Foto, Militärpass und Kriegstagebuch von Hans Julius Kähler (09.12.1895-19.02.1972) , item 48

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einigermaßen aber die Gebäude? Es ist jedoch Aussicht vorhanden, nach einer 4-5 wöchigen

Ausbildung nach Döberitz und von dort, nach vielleicht mehrtägiger Instruktion, ins Feld zu

kommen. Ich bin über letzteres ganz gleichgültig und bin mit allem, was auch kommen mag,

zufrieden.

Meine Kameraden hier auf der Stube haben zum gröten Teil die Absicht, sich beim nächsten

Transport freiwillig ins Feld zu melden und Kamerad Kessler hat sich schon an den Gedanken

gewöhnt, daß er die erste Kugel bekommen würde. Über das letztere bin ich mir aber im

Zweifel, ob ich das mir und meiner Mutter gegenüber verantworten kann. Wenn's nach mir

ginge, möchte ich schon mit, nur dürfte ich mir nachher keine Vorwürfe machen. Aber wenn

ich draußen bin, will ich doch Hanna zeigen, daß ich nicht, wie mir nachgesagt wurde, Angst

habe, sondern ihr einen Beweis bringen, daß ich mich ebenso geschlagen habe, wie man es von

einem tapferen und mutigen jungen Soldaten verlangt. Ich will mir aber selbst zugestehen, daß

mir es wohl noch oft verteufelt schwer fallen wird und ich noch oft verfluchen und

verwünschen werde. Aber der Kopf wird schon oben bleiben. Na, mich soll heute mal

verlangen, was geschehen wird.

Es soll eine Neueinteilung erfolgen, daß gibt sicher eine an- oder unangenehme Änderung.

Ich will mal abwarten. - Nein, es wurde nichts. Am Sonnabend, den 11.8.1916 gings früh um 4

Uhr los zum Marsch und zwar berührten wir die Ausläufer der Vogesen. Um 11 Uhr kamen

wir wohlbehalten wieder zurück.

Dienstag, 15.8.1916 ist wegen eines katholischen Feiertages dienstfrei, mir natürlich sehr

angenehm. Heute hat Reinhard einen 3tägigen Urlaub angetreten. Sonnabend kommt jedenfalls

die II. Abtlg. nach Heuberg. Wäre auch gern mitgegangen. Sonntag, 20.8.1916. Na, mit nach

Heuberg komme ich nicht. Schade, es soll dort recht gut sein, speziell das Essen, welches hier

augenblicklich miserabel ist. Erstmal gibt es furchtbar wenig u. dann schlecht, oftmals direkt

widerlich, da kommt der Hunger regelmäßig 1/2 Stunde nach dem Essen und das Brot muß

natürlich herhalten, welches dann wieder zu früh alle ist. Zum Glück gibt's hier noch eine

Küche, in der manchmal noch etwas abfällt. Ich hätte mich früher des Gedankens geschämt,

einmal um Essen lungern zu müssen. Jetzt aber nehme ich jeden Bissen. Dann stehe ich unter in

der Kantine, natürlich meine Kameraden auch, mit dem Essennapf und warte, bis einer der dort

essenden Handwerker seine milde Hand auftut und wir gleich darauf losstürzen.

Also morgen geht es wieder in die Vogesen und zwar auch wie zuvor bei der Infanterie nach

Grendelbruch zum Schanzen und Gefechtsschießen. Jedenfalls wird es jetzt verträglicher sein,

da ja der Tornister und das Gewehr fehlen. Meine Kameraden, die nach Heuberg gehen, sind

Müller, Becker, Daniels, Weingarten und Kessler. Gestern sind auch vom Rekrutendepot die

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einigermaßen aber die Gebäude? Es ist jedoch Aussicht vorhanden, nach einer 4-5 wöchigen

Ausbildung nach Döberitz und von dort, nach vielleicht mehrtägiger Instruktion, ins Feld zu

kommen. Ich bin über letzteres ganz gleichgültig und bin mit allem, was auch kommen mag,

zufrieden.

Meine Kameraden hier auf der Stube haben zum gröten Teil die Absicht, sich beim nächsten

Transport freiwillig ins Feld zu melden und Kamerad Kessler hat sich schon an den Gedanken

gewöhnt, daß er die erste Kugel bekommen würde. Über das letztere bin ich mir aber im

Zweifel, ob ich das mir und meiner Mutter gegenüber verantworten kann. Wenn's nach mir

ginge, möchte ich schon mit, nur dürfte ich mir nachher keine Vorwürfe machen. Aber wenn

ich draußen bin, will ich doch Hanna zeigen, daß ich nicht, wie mir nachgesagt wurde, Angst

habe, sondern ihr einen Beweis bringen, daß ich mich ebenso geschlagen habe, wie man es von

einem tapferen und mutigen jungen Soldaten verlangt. Ich will mir aber selbst zugestehen, daß

mir es wohl noch oft verteufelt schwer fallen wird und ich noch oft verfluchen und

verwünschen werde. Aber der Kopf wird schon oben bleiben. Na, mich soll heute mal

verlangen, was geschehen wird.

Es soll eine Neueinteilung erfolgen, daß gibt sicher eine an- oder unangenehme Änderung.

Ich will mal abwarten. - Nein, es wurde nichts. Am Sonnabend, den 11.8.1916 gings früh um 4

Uhr los zum Marsch und zwar berührten wir die Ausläufer der Vogesen. Um 11 Uhr kamen

wir wohlbehalten wieder zurück.

Dienstag, 15.8.1916 ist wegen eines katholischen Feiertages dienstfrei, mir natürlich sehr

angenehm. Heute hat Reinhard einen 3tägigen Urlaub angetreten. Sonnabend kommt jedenfalls

die II. Abtlg. nach Heuberg. Wäre auch gern mitgegangen. Sonntag, 20.8.1916. Na, mit nach

Heuberg komme ich nicht. Schade, es soll dort recht gut sein, speziell das Essen, welches hier

augenblicklich miserabel ist. Erstmal gibt es furchtbar wenig u. dann schlecht, oftmals direkt

widerlich, da kommt der Hunger regelmäßig 1/2 Stunde nach dem Essen und das Brot muß

natürlich herhalten, welches dann wieder zu früh alle ist. Zum Glück gibt's hier noch eine

Küche, in der manchmal noch etwas abfällt. Ich hätte mich früher des Gedankens geschämt,

einmal um Essen lungern zu müssen. Jetzt aber nehme ich jeden Bissen. Dann stehe ich unter in

der Kantine, natürlich meine Kameraden auch, mit dem Essennapf und warte, bis einer der dort

essenden Handwerker seine milde Hand auftut und wir gleich darauf losstürzen.

Also morgen geht es wieder in die Vogesen und zwar auch wie zuvor bei der Infanterie nach

Grendelbruch zum Schanzen und Gefechtsschießen. Jedenfalls wird es jetzt verträglicher sein,

da ja der Tornister und das Gewehr fehlen. Meine Kameraden, die nach Heuberg gehen, sind

Müller, Becker, Daniels, Weingarten und Kessler. Gestern sind auch vom Rekrutendepot die


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  • September 26, 2018 18:39:20 Miriam Bartsch

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    einigermaßen aber die Gebäude? Es ist jedoch Aussicht vorhanden, nach einer 4-5 wöchigen

    Ausbildung nach Döberitz und von dort, nach vielleicht mehrtägiger Instruktion, ins Feld zu

    kommen. Ich bin über letzteres ganz gleichgültig und bin mit allem, was auch kommen mag,

    zufrieden.

    Meine Kameraden hier auf der Stube haben zum gröten Teil die Absicht, sich beim nächsten

    Transport freiwillig ins Feld zu melden und Kamerad Kessler hat sich schon an den Gedanken

    gewöhnt, daß er die erste Kugel bekommen würde. Über das letztere bin ich mir aber im

    Zweifel, ob ich das mir und meiner Mutter gegenüber verantworten kann. Wenn's nach mir

    ginge, möchte ich schon mit, nur dürfte ich mir nachher keine Vorwürfe machen. Aber wenn

    ich draußen bin, will ich doch Hanna zeigen, daß ich nicht, wie mir nachgesagt wurde, Angst

    habe, sondern ihr einen Beweis bringen, daß ich mich ebenso geschlagen habe, wie man es von

    einem tapferen und mutigen jungen Soldaten verlangt. Ich will mir aber selbst zugestehen, daß

    mir es wohl noch oft verteufelt schwer fallen wird und ich noch oft verfluchen und

    verwünschen werde. Aber der Kopf wird schon oben bleiben. Na, mich soll heute mal

    verlangen, was geschehen wird.

    Es soll eine Neueinteilung erfolgen, daß gibt sicher eine an- oder unangenehme Änderung.

    Ich will mal abwarten. - Nein, es wurde nichts. Am Sonnabend, den 11.8.1916 gings früh um 4

    Uhr los zum Marsch und zwar berührten wir die Ausläufer der Vogesen. Um 11 Uhr kamen

    wir wohlbehalten wieder zurück.

    Dienstag, 15.8.1916 ist wegen eines katholischen Feiertages dienstfrei, mir natürlich sehr

    angenehm. Heute hat Reinhard einen 3tägigen Urlaub angetreten. Sonnabend kommt jedenfalls

    die II. Abtlg. nach Heuberg. Wäre auch gern mitgegangen. Sonntag, 20.8.1916. Na, mit nach

    Heuberg komme ich nicht. Schade, es soll dort recht gut sein, speziell das Essen, welches hier

    augenblicklich miserabel ist. Erstmal gibt es furchtbar wenig u. dann schlecht, oftmals direkt

    widerlich, da kommt der Hunger regelmäßig 1/2 Stunde nach dem Essen und das Brot muß

    natürlich herhalten, welches dann wieder zu früh alle ist. Zum Glück gibt's hier noch eine

    Küche, in der manchmal noch etwas abfällt. Ich hätte mich früher des Gedankens geschämt,

    einmal um Essen lungern zu müssen. Jetzt aber nehme ich jeden Bissen. Dann stehe ich unter in

    der Kantine, natürlich meine Kameraden auch, mit dem Essennapf und warte, bis einer der dort

    essenden Handwerker seine milde Hand auftut und wir gleich darauf losstürzen.

    Also morgen geht es wieder in die Vogesen und zwar auch wie zuvor bei der Infanterie nach

    Grendelbruch zum Schanzen und Gefechtsschießen. Jedenfalls wird es jetzt verträglicher sein,

    da ja der Tornister und das Gewehr fehlen. Meine Kameraden, die nach Heuberg gehen, sind

    Müller, Becker, Daniels, Weingarten und Kessler. Gestern sind auch vom Rekrutendepot die


Description

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  • 48.49255||7.323085||

    Grendelbruch

  • 48.583148||7.747882||

    Straßburg

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Location(s)
  • Story location Straßburg
  • Document location Grendelbruch
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ID
1864 / 22065
Source
http://europeana1914-1918.eu/...
Contributor
Jürgen Kähler
License
http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/


August 11, 1916 – August 20, 1916
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