Kriegserinnerungen der Lazarettschwester Marie Delius, geb. Schiele, item 34
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d.6.3. Der Kommandant von Lille hat die
Frechheiten nicht gelitten! Heute ist ein Manifest angeschlagen, das eine
scharfe Sprache führt. Die Liller müssen eine halbe Million Strafe
zahlen, müssen 10 Geiseln stellen, dürfen von 6 abends bis 7 Uhrmorgens
nicht aus den Häusern, nicht zu 10 Personen zusammenstehen, sich
nicht einmal mit Taschentücher in den franz. Farben sehen lassen, und noch
schärfere Maßnahmen werden abgekündigt, falls sie wieder frech
benehmen! Bravo, es war höchste Zeit. Ich habe mir das Vergnügen
gemacht, um halb 6 rauszugehen. Da war es wieder wie in einem
Bienenschwarm auf der Straße, und man kriegte die wütendsten Blicke. Um 6
ziehen Patrouillen rum und treiben die Leute in die Häuser, die noch
nicht von selbst drin waren, die Läden waren geschlossen, die Elektrischen
fuhren nicht mehr und es war wundervoll deutsch auf den Straßen, nichts
wie Militär, und jeder lachte an den andern an und versicherte: So gefällt
uns in Lille. Die Deutschen sind natürlich auch selbst mit schuld, warum
geben sie soviel mit der Bevölkerung ab, selbst die Offiziere haben
ihre amouren und bringen viel zu oft Abende (Nächte) hier zu. Es
klingt oft recht sozialdemokratisch, wenn die Soldaten erzählen: Ja, wir
dürfen uns keine halbe Stunde weit aus dem Quartier entfernen, aber unsere
Offiziere sind oft den ganzen Abend und die Nacht aus den Stellungen
fort. Das wird sich rächen. Wo ist der Ernst der ersten Zeiten hin?
Dieser langsame Stellungskrieg wird manchem ordentlichen Menschen zum
Verderben werden, auch wenn ihn keine Kugel trifft. Eben habe ich mich
zum 14. März morgens in Lippspringe angemeldet. Wie ich mich freue!
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d.6.3. Der Kommandant von Lille hat die
Frechheiten nicht gelitten! Heute ist ein Manifest angeschlagen, das eine
scharfe Sprache führt. Die Liller müssen eine halbe Million Strafe
zahlen, müssen 10 Geiseln stellen, dürfen von 6 abends bis 7 Uhrmorgens
nicht aus den Häusern, nicht zu 10 Personen zusammenstehen, sich
nicht einmal mit Taschentücher in den franz. Farben sehen lassen, und noch
schärfere Maßnahmen werden abgekündigt, falls sie wieder frech
benehmen! Bravo, es war höchste Zeit. Ich habe mir das Vergnügen
gemacht, um halb 6 rauszugehen. Da war es wieder wie in einem
Bienenschwarm auf der Straße, und man kriegte die wütendsten Blicke. Um 6
ziehen Patrouillen rum und treiben die Leute in die Häuser, die noch
nicht von selbst drin waren, die Läden waren geschlossen, die Elektrischen
fuhren nicht mehr und es war wundervoll deutsch auf den Straßen, nichts
wie Militär, und jeder lachte an den andern an und versicherte: So gefällt
uns in Lille. Die Deutschen sind natürlich auch selbst mit schuld, warum
geben sie soviel mit der Bevölkerung ab, selbst die Offiziere haben
ihre amouren und bringen viel zu oft Abende (Nächte) hier zu. Es
klingt oft recht sozialdemokratisch, wenn die Soldaten erzählen: Ja, wir
dürfen uns keine halbe Stunde weit aus dem Quartier entfernen, aber unsere
Offiziere sind oft den ganzen Abend und die Nacht aus den Stellungen
fort. Das wird sich rächen. Wo ist der Ernst der ersten Zeiten hin?
Dieser langsame Stellungskrieg wird manchem ordentlichen Menschen zum
Verderben werden, auch wenn ihn keine Kugel trifft. Eben habe ich mich
zum 14. März morgens in Lippspringe angemeldet. Wie ich mich freue!
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d.6.3. Der Kommandant von Lille hat die
Frechheiten nicht gelitten! Heute ist ein Manifest angeschlagen, das eine
scharfe Sprache führt. Die Liller müssen eine halbe Million Strafe
zahlen, müssen 10 Geiseln stellen, dürfen von 6 abends bis 7 Uhrmorgens
nicht aus den Häusern, nicht zu 10 Personen zusammenstehen, sich
nicht einmal mit Taschentücher in den franz. Farben sehen lassen, und noch
schärfere Maßnahmen werden abgekündigt, falls sie wieder frech
benehmen! Bravo, es war höchste Zeit. Ich habe mir das Vergnügen
gemacht, um halb 6 rauszugehen. Da war es wieder wie in einem
Bienenschwarm auf der Straße, und man kriegte die wütendsten Blicke. Um 6
ziehen Patrouillen rum und treiben die Leute in die Häuser, die noch
nicht von selbst drin waren, die Läden waren geschlossen, die Elektrischen
fuhren nicht mehr und es war wundervoll deutsch auf den Straßen, nichts
wie Militär, und jeder lachte an den andern an und versicherte: So gefällt
uns in Lille. Die Deutschen sind natürlich auch selbst mit schuld, warum
geben sie soviel mit der Bevölkerung ab, selbst die Offiziere haben
ihre amouren und bringen viel zu oft Abende (Nächte) hier zu. Es
klingt oft recht sozialdemokratisch, wenn die Soldaten erzählen: Ja, wir
dürfen uns keine halbe Stunde weit aus dem Quartier entfernen, aber unsere
Offiziere sind oft den ganzen Abend und die Nacht aus den Stellungen
fort. Das wird sich rächen. Wo ist der Ernst der ersten Zeiten hin?
Dieser langsame Ste
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d.6.3. Der Kommandant von Lille hat die
Frechheiten nicht gelitten! Heute ist ein Manifest angeschlagen, das eine
scharfe Sprache führt. Die Liller müssen eine halbe Million Strafe
zahlen, müssen 10 Geiseln stellen, dürfen von 6 abends bis 7 Uhrmorgens
nicht aus den Häusern, nicht zu 10 Personen zusammenstehen, sich
nicht einmal mit Taschentücher in den franz. Farben sehen lassen, und noch
schärfere
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Save description- 50.62932559999999||3.0568347999999332||||1
Lille, Neu Sandec
Location(s)
Story location Lille, Neu Sandec
- ID
- 12644 / 148894
- Contributor
- Friedrich Delius
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- Western Front
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