Chronik Franz Sprinz (Band II), item 11

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 Linke Seite: 

188                                    22.10.1939

versprach es billigen Gewinn. Etwa im Jahr nach dem Zu-

sammenbruch verlangten die Banken das den Zeichnern einst

vorgestreckte Kapital zurück. Es kam von dieser Seite zu Droh-

ungen und Klagen; schließlich wurde unter erheblichen Verlusten

für die ehemaligen Zeichner mit den Banken abgehandelt.


Die Leute mussten je nach Besitz größere oder kleinere Beträge

zahlen (so von von 30 bis 70%) und waren dann der Schuld und der

Kriegsanleihe los. Die ganze Schuld hat niemand gezahlt.

Kriegsanleihe wurde die ersten beiden Jahre ein geflügelt Wort

und gieng ständig von Mund zu Munde. Der junge Ant. Wanit-

schke Nr 8 wurde damals Anwalt der K. Anl. (Kriegs-Anleihen-)Schuldner und hat

sehr viele Fälle abgehandelt. 

  Bleistift-Schrift, fast unleserlich, das Wort "behandelt" scheint stenografiert zu sein:

ca 54.000 K behandelt.


Am 13.10.1914 erhielt die Gemeinde einen ersten Auftrag zu zeichnen

und am 14.12.1914 beschließt die Gem.(einde) Vertr.(etung) 3000 K(ronen) auszuborgen

und dieselben zu zeichnen; weil nun diese Schuld in den Büchern

nirgends zu finden ist, so nehme ich als sicher an, daß man schließ-

lich kein Darlehen aufnahm, sondern das Geld der 3300 K ausma-

chenden Stiftungen darauf verwendete. Es waren Armen, Schüler

und Kapellenstiftungen von den Eheleuten Kral, Wanitschke Ant.

Nr 9 u. Wanitschke Nr. 10 u. andere; denn diese Stiftungen sind nun

auch nirgends mehr.


1915 entschloss sich die Gem.Vertretung 20.000 K zu zeichnen. Das

Geld hiefür sollte durch ein Darlehen bei der Zentralbank der Deut


 Rechte Seite: 

schen Sparkassen aufgebracht werden, wofür die Gemeinde als

Pfand ihren gesamten Grundbesitz von 42.63 Ha (Hektar) anbot. Wie so es

kam, dass dieser Beschluss nicht durchgeführt wurde, trotz angebahn-

ter Verhandlung mit der Bank, kann ich schon nicht erfahren.


Im Gilbhardt 1916 meldet das Gemeindeamt 60.300 K im Dorfe ge-

zeichnete K.Anl. Später meldet der Gem.Vorst. (Gemeindevorsteher) dann 149.000 K.

Dieses ist aber sicher noch nicht die Endsumme aller K. Anleihen im

Dorfe, hatten doch die beiden Nr 1 und 47 allein über 40.000 K

aufgebraucht,  freilich waren diese beiden damit allen andern weit

voran.


Die Gemeindevertretung zeichnete zu den ersten 3000 K dann später

weitere fünftausend, welche sie bei der Zentrb.d. D. Spark. (Zentralbank der Deutschen Sparkasse) belehnte,

für die ersten 3000 K erhielt sie dann vom tsch.(tschechischen) Staate billige Ersatz-

papiere, die nach einiger Zeit verkauft wurden. Die 5000 K bei der

Zentralbank wurden auf eine langfristige Anleihe umgewandelt

die heute noch läuft.


In der Gemeinde wurden für die K.Anl. auch Werbeversammlungen ab-

gehalten; so vom Postmeister Rispler im Gasthaus Obst (Nr 11) und in der

Schmide (Nr 67) von Abg. Ansorge u. Winterschuldirektor  Knesch ferner

vom Deutschen Schulinspektor Kempf, welcher seine hiesigen schönen Re-

den später als sozialdemokratischer Kandidat ins Gegenteil umbog.


Versagen der Kriegsernährungswirtschaft. Schleichhandel


Die Versorgung auf Karten setzte nicht zeitlich genug ein und

die Kriegswirtschaft war den wucherischen Talenten vieler Geschäfts-

leute und mit unter auch solcher Bauern nicht gewachsen; ganz beson-

ders war sie es nicht gegenüber der planmäßigen Sabotage, wel-

che die Tschechen insgesamt betrieben. Diese zog ihre Kreise auch

unter dem Beamtentum, welches ja vor dem Kriege verhältnismäßig

zu viel Tschechen zählte. So kam es denn bei der Verwaltung der Le-

bensmittel zu gröbsten Verantwortungslosigkeiten; ich führe bloss

eine an: Die Gemeinde Kunzendorf bekam den Auftrag ein

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 Linke Seite: 

188                                    22.10.1939

versprach es billigen Gewinn. Etwa im Jahr nach dem Zu-

sammenbruch verlangten die Banken das den Zeichnern einst

vorgestreckte Kapital zurück. Es kam von dieser Seite zu Droh-

ungen und Klagen; schließlich wurde unter erheblichen Verlusten

für die ehemaligen Zeichner mit den Banken abgehandelt.


Die Leute mussten je nach Besitz größere oder kleinere Beträge

zahlen (so von von 30 bis 70%) und waren dann der Schuld und der

Kriegsanleihe los. Die ganze Schuld hat niemand gezahlt.

Kriegsanleihe wurde die ersten beiden Jahre ein geflügelt Wort

und gieng ständig von Mund zu Munde. Der junge Ant. Wanit-

schke Nr 8 wurde damals Anwalt der K. Anl. (Kriegs-Anleihen-)Schuldner und hat

sehr viele Fälle abgehandelt. 

  Bleistift-Schrift, fast unleserlich, das Wort "behandelt" scheint stenografiert zu sein:

ca 54.000 K behandelt.


Am 13.10.1914 erhielt die Gemeinde einen ersten Auftrag zu zeichnen

und am 14.12.1914 beschließt die Gem.(einde) Vertr.(etung) 3000 K(ronen) auszuborgen

und dieselben zu zeichnen; weil nun diese Schuld in den Büchern

nirgends zu finden ist, so nehme ich als sicher an, daß man schließ-

lich kein Darlehen aufnahm, sondern das Geld der 3300 K ausma-

chenden Stiftungen darauf verwendete. Es waren Armen, Schüler

und Kapellenstiftungen von den Eheleuten Kral, Wanitschke Ant.

Nr 9 u. Wanitschke Nr. 10 u. andere; denn diese Stiftungen sind nun

auch nirgends mehr.


1915 entschloss sich die Gem.Vertretung 20.000 K zu zeichnen. Das

Geld hiefür sollte durch ein Darlehen bei der Zentralbank der Deut


 Rechte Seite: 

schen Sparkassen aufgebracht werden, wofür die Gemeinde als

Pfand ihren gesamten Grundbesitz von 42.63 Ha (Hektar) anbot. Wie so es

kam, dass dieser Beschluss nicht durchgeführt wurde, trotz angebahn-

ter Verhandlung mit der Bank, kann ich schon nicht erfahren.


Im Gilbhardt 1916 meldet das Gemeindeamt 60.300 K im Dorfe ge-

zeichnete K.Anl. Später meldet der Gem.Vorst. (Gemeindevorsteher) dann 149.000 K.

Dieses ist aber sicher noch nicht die Endsumme aller K. Anleihen im

Dorfe, hatten doch die beiden Nr 1 und 47 allein über 40.000 K

aufgebraucht,  freilich waren diese beiden damit allen andern weit

voran.


Die Gemeindevertretung zeichnete zu den ersten 3000 K dann später

weitere fünftausend, welche sie bei der Zentrb.d. D. Spark. (Zentralbank der Deutschen Sparkasse) belehnte,

für die ersten 3000 K erhielt sie dann vom tsch.(tschechischen) Staate billige Ersatz-

papiere, die nach einiger Zeit verkauft wurden. Die 5000 K bei der

Zentralbank wurden auf eine langfristige Anleihe umgewandelt

die heute noch läuft.


In der Gemeinde wurden für die K.Anl. auch Werbeversammlungen ab-

gehalten; so vom Postmeister Rispler im Gasthaus Obst (Nr 11) und in der

Schmide (Nr 67) von Abg. Ansorge u. Winterschuldirektor  Knesch ferner

vom Deutschen Schulinspektor Kempf, welcher seine hiesigen schönen Re-

den später als sozialdemokratischer Kandidat ins Gegenteil umbog.


Versagen der Kriegsernährungswirtschaft. Schleichhandel


Die Versorgung auf Karten setzte nicht zeitlich genug ein und

die Kriegswirtschaft war den wucherischen Talenten vieler Geschäfts-

leute und mit unter auch solcher Bauern nicht gewachsen; ganz beson-

ders war sie es nicht gegenüber der planmäßigen Sabotage, wel-

che die Tschechen insgesamt betrieben. Diese zog ihre Kreise auch

unter dem Beamtentum, welches ja vor dem Kriege verhältnismäßig

zu viel Tschechen zählte. So kam es denn bei der Verwaltung der Le-

bensmittel zu gröbsten Verantwortungslosigkeiten; ich führe bloss

eine an: Die Gemeinde Kunzendorf bekam den Auftrag ein


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  • September 18, 2017 10:55:09 Eva Anna Welles (AUT)

     Linke Seite: 

    188                                    22.10.1939

    versprach es billigen Gewinn. Etwa im Jahr nach dem Zu-

    sammenbruch verlangten die Banken das den Zeichnern einst

    vorgestreckte Kapital zurück. Es kam von dieser Seite zu Droh-

    ungen und Klagen; schließlich wurde unter erheblichen Verlusten

    für die ehemaligen Zeichner mit den Banken abgehandelt.


    Die Leute mussten je nach Besitz größere oder kleinere Beträge

    zahlen (so von von 30 bis 70%) und waren dann der Schuld und der

    Kriegsanleihe los. Die ganze Schuld hat niemand gezahlt.

    Kriegsanleihe wurde die ersten beiden Jahre ein geflügelt Wort

    und gieng ständig von Mund zu Munde. Der junge Ant. Wanit-

    schke Nr 8 wurde damals Anwalt der K. Anl. (Kriegs-Anleihen-)Schuldner und hat

    sehr viele Fälle abgehandelt. 

      Bleistift-Schrift, fast unleserlich, das Wort "behandelt" scheint stenografiert zu sein:

    ca 54.000 K behandelt.


    Am 13.10.1914 erhielt die Gemeinde einen ersten Auftrag zu zeichnen

    und am 14.12.1914 beschließt die Gem.(einde) Vertr.(etung) 3000 K(ronen) auszuborgen

    und dieselben zu zeichnen; weil nun diese Schuld in den Büchern

    nirgends zu finden ist, so nehme ich als sicher an, daß man schließ-

    lich kein Darlehen aufnahm, sondern das Geld der 3300 K ausma-

    chenden Stiftungen darauf verwendete. Es waren Armen, Schüler

    und Kapellenstiftungen von den Eheleuten Kral, Wanitschke Ant.

    Nr 9 u. Wanitschke Nr. 10 u. andere; denn diese Stiftungen sind nun

    auch nirgends mehr.


    1915 entschloss sich die Gem.Vertretung 20.000 K zu zeichnen. Das

    Geld hiefür sollte durch ein Darlehen bei der Zentralbank der Deut


     Rechte Seite: 

    schen Sparkassen aufgebracht werden, wofür die Gemeinde als

    Pfand ihren gesamten Grundbesitz von 42.63 Ha (Hektar) anbot. Wie so es

    kam, dass dieser Beschluss nicht durchgeführt wurde, trotz angebahn-

    ter Verhandlung mit der Bank, kann ich schon nicht erfahren.


    Im Gilbhardt 1916 meldet das Gemeindeamt 60.300 K im Dorfe ge-

    zeichnete K.Anl. Später meldet der Gem.Vorst. (Gemeindevorsteher) dann 149.000 K.

    Dieses ist aber sicher noch nicht die Endsumme aller K. Anleihen im

    Dorfe, hatten doch die beiden Nr 1 und 47 allein über 40.000 K

    aufgebraucht,  freilich waren diese beiden damit allen andern weit

    voran.


    Die Gemeindevertretung zeichnete zu den ersten 3000 K dann später

    weitere fünftausend, welche sie bei der Zentrb.d. D. Spark. (Zentralbank der Deutschen Sparkasse) belehnte,

    für die ersten 3000 K erhielt sie dann vom tsch.(tschechischen) Staate billige Ersatz-

    papiere, die nach einiger Zeit verkauft wurden. Die 5000 K bei der

    Zentralbank wurden auf eine langfristige Anleihe umgewandelt

    die heute noch läuft.


    In der Gemeinde wurden für die K.Anl. auch Werbeversammlungen ab-

    gehalten; so vom Postmeister Rispler im Gasthaus Obst (Nr 11) und in der

    Schmide (Nr 67) von Abg. Ansorge u. Winterschuldirektor  Knesch ferner

    vom Deutschen Schulinspektor Kempf, welcher seine hiesigen schönen Re-

    den später als sozialdemokratischer Kandidat ins Gegenteil umbog.


    Versagen der Kriegsernährungswirtschaft. Schleichhandel


    Die Versorgung auf Karten setzte nicht zeitlich genug ein und

    die Kriegswirtschaft war den wucherischen Talenten vieler Geschäfts-

    leute und mit unter auch solcher Bauern nicht gewachsen; ganz beson-

    ders war sie es nicht gegenüber der planmäßigen Sabotage, wel-

    che die Tschechen insgesamt betrieben. Diese zog ihre Kreise auch

    unter dem Beamtentum, welches ja vor dem Kriege verhältnismäßig

    zu viel Tschechen zählte. So kam es denn bei der Verwaltung der Le-

    bensmittel zu gröbsten Verantwortungslosigkeiten; ich führe bloss

    eine an: Die Gemeinde Kunzendorf bekam den Auftrag ein

  • September 18, 2017 10:54:35 Eva Anna Welles (AUT)

     Linke Seite: 

    188                                    22.10.1939

    versprach es billigen Gewinn. Etwa im Jahr nach dem Zu-

    sammenbruch verlangten die Banken das den Zeichnern einst

    vorgestreckte Kapital zurück. Es kam von dieser Seite zu Droh-

    ungen und Klagen; schließlich wurde unter erheblichen Verlusten

    für die ehemaligen Zeichner mit den Banken abgehandelt.


    Die Leute mussten je nach Besitz größere oder kleinere Beträge

    zahlen (so von von 30 bis 70%) und waren dann der Schuld und der

    Kriegsanleihe los. Die ganze Schuld hat niemand gezahlt.

    Kriegsanleihe wurde die ersten beiden Jahre ein geflügelt Wort

    und gieng ständig von Mund zu Munde. Der junge Ant. Wanit-

    schke Nr 8 wurde damals Anwalt der K. Anl. (Kriegs-Anleihen-)Schuldner und hat

    sehr viele Fälle abgehandelt. 

      Bleistift-Schrift, fast unleserlich, das Wort "behandelt" scheint stenografiert zu sein:

    ca 54.000 K behandelt.


    Am 13.10.1914 erhielt die Gemeinde einen ersten Auftrag zu zeichnen

    und am 14.12.1914 beschließt die Gem.(einde) Vertr.(etung) 3000 K(ronen) auszuborgen

    und dieselben zu zeichnen; weil nun diese Schuld in den Büchern

    nirgends zu finden ist, so nehme ich als sicher an, daß man schließ-

    lich kein Darlehen aufnahm, sondern das Geld der 3300 K ausma-

    chenden Stiftungen darauf verwendete. Es waren Armen, Schüler

    und Kapellenstiftungen von den Eheleuten Kral, Wanitschke Ant.

    Nr 9 u. Wanitschke Nr. 10 u. andere; denn diese Stiftungen sind nun

    auch nirgends mehr.


    1915 entschloss sich die Gem.Vertretung 20.000 K zu zeichnen. Das

    Geld hiefür sollte durch ein Darlehen bei der Zentralbank der Deut


     Rechte Seite: 

    schen Sparkassen aufgebracht werden, wofür die Gemeinde als

    Pfand ihren gesamten Grundbesitz von 42.63 Ha (Hektar) anbot. Wie so es

    kam, dass dieser Beschluss nicht durchgeführt wurde, trotz angebahn-

    ter Verhandlung mit der Bank, kann ich schon nicht erfahren.


    Im Gilbhardt 1916 meldet das Gemeindeamt 60.300 K im Dorfe ge-

    zeichnete K.Anl. Später meldet der Gem.Vorst. (Gemeindevorsteher) dann 149.000 K.

    Dieses ist aber sicher noch nicht die Endsumme aller K. Anleihen im

    Dorfe, hatten doch die beiden Nr 1 und 47 allein über 40.000 K

    aufgebraucht,  freilich waren diese beiden damit allen andern weit

    voran.


    Die Gemeindevertretung zeichnete zu den ersten 3000 K dann später

    weitere fünftausend, welche sie bei der Zentrb.d. D. Spark. (Zentralbank der Deutschen Sparkasse) belehnte,

    für die ersten 3000 K erhielt sie dann vom tsch.(tschechischen) Staate billige Ersatz-

    papiere, die nach einiger Zeit verkauft wurden. Die 5000 K bei der

    Zentralbank wurden auf eine langfristige Anleihe umgewandelt

    die heute noch läuft.


    In der Gemeinde wurden für die K.Anl. auch Werbeversammlungen ab-

    gehalten; so vom Postmeister Rispler im Gasthaus Obst (Nr 11) und in der

    Schmide (Nr 67) von Abg. Ansorge u. Winterschuldirektor  Knesch ferner

    vom Deutschen Schulinspektor Kempf, welcher seine hiesigen schönen Re-

    den später als sozialdemokratischer Kandidat ins Gegenteil umbog.


    Versagen der Kriegsernährungswirtschaft. Schleichhandel


    Die Versorgung auf Karten setzte nicht zeitlich genug ein und

    die Kriegswirtschaft war den wucherischen Talenten vieler Geschäfts-

    leute und mit unter auch solcher Bauern nicht gewachsen; ganz beson-

    ders war sie es nicht gegenüber der planmäßigen Sabotage, wel-

    che die Tschechen insgesamt betrieben. Diese zog ihre Kreise auch

    unter dem Beamtentum, welches ja vor dem Kriege verhältnismäßig

    zu viel Tschechen zählte. So kam es denn bei der Verwaltung der Le-

    bensmittel zu gröbsten Verantwortungslosigkeiten; ich führe bloss

    eine an: Die Gemeinde Kunzendorf bekam den Auftrag ein


  • September 16, 2017 15:33:05 Eva Anna Welles (AUT)

     Linke Seite: 

    188                                    22.10.1939

    versprach es billigen Gewinn. Etwa im Jahr nach dem Zu-

    sammenbruch verlangten die Banken das den Zeichnern einst

    vorgestreckte Kapital zurück. Es kam von dieser Seite zu Droh-

    ungen und Klagen; schließlich wurde unter erheblichen Verlusten

    für die ehemaligen Zeichner mit den Banken abgehandelt.


    Die Leute mussten je nach Besitz größere oder kleinere Beträge

    zahlen (so von von 30 bis 70%) und waren dann der Schuld und der

    Kriegsanleihe los. Die ganze Schuld hat niemand gezahlt.

    Kriegsanleihe wurde die ersten beiden Jahre ein geflügelt Wort

    und gieng ständig von Mund zu Munde. Der junge Ant. Wanit-

    schke Nr 8 wurde damals Anwalt der K. Anl. (Kriegs-Anleihen-)Schuldner und hat

    sehr viele Fälle abgehandelt.   Fast unleserlich:   ca 54  ... 


    Am 13.10.1914 erhielt die Gemeinde einen ersten Auftrag zu zeichnen

    und am 14.12.1914 beschließt die Gem.(einde) Vertr.(etung) 3000 K(ronen) auszuborgen

    und dieselben zu zeichnen; weil nun diese Schuld in den Büchern

    nirgends zu finden ist, so nehme ich als sicher an, daß man schließ-

    lich kein Darlehen aufnahm, sondern das Geld der 3300 K ausma-

    chenden Stiftungen darauf verwendete. Es waren Armen, Schüler

    und Kapellenstiftungen von den Eheleuten Kral, Wanitschke Ant.

    Nr 9 u. Wanitschke Nr. 10 u. andere; denn diese Stiftungen sind nun

    auch nirgends mehr.


    1915 entschloss sich die Gem.Vertretung 20.000 K zu zeichnen. Das

    Geld hiefür sollte durch ein Darlehen bei der Zentralbank der Deut


     Rechte Seite: 

    schen Sparkassen aufgebracht werden, wofür die Gemeinde als

    Pfand ihren gesamten Grundbesitz von 42.63 Ha (Hektar) anbot. Wie so es

    kam, dass dieser Beschluss nicht durchgeführt wurde, trotz angebahn-

    ter Verhandlung mit der Bank, kann ich schon nicht erfahren.


    Im Gilbhardt 1916 meldet das Gemeindeamt 60.300 K im Dorfe ge-

    zeichnete K.Anl. Später meldet der Gem.Vorst. (Gemeindevorsteher) dann 149.000 K.

    Dieses ist aber sicher noch nicht die Endsumme aller K. Anleihen im

    Dorfe, hatten doch die beiden Nr 1 und 47 allein über 40.000 K

    aufgebraucht,  freilich waren diese beiden damit allen andern weit

    voran.


    Die Gemeindevertretung zeichnete zu den ersten 3000 K dann später

    weitere fünftausend, welche sie bei der Zentrb.d. D. Spark. (Zentralbank der Deutschen Sparkasse) belehnte,

    für die ersten 3000 K erhielt sie dann vom tsch.(tschechischen) Staate billige Ersatz-

    papiere, die nach einiger Zeit verkauft wurden. Die 5000 K bei der

    Zentralbank wurden auf eine langfristige Anleihe umgewandelt

    die heute noch läuft.


    In der Gemeinde wurden für die K.Anl. auch Werbeversammlungen ab-

    gehalten; so vom Postmeister Rispler im Gasthaus Obst (Nr 11) und in der

    Schmide (Nr 67) von Abg. Ansorge u. Winterschuldirektor  Knesch ferner

    vom Deutschen Schulinspektor Kempf, welcher seine hiesigen schönen Re-

    den später als sozialdemokratischer Kandidat ins Gegenteil umbog.


    Versagen der Kriegsernährungswirtschaft. Schleichhandel


    Die Versorgung auf Karten setzte nicht zeitlich genug ein und

    die Kriegswirtschaft war den wucherischen Talenten vieler Geschäfts-

    leute und mit unter auch solcher Bauern nicht gewachsen; ganz beson-

    ders war sie es nicht gegenüber der planmäßigen Sabotage, wel-

    che die Tschechen insgesamt betrieben. Diese zog ihre Kreise auch

    unter dem Beamtentum, welches ja vor dem Kriege verhältnismäßig

    zu viel Tschechen zählte. So kam es denn bei der Verwaltung der Le-

    bensmittel zu gröbsten Verantwortungslosigkeiten; ich führe bloss

    eine an: Die Gemeinde Kunzendorf bekam den Auftrag ein


  • September 16, 2017 15:24:55 Eva Anna Welles (AUT)

     Linke Seite: 

    188                                    22.10.1939

    versprach es billigen Gewinn. Etwa im Jahr nach dem Zu-

    sammenbruch verlangten die Banken das den Zeichnern einst

    vorgestreckte Kapital zurück. Es kam von dieser Seite zu Droh-

    ungen und Klagen; schließlich wurde unter erheblichen Verlusten

    für die ehemaligen Zeichner mit den Banken abgehandelt.


    Die Leute mussten je nach Besitz größere oder kleinere Beträge

    zahlen (so von von 30 bis 70%) und waren dann der Schuld und der

    Kriegsanleihe los. Die ganze Schuld hat niemand gezahlt.

    Kriegsanleihe wurde die ersten beiden Jahre ein geflügelt Wort

    und gieng ständig von Mund zu Munde. Der junge Ant. Wanit-

    schke Nr 8 wurde damals Anwalt der K. Anl. (Kriegs-Anleihen-)Schuldner und hat

    sehr viele Fälle abgehandelt.   Fast unleserlich:   ca 54  ... 


    Am 13.10.1914 erhielt die Gemeinde einen ersten Auftrag zu zeichnen

    und am 14.12.1914 beschließt die Gem.(einde) Vertr.(etung) 3000 K(ronen) auszuborgen

    und dieselben zu zeichnen; weil nun diese Schuld in den Büchern

    nirgends zu finden ist, so nehme ich als sicher an, daß man schließ-

    lich kein Darlehen aufnahm, sondern das Geld der 3300 K ausma-

    chenden Stiftungen darauf verwendete. Es waren Armen, Schüler

    und Kapellenstiftungen von den Eheleuten Kral, Wanitschke Ant.

    Nr 9 u. Wanitschke Nr. 10 u. andere; denn diese Stiftungen sind nun

    auch nirgends mehr.


    1915 entschloss sich die Gem.Vertretung 20.000 K zu zeichnen. Das

    Geld hiefür sollte durch ein Darlehen bei der Zentralbank der Deut


     Rechte Seite: 

    schen Sparkassen aufgebracht werden, wofür die Gemeinde als

    Pfand ihren gesamten Grundbesitz von 42.63 Ha (Hektar) anbot. Wie so es

    kam, dass dieser Beschluss nicht durchgeführt wurde, trotz angebahn-

    ter Verhandlung mit der Bank, kann ich schon nicht erfahren.


    Im Gilbhardt 1916 meldet das Gemeindeamt 60.300 K im Dorfe ge-

    zeichnete K.Anl. Später meldet der Gem.Vorst. (Gemeindevorsteher) dann 149.000 K.

    Dieses ist aber sicher noch nicht die Endsumme aller K. Anleihen im

    Dorfe, hatten doch die beiden Nr 1 und 47 allein über 40.000 K

    aufgebraucht,  freilich waren diese beiden damit allen andern weit

    voran.


    Die Gemeindevertretung zeichnete zu den ersten 3000 K dann später

    weitere fünftausend, welche sie bei der Zentrb.d. D. Spark. (Zentralbank der Deutschen Sparkasse) belehnte,

    für die ersten 3000 K erhielt sie dann vom tsch.(tschechischen) Staate billige Ersatz-

    papiere, die nach einiger Zeit verkauft wurden. Die 5000 K bei der

    Zentralbank wurden auf eine langfristige Anleihe umgewandelt

    die heute noch läuft.


  • June 22, 2017 17:39:28 Hans Bresgott (F&F)

    22.10.1939

    versprach es billgen Gewinn. Etwa im Jahr nach dem Zu-

    sammenbruch verlangten die Banken das den Zeichnern einst

    vorgestreckte Kapital zurück. Es kam von dieser Seite zu Droh-

    ungen und Klagen; schließlich wurde unter erheblichen Verlusten

    für die ehemligen Zeichner mit den Banken abgemeldet.

    Die Leute müssen je nach Besitz größere oder kleiner Beträge

    zahlen (son von 30 bis 70%) und waren dann der Schuld und der

    Kriegsanleihe los. Die ganze SChuld hat niemand gezahlt.

    Kriegsanleihe wurde die ersten beiden JAhre ein geflügelt Wort

    und ging ständig von Mund zu Munde. Der junge Ant. Wanit-

    schke Nr. 8 wurde damals Anwalt der R. Anl. Schuldner und hat

    sehr viele Fälle abgehandelt.

    Am 13.10.1914 erhielt die Gemeinde einen ersten Auftrag zu zeichnen

    und am 14.12.1914 beschließt die Gem. Vertr. 3000 K auszuborgen

    und dieselben zu zeichnen; weil nun diese Schuld in den Büchern

    nirgends zu finden ist, so nehme ich als sicher an, daß man schließ-

    lich kein Darlehen aufnahm, sondern das Geld der 3300 K ausma-

    chenden Richtungen darauf verwendete. Es waren Armen, Schüler

    und Kapellenstiftungen von den Eheleuten KRal, Wermitschke Ant.

    Nr. 9 u. Wermitschke Nr. 10 u. andere; dem diese Stiftungen sind nun

    auch nirgends mehr.


  • June 22, 2017 17:32:21 Hans Bresgott (F&F)

    22.10.1939

    versprach es billgen Gewinn. Etwa im Jahr nach dem Zu-

    sammenbruch verlangten die Banken das den Zeichnern einst

    vorgestreckte Kapital zurück. Es kam von dieser Seite zu Droh-

    ungen und Klagen; schließlich wurde unter erheblichen Verlusten

    für die ehemligen Zeichner mit den Banken abgemeldet.

    Die Leute müssen je nach Besitz größere oder kleiner Beträge

    zahlen (son von 30 bis 70%) und waren dann der Schuld und der

    Kriegsanleieh los.


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  • 50.2203664||16.385328399999935||

    Kunzendorf (Adlergebirge, Böhmen), jetzt tschechisch: Kuncina Ves

    ||1
Location(s)
  • Story location Kunzendorf (Adlergebirge, Böhmen), jetzt tschechisch: Kuncina Ves
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ID
2575 / 32699
Source
http://europeana1914-1918.eu/...
Contributor
Dr. Helmut Sprinz
License
http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/


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