denen erstere mit fürchterlichem Getöse in der Umgebung auseinanderkrachen, so daß die Wände unseres Unterstandes in Schwanken geraten."


Transcription history
  • October 29, 2017 03:25:36 Nina Stellmann

     Bildunterschrift unter dem Foto oben links 

    Westlicher Kriegsschauplatz

    Massengrab b. Dannevoux (Verdun) 7 Offiziere u. 48 Mann v. Inftr. Rgt. 130, 135 & 145

     Bildunterschrift unter dem Foto unten links 

    680  Laon  La Porte d'Ardon

     über dem Foto oben rechts , handschriftlich

    Reserve-Lazarett-Günzel-Sanatorium

    Else Liebert

     Text unten rechts 

    Ein gemütlicher Unterstand an der Aisne.

    Ein Berliner Architekt, der als Reserveoffizier an der Aisne steht, schickt seinem in Berlin lebenden Vater die hier wiedergegebene, von ihm gezeichnete Skizze eines in den Lehm eingebauten Unterstandes. Er schreibt dazu folgendes:

    "Dieser Unterstand zeichnet sich vor den sonst üblichen seiner Art durch den besonderen Luxus seines inneren Ausbaus und seiner Einrichtung aus. Wie aus der Skizze erkenntlich, siehst Du da ein Sofa mit  Goldbrobatüberzug (aus dem Sclosse in O.), einen Ofen, Glasoberlicht usw. Die Mitte des großen Tisches ziert eine "Petroleumplampe" mit Lampenschirm. Letzteren habe ich aus der gelben Wachspapierhülle Deines Weihnachtspaketes hergestellt. Die inneren Wandflächen sowohl wie die Fußboden- und Deckenflächen dieses geräumigen, pompösen Unterstandes sind völlig mit Pappelholzbrettern verschalt und erzeugen dadurch eine gewisse Behaglichkeit. Auf der Tischplatte (ehemalige Eingangstür zum Schloßkeller in O.) habe ich in der Skizze die Platzverteilung der Einwohner mittels Bleistifts vermerkt. An der dem Beschauer zugekehrten Wand des Unterstandes ist der Fernsprecher angebracht, der mit dem in einer Höhle weiter rückwärts untergebrachten Bataillonsstab verbunden ist. Auch kann man von hier aus mit sämtlichen anderen Truppenteilen im Gefechtsbereich unseres Armeekorps und deren Stäben verbunden werden. In diesem Unterstand, der nicht mit Unrecht "Die Aisneburg" genannt wird - ein benachbarter Unterstand wurde von seinem Besitzer humorvollerweise "Die andere Burg" benannt - pflege ich, wenn der Dienst im Schützengraben mich nicht in Anspruch nimmt, mit unserem Kompagnieführer, Oberleutant M., einem Leutnant der Reserve Dr.  R. (Oberlehrer) und zwei Fahnenjunkern tagsüber und des Abends zu wohnen, während zum Schlafen besondere Unterstände dienen. Abends beim Essen fällt mitunter ein Regenwurm auf die Tischplatte oder direkt ins Trinkglas, was immer allgemeine Heiterkeit hervorruft. Abends, wenn der Feind es gestattet, hält Leutnant Dr. R. Vorlesungen aus "Faust", "Trompeter von Sättingen", "Hermann und Dorothea", "Romanzero" u. dgl. Und über all diesen Spaß hinweg sausen und pfeifen die feindlichen und freundlichen Granaten, Schrapnells und Gewehrkugeln, von denen erstere mit fürchterlichem Getöse in der Umgebung auseinanderkrachen, so daß die Wände unseres Unterstandes in Schwanken geraten."


  • October 29, 2017 03:14:47 Nina Stellmann

     Bildunterschrift unter dem Foto oben links 

    Westlicher Kriegsschauplatz

    Massengrab b. Dannevoux (Verdun) 7 Offiziere u. 48 Mann v. Inftr. Rgt. 130, 135 & 145

     Bildunterschrift unter dem Foto unten links 

    680  Laon  La Porte d'Ardon

     über dem Foto oben rechts , handschriftlich

    Reserve-Lazarett-Günzel-Sanatorium

    Else Liebert

     Text unten rechts 

    Ein gemütlicher Unterstand an der Aisne.

    Ein Berliner Architekt, der als Reserveoffizier an der Aisne steht, schickt seinem in Berlin lebenden Vater die hier wiedergegebene, von ihm gezeichnete Skizze eines in den Lehm eingebauten Unterstandes. Er schreibt dazu folgendes:

    "Dieser Unterstand zeichnet sich vor den sonst üblichen seiner Art durch den besonderen Luxus seines inneren Ausbaus und seiner Einrichtung aus. Wie aus der Skizze erkenntlich, siehst Du da ein Sofa mit  Goldbrobatüberzug (aus dem Sclosse in O.), einen Ofen, Glasoberlicht usw. Die Mitte des großen Tisches ziert eine "Petroleumplampe" mit Lampenschirm. Letzteren habe ich aus der gelben Wachspapierhülle Deines Weihnachtspaketes hergestellt. Die inneren Wandflächen sowohl wie die Fußboden- und Deckenflächen dieses geräumigen, pompösen Unterstandes sind völlig mit Pappelholzbrettern verschalt und erzeugen dadurch eine gewisse Behaglichkeit. Auf der Tischplatte (ehemalige Eingangstür zum Schloßkeller in O.) habe ich in der Skizze die Platzverteilung der Einwohner mittels Bleistifts vermerkt. An der dem Beschauer zugekehrten Wand des Unterstandes ist der Fernsprecher angebracht, der mit dem in einer Höhle weiter rückwärts untergebrachten Bataillonsstab verbunden ist. Auch kann man von hier aus mit sämtlichen anderen Truppenteilen im Gefechtsbereich unseres Armeekorps und deren Stäben verbunden werden


Description

Save description
  • 52.43158||13.318790000000035||

    Berlin-Lichterfelde

    ||1
Location(s)
  • Story location Berlin-Lichterfelde
Login and add location


ID
12746 / 160869
Source
http://europeana1914-1918.eu/...
Contributor
Wilfried Schulze-Weser
License
http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/


Login to edit the languages
  • Deutsch

Login to edit the fronts
  • Western Front

Login to add keywords
  • Home Front
  • Propaganda
  • Remembrance

Login and add links

Notes and questions

Login to leave a note